Darstellung und Charakterisierung von Kofaktoren

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Darstellung und Charakterisierung von Kofaktoren des
Elektronentransfers in artifizieller und nativer Proteinumgebung
Vom Fachbereich Chemie
der Universität Duisburg-Essen
Zur Erlangung des akademischen Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
genehmigte Dissertation
von
Christoph Breitenstein
aus Oberhausen
Referent:
Prof. Dr. W. Gärtner
Korreferent:
Prof. Dr. W. S. Veeman
Tag der mündlichen Prüfung: 31.05.2006
Diese Arbeit wurde im Zeitraum vom März 2002 bis März 2006 am Max-Planck Institut für
Bioanorganische Chemie in Mülheim an der Ruhr unter Anleitung von Herrn Prof. W. Lubitz
und Herrn Prof. Dr. W. Gärtner angefertigt.
Danksagung
Herrn Prof. Wolfgang Lubitz danke ich für die Überlassung der interessanten Themen,
sowie die Möglichkeit am Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie unter seiner
Anleitung arbeiten zu dürfen. Außerdem möchte ich mich für die konstruktiven
Diskussionen, die zum Erfolg dieser Arbeit beigetragen haben und für seine Flexibilität
bedanken, mich in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Wolfgang Gärtner zu betreuen.
Herrn Prof. Wolfgang Gärtner möchte ich für die Betreuung danken und die Möglichkeit,
diese Arbeit unter seiner Anleitung durchführen zu dürfen. Er war während dieser Zeit
stets ein zuverlässiger Ansprechpartner mit konstruktiven Ideen.
Für die Zusammenarbeit und die nutzbringenden Diskussionen im Rahmen des Projektes
Eisen-Schwefel-Zentren möchte ich Herrn Dr. Mikhail L. Antonkine danken. Außerdem
waren seine Kontakte zu Herrn Prof. John H. Golbeck und Prof. Donald A. Bryant von der
Pennsylvania State University, Pennsylvania, USA, maßgeblich für den Fortschritt dieses
Projektes verantwortlich.
Prof. John H. Golbeck stellte die Proben des Photosystems I zur Verfügung und ließ die
optischen Messungen am PS I in seinem Labor durchführen. Prof. Donald A. Bryant stellte
die Mutanten der Untereinheit PsaC zur Verfügung.
Herrn Dr. Maurice van Gastel und Dipl.-Biol. Jens Niklas danke ich für die Unterstützung
bei den Triplett-EPR- und ENDOR-Messungen. Frau Gudrun Klihm und Herrn Frank
Reikowski danke ich für die technische Betreuung der EPR-Spektrometer und Laser. Herr
Dr. Boris Epel hat die meisten Messungen an den Eisen-Schwefel-Peptiden durchgeführt
und sich auf diese Weise meinen Dank verdient.
Herrn Dr. Hideaki Ogata möchte ich für die Anzucht der E. coli Bakterien danken und die
Isolierung des rekombinanten Pottwal-Myoglobins. Außerdem für die unermüdlichen
Versuche, Myoglobinkristalle zu züchten.
Herr Dr. Sebastian Sinnecker führte die quantenchemischen Berechnungen der
Hyperfeinkopplungen durch und trug damit maßgeblich zur Interpretation der erhaltenen
Daten bei.
Für ihren Einsatz bei den NMR-Messungen möchte ich Herrn Jörg Bitter und Frau Kerstin
Sand danken. Sie etablierten in kürzester Zeit das Verfahren, Messungen an wässrigen
Lösungen im Institut durchzuführen.
Für die Mössbauer Messungen bin ich Herrn Dr. Eckhard Bill und Herrn Bernd Minert zu
Dank verpflichtet.
Das CD-Spektrometer wurde von Herrn Dr. Frank Neese und Herrn Andreas Göbels zur
Verfügung gestellt.
Frau Inge Heise möchte ich für die Durchführung der Peptidsynthese und die Wahrung der
Ordnung im Labor danken. Ihr Arbeitseinsatz war für mich jederzeit ein Vorbild.
Herrn Norbert Dickmann danke ich für die MALDI-TOF Messungen.
Herrn Dr. Eberhard Bothe und Herrn Christoph Laurich danke ich für die vielen
Hilfestellungen und die gute Zusammenarbeit im Rahmen der elektrochemischen
Messungen.
Mein Dank gilt ebenfalls Herrn Prof. Jens Ulstrup und Herrn Dr. Tim Albrecht für die
Möglichkeit, elektrochemische Messungen in der Bio-Inorganic Group an der Technical
University of Denmark, in Kopenhagen durchführen zu dürfen.
Frau Manuela Trinoga danke ich für die ausgezeichnete HPLC-Chromatographie.
Frau Dipl.-Biol. Petra Kellers danke ich für das Korrekturlesen dieser Arbeit und die
Diskussion verschiedener biologischer Sachverhalte.
Sämtlichen Mitarbeitern der MS-Abteilung des MPI für Kohlenforschung danke ich für die
Unterstützung meiner Arbeit.
Frau Helene Steffen und Frau Tanja Berndsen danke ich für die Hilfestellungen bei
biologischen Arbeitsmethoden.
Frau Tina Buteweg möchte ich für die Durchführung verschiedener Synthesen im
Anschluss an ihre Ausbildung danken.
Frau Birgit Deckers danke ich für die Hilfe bei der Erstellung einiger Abbildungen.
Den Auszubildenden Patricia Malkowski und Melanie Denißen möchte ich für ihren
Arbeitseinsatz und die allzeit gute Laune im Labor danken.
Besonderer Dank gilt Herrn Dr. Karsten Koppe und Herrn Dr. Hermann Kamperman für
die Freundschaft und die gute gemeinsame Zeit während des Studiums.
Dem Team der BAC-Dragons unter Leitung von Herrn Bernd Mienert danke ich für die
Möglichkeit, Teil dieses Teams zu sein und die schönen Drachenboot-Festivals, die wir im
Namen des Institutes bestritten und teilweise gewonnen haben.
Allen Mitarbeitern des Institutes, die hier nicht namentlich aufgeführt werden, möchte ich
für die freundliche Aufnahme im Haus und das stets gute und freundliche Arbeitsklima
danken.
Für die finanzielle Unterstützung der Arbeit waren die Deutsch Forschungsgemeinschaft
(DFG) und die Max-Planck Gesellschaft (MPG) verantwortlich, auch ihnen gilt mein
Dank.
Abkürzungsverzeichnis
ADP
Adenosindiphosphat
Apo-Mb
Apo-Myoglobin aus Pferdemuskel
ATP
Adenosintriphosphat
Boc
tert-Butyloxycarbonyl
Da
Dalton
DCPIP
Dichlorphenolindophenol
DIPEA
Diisopropylethylamin
DMF
Dimethylformamid
DMSO
Dimethylsulfoxid
DNA (DNS)
Desoxyribonukleinsäure
FePPIX
Eisen-Protoporphyrin (Hämin)
ε
Extinktionskoeffizient
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
EPR
Electron Paramagnetic Resonance
ENDOR
Electron Nuclear Double Resonance
ESEEM
Electron Spin Echo Envelope Modulation
FA
Zentrum A in der Untereinheit C des PS I, gleichzeitig
Abkürzung des Modellpeptides für dieses Zentrum
FB
Zentrum B in der Untereinheit C des PS I, gleichzeitig
Abkürzung des Modellpeptides für dieses Zentrum
Fmoc
9-Fluorenylmethoxycarbonyl
FX
Zentrum X des Photosystems I zwischen den Untereinheiten
PsaA und PsaB
HATU
N-[(dimethylamino)-1H-1,2,3-triazolo[4,5-b]pyridin-1ylmethylen]-N-methylmethanaminium
hexafluorophosphat
N-oxid
HBTU
N-[(1H-benzotriazol-1-yl)(dimethylamino)methylen]-Nmethylmethanaminium hexafluorophosphat N-oxid
HiPIP
High Potential Iron-Sulfur Protein
HOMO
Highest Occupied Molecular Orbital
HPLC
High Performace Liquid Chromatography
LUMO
Lowest Unoccupied Molecular Orbital
MALDI-TOF-MS
Matrix Assisted Laser Desoption Ionization – Time of Flight
Mass Spectrometry
Mb
Myoglobin aus Pferdemuskel
MePPheid a
Pyrophäophorbid a Methylester
MePPheid d
Pyrophäophorbid d Methylester
MO
Molekülorbital
NAD
Nikotinamid-adenin-dinukleotid
NADP
Nikotinamid-adenin-dinukleotidphosphat
n.d.
nicht detektiert
NMP
N-Methylpyrrilidon
NOE
Nuclear Overhauser Effect
ODMR
optical detected magnetic resonance
P680
Primärer Elektronendonor des Photosystems II
P700
special pair des Photosystems I
PAL-PEG-PS
5-(4-aminomethyl-3,5-dimethoxyphenoxy)valeryl
funktionalisierter Polyethylenglykol-Polystyrol Harz
Pheid a
Phäophorbid a
PPheid a
Pyrophäophorbid a
PPIX
Protoporphyrin
PS I
Photosystem I
PS II
Photosystem II
PyBOP
Benzotriazol-1-yloxytris(pyrrolidino)phosphonium
hexafluorophophat
RNA (RNS)
Ribonukleinsäure
SwMb
rekombinantes Pottwal-Myoglobin
SPPS
Solid Phase Peptide Synthesis
TBTU
N-[(1H-benzotriazol-1-yl)(dimethylamino)methylen]-Nmethylmethanaminium tetrafluoroborat N-oxid
TFA
Trifluoressigsäure
ZnMePPheid a
Zink-Pyrophäophorbid a Methylester
ZnMePPheid d
Zink-Pyrophäophorbid d Methylester
ZnPheid a
Zink-Phäophorbid a
ZnPPheid a
Zink-Pyrophäophorbid a
ZnPPIX
Zink-Protoporphyrin
Inhaltsverzeichnis
1. GRUNDLAGEN ........................................................................................1
1.1. Die Struktur von Proteinen ....................................................................................... 1
1.2. Die Struktur der Photoreaktionszentren in der Photosynthese............................. 8
1.2.1.
Elektronentransportprozesse in der Photosynthese........................................ 8
1.2.2.
Das Photosystem I.......................................................................................... 9
1.3. Die Struktur von Myoglobin ................................................................................... 12
1.4. Die Struktur von Porphyrinen................................................................................ 17
1.4.1.
Nomenklatur der Porphyrine........................................................................ 18
1.4.2.
Elektronische Struktur der Porphyrine......................................................... 20
1.5. Eisen-Schwefel-Zentren in der Natur..................................................................... 24
1.6. Die Stabilität von Proteinen .................................................................................... 26
1.7. Die Festphasen Peptidsynthese (SPPS) .................................................................. 29
1.8. Grundlagen der EPR- und ENDOR-Spektroskopie ............................................. 34
1.8.1.
Grundlagen der EPR-Spektroskopie ............................................................ 34
1.8.2.
Grundlagen der ENDOR-Spektroskopie...................................................... 43
1.9. Mössbauer-Spektroskopie ....................................................................................... 48
2. AUFGABENSTELLUNG.......................................................................50
2.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin ....................................................................... 50
2.2. Modelle für [4Fe-4S]-Zentren des Photosystems I ................................................ 51
i
3. ERGEBNISSE UND DISKUSSION ..................................................... 53
3.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin-Matrix...........................................................53
3.1.1.
Natives Myoglobin und Apo-Myoglobin .....................................................53
3.1.2.
Darstellung der Kofaktoren ..........................................................................56
3.1.3.
Komplexbildung und Charakterisierung der Kofaktoren mit
Apo-Myoglobin ............................................................................................59
3.1.3.1. Zink-Protoporphyrin Apo-Myoglobin (ZnPPIX Mb) ..................................60
3.1.3.1.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilitätsmessung ........................60
3.1.3.1.2. NMR-Spektroskopie..................................................................62
3.1.3.1.3. EPR-Spektroskopie....................................................................64
3.1.3.1.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX in Glycerin/DMSO ........68
3.1.3.1.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO......75
3.1.3.2. Zink-Phäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPheid a Mb) und ZinkPyrophäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPPheid a Mb) ...............................80
3.1.3.2.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilität........................................80
3.1.3.2.2. NMR-Spektroskopie..................................................................84
3.1.3.2.3. EPR-Spektroskopie....................................................................87
3.1.3.2.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin ..90
3.1.3.2.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a SwMb in
Puffer/Glycerin ..........................................................................94
3.1.3.2.6. Vergleich der ENDOR-Daten von ZnPPheid a SwMb mit
nativen Systemen .......................................................................96
3.1.3.3. Die Komplexe der Zink-Methylpyrophäophorbide mit Apo-Myoglobin.....98
3.1.4.
Zusammenfassung ......................................................................................103
3.1.5.
Ausblick......................................................................................................105
3.2. Modellpeptide für [4Fe4S]-Zentren ......................................................................106
3.2.1.
Literaturübersicht .......................................................................................106
3.2.2.
Design der Peptidsequenzen.......................................................................108
3.2.3.
Charakterisierung der Modellpeptide .........................................................111
3.2.4.
UV-Vis-Spektroskopie von FA und FB .......................................................112
ii
3.2.5.
EPR-Spektroskopie der Modellpeptide...................................................... 114
3.2.5.1. Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals................................................. 117
3.2.5.2. Leistungsabhängigkeit des EPR-Signals.................................................... 118
3.2.5.3. ESEEM- und ENDOR-Spektroskopie der Modellpeptide FA und FB........ 119
3.2.6.
Mössbauer-Spektroskopie.......................................................................... 123
3.2.7.
Bestimmung des Redoxpotentials der Modellpeptide FA und FB .............. 126
3.2.8.
NMR-Spektroskopie .................................................................................. 129
3.2.9.
Bindung an das Photosystem I ................................................................... 130
3.2.9.1. Optische Experimente ................................................................................ 130
3.2.9.2. EPR-Experimente....................................................................................... 132
3.2.10. Zusammenfassung...................................................................................... 134
3.2.11. Ausblick
................................................................................................. 135
4. ZUSAMMENFASSUNG.......................................................................137
5. EXPERIMENTELLER TEIL..............................................................143
5.1. Geräte und Methoden ............................................................................................ 143
5.1.1.
NMR-Spektroskopie .................................................................................. 143
5.1.2.
UV-Vis-Spektroskopie............................................................................... 143
5.1.3.
Infrarot-Spektroskopie ............................................................................... 144
5.1.4.
Massenspektrometrie ................................................................................. 144
5.1.5.
Säulenchromatographie.............................................................................. 144
5.1.6.
Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) .................................... 145
5.1.7.
Fluoreszenzspektroskopie .......................................................................... 145
5.1.8.
Circular Dichroismus- (CD) Spektroskopie............................................... 145
5.1.9.
Anaerobe Arbeiten und elektrochemische Titration .................................. 146
5.1.10. Elektron-Paramagnetische Resonanz Spektroskopie (EPR) ...................... 146
5.1.11. Optische Spektroskopie am Photosystem I zur Untersuchung der
Elektronentransferkinetik........................................................................... 148
5.1.12. Durchführung der theoretischen Untersuchungen ..................................... 149
iii
5.2. Synthese und Chemikalien.....................................................................................149
5.2.1.
Festphasen-Peptidsynthese (SPPS) ............................................................150
5.2.2.
Rekombinantes Pottwal-Myoglobin aus E. coli .........................................151
5.2.3.
Darstellung von Apo-Myoglobin ...............................................................152
5.2.4.
Darstellung von Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX) .......................................153
5.3. Darstellung der (Metall-)Phäophorbide ...............................................................154
5.3.1.
Allgemeine Arbeitsvorschriften .................................................................154
5.3.1.1. Standardaufarbeitung..................................................................................154
5.3.1.2. Abspaltung des Phytylesters.......................................................................154
5.3.1.3. Metallierung der Phäophorbide ..................................................................154
5.3.2.
Gewinnung von Chlorophyll a aus getrockneten Cyanobakterien.............155
5.3.3.
Umsetzung von Chlorophyll a zu Phäophorbid a ......................................155
5.3.4.
Darstellung von Pyrophäophytin a aus getrockneten Cyanobakterien.......156
5.3.5.
Darstellung von Methylpyrophäophorbid a (132-Decarboxymethylphäophorbid a Methylester) .......................................................................157
5.3.6.
Darstellung von Methylpyrophäophorbid d ...............................................158
5.4. Rekonstitution von Apo-Myoglobin mit verschiedenen Kofaktoren .................160
5.4.1.
Einbau von Zink-Protoporphyrin ...............................................................160
5.4.2.
Einbau der Zink-Phäophorbid-Kofaktoren.................................................160
5.5. Darstellung der [4Fe4S]-Modellpeptide ...............................................................161
5.5.1.
Die Peptide FA, FB, FX1 und FX2 .................................................................161
5.5.2.
Rekonstitution der Peptide .........................................................................162
5.5.3.
Herstellung der PS I Proben .......................................................................163
6. LITERATUR......................................................................................... 164
iv
Grundlagen
1.
Grundlagen
1.1.
Die Struktur von Proteinen
Proteine sind komplexe Moleküle, die in der Natur sehr spezifische Aufgaben erfüllen und
anhand ihrer biologischen Funktion klassifiziert werden können[1]:
Enzyme sind hochspezialisierte Proteine, die eine katalytische Aktivität aufweisen.
Praktisch alle zellulären chemischen Reaktionen werden durch Enzyme katalysiert.
Transportproteine binden bestimmte Moleküle oder Ionen, um sie innerhalb eines
Organismus zu transportieren. Das Hämoglobin in den Erythrocyten bindet Sauerstoff und
transportiert ihn von der Lunge zum peripheren Gewebe der Organe.
Nährstoff- und Speicherproteine dienen der Lagerung von Nährstoffen oder anderer
Moleküle und Ionen, die wichtig für die Entwicklung eines Organismus sind. Ferritin, das
in einigen Bakterien, sowie Pflanzen und Tieren vorkommt, speichert z. B. Eisen. Casein
ist das Hauptprotein der Milch und damit ein wichtiges Nährstoffprotein von Säugetieren.
Kontraktile oder motile Proteine sind fähig, ihre Form zu ändern und dienen in vielen
Fällen der Fortbewegung. Actin, Myosin und Titin sind die Hauptbestandteile der
Skelettmuskulatur.
Strukturproteine sind gerüstbildende Filamente, die den Aufbau biologischer Strukturen
stabilisieren. Keratin ist der Hauptbestandteil von Haaren, Fingernägeln und Federn.
Sehnen und Knorpel werden durch das Faserprotein Kollagen gebildet.
Abwehrproteine dienen dem Schutz eines Organismus vor Verletzungen oder
eindringenden Organismen. Die Antikörper sind spezialisierte Proteine, die in den
Lymphocyten von Wirbeltieren gebildet werden. Sie erkennen eindringende Bakterien,
Viren oder artfremde Proteine und neutralisieren diese.
Regulatorische Proteine steuern zelluläre und physiologische Vorgänge. Viele Hormone,
wie z. B. das Insulin, das den Zuckermetabolismus reguliert, gehören zu dieser Gruppe.
Zusätzlich gibt es noch eine Reihe anderer Proteine, die nicht durch diese einfache
1
Grundlagen
Klassifizierung beschrieben werden können. Das Blutplasma einiger Fische in der
Antarktis enthält z. B. Frostschutzproteine, die ihr Blut vor dem Gefrieren schützen.
So unterschiedlich die Funktionen von Proteinen sind, so verschieden sind ihre
Molekülstrukturen und –größen. Das bisher größte bekannte menschliche Protein ist das
Titin mit einer Größe von etwa 3600 kDa. Es ist neben Myosin und Aktin das wichtigste
Muskelprotein. Das Blutzucker-senkende Hormon Insulin ist dagegen ein kleines Protein
mit einem Molekulargewicht von lediglich 5,7 kDa.
Abbildung 1: Illustration der Winkel Ψ und Φ, durch die die Amidebenen zweier aufeinanderfolgender
Aminosäuren gegeneinander verdreht werden können (links). Abhängig von den Winkeln Ψ und Φ werden
unterschiedliche Sekundärstrukturelemente gebildet. Neben dem β-Faltblatt (β, roter Bereich) kommen
hauptsächlich die rechtshändige α-Helix (α, blauer Bereich) und die linkshändige α-Helix (L, grüner Bereich)
in der Natur vor[2].
Die Struktur eines Proteins wird durch seine Zusammensetzung aus den 20 verschiedenen
natürlichen Aminosäuren bestimmt. Die lineare Abfolge der Aminosäuren in einem
Polypeptid vom N- zum C-Terminus wird als Primärstruktur bezeichnet. Innerhalb einer
solchen Kette besitzt eine Aminosäure zwei Bindungen, die mehr oder weniger frei
drehbar
sind,
während
die
Amidbindung
aufgrund
ihres
partiellen
Doppelbindungscharakters nicht frei drehbar ist (Abbildung 1). Die Drehwinkel der
Bindungen zwischen Cα und dem Carbonylkohlenstoff und der Bindung zwischen Cα und
der Aminogruppe werden durch Ψ und Φ beschrieben.
2
Grundlagen
Einige Aminosäuren (z. B. Tryptophan) sind aufgrund ihrer sterisch anspruchsvollen
Seitenketten in den Winkeln Ψ und Φ stark eingeschränkt, während Aminosäuren mit
kleinen Seitenketten (z. B. Glycin) praktisch jeden Winkel für Ψ und Φ annehmen können.
Folgen in einem Polypeptid mehrere Aminosäuren aufeinander, die ähnliche Winkel für Ψ
und Φ annehmen, bildet sich ein Sekundärstrukturelement. Abhängig von den
Diederwinkeln handelt es sich dabei in den häufigsten Fällen entweder um eine α-Helix
oder
ein
β-Faltblatt.
Diese
Strukturen
werden
durch
ein
Netzwerk
von
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen der Carbonylgruppe einer Aminosäure und der
Aminogruppe einer zweiten Aminosäure stabilisiert. Neben der rechtsgängigen α-Helix ist
auch die deutlich seltenere linksgängige α-Helix bekannt. Für β-Faltblattstrukturen ist die
parallele und die antiparallele Ausrichtung in natürlichen Systemen bekannt.
Aufgrund ihrer Struktur besitzt eine α-Helix ein Dipolmoment entlang der Längsachse der
Helix, welches vom N-Terminus zum C-terminalen Ende gerichtet ist. Dieses
Dipolmoment wirkt in rein α-helicalen Domänen stabilisierend auf die antiparallele
Ausrichtung von Helices zueinander und destabilisierend auf eine parallele Ausrichtung.
Die Anordnung von mehreren sekundären Strukturelementen räumlich zueinander wird als
Tertiärstruktur bezeichnet. Proteine können anhand ihrer Tertiärstruktur in drei Bereiche
unterteilt werden, rein α-helikale Strukturen, reine β-Faltblatt-Strukturen und gemischte
Strukturen, die sowohl α-Helices als auch β-Faltblätter besitzen. Cytochrom b562, ein
Elektronentransferprotein, ist ein Beispiel für ein Protein mit rein α-helikaler
Sekundärstruktur. Die Superoxid-Dismutase besitzt dagegen nur β-Faltblätter als
Sekundärstrukturelemente. Dieses Enzym katalysiert die Disproportionierung des
-
Superoxid-Radikals (O2· ) in Wasserstoffperoxid und Sauerstoff. Ein Beispiel für ein
Enzym, das sowohl α-Helices als auch β-Faltblattstrukturen besitzt, ist die TryptophanSynthase, die die Reaktion von Indol und Serin zur Aminosäure Tryptophan katalysiert[3].
Viele Proteine bestehen aus mehreren nicht-kovalent verknüpften Polypeptidketten, die
sich als Untereinheiten eines Proteinkomplexes zusammenlagern. Die Anordnung
verschiedener Untereinheiten zueinander wird als Quartärstruktur bezeichnet. Ein
bekanntes Beispiel für ein Protein mit Quartärstruktur ist das Hämoglobin, das aus zwei
identischen α-Untereinheiten und zwei identischen β-Untereinheiten besteht und
Luftsauerstoff im menschlichen Blut transportiert.
3
Grundlagen
Kofaktoren
Neben der eigentlichen dreidimensionalen Struktur eines Proteins ist in vielen Fällen
entscheidend, wie Kofaktoren im Protein gebunden werden. Unter einem Kofaktor versteht
man einen Bestandteil eines Proteins, der nicht aus Aminosäuren besteht. Dabei kann es
sich um anorganische Ionen oder ein komplexes organisches oder metallorganisches
Molekül handeln. Wird der Kofaktor kovalent an das Protein gebunden, wird er als
prosthetische Gruppe bezeichnet.
Verschiedene Parameter bestimmen wesentlich die spektralen und funktionellen
Eigenschaften eines Kofaktors, wie z. B. das Redoxpotential. Die direkte Umgebung
(hydrophil oder hydrophob), die Art der Bindung an das Protein (kovalent, koordinativ
oder
mittels
van-der-Waals
Wechselwirkung)
sowie
zusätzliche
Kontakte
zur
Proteinumgebung (z.B. Wasserstoffbrücken) nehmen Einfluss auf die physikalischen
Eigenschaften des Kofaktors. Sofern mehrere Kofaktoren vorhanden sind, ist die relative
Ausrichtung der Kofaktoren zueinander entscheidend für die Effizienz eines Energie- oder
Elektronentransfers.
Faltung
Welche Faktoren die Faltung beeinflussen, die für die Funktion eines Proteins nötig ist, ist
bis heute weitgehend unverstanden, weil die Faltung eines Proteins ein höchst komplexer
Vorgang ist. Ausgehend vom vollständig entfalteten Zustand gibt es eine Vielzahl
konformeller Möglichkeiten, die lokale Minima der Energiehyperfläche darstellen, um zu
einer „stabilen“ Struktur zu gelangen. Jedoch ist ein Protein einzig in der nativen Struktur
in der Lage, die Aufgaben mit der nötigen Effizienz durchzuführen. Bei vielen Proteinen
sind spezielle Hilfsstoffe, die sogenannten Chaperone, für die korrekte Faltung eines
Proteins nötig. Chaperone sind ebenfalls in vielen Fällen Proteine.
Um den Prozess der Faltung besser zu verstehen, bietet es sich an, an kleinen, einfachen
Modellen zu ermitteln, welche Primärsequenz besonders gut für ein bestimmtes
strukturelles Motiv (z.B. α-Helix) geeignet ist. Als Grundlage dient die rapide wachsende
Menge an Kristallstrukturen von nativen Proteinen. Die Zahl der veröffentlichten
4
Grundlagen
Strukturen in der seit 1974 bestehenden weltweiten Proteindatenbanka ist von etwa 21000
Strukturen im Juli 2003 auf über 32000 Strukturen im August 2005 angestiegen. Durch
Analyse der unterschiedlichen Sekundärstrukturtypen (Helix, Faltblatt) wird versucht,
Parameter festzulegen, die diese sekundären Strukturelemente stabilisieren.
Abbildung 2: Modell einer Energiehyperfläche für die Proteinfaltung[4]. Ausgehend vom komplett
entfalteten Zustand müssen viele lokale Minima durchlaufen werden, bevor der funktionelle, native Zustand
erreicht wird. Bei vielen Proteinen sind kleine Moleküle und Proteine, die sogenannten Chaperone, für die
native Faltung notwendig.
Die Aminosäuren Lysin, Glutamat und Leucin sind zum Beispiel bevorzugte Bausteine
von amphiphilen α-Helices, da diese durch die intramolekulare Wasserstoffbrücken
zwischen den Seitenketten der beiden polaren Aminosäuren zusätzlich stabilisiert werden.
Die hydrophobe Seite wird durch Leucin gebildet. Die in β-Position verzweigten
Aminosäuren Valin und Isoleucin, sowie die zyklische Aminosäure Prolin stören die
helikale Struktur und werden daher häufig eingesetzt, um dieses Sekundärstrukturelement
a
RCSB Protein Data Bank, www.pdb.org
5
Grundlagen
zu terminieren. Aus amphiphilen Helices wird ein wichtiges Tertiärstrukturelement, das
vier-Helix-Bündel, aufgebaut. Dabei lagern sich vier amphiphile Helices in antiparalleler
Ausrichtung zusammen. Die Triebkraft ist die hydrophobe Wechselwirkung der Helices
untereinander. Daher besitzt ein vier-Helix-Bündel einen stark hydrophoben Kern, wobei
es selbst in der Regel gut wasserlöslich ist.
Methoden zur Faltungs- und Funktionsaufklärung
Für die Funktion eines Enzyms ist die Zugänglichkeit eines aktiven Zentrums für ein
Substrat sowie die Polarität und Geometrie der Bindungstasche von essentieller
Bedeutung.
Im wesentlichen können drei unterschiedliche Wege zur Erforschung von Proteinfaltung
und –funktion beschritten werden.
a) Molekularbiologisch werden durch ortsspezifische Mutagenese einzelne oder
mehrere Aminosäuren eines Proteins verändert und die Änderung der
Eigenschaften (z.B. Turn-over Rate, die Substratspezifität eines Enzyms oder
spektroskopische Parameter etc.) untersucht und abhängig von der Modifikation am
Protein interpretiert.
b) In einem Protein mit bekannter Struktur werden neue aktive Zentren konstruiert,
wobei das Verständnis der Funktion eines Proteins bzw. der Struktur eines aktiven
Zentrums bei dieser Untersuchung im Vordergrund steht. Dabei dient das Protein
selbst im Prinzip nur noch als vorgeformte, stabile Abschirmung des neuen aktiven
Zentrums. Dieses Verfahren kann nur bei Proteinen durchgeführt werden, die in
einem anderen Organismus, z. B. Escherichia coli, durch Einschleusen eines
Plasmids überexprimiert werden können (Transformation und heterologe/homologe
Expression). Die ursprüngliche Funktion des Proteins geht dabei in der Regel
vollständig verloren.
c) Alternativ dazu versucht der Ansatz der de novo Synthese, Fragmente eines
bestimmten Strukturmotivs (z. B. α-Helices, wie sie in einem vier-Helix-Bündel
vorhanden sind) ohne direkten Bezug zu einer natürlich vorkommenden
Aminosäuresequenz herzustellen. Diese Methode ist daher auf theoretische
Modelle angewiesen. Dieser Ansatz geht besonders stark auf das Verständnis von
Faltung und Funktion von Proteinen ein und nutzt dabei native Aminosäuren
6
Grundlagen
ebenso wie nicht-native (z.B. α- und β-) Aminosäuren. Bei der de novo Synthese ist
zwischen dem rationalen und dem kombinatorischen Design zu unterscheiden.
Beim rationalen Design wird die zu synthetisierende Sequenz mit Hilfe
theoretischer
Modelle
entworfen,
wobei
bestimmte
strukturelle
Motive
berücksichtigt werden. Beim kombinatorischen Design wird eine Bibliothek
ähnlicher Modelle synthetisiert. Die einzelnen Modelle werden anschließend
anhand von vorher festgelegten Eigenschaften selektiert. Die Selektion stellt häufig
ein Problem dar, da eine große Anzahl unterschiedlicher Sequenzen in kurzer Zeit
mit eindeutigem Ergebnis bezüglich mindestens einer Eigenschaft untersucht
werden muss. Der Syntheseaufwand eines kombinatorischen Ansatzes ist zu
Beginn sehr hoch, allerdings ist auch mit sehr guten Ergebnissen zu rechnen, wenn
das Problem des „screenings“ zufriedenstellend gelöst werden kann. Die beiden
größten Nachteile der de novo Synthese sind der enorme finanzielle Aufwand und
die Einschränkung, nur kurze Aminosäureketten bis 60 Aminosäuren mit guter
Ausbeute herstellen zu können.
Das Ziel der vorgestellten methodischen Ansätze ist es, die Strukturbildung und die
Funktion von Proteinen in ihrer Gesamtheit und die Wechselwirkung verschiedener
Proteine untereinander zu verstehen. Sollte dies gelingen, so kann entsprechend den
Anforderungen eines beliebigen Prozesses ein Protein in silico entworfen und synthetisiert
werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unabdingbar, einerseits Proteinmodelle zu
studieren und andererseits den Einfluss einer bekannten und definierten Proteinumgebung
auf einen Kofaktor zu untersuchen. Beide Ansätze werden in dieser Arbeit verfolgt.
7
Grundlagen
1.2.
Die Struktur der Photoreaktionszentren in
der Photosynthese
1.2.1. Elektronentransportprozesse in der Photosynthese
Die pflanzliche Photosynthese ermöglicht durch eine komplexe Reaktion unter
Verwendung von Lichtenergie die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser in
Kohlenhydrate und liefert damit die chemisch gebundene Energie für das Leben auf der
Erde. In grünen Pflanzen findet die Photosynthese in den Chloroplasten statt. Mit Hilfe der
Lichtsammelkomplexe werden die Photonen von Chlorophyllen absorbiert und zu zwei
Reaktionszentren weitergeleitet. Die Reaktionszentren, in diesem Fall die Photosysteme I
und II (Abbildung 3), fungieren als Energieumwandler in den Zellen. Sie absorbieren die
Lichtenergie und übertragen diese direkt auf Elektronen, die zum Aufbau energiereicher
Stoffe, z. B. NADPH, genutzt werden.
Das Photosystem II transferiert die absorbierte Lichtenergie vom P680 über ein Phäophytin
auf zwei Plastochinone QA und QB. Durch die Reduktion zum Hydrochinon kann das QB
aus dem Protein durch die Membran diffundieren und zwei Elektronen und zwei Protonen
an den Cytochrom b6f-Komplex übertragen. Die unbesetzte Bindungstasche im
Photosystem II wird durch ein Chinon aus dem Chinonpool besetzt. Während die Protonen
in das Thylakoidlumen abgegeben werden und dadurch einen Protonengradienten über die
Membran aufbauen, transferiert das Plastocyanin die Elektronen weiter zum PS I. Die
Elektronenlöcher, die durch den Abtransport der Elektronen im Photosystem II entstehen,
werden durch Oxidation von Wasser wieder gefüllt. Als Koppelprodukte entstehen
Sauerstoff, der als Gas die Zelle verlässt und Protonen, die in Form eines
Protonengradienten über die Membran beispielsweise von der ATP-Synthase genutzt
werden, um Adenosintriphosphat (ATP) aus Adenosindiphosphat (ADP) aufzubauen.
Das Photosystem I überträgt nach der Lichtanregung Elektronen an Ferredoxin, das diese
an die NADP-Reduktase weitergibt. Die NADP-Reduktase wiederum reduziert mit Hilfe
8
Grundlagen
dieser energiereichen Elektronen NADP zu NADPH, das als Reduktionsäquivalent in der
Zelle zur Verfügung steht.
Abbildung 3: Querschnitt durch eine Thylakoidmembran. Die Lichtsammelkomplexe sind aus Gründen der
Übersichtlichkeit nicht gezeigt.
1.2.2. Das Photosystem I
Das Photosystem I wird an dieser Stelle detaillierter besprochen, da es als Vorbild für die
Modelle der Eisen-Schwefel-Zentren dient, die in dieser Arbeit untersucht werden. Es
besteht aus mehr als zehn Untereinheiten (PsaA bis PsaL), von denen A und B ein
Homodimer mit jeweils 83 kDa Molekülmasse bilden (Abbildung 4). Sie bestehen aus
jeweils elf transmembranen Helices und vier Helices in der Nähe der stromalen
Membranoberfläche. Die Untereinheiten C, D und E befinden sich ebenfalls auf der
stromalen
Seite
der
Membran.
Sekundärstrukturelemente,
die
Diese
meist
drei
durch
Untereinheiten
β-Faltblätter
besitzen
gebildet
wenige
werden.
Die
Untereinheiten C und D weisen zusätzlich kurze Helices mit bis zu 15 Aminosäuren auf.
In einem Photosystem I sind - abhängig von der Spezies - bis zu 100 Chlorophylle, etwa 22
Carotinoide, zwei Phyllochinone und drei [4Fe4S]-Zentren gebunden. Von dieser Vielzahl
an Kofaktoren sind nur elf direkt an der Funktion des Photosystems I, der lichtinduzierten
Ladungstrennung, beteiligt. Die restlichen Kofaktoren dienen dem Sammeln von
Lichtenergie (Chlorophylle) und der Unterdrückung der reaktiven lichtangeregten
Triplettzustände (Carotinoide). Ausgehend von einem Chlorophyll a/a´ Dimer, dem
9
Grundlagen
sogenannten special pair P700, existieren in den beiden Untereinheiten PsaA und PsaB zwei
symmetrische Elektronentransferwege, der sogenannte A- und der B-Zweig. Sie bestehen
aus zwei monomeren Chlorophyll a Molekülen, dem „accessory“ Chlorophyll und dem
Akzeptor A0, sowie einem Phyllochinon, dem Akzeptor A1. Die beiden Zweige münden in
das erste [4Fe4S]-Zentrum, FX, welches von den Untereinheiten A und B durch eine
flexible Region in der Peptidkette gebunden wird[5]. Von FX werden die Elektronen in die
Untereinheit PsaC zu den Eisen-Schwefel-Zentren FA und FB übertragen und von
Ferredoxin, das an der Oberfläche der Untereinheiten PsaD und PsaE bindet,
aufgenommen.
A1
A0
Abbildung 4: Schematische Darstellung von sechs Untereinheiten des Photosystems I, sowie der Abfolge
der Kofaktoren (links). Kristallstruktur (PDB 1JB0) des oberen Teils des Photosystems I mit den stromalen
Untereinheiten C, D und E, sowie den drei [4Fe4S]-Zentren FX, FA und FB (rechts).
Die lichtinduzierte Ladungstrennung findet zwischen dem primären Elektronendonor, dem
P700, und dem primären Elektronenakzeptor, A0, in etwa 1 ps statt[6]. Anschließend wird
das Elektron in 30 ps auf ein Phyllochinon, A1, übertragen und zum FX-Zentrum in 30 ns
weitergeleitet. In weniger als 500 ns gelangt das Elektron von dort aus zu den beiden
[4Fe4S]-Zentren FA und FB. Der gesamte Elektronentransfer erfolgt von einem
Anfangspotential von etwa –1,3 V für den lichtangeregten Singulettzustand des P700
energetisch begünstigt (downhill) über –700 mV für das FX-Zentrum bis zu einem
Potential von –590 mV für das Zentrum FB[6]. Einzig der letzte Schritt des
10
Grundlagen
Elektronentransfers von FA nach FB ist ein energetisch ungünstiger Transfer (uphill), da FA
ein Redoxpotential von –540 mV aufweist.
Das Redoxpotential der Eisen-Schwefel-Zentren FX, FA und FB soll hier ausführlicher
behandelt werden, da es eine wesentliche Eigenschaft dieser Zentren ist. Das FX-Zentrum
ist eines der wenigen Beispiele für ein „interpolypeptid“ Eisen-Schwefel-Zentrum. Im
Gegensatz zu den meisten FeS-Zentren wird es von zwei unabhängigen Untereinheiten
ligandiert. Es besitzt zudem mit –705 ± 15 mV[7] bzw. –670 mV[8] eines der negativsten
Redoxpotentiale. Der negativere Wert wurde durch eine Reduktion an einer
Goldoberfläche und Detektion durch EPR bei tiefer Temperatur ermittelt, der positivere
Wert ist mit Hilfe transienter optischer Spektroskopie bestimmt worden. Das
Redoxpotential für FA liegt im Bereich von –465 mV[9] bis –540 mV[10], dasjenige von FB
im Bereich von –440 mV[9] bis –590 mV[10]. Der Grund für diese signifikanten
Unterschiede der ermittelten Redoxpotentiale liegt in der verwendeten Messmethode. Die
negativeren Redoxpotentiale wurden über eine Redoxtitration mit Dithionit bei pH 10 bei
Raumtemperatur durchgeführt. Die Detektion des Titrationsverlaufs erfolgte durch
EPR-Spektroskopie bei 20 K. Die positiveren Redoxpotentiale wurden durch die
Auswertung der Ladungsrekombinationskinetik nach Anregung durch Blitzlicht ermittelt.
Diese Messungen wurden potentialabhängig durchgeführt, wobei das Potential ebenfalls
über die Zugabe von Dithionit eingestellt wurde.
Bei der Bewertung der beiden Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Detektion des
Oxidationszustandes von FA und FB durch EPR bei tiefer Temperatur nicht unstrittig ist,
weil die Potentiale beider Zentren temperaturabhängig sein können und das Einfrieren eine
Änderung des Gleichgewichts bewirken kann. In beiden Studien wurde das Potential von
FB in Gegenwart eines reduzierten FA-Zentrums bestimmt, wobei eine gegenseitige
Beeinflussung (Kooperativität) beider Zentren untereinander nicht ausgeschlossen werden
kann. Außerdem wird bei der Auswertung der Ladungsrekombinationskinetik ein
vereinfachtes Modell der möglichen Redoxzustände im PS I angenommen, wobei lediglich
die beiden terminalen Elektronenakzeptoren FA und FB, sowie das P700 berücksichtigt
werden. Die anderen Kofaktoren, die am Elektronentransfer beteiligt sind, werden bei der
Auswertung der Kinetik nicht berücksichtigt.
Zusätzlich sind für Photosysteme verschiedener Organismen unterschiedliche Werte für
die Redoxpotentiale der einzelnen Eisen-Schwefel Zentren bestimmt worden[11; 12].
11
Grundlagen
Wie durch die Proteinumgebung ein derart negatives Redoxpotential, wie beispielsweise
für das Zentrum FX, erzeugt wird, ist weitgehend unverstanden. Eine Wechselwirkung des
geladenen [4Fe4S]-Zentrums mit ebenfalls geladenen Aminosäuren in der Umgebung,
sowie die Polarisierbarkeit des gesamten Proteins werden zur Erklärung herangezogen. Ein
wichtiger Parameter für die Kontrolle des Redoxpotentials ist vermutlich die
Zugänglichkeit des Zentrums für das Lösemittel (vgl. Abschnitt 1.5).
1.3.
Die Struktur von Myoglobin
Myoglobin ist, ebenso wie Hämoglobin, seit Jahrzehnten Ziel intensiver Forschung. Mit
einer Sauerstoffaffinität, die zwischen der von Hämoglobin und der von Cytochrom a bzw.
a3 (Hauptbestandteil der Cytochrom c-Oxidase) liegt[13], dient Myoglobin in der Zelle als
Sauerstoffakzeptor und -speicher aus dem Blut. Weil das Protein in seiner Apo-Form in
dieser Arbeit als Matrix für nicht-native Kofaktoren verwendet wird und dadurch seine
biologische Funktion verliert, werden im folgenden Abschnitt kurz einige grundsätzliche
Eigenschaften und strukturelle Merkmale aufgeführt. Weiterführende Details über die
biologische Funktion von Myoglobin sind in verschiedenen Übersichtsartikeln
zusammengefasst worden [14-16].
Myoglobin besteht aus 153 Aminosäuren (für Pferdemuskel- und Pottwal-Myoglobin) und
ist ein Vertreter der Globin-Proteine. Es ist gut löslich in Wasser (>60 mg/ml) und in seiner
nativen Form sehr stabil gegen Denaturierung. In dieser Form liegt der Kofaktor Hämin als
Eisen(II)-Spezies vor. Kommerziell ist die inaktive Eisen(III)-Form erhältlich, das
sogenannte met-Myoglobin.
Myoglobin wurde als erstes Protein vollständig kristallographisch charakterisiert[17]. Im
gefalteten Zustand besteht es aus acht α-Helices (A bis H), die von etwa 75 % der
Aminosäuren des Proteins gebildet werden. Diese Helices bilden die sogenannte GlobinFaltung, die bei Vertebraten, aber auch bei Pflanzen und Bakterien weit verbreitet ist.
Charakteristisches Merkmal der Globin-Faltung ist die Verbindung der Helices über kurze
„loops“. Die dreidimensionale Anordnung der Helices bildet eine Tasche, die im
Myoglobin durch Hämin besetzt ist. Myoglobin besitzt im nativen Zustand eine hohe
Stabilität gegenüber der Entfaltung, die von einer starken Wechselwirkung durch eine
12
Grundlagen
dichte Packung der Aminosäurenseitenketten herrührt. Ein typisches Merkmal für die
Globin-Faltung ist, dass diese Wechselwirkung nur bei Helices zu beobachten ist, die in
der Sequenz nicht direkt aufeinanderfolgen. Eine Ausnahme hiervon stellen die Helices G
und H dar, die eine antiparallele Anordnung aufweisen und deshalb durch eine starke
Packungswechselwirkung stabilisiert werden.
Abbildung 5: Darstellung der Kristallstruktur von Myoglobin (PDB 1A6M). Die Helices A bis F sind durch
blaue Zylinder dargestellt. Die Kohlenstoffatome des Kofaktors Hämin, sowie der beiden ligandierenden
Histidine sind in türkis, Stickstoffatome in blau und das zentrale Eisenion in gelb gefärbt. Das ursprünglich in
der Kristallstruktur enthaltene Sauerstoffmolekül ist zur besseren Übersichtlichkeit nicht abgebildet.
Die Aminosäuren des Myoglobins können auf zwei unterschiedliche Arten bezeichnet
werden. Entweder wird ihre Position allein durch eine Zahl gekennzeichnet, z. B. Val 68,
oder durch einen Buchstaben und eine Zahl, z. B. Val E 11. Bei der ersten Konvention
werden die Aminosäuren beim N-Terminus beginnend fortlaufend durchnummeriert.
Damit ist die Bezeichnung spezifisch für das Myoglobin einer Spezies, da die Gesamtzahl
der Aminosäuren von Spezies zu Spezies variieren kann. Die zweite Möglichkeit
13
Grundlagen
bezeichnet die Position der Aminosäure innerhalb einer Helix. Die Bezeichnung E 11
beschreibt die elfte Aminosäure in der Helix E, während CD 1 die erste Aminosäure im
„loop“ zwischen den Helices C und D bezeichnet. Diese Art der Positionsangabe ist
unabhängig von der Spezies, aus der das Myoglobin isoliert wurde, allerdings erfordert
diese Nomenklatur eine präzise Definition der Länge der jeweiligen „loops“ und Helices.
In dieser Arbeit werden beide Möglichkeiten der Bezeichnung parallel verwendet, um die
Vergleichbarkeit mit älteren Publikationen zu erleichtern.
Abbildung 6: Darstellung der Häminbindungstasche im Myoglobin (PDB 1A6M). Neben dem Kofaktor
Hämin (grün) mit dem zentralen Eisenion (pink) sind die unmittelbar angrenzenden Aminosäuren dargestellt.
Die γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Val 68 (E 11) liegen dicht am Ringsystem und stehen in Kontakt mit
der π-Elektronenwolke des Kofaktors.
Bei Myoglobinen aller Spezies ist die Aminosäure Histidin F 8 konserviert[15]. Dieses
proximale Histidin ligandiert das zentrale Eisen(II)ion des Hämins und ist daher essentiell
für die Funktion des Proteins. Fast ausschließlich über diese Aminosäure wird die Funktion
und Bindungsaffinität des zentralen Eisenions und somit die Funktion des gesamten
Proteins gesteuert. Auf der distalen Seite des Hämins sind die Aminosäuren Phenylalanin
CD 1, Valin E 11, Leucin B 10 und Histidin E 7 hochkonserviert. Valin E 11, Leucin B 10
und Phenylalanin CD 1 bilden hydrophobe Wechselwirkungen mit dem Kofaktor aus und
tragen damit wesentlich zur Stabilisierung des Hämins in der Bindungstasche bei. Die
14
Grundlagen
Hauptfunktion des distalen Histidins E 7 ist die Bildung einer Wasserstoffbrückenbindung
zum Eisen-koordinierten Sauerstoffmolekül, um dieses zu stabilisieren. In der
sauerstofffreien deoxy-Form ist diese Bindungsstelle durch ein Wassermolekül besetzt[18].
Neben dem nativen Kofaktor Hämin ist Myoglobin in der Lage, auch nicht-native
Kofaktoren anstelle des Hämins zu binden. Es wurden bereits verschiedene
Kobaltporphyrine[19] und Magnesiumporphyrine[20], Zinn(IV)protoprophyrin[21], sowie
offenkettige Tetrapyrrole wie Bilinchromophore[22] und verschiedene Chlorophyll- und
Bakteriochlorophyllderivate erfolgreich in Myoglobin gebunden[23;
24]
. Verschiedene
NMR-spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass der Einbau des nativen Kofaktors im
ersten Schritt maßgeblich durch zwei intermolekulare Salzbrücken zwischen den
Propionaten des Hämins und zwei Aminosäuren auf der Oberfläche beeinflusst wird. Dabei
handelt es sich um Histidin FG3 und Arginin CD3 bei Pottwal-Myoglobin bzw. Histidin
FG3 und Lysin CD3 bei Pferde-Myoglobin[25;
26]
. Da das Hämin bezüglich dieser
Wechselwirkung symmetrisch ist, kann es bei Rekonstitutionen in vitro in zwei
unterschiedlichen Einbaurichtungen im Myoglobin im Verhältnis 1:1 binden. Die eine
Einbaurichtung entspricht derjenigen, die in der Kristallstruktur von nativem Myoglobin
gefunden wird, während im anderen Fall der Kofaktor 180° um die Achse der α,γ-Methinprotonen gedreht ist (Abbildung 7). Zwar stellt sich in vitro ein Gleichgewicht zwischen
beiden Formen ein, wobei die hydrophobe Interaktion der Vinylseitenketten mit der
Proteinumgebung die treibende Kraft ist, jedoch wird dieses Gleichgewicht erst nach
Tagen oder Monaten erreicht. Für die Umwandlung des einen Isomers in das andere muss
der Kofaktor um 180° gedreht werden. Für diesen Vorgang werden zwei unterschiedliche
Mechanismen diskutiert[27]. Eine Möglichkeit ist ein unimolekularer Mechanismus, bei
dem der Kofaktor die Bindungstasche des Proteins nicht verlässt, sondern sich die Struktur
des Proteins derart aufweitet, dass eine Drehung des Kofaktors innerhalb der
Bindungstasche möglich ist. Um dies zu erreichen, muss die Eisen-Histidin Bindung
gebrochen werden. Der zweite mechanistische Vorschlag ist eine bimolekulare Reaktion,
bei der der Kofaktor die Bindungstasche vollständig verlässt, die 180° Drehung ausführt,
und anschließend wieder im Protein bindet.
Obwohl beide Mechanismen ausführlich in der Literatur diskutiert werden[28], ist die
unimolekulare Reaktion wahrscheinlicher. Das Gleichgewicht zwischen beiden Isomeren
stellt sich deutlich schneller ein als man unter Berücksichtigung der Dissoziationskonstante
15
Grundlagen
von Proteinen und Kofaktor erwartet. Daher kann die Dissoziation des Kofaktors vom
Protein bei der Gleichgewichtseinstellung zwischen beiden Isomeren bestenfalls eine
untergeordnete Rolle spielen.
5
5
10
10
20
20
15
15
Abbildung 7: Illustration der beiden Einbauisomere am Beispiel von Eisen-Protoporphyrin (FePPIX). Die
Isomere können durch eine Rotation um die Achse durch C5 und C15 ineinander überführt werden. Da die
Seitenkette der Aminosäure Val 68 bei einem Isomer über dem Ring I zu liegen kommt und bei dem anderen
Isomer über dem Ring II, können die beiden Isomere anhand der NMR-Spektren voneinander unterschieden
werden.
16
Grundlagen
1.4.
Die Struktur von Porphyrinen
Die grundlegende Struktur von Chlorophyllen und Protoporphyrin ist das Porphyrin, auch
Porphin genannt (Abbildung 8). Es besteht aus vier Pyrrolringen, die durch vier
Methinbrücken zu einem Makrozyklus verknüpft sind. Durch teilweise oder vollständige
Substitution der acht Protonen in β-Position durch Alkylketten wird die Gruppe der freebase-Porphyrine gebildet. Werden die beiden zentralen Protonen durch ein zweiwertiges
Metallion ersetzt, ergibt sich die Klasse der Metalloporphyrine. Der wichtigste Vertreter
dieser Gruppe ist das Eisen-Protoporphyrin, welches zu der Klasse der Häm-Proteine
gehört. Zu den Häm-Proteinen gehören neben den Sauerstofftransport-Proteinen
Hämoglobin und Myoglobin auch die Gruppe der Cytochrome. Die Cytochrome sind
sowohl in der Photosynthese als auch in der oxidativen Phosphorylierung wichtige
Elektronentransportproteine. Reaktive Sauerstoff-Verbindungen wie Peroxide und
Superoxide sind für Organismen schädlich[29] und werden über Katalasen und Peroxydasen
beseitigt, die ebenfalls ein Hämgruppen als Kofaktor enthalten.
A
NH
N
B
5
3 4
2
1 NH
6 7
N
20
N
HN
D
C
19 N
18 D
17 16
B
8
9
NH
N
N
HN
10
HN 11
15
14 12
13
D
E
2
1
13 13
A
B
C
Abbildung 8: Oxidationsstufen des Porphins: A) Porphyrin oder Porphin, Grundstruktur aller Porphyrine mit
der Bezeichnung der einzelnen Ringe. B) Durch Absättigen einer Doppelbindung entsteht das sogenannte
Chlorin (17,18 Dihydroporphyrin), das Grundgerüst der Chlorophylle. C) Das Absättigen einer weiteren
Doppelbindung führt zu Bakteriochlorin (7,8,17,18-Tetrahydroporphyrin) von dem die Bakteriochlorophylle
abgeleitet sind. Der für diese Pigmente charakteristische isozyklische Ring E ist gestrichelt gezeichnet.
17
Grundlagen
Durch Absättigung einer Doppelbindung eines Pyrrolringes wird die Struktur der Chlorine
oder dihydro-Porphine gebildet. Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind die
Chlorophylle, die zentral ein Magnesium(II)ion enthalten. Bei diesen Pigmenten schließt
sich am Ring C ein isozyklischer Ring E an. Wird gegenüberliegend der ersten gesättigten
Doppelbindung eine zweite Doppelbindung vollständig gesättigt, entsteht das Grundgerüst
der Bakteriochlorine oder o(pposite)-tetra-hydro-Porphine. Die wichtigsten Vertreter dieser
Klasse sind die Bakteriochlorophylle, die wie die Chlorophylle Magnesium(II)komplexe
der freien Base sind.
1.4.1. Nomenklatur der Porphyrine
Die Nomenklatur der Porphyrine nach den Regeln der International Union of Pure and
Applied Chemsitry (IUPAC) ist aus historischen Gründen unübersichtlich. Die
Nomenklatur nach Fischer, bei der nur die β-Positionen der Pyrrolringe nummeriert
wurden, führte bei modifizierten Porphyrinen zu widersprüchlichen Namen und soll daher
nicht mehr verwendet werden. Die systematische IUPAC Nomenklatur verursacht bei den
verwendeten Ringsystemen jedoch häufig lange und unübersichtliche Namen und wird
daher in der Praxis nur in Ausnahmefällen verwendet. Allerdings können die Porphyrine
auch semisystematisch nach IUPAC benannt werden. Dabei kommen einige ausgewählte
Trivialnamen der Fischer-Nomenklatur zum Einsatz, die von der IUPAC mit einem
festgelegten Substitutionsmuster teilweise neu definiert wurden.
Zu beachten ist, dass das Nummerierungssystem der systematischen und der
semisystematischen Nomenklatur unterschiedlich sind (Abbildung 9). Protoporphyrin trägt
in der semisystematischen Nomenklatur die Propionsäuren in den Positionen 13 und 17,
während die gleichen Reste in der systematischen Nomenklatur durch die Ziffern 2 und 18
gekennzeichnet sind.
Die in Abbildung 9 gezeigte Verbindung wurde nach Fischer Protoporphyrin IX genannt
und ist heute nach der semisystematischen Nomenklatur der IUPAC als Protoporphyrin –
ohne Nummerierung – zu bezeichnen. In dieser Arbeit wird diese Verbindung mit PPIX
bzw. die daraus hergestellten Zinkkomplexe als ZnPPIX abgekürzt, um eine Verwechslung
mit anderen Kofaktoren zu vermeiden.
18
Grundlagen
H2C
H3C
CH
8
7
6
H
H3C
10
NH
5
3
H2C
4
N
2
1
CH2
1112
13
N 14
OH
3
4
2
1 NH
H3C
CH
H
H
H
19 17
18
H2C CH2
H2C CH
2
O
O
HO
5
CH3
6 7
N
CH2
8
H
HN 11
15
H
OH
CH
9
10
19 N
18
1716
H3C
CH3
H
20
HN 16
20
CH
CH3
15
H2C CH2
O
9
H
14 12
13
CH3
H2C CH
2
HO
O
Abbildung 9: Vergleich der systematischen (links) und der semisystematischen (rechts) Nomenklatur von
Protoporphyrin (ehemals Protoporphyrin IX). Die Nummerierungen sind in beiden Systemen unterschiedlich.
3
2
H2C
3
1
CH
3
H3C
2
1
H
4
NH
H
CH3
5
6 7
N
8
8
9
20
10
19 N
HN 11
18
14 12
H3C
16
17
13
15
2 171
2 1
17
13 13
H2C CH2 H
1
8
2
CH3
CH2
H
CH3
O
O
O
OPhytyl
O
CH3
Abbildung 10: Struktur von Phäophytin a. Der Magnesiumkomplex von Phäophytin a ist das Chlorophyll a.
Die Chlorophylle werden ebenfalls nicht nach der systematischen Nomenklatur, sondern
der semisystematische Nomenklatur nach IUPAC bezeichnet. Die in Abbildung 10
dargestellte Verbindung wird als Phäophytin a bezeichnet. Sie wird durch Demetallierung
von Chlorophyll a erhalten und stellt somit die freie Base des Chlorophylls dar. Das
Phäophytin a kann seinerseits als Phäophorbid a-Phytylester bezeichnet werden. Die freie
Säure trägt daher den Namen Phäophorbid a, wobei der Buchstabe a das
19
Grundlagen
Substitutionsmuster beschreibt. Die Metallkomplexe können semisystematisch als
Koordinationskomplexe der freien Base benannt werden. Dementsprechend wird der Name
Zink-Phäophorbid a (ZnPheid a) für den Komplex von Zink(II) und Phäophorbid a
verwendet.
Wird die Estergruppe in Position 132 entfernt, sind die Verbindungen als 132-demethoxycarbonyl-Verbindungen zu bezeichnen. In vielen Fällen werden diese Verbindungen PyroVerbindungen genannt, da sie durch eine Esterpyrolyse dargestellt werden. In dieser Arbeit
trägt das Molekül, das in der 132-Position keine Esterfunktion mehr besitzt, daher den
Namen Pyrophäophorbid a (PPheid a) und der korrespondierende Zinkkomplex den
Namen Zink-Pyrophäophorbid a (ZnPPheid a). Wird die Säurefunktion in Position 17
verestert, z. B. als Methylester, wird die Verbindung als Methyl-Pyrophäophorbid a
(MePPheid a) bezeichnet.
1.4.2. Elektronische Struktur der Porphyrine
Das
absorptionsspektroskopische
Verhalten
der
Porphyrine,
Chlorophylle
und
Bakteriochlorophylle lässt sich qualitativ gut mit der 4-Orbital-Modell von Gouterman[30]
beschreiben. Dieses Modell wurde zunächst für hochsymmetrische Metalloporphyrine
(D4h-Symmetrie) entwickelt und später für Chlorophyll- und Bakteriochlorophyllgerüste
mit geringerer Symmetrie modifiziert.
Man erhält zwei vollständig besetzte Orbitale a2u(π) und a1u(π) (HOMO und HOMO–1)
und zwei unbesetzte Orbitale egx(π*) und egy(π*) (LUMO und LUMO+1). Die
Absorptionsbanden im UV-Vis- und NIR-Bereich entstehen durch Übergänge zwischen
diesen Orbitalen. Es kommt zu vier möglichen Übergängen. Zwei dieser Übergänge sind in
x-Richtung (a1u(π) → egy(π*), a2u(π) → egx(π*)) polarisiert und die beiden anderen sind in
y-Richtung (a1u(π) → egx(π*), a2u(π) → egy(π*)) polarisiert.
Die hochenergetischen Übergänge a2u(π ) → egy(π*) (By) und a1u(π) → egy(π*) (Bx) werden
aus historischen Gründen mit B gekennzeichnet, die niederenergetischen Übergänge
werden dagegen mit Q bezeichnet [a2u(π) → egx(π*) (Qx) und a1u(π) → egx(π*) (Qy)]. Die
vier Molekülorbitale (MO) für Porphyrin sind in Abbildung 11 dargestellt. In der
D4h-Symmetrie liegen die HOMOs nah beieinander und die LUMOs sind entartet. Daher
20
Grundlagen
sind die Übergänge der Bx- und der By-Bande erlaubt, die Übergänge der Qx- und der
Qy-Bande jedoch verboten. Das Resultat ist eine intensive Soret-Bande und zwei schwache
Banden, die durch Schwingungsverzerrung des Moleküls teilweise erlaubt sind.
Abbildung
11:
Elektronendichteverteilung
der
einzelnen
Bakteriochlorophyll (rechts) nach dem 4-Orbital-Modell
[31]
Orbitale von
Porphyrin
(links)
und
.
Wird eine Doppelbindung des Makrozyklus abgesättigt, so sind die MOs betroffen, die an
dieser Position Elektronendichte aufweisen. Bei den Chlorophyllen sind dies die MOs a1u
und egy, die in Folge dessen energetisch höher liegen. Dies bedeutet, dass die Übergänge
mit einem Übergangsdipolmoment entlang der x-Achse eine starke Bx-, aber eine
schwache Qx-Bande erzeugen. Die Übergänge mit einem Übergangsdipolmoment entlang
der y-Achse erzeugen dagegen eine By- und eine Qy-Bande mit vergleichbarer Intensität.
Die Bx- und die By-Bande überlagern sich und bilden gemeinsam die intensive SoretBande. Der Übergang für die Qx-Bande ist verboten, daher ist sie schwach.
Wird zusätzlich eine zweite Bindung hydriert, wird dieser Effekt verstärkt. Dadurch kann
die Verschiebung der B-Bande (Soret) ins Blaue und der Qy-Bande ins Rote mit
zunehmender Zahl an reduzierten Doppelbindungen erklärt werden.
21
Grundlagen
Abbildung 12: Die Energie der Molekülorbitale ändert sich abhängig von der Zahl der Doppelbindungen im
Porphyrin, Chlorophyll und Bakteriochlorophyll. Durch die aufgehobene Entartung (eg) wird der Übergang
der Qy-Bande erlaubt wodurch im UV-Vis-Spektrum eine intensive Bande auftritt.
Die freien Basen der Porphyrine sind vierzähnige Chelatliganden, die nach ihrer
Deprotonierung zum zweifach negativ geladenen Anion Metallionen binden können.
Wesentlich für die Bindung eines Metallions ist der Ionenradius, da das planare Porphyrin
Ionen mit einem Radius von 60 bis 70 pm optimal binden kann. Ist das Metallion kleiner,
wird es lediglich schwach koordiniert. Ist es größer als 70 pm kann das Metallion nicht in
der Ringebene gebunden werden, wodurch eine sogenannte out-of-plane-Koordination
verursacht wird. Durch diese asymmetrische Koordination wird das Ringsystem verzerrt,
wobei drei Formen zu unterscheiden sind. Eine Wölbung des gesamten Ringsystems in
einer Richtung („doming“), ein sattelförmiger Makrozyklus, bei dem die Stickstoffe zweier
Fünfringe nach oben und zwei Stickstoffe nach unten aus der Ebene gedreht werden, und
eine Verdrehung („ruffling“) des Makrozyklus[32]. Weil die biologische Funktion eines
Prophyrins maßgeblich durch das zentrale Metallatom bestimmt wird, werden im
folgenden die Eigenschaften der Metalle Eisen, Magnesium und Zink und die daraus
resultierenden Unterschiede in der Funktion exemplarisch vorgestellt.
Eisen ist eines der wichtigsten Metalle, die durch den Prophyrin-Makrozyklus gebunden
werden. Eisenporphyrine kommen außer in Myoglobin und Hämoglobin auch in
Cytochromen, Katalasen und Peroxidasen vor. Im gebundenen Zustand existiert es in vier
22
Grundlagen
unterschiedlichen Formen. In den beiden Oxidationszuständen +2 und +3 treten abhängig
von den Liganden jeweils der high-spin und der low-spin Zustand auf[33]. Der Vergleich
der Ionenradien zeigt, dass die Oxidationszahl +2 in der high-spin Form mit 78 pm
deutlich größer als die „Lücke“ im Porphyrinsystem ist und daher nur in der out-of-planeStruktur gebunden werden kann, wie es in nativem desoxy-Myoglobin der Fall ist. Durch
Bindung von Sauerstoff geht das Eisen in die low-spin Form über, wobei allerdings bis
heute nicht genau bekannt ist, ob es im Oxidationszustand +2 oder +3 vorliegt[34; 35]. In
beiden Oxidationszuständen ist der Ionenradius mit 61 pm (Fe(II) low-spin) und 55 pm
(Fe(III) low spin) deutlich kleiner als in der desoxy-Form, wodurch das Metallion in die
Ringebene wandert und die Bindung des Sauerstoffmoleküls durch eine elektrostatische
Wechselwirkung mit dem distalen Histidin des Proteins stabilisiert wird.
Für ein Elektronentransport-Protein wie das Cytochrom c wäre eine unbesetzte
Bindungsstelle am zentralen Eisen nachteilig. Für eine schnelle Redoxreaktion ist eine
Änderung der Struktur ungünstig, da hierfür eine Reorganisationsenergie aufgewendet
werden muss, die die Effizienz des Elektronentransfers reduziert. Daher findet man bei den
meisten redox-aktiven Häm-Proteinen ein koordinativ gesättigtes Eisen im low-spinZustand vor und das Eisen ist aufgrund seines kleinen Ionenradius in der Ringebene
gebunden. Durch eine ein-Elektronen-Übertragung ändert sich der Ionenradius nur um
etwa 6 pm von 55 pm (Fe3+) auf 61 pm (Fe2+), dadurch tritt keine Strukturänderung bzw.
keine Reorganisationsenergie bei einer Elektronenübertragung auf. Entsprechend ist eine
hohe Effizienz für den Elektronentransfer die Folge.
In der pflanzlichen Photosynthese kann Eisen kein Ersatz für Magnesium sein, weil es
nicht redox-inert ist und daher die Energieweiterleitung bzw. die Ladungstrennung in den
Photoreaktionszentren durch einen intramolekularen Elektronentransfer verhindert würde.
Das ideale Metallion für ein Porphyrinsystem, das an photosynthetischen Prozessen
beteiligt ist, muss also redox-inert und passend für das Porphyrin sein. Von den
Hauptgruppenelementen besitzt einzig Mg2+ eine entsprechende Größe von 72 pm. Es
unterscheidet sich von Zn2+ (74 pm) nur geringfügig bezüglich des Ionenradius, besitzt
aber eine geringere Atommasse. Aufgrund der daraus resultierenden geringeren SpinBahn-Kopplung für das Mg2+-Ion tritt die Bildung eines Triplettzustandes nach
Lichtanregung durch „inter-system crossing“ (ISC) deutlich seltener auf als für das Zn2+Ion. Der langlebige Triplettzustand verlangsamt die notwendigerweise sehr schnellen
23
Grundlagen
Primärereignisse der Photosynthese (Lichtsammlung und Ladungstrennung) und erzeugt
damit eine Konkurrenzreaktion von unerwünschter Licht- bzw. Wärmeabgabe. Ist
umgekehrt eine möglichst hohe Triplettausbeute das Ziel der Lichtanregung, wie es in
dieser Arbeit der Fall ist, ist die Verwendung von Zink als zentrales Metallion vorteilhaft.
1.5.
Eisen-Schwefel-Zentren in der Natur
Eisen-Schwefel Proteine kommen in allen Lebewesen vor[36]. Am häufigsten sind sie an
Elektronentransferprozessen beteiligt wie z. B. in den Ferredoxinen. Es sind allerdings
auch die katalytische Aktivität in der Aconitase und Sensorfunktionen für NO, Sauerstoff
und Eisen
bekannt[37]. In der Endonuklease III besitzt das Eisen-Schwefel-Zentrum
ausschließlich eine strukturelle Funktion. Die Eisen-Schwefel Komplexe bestehen aus
Eisen und anorganischem Schwefel in Form von Sulfidionen. Diese Strukturen werden
durch Cysteine an das Protein gebunden. Von den einfachsten Eisen-Schwefel Komplexen
sind gegenwärtig vier Formen bekannt. Die Rubredoxine enthalten einen einkernigen
[FeCys4] Komplex. Zweikernige [2Fe2SCys4]-Zentren kommen in den pflanzlichen
Ferredoxinen vor, zu denen auch der sogenannte Rieske-Typ der Eisen-Schwefel-Zentren
zu zählen ist, bei dem zwei der Cysteinliganden durch Histidin ersetzt sind
[2Fe2SCys2His2]. Ein Eisen-Schwefel-Zentrum vom Rieske-Typ liegt zum Beispiel im
Cytochrom b6f-Komplex vor. Außerdem sind noch drei- und vierkernige Komplexe mit der
Struktur [3Fe4SCys4] und [4Fe4SCys4] bekannt, die einzeln oder gemeinsam in
Ferredoxinen und katalytisch aktiven Proteinen als redox-aktive Kofaktoren vorkommen.
Die Hydrogenase, sowie die Nitrogenase, besitzen sowohl [3Fe4S] als auch [4Fe4S]Zentren.
In allen Komplexen ist das Eisen tetraedrisch durch Schwefel koordiniert, die
zweikernigen Komplexe besitzen die Struktur von kantenverknüpften Tetraedern, während
die drei- und vierkernigen Komplexe eine kubische Struktur besitzen (Abbildung 13),
wobei bei den dreikernigen Komplexen eine Ecke des Kubus nicht besetzt ist. Neben der
eigentlichen Ligandierung des Kubus und seiner dreidimensionalen Struktur, sind
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem Amidproton einer Peptidbindung und einem
24
Grundlagen
Schwefelatom des Kubus ein wichtiges Merkmal dieser Kofaktoren[38]. Die Zahl und
Länge dieser Bindungen ist ausschlaggebend für die Art des Eisen-Schwefel-Zentrums, das
vom Protein gebunden wird, und dafür, welches Redoxpaar der [4Fe4S]-Zentren im
nativen Zustand zugänglich ist. In der Regel werden Abstände von 2,3 Å bis 2,8 Å in
unterschiedlichen Ferredoxinen gefunden.
2+
+
Fe2.5+
Fe3+
Fe2+
Fe3+
Fe2+
+ 1e-
1e-
S=0
Fe2+
Fe2.5+
Fe2+
S = 1/2
Abbildung 13: Die Struktur eines [4Fe4S]-Zentrums im oxidierten und reduzierten Zustand zeigt die
Positionen der gemischt-valenten Eisenpaare. Die Eisenatome (schwarze Kugeln) und Sulfidatome (graue
Kugeln), sowie die β-Kohlenstoffe der Cysteinliganden (kleine schwarze Kugeln) sind gezeigt.
Mit Ausnahme der [4Fe4S]-Zentren besitzen die Eisen-Schwefel-Zentren zwei
Redoxzustände, bei denen im oxidierten Zustand alle Eisenatome formal in der
Oxidationsstufe +3 vorliegen und durch die Reduktion des Komplexes ein Eisenatom in
die Oxidationsstufe +2 übergeht. Die [4Fe4S]-Zentren können drei unterschiedliche
Redoxzustände annehmen, wobei in nativen Proteinen grundsätzlich nur zwei
Oxidationsstufen zugänglich sind. In oxidierter Form besitzt der Komplex formal die
Ladung [4Fe4S]3+. Dabei liegen drei Eisenatome in der Oxidationsstufe +3 und eins in der
Stufe +2 vor. Durch eine Ein-Elektronen-Reduktion geht der Komplex in die
Oxidationsstufe [4Fe4S]2+ über, in der zwei Eisenatome die Ladung +2 und zwei die
Ladung +3 tragen. Durch eine weitere Reduktion kann der Komplex in seine niedrigste
Oxidationsstufe überführt werden, in der formal drei Kerne die Ladung +2 und einer die
Ladung +3 tragen. Anhand von Mössbauer- und EPR-Studien konnte jedoch gezeigt
werden, dass die Zentren besser durch zwei Kerne in der Oxidationsstufe +2 und zwei
Kerne in der Oxidationsstufe +2,5 beschrieben werden können (Abbildung 13).
25
Grundlagen
Welches der beiden Redoxpaare - 3+/ 2+ oder 2+/ 1+ - in nativen Proteinen zugänglich ist,
wird maßgeblich von der Proteinstruktur bestimmt[39]. Die Redoxpotentiale werden durch
eine Kombination aus Coulomb-Wechselwirkung des geladenen Komplexes und geladener
Aminosäuren in unmittelbarer Nähe, der Polarisierbarkeit des Proteins und der
Wechselwirkung des Komplexes sowie des Proteins mit dem Lösemittel bestimmt[40-42].
Die Redoxpotentiale von Eisen-Schwefel-Zentren decken einen Bereich von +400 mV bis
–700 mV ab[7;
42]
. Die Proteine, deren Eisen-Schwefel-Zentren im Redoxpaar 3+/ 2+
zugänglich vorliegen, besitzen in der Regel ein positives Redoxpotential, weshalb sie als
High Potential Iron-Sulfur Proteins, HiPIP´s, bezeichnet werden.
Der
Grundzustand
eines
[4Fe4S]2+-Zentrums
ist
diamagnetisch
durch
eine
antiferromagnetische Kopplung der Eisenatome untereinander, woraus ein effektiver
Gesamtspin von S=0 resultiert. Im reduzierten Zustand ergibt sich aus dieser Kopplung ein
effektiver Gesamtspin von S=1/2[43]. Obwohl formal drei Fe3+ und ein Fe2+ vorliegen, ist
das
ungepaarte
Elektron
über
zwei
Eisenatome
in
einem
gemischt-valenten
Oxidationszustand +2,5 delokalisiert[44]. In gefrorenen Lösungen ist ein rhombisches EPRSpektrum typisch für ein [4Fe4S]1+-Zentrum.
1.6.
Die Stabilität von Proteinen
Die Stabilität von Proteinen gegenüber der Denaturierung liefert wichtige Hinweise über
deren strukturelle Eigenschaften, insbesondere bei Veränderungen gegenüber dem nativen
Zustand, wie zum Beispiel dem Einbau eines nicht-nativen Kofaktors. Erhält man nach
einer Modifikation identische Stabilitäten, kann von einer ähnlichen Faltung ausgegangen
werden. Ändert sich die Stabilität eines Proteins jedoch, muss von einer signifikanten
Änderung in der Struktur des Proteins ausgegangen werden.
Die Änderung der Freien Gibbs-Enthalpie während der Entfaltung gibt den
Energieunterschied (∆G) zwischen dem gefalteten und dem entfalteten Zustand wieder,
während die Änderung von ∆G mit der Konzentration des Denaturierungsreagenzes ein
Maß für die Kooperativität des Entfaltungsprozesses ist. In dieser Arbeit wird das chaotrop
wirkende
Guanidiniumhydrochlorid als Denaturierungsreagenz verwendet, das die
Wasserstoffbrückenbindungen
der
sekundären
26
Strukturelemente
zerstört.
Die
Grundlagen
Entfaltungskurven werden durch ein Zwei-Zustandsmodell beschrieben. Es wird das
Gleichgewicht zwischen gefaltetem Protein und entfaltetem Protein betrachtet. Die Freie
Entfaltungsenthalpie ist dann gegeben durch Gleichung (1).
∆G = − RT ln K
mit K =
[entfaltet] 1 − f
=
[gefaltet]
f
(1)
Zur Auswertung muss der Anteil an gefaltetem Protein f den gemessenen Spektren
entnommen werden. Dabei sind zwei Bedingungen zu beachten. a) Im Ausgangszustand
muss das Protein in einem vollständig gefalteten Zustand vorliegen und b) am Ende der
Entfaltung muss das Protein tatsächlich vollständig entfaltet sein. Während die zweite
Bedingung überprüft werden kann, indem die Konzentration an Denaturierungsreagenz
kontinuierlich erhöht wird, bis konstante Messwerte erhalten werden, ist die erste
Bedingung eine nicht überprüfbare Annahme. Weiterhin muss angenommen werden, dass
die Freie Entfaltungsenthalpie linear von der Konzentration an Denaturierungsreagenz
abhängt[45; 46].
∆G = ∆G0 − m ⋅ [GdnHCl ]
(2)
In Gleichung 2 entspricht ∆G0 der Energie, die aufgebracht werden muss, um das Protein
in wässriger Lösung ohne Zusatz von Denaturierungsreagenz zu entfalten. Die
Kooperativität m gibt an, wie stark die Stabilität eines Proteins im Verlauf der
Denaturierung von der bereits vorliegenden Entfaltung beeinflusst wird. Bei einer stark
kooperativen Entfaltung (mit großen Werten für m) führen bereits kleine Störungen der
Struktur zu einer vollständigen Entfaltung. Durch Kombination von Gleichung 1 und 2
ergibt sich Gleichung 3 wie folgt.
ln K =
− ∆G0 + m[GdnHCl ]
RT
1− f
⎛ − ∆G0 + m[GdnHCl ] ⎞
= exp⎜
⎟
f
RT
⎝
⎠
27
Grundlagen
f =
1
⎛ − ∆G0 + m[GdnHCl ⎞
exp⎜
⎟ +1
RT
⎝
⎠
(3)
Der Anteil an gefaltetem Protein f im Gleichgewichtszustand kann nach Gleichung 4
berechnet werden.
f =
xobs − x entf
(4)
x gef − xentf
Dabei stehen xentf und xgef für die Messgröße im vollständig entfalteten bzw. gefalteten
Zustand und xobs für den Messwert bei einer bestimmten Konzentration an
Denaturierungsreagenz. Die beobachtete Messgröße richtet sich nach der verwendeten
Methode. Bei Detektion durch Fluoreszenzspektroskopie wird häufig die Verschiebung der
Fluoreszenzbande der Aminosäure Tryptophan beobachtet, die bei nativen Proteinen in
einem Bereich von 330 nm im gefalteten Zustand bis 360 nm im entfalteten Zustand
variiert. Allerdings sind auch kleinere Verschiebungen von 8 nm ausreichend, um
aussagekräftige Werte für eine Entfaltungsstudie zu erhalten. Bei der CircularDichroismus- (CD) Spektroskopie wird das Signal eines Sekundärstrukturelements, z. B.
einer α-Helix bei 208 und 222 nm, detektiert. Entfaltet sich die Sekundärstruktur des
Proteins, nimmt das CD-Signal auf Null ab. Mit Hilfe der UV-Vis-Spektroskopie kann eine
beliebige Absorptionsbande, die ausreichend sensibel auf eine Umgebungsänderung des
Kofaktors reagiert, gewählt werden. Bei Tetrapyrrolen ist dies beispielsweise die SoretBande.
Die ermittelten Messpunkte werden nach Gleichung 3 interpoliert, wodurch Werte für ∆G0
und m bestimmt werden können.
28
Grundlagen
1.7.
Die Festphasen Peptidsynthese (SPPS)
Die SPPS (solid phase peptide synthesis) wird in dieser Arbeit verwendet, um die Modelle
der Eisen-Schwefel-Zentren zu synthetisieren. Mit ihr können auf einer funktionalisierten,
polymeren festen Phase Polypeptide bis zu einer Länge von 60 Aminosäuren mit guten
Ausbeuten synthetisiert werden. Sie wurde ursprünglich von Merrifield entwickelt[47] und
ist seitdem in vielerlei Hinsicht optimiert worden.
Im wesentlichen werden zwei verschiedene Verfahren angewendet. Die Fmoc-Strategie
(Fmoc steht für 9-Fluorenylmethoxycarbonyl), bei der N-terminale Aminogruppen durch
die Fmoc-Gruppe geschützt werden und die Boc (tert-Butoxycarbonyl) Strategie, bei der
die Säure-labile Boc-Gruppe zum Schutz der N-terminalen Aminogruppen verwendet wird.
Obwohl die Boc-basierte Synthese häufig bessere Ausbeuten liefert und auch mehr
Möglichkeiten zur Modifikation der Peptide bietet, ist die Fmoc-Synthese in den letzten
Jahren häufiger eingesetzt worden. Dies liegt vor allem darin begründet, dass für die
Peptidsynthese im Rahmen der Fmoc-Strategie keine Flusssäure (HF) zur Gewinnung der
entschützten Peptide verwendet werden muss, wie dies in der Boc-Synthese der Fall ist.
Durch den verstärkten Einsatz der Fmoc-Synthese und dem daraus resultierenden
ökonomischen Zwang, ein vergleichbares Methodenregister zur Verfügung zu haben, sind
die meisten Nachteile der Fmoc-Synthese in den letzten Jahren gelöst worden.
Eine gute Übersicht über die gesamte Fmoc-Synthese bieten W.C. Chan et al.[48]. P. LloydWilliams et al.[49] zeigen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Fmoc- und BocStrategie auf. Im Folgenden soll ausschließlich auf die in dieser Arbeit verwendete FmocStrategie näher eingegangen werden.
Zu Beginn der Synthese wird zunächst die polymere feste Phase, das sogenannte Harz, im
Lösemittel gequollen, um eine optimale Zugänglichkeit der funktionellen Gruppen zu
erreichen. Anschließend erfolgt die Abspaltung der Fmoc-Gruppe durch die Base Piperidin
(Abbildung 14), die die Schutzgruppe an der Position 9 deprotoniert, wobei ein anionisches
System mit aromatischem Charakter entsteht, welches durch Umlagerung zum
Dibenzofulven stabilisiert wird. Als zweites Spaltprodukt bildet sich eine Carbaminsäure,
welche durch Decarboxylierung die Aminogruppe freisetzt. Diese Reaktion verläuft
innerhalb von 15 Minuten quantitativ.
29
Grundlagen
O
H
NH
O
O
H2
N
H
N
H2
N
NH
O
O
NH
O
H 2N
+
CO2
N
Abbildung 14: Entschützen des N-Terminus während der Peptidsynthese. Durch die Base Piperidin wird die
Fmoc-Gruppe deprotoniert und die Aminogruppe freigesetzt.
Die Kopplung der nächsten Aminosäure mit dem freien N-Terminus erfordert eine
Aktivierung, da sonst aufgrund der pKS-Werte der Amino- und der Carboxylgruppe
lediglich ein Carboxylatanion und eine protonierte Aminogruppe gebildet werden. Die
Aktivierung erfolgt durch Aminiumbenzotriazol-Derivate (vgl. Abbildung 16), wie in
Abbildung
15
gezeigt.
Zunächst
greift
die
Aminosäure
nukleophil
das
Aminiumbenzotriazolderivat an und bildet das Addukt, welches durch die Base
Diisopropylethylamin (DIPEA) deprotoniert wird und anschließend in das AminosäureHarnstoff-Addukt und Benzotriazol-N-oxid zerfällt[50]. Das Benzotriazol-N-oxid ist ein
starkes Nukleophil und verdrängt den Harnstoff, der eine gute Abgangsgruppe darstellt.
Der Ester der Aminosäure und des Benzotriazol-N-oxids ist reaktiv genug, so dass er
nukleophil durcheine freie Aminogruppe angegriffen werden kann, wodurch letztendlich
die Peptidbindung gebildet wird. Das resultierende Amid ist relativ unreaktiv und wird
dadurch dem Gleichgewicht entzogen. Die Ausbeute pro Kopplungsschritt liegt über 98 %.
Im nächsten Synthesezyklus wird erneut der N-Terminus entschützt und mit einer weiteren
Aminosäure gekoppelt. Nach der kompletten Synthese wird das Peptid mit
Trifluoressigsäure (TFA) vom Harz gespalten, wobei zeitgleich die Seitenketten der
30
Grundlagen
Aminosäuren entschützt werden. Die bei dieser Reaktion entstehenden Carbeniumionen
und Radikale werden durch verschiedene schwefelhaltige Reagenzien abgefangen (z.B.
Thioanisol, Ethandithiol).
NHFmoc
(CH 3)2N
R
OH
N(CH3) 2
(CH 3)2N
N
O
R
O
H O
N
FmocHN
NHFmoc
R
O
+DIPEA
- DIPEAH+
N(CH3) 2
N
N
O
(CH3)2N
+
N
O
N(CH3) 2
N
N
N
O
N
O
NHFmoc
R
NHFmoc
O
N
O
OH
R
N
+
N
O
+H2N
N
N
N
O
+
(CH3)2N
N(CH3) 2
N
Abbildung 15: Reaktionsmechanismus von des Kopplungsreagenz HBTU mit einer Aminosäure zur Bildung
eines aktivierten Esters und Kopplung an einen freien Peptid N-Terminus.
O
O
Cl
OMe
Cl
NH2
OH
OMe
Wang Resin
Trialkoxybenzylamine
(PAL) Resin
4-Chlorotrityl chloride Resin
PF6(H3C)2N
O P N
N(CH3) 2
N
N
N
3
N
N
N
-
PyBOP
O
TBTU
(H3C)2N
N(CH3) 2
N
BF4-
N
PF6-
N
N
OHATU
Abbildung 16: Strukturen einiger gebräuchlicher Harze (oben) und eine Auswahl häufig verwendeter
Kopplungsreagenzien (unten) mit ihren üblichen Abkürzungen (vgl. Abkürzungsverzeichnis).
31
Grundlagen
Der N-Terminus des Peptides liegt nach der Synthese als freie Aminogruppe vor. Die
Aminogruppe kann durch Acetanhydrid acetyliert werden, um die Ausbildung einer
positiven Ladung an dieser Position zu vermeiden, wodurch in synthetischen Peptiden
häufig eine Stabilisierung der gewünschten Tertiärstruktur erreicht wird. Der C-Terminus
kann durch die Wahl des Harzes modifiziert werden. Zur Zeit ist eine große Auswahl
unterschiedlicher Harze kommerziell erhältlich, die verschiedene Modifikationen
ermöglichen (Abbildung 16). Auf diese Weise kann der C-Terminus des Peptides als
Carbonsäure, Carbamid, Ester oder Thioester dargestellt werden.
In dieser Arbeit wurde ein PAL-PEG-PS Harz verwendet, weshalb der C-Terminus nach
der Abspaltung des Peptides amidiert vorliegt.
Die Seitenketten der Aminosäuren, die Heteroatome oder funktionelle Gruppen enthalten,
müssen mit Schutzgruppen versehen werden, um Nebenreaktionen und Verzweigungen der
Peptide während der Synthese zu vermeiden. Dazu stehen eine Vielzahl orthogonaler und
nicht orthogonaler Schutzgruppen zur Verfügung. Die in dieser Arbeit verwendeten
Schutzgruppen sind alle labil gegen TFA und daher nicht orthogonal (Tabelle 1).
32
Grundlagen
Tabelle 1: Übersicht über die in dieser Arbeit verwendeten Schutzgruppen für die Seitenketten der
Aminosäuren. Aminosäuren, die nicht in dieser Liste enthalten sind, wurden ungeschützt eingesetzt. Alle
Schutzgruppen sind gegen TFA labil.
Aminosäure
Abkürzung der
Schutzgruppe
Schutzgruppe
2,2,4,6,7-pentamethyldihydrobenzofuran-5sulfonyl
Arginin
O
R
Pbf
S
O
O
Asparagin
Trityl
Cystein
Trityl
Histidin
Trityl
Lysin
Boc
Triphenylmethyl
R
tert-Butoxycarbonyl
O
Tryptophan
Boc
Tyrosin
tert-Butyl
Aspartat
tert-Butyl
Serin
tert-Butyl
Threonin
tert-Butyl
R
O
tert-Butyl
R
33
Grundlagen
1.8.
Grundlagen der EPR- und ENDORSpektroskopie
Eine kurze Einführung in die Grundlagen der Elektronenspinresonanz (EPR)- und die
Electron Nuclear Double Resonance (ENDOR)-Spektroskopie soll die wesentlichen
Merkmale dieser spektroskopischen Methoden darlegen. Ausführliche theoretische
Grundlagen sind in verschiedenen Lehrbüchern detailliert beschrieben[51; 52].
Die EPR-Spektroskopie setzt voraus, dass ungepaarte Elektronen in der zu untersuchenden
Verbindung vorliegen. Die EPR wird zur Untersuchung und Charakterisierung von
Radikalen oder paramagnetischen Übergangsmetallkomplexen verwendet. Bei der
Untersuchung von Triplettzuständen ist die EPR-Spektoskopie und die eng verwandte
ENDOR-Spektroskopie äußerst nützlich, da beide Methoden unmittelbar Informationen
über die Verteilung der ungepaarten Elektronen auf dem Molekülgerüst geben.
Zunächst wird der einfachste Fall, ein System mit nur einem ungepaarten Elektron
(Elektronenspinquantenzahl S=1/2), betrachtet. In erster Näherung liegt dieser Fall bei den
Eisen-Schwefel-Peptiden vor, die in dieser Arbeit untersucht wurden. Im weiteren Verlauf
soll auf die wesentlichen Unterschiede zum Triplettzustand, wie er in den untersuchten
Myoglobin-Modellsystemen auftritt, kurz eingegangen werden. Insbesondere werden die
Besonderheiten
eines
Triplettzustandes
für
die
ENDOR-Messungen
kurz
zusammengefasst.
1.8.1. Grundlagen der EPR-Spektroskopie
Ein
freies
Elektron
besitzt
in
einem
äußeren
Magnetfeld
genau
zwei
Ausrichtungsmöglichkeiten, entweder parallel oder antiparallel, zu einem Magnetfeld. Die
Energie E der beiden unterschiedlichen Ausrichtungen sowie ihre Energiedifferenz ∆E
wird durch Gleichung (5) beschrieben.
1
E ± = ± gβ e B0 ⇒ ∆E = gβ e B0
2
(5)
34
Grundlagen
Dabei steht βe für das Bohrsche Magneton, B0 für das externe Magnetfeld und g für eine
Proportionalitätskonstante, den g-Wert. Für ein freies Elektron liegt der g-Wert bei
ge = 2,0023. Definitionsgemäß ist die antiparallele Ausrichtung des Elektronenspins
energetisch günstiger. Der Besetzungsunterschied beider Energieniveaus wird durch die
Boltzmann-Verteilung (Gleichung 6) beschrieben.
n
n
+
1
2
=e
−
gβ e B0
kT
(6)
1
−
2
Die energetische Aufspaltung zwischen diesen beiden Energieniveaus wird als ElektronZeeman-Aufspaltung bezeichnet. In einem EPR-Experiment induziert die Einstrahlung
elektromagnetischer
Wellen
Übergänge
zwischen
den
Spinniveaus,
wenn
die
Resonanzbedingung entsprechend Gleichung (7) erfüllt ist.
∆E = hν = gβ e B0
(7)
Bei einem externen Magnetfeld von 350 mT und einem g-Wert, der dem des freien
Elektrons entspricht (g = ge) liegt die Resonanzfrequenz bei etwa 9,5 GHz, also im X-Band
des Mikrowellenbereichs (Wellenlänge λ ≈ 3 cm).
Die experimentellen Ergebnisse einer EPR-spektroskopischen Charakterisierung werden
häufig durch den Formalismus des Spin-Hamilton-Operators beschrieben, der alle
Wechselwirkungen, die zu einem EPR Spektrum beitragen, zusammenfasst. Die einzelnen
Terme des Spin-Hamilton-Operators werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Elektron-Zeeman-Wechselwirkung
In den EPR-Spektren von Übergangsmetallkomplexen findet man in der Regel deutliche
Abweichungen vom g-Wert des freien Elektrons. Zusätzlich wird beobachtet, dass die
Elektron-Zeeman-Aufspaltung von der Orientierung der Probe im Magnetfeld abhängig ist.
Dies ist durch das Bahnmoment L eines Elektrons begründet, welches ein eigenes
magnetisches Moment besitzt. Dessen Beitrag zur Elektron-Zeeman-Aufspaltung hängt
35
Grundlagen
von der Spin-Bahn-Kopplung und der energetischen Lage der Orbitale ab. Der Term für
die Elektron-Zeeman-Wechselwirkung im Spin-Hamilton-Operator lautet
r r
H EZ = β e B0 g Sˆ .
(8)
Wobei Ŝ der Operator des effektiven Spins ist. Der g-Tensor kennzeichnet die Symmetrie
und die elektronische Struktur eines Übergangsmetallkomplexes.
Abbildung 17: Elektron-Zeeman-Aufspaltung eines ungepaarten Elektronenspins S=1/2 in einem statischen
Magnetfeld B0. Bei der Einstrahlung elektromagnetischer Wellen der Energie ∆E erfolgt eine Absorption, da
das energetisch tiefere Niveau nach der Boltzmann-Gleichung stärker populiert ist.
Nullfeldaufspaltung
Liegen mehrere ungepaarte Elektronen vor, so kommt es bereits ohne externes Magnetfeld
zu einer Aufspaltung der Energieniveaus des elektronischen Grundzustandes. In diesem
Fall spricht man von einer Nullfeldaufspaltung (zero field splitting, zfs). Der entsprechende
Term im Hamilton-Operator wird durch Gleichung (9) wiedergegeben.
H ZFS
r r
= SˆDSˆ
(9)
36
Grundlagen
Der Nullfeldtensor D kann auch in Form der Nullfeldparameter D und E ausgedrückt
werden.
H ZFS
r
1 ˆ2
2
ˆ
= D( S z − S ) + E ( Sˆ y2 − Sˆ x2 )
3
(10)
Bei Triplettzuständen von organischen Molekülen wird die Nullfeldaufspaltung in erster
Linie durch die dipolare Wechselwirkung der ungepaarten Elektronen bestimmt. Die
Nullfeldparameter
D
und
E
können
deswegen
zur
Charakterisierung
der
Elektronenspinverteilung in der Triplettwellenfunktion herangezogen werden.
Hyperfeinwechselwirkung
Liegen in der zu untersuchenden Verbindung Kerne mit einem Kernspin von I ≠ 0 vor, so
kann eine Wechselwirkung zwischen Elektronenspins und Kernspins auftreten, die als
Hyperfeinwechselwirkung bezeichnet werden. Der Term des Spin-Hamilton-Operator für
die Hyperfeinwechselwirkung ist durch Gleichung (11) beschrieben.
H HFC
r r
= SˆAIˆ .
(11)
In dieser Gleichung steht Iˆ für den Vektoroperator des Kernspins und A für den
Hyperfeintensor. Der Hyperfeintensor kann formal in einen isotropen Anteil aiso und einen
anisotropen Anteil A´ zerlegt werden. Die isotrope Kopplungskonstante aiso wird durch die
Fermi-Kontakt-Wechselwirkung hervorgerufen und ist proportional zur Spindichte des
ungepaarten Elektrons am Kern |ψns(0)|.
E Kontakt = −
8π
2
ψ ns (0) µ e µ N
3
(12)
bzw.
H Kontakt
rr
rr
8π
2
ˆ
ˆ
= ( ) g e β e g N β N ψ ns (0) S I = aiso Sˆ Iˆ
3
37
(13)
Grundlagen
Der Term für die isotrope Hyperfeinwechselwirkung ist nicht winkelabhängig und seine
absolute Größe hängt maßgeblich von der Größe des s-Charakters der jeweiligen
Wellenfunktion ab. Für reine p- und d-Orbitale ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit am
Kern gleich Null, so dass keine isotrope Hyperfeinwechselwirkung auftreten kann. In der
Praxis
wird
jedoch
auch
für
viele
Verbindungen
ein
isotroper
Anteil
der
Hyperfeinwechselwirkung gefunden, die diese nicht aufweisen sollten. Dies kann durch
eine Konfigurationswechselwirkung oder eine Spinpolarisation hervorgerufen werden.
Beide
Mechanismen
bewirken
eine
endliche
Aufenthaltswahrscheinlichkeit
des
ungepaarten Elektrons am Kernort.
Die anisotrope Hyperfeinwechselwirkung liegt in der Wechselwirkung zwischen den
magnetischen Momenten der Elektronen und der Kerne begründet. Sie kann daher analog
zur klassischen Dipol-Dipol-Wechselwirkung hergeleitet werden (vgl. Gleichung 14).
E Dipol =
r r
µeµ N
r3
r r r r
3( µ e r )( µ N r )
−
r5
(14)
r
wobei r der Radiusvektor von µe zu µN ist und r der Abstand zwischen Kern und Elektron
ist. In Operatorschreibweise ergibt sich daraus Gleichung (15).
H Dipol
rr
r r
⎡ IˆSˆ 3( Iˆrr )( Sˆrr ) ⎤
⎥
= −ge βe g N β N ⎢ 3 −
r5
⎢r
⎥
⎣
⎦
(15)
Dieser Term ist abhängig vom Winkel des äußeren Magnetfeldes relativ zum untersuchten
Molekül.
Kern-Zeeman-Wechselwirkung
Der Kern-Zeeman-Term des Spin-Hamilton-Operators wird analog zum Elektron-ZeemanTerm gebildet.
H NZ
r r
= − β N g N B0 Iˆ
(16)
38
Grundlagen
Der g-Faktor des Kernspins gN kann in erster Näherung immer als isotrope Konstante
angesehen werden. Lediglich, wenn Effekte höherer Ordnung auftreten, muss ein g-Tensor
für den Kernspin berücksichtigt werden.
Kern-Quadrupol-Wechselwirkung
Die Kern-Quadrupol-Wechselwirkung ist auf Kerne mit einem Spin I ≥ 1 beschränkt.
Dabei handelt es sich um einen elektrischen Feldgradienten am Ort des Kerns, der mit dem
elektrischen Quadrupolmoment des Kerns wechselwirkt. Der entsprechende Term im SpinHamilton-Operator lautet
r r
H Q = IˆQIˆ
(17)
Der Quadrupoltensor Q enthält das skalare Quadrupolmoment und die erste Ableitung des
Feldgradienten des jeweiligen Kerns.
Fasst man die Gleichungen 8, 9, 11, 16 und 17 zusammen, so erhält man Gleichung (18),
die den kompletten Spin-Hamilton-Operator darstellt, der ein EPR-Spektrum beschreibt.
r r r r r r
r r r r
H = H EZ + H ZFS + H HFC + H NZ + H Q = β e B0 gSˆ + SˆDSˆ + SˆAIˆ − β N g N B0 Iˆ + IˆQIˆ
(18)
Der Triplettzustand
Bei der Betrachtung von Triplettzuständen muss zwischen organischen Molekülen mit
einem Elektronenspin von S = 1 und Metallkomplexen (S = 1) unterschieden werden. In
beiden Fällen tritt bereits ohne äußeres Magnetfeld eine Aufspaltung der drei
Energieniveaus
auf,
die
sogenannte
Nullfeldaufspaltung
(Abbildung
18).
Bei
Metallkomplexen ist die Spin-Bahn-Kopplung der bestimmende Term für die
Nullfeldaufspaltung, während bei organischen Molekülen die dipolare Wechselwirkung
(Gleichung 9) überwiegt. Die Spin-Bahn-Kopplung wird durch den Hamiltonoperator
gemäß Gleichung (19) mit der Spin-Bahn-Kopplungskonstante λ beschrieben.
H SP
rr
= λLˆ Sˆ
(19)
39
Grundlagen
Abbildung 18: Darstellung der Nullfeldaufspaltung für Nullfeldparameter D>E>0. Die Nullfeldsublevel Tx,
Ty und Tz sind im lichtangeregten Triplettzustand nicht nach der Boltzmann-Gleichung besetzt.
Bei Porphyrinen sind zwei unterschiedliche Wege, der „inter-system-crossing“Mechanismus (ISC) und der Radikalpaar-Mechanismus (RP), zu unterscheiden, über die
der angeregte Triplettzustand gebildet werden kann.
Der RP-Mechanismus erfordert nach der Bildung des ersten angeregten Singulettzustands
(S1) eine temporäre Ladungstrennung[53] in je ein Kation- (D·+) und ein Anionradikal (A·-)
und wird daher bevorzugt in den nativen Reaktionszentren beobachtet. Aufgrund der
Trennung der beiden Elektronenspins auf zwei unterschiedlichen Molekülen mit
unterschiedlichen magnetischen Umgebungen wird ein Triplettradikalpaar gebildet
(1[D·+ A·-] → 3[D·+ A·-]), welches durch Rekombination zu einem Triplettzustand, der auf
einem Molekül lokalisiert ist, führen kann. Weil die Lebensdauer des Radikalpaares im
Verhältnis zur Elektronenspindynamik kurz ist, wird bei der Rekombination ausschließlich
das Sublevel ms = 0 besetzt[54]. Der Triplettzustand ist spinpolarisiert und befindet sich
nicht im thermischen Gleichgewicht nach der Boltzmann-Verteilung.
Im Gegensatz zum RP-Mechanismus findet der Übergang in den Triplettzustand nach dem
ISC-Mechanismus auf einem einzigen Molekül statt[55]. Nach der Anregung in den
Singulettzustand S1 findet aufgrund der Spin-Bahn-Kopplung ein Übergang in den
Triplettzustand statt. Weil die Spin-Bahn-Kopplung von der Richtung des resultierenden
Elektronenspins der beiden ungepaarten Elektronen abhängig ist, werden die
40
Grundlagen
Triplettsublevel auch in diesem Fall nicht nach der Boltzmann-Verteilung besetzt. Dieser
Mechanismus tritt bei den in dieser Arbeit untersuchten Modellverbindungen auf.
Aufgrund der Spinpolarisation treten im Spektrum absorptive und emissive Linien auf.
Weil jeweils ein Übergang zwischen den Energieniveaus |0> und |1> bzw. |0> und |-1>
auftritt, werden jeweils zwei Linien pro kanonische Orientierung im Spektrum beobachtet
(vgl. Abbildung 19). Anhand der absorptiven und emissiven Linien kann auf die
Besetzungsunterschiede der einzelnen Sublevel |-1>, |0> und |+1> geschlossen werden,
indirekt können damit auch die Besetzungsunterschiede der Nullfeldsublevel berechnet
werden.
Aus dem EPR-Spektrum eines Triplettzustandes können direkt die Nullfeldparameter, die
die Geometrie der Triplettwellenfunktion beschreiben, abgelesen werden (Abbildung 20).
Jedoch kann durch dieses Verfahren nur der Betrag der Nullfeldparameter ohne ihr
absolutes Vorzeichen bestimmt werden.
Abbildung 19: Darstellung der Energieniveaus eines Triplettzustandes (D>0, E>0). Die Sublevel Tx, Ty und
Tz sind durch die Nullfeldaufspaltung nicht mehr energetisch entartet. Ihr Besetzungsgrad richtet sich
aufgrund der Spin-Bahn Kopplung nicht nach der Boltzmannverteilung. Wird ein externes Magnetfeld
angelegt, werden die Sublevel |+1> und |-1> durch Mischung zweier Nullfeldsublevel gebildet und besetzt.
So kommt es abhängig von der Orientierung des Moleküls im Magnetfeld zu jeweils einer absorptiven (a)
und einer emissiven (e) Linie im EPR-Spektrum. Die detektierten Linien sind durch die farbigen Pfeile
angedeutet. Ein Spektrum, das aus einer solchen Besetzung der Nullfeldsublevel resultiert, hat die
Polarisation aaa eee, wie es für das ZnPPIX der Fall ist.
41
Grundlagen
Abbildung 20: Beispiel für das Spektrum eines lichtangeregten Triplettzustandes. Aus dem Linienabstand
können direkt die Nullfeldparameter abgelesen werden.
Die aus einem EPR-Spektrum erhaltenen Werte für D und E in Gauss können durch
Umformen von Gleichung (7) in Wellenzahlen ausgedrückt werden. Aus dem abgebildeten
Spektrum (Abbildung 20) wird für 2D ein Wert von 825 G erhalten, was 82,5 mT
entspricht. Durch Einsetzen in Gleichung (7) ergibt sich die folgende Gleichung (20)
wobei ein g-Wert von ge = 2,0023 für die Berechnung verwendet wird.
ν=
2,0023 ⋅ 82,5mT ⋅ 9,27408 ⋅ 10 −24 JT −1
= 1156 MHz
2 ⋅ 6,62618 ⋅ 10 −34 Js
(20)
Aus dieser Gleichung wird ein Wert für D in der Einheit Hertz erhalten, der nach
Gleichung
(21)
in
Wellenzahlen
umgerechnet
werden
kann,
wobei
c
der
-1
Lichtgeschwindigkeit in cm s entspricht.
1 ν 1156 ⋅ 10 6 s −1
~
ν = = =
= 385 ⋅ 10 − 4 cm −1
10 −1
λ c 3 ⋅ 10 s cm
(21)
42
Grundlagen
1.8.2. Grundlagen der ENDOR-Spektroskopie
Die ENDOR-Spektroskopie ist eine Doppelresonanzmethode, in der die Übergänge der
Kernspins über die EPR-Spektroskopie detektiert werden. Das Prinzip der ENDORSpektroskopie soll hier am einfachsten System mit einem Elektronenspin S = 1/2 und
einem Kernspin I = 1/2 kurz erläutert werden. Wenn sowohl die Elektron-ZeemanWechselwirkung als auch die Hyperfeinwechselwirkung als isotrop angenommen werden,
so vereinfacht sich der Spin-Hamilton-Operator dieses Systems aus Gleichung (18)
folgendermaßen.
rr
r r
r r
ˆ
ˆ
ˆ
H = β e B0 gS + aiso S I − β N g N B0 Iˆ
(22)
In der Hochfeldnäherung1 ergibt sich für die Energie-Niveaus folgende Gleichung.
E
(ms , mI ) = ν e ms −ν N mI + aiso ms mI
h
(23)
mit
νe =
g e β e B0
und
h
νN =
g N β N B0
h
(24)
r
Hierbei steht B0 für den Betrag des Vektors ( B0 = B0 ). Für die erlaubten EPR- und NMRÜbergänge ergeben sich im einfachsten Fall jeweils zwei Linien.
ν EPR =
1
ν e ± aiso
2
und
ν NMR =
ν N ± aiso
2
(25)
In der Hochfeldnäherung überwiegt der Term der Elektron-Zeeman-Aufspaltung deutlich gegenüber den
anderen Termen des Spin-Hamilton-Operators (HEZ>>HZFS, HHFC).
43
Grundlagen
Um die Hyperfeinkopplungskonstanten zu messen, sind sowohl cw- als auch PulsENDOR-Verfahren entwickelt worden. In dieser Arbeit wurde eine Puls-ENDOR-Sequenz
nach Davies[56] eingesetzt. Dieses Verfahren beruht auf dem Transfer und der Detektion
von Spinpolarisation. Die Spinpolarisation resultiert aus den Besetzungsunterschieden
zwischen verschiedenen Energieniveaus von EPR- und NMR-Übergängen.
EZ
EZ+NZ
EZ+NZ+
HFC
Abbildung 21: Schema der Energieniveaus für ein System mit S=1/2 und I=1/2. Gezeigt sind ElektronZeeman-Aufspaltung (EZ), die Kern-Zeeman-Aufspaltung (NZ) und die Hyperfeinwechselwirkung (HFC).
Die erlaubten EPR-Übergänge (schwarz) und die erlaubten NMR-Übergänge (rot) sind durch die Pfeile
eingezeichnet.
Die Davies-Puls-ENDOR-Sequenz ist in drei Phasen aufgeteilt (vgl. Abbildung 22). Die
Detektion der Spinpolarisation erfolgt in diesem Experiment mit einer Hahn-EchoSequenz. Durch einen 180°-Puls in der Präparationsphase wird das Besetzungsverhältnis
eines EPR-Überganges invertiert. Ohne zusätzlichen Puls wird auf Grund der Inversion der
Spinpolarisation ein emissives Spin-Echo-Signal detektiert. Wird jedoch zwischen
Präparations- und Detektionsphase ein Radiofrequenzpuls eingestrahlt, erfolgt ein
Übergang innerhalb der Kernspinniveaus. Dadurch kommt es zu einem Ausgleich der
Polarisation der EPR-Übergänge. In der Detektionsphase wird nun kein Echo beobachtet.
44
Grundlagen
In einem Puls-ENDOR-Experiment wird die Amplitude des invertierten Echo-Signals in
Abhängigkeit von der Frequenz des Radiofrequenzpulses aufgezeichnet.
In der hier vorliegenden Arbeit wurde die Puls-ENDOR-Spektroskopie eingesetzt, um die
Hyperfeinwechselwirkung des Elektronenspins in Modellen für [4Fe4S]-Zentren und des
lichtangeregten Triplettzustandes verschiedener Zink-Porphyrine zu detektieren.
Abbildung 22: Darstellung der Davies-Puls-ENDOR Sequenz. In der Präparation wird das
Besetzungsverhältnis eines EPR-Übergangs durch einen 180° Puls invertiert (schwarze Rechtecke => hohe
Besetzung, weiße Rechtecke => geringe Besetzung). Wird bei der Einstrahlung eines 180° RF-Pulses keiner
der beiden NMR-Übergänge invertiert (νRF ≠ νNMR), wird in der Detektionsphase mit der Hahn-Echo Sequenz
das invertierte EPR-Signal beobachtet. Wird jedoch einer der beiden NMR-Übergänge durch den RF-Puls
invertiert (νRF = νNMR), wird der Besetzungsunterschied des EPR-Übergangs ausgeglichen und das Spin-Echo
verschwindet.
45
Grundlagen
Für einen Triplettzustand (S = 1) liegen in der ENDOR-Spektroskopie einige
Besonderheiten vor, auf die im folgenden kurz eingegangen werden soll. Das ENDORSpektrum eines Triplettzustandes zeigt keine symmetrische Verteilung der einzelnen
Signale um die Larmor-Frequenz νH der ungekoppelten Protonen, sondern die Signale mit
gleichem Vorzeichen der Kopplungskonstante liegen auf einer Seite des Spektrums,
während die Signale mit dem entgegengesetzten Vorzeichen auf der anderen Seite zu
liegen kommen.
mS
+1
Az>0
-1/2
νH - Az
ZI
0
-1
ZII
mS
mI
+1
+1/2
-1/2
νH
+1/2
-1/2
νH + Az
B0 || Z
D>0
0
-1
+1/2
Az<0
ZI
νH
mI
-1/2
νH - Az
+1/2
-1/2
ZII
+1/2
-1/2
νH + Az
+1/2
Abbildung 23: Diagramm der Hyperfeinaufspaltung der drei Triplettsublevel in Abhängigkeit vom
Vorzeichen der Hyperfeinkopplungskonstante.
Die ENDOR-Messung wird bei einem festen Wert des Magnetfeldes durchgeführt und die
RF-Frequenz variiert. Für die erlaubten NMR-Übergänge gilt die Auswahlregel ∆mI = ±1
und für die erlaubten EPR-Übergänge ∆mS = ±1. Findet kein EPR-Übergang statt, wird ein
Signal bei der Larmor-Frequenz der Protonen entsprechend dem angelegten äußeren
Magnetfeld detektiert (blauer Pfeil in Abbildung 23,Abbildung 24). Wird das ENDORSpektrum in der ZI-Position aufgenommen (schwarzer Pfeil in Abbildung 23, vgl.
Abbildung 20), werden nur EPR-Übergänge zwischen den Triplettleveln |0> und |+1>
detektiert. Im Spektrum treten die Kopplungen jeweils bei
νRF = νH-AZ
(26)
46
Grundlagen
auf, wobei die Kopplungskonstante AZ ein negatives oder ein positives Vorzeichen
besitzen kann. Besitzt die Kopplungskonstante ein negatives Vorzeichen, werden die
Kopplungen bei einer RF-Frequenz beobachtet, die größer ist als die Larmor-Frequenz der
ungekoppelten
Protonen,
während
bei
einem
positiven
Vorzeichen
der
Kopplungskonstante die Signale bei kleineren Frequenzen als νH beobachtet werden
(Abbildung 24). Wird das ENDOR-Spektrum in der ZII-Position aufgenommen, werden die
EPR-Übergänge zwischen den Triplettleveln |0> und |-1> detektiert. In diesem Fall treten
die Signale der mit dem Elektronenspin wechselwirkenden Protonen bei Frequenzen von
νRF = νH+AZ
(27)
auf. Entsprechend Gleichung 27 werden Kopplungen mit positivem Vorzeichen bei
RF-Frequenzen beobachtet, die größer sind als νH und Kopplungen mit negativem
Vorzeichen bei Frequenzen kleiner als νH (vgl. Abbildung 24).
Abbildung 24: ENDOR-Spektren von ZnPPIX Mb in der ZI- und der ZII-Position. Aufgrund des
unterschiedlichen Magnetfeldes bei den beiden unterschiedlichen Positionen liegt die Larmor-Frequenz der
ungekoppelten Protonen νH (blauer Pfeil) bei unterschiedlichen Frequenzen. Die Kopplungskonstanten der
gekoppelten Protonen behalten in beiden Spektren ihre Position relativ zu νH bei.
47
Grundlagen
Beide Spektren enthalten in erster Näherung die gleiche Information und sind lediglich um
die Larmor-Frequenz invertiert. Für die Kopplung der Stickstoffatome gilt die gleiche
Betrachtungsweise, allerdings liegt die Larmor-Frequenz von
14
N-Atomen bei den
verwendeten Magnetfeldern bei etwa 1,5 MHz, so dass die Inversion der Signale um die
Larmor-Frequenz der ungekoppelten Stickstoffatome in den beiden Spektren nicht so
offensichtlich ist, wie bei den Signalen der Protonen.
1.9.
Mössbauer-Spektroskopie
Die Mössbauer-Spektroskopie ist eine Kernabsorptions−/Kernemissions−Spektroskopie
mit γ−Quanten[57;
58]
. Die geringe relative Linienbreite von γ−Quanten ermöglicht den
Nachweis sehr kleiner Effekte in der chemischen Umgebung (Elektronenhülle) des
absorbierenden Kerns. Über die Dopplerverschiebung von relativ zueinander bewegten
γ−Emitter und Absorber wird die Isomerieverschiebung (δ) relativ zu einem Standard
gemessen.
Die
Isomerieverschiebungn
entspricht
der
Verschiebung
des
Signalschwerpunktes zum Nullpunkt des Spektrums, der wiederum durch das Signal eines
Standards definiert wird (Abbildung 25). Die Ursache für die Isomerieverschiebung ist die
elektrische Wechselwirkung zwischen dem Atomkern und dem s-Elektron am Kernort, so
dass aus der Isomerieverschiebung vor allem Rückschlüsse auf den Oxidationszustand
gezogen werden können[59].
Durch die Wechselwirkung zwischen dem elektrischen Quadrupolmoment des Kerns und
einem inhomogenen elektrischen Feld kommt es zur Quadrupolaufspaltung (∆EQ) der
Resonanzlinien, woraus Daten über die Symmetrie und die Koordination des Atoms
gewonnen werden können. Die Quadrupolaufspaltung entspricht dem Abstand der Linien
im Spektrum. Die magnetische Dipolwechselwirkung zwischen dem magnetischen
Dipolmoment des Kerns und einem magnetischen Feld am Kernort führt zur
Hyperfeinaufspaltung des Mössbauer-Spektrums und liefert Informationen über den
magnetischen Zustand (z.B. Ferromagnetismus). Um die Verbreitung der Spektrallinien
durch den Rückstoß der Atomkerne bei Emission und Absorption zu vermeiden, müssen
Emitter− und Absorberatome in einen Festkörper eingebaut werden. Ein Nachteil dieser
Methode besteht darin, dass sie nur für Elemente mit geeigneten Isotopen zugänglich ist.
48
Grundlagen
Am weitesten verbreitet ist die
57
Fe−Mössbauer-Spektroskopie, die auch in dieser Arbeit
verwendet wurde.
Abbildung 25: Beispiel eines Mössbauer-Spektrums mit der Isomerenverschiebung (δ) und der
Quadrupolaufspaltung (∆EQ).
49
Aufgabenstellung
2.
Aufgabenstellung
2.1.
Metall-Phäophorbide in Myoglobin
Chlorophylle und ihre Derivate sind die wesentlichen funktionellen Bestandteile der
Photosynthese. Ihre physikalischen Eigenschaften werden in den nativen Systemen durch
die Proteinumgebung stark beeinflusst, wodurch gleiche Moleküle verschiedene Aufgaben
erfüllen können. Chlorophyll a fungiert in den Lichtsammelkomplexen einzig als
Lichtabsorber, während es in den Reaktionszentren der Photosysteme I und II die Rolle des
Elektronendonors und –akzeptors nach der Lichtanregung übernimmt. Allerdings sind die
natürlichen
Systeme
aufgrund
ihrer
Komplexität
nur
schwer
vollständig
zu
charakterisieren. Werden Chlorophylle aus einem Protein herausgelöst, neigen sie zur
Aggregation. Durch die enge Wechselwirkung innerhalb der Aggregate („π-stacking“)
werden die Eigenschaften, insbesondere nach Lichtanregung, drastisch verändert. Der
lichtangeregte Zustand eines monomeren Chlorophylls ist derzeit nur unzureichend
charakterisiert, obwohl dieser essentiell für das Verständnis des Zusammenspiels mehrerer
dieser Moleküle ist. Daher ist es von besonderem Interesse, ein monomeres
Chlorophyllmolekül, das keine Wechselwirkungen zu anderen photoaktiven Verbindungen
aufweist, möglichst vollständig zu charakterisieren. Der lichtangeregte Triplettzustand ist
aufgrund seiner Reaktivität und seiner langen Lebensdauer schädlich für photosynthetisch
aktive Organismen und muss daher effizient durch Carotinoide gelöscht werden (Triplett
quenching). In vitro bietet er die Möglichkeit, das Molekülorbital, in dem sich das
angeregte Elektron befindet (LUMO), mit Hilfe der EPR- und ENDOR-Spektroskopie zu
untersuchen. Dieses Molekülorbital wird auch im lichtangeregten Singulettzustand,
welcher die entscheidende Rolle in den Energiesammel- und Ladungstrennungsprozessen
der Photosynthese spielt, durch ein ungepaartes Elektron besetzt. Aufgrund der kurzen
Lebensdauer des Singulettzustandes und seines inhärenten Diamagnetismus ist er jedoch
für die Spektroskopie nur schwer zugänglich.
50
Aufgabenstellung
Ein Ziel dieser Arbeit ist, die in der Literatur beschriebenen Rekonstitutionsverfahren für
Porphyrine in Apo-Myoglobin zu etablieren und die auf diese Weise dargestellten
Komplexe umfassend zu charakterisieren. Insbesondere sollen die Unterschiede des
lichtangeregten Triplettzustandes des Kofaktors in der Proteinmatrix und in einem
Lösemittel unter Verwendung der EPR- und ENDOR-Spektroskopie untersucht werden.
Zu diesem Zweck soll zunächst kommerziell erhältliches Myoglobin aus Pferdemuskel mit
dem
diamagnetischen
Zink-Komplex
des
nativen
Kofaktors
rekonstituiert
und
charakterisiert werden. Darauf aufbauend werden Zink-Komplexe von Chlorophyll aDerivaten, die eine möglichst geringe Änderung zu den Ausgangsverbindungen
durchlaufen haben, untersucht. Der Phytylester des Chlorophyll a muss für den Einbau
entfernt werden. Änderungen im Substitutionsmuster ermöglichen den Zugang zu
verschiedenen Chlorophyll-Derivaten, z. B. Chlorophyll d.
Sobald das Rekonstitutionsverfahren etabliert ist, sollen die gleichen Komplexe mit
Myoglobin vom Pottwal (SwMb) dargestellt werden. Da die Bindungstasche
hochkonserviert ist, wird eine ähnliche Wechselwirkung zwischen Kofaktor und Protein,
wie im Fall des Myoglobins aus Pferdemuskel, erwartet. Der Vorteil des PottwalMyoglobins ist die Möglichkeit, Einkristalle von ausreichender Größe für eine EPR- und
ENDOR-spektroskopische Analyse züchten zu können.
2.2.
Modelle für [4Fe-4S]-Zentren des
Photosystems I
Eisen-Schwefel-Zentren sind in der Natur weit verbreitet und dienen als redox-aktive
Kofaktoren des Elektronentransfers. Zwischen den verschiedenen Arten der FeS-Zentren
variiert nicht nur die Zahl an Eisen- und Sulfidionen des Systems, sondern auch das
Redoxpotential. Dies ist die wesentliche physikalische Eigenschaft eines redox-aktiven
Kofaktors und die FeS-Zentren umfassen einen Potentialbereich von +400 mV bis –700
mV. Bisher sind nur wenige Peptid-basierte Modelle für FeS-Zentren entwickelt worden,
um den Einfluss der Proteinumgebung auf die physikalischen Eigenschaften, wie das
Redoxpotential und die magnetischen Eigenschaften, zu untersuchen. Die meisten der
51
Aufgabenstellung
bereits existierenden Modelle waren auf die Modellierung von bakteriellen [4Fe4S]Ferredoxinen ausgerichtet, die einen Potentialbereich von –100 mV bis –500 mV
abdecken. Um die Mechanismen der Kontrolle des Redoxpotentials zu verstehen, werden
zusätzlich Modelle benötigt, die möglichst dicht an die Extremwerte bezüglich des
Redoxpotentials gelangen. Die FeS-Zentren des Photosystems I bieten einen guten
Ansatzpunkt für derartige Modelle, da ihre Redoxaktivität einen Potentialbereich von –500
mV bis –700 mV umfasst. Zusätzlich ist das native System durch Kristallstrukturanalyse
charakterisiert und von der Untereinheit PsaC existiert eine NMR-Struktur in Lösung.
Außer dem Einfluss der Proteinumgebung auf das Redoxpotential ist die Kontrolle über die
magnetischen Eigenschaften von FeS-Zentren, insbesondere der [4Fe4S]-Zentren, noch
nicht vollständig verstanden. Abhängig vom Redoxzustand können in verschiedenen
[4Fe4S]-Zentren jeweils zwei lokalisierte Paare aus je zwei Eisenkernen gleicher
Oxidationsstufe auftreten. Inwieweit die Position der Paare im kubischen [4Fe4S]-Zentrum
durch das Protein kontrolliert wird, und ob auf diese Weise Einfluss auf andere
physikalische Eigenschaften ausgeübt wird, ist weitgehend unbekannt. Wahrscheinlich ist
die Geometrie des kubischen FeS-Zentrums der entscheidende Faktor für die Position der
Paare mit unterschiedlicher Oxidationsstufe. Modelle, die einfach darzustellen und zu
variieren sind, können detaillierte Einsicht in diese Problematik geben.
Ein weiteres strukturelles Merkmal von kubischen FeS-Zentren ist die Ausbildung von
Wasserstoffbrücken zwischen den Sulfidionen des Zentrums und Amidprotonen der
Polypeptidkette. Über die Anzahl der Wasserstoffbrückenbindungen werden die
zugänglichen Oxidationsstufen (3+/2+ oder 2+/1+) des FeS-Zentrums festgelegt.
Die Entwicklung von Peptid-basierten Modellsystemen, die in der Lage sind, kubische
[4Fe4S]-Zentren zu binden, ist daher eine wesentliche Grundlage für die Aufklärung dieser
Fragestellungen. Aus diesem Grund sollen in einem zweiten Teil dieser Arbeit synthetische
Modelle für [4Fe4S]-Zentren dargestellt werden, um den Einfluss der Proteinumgebung
auf die Eigenschaften dieser wichtigen Kofaktoren des Elektronentransfers zu untersuchen.
Als Vorbilder sollen die Eisen-Schwefel-Zentren des Photosystems I, FA, FB und FX,
dienen, weil sie stark negative Redoxpotentiale aufweisen und bereits gut charakterisiert
sind. Nach der Herstellung und vollständigen Charakterisierung wird untersucht, inwieweit
die synthetischen Modelle in der Lage sind, die Funktion ihrer nativen Vorbilder im
Elektronentransfer zu übernehmen.
52
Ergebnisse und Diskussion
3.
Ergebnisse und Diskussion
3.1.
Metall-Phäophorbide in Myoglobin-Matrix
3.1.1. Natives Myoglobin und Apo-Myoglobin
Myoglobin aus Pferdemuskeln ist kommerziell (Sigma) in der biologisch inaktiven metForm (Fe3+) des Hämins erhältlich. Um nicht-native Kofaktoren in das Protein Myoglobin
einbauen zu können, muss zunächst der native Kofaktor, das Hämin, entfernt werden. Zu
diesem Zweck wurde das Protein zunächst denaturiert, indem der pH-Wert der
Proteinlösung durch Zugabe von Salzsäure auf einen Wert kleiner als zwei gesenkt wurde.
Abbildung 26: UV-Vis-Spektren von met-Myoglobin (schwarz), denaturiertem met-Myoglobin bei pH = 1,5
(rot) und Apo-Mb (grün). Während das Spektrum von met-Myoglobin von der Soret-Bande dominiert wird,
liegt der Kofaktor Hämin bei einem pH-Wert von 1,5 im ungebundenen Zustand vor. Nach der Extraktion
kann kein Kofaktor mehr nachgewiesen werden. Die Konzentrationen der Proben sind unterschiedlich.
53
Ergebnisse und Diskussion
Liegt das Protein schließlich in denaturierter Form vor, ist der native Kofaktor nicht mehr
stabil gebunden und kann durch ein organisches Lösemittel, in diesem Fall 2-Butanon,
extrahiert werden[60]. Die saure Lösung des Apo-Proteins (Protein ohne Kofaktor) wurde
durch Dialyse gegen Natriumhydrogencarbonat (50 mg/L) neutralisiert, wodurch eine
Rückfaltung des Proteins erreicht wurde. Anschließend wurde gegen 0,1 mM EDTALösung dialysiert, um gelöste Metallionen zu komplexieren, die andernfalls im ApoProtein gebunden werden könnten. Abschließend wurde gegen destilliertes Wasser
dialysiert, um die niedermolekularen Bestandteile der Lösung zu entfernen. Nach
vollständiger Extraktion des Kofaktors dominierte die Soret-Bande bei 408 nm das
Spektrum nicht mehr, allerdings blieb die Absorptionsbande der aromatischen
Aminosäuren bei 280 nm erhalten. Für die weiteren Untersuchungen wurden
ausschließlich Proben verwendet, bei denen der Restgehalt an Hämin unter 1 % lag.
Die Entfernung des Kofaktors wirkt sich deutlich auf die Stabilität des Proteins aus. Liegt
die Stabilität des nativen Myoglobins bei einem Wert von 30 kJ mol-1, so geht der Wert
nach Entfernung des Kofaktors auf 10 kJ mol-1 zurück. Die Kooperativität sinkt bedingt
durch die Extraktion des Kofaktors ebenfalls von 20 kJ mol-1 M-1 auf 10 kJ mol-1 M-1.
Abbildung 27: Stabilitätsmessung von Apo-Myoglobin (●) und met-Myoglobin (▲). Die Entfaltung von
Apo-Mb wurde durch Fluoreszenz-, die Entfaltung des met-Myoglobins durch CD-Spektroskopie verfolgt.
Der Übergang von vollständig gefaltetem zum entfalteten Zustand ist bei met-Myoglobin steiler und findet
bei einer höheren Konzentration von Guanidiniumhydrochlorid statt.
54
Ergebnisse und Diskussion
Für alle dargestellten Komplexe wurde die Entfaltung durch CD-, UV-Vis-, und
Fluoreszenz-Spektroskopie verfolgt. Die UV-Vis-Spektroskopie lieferte in allen Fällen die
schlechtesten Ergebnisse, da sie im Vergleich zu den beiden anderen Methoden deutlich zu
große Werte lieferte. Diese Tatsache kann darauf zurückgeführt werden, dass diese
Methode direkt die spektralen Eigenschaften des Kofaktors wiedergibt, die wesentlich
durch die Ligandierung bestimmt werden und erst in zweiter Linie durch die
Proteinumgebung. Die CD- und die Fluoreszenz-Spektroskopie sind dagegen Methoden,
die im untersuchten Messbereich ausschließlich die Struktur der Polypeptidkette
wiedergeben können. Bei der CD-Spektroskopie wurde das Signal der α-helikalen
Sekundärstrukturelemente bei 222 nm untersucht, während die Fluoreszenz-Spektroskopie
verwendet wurde, um die Verschiebung des Fluoreszenzmaximums der Aminosäure
Tryptophan abhängig vom Entfaltungszustand zu untersuchen. Die Daten dieser Methoden
waren im Rahmen des experimentellen Fehlers identisch. Lediglich das paramagnetische
met-Myoglobin zeigte eine zu schwache Fluoreszenz, weshalb keine Auswertung der
Daten möglich war. Die Schlussfolgerung aus dieser Beobachtung ist, dass der Kofaktor
zumindest teilweise noch durch das Protein koordiniert wird, wenn die Tertiär- und
Sekundärstrukturelemente bereits entfaltet sind.
Das auf die oben beschriebene Weise dargestellte Apo-Myoglobin befindet sich in einem
nicht vollständig gefalteten Zustand und weist daher eine geringere Stabilität auf. Durch
Zugabe von Hämin zu einer Apo-Myoglobin-Lösung kann das Myoglobin derart
rekonstituiert werden, dass es von kommerziell erhältlichem Protein nicht zu unterscheiden
ist. Sowohl das UV-Vis-Spektrum als auch die Stabilität des so hergestellten Myoglobins
sind identisch mit met-Myoglobin. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die
Aminosäurekette während der Extraktion des Kofaktors nicht beschädigt wurde. Außerdem
ist das auf diese Weise hergestellte Apo-Myoglobin in der Lage, einen Kofaktor zu binden.
55
Ergebnisse und Diskussion
3.1.2. Darstellung der Kofaktoren
In dieser Arbeit wurden die Kofaktoren Zink-Protoporphyrin, Zink-Phäophorbid a, ZinkPyrophäophorbid a, Zink-Pyrophäophorbid a Methylester, Zink-Pyrophäophorbid d
Methylester
und
3-Devinyl-3-hydroxymethyl-132-demethoxycarbonylphäophorbid
a
Methylester verwendet. Das Zink-Protoporphyrin wird durch Umsetzen der kommerziell
erhältlichen freien Base Protoporphyrin mit Zinkacetat in Essigsäure erhalten. Die
restlichen Kofaktoren stellen Derivate des Chlorophyll a dar und können über kurze
Synthesewege ausgehend von Chlorophyll a beziehungsweise von einem ungereinigten
Algenrohextrakt dargestellt werden. In allen Fällen wurde der Phytylester verseift, da diese
C20-Einheit die Bindung des Kofaktors in der Proteinbindungstasche erschweren würde.
An Stelle des Phytylesters lag entweder die freie Carbonsäure oder der korrespondierende
Methyl-Ester vor.
Als zentrales Metallion wurde grundsätzlich Zink verwendet, da das in Chlorophyll a
natürlich vorkommende Magnesiumion während der Synthese verloren geht. Das Zink(II)Ion hat vergleichbare Eigenschaften wie das Magnesium(II)-Ion in Bezug auf den
Ionenradius. Er liegt bei 72 pm für Mg2+ und 74 pm für Zn2+ bei Koordinationszahl sechs.
Damit sind beide Ionen etwas zu groß für die Bindungsstelle im Porphyrin, die einen
diagonalen Kern-Kern Abstand der Stickstoffatome von 200 pm aufweist (Stickstoff
VDW-Radius 74 pm). Als Konsequenz daraus zeigen die Porphyrinkomplexe beider
Metallionen eine starke Präferenz für eine verzerrte quadratisch-pyramidale Struktur, in
der die vier äquatorialen Ligandenstellen durch den Ring besetzt sind und das Metallion
außerhalb der Ringebene liegt[61]. Gleichzeitig weisen die Zinkkomplexe eine höhere
Stabilität aufgrund der größeren Elektronegativität des Zinkions auf. Die elektronischen
Strukturen der Zink- und Magnesiumkomplexe haben sich als ähnlich erwiesen[62],
wodurch der Einsatz von Zink als zentrales Metallion für die durchgeführten EPR- und
ENDOR-Messungen unproblematisch ist. Da die Zinkkomplexe leichter zu synthetisieren
sind, werden sie in dieser Arbeit verwendet[63].
56
Ergebnisse und Diskussion
3
2
H 2C
3
1
4
2
CH3
5
NH
1
H
H
CH
3
H 3C
3
6 7
N
8
20
1
8
3
H 3C
19 N
HN 11
18
14 12
H 3C
17 16
13
15
1
2
2 1
17 17
13
13
H 2C CH2 H
Collidin
CH3
O
O
OPhytyl
O
H
H
5
4
2
NH
1
180°C
3
1
CH
CH3
H
10
3
2
CH2
8
9
2
H 2C
CH3
6 7
N
20
8
10
19 N
HN 11
18
14 12
H 3C
16
17
13
15
1
2
2 1
17 17
13
13
H 2C CH2 H
O
1
8
3
CH3
CH2
1
CH
2
3
H 3C
MeOH
H 2SO4
H
4
2
H
H
CH3
5
6 7
NH
1
N
20
8
8
9
2
CH3
O
H
O
8
CH3
H
10
19 N
HN 11
18
14 12
17 16
13
15
2 171
2 1
17
13 13
H 2C CH2 H
OPhytyl
1
CH2
H 3C
CH3
O
H
O
8
9
2
H 2C
OMe
CH3
Phäophytin a
im Algenrohextrakt
Pyrophäophytin a
3
3
3
H 3C
2
1
H
3
1
4
NH
CH3
5
6 7
N
8
8
9
20
10
19 N
HN 11
18
14 12
17 16
13
15
2 171
2 1
17
13 13
H 2C CH2 H
H 3C
1
8
OH
O
3
CH3
1
3
H 3C
CH2
2
1
H
H
O
H
CH
2
5
4
NH
CH3
6 7
N
20
8
8
9
10
19 N
HN 11
18
14 12
17 16
13
15
2 171
2 1
17
13 13
H 2C CH2 H
H 3C
CH3
O
O
2
H 2C
H
CH
OsO 4
NaIO4
TFA
TFA
2
H 2C
Methylpyrophäophorbid a
H
O
O
O
1
8
2
CH3
CH2
H 3C
4
2
H
H
CH3
5
6 7
NH
1
N
20
8
8
9
1
8
2
CH3
CH2
H
10
19 N
HN 11
18
14 12
17 16
13
15
2 171
2 1
17
13 13
H 2C CH2 H
H 3C
CH3
O
H
O
OH
1
3
H
CH3
3
CH
OMe
CH3
Phäophorbid a
Pyrophäophorbid
Methylpyrophäophorbid d
HO
3
1
CH2
3
H 3C
CH3
HO
CH3
CH3
CH3
CH3
Phytol
4
2
1
H
tertButylamin
boran
H
5
NH
CH3
6 7
N
20
8
8
9
10
19 N
HN 11
18
14 12
16
H 3C
17
13
15
1
2
2 1
17 17
13
13
H 2C CH2 H
H
O
1
8
2
CH3
CH2
H
CH3
O
OMe
Methyl 3-devinyl-3-hydroxymethyl132-demethoxycarbonylphäophorbid a
Abbildung 28: Darstellung des Syntheseweges der in dieser Arbeit untersuchten Kofaktoren und
vollständige Struktur des Phytols, das in Chlorophyllen in Form eines Esters an der Propionsäure gebunden
ist.
57
Ergebnisse und Diskussion
Setzt man Chlorophyll a mit Trifluoressigsäure (TFA) um, so erhält man aus dem
Phytylester nahezu quantitativ die freie Carbonsäure[64] (Abbildung 28). Der Methylester in
Position 132 wird jedoch nicht hydrolysiert. Diese Tatsache ist auf die Molekülstruktur
zurückzuführen. Die Trifluoressigsäure greift die Carbonylgruppe der Esterfunktion an und
induziert dadurch eine Vinyl-Umlagerung, die letztendlich zur Esterspaltung führt. Ein
vergleichbarer Angriff auf den Methylester ist nicht möglich. Bei der kurz gewählten
Reaktionszeit von etwa 10 Minuten wird die Hydrolyse des Methylesters fast völlig
unterdrückt. Da durch die aciden Bedingungen der Komplex das Magnesiumion verliert,
erhält man Phäophorbid a.
Die Synthese des Pyrophäophorbids geht vom Algenrohextrakt aus. Zunächst wird der
Methylester in der 132-Position durch Kochen am Rückfluss in Collidin bei 180 °C unter
Argon pyrolysiert[65]. Durch Spaltung des Methylesters wird eine β-Ketocarbonsäure
erzeugt, die daraufhin decarboxyliert wird. Nach der säulenchromatographischen
Reinigung der Reaktionsmischung erhält man Pyrophäophytin. Der Phytylester wird wie
bei Chlorophyll a durch Reaktion mit Trifluoressigsäure in die freie Carbonsäure
umgewandelt. Der Vorteil dieses Kofaktors liegt darin, dass das Stereozentrum in der
132-Position zerstört wird und dadurch das Epimeren-Gleichgewicht a/a´ aufgehoben wird.
Der Pyrophäophorbid a Methylester wird analog dargestellt, jedoch wird zur Spaltung des
Phytylesters
nicht
Trifluoressigsäure
verwendet,
sondern
es
wird
mit
Schwefelsäure/Methanol umgeestert. Der Methylester kann durch Kristallisation aus
CH2Cl2/Hexan gereinigt werden.
Der Methylester des Pyrophäophorbids d wird aus Pyrophäophorbid a Methylester
dargestellt.
Dazu
wird
die
Vinylgruppe
in
der
31-Position
durch
Osmiumtetraoxid/Natriumperjodat zum entsprechenden Aldehyd gespalten[66]. Alle auf
diesem Weg dargestellten Kofaktoren liegen zunächst als freie Base vor, können aber mit
einem Überschuss an Zinkacetat in Eisessig metalliert werden.
Der Aldehyd Pyrophäophorbid d kann unter Verwendung von tert-Butylaminboran
selektiv zum Alkohol reduziert werden. Hierbei wird die Ketogruppe in Position 131
aufgrund ihrer geringeren Reaktivität nur zu einem kleinen Teil reduziert. Die Metallierung
in Essigsäure ist nicht möglich, sondern erfolgt in Dichlormethan mit 3-4 % Methanol.
Alle analytischen Daten stimmen mit den Literaturdaten überein. Die analytischen Daten
sind im experimentellen Teil bei der jeweiligen Verbindung aufgelistet.
58
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3. Komplexbildung und Charakterisierung der
Kofaktoren mit Apo-Myoglobin
Nachdem nachgewiesen wurde (vgl. Abschnitt 3.1.1), dass das Apo-Myoglobin intakt und
in der Lage ist, Kofaktoren verschiedener Art einzubauen, wurden die dargestellten
Kofaktoren einer Einbauuntersuchung unterzogen. Der ideale Kofaktor sollte a) einen
1:1-Komplex mit dem Protein bilden können, b) eine eindeutige Einbaurichtung in der
Bindungstasche des Proteins aufweisen und c) diamagnetisch sein. Die letzte Bedingung
wird von allen dargestellten Kofaktoren erfüllt.
Insgesamt wurde in dieser Arbeit der Einbau von sechs verschiedenen Kofaktoren
untersucht. Als Beispiel für den nativen Kofaktor wurde das diamagnetische Derivat des
Hämins, Zinkprotoporphyrin, verwendet. Außerdem wurde der Einbau von fünf
Chlorophyll-Derivaten in das Apo-Myoglobin untersucht.
In den spektroskopischen Untersuchungen wird der Kofaktor-Myoglobinkomplex mit dem
Kofaktor ohne Proteinkomplexierung verglichen. Letzterer wird als freier bzw.
unkomplexierter Kofaktor bezeichnet, wobei die Wortwahl „frei“ nicht suggerieren soll,
dass die vakanten Koordinationsstellen am Zink nicht besetzt sind. Der freie Kofaktor ist
entweder symmetrisch und/oder schwach durch das Lösemittel komplexiert. Eine
Ausnahme stellt das Zink-Pyrophäophorbid a dar, welches in Pyridin als Lösemittel
fünffach koordiniert vorliegt. Im Protein werden alle Kofaktoren lediglich durch ein
Histidin koordiniert. Das Zink ist daher fünffach koordiniert (ggf. sechsfach durch ein
Wassermolekül) und der Kofaktor unterliegt einer Verzerrung, weil das zentrale
Metallatom aus der Ringebene herausgezogen wird. Aufgrund dieser Wechselwirkung
wird die ursprünglich planare Struktur des Porphyrins zu einer gewölbten Anordnung,
ähnlich dem Ausschnitt aus einer Kreisoberfläche, verformt.
59
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3.1.
Zink-Protoporphyrin Apo-Myoglobin (ZnPPIX Mb)
3.1.3.1.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilitätsmessung
Zink-Protoporphyrin ist gut löslich in DMSO und besitzt in diesem Lösemittel ein
Absorptionsspektrum, das durch vier Absorptionsbanden bei 586 nm (α-Bande), 547 nm
(β-Bande), 417 nm (Soret-Bande) und 347 nm (Hyper-Bande) gekennzeichnet ist
(Abbildung 29). Wird dieser Kofaktor in das Apo-Myoglobin eingebaut, so verschieben
diese Absorptionsbanden nach 595 nm, 555 nm, 428 nm und 350 nm. Die Analyse der
UV-Vis-Daten des Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX) erfolgte anhand von Literaturdaten[67].
Weiterhin ist zu beobachten, dass die Soret-Bande deutlich schmaler wird und an Intensität
gewinnt. Der Extinktionskoeffizient für Myoglobin, isoliert aus Pferdemuskel, bei 280 nm
beträgt 15,2 mM-1 cm-1, während der Extinktionskoeffizient der Soret-Bande des
gebundenen Zink-Protoporphyrins mit einem Wert von 152,6 mM-1 cm-1 angegeben
wird[67]. Daraus ergibt sich ein Bandenverhältnis von 10 für einen 1:1 Komplex. In dieser
Arbeit wurden für die weiteren Messungen nur solche Proben verwendet, die ein
Bandenverhältnis von ≥ 9 aufwiesen.
Abbildung 29: UV-Vis-Spektren von ZnPPIX in DMSO (schwarz) und vom ZnPPIX Mb Komplex (rot) in
unterschiedlichen Konzentrationen. Durch den Einbau in das Protein werden alle Banden ins Langwellige
(bathochrom) verschoben.
60
Ergebnisse und Diskussion
Abbildung 30: Stabilitätsmessung von ZnPPIX Mb detektiert durch CD-Spektroskopie (■) im Vergleich zu
Apo-Mb (■). Die Interpolation der Messpunkte liefert für die freie Entfaltungsenthalpie einen Wert von
31,2 kJ mol-1 und für die Kooperativität einen Wert von 16,1 kJ mol-1 M-1.
Apo-Myoglobin weist im Vergleich zu met-Myoglobin durch den fehlenden Kofaktor eine
deutlich geringere Stabilität auf (vgl. Abschnitt 3.1.1). Der Einbau eines Kofaktors sollte
zu einer teilweisen Wiederherstellung der ursprünglichen Stabilität führen. In welchem
Ausmaß dies geschieht, hängt von der Struktur des Kofaktors ab. Für ZnPPIX ist die freie
Base des Kofaktors Protoporphyrin (PPIX) und damit identisch mit der freien Base des
nativen Kofaktors. Lediglich das zentrale Eisen-Metallion wurde durch ein Zink(II)ion
ersetzt. Daher wird eine vollständige bzw. nahezu vollständige Wiederherstellung der
ursprünglichen Stabilität erwartet.
Diese Erwartung konnte experimentell nachgewiesen werden (Abbildung 30). Für die
Stabilität wurde ein Wert von 31,2 ± 6,6 kJ mol-1 ermittelt, der damit im Rahmen des
Fehlers mit der Stabilität von met-Myoglobin übereinstimmt (30,6 ± 4,5 kJ mol-1). Für die
Kooperativität wurde ein etwas kleinerer Wert von 16,1 ± 3,3 kJ mol-1 M-1 gemessen
(met-Myoglobin 19,8 ± 2,9 kJ mol-1 M-1, siehe Abschnitt 3.1.1). Diese Abweichung der
Kooperativität könnte auf die unterschiedlichen Bindungseigenschaften von Hämin und
ZnPPIX im Bezug auf die hier vorliegende Histidinkomplexierung zurückgeführt werden.
Die Histidin-Eisen Bindung ist deutlich stärker als die Histidin-Zink Bindung. Im Rahmen
der Fehler wurden für die Entfaltungsenthalpie identische Werte erhalten.
61
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3.1.2. NMR-Spektroskopie
Nachdem gezeigt wurde, dass ein stabiler und stöchiometrischer Komplex von ZnPPIX
und Apo-Myoglobin gebildet wurde, muss nun festgestellt werden, ob eine einheitliche
Einbau-Orientierung des Kofaktors im Protein vorliegt (vgl. Abschnitt 1.3). Aufgrund der
strukturellen Ähnlichkeit mit nativem Hämin wird auch ein ähnliches Verhalten für
ZnPPIX erwartet, d. h., zwei Einbauisomere, die im Gleichgewicht miteinander stehen. Die
Protonen der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 liegen in der π-Elektronenwolke
des Kofaktors und werden daher durch den Ringstromeffekt in der NMR-Spektroskopie
bei negativen ppm-Werten detektiert[68]. Daher sind sie leicht von den anderen Protonen
innerhalb des Proteins zu unterscheiden und können einfach zugeordnet werden.
Innerhalb von 24 Stunden nach erfolgter Rekonstitution werden zwei Einbauisomere im
Verhältnis 1:1 gefunden, die miteinander im Gleichgewicht stehen. Die Signale der
γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 liegen bei einer Messtemperatur von 8°C bei
–3,9 ppm (Peak I) und –1,1 bzw. –1,0 ppm (Peak II) (Abbildung 31). Diese Werte
unterscheiden sich signifikant von den publizierten Werten von –3,6 ppm (Peak I) und
–0,9 ppm (Peak II)[69]. Diese Abweichung kommt durch die unterschiedliche
Messtemperatur zustande, die in diesem Experiment bei 8°C und für die Vergleichswerte
aus der Literatur bei 25°C lag. Wird die gleiche Probe nach 13 Monaten Lagerzeit bei 4°C
erneut bei einer Messtemperatur von 25°C gemessen, so werden Werte von –3,5 ppm
(Peak I) und –0,9 ppm bzw. –0,7 ppm (Peak II) erhalten (Abbildung 31), wobei zu
berücksichtigen ist, dass sich die Signale der beiden Einbauisomere bei –3,5 ppm
überlagern. Das Peakverhältnis liegt im Gleichgewichtszustand etwa bei 1:3.
Ähnlich wie beim nativen Kofaktor Hämin werden zwei unterschiedliche Einbauisomere
beobachtet, die miteinander im Gleichgewicht stehen. Während jedoch das Verhältnis der
Isomere im Gleichgewicht für das Hämin bei 9:1 liegt[28], wird für das ZnPPIX lediglich
ein Verhältnis von 3:1 gefunden. Die Triebkraft der Gleichgewichtseinstellung ist die
hydrophobe Wechselwirkung der Vinyl-Substituenten des Kofaktors mit den unpolaren
Aminosäuren der Bindungstasche. Sowohl bei Hämin, als auch bei ZnPPIX sollte diese
Wechselwirkung identisch sein. Demzufolge sollte im Gleichgewichtszustand auch ein
ähnliches Verhältnis der beiden Isomere vorliegen. Nach 13 Monaten wird aber lediglich
ein Verhältnis der beiden Isomere von 1:3 im NMR-Spektrum nachgewiesen. Daher kann
62
Ergebnisse und Diskussion
man davon ausgehen, dass der Gleichgewichtszustand auch nach 13 Monaten noch nicht
ppm (t1)-0.50
-2.50
-3.00
-3.50
-1.50
-2.00
-2.50
-3.00
-3.50
-3.94
-3.90
-2.00
-4.00
-4.50
-4.00
-4.50
-3.51
-1.50
-0.88
-1.00
-0.71
ppm (t1)-0.50
-1.12
-0.95
erreicht wurde.
-1.00
Abbildung 31: Ausschnitt aus dem 1H-NMR-Spektrum (400 MHz) vom ZnPPIX Apo-Mb Komplex bei 8°C
direkt nach der Rekonstitution (oben) und bei 25°C nach 13 Monaten Lagerzeit (unten). Unmittelbar nach der
Rekonstitution werden zwei Einbauisomere im Verhältnis 1:1 gefunden, die miteinander im Gleichgewicht
stehen. Nach 13 Monaten Lagerzeit liegen die Isomere im Verhältnis 1:3 vor. Die unterschiedlichen
Signalpositionen liegen in der unterschiedlichen Messtemperatur begründet (siehe Text).
Tabelle 2: Zusammenfassung der NMR-Daten des Komplexes ZnPPIX Mb.
ZnPPIX Mb
ZnPPIX Mb
Literaturangabe
[69]
Messtemperatur
Peak I
Peak II
8°C
-3,90, -3,94 ppm
-1,12 ppm / -0,95 ppm
25°C
-3,51 ppm
-0,88 ppm / -0,71 ppm
25°C
-3,6 ppm
-0,9 ppm
63
Ergebnisse und Diskussion
Aus
den
Signallagen
bei
unterschiedlichen
Messtemperaturen
kann
die
temperaturabhängige Verschiebung der Signale berechnet werden. Diese Abhängigkeit gilt
nur in einem relativ kleinen Temperaturbereich, aber es bietet sich die Möglichkeit, die
Signalpositionen bei verschiedenen Messtemperaturen miteinander zu vergleichen. Die
Änderung der Signallage liegt bei 0,02 ppm/°C für Peak I bzw. bei 0,012 ppm/°C für
Peak II.
3.1.3.1.3. EPR-Spektroskopie
Die transiente EPR-Spektroskopie am lichtangeregten Triplettzustand von ZnPPIX in ApoMyoglobin wurde bereits von Hoffman et al.[70] durchgeführt und bietet daher die
Möglichkeit, die hier erhaltenen Ergebnisse zu überprüfen.
Aus den transienten Messungen können die Nullfeldparameter des Triplettzustandes
unmittelbar abgelesen werden. Die Nullfeldparameter D und E sind ein Maß für die
Geometrie der Wellenfunktion des Triplettzustandes. Ist D = E = 0 liegt eine kubische
Symmetrie vor, bei D ≠ 0, aber E = 0 liegt axiale Symmetrie vor und bei D ≠ 0 und E ≠ 0
liegt eine Symmetrie vor, die niedriger als axial ist. Der Vergleich der Messergebnisse des
ungebundenen Kofaktors mit dem Proteinkomplex gibt also unmittelbar Aufschluss
darüber, in wie weit die elektronische Struktur des Triplettzustands durch die
Proteinumgebung beeinflusst wird. Für beide Nullfeldparameter ist bekannt, dass sie im
Fall des Protoporphyrins positive Vorzeichen besitzen, so dass die Werte im Folgenden mit
absoluten Vorzeichen angegeben werden können.
Die transienten Spektren von ZnPPIX Mb und dem freien Kofaktor (Abbildung 32) zeigen
mit zunehmendem Magnetfeld drei absorptive Linien, gefolgt von drei emissiven Linien.
Im Spektrum des freien Kofaktors tritt zusätzlich bereits zu Beginn der Messungen das
Signal eines Radikals auf. Die Simulation der Spektren liefert Werte für die
Nullfeldparameter D und E von 357 ±
4·10-4 cm–1 bzw. 67 ± 4·10-4 cm–1 für den
Proteinkomplex und 350 ± 4·10-4 cm–1 bzw. 63 ± 4·10-4 cm–1 für den freien Kofaktor
(Tabelle 3).
Im Rahmen des Fehlers stimmen die ermittelten Nullfeldparameter mit den Literaturwerten
überein. Der Fehler der experimentellen Werte ist mit ± 4·10-4 cm–1 groß. Dieser Wert ist
64
Ergebnisse und Diskussion
auf das derzeitige Entwicklungsstadium des Simulationsprogramms zurückzuführen.
Gegenwärtig muss jeder Parameter vollständig manuell an das experimentelle Spektrum
angepasst werden. Eine halbautomatische Anpassung der Simulation an das experimentelle
Spektrum befindet sich in der Entwicklung und wird die Präzision der Simulationen
erhöhen.
A
B
*
Abbildung 32: Transiente EPR Spektren (X-Band, 9,5 GHz) von ZnPPIX Mb (A) und ZnPPIX in DMSO
(B) bei 50 K. Die aufgenommenen Spektren sind in schwarz und die entsprechende Simulation in rot
dargestellt. Beide Spektren weisen drei absorptive Linien, gefolgt von drei emissiven Linien auf (aaa eee).
Das EPR-Signal eines Radikals im Spektrum von ZnPPIX ist durch * gekennzeichnet.
Tabelle 3: Zusammenfassung der experimentellen Nullfeldparameter D und E von ZnPPIX Mb und freiem
ZnPPIX und Vergleich mit den Literaturwerten. Die Literaturwerte für den freien Kofaktor beziehen sich auf
das Lösemittel Pyridin (*), während in dieser Arbeit ein Gemisch aus DMSO und Glycerin 40/60 verwendet
wurde.
ZnPPIX Mb
Nullfeldparameter
(50 mM Phosphat, pH 7,0, 60 %
ZnPPIX (DMSO/Glycerin)
Glycerin)
D (experimentell)
357 ± 4·10-4 cm–1
350 ± 4·10-4 cm–1
E (experimentell)
67 ± 4·10-4 cm–1
63 ± 4·10-4 cm–1
D (Literatur)[70]
349·10-4 cm–1
350·10-4 cm–1 *
E (Literatur)[70]
69·10-4 cm–1
66·10-4 cm–1 *
65
Ergebnisse und Diskussion
Im Vergleich zum simulierten Spektrum wird die Asymmetrie des experimentellen
Spektrums, das vom Proteinkomplex gemessen wurde, besonders deutlich. Die Intensität
der emissiven Linien ist deutlich größer als die der absorptiven Linien. Dies kann nicht auf
eine apparative Ursache zurückgeführt werden, sondern ist ein Merkmal des untersuchten
Komplexes. Obwohl dieses Resultat schon bei anderen Verbindungen beobachtet wurde,
ist bis heute unverstanden. Eine weitere in diesem System bisher nicht verstandene
Beobachtung ist die g-Faktor Anisotropie, die in den meisten Fällen erst bei sehr hohen
Magnetfeldern bzw. Mikrowellenfrequenzen (z.B. im W-Band bei 95 GHz) detektiert
werden kann. Alle in dieser Arbeit untersuchten Systeme zeigten jedoch bereits im Q-Band
bei 35 GHz eine deutliche g-Faktor-Anisotropie.
Um sicherzustellen, dass nur der energetisch niedrigste Triplettzustand während der
Messungen besetzt wird, wurde die Wellenlängenabhängigkeit des transienten EPRSpektrums
des
ZnPPIX
Mb
Komplexes
untersucht.
Obwohl
man
bei
einer
Anregungswellenlänge von 585 nm, also in der β-Bande des UV-Vis-Spektrums, davon
ausgehen muss, dass nur der S1-Zustand und damit auch nur der T1-Zustand zugänglich ist,
wurden auch Spektren bei kürzeren Wellenlängen aufgenommen. Sollte der zweite
angeregte Triplettzustand ebenfalls besetzt sein, müsste dies einen Effekt auf die
Nullfeldparameter des EPR-Spektrums haben, da der T2-Zustand eine andere elektronische
Struktur hat und zusätzlich schneller relaxiert. Im Bereich der α- und der β-Bande wurden
in Intervallen von 10 nm transiente EPR-Spektren aufgenommen. Da die Soret-Bande eine
Anregung in den S2-Zustand ermöglicht, wurde zusätzlich ein weiteres Spektrum bei einer
Anregungswellenlänge von 440 nm aufgenommen. Bei diesen Messungen konnte keine
Wellenlängenabhängigkeit der Nullfeldparameter festgestellt werden. Diese Ergebnisse
zeigen eindeutig, dass nur der erste angeregte Triplettzustand unter den verwendeten
Messbedingungen besetzt wird.
Da die durchgeführten ENDOR-Messungen (s. Abschnitt 3.1.3.1.4) nicht auf cw-EPR,
sondern auf Puls-EPR beruhen, wurden ebenfalls Puls-EPR-Spektren des Komplexes in
einem Puffer/Glycerin-Gemisch (50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0), sowie des freien
Kofaktors in einem DMSO/Glycerin-Gemisch aufgenommen. Anhand dieser Spektren
wurden die Feldpositionen für die ENDOR-Messungen gewählt, wobei zwei Kriterien die
Auswahl bestimmten. Das EPR-Signal an der zu untersuchenden Feldposition muss
möglichst intensiv sein, um ein gutes Signal zu Rausch-Verhältnis zu erreichen und es
66
Ergebnisse und Diskussion
muss nach Möglichkeit nur eine Orientierung des Moleküls zum Magnetfeld selektiert
werden können. Beide Spektren lassen keine Selektion einer einzigen Molekülorientierung
durch eine bestimmte Magnetfeldstärke zu, wie es für das Spektrum einer gefrorenen
Lösung typisch ist. Daher wurden die ENDOR-Spektren an den Feldpositionen der Z-, Yund X-Orientierung aufgenommen.
A
B
Abbildung 33: Puls EPR-Spektren des ZnPPIX Apo-Mb Komplexes im X-Band Spektrometer (A) und des
freien Kofaktors in DMSO/Glycerin im Q-Band Spektrometer (B) bei 10 K. Im Spektrum des Komplexes
sind die induzierten Übergänge zwischen den Subleveln gekennzeichnet (für D>0 und E>0). Im Spektrum
des freien Kofaktors ist deutlich das scharfe Radikalsignal bei 12000 G zu erkennen.
Aus diesen experimentellen Puls-EPR-Spektren wurden die gleichen Nullfeldparameter
erhalten
wie
aus
den
transienten
Spektren.
Auch
hier
ist
der
deutliche
Intensitätsunterschied zwischen emissiven und absorptiven Linien des Proteinkomplexes
sichtbar. Ebenso wie bei den transienten Spektren ist der Intensitätsunterschied der Linien
im Spektrum des freien Kofaktors nicht so groß wie im Spektrum des Proteinkomplexes.
Das Puls-EPR-Spektrum von ZnPPIX Mb (X-Band) wird durch Modulationen der PyrrolStickstoffatome beeinflusst, wodurch die Intensität der einzelnen Übergänge stark von den
Pulsabständen des 90°- und 180°-Pulses abhängt. Die Modulationen sind deshalb im XBand-Spektrum
stark,
weil
die
Kern-Zeeman-Aufspaltung
und
die
Hyperfeinwechselwirkung für 14N-Kerne bei einer Magnetfeldstärke von 3500 G (0,35 T)
ungefähr die gleiche Größe besitzen, wodurch die drei Hyperfeinsublevel geringe
Energieunterschiede aufweisen. Auf diese Weise werden alle Kernübergänge teilweise
67
Ergebnisse und Diskussion
erlaubt, weil alle teilweise mI = 0 Charakter enthalten. Während der Zeit zwischen den
Mikrowellenpulsen evolviert das System in jedem Triplettlevel (l) mit der Phase der
Kernspinns (e-ie(l)t2π/h), wodurch die Modulation hervorgerufen wird.
Bei einer Magnetfeldstärke von etwa 1,2 T (Q-Band) ist die Kern-Zeeman-Aufspaltung der
14
N-Kerne etwa dreimal größer als bei 0,35 T, da sie proportional mit der Magnetfeldstärke
zunimmt. Die Größe der Hyperfeinkopplungen dagegen ist unabhängig vom Magnetfeld
und ändert seine Größe nicht. Daher treten in einem Puls-EPR-Spektrum im Q-Band keine
Modulationen durch die Pyrrol-Stickstoffatome auf.
3.1.3.1.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX in Glycerin/DMSO
Die ENDOR-Spektroskopie dient dazu, die Hyperfeinkopplungskonstanten von Kernen
mit einem Kernspin von I ≠ 0 zu bestimmen. Die Größe der Hyperfeinkopplungen ist ein
Maß für die Elektronenspindichte am Kernort, mit dem er wechselwirkt. In den
untersuchten Porphyrinsystemen werden die Kopplungen der Elektronenspins mit den
Methinprotonen (α-Protonen) und den an das Ringsystem angrenzenden Methyl- und
Methylengruppen (β-Protonen) beobachtet. Dabei gilt für die Kopplungen der α-Protonen
die folgende Näherung, die von einem isolierten sp2-C-H Fragment abgeleitet werden
kann. Liegt die z-Achse des Systems parallel zum pz-Orbital des Kohlenstoffs, die x-Achse
entlang der C-H-Bindungsachse und die y-Achse senkrecht zu dieser und zur z-Achse,
können die beobachteten Kopplungen durch die isotrope Hyperfeinkopplungskonstante
Aiso folgendermaßen angenähert werden: AZ ≈ 1·Aiso, AY ≈ 1,5·Aiso, AX ≈ 0,5·Aiso[71; 72],
wobei eine die isotrope Hyperfeinkopplungskonstante Aiso mit einem Wert von –60 MHz
als eine Spindichte von 1 am Kern eines α-Protons interpretiert wird. Für β-Protonen,
insbesondere die Methylgruppen, wird eine geringe Anisotropie von etwa 10 % von Aiso
erwartet, da sie zwei Bindungen vom ungepaarten Elektronenspin entfernt sind.
Die Analyse, welche Kernspins mit dem Elektronenspin des angeregten Triplettzustands in
welchem Ausmaß wechselwirken, gibt wertvolle Informationen über die Verteilung des
Tripletts auf dem Molekülgerüst. Damit steht mit der ENDOR-Spektroskopie eine
Methode
zur
Verfügung,
die
direkt
Aufschluss
Triplettwellenfunktion gibt.
68
über
die
Ausdehnung
der
Ergebnisse und Diskussion
Anhand des Puls-EPR-Spektrums des ZnPPIX Mb Komplexes (X-Band, Abbildung 33)
kann eine gute Orientierungsselektion erreicht werden. Bei dem Magnetfeldwert der
maximalen
Mikrowellenabsorption
einer
Orientierung
liegen
nur
geringe
Absorptionsbeiträge der beiden anderen Orientierungen vor. Dadurch sind die Signale der
jeweils nicht selektierten Orientierungen in den ENDOR-Spektren aufgrund der geringen
Absorption wahrscheinlich nicht detektierbar. Für den freien Kofaktor ist dies nicht der
Fall. Die EPR-Absorptionen überlagern sich stark, daher ist die Orientierungsselektion
insbesondere bei der Feldposition des YII-Überganges unmöglich. Dies erschwert die
Interpretation der erhaltenen ENDOR-Spektren deutlich, da nicht erkennbar ist, auf
welchen EPR-Übergang die Hyperfeinkopplung zurückzuführen ist.
Die aussagekräftigsten ENDOR-Spektren werden bei einer Orientierungsselektion entlang
der Z-Achse erhalten, da in diesem Fall praktisch keine Beiträge der anderen EPRÜbergänge zu erwarten sind. Dennoch liefern die Spektren in der X- und Y-Position
ebenfalls Hinweise, die zur Interpretation wichtig sind. Anhand dieser Spektren kann
untersucht werden, ob ein Signal anisotrop ist oder nur eine geringe Richtungsabhängigkeit
zeigt. Daraus ergibt sich eine zuverlässige Zuordnung der Signale.
Zusätzlich wird die Zuordnung der Signale durch quantenchemische Rechnungen an
unterschiedlichen Modellsystemen unterstützt. Die verwendete Methode zur Berechnung
der Hyperfeinkopplungen (vgl. Abschnitt 5.1.12) lieferte bereits bei der Analyse der
ENDOR-Spektren von Chlorophyllradikalen gute Ergebnisse und wird in dieser Arbeit
erstmals mit den ENDOR-Spektren der Triplettzustände von Chlorophyllderivaten
verglichen werden. Die berechneten Hyperfeinkopplungen des nicht-ligandierten
Kofaktors wurden mit den Ergebnissen des freien Kofaktors verglichen. In der Rechnung
für den Proteinkomplex wurde ein fünfter Ligand in Form von Imidazol zum Kofaktor
hinzugefügt. Obwohl dieser Ligand keinen direkten Kontakt zum delokalisierten Triplett
auf dem Molekülgerüst hat, weil das zentrale Metallatom keine nennenswerte Spindichte
trägt, ändert er die Geometrie des Kofaktors. Die ursprünglich planare Struktur von
ZnPPIX wird zu einer gewölbten Struktur verzerrt (Abbildung 34), ähnlich dem Ausschnitt
aus einer Kugeloberfläche. Dadurch wird eine Änderung der Hyperfeinkopplungen
beobachtet.
69
Ergebnisse und Diskussion
Abbildung 34: Darstellung des ZnPPIX mit Imidazol als fünftem Liganden. Deutlich zu erkennen ist die
Verzerrung der ursprünglich planaren Struktur des Kofaktors zu einer gewölbten Struktur. Die Vinylgruppe
in Position 3 ist leicht aus der Ebene gedreht (ca. 20°), während die Vinylgruppe in Position 8 in der Ebene
liegt. Die Rotationsbarrieren beider Gruppen sind sehr gering.
Die ENDOR-Spektren des freien Kofaktors (Abbildung 35) weisen in der Z-Orientierung
fünf eindeutig definierte Signale auf, von denen zwei zu kleinen Kopplungen gehören
(Signal 3 und 4). Ferner werden eine große Kopplung mit negativem Vorzeichen (Signal 1)
und zwei mittlere Kopplungen detektiert, von denen eine ein negatives Vorzeichen
(Signal 2) und die andere positives Vorzeichen aufweist (Signal 5).
In der Y- und der X-Orientierung tritt ein weiteres Signal auf, welches sich durch eine sehr
große Kopplung mit positivem Vorzeichen auszeichnet.
Anhand der quantenchemischen Rechnung (Tabelle 4) kann das breite Signal 1 um
–9 MHz den vier Methinprotonen des Ringsystems zugeordnet werden. Alle vier Protonen
weisen berechnete Kopplungen von –7,9 MHz bis –9,7 MHz auf. Die Methinprotonen
erzeugen durch ihre Anisotropie häufig breite und schwache Signale, wodurch die
Detektion erschwert wird. Beim Übergang zur Y-Orientierung tritt das Signal 1 bei
–6,9 MHz auf. Diese starke Verschiebung bestätigt die Zuordnung der Signale zu den
Methinprotonen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass bei der Y-Orientierung das
Signal noch immer von allen vier Protonen verursacht wird. Wahrscheinlich tragen hier
nur die Signale der Protonen 5 und 15 zum Signal bei, weil bei diesen Protonen die
70
Ergebnisse und Diskussion
Komponente AY der Hyperfeintensors entlang der Bindungsachse liegt und daher
theoretisch den kleinsten Kopplungswert erreichen. Für die Protonen 10 und 20 liegt die
Komponente AY innerhalb der Ringebene senkrecht zur Bindungsachse. Die Kopplung
müsste daher ihren maximalen Wert annehmen. Ein solches Signal konnte nicht gemessen
werden.
Dies
ist
wahrscheinlich
auf
die
oben
erwähnte
Signalverbreiterung
zurückzuführen. In der X-Orientierung ist das Gegenteil der Fall. Hier liegt das äußere
Magnetfeld entlang der Bindungsachsen der Protonen 10 und 20, während es senkrecht zur
Bindungsachse der Protonen 5 und 15 steht. Bei X-Orientierung wird das Signal bei
–6,9 MHz daher von den Protonen 10 und 20 hervorgerufen, während für die Protonen 5
und 15 keine Kopplung nachgewiesen werden kann.
Abbildung 35: ENDOR-Spektren (Q-Band) des Kofaktors ZnPPIX in Glycerin/DMSO bei 10 K. Es wurden
Spektren bei drei unterschiedlichen Feldpositionen aufgenommen (ZII – grün, YII – rot, XII – schwarz). Die
Verschiebung der einzelnen Signale ist durch gestrichelte Linien angedeutet.
Das Signal 2 bei –2,9 MHz wurde der Methylengruppe in Position 82 zugeordnet, da nur
für diese Gruppe eine ausreichend negative Kopplungskonstante berechnet wurde. Dieses
Signal wurde nur in der Z-Orientierung detektiert. Obwohl die Gruppe 82-CH2 weit vom
Ringsystem entfernt ist, ist aufgrund der Konjugation eine Wechselwirkung mit dem
Elektronenspin des Triplettzustandes naheliegend. Die isotrope Hyperfeinkopplungs71
Ergebnisse und Diskussion
konstante ist mit –5,3 MHz berechnet worden und weicht stark vom experimentellen
Ergebnis ab. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Energiebarriere für die
Rotation dieser Gruppe aus der Ebene heraus klein ist. Schon bei kleinen Winkeln können
dadurch relativ große Abweichungen in der berechneten Kopplungskonstante entstehen.
Tabelle 4: ENDOR-Kopplungen des Kofaktors ZnPPIX in Glycerin/DMSO. Alle Angaben in MHz mit
Vorzeichen relativ zu D (D>0).
Signalnr.
Position im
Molekül
1
5-H, 10-H, 15-H,
Exp.
Exp.
Exp.
Kopplung Kopplung Kopplung
Berechnete Kopplung
(Aiso)
in Z
in Y
in X
-9 (br)
-6,9
-6,9
-9,4; -9,7; -7,9; -8,9
20-H
2
82-CH2
-2,9
n.d.
n.d.
-5,3
3
2-CH3, 12-CH3,
-0,5
-0,4
n.d.
-1,2; -0,4; -0,3
32-CH2
4
171-CH2, 31-CH
+0,6
+0,6
n.d.
+0,4; +0,3
5
7-CH3, 18-CH3,
+2,9
+2,4
+2,5
+2,2; +4,7; +1,7
n.d.
+9,5
+14,4
-
81-CH
6
-
Das Signal 3 bei –0,5 MHz wird den Methylgruppen in Position 2 und 12 zugeordnet. In
der Y-Orientierung liegt das Signal bei –0,4 MHz. Es ist daher eindeutig isotrop und muss
durch β-Protonen verursacht werden. In der X-Orientierung ist eine eindeutige Zuordnung
schwierig, weil die EPR-Signalintensität deutlich geringer ist als bei den anderen
Orientierungen. Daraus resultieren erheblich längere Messzeiten zur Aufnahme der
ENDOR-Spektren, um ein ausreichendes Signal zu Rausch Verhältnis zu erzielen. Der für
die Kopplung der 2-CH3 Gruppe berechnete Wert (-1,2 MHz) ist größer als der
experimentell ermittelte Wert (-0,5 MHz). Dabei darf nicht außer acht gelassen werden,
dass die verwendete Rechenmethode bisher in der Vorhersage der Hyperfeinkopplungen
von Chlorophyllradikalen sehr gute Übereinstimmungen mit den experimentellen Daten
gezeigt hat[73], jedoch wurde das Potential der Rechnung bisher nicht zur Interpretation von
72
Ergebnisse und Diskussion
Protoporphyrin verwendet[74]. Möglicherweise ist die Präzision der Rechnung im Fall des
Protoporphyrins etwas geringer. Die 32-CH2 Gruppe weist eine berechnete Kopplung von
–0,4 MHz auf und wird zunächst ebenfalls diesem Signal zugeordnet. Um präzisere
Aussagen über die Zuordnung aller drei Gruppen zu diesem Signal machen zu können,
sind zusätzliche Messungen nötig, die idealerweise an einem Einkristall durchgeführt
werden müssten. Die Zuordnung von Kopplungen mit geringer Größe ist bei Messungen in
gefrorenen Lösungen generell schwierig.
Dem Signal 4 bei +0,6 MHz wurden die 171-CH2 Gruppe und die 31-CH Gruppe
zugeordnet. Für diese beiden Gruppen wurden Kopplungen von +0,4 MHz und +0,3 MHz
berechnet. In der Y-Orientierung liegt dieses Signal ebenfalls bei +0,6 MHz und es kann,
ähnlich wie das Signal 3, in der X-Orientierung nicht beobachtet werden. Die
Methylengruppe in Position 171 ist zwar nicht mehr mit dem π-System konjugiert, aber
durch Hyperkonjugation kann ein geringer Anteil an Spindichte auf diese Position
übertragen werden, woraus eine kleine Kopplung resultiert, die zudem stark vom Winkel
der Methylengruppe zur Ringebene abhängt. Für die konjugierte 31-Vinylposition ist der
gleiche Effekt wie für die 82-Position zu berücksichtigen. Zwar kann nicht die gesamte
CH-Einheit aus der Ebene gedreht werden, aber die Ausrichtung der CH-Bindungsachse
relativ zum Molekül ändert sich abhängig vom Drehwinkel der Vinylgruppe. Die Richtung
dieser Achse ist entscheidend dafür, welcher Wert des Hyperfeintensors für die Kopplung
maßgeblich ist. Ebenso wie bei Signal 3 wurden die Gruppen, die diesem Signal
zugeordnet wurden, ausschließlich nach den berechneten Kopplungen ausgewählt und die
Zuordnung ist in beiden Fällen als vorläufig anzusehen.
Das Signal 5 liegt in der Z-Orientierung bei +2,9 MHz und verändert seine Position über
+2,4 MHz in der Y-Orientierung zu +2,5 MHz in der X-Orientierung. Eine eindeutige
Zuordnung dieses Signals ist schwierig, jedoch kommen die Gruppen 7-CH3, 18-CH3 und
81-CH als Möglichkeiten in Frage. Aufgrund der relativ geringen Anisotropie ist die
Zuordnung zu β-Protonen naheliegend. Für die Gruppe 7-CH3 wurde eine Kopplung von
+2,2 MHz und für die Gruppe 18-CH3 eine Kopplung von +4,7 MHz berechnet. Die
Gruppe 81-CH weist eine berechnete Kopplung von +1,7 MHz auf. Die berechneten
Kopplungen der Methylgruppe in Position 7 zeigt die geringste Abweichung mit den
experimentellen Werten. Dennoch werden die anderen Gruppen zunächst ebenfalls diesem
73
Ergebnisse und Diskussion
Signal zugeordnet, weil das Signal breit und unstrukturiert ist und daher eine Überlagerung
verschiedener Signale nicht ausgeschlossen werden kann.
Das Signal 6, das in X- und Y-Orientierung auftritt, handelt es sich um ein intensives und
stark anisotropes Signal mit einer sehr großen Kopplungskonstante (14,4 MHz), dem
keine Gruppe des Ringsystems zugeordnet werden konnte. Diese Kopplung muss also von
einer Gruppe verursacht werden, die nicht zum Ringsystem gehört und doch einen starken
Kontakt zum angeregten Triplettzustand besitzt. Möglicherweise findet hier eine
Wechselwirkung des Elektronenspins mit einem an das zentrale Metall koordinierten
Lösemittelmolekül statt. Ist dies der Fall, sollte das Signal bei Verwendung von
deuteriertem Lösemittel nicht mehr auftreten, wodurch diese Hypothese bestätigt werden
könnte.
Bis auf die Gruppen 131-CH2, 132-CH2 und 172-CH2 konnten alle erwarteten Signale
unterschiedlicher Genauigkeit zugeordnet werden. Die verbliebenen Gruppen besitzen
berechnete Kopplungskonstanten, die im Bereich von 0 bis 0,1 MHz liegen. Diese
Kopplungen sind zu klein, sodass sie nicht in einem experimentellen Spektrum zu
beobachten sind. Die Zuordnung der Methinprotonen ist eindeutig, da ihre Signale im
erwarteten Bereich auftreten. Außerdem kann die Zuordnung der Methylgruppen in
Position 12 und 7 als gesichert angesehen werden. Die berechneten Kopplungen der
anderen zugeordneten Gruppen zeigen eine unterschiedlich große Abweichung von den
experimentell nachgewiesenen Signalen und ihre Zuordnung ist daher als vorläufig
anzusehen bis diese Ergebnisse durch weiterführende Messungen bestätigt oder widerlegt
werden können.
74
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3.1.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO
Der ZnPPIX Apo-Mb Komplex wurde in einem 40/60-Gemisch von 50 mM
Phosphatpuffer, pH 7,0, und Glycerin auf gleiche Weise ENDOR-spektroskopisch
untersucht. Jedoch kam hier kein Q-Band Spektrometer, sondern ein X-Band Spektrometer
zum Einsatz. Dies hat zwar auf die Position der Kopplungssignale keinen Einfluss,
allerdings ist durch das geringere Magnetfeld die Separation der einzelnen Kerne mit
unterschiedlichen gyromagnetischen Momenten geringer. Deshalb können in den ENDORSpektren des Komplexes (X-Band) auch
15
N-Kopplungen beobachtet werden, in den
Spektren des freien Kofaktors (Q-Band) jedoch nicht.
Abbildung 36: ENDOR-Spektren (X-Band) von ZnPPIX Apo-Mb bei 10 K. Die Spektren wurden bei drei
unterschiedlichen Feldern aufgenommen (ZI – grün, YI – rot, XI – schwarz). Hyperfeinkopplungen mit
negativem Vorzeichen erscheinen rechts von der Larmor-Frequenz der ungekoppelten Protonen. Die
Verschiebung der einzelnen Signale ist durch gestrichelte Linien angedeutet. Die mit * gekennzeichneten
Signale stammen von Stickstoffkopplungen des Rings und von Histidin.
Das Spektrum des Proteinkomplexes (Abbildung 36, Tabelle 5, Tabelle 6) weist insgesamt
mehr Signale auf, die über einen größeren Bereich verteilt sind. Im ENDOR-Spektrum der
Z-Orientierung treten neben der Stickstoffkopplung sechs weitere Signale auf. Die
75
Ergebnisse und Diskussion
Kopplung der Ringstickstoffatome und des Histidinstickstoffs, der an das Zink koordiniert
ist, treten gemeinsam mit einer Kopplungskonstante von etwa 0,4 MHz auf. Sie werden
sowohl bei Z-Orientierung als auch bei Y-Orientierung detektiert, fehlen aber im Spektrum
der X-Orientierung. Möglicherweise sind die Signale zu schwach oder das Signal zu
Rausch Verhältnis nicht ausreichend, um die Wechselwirkung der
15
N-Kerne in der
X-Orientierung zu beobachten.
Dominierend im Spektrum der Z-Orientierung ist das Signal der Kopplung der
Methinprotonen (Signal 1), das im Proteinkomplex aus zwei, teilweise separierten, Banden
bei –10,6 und –9,2 MHz besteht. Die Kopplung ist damit um etwa 1 MHz größer als für
den freien Kofaktor. In der Y-Orientierung liegt das Signal der Methinprotonen 5 und 15
bei –9,4 MHz, während die Signale der Protonen 10 und 20 nicht detektiert werden. Die
Kopplungen der Protonen 10 und 20 liegen in der X-Orientierung bei –8,4 MHz. Insgesamt
hat die Spindichte in diesen Positionen des Moleküls durch die Proteinkomplexierung also
geringfügig zugenommen. Die berechneten Werte für die Kopplungen der Methinprotonen
am ZnPPIX mit Imidazol als fünftem Liganden sind mit –11,3 MHz bis –12,6 MHz zu
groß, während die Ergebnisse für den freien Kofaktor geringfügig zu klein sind.
Offensichtlich wird in der Rechnung die Geometrie stärker verzerrt als durch das Protein
bzw. der daraus resultierende Effekt wird in der Rechnung überbewertet. Insgesamt zeigen
die berechneten Werte der Methinprotonen allerdings eine überraschend hohe
Übereinstimmung mit den experimentellen Kopplungskonstanten.
Die Kopplung der 82-CH2 Gruppe (Signal 2) liegt im Proteinkomplex nahezu unverändert
bei –2,6 MHz (-2,9 MHz ohne Protein), das Signal ist aber vergleichsweise schärfer und in
allen drei Spektren sichtbar. In der Y-Orientierung liegt das Signal bei –4,7 MHz und in
der Z-Orientierung wieder bei –2,7 MHz. Die Zuordnung dieses Signals zu der 82-CH2
Gruppe erfolgte, weil keine andere Gruppe des Moleküls eine berechnete Kopplung mit
einem derart negativen Wert aufweist.
In Übereinstimmung mit der Messung am unkomplexierten ZnPPIX und den berechneten
Werten (vgl. Abschnitt 5.1.12) wird das Signal 3 bei –0,7 MHz den Methylgruppen in
Position 2 und 12 zugeordnet. Auch dieses Signal ist in den Spektren des
Proteinkomplexes besser aufgelöst und intensiver. Es liegt in der Y-Orientierung bei
–2,0 MHz und in der X-Orientierung bei –1,7 MHz. Die Verlagerung des Signals abhängig
von der Richtung des äußeren Magnetfeldes ist qualitativ gut von den Rechnungen
76
Ergebnisse und Diskussion
vorhergesagt worden, wie in Tabelle 6 zu sehen ist. Die experimentelle Kopplung in
Z-Orientierung ist auf Grund der Komplexierung des Kofaktors durch das Protein
praktisch unverändert. Allerdings ist das Signal im Komplex stärker anisotrop. Dies könnte
auf die räumlich stark geordnete Struktur des Proteins zurückzuführen sein. Während der
unkomplexierte Kofaktor in jeder Richtung von Lösemittelmolekülen umgeben ist, die alle
identisch sind und innerhalb der Hydrathülle auch ähnlich ausgerichtet sind, befindet sich
der komplexierte Kofaktor im Gegensatz dazu in einer Umgebung, die per se stark
anisotrop ist.
Tabelle 5: ENDOR-Kopplungen des Komplexes ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO. Alle Angaben in MHz mit
Vorzeichen relativ zu D. a) Die Kopplungen des Histidinstickstoffs beziehen sich auf die Larmor-Frequenz
von 15N.
Nummer
Position im
Molekül
Exp.
Exp.
Exp.
Kopplung Kopplung Kopplung
Berechnete
Kopplung (Aiso)
in Z
in Y
in X
5-H, 10-H, 15-H,
-10,6;
-9,4
-8,4
20-H
-9,2
2
82-CH2
-2,6
-4,7
-2,7
-2,9
3
2-CH3; 12-CH3
-0,7
-2,0
-1,7
-1,0; -0,7
4
32-CH2
+0,5
n.d.
n.d.
+0,4
5
18-CH3
+2,1
+2,5
+3,2
+2,9
6
7-CH3
+4,3
+4,8
+5,9
+3,3
7
-
n.d.
+9,0
+9,7
-
*
15
|0,4| a
|0,4| a
n.d.
-
1
N
-11,8; -12,6; -11,3;
-11,5
Dem Signal 4 bei +0,5 MHz wurde die 32-CH2 Gruppe zugeordnet, weil aus der Rechnung
hervorgeht, dass die Kopplung dieser Gruppe durch den fünften Liganden das Vorzeichen
wechselt. Während im freien Kofaktor diese Gruppe ein Signal bei –0,5 MHz (Signal 3)
erzeugte, wird sie in der Rechnung des asymmetrischen Komplexes mit positiver
Kopplung aufgeführt. Da jedoch in der Y- und X-Orientierung dieser Gruppe keine
77
Ergebnisse und Diskussion
weiteren Kopplungen zugeordnet werden konnten, ist diese Interpretation als unsicher
anzusehen.
Während die Kopplung der Methylgruppen in Position 7 und 18 für den freien Kofaktor in
einem überlagerten Signal auftraten, liegen sie im Komplex getrennt voneinander vor
(Signale 5 und 6). Die berechneten Kopplungen liegen sehr eng zusammen (+2,9 MHz
bzw. +3,3 MHz) und beide Signale weisen eine relativ geringe Verschiebung bei Variation
der Molekülorientierung im Magnetfeld auf. Die Entscheidung Signal 5 zu Position 18 und
Signal 6 zu Position 7 zuzuordnen, wurde letztendlich aufgrund der Tatsache gefällt, dass
die berechneten Werte für den vollständigen Hyperfeintensor der Gruppe 7-CH3 Werte
größer 4 MHz aufweist, während für den vollständigen Hyperfeintensor der Gruppe
18-CH3 ausschließlich Werte kleiner als 4 MHz berechnet wurden.
Auch in den Spektren des Proteinkomplexes wurde je ein Signal in der Y- und der
X-Orientierung detektiert, das nicht mit dem Kofaktor in Verbindung gebracht werden
konnte (Signal 7). Die Kopplung ist mit +9,7 bzw. +9,0 MHz allerdings bedeutend kleiner
als in den Spektren des freien Kofaktors (+14,4 MHz). Es könnte sich daher um die γ-CH3
Gruppen der Aminosäure Valin 68 handeln, die in die π-Elektronenwolke des Kofaktors
eintauchen (s.a. 3.1.3.1.2 und 3.1.3.2.2).
Die Spektren des Proteinkomplexes ließen keine Signalzuordnung der Gruppen 171, 172,
31, 81, 131 und 132 zu. Die Positionen 171, 172, 131 und 132 sind nicht konjugiert und
sollten daher nur in sehr geringem Maß Spindichte des Triplettzustandes tragen. Die
CH-Gruppen 31 und 81 zeigen wahrscheinlich nur schwache ENDOR Kopplungen, da sie
durch das Protein in einer aus der Ringebene herausgedrehten Stellung fixiert sind und
dadurch die Konjugation teilweise aufgehoben wird.
Die Kopplungen der Methinprotonen und der Methylgruppe in Position 7 sind im
Proteinkomplex um etwa 1 MHz größer als für den freien Kofaktor. Dagegen haben die
experimentell ermittelten Kopplungen der Gruppen 82-CH2 und 18-CH3 geringfügig
abgenommen und die Kopplungen der Methylgruppen 2 und 12 sind praktisch unverändert.
Diese Beobachtung kann dahingehend interpretiert werden, dass der Triplettzustand im
Proteinkomplex stärker auf die einzelnen Gruppen verteilt ist, also stärker delokalisiert ist,
als im Fall des freien Kofaktors. Insbesondere ist eine Zunahme der Kopplungskonstante
der Methinprotonen und der Methylgruppe in Position 7 zu beobachten, während die
Kopplungskonstanten der anderen Gruppen, die anhand der experimentellen Spektren
78
Ergebnisse und Diskussion
identifiziert werden konnten, sich nur geringfügig änderten. Diese Beobachtung wurde
durch die quantenchemischen Rechnungen vorhergesagt und ist im wesentlichen auf die
geometrische Verzerrung des Kofaktors durch die asymmetrische Ligandierung
zurückzuführen.
Tabelle 6: Auflistung aller berechneten Hyperfeinkopplungen für den Triplettzustand des ZnPPIX-Imidazol
Modellsystems inklusive ihrer vollständigen Hyperfeintensoren. a Komponente des Hyperfeintensors entlang
der C-H Bindungsachse (Y-Richtung für Protonen 5 und 15, X-Richtung für Protonen 10 und 20), b„out of
plane“- Komponente (Z).
Position
CH3
Methinprotonen
andere
ZnPPIX + Imidazol
Aiso
A1
A2
A3
2
-1,00
-0,24
-1,42
-1,34
12
-0,65
+0,13
-0,99
-1,09
7
+3,31
+4,36
+2,98
+2,60
18
+2,87
+3,88
+2,48
+2,24
5
-11,79
-4,49a
-12,73b
-18,15
10
-12,56
-4,87a
-13,40b
-19,40
15
-11,27
-4,27a
-12,20b
-17,35
20
-11,48
-4,45a
-12,27b
-17,72
3-1
-0,35
+0,79
-0,86
-0,98
3-2a
+0,35
+0,01
+0,16
+0,89
3-2b
+0,39
+0,20
+0,21
+0,76
8-1
+0,91
+0,12
-0,14
+2,74
8-2a
-2,87
-1,49
-3,31
-3,79
8-2b
-2,99
-1,11
-3,25
-4,60
13-1a
-0,64
-0,17
-0,33
-1,20
13-1b
-0,02
-0,17
-0,33
+0,43
17-1a
+1,25
+0,68
+0,91
+2,18
17-1b
+0,42
-0,09
-0,39
+1,73
79
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3.2.
Zink-Phäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPheid a Mb) und ZinkPyrophäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPPheid a Mb)
3.1.3.2.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilität
Erste Versuche Porphyrin-Derivate in Apo-Myoglobin zu binden wurden von Davies und
Pearlstein durchgeführt[75]. Der Komplex aus Zink-Pyrophäophorbid a und ApoMyoglobin wurden bereits von Boxer et al. dargestellt und beschrieben[24], während der
ZnPheid a Komplex mit Apo-Myoglobin noch nicht beschrieben wurde. Die UV-VisSpektren beider Kofaktoren werden durch die Qy-Bande im Bereich von 660 nm und die
Soret-Bande im Bereich von 430 nm dominiert. Ist der Kofaktor ZnPheid a in Ether gelöst,
aber durch Pyridin koordiniert, so liegt die Qy-Bande bei 656 nm und die Soret-Bande bei
427 nm. Zusätzlich werden drei kleinere Banden bei 610 nm, 567 nm und 525 nm
beobachtet (Abbildung 37).
A
B
Abbildung 37: UV-Vis-Spektren der freien Kofaktoren in Pyridin/Ether (schwarz) und der entsprechenden
Myoglobinkomplexe (rot) von Zink-Phäophorbid a (A) und Zink-Pyrophäophorbid a (B). Durch den Einbau
in die Proteinumgebung werden alle Banden in den langwelligen Bereich verschoben.
Wird dieser Kofaktor im Myoglobin gebunden, so verschieben die Banden zu 661 nm (Qy)
und 436 nm (Soret). Zusätzlich werden beide Banden breiter. Dies spricht nicht für die
80
Ergebnisse und Diskussion
Koordination in einer geordneten Umgebung. Die beiden Banden bei 525 nm und 567 nm
sind stark rot verschoben und überlagern mit der dritten Bande, die jetzt bei 622 nm liegt.
Beim Zink-Pyrophäophorbid a tritt eine vergleichbare Verschiebung der Banden auf. Die
Qy-Bande ist durch den Einbau in das Apo-Myoglobin von 655 nm zu 661 nm verschoben,
die Soret-Bande verschiebt von 427 nm zu 437 nm. Im ungebundenen Zustand werden für
diesen Kofaktor drei zusätzliche Banden bei 610 nm, 573 nm und 529 nm gemessen, die,
ähnlich wie beim Zink-Phäophorbid a, durch den Einbau in das Apo-Myoglobin zu einer
ins Rote verschobenen Bande bei 619 nm verschmelzen. Die Absorptionsbande bei 320 nm
im ungebundenen Zustand liegt nach dem Einbau in das Protein bei 336 nm. Das ZnPPheid
a weist im Vergleich zu ZnPheid a schmalere und strukturiertere Absorptionsbanden auf.
Durch den Einbau in das Protein zeigt sich eine Verbreiterung der Qy-Bande, während die
Soret-Bande unverändert bleibt.
Für den ZnPPheid a Mb Komplex wird ein Extinktionskoeffizient bei 661 nm von
57 mM-1 cm-1 angegeben[24]. Theoretisch ist ein Bandenverhältnis der Qy-Bande zur
Proteinbande bei 280 nm von 3,75 zu erwarten (εMyoglobin
(Pferdemuskel)
= 15,2 mM-1 cm-1).
Experimentell konnte dieses Verhältnis nicht gefunden werden, stattdessen wurde ein
Verhältnis von 2 bis 2,3 ermittelt. Da diese Ergebnisse nicht auf die Bildung eines
stöchiometrischen
Komplexes
hindeutet,
war
es
notwendig,
die
Stöchiometrie
experimentell nachzuweisen. Zu diesem Zweck wurde eine bekannte Stoffmenge ApoMyoglobin mit einer Lösung bekannter Konzentration des Kofaktors in Pyridin titriert.
Dies erforderte zunächst die Bestimmung des Extinktionskoeffizienten für den Kofaktor in
Pyridinlösung, in der ein Einbau in das Apo-Protein erfolgreich war. Zur Bestimmung des
Extinktionskoeffizienten wurde ein NMR-Spektrum einer unbekannten Menge Kofaktor in
einem bekannten Volumen d5-Pyridin aufgenommen. Zusätzlich befand sich ein bekanntes
Volumen undeuteriertes Dimethylformamid (DMF) in der NMR-Probe. Anhand des
Spektrums konnte das Verhältnis der Stoffmengen von DMF und Kofaktor bestimmt
werden, um anschließend die Konzentration des Kofaktors zu berechnen. Anhand eines
quantitativen UV-Vis-Spektrums wurde ein Extinktionskoeffizient von 61,5 mM-1 cm-1 für
ZnPheid a in Pyridin bei 661 nm bestimmt.
Um das Titrationsexperiment auszuwerten, wird die Absorption der Qy-Bande und der
Soret-Bande gegen das Stoffmengenverhältnis von Kofaktor zu Apo-Myoglobin
(nKofaktor/nApo-Myoglobin) aufgetragen. Idealerweise nimmt die Absorption beider Banden bis
81
Ergebnisse und Diskussion
zu einem Stoffmengenverhältnis von 1 linear zu und bleibt bei einer weiteren Erhöhung
des Stoffmengenverhältnisses konstant. Experimentell wird eine lineare Zunahme der
Absorption bis zu einem Wert von etwa 1,2 beobachtet. Im weiteren Verlauf der Titration
nimmt die Absorption weiterhin linear, aber mit einer deutlich geringeren Steigung, zu
(Abbildung 38).
A
B
Abbildung 38: Titration von Apo-Mb mit den Kofaktoren ZnPheid a (A) und ZnPPheid a (B). Es wurde das
Stoffmengenverhältnis n(Kofaktor)/n(Apo-Mb) gegen die Absorption der Soret-Bande (■) und der Qy-Bande
(●) aufgetragen.
Der lineare Anstieg der Absorption nach dem Äquivalenzpunkt ist dadurch zu erklären,
dass die Absorptionsbanden des freien Kofaktors und des im Protein gebundenen
Kofaktors nahezu an der gleichen Stelle liegen. Daher muss die Absorption bei
kontinuierlicher Erhöhung der Konzentration des Kofaktors weiter ansteigen. Die
geringere Steigung der Geraden hinter dem Schnittpunkt kommt durch die geringe
Löslichkeit der Kofaktoren in Wasser zustande. Ein Teil des Kofaktors aggregiert und fällt
aus. Auf diese Weise kommt auch die Abweichung vom linearen Verlauf in der
Titrationskurve von ZnPheid a zustande. Die Absorption der Qy-Bande nimmt bei einer
hohen Konzentration von gelöstem Kofaktor nicht weiter zu, da sich im UV-Vis-Spektrum
eine zweite Bande bei 689 nm ausbildet. Auffällig ist, dass der Schnittpunkt der beiden
Geraden nicht wie erwartet bei 1, sondern bei 1,2 liegt. Diese Abweichung hat
verschiedene Ursachen. Zum einen liegt ein Teil des ungebundenen Kofaktors frei in
Lösung vor und trägt zur Gesamtabsorption der Lösung bei. Zum anderen ist der
82
Ergebnisse und Diskussion
experimentell ermittelte Extinktionskoeffizient mit einem gewissen Fehler behaftet.
Insbesondere durch das Vorliegen des ungebundenen Kofaktors in der Lösung kann die
Abweichung
von
etwa
20
%
begründet
werden.
Weiterhin
wurde
durch
Anionenaustauscher-Chromatographie gezeigt, dass nach der Reinigung der Probe kein
unspezifisch gebundener Kofaktor vorhanden war. Das in der Literatur beschriebene
Resultat, dass etwa 20 % des Kofaktors unspezifisch an der Oberfläche des Proteins
bindet[24], konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden.
Die Ergebnisse der durchgeführten Titrationen zeigen, dass ein 1:1 Komplex von Kofaktor
und Protein gebildet wurde. In den UV-Vis-Spektren wurde nicht das erwartete Verhältnis
von Qy-Bande zur Proteinbande gefunden, weil die Kofaktoren auch im Bereich um
280 nm zur Gesamtabsorption der Probe beitragen.
Die hier beschriebenen, erfolgreich eingebauten Phäophorbide weisen strukturelle
Unterschiede zum nativen Kofaktor auf. In Position 81 liegt eine Ethyl- statt einer
Vinylgruppe vor und Ring D ist ungesättigt, wodurch die Methylgruppe in Position 18 aus
der Ringebene herausragt. Außerdem besitzen die Phäophorbide einen fünften Ring, der im
Fall des Zink-Phäophorbid a eine Methoxycarbonylgruppe besitzt. Dennoch sollte im
Vergleich zu Apo-Myoglobin eine signifikante Stabilisierung der Proteinstruktur durch den
Einbau der Kofaktoren auftreten.
Abbildung 39: Stabilitätsmessung von ZnPPheid a Mb (■), detektiert durch Fluoreszenz, im Vergleich zu
Apo-Mb (■) und rekonstituiertem met-Mb (■). Die Stabilität des Proteins liegt bei 19,4 ± 1,4 kJ mol-1 und die
Kooperativität liegt bei 15,9 ± 1,1 kJ mol-1 M-1. Damit ist der ZnPPheid a Mb Komplex deutlich stabiler als
das Apo-Protein.
83
Ergebnisse und Diskussion
Für den ZnPPheid a Mb Komplex konnte eine Stabilisierung des Proteinkomplexes
gemessen werden (Abbildung 39). Die freie Entfaltungsenthalpie liegt für diesen Komplex
bei 19,4 ± 1,4 kJ mol-1, gegenüber 10 kJ mol
–1
für das Apo-Protein. Die Kooperativität
nimmt ebenfalls gegenüber dem Apo-Protein (10 kJ mol-1 M-1) zu und liegt für den
Komplex bei 15,9 ± 1,1 kJ mol-1 M-1. Dies ist ein Zuwachs um etwa 60 % gegenüber dem
Apo-Protein.
Für den ZnPheid a Mb Komplex kann dagegen keine signifikante Stabilisierung gemessen
werden. Da dieses Resultat nicht durch die UV-Vis-spektroskopischen Messungen erklärt
werden kann, soll mit Hilfe der NMR-Spektroskopie zum Verständnis der fehlenden
Stabilisierung des ZnPheid a Mb Komplexes beigetragen werden.
3.1.3.2.2. NMR-Spektroskopie
Das NMR-Spektrum von ZnPPheid a Mb wurde bereits von Boxer et al. publiziert[24]. Für
den Komplex von ZnPheid a Mb sind bisher keine NMR-spektroskopischen Daten in der
Literatur bekannt.
Das
1
H-NMR-Spektrum (Abbildung 40) von ZnPPheid a Mb zeigt bei einer
Messtemperatur von 25°C zwei Peaks bei –0,8 ppm und –2,5 ppm mit gleich großem
Integral, die den γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 zugeordnet werden können. Im
Gegensatz zu allen anderen Myoglobinkomplexen, die in dieser Arbeit untersucht wurden,
zeigt dieses Spektrum keine Aufspaltung der einzelnen Peaks. Es konnte keine
Veränderung des Signals in einem Zeitraum von 13 Monaten beobachtet werden, die auf
einen Gleichgewichtsprozess hindeutet, wie er für das ZnPPIX Mb beobachtet wurde (vgl.
Abschnitt 3.1.3.1.2).
Neben dem Komplex von ZnPPheid a und Apo-Myoglobin (Pferdemuskel) wurde auch
ZnPPheid a in rekombinantem Pottwal-Myoglobin (ZnPPheid a SwMb) bei 8°C
untersucht. Es werden zwei Peaks bei –1,0 ppm und –2,8 ppm beobachtet. Die Signale
liegen bei fast identischen Werten im Vergleich zum ZnPPheid a Mb Komplex (Tabelle 7).
Bei Messungen am ZnPPheid a Mb konnte für beide Peaks eine Änderung der Signallage
von 0,015 ppm/ °C bestimmt werden. Daher kann die Lage der Signale für ZnPPheid a
SwMb bei 25°C berechnet werden.
84
ppm (t1)
-0.50
-2.47
-0.78
Ergebnisse und Diskussion
-1.00
-1.50
-2.00
-2.50
-3.00
-3.50
Abbildung 40: Ausschnitt aus dem 1H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPPheid a Mb bei 25°C. Zwei
ppm (t1)
-0.50
-2.83
-0.97
einzelne Signale der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 deuten auf einen homogenen Komplex hin.
-1.00
-1.50
-2.00
-2.50
-3.00
-3.50
Abbildung 41: Ausschnitt aus dem 1H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPPheid a SwMb bei 8°C. Ähnlich
wie bei dem Komplex mit Myoglobin vom Pferdemuskel werden nur zwei Signale beobachtet. Die
ppm (t1)
-0.50
-1.00
-1.50
-2.00
-2.50
-2.91
-2.79
-2.67
-1.38
-1.20
Signalverbreiterung ist im wesentlichen auf die geringere Messtemperatur zurückzuführen.
-3.00
-3.50
Abbildung 42: Ausschnitt aus dem 1H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPheid a Mb bei 8°C.
85
Ergebnisse und Diskussion
Durch diese Vorgehensweise ergeben sich Werte von –2,47 ppm für Peak I und –0,78 ppm
für Peak II. Die Signalpositionen stimmen mit den bereits publizierten Werten von
–2,45 ppm und –0,70 ppm gut überein. Die Abweichung zwischen den Messwerten kann
auf
das
Lösemittel
Temperaturabhängigkeit
Wasser
der
zurückgeführt
Signalposition
werden,
das
verursacht,
eine
sodass
ausgeprägte
bereits
kleine
Temperaturschwankungen eine sichtbare Auswirkung auf das Spektrum haben.
Im Gegensatz dazu zeigt das NMR-Spektrum von ZnPheid a Mb eine deutliche
Signalaufspaltung. Während bei Peak II zwei Signale bei –1,20 ppm und –1,38 ppm
beobachtet werden, zeigt der Bereich um Peak I drei Signale bei –2,67 ppm, -2,79 ppm und
–2,91 ppm. Eine Signalverdopplung kann durch das Auftreten von zwei Einbauisomeren
des Kofaktors erklärt werden, jedoch ist das dritte Signal auf diese Weise nicht zu erklären.
Offensichtlich ist der Komplex von ZnPheid a Mb inhomogen. Er zeigt nahezu ein
Verhältnis von 1:1 der beiden Einbauisomere und zusätzlich ein weiteres Signal, dass nicht
näher charakterisiert werden konnte. In früheren Rekonstitutionsexperimenten mit Hämin
wurde die Existenz mindestens einer weiteren Einbauorientierung des Kofaktors
vorgeschlagen[26]. Diese Komponente konnte in der Literatur jedoch wegen ihrer geringen
Menge relativ zu den anderen Isomeren nicht analysiert werden.
Tabelle 7: 1H-NMR-Daten (400 MHz) der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 in den Komplexen von
ZnPPheid a SwMb, ZnPPheid a Mb und ZnPheid a Mb.
Peak I
ZnPPheid a
-2,90 b
-1,08 b
Mb
-2,47 a
-0,78 a
ZnPPheid a
-2,83 b
-0,97 b
SwMb
-2,40 c
-0,77 c
ZnPheid a Mb -2,91, -2,79, -2,67 b
a
Peak II
Messtemperatur 25°C,
b
Referenz[23]
Peak I
Peak II
-2,45, -2,59 a
-0,70 a
-1,38, -1,20 b
Messtemperatur 8°C,
c
Berechnete Werte für 25°C Messtemperatur unter der
Annahme eines identischen Temperatureffektes bei ZnPPheid a Mb und ZnPPheid a SwMb
Die NMR-Daten der verschiedenen Zn(P)Pheid a Mb Komplexe sind in Tabelle 7
zusammengefasst. Die Komplexe von ZnPPheid a mit Apo-Mb und derjenige von
86
Ergebnisse und Diskussion
ZnPPheid a Apo-SwMb zeigen keine Inhomogenität in den NMR-Spektren, während der
Komplex von ZnPheid a und Apo-Mb eine deutliche Inhomogenität zeigt. Deshalb wurde
dieser Komplex von weiteren Untersuchungen ausgeschlossen. Da die Rekonstitution von
ZnPPheid a in Apo-Mb und Apo-SwMb zu identischen Ergebnissen führte, wurden die
EPR- und ENDOR-Untersuchungen auf den Komplex des Kofaktors mit Apo-SwMb
beschränkt.
3.1.3.2.3. EPR-Spektroskopie
Im Rahmen der EPR-Experimente werden die Spektren des freien Kofaktors ZnPPheid a
mit denen des ZnPPheid a SwMb verglichen. Beide Spektren (Abbildung 43) zeigen ein
Polarisationsmuster aus alternierenden emissiven und absorptiven Linien (eaeaea). Für
Chlorophylle und deren Derivate wird angenommen, dass die Nullfeldparameter D > 0 und
E < 0 sind[76; 77].
Durch die Simulation der Spektren wurden für den Proteinkomplex Nullfeldparameter von
303·± 4 10-4 cm-1 und –33 ± 4·10-4 cm-1 erhalten, für den freien Kofaktor wurden durch die
Simulation nahezu identische Werte von 302 ± 4·10-4 cm-1 und -35 ± 4·10-4 cm-1 ermittelt.
In der Simulation musste ein Besetzungsgrad von 70 % der gesamten Spins im
Nullfeldsublevel TY angenommen werden, während die restlichen 30 % der Spins das
TZ-Sublevel populieren, um eine gute Übereinstimmung den Linienintensitäten zu erzielen.
Um die Breite der Banden in guter Näherung zu simulieren, musste ein anisotroper
g-Faktor in der Simulation verwendet werden. Im Proteinkomplex wurden die Werte für
gx=2,0042, gy=2,0040 und gz=2,0023 eingesetzt, während für die Simulation des freien
Kofaktors der Wert für gx auf 2,0038 angepasst werden musste. Die restlichen g-Werte
blieben unverändert. Mit diesen Parametern ist es möglich, die Messdaten mit guter
Übereinstimmung zu simulieren.
Ein Vergleich mit den Nullfeldparametern des MgPPheid a SwMb[78] (297·10-4 cm-1,
37·10-4 cm-1), die durch ODMR (=Optical Detected Magnetic Resonance) detektiert
wurden, zeigt eine gute Übereinstimmung. Die Abweichungen liegen innerhalb des
Messfehlers. Die Nullfeldparameter von Zink-Chlorophyll a in n-Oktan liegen bei
306·10-4 cm-1 bzw. -42·10-4 cm-1[79], diejenigen für Chlorophyll a in Polymethylmethacrylat
87
Ergebnisse und Diskussion
(PMMA) sind mit 306·10-4 cm-1 und -43·10-4 cm-1 angegeben[80]. Damit unterscheiden sich
die in früheren Arbeiten berichteten Werte für D kaum von denen in dieser Arbeit. Die
Messwerte für E weichen jedoch deutlich von den Angaben für Chlorophyll a ab. Diese
Abweichung ist wahrscheinlich auf die fehlende Methylester-Funktion in Position 132
zurückzuführen, die offensichtlich eine unsymmetrischere Verteilung des Elektrons in der
x,y-Ebene des Moleküls bewirkt. Möglicherweise könnten die Abweichenden Werte für E
aber auch darauf zurückzuführen sein, dass im Gegensatz zu allen früheren Studien keine
Wechselwirkung der Chlorophylle untereinander möglich sind.
A
B
Abbildung 43: Transiente EPR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a in Glycerin/Pyridin (A) und ZnPPheid a
SwMb in Wasser/Glycerin (B) bei 10 K. Die aufgenommenen Spektren sind in schwarz und die
entsprechende Simulation in rot gezeigt. Beide Spektren zeigen alternierend emissive und absorptive Linien
(eae aea).
In der Simulation der Spektren von 3Chlorophyll a und 3P700[81] im D-Band (130 GHz)
wird für Chlorophyll a eine Umkehr der Reihenfolge gx > gy > gz zu gy > gx > gz
beobachtet. Eine ähnliche Beobachtung wird für das ZnPPheid a und das ZnPPheid a
SwMb gemacht. Der beschriebene Effekt wird durch eine unterschiedliche Lage der
Nullfeld-Hauptachsen relativ zu den g-Tensorhauptachsen in beiden Systemen erklärt.
Während die Nullfeldparameter nahezu identisch sind, ist die Verteilung der Spindichte auf
beiden Molekülen unterschiedlich. Wie klar bereits bei geringen Magnetfeldstärken (QBand, 1,2 T, 35 GHz) der Effekt der g-Faktor Anisotropie hervorsticht, wird an den PulsEPR-Spektren von ZnPPheid a SwMb und ZnPPheid a erkennbar (Abbildung 44). Der
88
Ergebnisse und Diskussion
Abstand zwischen den Übergängen Z und X unterscheidet sich um 20 G bzw. 27 G auf
beiden Seiten der Spektren. Dieser Effekt ist bei höheren Frequenzen wesentlich stärker zu
beobachten, wodurch eine bessere Interpretation ermöglicht wird.
Tabelle 8: EPR-Parameter der simulierten Spektren von ZnPPheid a und ZnPPheid a SwMb im Vergleich zu
den Parametern von P700 und Chlorophyll a[81] und P680[80].
Probe
gx
gy
gz
|D|·10-4 cm-1 |E|·10-4 cm-1
3
ZnPPheid a
2,0038
2,0040
2,0023
302 ± 4
35 ± 4
3
ZnPPheid a SwMb
2,0042
2,0040
2,0023
303 ± 4
33 ± 4
3
P700
2,00369
2,00323
2,00252
280
39
3
Chl a
2,00344
2,00382
2,00265
284
41
3
P680
-
-
-
287
42
3
ZnChl a (n-Oktan)
-
-
-
306
42
3
Chl a (PMMA)
-
-
-
306
43
B
A
Abbildung 44: Das Puls-EPR-Spektrum (Q-Band) von 3ZnPPheid a SwMb (A) und ZnPPheid a in
Pyridin/Glycerin (B) bei 10 K zeigt deutlich die g-Faktor Anisotropie. Wäre der g-Faktor isotrop, müssten
beide eingezeichneten Abstände gleich groß sein. X, Y und Z stehen für die Hauptrichtungen des
Nullfeldtensors.
Aufgrund der geringeren Feldstärken bei den hier durchgeführten Messungen ist die
Präzision der in dieser Arbeit durchgeführten Simulationen geringer als für die publizierten
89
Ergebnisse und Diskussion
Daten. Die Unterscheidung der gx- von den gy-Werten ist unter Berücksichtigung der
Ungenauigkeit der Simulation nicht eindeutig, wodurch eine Interpretation erschwert wird.
Jedoch könnte der Kofaktor ZnPPheid a mit und ohne Protein ein wertvolles System sein,
um einen Beitrag zum besseren Verständnis der g-Faktor Anisotropie zu leisten. Zu diesem
Zweck sind jedoch weiterführende Studien bei höheren Frequenzen nötig, um die Präzision
der Simulationen zu verbessern.
3.1.3.2.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin
Da die EPR-Spektren des freien Kofaktors und des Proteinkomplexes ein alternierendes
Polarisationsmuster aufweisen (eaeaea), können in den ENDOR-Spektren Signale mit
negativer Amplitude auftreten. Dies impliziert, dass diese Signale nicht aus der
untersuchten Orientierung (z. B. XII-Orientierung), sondern aus einer anderen Orientierung
(z. B. ZI oder YII) stammen. Ist ein Signal mit positiver Amplitude mit einem Signal mit
negativer Amplitude überlagert, kann das Signal teilweise oder vollständig aus dem
Spektrum verschwinden, abhängig von der Größe der Signalamplituden.
Die
ENDOR-Spektren
werden
wie
schon
beim
ZnPPIX
(Mb)
anhand
von
quantenchemischen Rechnungen analysiert, wobei grundsätzlich bei der Z-Orientierung
begonnen wird, da die Kopplungen in dieser Orientierung im Idealfall dem Wert für Aiso
entsprechen.
Das Spektrum des freien Kofaktors zeigt in der ZII-Orientierung fünf deutliche Signale
(Abbildung 45). Das Signal 1 bei –10,3 MHz kann den beiden Methinprotonen in Position
10 und 20 zugeordnet werden. Die berechneten Kopplungen für Aiso liegen bei –8,2 MHz
und –7,4 MHz und weichen damit von den experimentellen Ergebnissen ab. Allerdings
wurde auch in den Berechnungen der Hyperfeinkopplungen der Chlorophyllradikale für
die Methinprotonen ausschließlich zu kleine Werte berechnet. Auf der anderen Seite ist
dieses Signal ein gutes Beispiel, warum die Methinprotonen im Idealfall als isolierte C-H
Fragmente betrachtet werden können. Entspricht die Kopplungskonstante in Z-Orientierung etwa 1·Aiso, so müssten diese Signale in X-Orientierung bei etwa 0,5·Aiso liegen. In
dieser Orientierung liegt das Magnetfeld in Richtung der C-H Bindung. In der Tat wird das
Signal in der X-Orientierung bei –4,9 MHz gefunden. In der Y-Orientierung ist das
90
Ergebnisse und Diskussion
Magnetfeld in der Ringebene, aber senkrecht zur C-H Bindung orientiert. Theoretisch
sollte ein Wert von 1,5·Aiso auftreten was sich auch in den experimentellen Spektren
nachweisen lässt. Die Signale liegen in Y-Orientierung bei –13,6 MHz.
Abbildung 45: ENDOR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin an den Feldpositionen
ZII (grün), XII (schwarz) und YII (rot). Alle Spektren sind so dargestellt, dass Kopplungen mit einem positiven
Vorzeichen bei Werten größer als Null erscheinen. Kopplungen aus der selektierten Mannigfaltigkeit werden
mit positiver Amplitude dargestellt, Kopplungen aus einer anderen Mannigfaltigkeit sind mit negativer
Amplitude dargestellt. Die gestrichelten Linien deuten die Verschiebung der Signale abhängig von der
Feldposition an. Blaue Linien werden verwendet, wenn ein Signal bei einer Orientierung nicht zugeordnet
werden konnte. Blaue Sterne bezeichnen zugeordnete Signale mit negativer Amplitude, blaue Kreise
bezeichnen nicht zugeordnete Signale mit negativer Amplitude.
Das Signal 2 zeigt eine ähnliche Abhängigkeit von der Magnetfeldorientierung. In der
Z-Orientierung liegt es bei –5,6 MHz (1·Aiso) und in der Y-Orientierung liegt es bei
–2,4 MHz (0,5·Aiso). In der X-Orientierung wird das Signal bei –6,0 MHz beobachtet,
wobei dieser Wert nicht mehr der Erwartung von 1,5·Aiso entspricht. Allerdings wird das
Signal des Protons an dieser Position von den Signalen der beiden anderen Methinprotonen
überlagert. Trotzdem kann die Kopplung von –5,6 MHz in der Z-Orientierung dem 5-H
Methinproton zugeordnet werden, da die experimentellen Kopplungen mit dem erwarteten
Trend - mit Ausnahme der X-Orientierung - übereinstimmen. Außerdem wurde für dieses
91
Ergebnisse und Diskussion
Proton eine Hyperfeinkopplungskonstante von –6,3 MHz berechnet, die gut mit dem
experimentellen Ergebnis übereinstimmt.
Das Signal 3 beinhaltet zwei Kopplungen von +0,4 MHz und +0,8 MHz mit scharfen
Signalen. Beide Signale treten bei X-orientiertem Magnetfeld mit negativer Amplitude
(blaue Sterne) mit einer Kopplungsgröße von +0,5 MHz und +1,4 MHz auf und müssen
daher aus einer anderen Mannigfaltigkeit stammen. Die entsprechenden Signale mit
positiver Amplitude, die aus der X-Orientierung des Moleküls stammen, sind dagegen
nicht identifizierbar. Möglicherweise liegen sie gemeinsam mit anderen Gruppen bei
+3,7 MHz. In Y-Orientierung haben die Kopplungen eine Größe von +0,8 MHz und
+1,7 MHz und beide Signale treten wieder scharf mit positiver Amplitude aus dem
Spektrum hervor. Beide Signale sind isotrop und können den berechneten Kopplungen der
Methylgruppen 18-CH3 (+0,4 MHz) und 7-CH3 (+0,6 MHz) zugeordnet werden.
Das Signal 4 bei +4,1 MHz wird der 2-CH3 Gruppe zugeordnet. Das Signal liegt in der
X-Orientierung bei +6,0 MHz und in der Y-Orientierung bei +4,4 MHz. Obwohl die
berechnete Kopplungskonstante (+5,4 MHz) größer ist als die experimentell ermittelte
Kopplung in der Z-Orientierung, ist die Zuordnung durch die Messungen am
Proteinkomplex sicher (vgl. Abschnitt 3.1.3.2.5). Im Proteinkomplex wird dieses Signal
nur schwach und stark verbreitert detektiert. Dies wird durch eine eingeschränkte
Drehbarkeit der Gruppe durch die Proteinumgebung und die 3-Vinylgruppe verursacht. Für
eine derartige Wechselwirkung kommt kein anderer der Substituenten in Frage.
Die Methylgruppe in Position 12 wird dem Signal 5 bei +9,3 MHz zugeordnet. Sie weist
als einzige in den Berechnungen eine ausreichend große positive Kopplungskonstante auf
(+9,4 MHz). Die Signalposition ändert sich auf +11,0 MHz in der X-Orientierung und
+9,2 MHz in der Y-Orientierung. Das Signal ist in den unterschiedlichen Orientierungen
nahezu parallel zum Signal der 2-CH3 Gruppe verschoben.
Das mit der Ziffer 6 bezeichnete Signal bei +3,7 MHz könnte von der 132-CH2 Gruppe
verursacht werden, die nur in Pyrophäophorbiden vorkommt, da in dieser Position die
Methoxycarbonlyfunktion entfernt worden ist. Allerdings ist diese Zuordnung nicht sicher,
da nur ein Signal in der X-Orientierung detektiert werden konnte. In den beiden anderen
Spektren fehlt das entsprechende Signal.
92
Ergebnisse und Diskussion
Tabelle 9: Auflistung der zugeordneten ENDOR-Kopplungen für ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin in MHz.
Orientierung
Signal 1
Signal 2
Signal 3
ZII
-10,3
-5,6
+0,4; +0,8
+4,1
+9,3
n.d.
XII
-4,9
-6,0
n.d.
+6,0
+11,0
+3,7
YII
-13,6
-2,4
+0,8; +1,7
+4,4
+9,2
n.d.
Zuordnung
10-H, 20-H
5-H
18-CH3; 7-CH3
2-CH3
-8,2; -7,4
-6,3
+0,4; +0,6
+5,4
berechnete
Werte für Aiso
Signal 4 Signal 5 Signal 6
12-CH3 132-CH2
+9,4
+3,7
Außer den Methinprotonen und den Methylgruppen konnte keine weitere Gruppe anhand
der aufgenommenen Spektren eindeutig identifiziert werden. Neben der Vinylgruppe in
Position 3 und der Ethylgruppe in Position 8 konnten keine Signale der Protonen in
Position 17 und 18, sowie der CH2-Gruppen der Propionsäure beobachtet werden. Die
Zuordnung der 132-CH2 Gruppe ist unsicher, da nur ein Signal in der X-Orientierung
beobachtet werden konnte und ein entsprechendes Signal in den anderen Orientierung
fehlt.
Die Gruppen, denen keine Signale zugeordnet werden konnten, besitzen berechnete
Kopplungen zwischen 0 und 1,5 MHz. Die große Anzahl kleiner Kopplungen in diesem
Bereich erschwert die Zuordnung der Methylgruppen 7 und 18. Zwar sollten beide
Methylgruppen das intensivste Signal in diesem Bereich aufweisen, jedoch können auch
andere Gruppen diese Signale verursachen und eine Signalüberlagerung von mehreren
Substituenten kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Daher ist die Zuordnung dieser
Methylgruppen als wahrscheinlich, aber nicht als sicher anzusehen.
93
Ergebnisse und Diskussion
3.1.3.2.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a SwMb in Puffer/Glycerin
Die ENDOR-Messungen des Proteinkomplexes ZnPPheid a SwMb wurden mit einem
Gemisch aus 40/60 Vol% aus 50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0, und Glycerin durchgeführt.
Das Glycerin ist ein Glasbildner, der für eine hohe optische Transparenz der Probe und
damit für eine hohe Lichteindringtiefe garantiert.
Abbildung 46: ENDOR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a SwMb in H2O/Glycerin an den Feldpositionen
ZI (grün), XI (schwarz) und YI (rot). Alle Spektren sind so dargestellt, dass Kopplungen mit einem positiven
Vorzeichen bei Werten größer als Null erscheinen. Kopplungen aus der selektierten Mannigfaltigkeit werden
mit positiver Amplitude dargestellt, Kopplungen aus einer anderen Mannigfaltigkeit sind mit negativer
Amplitude dargestellt. Die gestrichelten Linien deuten die Verschiebung der Signale abhängig von der
Feldposition an. Blaue Linien werden verwendet, wenn ein Signal bei einer Orientierung nicht zugeordnet
werden konnte. Blaue Sterne bezeichnen zugeordnete Signale mit negativer Amplitude, blaue Punkte
bezeichnen nicht zugeordnete Signale mit negativer Amplitude.
Die Spektren des ZnPPheid a SwMb Komplexes (Abbildung 46) sind denen des freien
Kofaktors sehr ähnlich. Es werden nur geringe Änderungen in den Kopplungskonstanten
beobachtet. Entsprechend erfolgt die Zuordnung der Signale in gleicher Weise. Allerdings
gibt es einige entscheidende Unterschiede. Während für den freien Kofaktor lediglich ein
Signal mit negativer Amplitude beobachtet werden konnte, werden in den Spektren des
Proteinkomplexes fünf Signale mit eindeutig negativer Amplitude detektiert. Eine
94
Ergebnisse und Diskussion
eindeutige Zuordnung dieser Signale ist nicht möglich. Auffällig ist aber, dass in der
X-Orientierung das Signal bei +3,4 MHz im Fall des Proteinkomplexes vollständig negativ
ist. Wenn man die Ähnlichkeit der Spektren von freiem Kofaktor und Proteinkomplex
berücksichtigt, ist an dieser Position ein starkes Signal mit positiver Amplitude zu
erwarten. Offensichtlich wird es von einem Signal mit negativer Amplitude, aber ähnlicher
Kopplungskonstante überlagert. Dies könnte ein Hinweis auf die Methylgruppen der
Aminosäure Valin 68 sein, die ebenfalls mit dem Elektronenspin wechselwirken.
Allerdings kann anhand der zur Verfügung stehenden Daten keine eindeutige Zuordnung
durchgeführt werden.
Tabelle 10: Auflistung der zugeordneten ENDOR-Kopplungen für ZnPPheid a SwMb in MHz.
Orientierung
Signal 1
Signal 2
Signal 3
Signal 4
Signal 5
ZI
-10,6
-5,9
+0,5; +1,0
+3,9
+9,1
XI
-8,2
-9,5
n.d.
+6,1
+9,8
YI
-15,3
-2,3
+0,8; +1,7
+5,2
+9,5
Zuordnung
10-H, 20-H
5-H
18-CH3; 7-CH3
2-CH3
12-CH3
-8,2; -7,4
-6,3
+0,4; +0,6
+5,4
+9,4
berechnete
Werte für Aiso
Das Signal 4 ist aufgrund der deutlichen Unterschiede im Vergleich zum freien Kofaktor
der Methylgruppe in Position 2 zugeordnet worden. Wie bereits erwähnt liegt im freien
Kofaktor an dieser Position ein scharfes Signal vor, dass in den Spektren des
Proteinkomplexes nur verbreitert detektiert wurde. Wenn diese Beobachtung auf eine
eingeschränkte Drehbarkeit der Methylgruppe aufgrund einer sterischen Wechselwirkung
zwischen der Vinylgruppe in Position 3 und der Proteinumgebung zurückzuführen ist,
kann
dies
durch
eine
temperaturabhängige
Studie
der
ENDOR-Signale
des
Proteinkomplexes nachgewiesen werden. Mit zunehmender Temperatur sollte die freie
Drehbarkeit der Methylgruppe wieder hergestellt werden und das Signal im
Proteinkomplex als scharfe Bande auftreten. Allerdings nimmt die Spinrelaxation mit
steigender Temperatur schnell zu, wodurch das Temperaturfenster, in dem eine solche
Studie mit Puls-ENDOR-Methoden durchführbar ist, eingeschränkt.
95
Ergebnisse und Diskussion
Die Unterschiede in den Kopplungskonstanten des Proteinkomplexes im Vergleich zum
freien Kofaktor ist sehr gering, während bei dem Kofaktor ZnPPIX ein deutlicher Einfluss
der Proteinumgebung festgestellt werden konnte. Eine mögliche Ursache für diese
Beobachtung liegt wahrscheinlich in der Wahl des Lösemittels für den freien Kofaktor. In
einer Pyridinlösung ist das ZnPPheid a fünffach koordiniert und dementsprechend verzerrt.
Diese Geometrie wird durch den Einbau in das Protein, in dem der Kofaktor ebenfalls
fünffach koordiniert wird, nicht oder nur in geringem Maß verändert. Wie die
quantenchemischen Rechnungen gezeigt haben, hat die Abweichung der Geometrie von
einer planaren Struktur zu einer gewölbten Struktur des Kofaktors, eine Änderung der
Kopplungskonstanten von bis zu 1 MHz zur Folge. Diese Theorie könnte durch Messung
der Kofaktoren ZnPPIX in Pyridinlösung und ZnPPheid a in einem schwach
koordinierenden Lösemittel überprüft werden. Ist die Vermutung zutreffend, sollten für
den Kofaktor ZnPPIX in einer Pyridinlösung ähnliche ENDOR-Spektren wie für den
Proteinkomplex erhalten werden. Umgekehrt müssten die Spektren des Kofaktors
ZnPPheid a in einem schwach koordinierenden Lösemittel insgesamt kleinere Kopplungen
zeigen.
3.1.3.2.6. Vergleich der ENDOR-Daten von ZnPPheid a SwMb mit nativen
Systemen
Die aus den ENDOR-Spektren erhaltenen Daten werden mit den Literaturangaben, die für
P680, dem „special pair“ des Photosystems II, zur Verfügung stehen, sowie mit dem
Mittelwert der isotropen Hyperfeinkopplungskonstanten vom Radikalanion und –kation
des Chlorophyll a verglichen. Für den Vergleich beider Radikale mit dem Triplettzustand
wird die Näherung herangezogen, dass die Spindichte (ρT) am Kern i des Triplettzustandes
gleich dem Mittelwert der Spindichten von Radikalanion (ρAn) und –kation (ρKat) ist
(Gleichung 28)[82; 83].
ρ T (C i ) = 1 / 2[ρ Kat (C i ) + ρ An (C i )]
(28)
96
Ergebnisse und Diskussion
Bisher konnten lediglich in den Radikalen des Chlorophylls sämtliche Methylgruppen, die
Methinprotonen und Signale der Vinylgruppe in Position 3 zugeordnet werden. In den
nativen Systemen wurden bislang die Signale der Methinprotonen und der Methylgruppe
in Position 12 zugeordnet. In dieser Arbeit konnten damit zum ersten Mal die
Kopplungskonstanten aller Methylgruppen und der Methinprotonen eines Chlorophyll aDerivates in einer Proteinumgebung beobachtet und zugeordnet werden.
Tabelle 11: Vergleich der ENDOR-Daten des Triplettzustandes in Z-Orientierung von P680, dem
berechneten Mittelwert der experimentell ermittelten Kopplungskonstanten von Radikalanion und -kation
von Chl a, ZnPPheid a SwMb und den für diese Arbeit berechneten Kopplungskonstanten Aiso des ZnPPheid
a Imidazol Modellsystems.
Position
3
P680[80]
AZZ
3
3
P680[71]
Exp. in ZI/II
Chl a·± [84]
ZnPPheid a berechnete
Mittelwert:
SwMb
Werte für
1/2(AC+AA)[80;
Exp. in ZI/II
Aiso
85]
2-CH3
-
-
+4,2
+5,4
+5,37
12-CH3
+9,6
+9,5
+8,9
+9,4
+9,44
7-CH3
< +1,0
-
+0,8
+1,0
+0,58
18-CH3
-
-
-
+0,5
+0,43
17-H
-
-
+5,0
-
+1,03
18-H
-
-
+5,9
-
+1,56
132-H
-
-
-1,9
-
+3,70
5-H
-1,4
-5,5
-2,3
-5,9
-6,33
10-H
-5,4
-10,4
-5,8
-10,6
-7,36
20-H
-1,4
-8,4
-2,2
-10,6
-8,18
3 -CH
< +1,0
-
+0,6
-
-
32-CH2
-1,4
-
-2,4
-
-
1
Die Kopplungskonstante der Methylgruppe 12 liegt in allen vier Systemen bei etwa
+9,5 MHz (vgl. Tabelle 11). Da es sich bei dieser Methylgruppe um die Kopplung von
β-Protonen mit dem Elektronenspin handelt, ist das Signal isotrop und die Abweichung der
97
Ergebnisse und Diskussion
isotropen Kopplungskonstante vom Messwert, der ebenfalls anisotrope Komponenten
enthält, ist sowohl für P680 als auch für den Mittelwert der Radikale gering. Gleiches ist
für die 7-CH3 Gruppe zutreffend, deren Signal bei Werten von ≤ 1 MHz in allen Spektren
beobachtet wird. Für beide Gruppen stimmen die berechneten Werte ebenfalls gut mit den
Messdaten überein.
Die Angaben für die Methinprotonen von P680 weichen in den beiden publizierten
Untersuchungen deutlich voneinander ab (Tabelle 11, Spalte 2 und 3). In der vorliegenden
Arbeit konnte zwar eine negative Kopplung von –5,5 MHz beobachtet werden, die dem
Methinproton in Position 5 zugeordnet wurde, allerdings konnten keine Kopplungen bei
–1,4 MHz detektiert werden, weil die ENDOR-Spektren in diesem Bereich eine
Überlagerung von Signalen mit negativer Amplitude aufweisen. Im Vergleich mit den
experimentellen Daten von 3P680 (Tabelle 11, Spalte 3) tritt eine bemerkenswerte
Abweichung von 2 MHz bei dem dritten Methinproton in Position 20 auf. Die Spektren in
der vorliegenden Arbeit zeigen ein Überlagerung der breiten Signale der Methinprotonen
in Position 10 und 20 zu einer unsymmetrischen Bande. Auf der Seite zu kleineren
Kopplungen könnte man durch die Asymmetrie der Bande ein zusätzliches Signal bei etwa
–9 MHz vermuten (Abbildung 46), jedoch wurde bei der Interpretation dieser Ergebnisse
auf eine Unterscheidung der beiden Signale verzichtet. Insgesamt zeigen die Spektren des
hier untersuchten Modellsystems eine gute Übereinstimmung mit den nativen Systemen
und bieten auf Grund ihrer Einfachheit eine gute Grundlage, um die Interpretation
komplexer nativer Systeme voranzutreiben.
3.1.3.3.
Die Komplexe der Zink-Methylpyrophäophorbide mit ApoMyoglobin
Um die Zahl verschiedener Kofaktoren in Myoglobin aus Pferdemuskel als Proteinmatrix
zu erweitern, wurde der Einbau drei verschiedener Zink-Phäophorbid-Methylester in ApoMyoglobin untersucht. Neben Zink-Methylpyrophäophorbid a (ZnMePPheid a) wurde
auch der Einbau von Zink-Methylpyrophäophorbid d (ZnMePPheid d) versucht. Keine der
beiden Verbindungen bildet einen stöchiometrischen Komplex mit Apo-Myoglobin. Dies
wurde anhand der UV-Vis-Spektren verifiziert.
98
Ergebnisse und Diskussion
Abbildung 47: UV-Vis-Spektrum von ZnMePPheid a in Pyridin (schwarz) und in Apo-Mb komplexiert
(rot).
Das UV-Vis-Spektrum des freien Kofaktors ZnMePPheid a zeigt die typische
Bandenstruktur, die bereits für die anderen Zink-Phäophorbide beobachtet wurde
(Abbildung 47). Die Qy-Bande bei 654 nm und die Soret-Bande bei 428 nm dominieren
das Spektrum. Außerdem werden die drei typischen Banden für den freien Kofaktor in
Pyridin bei 610 nm, 571 nm und 527 nm detektiert. Durch den Einbau des Kofaktors in das
Protein zeigt sich eine Verschiebung aller Banden zu größeren Wellenlängen. Jedoch ist
sie geringer als für den vergleichbaren Kofaktor mit der freien Säure (ZnPPheid a). Die
Qy-Bande wird um 4 nm zu 658 nm verschoben und die Soret-Bande um 8 nm zu 436 nm.
Die drei Banden zwischen 525 nm und 615 nm verschmelzen durch den Einbau zu einer
Bande bei 620 nm. Auch diese Tatsache wurde bereits bei ZnPPheid a beobachtet.
Zweifelsfrei wird der Kofaktor im Protein gebunden, aber im Gegensatz zu ZnPPheid a ist
das Verhältnis der Qy-Bande zur Proteinbande bei 280 nm nicht größer als 2, sondern
deutlich kleiner als 1. Durch die Bildung des Methylesters wird keine Änderung des
Extinktionskoeffizienten erwartet, da die Säurefunktion nicht mit dem delokalisierten
π-System konjugiert ist. Wie in Abschnitt 3.1.3.2.1 gezeigt wurde, wird der Quotient von
E660/E280 von 2,3 als Bildung eines stöchiometrischen Komplexes interpretiert. Weil der
entsprechende Quotient E658/E280 im Fall des ZnMePPheid a Mb nur einen Wert von etwa
99
Ergebnisse und Diskussion
0,7 annimmt, lassen diese Ergebnisse den Schluss zu, dass nur etwa 25-30 % der vakanten
Bindungsstellen im Myoglobin besetzt sind. Eine erneute Zugabe von freiem Kofaktor
führte zu keiner signifikanten Änderung des Bandenverhältnisses. Die geringe Einbauquote
kann eindeutig auf die Esterfunktion zurückgeführt werden, da ZnMePPheid a und
ZnPPheid a ansonsten identisch sind.
Abbildung 48: UV-Vis-Spektrum von ZnMePPheid d in Pyridin (schwarz) und in Apo-Mb komplexiert
(rot).
Ähnliche Ergebnisse wurden für ZnMePPheid d erhalten (Abbildung 48). Aufgrund der
Aldehydfunktion in Position 3 besitzt der Kofaktor ZnMePPheid d ein um etwa 20 nm ins
Rote verschobene UV-Vis-Spektrum. Die Soret-Bande liegt bei 443 nm und die Qy-Bande
bei 678 nm. Durch den Einbau in das Apo-Myoglobin werden auch bei diesem Kofaktor
sämtliche Banden in den langwelligen Bereich verschoben und liegen für den Komplex bei
457 nm (Soret) und 669 nm (Qy). Allerdings war es auch für diesen Kofaktor nicht
möglich, einen stöchiometrischen Komplex zu erhalten. Ferner nimmt durch den Einbau in
das Protein die Bandenbreite sowohl der Soret- als auch der Qy-Bande deutlich zu.
Insbesondere die Basis der Qy-Bande ist stark verbreitert. Anhand des UV-Vis-Spektrums
können zwei unterschiedliche Bindungsmöglichkeiten diskutiert werden. Einerseits findet
ein Einbau in die Bindungstasche des Proteins statt, woraus die Absorptionsbanden bei
100
Ergebnisse und Diskussion
689 nm und 457 nm resultieren. Auf der anderen Seite lässt die breite Basis der Qy-Bande
auf eine unspezifische Bindung, die möglicherweise auf eine Aggregation der Kofaktoren
hindeutet, schließen. Diese Interpretation wird durch die Größe der Absorptionsbande bei
438 nm im Verhältnis zur Soret-Bande bei 457 nm unterstützt. Die ähnliche Größe beider
Banden kann als Aufspaltung einer Bande interpretiert werden, die durch Aggregation der
Kofaktoren hervorgerufen wird. Da die Bindungstasche des Proteins nicht genügend Raum
für den Einbau eines Dimers zur Verfügung stellt und das Absorptionsspektrum der Probe
nach einer zusätzlichen Aufreinigung durch Gelfiltation unverändert bleibt, könnte eine
unspezifische Koordinierung des Kofaktors am Protein vorliegen.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wurde auf den Einbau von 3-devinyl-3hydroxymethyl-132-demethoxycarbonylphäophorbid a Methylester verzichtet, da aufgrund
der Esterfunktion erwartet wird, dass kein stöchiometrischer Komplex gebildet werden
kann und der Proteinkomplex daher nicht für weitere Studien geeignet ist.
Zwei wesentliche Faktoren sind bei der Bewertung der Ergebnisse zu berücksichtigen.
Zum einen sind die veresterten Kofaktoren nicht in der Lage, durch die Bildung einer
Salzbrücke zur Proteinoberfläche an das Protein zu koordinieren. Als Folge davon sinkt die
Einbauwahrscheinlichkeit in das Protein. Zum anderen sinkt die Löslichkeit der
Kofaktoren durch die Esterbildung noch weiter, da in Form des Esters keine Möglichkeit
besteht, stabile Wasserstoffbrücken mit dem Lösemittel Wasser zu bilden. Dadurch wird
die Verweilzeit der Kofaktoren in der Lösung kürzer, bevor sie aggregieren und als
Niederschlag dem Gleichgewicht entzogen werden. Sind diese beiden Gründe zutreffend,
sollte theoretisch durch wiederholte Zugabe des gelösten Kofaktors der Besetzungsgrad der
Proteinbindungstasche erhöht werden können. Jedoch gelingt dies in der Praxis nicht bzw.
nur in sehr geringem Ausmaß, da die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens eines
gelösten Kofaktors und einer unbesetzten Bindestelle im Protein mit der Anzahl der freien
Bindungsstellen im Protein sinkt. Um das Einbauergebnis zu verbessern müsste die
Verweilzeit des Kofaktors in Lösung erhöht, also die Aggregation unterdrückt werden. Zu
diesem Zweck wäre der Zusatz von organischen Lösemitteln, z. B. Methanol, denkbar.
Allerdings ist bei diesen Experimenten zu berücksichtigen, dass bereits geringe Mengen
(>5 Vol%) an organischem Lösemittel zur Denaturierung des Proteins führt.
Wenn das unterschiedliche Verhalten der veresterten Kofaktoren allein auf die
Esterfunktion zurückgeführt werden kann, muss dies auch für die veresterte Form des
101
Ergebnisse und Diskussion
nativen Kofaktors zutreffen. In der Literatur ist der Komplex von Apo-Myoglobin und
Eisen-Dimethylprotoporphyrin beschrieben[86]. Obwohl alle spektroskopischen Daten
identisch sind mit dem Eisen-Protoporphyrin Apo-Mb Komplex, ist das Verhältnis der
Soret-Bande zur Proteinbande für den Dimethylester um 25 % kleiner als für den
unveresterten Kofaktor. Auch in diesem Fall liegt eine unvollständige Rekonstitution vor.
Zusätzlich ist der Proteinkomplex bei pH 8,0 instabil und denaturiert. Diese Beobachtung
wird für den nativen Kofaktor nicht gemacht. Diese Ergebnisse zeigen, dass durch eine
Esterfunktion am Kofaktor die Bindungsfähigkeit an das Protein signifikant reduziert wird.
Die Frage, ob der gebundene Kofaktor tatsächlich stabil gebunden ist und die
Dissoziationskonstante des Komplexes durch die Esterfunktion nicht verändert wird, ist
noch unbeantwortet. Allerdings könnte eine erhöhte Dissoziationskonstante erklären,
warum die Einbaueffizienz nicht durch Zugabe von gelöstem Kofaktor erhöht werden
kann.
102
Ergebnisse und Diskussion
3.1.4. Zusammenfassung
Das von Boxer et al. entwickelte Rekonstitutionsverfahren, um Porphyrine in ApoMyoglobin einzubauen, konnte erfolgreich etabliert werden. Auf diese Weise wurden die
Komplexe von ZnPPIX, ZnPheid a, ZnPPheid a, ZnMePPheid a und ZnMePPheid d mit
Apo-Myoglobin erfolgreich dargestellt und charakterisiert. Zusätzlich konnte der Komplex
von ZnPPheid a und SwMb dargestellt und charakterisiert werden.
Der Kofaktor ZnPPIX konnte stöchiometrisch in Myoglobin eingebaut werden und durch
UV-Vis-Spektroskopie charakterisiert werden. Die Proteinstabilität wurde durch den
Einbau eines Kofaktors in das Apo-Myoglobin praktisch vollständig wieder hergestellt,
wobei für die Kooperativität im Vergleich zu met-Myoglobin ein etwa 25 % geringerer
Wert für den ZnPPIX-Komplex erhalten wurde. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie
konnten in diesem Komplex zwei Einbauisomere nachgewiesen werden, wie sie bereits für
den nativen Kofaktor, das Hämin, nach in vitro Rekonstitutionen beobachtet worden sind.
Unter Verwendung der EPR-Spektroskopie konnten im lichtangeregten Triplettzustand mit
der Literatur übereinstimmende Werte für die Parameter D und E der Nullfeldaufspaltung
erhalten werden. Der Vergleich von freiem und Protein-komplexiertem Kofaktor zeigt
diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede. Im Gegensatz dazu sind in den ENDORSpektren deutliche Unterschiede der Kopplungskonstanten für den freien Kofaktor und den
Proteinkomplex zu beobachten. Insgesamt zeigen die Spektren des Proteinkomplexes
größere Kopplungen und eine deutliche Separation der einzelnen Signale. Diese
Beobachtung wird als eine stärkere Delokalisation des Elektronenspins auf dem
Molekülgerüst des Kofaktors interpretiert. Die Signale der Methinprotonen, sowie der
Methylgruppen konnten für beide Systeme unter Verwendung von quantenchemischen
Rechnungen zugeordnet werden. Die verwendete Methodik hat bereits bei der Berechnung
der Hyperfeinkopplungskonstanten von Chlorophyllradikalen gute Übereinstimmungen mit
den experimentellen Daten gezeigt und konnte diese Erwartung auch im Fall der
lichtangeregten Triplettzustände erfüllen.
Die Proteinkomplexe von ZnPheid a und ZnPPheid a konnten ebenfalls dargestellt werden
und zeigten vergleichbare UV-Vis-Spektren. Während der Komplex des ZnPPheid a eine
deutliche Stabilisierung der Proteinhülle zeigte, konnte dies für den ZnPheid a Komplex
103
Ergebnisse und Diskussion
nicht beobachtet werden. Dies kann auf eine signifikante Inhomogenität dieses Komplexes
zurückgeführt werden, die durch NMR-Spektroskopie nachgewiesen werden konnte.
Aufgrund dieses Ergebnisses wurde der ZnPheid a Komplex nicht weiter untersucht, da er
für weitere Messungen ungeeignet ist. Das ZnPPheid a Mb wurde analog zum ZnPPIX Mb
durch EPR- und ENDOR-Spektroskopie untersucht. Auch in diesem Fall konnten gute
Übereinstimmungen der Nullfeldparameter mit der Literatur beobachtet werden.
Grundsätzlich werden auch in den ENDOR-Spektren dieses Proteinkomplexes, verglichen
mit dem freien Kofaktor, größere Kopplungskonstanten gefunden. Allerdings ist die
Zunahme der Kopplungsgröße nicht so signifikant im Vergleich mit dem Kofaktor
ZnPPIX. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass der freie Kofaktor ohne Protein
bereits fünffach koordiniert ist. Die daraus resultierende Geometrieverzerrung verursacht
ähnliche Kopplungskonstanten wie sie für den Proteinkomplex beobachtet werden. Die
Unterschiede zwischen freiem Kofaktor und dem Proteinkomplex sind auf den
zusätzlichen Einfluss der Proteinumgebung, wie z.B. hydrophobe Wechselwirkungen,
zurückzuführen. Ein Vergleich der erhaltenen ENDOR-Daten mit früheren Studien am
P680, sowie den Chlorophyllradikalen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung der
Messwerte.
Die Komplexe von Zink-Methylpyrophäophorbid a und d konnten zwar dargestellt und
durch UV-Vis-Spektroskopie nachgewiesen werden, jedoch sind unter den gewählten
Bedingungen keine stöchiometrischen Komplexe gebildet worden, wie die UV-VisSpektren
zeigen.
Daher
wurde
auf
eine weitergehende EPR- und ENDOR-
spektroskopische Charakterisierung verzichtet.
In dieser Arbeit konnte damit der Grundstein für eine vollständige Charakterisierung der
elektronischen Struktur von monomeren Chlorophyll-Derivaten in einer Myoglobin-Matrix
gelegt werden.
104
Ergebnisse und Diskussion
3.1.5. Ausblick
Ausgehend von den Ergebnissen dieser Arbeit bietet sich eine Vielzahl an zukünftigen
Möglichkeiten. Um vollständige Daten der elektronischen Struktur der untersuchten
Kofaktoren zu erhalten, ist die winkelabhängige Messung von Myoglobin-Einkristallen
notwendig. Das rekombinante Pottwal-Myoglobin ist gut charakterisiert und die
Kristallisationsbedingungen sind beschrieben[87-89], daher sollten Einkristalle mit nicht
nativen Kofaktoren dargestellt werden können. Entsprechende Arbeiten wurden bereits
begonnen.
Außerdem können die bereits dargestellten Komplexe zur Aufklärung der g-Faktor
Anisotropie, sowie der asymmetrischen Linien in den EPR-Spektren herangezogen
werden, indem sie bei höheren Magnetfeldern untersucht werden.
Die Analyse der Kristallstruktur würde neben der vollständigen elektronischen Struktur des
nicht-nativen Kofaktors auch seine Positionierung in der Bindungstasche des Proteins
aufklären, die bis heute nicht bekannt ist. Möglicherweise können auf diese Weise auch die
Rotationsisomere der Kofaktoren, die durch NMR-Spektroskopie nachgewiesen werden
konnten, detailliert analysiert werden. Anschließend bietet sich die Möglichkeit, entweder
die Proteinumgebung gezielt zu verändern oder weitere Modifikationen an den Kofaktoren
durchzuführen.
Die
Zahl
der
zu
untersuchenden
Kofaktoren
kann
auf
alle
(Bakterio)Chlorophylle ausgedehnt werden, sofern sie in die Bindungstasche einbauen.
Zusätzlich können andere Metalle, z. B. Magnesium, anstatt Zink in den Kofaktoren
gebunden
werden.
Grundlegende
Untersuchungen
der
Bindungseigenschaften
unterschiedlicher Porphyrine sind in dieser Arbeit unternommen worden und stehen
zusätzlich auch in der Literatur zur Verfügung[19-21; 23; 90].
Die Aminosäurekette des Proteins Myoglobin kann in verschiedenen Positionen
molekularbiologisch verändert werden, so dass der Einfluss der Proteinumgebung
detailliert studiert werden kann. Die entsprechenden Expressionssysteme für Mutationen
im Bereich der Bindungstasche sind bekannt und basieren auf heterologer Expression des
Proteins in E. coli, einem Bakterium, das für seine Toleranz gegenüber unterschiedlichen
Wachstumsbedingungen und seine hohe Wachstumsgeschwindigkeit bekannt ist. Auf diese
Weise können unterschiedliche Myoglobin-Mutanten in wenigen Tagen erhalten werden.
105
Ergebnisse und Diskussion
3.2.
Modellpeptide für [4Fe4S]-Zentren
3.2.1. Literaturübersicht
Aufgrund
der
biologischen
Relevanz
von
[4Fe4S]-Zentren
sollen
hier
einige
Übersichtsartikel vorgestellt werden. Einen umfassenden Überblick über alle Formen von
FeS-Zentren gibt Lovenberg[36]. Die optischen und magnetischen Eigenschaften von
[4Fe4S]-Zentren werden von Sweeney und Rabinowitz[91] übersichtlich zusammengefasst.
Die EPR- und ENDOR-Daten von [4Fe4S]-Zentren aus verschiedenen Proteinen werden
ausführlich von Mousca und Lamotte[92] diskutiert. Den Einfluss der Proteinumgebung auf
das Redoxpotential haben Stephens, Jollie und Warshel unter Verwendung von
quantenchemischen Methoden untersucht
[42]
, während speziell die Eigenschaften der
FeS-Zentren des Photosystems I von Golbeck et al. zusammengefasst wurden[93].
Aufgrund der biologischen Relevanz von [4Fe4S]-Zentren gab es bereits mehrere
Versuche, Modellsysteme für diese Systeme zu entwickeln. Diese synthetischen Peptide
wurden in Länge und Sequenz der Aminosäurenkette variiert, um die minimalen
Voraussetzungen zu bestimmen, die für die Bindung eines [4Fe4S]-Zentrums nötig sind.
Außerdem wurde versucht, das Redoxpotential dieser Kofaktoren gezielt zu beeinflussen.
In der Arbeitsgruppe um Dutton et al.[94-96] wurde eine Serie verschiedener Peptide mit
einer Länge zwischen vier und 16 Aminosäuren synthetisch hergestellt, um die nötigen
Grundvoraussetzungen der Primärsequenz für den Einbau eines [4Fe4S]-Zentrums zu
studieren. Die Peptide, die erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum binden konnten, besaßen das
allgemeine Bindungsmotiv von Eisen-Schwefel-Proteinen. Es besteht aus mindestens
sieben Aminosäuren, von denen drei Cysteine sind, die durch jeweils zwei Aminosäuren
separiert werden (CxxCxxC). Diese Primärsequenz stellt drei der insgesamt vier
Thiolatliganden, die die vier Eisenionen des kubischen [4Fe4S]-Zentrums ligandieren, zur
Verfügung. Die vierte Position wird, sofern kein vierter Ligand durch das Peptid zur
Verfügung gestellt wird, bei in vitro rekonstituierten Peptiden wahrscheinlich durch
β-Mercaptoethanol eingenommen. Zusätzlich konnte nachgewiesen werden, dass eine
106
Ergebnisse und Diskussion
Aminosäure mit sterisch anspruchsvoller Seitenkette hinter dem ersten Cysteinliganden zu
einer deutlichen Verbesserung der Bindungsfähigkeit führt. In natürlichen Proteinen ist
diese Position in den meisten Fällen durch Isoleucin oder Valin besetzt. Wahrscheinlich
reduziert diese Aminosäure die Zugänglichkeit des Lösemittels Wasser zum Zentrum
durch eine hydrophobe Abschirmung, wodurch die Stabilität des Zentrums erhöht wird.
Trotz der Variation der Primärsequenz zeigten alle rekonstituierbaren synthetischen
Peptide dieser Studie identische EPR Spektren und ein Redoxpotential von –350 mV
gegenüber der Normal-Wasserstoffelektrode (NHE).
In einem weiteren Ansatz wurde ein Peptid aus 16 Aminosäuren in die „loop“-Region
eines vier-Helix-Bündels mit einer Gesamtlänge von 67 Aminosäuren eingebunden[96].
Neben einem Eisen-Schwefel-Zentrum war dieses Modell in der Lage einen zweiten
Kofaktor in Form von Hämin zu binden. Damit ist dies das erste Beispiel für die
erfolgreiche Kombination zweier unterschiedlicher redox-aktiver Kofaktoren in einem
synthetischen Peptid. Auch dieses Modell weist ein Redoxpotential des FeS-Kofaktors von
–350 mV auf.
Durch Einführung der Bindungssequenz des Zentrums FX aus dem Photosystem I in die
„loop“-Region eines bestehenden vier-Helix-Bündels (α4), das in der Arbeitsgruppe von
William F. DeGrado entwickelt wurde, konnten Scott et al.
[97]
ein Peptid-gebundenes
Eisen-Schwefel-Zentrum mit dem bis heute negativsten Redoxpotential von –420 mV
darstellen. Obwohl die Bindungssequenz des FX-Zentrums aus Photosystem I übernommen
wurde, liegt das Redoxpotential näher an dem eines Ferredoxins als an dem des nativen
FX-Zentrums (-705 mV)[7]. Die Autoren schließen daraus, dass die Abschirmung des
FeS-Zentrums gegenüber dem Lösemittel von größerer Bedeutung für das Redoxpotential
ist als die tatsächliche Zusammensetzung der Aminosäuresequenz.
107
Ergebnisse und Diskussion
3.2.2. Design der Peptidsequenzen
Alle bisher dargestellten Modellpeptide orientierten sich an der Aminosäuresequenz von
Ferredoxinen. Weil die in dieser Arbeit dargestellten synthetischen Peptide Modelle der
Eisen-Schwefel-Zentren des Photosystems I (PS I) darstellen sollen, dient die
Primärsequenz der Untereinheit PsaC (Abbildung 49) als Vorbild für die Modellpeptide FA
und FB.
Abbildung 49: NMR-Struktur der Untereinheit PsaC des Photosystems I (30 Einzelstrukturen) in
ungebundenem Zustand (PDB 1K0T)[98]. Der N-terminale Bereich und der C-Terminus sind in Lösung
unstrukturiert und in rot dargestellt, die Position der Eisenatome ist als rote Kugeln, die der Sulfidionen als
gelbe Kugeln dargestellt.
Im nativen Vorbild folgen die Aminosäuren, die jeweils das Zentrum FA oder FB
ligandieren, nicht direkt aufeinander (Abbildung 50). Stattdessen werden zwei
Bindungsmotive für ein [4Fe4S]-Zentrum (CxxCxxCxxxC) gefunden, in denen die ersten
drei Cysteine das erste Zentrum binden und das vierte Cystein das andere [4Fe4S]-Zentrum
ligandiert. Dieser Umstand musste bei der Entwicklung der Peptidsequenzen berücksichtigt
108
Ergebnisse und Diskussion
werden, da die native Sequenz für eine gestreckte Sekundärstruktur optimiert ist, um den
Abstand zwischen den beiden Eisen-Schwefel-Zentren zu überbrücken. Im Gegensatz dazu
müssen im Peptid alle vier Cysteine ein und dasselbe [4Fe4S]-Zentrum ligandieren. Daher
wurde zwischen dem dritten und vierten Cystein ein Mini-„loop“ aus drei Aminosäuren
eingeführt. Diese Methode zeigte bereits bei früheren Studien[94; 95], dass alle vier Cysteine
dasselbe Zentrum ligandieren.
...-xxxC10xxC13xxC16xxxC20Px-...-xxxC47xxC50xxC53xxxC57Px-...
Abbildung 50: Bindungsmotiv der Eisen-Schwefel-Zentren in der Untereinheit PsaC des Photosystems I.
Die Liganden des Zentrums FB sind in rot, die Liganden des Zentrums FA sind in blau dargestellt. Jedes
Bindungsmotiv wird durch die Aminosäure Prolin terminiert.
Für das Peptid FB wurde die Sequenz der Untereinheit PsaC von Tyrosin 7 bis Cystein 16
übernommen, die bereits drei Cysteine als Liganden enthält. Darauf folgt ein „loop“
bestehend aus den Aminosäuren Lysin, Prolin und Glutamat und anschließend das vierte
Cystein, gefolgt von einem Prolin. Für das Peptid FA wurden die Aminosäuren Threonin 44
bis Cystein 53 ebenfalls mit dem Loop und dem vierten Cystein versehen. Beide
Sequenzen werden durch ein Prolin, gefolgt von einem Tryptophan als spektroskopische
Sonde terminiert. Das Modellpeptid FA enthält drei Aminosäuren, die an der Bindung der
Untereinheit PsaC an die Untereinheiten PsaA und PsaB beteiligt sind. Dies sind Valin 48,
Lysin 51 und Arginin 52. Die Anbindung der Untereinheit erfolgt über ein ausgedehntes
Netzwerk von Wasserstoffbrückenbindungen und hydrophoben Wechselwirkungen
verschiedener Aminosäuren.
Modellpeptid FA:
TEDCVGCKRCKPECPW
Native Sequenz FA: TEDCVGCKRC
Modellpeptid FB:
YDTCIGCTQCKPECPW
Native Sequenz FB:
YDTCIGCTQC
Abbildung 51: Sequenzen der beiden Peptidmodelle für die Eisen-Schwefel-Zentren FA und FB, sowie die
Teile der nativen Proteinsequenz, die beim Entwurf der Peptide übernommen wurden.
109
Ergebnisse und Diskussion
FX1:
RFPCDGPGRGGTCQVS
FX2:
AFPCDGPGRGGTCDIS
Abbildung 52: Sequenzen der beiden Peptidmodelle für das Eisen-Schwefel Zentrum FX. Für beide Modelle
wurde die Primärsequenz der Loops übernommen, die das Zentrum FX im Photosystem I ligandieren.
Das Eisen-Schwefel-Zentrum FX im PS I wird durch zwei flexible Loops aus den
Untereinheiten PsaA und PsaB gebunden, die jeweils zwei der insgesamt vier
Cysteinliganden zur Verfügung stellen (Abbildung 53). Zwischen den zwei Cysteinresten,
die in jedem „loop“ auftreten, liegen acht Aminosäuren, von denen jeweils vier Glycin
sind. Diese Anordnung stellt eine große Herausforderung für ein möglichst kurzes
synthetisches Peptid dar, da beide Loops ohne die restliche Kette der Untereinheit sehr
flexibel sind. Da sich die beiden Loops nicht in einem Peptid von weniger als 20
Aminosäuren vereinen lassen, wurde jeweils ein Fragment, bestehend aus 16 Aminosäuren
jedes Loops, synthetisiert. Von der Untereinheit PsaA wurde die Sequenz von Arginin 575
bis Serin 590 gewählt und von Untereinheit PsaB Alanin 562 bis Serin 577. Da jedes
Peptid lediglich zwei Cysteinreste enthält, müssen sich für den erfolgreichen Einbau eines
[4Fe4S]-Zentrums zwei Peptide zu einem Dimer zusammenlagern.
Abbildung 53: Ausschnitt aus der Kristallstruktur von PS I (1JB0), der die Bindung des Eisen-SchwefelZentrums FX zeigt. Die Untereinheiten A und B bringen jeweils zwei der insgesamt vier Cysteinliganden ein.
Rund um das FeS-Zentrum besitzt die Polypeptidkette keine ausgedehnten Sekundärstrukturelemente.
110
Ergebnisse und Diskussion
3.2.3. Charakterisierung der Modellpeptide
Die unter Verwendung der Festphasenpeptidsynthese (SPPS) dargestellten Peptide wurden
durch HPLC-Chromatographie und MALDI-TOF-Massenspektrometrie charakterisiert. Da
in der SPPS die Sequenz der Aminosäuren vorgegeben wird, beschränkt sich die
Charakterisierung auf Analyse der Homogenität und Identität der Peptide. Die Identität
erfolgt durch Vergleich der berechneten mit der experimentell bestimmten Molekülmasse.
Das Ziel hierbei ist es, Fehlsequenzen, Nebenreaktionen und verbliebene Schutzgruppen zu
identifizieren. Die Homogenität wird durch Verwendung der HPLC-Chromatographie
sichergestellt.
FA
FB
FX1
FX2
Abbildung 54: MALDI-TOF-MS Spektren der vier synthetischen Peptide FA, FB, FX1 und FX2. Alle
gefundenen Massen entsprechen den berechneten Werten und die Substanzen sind rein (>98 % HPLC).
111
Ergebnisse und Diskussion
Die Massenspektren der einzelnen Peptide (Abbildung 54) zeigen jeweils das berechnete
Molekülgewicht. Im Spektrum von FA konnte auch das Dimer des Peptides nachgewiesen
werden.
In
Verbindung
mit
Luftsauerstoff
können
die
Aminosäuren
Cystein
Disulfidbrücken untereinander ausbilden, die zur Dimerisierung der Peptide führen. Die
Disulfidbrücken behindern die Rekonstitution der Peptide mit einem [4Fe4S]-Zentrum
jedoch nicht, da sie unter den reduzierenden Rekonstitutionsbedingungen gespalten
werden. Anhand der MS-Spektren konnte die Identität aller Peptide bestätigt werden. Die
Reinheit betrug basierend auf analytischer HPLC-Chromatographie mindestens 98 %.
3.2.4. UV-Vis-Spektroskopie von FA und FB
Beide
Peptide
zeigen
nach
Rekonstitution
mit
[4Fe4S]-Zentren
eine
breite
Absorptionsbande im sichtbaren Bereich des Spektrums. Nach Reduktion mit Dithionit
nimmt die Absorption im gesamten Bereich deutlich ab. Der größte Unterschied liegt bei
420 nm, die Abnahme beträgt dort über 50 % der ursprünglichen Absorption. Im oxidierten
[4Fe4S]2+-Zustand ist die Absorptionsbande auf eine charge-transfer-Bande zwischen
Eisen- und Schwefelkernen zurückzuführen. Die Spektren der oxidierten Verbindung und
der reduzierten Spezies sind typisch für ein [4Fe4S]2+/1+-Zentrum[91].
A
B
Abbildung 55: UV-Vis-Spektren der Modellpeptide FA (A) und FB (B) im oxidierten (schwarz) und
Dithionit reduzierten (rot) Zustand in 50 mM TrisHCl-Puffer, pH 8,3.
112
Ergebnisse und Diskussion
Die Extinktionskoeffizienten bei 280 nm der Modellpeptide wurden nach Gleichung (29)
berechnet.
ε 280 (cm −1 M −1 ) = (Trp ) ⋅ 5500 + (Tyr ) ⋅ 1490 + (Cys) ⋅ 125
(29)
In dieser Gleichung stehen (Trp), (Tyr) und (Cys) für die Anzahl der Aminosäuren
Tryptophan, Tyrosin und Cystein in dem Peptid, dessen Extinktionskoeffizient bei 280 nm
berechnet werden soll. Die Anzahl der Aminosäure wird mit ihrem molaren
Extinktionskoeffizienten multipliziert und die erhaltenen Werte für die einzelnen
Aminosäuren addiert[99; 100]. Auf diese Weise erhält man zuverlässige Ergebnisse für den
Extinktionskoeffizienten einer beliebigen Aminosäuresequenz, sofern die mindestens ein
Tryptophan enthalten ist. Für die Modellpeptide FA und FB werden auf diese Weise Werte
von 6000 cm-1 M-1 (FA) und 7500 cm-1 M-1 (FB) für den Extinktionskoeffizienten bei
280 nm ermittelt. Für [4Fe4S]-Zentren wird ein Extinktionskoeffizient bei 400 nm von
ε400 = 15000 cm-1 M-1 angenommen[101; 102]. Mit Hilfe dieser Werte wird der Peptidanteil
bestimmt, der erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum gebunden hat, indem die Konzentration des
Modellpeptides und des [4Fe4S]-Zentrums in der Lösung berechnet wird. Das Verhältnis
der Konzentrationen liefert den Anteil an Peptid in der Lösung, der ein [4Fe4S]-Zentrum
gebunden hat. Für FA liegt der Anteil an Modellpeptid, das erfolgreich ein
[4Fe4S]-Zentrum eingebaut hat, bei 10 % und für FB bei 20 %. Die Effizienz der
Rekonstitution ist für beide Peptide gering, konnte aber auch durch Modifikation der
Rekonstitutionsbedingungen nicht erhöht werden (vgl. Abschnitt 5.5.2). Der Grund für den
geringen Einbau von [4Fe4S]-Zentren konnte nicht festgestellt werden, jedoch sind
unterschiedliche Möglichkeiten denkbar. Die Konformation der Peptide könnte derart
flexibel sein, dass nur ein geringer Teil die korrekte Konformation zur Bindung des
Kofaktors annimmt. Auf der anderen Seite kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass
zwei oder mehr Peptide ein einziges [4Fe4S]-Zentrum ligandiert. Eine Gelfiltration unter
anaeroben Bedingungen könnte über die Größe der rekonstituierten Peptide Aufschluss
geben und Rückschlüsse auf die Zahl der Peptide pro FeS-Zentrum zulassen. Bisher konnte
dieser Versuch nicht durchgeführt werden, da zum Ein- und Ausbau der Gelfiltrationssäule
die Glove-Box demontiert werden müsste, und daher keine konstante Nutzung dieses
113
Ergebnisse und Diskussion
Gerätes gewährleistet werden konnte. Der Versuch einer Gelelektrophorese unter
anaeroben Bedingungen zur Bestimmung der Molekülgröße der rekonstituierten Peptide
schlug fehl, da durch die angelegte Spannung das Wasser in der Elektrophoresezelle
elektrolytisch zersetzt wird und der gebildete Sauerstoff zur vollständigen Zerstörung der
FeS-Zentren führte.
3.2.5. EPR-Spektroskopie der Modellpeptide
Um zu überprüfen, ob ein [4Fe4S]-Zentrum von den Peptiden gebunden wurde und in
welchem Oxidationszustand es vorliegt, wurde die EPR-Spektroskopie verwendet. Obwohl
ein [4Fe4S]-Zentrum im Oxidationszustand +2 aufgrund einer starken Kopplung der
Elektronen nicht EPR-aktiv ist, gibt das Spektrum Aufschluss darüber, ob paramagnetische
Verunreinigungen vorliegen. Nur in den Oxidationszuständen +1 oder +3 wird für ein
[4Fe4S]-Zentrum ein intensives EPR-Signal erwartet.
Die EPR-Spektren der Modellpeptide FA und FB zeigen im oxidierten Zustand ein
schwaches, isotropes Signal, welches auf eine Verunreinigung durch ein [3Fe4S]-Zentrum
zurückgeführt wurde. Die Bildung von geringen Mengen eines [3Fe4S]-Zentrums bei der
in vitro Rekonstitution von Eisen-Schwefel-Proteinen ist praktisch unvermeidlich und wird
auch bei nativen Proteinen beobachtet.
Nach Reduktion der Probe mit Dithionit wird ein rhombisches EPR-Signal mit den
g-Werten 2,04, 1,93 und 1,90 für das Peptid FA beobachtet, während für FB die g-Werte
2,05, 1,93 und 1,92 aus dem Spektrum erhalten werden. Identische Spektren werden für
native [4Fe4S]-Zentren beobachtet[103].
Die gemessenen EPR-Spektren der Modellpeptide werden mit den Spektren von zwei
Mutanten der Untereinheit PsaC des PS I verglichen. Die Mutante C14G C34S der
Untereinheit PsaC (vgl. Abschnitt 5.5.3) besitzt ein intaktes FA-Zentrum und ein teilweise
zerstörtes FB-Zentrum, dessen Signal nicht im EPR-Spektrum bei g = 2 auftritt. Eine
zweite Mutante von PsaC, C51G C34S, ist komplementär dazu und besitzt ein intaktes
FB-Zentrum, während der FA-Komplex nicht bei Werten um g = 2 zu detektieren ist. Diese
Mutanten bieten die Möglichkeit, die Spektren der Zentren FA und FB getrennt voneinander
zu detektieren.
114
Ergebnisse und Diskussion
Beide Mutanten zeigen EPR-Spektren, die vollständig identische g-Werte, die genau mit
den Werten, die für das Modellpeptid FA erhalten wurden, übereinstimmen. Die g-Werte
des Modellpeptides FB zeigen eine geringe Abweichung bezüglich gx und gz. Jedoch ist die
Variation gering und die g-Werte liegen in einem für [4Fe4S]-Zentren typischen
Bereich[104].
Das Ergebnis der EPR-Spektroskopie zeigt, dass die Peptide ein [4Fe4S]-Zentrum in den
Oxidationszuständen +2/+1 binden. Im Vergleich mit den Mutanten der Untereinheit PsaC
wird eine gute Übereinstimmung der EPR-spektroskopischen Daten gefunden.
A
B
Abbildung 56: CW-EPR Spektren (X-Band) der Modellpeptide FA (A) und FB (B) im reduzierten Zustand
bei 10 K. Die g-Werte sind in den Spektren angegeben (gx > gy > gz)
Tabelle 12: Zusammenfassung der erhaltenen g-Werte der Modellpeptide FA und FB, sowie die nativen
Vorbilder, die Zentren FA und FB in der Untereinheit PsaC des PS I.
Modellpeptid FA Modellpeptid FB FA in C14G C34S PsaC FB in C51G C34S PsaC
gx
2,04
2,05
2,04
2,04
gy
1,93
1,93
1,93
1,93
gz
1,90
1,92
1,90
1,90
115
Ergebnisse und Diskussion
In das Modellpeptid FX2 konnte ebenfalls erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum inkorporiert
werden (Abbildung 57), allerdings ist bei der Rekonstitution eine weitere EPR-aktive
Verbindung gebildet worden, die nicht eindeutig charakterisiert werden konnte.
Offensichtlich ist das Peptid nicht ausreichend spezifisch für den Einbau eines
[4Fe4S]-Zentrums. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich die Flexibilität der Primärsequenz,
die im nativen PS I nötig ist, um das Eisen-Schwefel-Zentrum FX zu binden, allerdings für
die kurze Peptidsequenz der Modelle negative Auswirkungen hat. Aufgrund dieses
Ergebnisses wurden weitere Arbeiten am Modell FX2 zunächst zurückgestellt. Für das
Modell FX1 konnte kein Einbau eines Eisen-Schwefel-Zentrums nachgewiesen werden.
Hier liegen ähnliche Merkmale wie bei FX2 vor. Da sich die beiden Peptide allerdings nur
um drei Aminosäuren unterscheiden, ist die Ursache für das unterschiedliche Verhalten
offensichtlich durch diesen Unterschied begründet. Eine detaillierte Analyse konnte jedoch
anhand der vorliegenden Daten nicht durchgeführt werden.
Abbildung 57: CW-EPR Spektrum (X-Band) des Modellpeptides FX2 im reduzierten Zustand bei 15 K. Das
Spektrum eines [4Fe4S]-Zentrums ist mit dem Spektrum einer anderen Spezies überlagert.
116
Ergebnisse und Diskussion
3.2.5.1.
Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals
Im Oxidationszustand +1 sind [4Fe4S]-Zentren in einem Temperaturbereich unter 40 K
durch EPR-Spektroskopie beobachtbar. Bei höheren Temperaturen sind die Linien
aufgrund von Relaxationsprozessen stark verbreitert und sind nicht oder nur schwer zu
detektieren.
Um die bisherigen Daten zu bestätigen, wurde die Temperaturabhängigkeit der EPRSignale der beiden Modellpeptide zwischen 5 K und 40 K untersucht und mit den Daten
der Mutante C14G C34S PsaC verglichen (Abbildung 58). Beide Modelle zeigen eine
ausgeprägte Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals im untersuchten Bereich. Bei einer
Temperatur von 15 K wird sowohl für FB als auch die Mutante der Untereinheit PsaC die
maximale Signalamplitude beobachtet. Das Modellpeptid FA besitzt dagegen eine
maximale Signalamplitude bei 12,5 K. Außerdem ist das Signal bei 5 K bereits deutlich
größer als für FB und die Mutante von PsaC. Bei höherer Temperatur wird das EPR-Signal
durch Relaxationsprozesse verbreitert, die zu einer Abnahme der Signalamplitude führen.
Offensichtlich sind die Relaxationsprozesse im Modell FA schneller als die von FB und
PsaC bei gleicher Temperatur.
Abbildung 58: Temperaturabhängigkeit der EPR-Signale der Modellpeptide FA (■) und FB (●) im Vergleich
zu der Mutante C14G C34S PsaC (▲)von PS I bei 10 mW Mikrowellenleistung.
117
Ergebnisse und Diskussion
3.2.5.2.
Leistungsabhängigkeit des EPR-Signals
Die Abhängigkeit eines EPR-Signals von der eingestrahlten Mikrowellenleistung,
insbesondere die Mikrowellenleistung bei halber Sättigung, ist eine charakteristische
Größe für jedes System (vgl. Abschnitt 5.1.10). Die [4Fe4S]-Zentren sind im Bereich der
konventionellen EPR-Spektroskopie bis zu einer Leistung von 200 mW nicht vollständig
zu sättigen. Da die Sättigung mit zunehmender Mikrowellenleistung direkt von der
longitudinalen (T1) und der transversalen (T2) Relaxationszeit abhängt, bietet dieses
Verfahren Einblicke in die Relaxationsprozesse im Vergleich zu den nativen Vorbildern.
Das EPR-Signal der Mutante C51G C34S zeigt im untersuchten Leistungsbereich die
geringste Änderung der Signalintensität (Abbildung 59) und ist am schwierigsten zu
sättigen. Das Modell FB und die Mutante C14G C34S sind auch in dieser Untersuchung am
ähnlichsten und das Modell FA geht bei der geringsten Leistung in die Sättigung über.
Da die exakte Leistung innerhalb des verwendeten Resonators nicht bestimmt wurde,
wurde zum Vergleich der Modellpeptide mit den Mutanten von PsaC die am Gerät
eingestellte Leistung für die Auswertung verwendet. Daher kann aus dieser Abbildung kein
absoluter Wert für die Mikrowellenleistung bei halber Sättigung bestimmt werden. Auf den
direkten Vergleich der einzelnen Proben hat dies allerdings keine Auswirkung.
Abbildung 59: Leistungsabhängigkeit der EPR-Signale von FA (■), FB (■) und den Mutanten C14G C34S
PsaC (■) und C51G C34S PsaC (■) bei 15 K.
118
Ergebnisse und Diskussion
Ebenso wie die Analyse der Temperaturabhängigkeit der EPR-Signale deutet auch die
Abhängigkeit
der
Signale
von
der
Mikrowellenleistung auf deutlich kleinere
Relaxationszeiten des Modellpeptides FA hin. Ein derartiger Unterschied bei im Prinzip
identischen Systemen könnte durch Aggregation des Modellpeptides FA erklärt werden.
Die gegenseitige Beeinflussung der FeS-Zentren mehrerer Modellpeptide durch ihre
fluktuierenden Magnetfelder wäre ein möglicher Grund für die Abnahme der
Relaxationszeiten.
Die kürzeren Relaxationszeiten des Modells FA wirken sich negativ auf die Signalintensität
der Puls-EPR-Spektren aus. Bei vergleichbaren Konzentrationen konnte lediglich etwa 20
% der Signalintensität im Vergleich zu FB in der Puls-EPR-Spektroskopie erhalten werden.
Weil die Puls-EPR-Spektroskopie eine Grundvoraussetzung für ENDOR- und ESEEMSpektroskopie darstellt, wurde eine weitere Charakterisierung des Modellpeptides FA
dadurch erschwert.
3.2.5.3.
ESEEM- und ENDOR-Spektroskopie der Modellpeptide FA und FB
Nachdem die Identität der [4Fe4S]-Zentren eindeutig nachgewiesen werden konnte
(Abschnitt 3.2.6), wurde ihre Wechselwirkung mit der Peptidumgebung untersucht. Wie
bereits
erwähnt
(vgl.
Abschnitt
1.5)
besitzen
alle
Eisen-Schwefel-Zentren
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Sulfidionen innerhalb des Zentrums und
mindestens einem Amidproton der Polypeptidkette[38]. Sowohl in ENDOR-Spektren, als
auch in ESEEM- (Electron Spin Echo Envelope Modulation) Spektren sollte diese
Wechselwirkung sichtbar sein. Außerdem können anhand der ENDOR-Spektren
Rückschlüsse auf die Spindichteverteilung innerhalb des Eisen-Schwefel-Zentrums
gezogen werden.
Die ENDOR-Spektren der Modellpeptide FA und FB in wässriger Lösung zeigen zwei
unstrukturierte
Banden
mit
einer
Hyperfeinkopplungskonstante
von
1,7
MHz
(Abbildung 60 und Abbildung 61). Diese Banden können entweder Wasserstoffbrücken
eines Amidprotons zu einem Sulfidion des Eisen-Schwefel-Zentrums oder den
β-CH2-Protonen der Cysteinliganden zugeordnet werden. Um diese beiden Möglichkeiten
eindeutig unterscheiden zu können, wurde das Lösemittel Wasser gegen D2O ausgetauscht.
119
Ergebnisse und Diskussion
Alle austauschbaren Protonen, inklusive der Amidprotonen, sind dadurch im 1H-DaviesENDOR nicht mehr sichtbar und lediglich nicht-austauschbare Protonen, wie z. B.
CH2-Protonen, verbleiben. Wie in Abbildung 60 gezeigt, hat der Austausch des
Lösemittels gegen D2O keinen signifikanten Einfluss auf die Hyperfeinkopplungskonstante. Daher kann dieses Signal den β-CH2-Protonen der ligandierenden Cysteinreste
zugeordnet werden.
2
H
1
H
1
H
Abbildung 60: ENDOR-Spektren (Q-Band) des Peptides FB bei 4 K. 1H-Davies-ENDOR in H2O (schwarz)
bei 12550 G, 1H-Davies ENDOR in D2O (rot) bei 12651 G und 2H-Mims-ENDOR in D2O (grün) bei
12651 G. Die Achse für das letzte Spektrum wurde durch das Verhältnis von gH/gD = 6,514 skaliert, um eine
bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen.
Das ENDOR-Signal zeigt allerdings keine Struktur, die für eine genauere Analyse
herangezogen werden könnte. Die isotropen Kopplungskonstanten der β-CH2-Protonen
hängen vom Diederwinkel zwischen den Ebenen Fe-S-C und S-C-H und der Spindichte
des ungepaarten Elektrons auf dem Schwefelatom des Cysteins ab. Sie können nach einer
erweiterten Heller-McConnel-Gleichung beschrieben werden[92;
105-107]
. Auf Grundlage
dieser Gleichung könnte eine Struktur des ENDOR-Spektrums im Sinne von
Bindungswinkeln und Spindichteverteilung interpretiert werden, wodurch Einsichten in die
elektronische und dreidimensionale Struktur gewonnen würden. Durch das Fehlen einer
Struktur der ENDOR-Signale ist eine Interpretation in dieser Richtung nicht möglich.
120
Ergebnisse und Diskussion
Im Vergleich zum entsprechenden Spektrum von C14G C34S PsaC fällt auf, dass dieses
mit 10 MHz deutlich breiter ist als die Spektren der Modellpeptide, die lediglich 4 MHz
Breite bei halber Signalhöhe aufweisen (Abbildung 61). Wenn man davon ausgeht, dass
die Modellpeptide ähnliche Diederwinkel aufweisen, wie sie in den meisten
[4Fe4S]2+/1+-Proteinen auftreten[106;
108]
, kann diese Beobachtung mit einer geringeren
Spindichte des ungepaarten Elektrons auf den Schwefelatomen der ligandierenden
Cysteine erklärt werden.
A
B
Abbildung 61: 1H-Davies-ENDOR-Spektrum des Modellpeptides FA bei 4 K (A) und der Mutante
C14G C34S PsaC bei 4 K (B).
Neben dem 1H-ENDOR-Spektrum wurde von FB zusätzlich ein 2H-ENDOR-Spektrum
nach Austausch des Lösemittels gegen D2O aufgenommen (Abbildung 60). Es zeigt eine
signifikante Kopplung eines Deuterium-Kerns mit dem Elektronenspin des EisenSchwefel-Zentrums. Dieses Ergebnis kann als Hinweis auf eine Wasserstoffbrücke
interpretiert werden, da die Kopplung durch ein austauschbares Proton verursacht werden
muss. Allerdings kann bei der geringen Größe des Peptids nicht ausgeschlossen werden,
dass auch das Lösemittel direkt mit dem Elektronenspin wechselwirkt. Eine eindeutige
Unterscheidung dieser beiden Möglichkeiten ist mit Hilfe der ESEEM-Spektroskopie an
Proben ohne Deuterium Anreicherung möglich.
Daher wurden von den Modellpeptiden und der Untereinheit PsaC ESEEM-Spektren
(X-Band) bei 4 K aufgenommen (Abbildung 62). Diese Spektren sind für alle drei
121
Ergebnisse und Diskussion
untersuchten Verbindungen identisch. Sie zeigen zwei Signale bei 15,4 MHz und 3,5 MHz,
die einem Proton und einem Stickstoffatom zugeordnet werden können. Die Detektion des
Stickstoffatoms ist aber nur dann möglich, wenn es mit dem Elektronenspin wechselwirkt.
Daher handelt es sich bei der beobachteten
2
H-ENDOR-Kopplung mit hoher
Wahrscheinlichkeit um eine Wasserstoffbrückenbindung zu einem Amidproton, da sonst
keine Stickstoffverbindungen in Frage kommen. Obwohl theoretisch auch eine Kopplung
zu den vorhandenen Aminosäuren Lysin in den Modellen FA und FB für diese
Wasserstoffbrücke in Frage kommen könnte, ist dies unwahrscheinlich, da bisher in
keinem nativen FeS-Protein eine solche Bindung beobachtet werden konnte.
A
B
C
Abbildung 62: 3-Puls-ESEEM-Spektren (X-Band) der Modelle FA (A) und FB (B) im Vergleich zu einem
3-Puls-ESEEM-Spektrum von C14G C34S PsaC (C) in H2O bei 4 K.
122
Ergebnisse und Diskussion
3.2.6. Mössbauer-Spektroskopie
Die Mössbauer-Spektroskopie bietet die Möglichkeit, ein Eisen-Schwefel-Zentrum sowohl
im oxidierten, als auch im reduzierten Zustand zu charakterisieren. Anhand der
Quadrupolaufspaltung ∆EQ und der Isomerenverschiebung δ können die verschiedenen
Arten von Eisen-Schwefel-Zentren unterschieden werden[109]. Um die dargestellten
Mössbauer-Spektren verstehen zu können, ist eine kurze Übersicht über die Redoxzustände
und deren Verteilung innerhalb des FeS-Zentrums nötig, allerdings werden nachfolgend
nur die relevanten Oxidationszustände [4Fe4S]2+/1+ beschrieben.
Im oxidierten [4Fe4S]2+-Zustand liegen formal zwei Fe3+ und zwei Fe2+ im FeS-Zentrum
vor. Aufgrund der antiferromagnetischen Kopplung der Ionen untereinander liegt ein
System mit dem Gesamtspin S = 0 vor. Im Mössbauer-Spektrum werden jedoch nicht die
Signale von zwei unterschiedlichen Paaren (2 x Fe3+, 2 x Fe2+) beobachtet, sondern ein
Signal, dass auf zwei identische Paare zurückgeführt werden muss[110-112]. Die Eisenionen
liegen daher alle identisch als Fe2,5+ vor. Wird das FeS-Zentrum reduziert und liegt
anschließend im [4Fe4S]2+-Zustand vor, wird die formale Betrachtung komplizierter. Im
einfachsten Fall liegen jetzt drei Fe2+- und ein Fe3+-Ion im FeS-Zentrum vor. Aus der
antiferromagnetischen Kopplung ergibt sich ein Gesamtspin von S = ½. In diesem Zustand
liegen ebenfalls zwei Paare vor, die aus 2 x Fe2,5+ und 2 x Fe2+ bestehen. Sind die beiden
Paare
jeweils
lokalisiert,
werden
im
Mössbauer-Spektrum
zwei
Signale
mit
Isomerenverschiebungen von δ = 0,49 mm/s (Fe2,5+) und δ = 0,62 mm/s (Fe2+) gefunden.
Jedoch müssen diese beiden Paare nicht notwendigerweise lokalisiert vorliegen. Wenn die
kubische Struktur des [4Fe4S]-Zentrums unverzerrt vorliegt, können sie ebenfalls über den
Kubus delokalisiert sein und verursachen auf diese Weise ein Signal, welches dem
Mittelwert
der
beiden
Einzelsignale
entspricht,
in
diesem
Fall
wäre
eine
Isomerenverschiebung von etwa δ = 0,55 mm/s zu erwarten.
Die Mössbauer-Daten der Modellpeptide FA (Abbildung 63) und FB (Abbildung 64) im
oxidierten
Zustand
zeigen
das
charakteristische
Spektrum
für
ein
kubisches
[4Fe4S]-Zentrum mit vier identischen Fe2,5+ Kernen[109]. Im [4Fe4S]2+-Zustand weisen die
Modelle für das Zentrum FA und FB eine Isomerenverschiebung von 0,43 mm/s bzw.
0,46 mm/s auf. Die Quadrupolaufspaltung liegt mit einem Wert von 0,99 mm/s für das
123
Ergebnisse und Diskussion
Peptid FA und 0,97 mm/s für das Peptid FB ebenfalls bei charakteristischen Wert für
[4Fe4S]2+-Zentren.
A
B
Abbildung 63: Mössbauer-Spektren des Modellpeptides FA in oxidiertem (A) und reduziertem (B) Zustand
bei 80 K. Die gemessenen Daten sind als schwarze Punkte dargestellt. Die Interpolation der Hauptspezies ist
als rote Linie, die Interpolation der Nebenspezies als grüne Linie und die Summe der interpolierten Kurven
als schwarze Linie (schwarz) dargestellt.
A
B
Abbildung 64: Mössbauer-Spektren des Modellpeptides FB in oxidiertem (A) und reduziertem (B) Zustand
bei 80 K. Die gemessenen Daten sind als schwarze Punkte dargestellt. Die Interpolation der Hauptspezies ist
als rote Linie, die Interpolation der Nebenspezies als grüne Linie und die Summe der interpolierten Kurven
als schwarze Linie (schwarz) dargestellt. Im oxidierten Zustand wurde keine Verunreinigung durch Fe(II)
gefunden.
Im reduzierten Zustand wird für die Modelle eine Isomerenverschiebung von 0,51 mm/s
(FA) und 0,52 mm/s (FB) beobachtet. Diese Werte können – wie oben beschrieben- als ein
delokalisiertes Fe2,5+ Fe2,5+ und ein delokalisiertes Fe2+ Fe2+ Paar interpretiert werden. Die
124
Ergebnisse und Diskussion
experimentell ermittelten Werte sind geringfügig kleiner als der Mittelwert der beiden
lokalisierten Paare und können durch Delokalisation erklärt werden. Die Quadrupolaufspaltung liegt bei 1,03 mm/s und 0,69 mm/s für FA und FB. Die Abnahme der
Quadrupolaufspaltung für FB durch die Reduktion ist ungewöhnlich. Diese Beobachtung
kann durch die Überlagerung der einzelnen Feldgradienten der Eisenkerne erklärt werden.
Jeder Feldgradient besitzt ein Vorzeichen, das allerdings nicht aus den MössbauerSpektren ermittelt werden kann. Wenn der Feldgradient des durch die Reduktion
entstandenen (formalen) Fe2+ innerhalb des Kubus ein entgegengesetztes Vorzeichen zu
den anderen Eisenkernen hat, kollabiert die Quadrupolaufspaltung des Spektrums, da sie
die Summe aller Feldgradienten darstellt.
Tabelle 13: Zusammenfassung der Mössbauer-Parameter der Modellpeptide im oxidierten und reduzierten
Zustand im Vergleich zu den Mutanten der Untereinheit PsaC von PS I.
Probe
δ [mm/s]
∆EQ [mm/s]
Linienbreite
FA Modellpeptid (ox)
0,43
0,99
0,56
FA Modellpeptid (red)
0,51
1,03
0,63
FB Modellpeptid (ox)
0,46
0,97
0,56
FB Modellpeptid (red)
0,52
0,69
0,61
C14G C34S PsaC (ox), FA
0,44
0,95
0,44
C14G C34S PsaC (red), FA
0,50
0,97
0,55
C51G C34S PsaC (ox), FB
0,44
0,88
0,58
C51G C34S PsaC (red), FB
0,50
0,97
0,55
In den Spektren des Modells FA und der reduzierten Form des Modells FB tritt zusätzlich
eine zweite Spezies mit einer Isomerenverschiebung von 1,28 mm/s und einer
Quadrupolaufspaltung von 2,99 mm/s auf. Diese Verunreinigung konnte als Fe(II)-Spezies
identifiziert werden, die fünf- oder sechsfach durch Oxoliganden gebunden ist. Bei dieser
Verbindung handelt es sich um Eisenoxide bzw. –hydroxide, die aufgrund ihrer kolloidalen
Struktur über eine Gelfiltration nicht abzutrennen sind. Obwohl diese Verunreinigung bei
den Mössbauer-Messungen ohne externes Magnetfeld keine negativen Auswirkungen
zeigt, verhindert sie eine Analyse der Proben in Abhängigkeit vom externen Magnetfeld.
125
Ergebnisse und Diskussion
Die Eisen(III)kerne sind durch Oxo- und Hydroxobrücken derart magnetisch gekoppelt,
dass sie sich wie ein Spin verhalten, der durch seine Relaxation am Kernort der zu
untersuchenden
Spezies
ein
fluktuierendes
Magnetfeld
erzeugt.
Durch
diesen
„superparamagnetische Relaxation“ genannten Prozess tritt im Mössbauer-Spektrum bei
externem Magnetfeld eine große Zahl unterschiedlicher Linien auf, die eine Interpretation
erschweren oder, wie in diesem Fall, unmöglich machen.
Die Peptidmodelle besitzen im Vergleich zu den beiden Mutanten von PsaC sehr ähnliche
Mössbauer-Parameter. Unabhängig von der EPR- und der UV-Vis-Spektroskopie konnte
durch die Mössbauer-Spektroskopie gezeigt werden, dass die beiden Modellpeptide ein
[4Fe4S]2+/1+-Zentrum binden.
3.2.7. Bestimmung des Redoxpotentials der Modellpeptide
FA und FB
Das Redoxpotential ist der wesentliche Parameter, der die Funktion eines redox-aktiven
Kofaktors bestimmt. Daher ist ein Vergleich dieses Wertes mit den nativen FeS-Zentren
des PS I ein wesentliches Kriterium für die Qualität der Modellpeptide.
Das Redoxpotential der Eisen-Schwefel-Zentren wurde durch eine Redoxtitration unter
anaeroben Bedingungen bestimmt und durch UV-Vis-Spektroskopie der Lösung in einer
gasdichten Küvette (d = 1cm) kontrolliert. Dabei wurde die Abnahme der Absorption bei
420 nm in Abhängigkeit vom Potential verfolgt und die erhaltenen Daten nach der NernstGleichung interpoliert (Abbildung 65). Die EPR-Proben der Lösung werden in der
Glovebox in flüssigem Stickstoff eingefroren und nach Beendigung der Titration bei 15 K
und 10 mW Mikrowellenleistung vermessen. Die EPR-Spektren wurden qualitativ
ausgewertet, wobei lediglich Proben berücksichtigt wurden, die kein Signal des reduzierten
[4Fe4S]-Zentrums aufwiesen bzw. beim negativsten Potential der Titration ein starkes
Signal im EPR-Spektrum zeigten. Auf diese Weise wurde der Bereich des Redoxübergangs
eingegrenzt. Zusätzlich wurde eine Titration mit den Mediatoren Methylviologen
(-680 mV), Phenosafranin (-515 mV) und Indigotetrasulfonat (-280 mV) durchgeführt, um
einen optimalen elektrischen Kontakt zwischen Lösung und Elektrode zu garantieren. Die
126
Ergebnisse und Diskussion
Konzentration der Mediatoren betrug jeweils 0,5 mM in der Lösung. Diese Titration wurde
wie
oben
beschrieben
durch
die
EPR-Spektroskopie
ausgewertet,
um
den
Übergangsbereich des Redoxpotentials eingrenzen zu können. Eine Auswertung dieser
Titration durch die UV-Vis-Spektroskopie war nicht möglich, da die Mediatoren deutlich
größere Extinktionskoeffizienten aufweisen als die Modellpeptide, die sich zudem für die
oxidierte und die reduzierte Form der Mediatoren unterscheiden. Unabhängig von der
Verwendung der Mediatoren wurde in allen Messungen ein nahezu identisches Potential
für die Modellpeptide ermittelt.
A
B
Abbildung 65: Redoxtitration der Peptidmodelle FA (A) und FB (B) mit Dithionit. Durch UV-VisSpektroskopie bestimmte Messpunkte sind in schwarz dargestellt, EPR-Messpunkte in rot.
Bei der Interpolation der Messpunkte wurde die Zahl der Elektronen (n) in der
Nernstgleichung als n = 1 definiert, da es sich um eine ein-Elektronen-Reduktion handelt,
während das Gleichgewichtspotential angepasst wurde. Aus den Messwerten für FA ließ
sich ein Redoxpotential von –491 ± 30 mV ermitteln, während für FB ein kleinerer Wert
von –471 ± 30 mV bestimmt wurde. Im Rahmen des Fehlers sind beide Werte identisch.
Allerdings können die Datenpunkte für FB deutlich besser interpoliert werden. Bei der
Titration von FA werden vollständig oxidierte und vollständig reduzierte Probe bei sehr
geringen Potentialunterschieden beobachtet. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass
keine vollständige Gleichgewichtseinstellung zwischen oxidierter und reduzierter Form des
[4Fe4S]-Zentrums vorliegt, wodurch die Potentialmessung ungenau wird. Außerdem findet
die Titration an der unteren Grenze der Reduktionskraft von Dithionit statt, so dass keine
127
Ergebnisse und Diskussion
Messdaten bei negativeren Potentialen aufgenommen werden konnten. Die Titration des
Modellpeptids FB liefert bessere Ergebnisse, da die Messwerte den interpolierten Verlauf
der Nernst-Kurve besser widerspiegeln. Bei dieser Titration können zwei Übergänge
identifiziert werden. Die Reduktion der Hauptspezies bei –470 mV und die Reduktion
einer zweiten Spezies, die etwa 10 % der Abnahme der UV-Vis-Absorption bei 420 nm
verursacht. Das Redoxpotential dieser Verunreinigung liegt bei etwa –200 ± 30 mV und
damit im typischen Bereich eines [3Fe4S]-Zentrums[42], das bereits in der EPR-spektroskopischen Charakterisierung als Verunreinigung auftrat. Auf die durch Interpolation der
Messpunkte
ermittelte
Lage
des
Redoxpotentials
der
Hauptspezies
hat
diese
Verunreinigung keinen Einfluss. Um die erhaltenen Daten abzusichern, wurde versucht,
das Reduktionsmittel Dithionit durch Natriumborhydrid (NaBH4) oder Titan(III)citrat zu
ersetzen. Beide Verbindungen weisen ein deutlich negativeres Redoxpotential als Dithionit
auf. Allerdings konnte bei der Verwendung dieser Reduktionsmittel kein EPR-Signal eines
reduzierten [4Fe4S]-Zentrums beobachtet werden. Aus welchem Grund die Modellpeptide
mit Dithionit, aber nicht mit NaBH4 oder Titancitrat reduziert werden können, konnte nicht
geklärt werden. Möglicherweise wird das FeS-Zentrum reduktiv zerstört.
Die Redoxpotentiale der Eisen-Schwefel-Zentren in der Untereinheit PsaC liegen bei
–530 mV für FA und –580 mV für FB[10] bzw. bei –465 mV für FA und –440 mV für FB [9]
(vgl. Abschnitt 1.2.2).
Die Bestimmung der Redoxpotentiale bei Raumtemperatur, die zu den positiveren
Literaturwerten führen, stimmen gut mit den Werten überein, die für die Modellpeptide bei
Raumtemperatur erhalten wurden. Für die Modellpeptide sollten diese Werte unabhängig
von der Temperatur sein, weil eine Verschiebung des Gleichgewichtes mit der Temperatur,
wie sie für die nativen Systeme diskutiert wird, aufgrund der Abwesenheit eines
reversiblen Elektronenakzeptors oder –donors, nicht möglich ist. Im nativen PS I kann das
Elektron dagegen abhängig von der Temperatur auf den Zentren FA und FB delokalisiert
vorliegen, wodurch die Messergebnisse beeinflusst werden könnten.
Das negative Redoxpotential wird möglicherweise durch zwei der 16 Aminosäuren
entscheidend beeinflusst. Die Modellpeptide FA und FB unterschieden sich in den
Positionen 8 und 9 von der Mehrheit der natürlichen Proteine mit [4Fe4S]-Zentren. Bei
Ferredoxinen unterschiedlicher Spezies wird in diesen Positionen ein Glycin bzw. ein
Alanin gefunden, also unpolare Aminosäuren mit kleinen Seitenketten. Im Modellpeptid
128
Ergebnisse und Diskussion
FA sind diese Positionen durch Lysin bzw. Arginin und im Modellpeptid FB durch
Threonin bzw. Glutamin besetzt. Der Austausch einer unpolaren Aminosäure gegen eine
polare oder geladene Aminosäure sollte einen drastischen Einfluss auf das Redoxpotential
des FeS-Zentrums haben. In synthetischen Modellen, die an diesen Positionen die
unpolaren Aminosäuren aufwiesen, wurden Redoxpotentiale von –350 mV gefunden[94].
Das Ergebnis der Redoxtitration zeigt, dass die kurze Aminosäuresequenz mit 16 Resten
effektiv in der Lage ist, die eingebauten [4Fe4S]-Zentren gegen das Lösemittel
abzuschirmen und eine ausreichend hydrophobe Umgebung zu bilden. Trotz ihrer geringen
Größe weisen die beiden Peptide FA und FB die negativsten Reduktionspotentiale aller
künstlichen [4Fe4S]-Zentren auf.
3.2.8. NMR-Spektroskopie
Bei einem Polypeptid von 16 Aminosäuren bietet sich zur Bestimmung der Struktur die
NMR-Spektroskopie an, da die Seitenketten der Cysteinreste durch den engen Kontakt zu
den paramagnetischen Zentren direkt identifiziert werden können. Durch Verwendung von
eindimensionalen
und
zweidimensionalen
NOE-Spektren
können
die
restlichen
Aminosäuren identifiziert und eine Struktur in Lösung bestimmt werden, die für die
weitere Analyse der EPR- und ENDOR-Daten in Bezug auf die Spindichteverteilung des
ungepaarten Elektrons in dem FeS-Zentrum hilfreich wäre.
Die 1H-NMR-Spektren der Modellpeptide FA und FB zeigen die Protonen der Aminosäuren
im erwarteten Bereich zwischen 0 ppm und 9 ppm. Aufgrund der paramagnetischen
Eigenschaften der Probe ist die Auflösung der individuellen Linien jedoch gering. Es
konnten weder für das Modell FA noch für das Modell FB paramagnetisch verschobene
Signale nachgewiesen werden, wobei ein Messbereich bis 70 ppm untersucht wurde. Das
vollständige Fehlen der Signale in der näheren Umgebung der paramagnetischen Zentren
führte zu der Annahme, dass die Signale zu stark verbreitert werden und daher nicht mehr
detektiert werden können. Die NMR-Spektroskopie wird ebenfalls durch das Auftreten der
kolloidalen Eisenpartikel erschwert, die bereits die Mössbauer-Spektroskopie bei
angelegtem Magnetfeld verhindert haben und durch die Tatsache, dass die Peptide mit
[4Fe4S]-Zentrum lediglich eine Minderheit der gesamten Probe darstellen. Bevor diese
129
Ergebnisse und Diskussion
Methode zu dem gewünschten Ergebnis führen kann, muss zunächst der Einbau der
FeS-Zentren optimiert und anschließend die unspezifisch gebundenen Eisenionen aus der
Probe entfernt werden.
3.2.9. Bindung an das Photosystem I
Beide Modellpeptide sollten auch bezüglich ihrer Fähigkeit untersucht werden, an das
Photosystem I, nach Entfernung der Untereinheiten C, D und E, zu binden. Zusammen mit
den Untereinheiten werden die FeS-Zentren FA und FB des PS I entfernt, während das
Zentrum FX, das von den Untereinheiten PsaA und PsaB gebunden wird, im PS I verbleibt.
Während das Peptid FA drei Aminosäuren enthält, die direkt an der Bindung der
Untereinheit C beteiligt sind, besitzt das Peptid FB keine Aminosäure, die an dieser
Wechselwirkung teilnimmt. Daher wird für FA eine höhere Wahrscheinlichkeit der
Bindung an das PS I erwartet.
3.2.9.1.
Optische Experimente
Die Kinetik der Ladungsrekombination nach Anregung durch einen Laserblitz ist für das
Photosystem I bereits in früheren Studien untersucht worden[113] (vgl. Abschnitt
5.1.11)[114]. Dabei zeigte sich ein deutlicher Unterschied in der Kinetik der Rückreaktion
zwischen nativem PS I und modifiziertem PS I, bei dem die Untereinheiten C, D und E
entfernt wurden, weil ohne diese Untereinheiten die terminalen Elektronenakzeptoren
fehlen (Abbildung 66). Wenn eines der Modellpeptide in der Nähe des FX-Zentrums bindet
und dadurch am Elektronentransfer beteiligt ist, ist eine Änderung der Rückreaktionskinetik zu erwarten. In diesem Fall läge im Anschluss an das Zentrum FX ein weiterer
Elektronenakzeptor vor, der in der Kinetik der Ladungsrekombination eine Änderung
verursachen würde.
Die Experimente zur Bestimmung der Kinetik der Ladungsrekombination wurden zunächst
in Gegenwart eines Überschusses je eines der Peptidmodelle durchgeführt. Nachdem eine
Änderung der Kinetik beobachtet werden konnte, wurde das überschüssige Peptide durch
wiederholte Verdünnung und Konzentration der Probe über einen Mikrokonzentrator
130
Ergebnisse und Diskussion
(Membrangröße 100 kDa) entfernt. Bei der anschließenden erneuten Messung wurde eine
identische Kinetik beobachtet.
Abbildung 66: Arbeitsmodell zum Verständnis der Ladungsrekombinationskinetik im PS I in Gegenwart der
Modellpeptide (Mp) basierend auf den Daten des nativen PS I (modifiziert nach Golbeck et al.[93]). Die Wege
der Ladungsrekombination im PS I ohne seine stromalen Untereinheiten C, D und E sind in schwarz
dargestellt und diejenigen im nativen PS I in rot. Der ideale Fall der Beteiligung der Modellpeptide am
Elektronentransfer ist in grün dargestellt. Da vom PS I in Gegenwart der Peptidmodelle keine Kristallstruktur
untersucht wurde, wurde das Energieniveau (Mp) an einem logisch sinnvollen Punkt entlang der Abszisse
positioniert.
Die Kinetik der Rückreaktion im PS I zeigt eine Verlangsamung in Gegenwart eines
Überschusses von jeweils einem Modellpeptid im Vergleich zur Referenz (Abbildung 67).
Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass die Modelle am
Elektronentransfer beteiligt sind. Zusätzlich bleibt der Einfluss der Modellpeptide trotz
Aufreinigung
durch
wiederholtes
verdünnen
131
und
aufkonzentrieren
der
Probe
Ergebnisse und Diskussion
(100 kDa Membrangröße) erhalten. Diese Beobachtung weist auf eine stabile Bindung
bzw. einen irreversiblen Einfluss der Modellpeptide hin. Die einzige Position für eine
solche Beteiligung am Elektronentransfer ist die Bindungsstelle der Untereinheit PsaC, da
die restlichen Kofaktoren der Elektronentransportkette im Inneren des Proteins liegen und
daher nicht für die Modellpeptide zugänglich sind.
Abbildung 67: Blitzlicht-induzierte transiente Absorptionsänderung von P700 in PS I zur Bestimmung der
Kinetik der Ladungsrekombination. Das Photosystem I ohne die Untereinheiten C, D und E (schwarz) zeigt
eine schnellere Kinetik im Vergleich zu Messungen in Gegenwart der Modellpeptide FA (blau) und FB (grün).
3.2.9.2.
EPR-Experimente
Wie die optische Untersuchung der Elektronentransferkinetik gezeigt hat, sind beide
Peptide in der Lage, mit dem Photosystem I, dem die Untereinheiten C, D und E fehlen, zu
interagieren und dadurch den Elektronentransfer zu beeinflussen Wenn die Modelle am
Elektronentransfer beteiligt sind, müsste im EPR-Spektrum bei Belichtung der Probe das
Signal des reduzierten [4Fe4S]1+-Zentrums auftreten.
Wird das modifizierte Photosystem I in Gegenwart eines der Modellpeptide bei 10 K
belichtet,
wird
kein
Signal
eines
reduzierten
FeS-Zentrums
beobachtet.
Das
Kontrollexperiment mit nativem Photosystem I inklusive der Untereinheiten C, D und E
zeigt nach der Belichtung bei 10 K das erwartete Interaktionsspektrum der beiden
132
Ergebnisse und Diskussion
reduzierten Eisen-Schwefel-Zentren mit g-Werten von 2,056, 1,949 und 1,899 für das
Zentrum FA und 2,056, 1,934 und 1,899 für das Zentrum FB[115]. Da die im
vorangegangenen Kapitel beschriebenen optischen Messungen bei Raumtemperatur
durchgeführt wurden, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass der
Elektronentransfer zu den Modellpeptiden durch die tiefe Temperatur beeinflusst wird. Um
diese Möglichkeit auszuschließen, wurde das Experiment wiederholt und die Proben unter
kontinuierlicher
Belichtung
eingefroren,
so
dass
der
Elektronentransfer
bei
Raumtemperatur stattfinden konnte, aber eine Ladungsrekombination durch die tiefe
Temperatur verhindert wird. Auch in diesem Fall konnte für das vollständige Photosystem
I das erwartete Spektrum beobachtet werden, während die Proben, die die Modellpeptide
enthielten, keine Signale eines reduzierten [4Fe4S]-Zentrums aufwiesen.
Mit Hilfe der EPR-Spektroskopie konnte kein Nachweis für eine Bindung der Peptide an
das Photosystem I ohne seine stromalen Untereinheiten C, D und E erbracht werden.
Allerdings stellt diese Beobachtung nicht unbedingt einen Widerspruch zu den optischen
Messungen dar. Der Einfluss der Ladungsrekombination, der durch die optischen
Messungen detektiert wurde, muss nicht unbedingt durch eine direkte Beteiligung des
Modellpeptides im Rahmen einer Reduktion stattfinden. Durch eine Bindung an das
Photosystem könnte die Geometrie in der Umgebung des FX-Zentrums verändert werden,
sodass eine veränderte Kinetik der Ladungsrekombination resultiert. Allerdings gibt es im
Augenblick keine Daten, die die Wechselwirkung der Modellpeptide mit dem Photosystem
näher beschreiben oder eine fundierte Interpretation zulassen.
133
Ergebnisse und Diskussion
3.2.10. Zusammenfassung
In diesem Teil der Arbeit konnten vier unterschiedliche Peptide mit jeweils 16
Aminosäuren Länge unter Verwendung der Fmoc-basierten SPPS dargestellt und
charakterisiert werden, mit denen ein [4Fe4S]-Zentrum gebunden werden sollte. Als
Vorbild für diese Modelle dienten die drei Eisen-Schwefel-Zentren FA, FB und FX des
Photosystems I. Eines der Peptide (FX1) war nicht in der Lage den gewünschten Kofaktor
einzubauen, während ein weiteres Peptid (FX2) den gewünschten Kofaktor nicht spezifisch
genug eingebaut hat. Hierbei wurde mindestens eine weitere paramagnetische Spezies
gebildet, die nicht detailliert charakterisiert werden konnte. Die beiden synthetischen
Peptide FA und FB binden den gewünschten Kofaktor. Durch EPR- und MössbauerSpektroskopie konnte die Identität der Kofaktoren in beiden Redoxzuständen [4Fe4S]2+/1+
zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die für native FeS-Proteine charakteristische
Merkmale, wie Wasserstoffbrückenbindungen und Elektronenspindichte auf den
Sulfidionen des FeS-Zentrums, wurden durch ENDOR- und ESEEM-Spektroskopie
nachgewiesen. Obwohl eine detaillierte Analyse der ENDOR-Spektren bezüglich der
Bindungswinkel der Cystein β-CH2-Gruppen und der Spindichte auf den Sulfidionen des
FeS-Zentrums nicht möglich war, zeigen sie bereits deutliche Unterschiede der Modelle
zum nativen Vorbild auf. Die Spindichte des ungepaarten Elektrons auf den Sulfidionen ist
in den Modellen wahrscheinlich deutlich geringer als in den Zentren des nativen
Photosystems I. Die Modelle besitzen Redoxpotentiale von –490 mV (FA) und –470 mV
(FB), die im Rahmen des Fehlers identisch sind. Trotz ihrer geringen Größe weisen die
beiden Peptide FA und FB damit das negativste Redoxpotential aller bisher dargestellten
Peptid-basierten Modelle auf und liegen verhältnismäßig dicht an den Werten ihrer nativen
Vorbilder. Im Vergleich zu den Zentren FA und FB in der Untereinheit PsaC des
Photosystems I zeigen die experimentell ermittelten Daten des Peptidmodells FB generell
eine bessere Übereinstimmung. Sowohl im Redoxpotential, als auch bei den magnetischen
Eigenschaften zeigt es eine deutlich bessere Übereinstimmung mit dem nativen Vorbild als
das Peptidmodell FA. Letzteres weist deutlich kürzere Relaxationszeiten in der EPRspektroskopischen Untersuchung auf, die möglicherweise auf die Bildung von Aggregaten
zurückzuführen ist.
134
Ergebnisse und Diskussion
3.2.11. Ausblick
Bei der Fortführung dieses Projektes steht die Analyse, wie das Peptid die Eigenschaften,
insbesondere das Redoxpotential, des Kofaktors beeinflusst, klar im Vordergrund.
Basierend auf der Analyse von 510 natürlichen Eisen-Schwefel Proteinen[95] kann der
Einfluss der einzelnen Aminosäuren auf das Redoxpotential untersucht werden. Dabei sind
die Aminosäuren zwischen dem ersten und dritten Cystein der Bindungssequenz von
besonderem Interesse. Die in dieser Arbeit ausführlich charakterisierten Peptidmodelle FA
und FB unterscheiden sich in den Positionen 8 und 9 ihrer Aminosäuresequenz direkt nach
dem zweiten konservierten Cystein deutlich von der Mehrheit der natürlichen Proteine. In
den nativen Sequenzen wird in der Position 8 zu 47 % ein Glycin und in der Position 9 zu
18 % ein Alanin gefunden. Während dies die häufigsten Aminosäuren in diesen Positionen
sind, werden an diesen Stellen im Modell FA die Aminosäuren Lysin und Arginin bzw. in
FB Threonin und Glutamin eingesetzt, weil sie in der nativen Bindungssequenz der
jeweiligen Zentren auftreten. Der Einfluss dieser polaren bzw. geladenen (Arg)
Aminosäuren auf das Redoxpotential des FeS-Zentrums müsste nachweisbar sein,
insbesondere, weil ein recht ähnliches Modell, das FdM-Pa, welches ebenfalls aus 16
Aminosäuren besteht, ein Redoxpotential von –350 mV aufweist[94]. Die Änderung des
Redoxpotentials von etwa 100 mV durch den Austausch einer einzelnen polaren gegen
eine unpolare Aminosäure würde eindeutig die bisher gängigen Modelle des Einflusses der
Peptidkette auf diese Klasse der Kofaktoren unterstützen.
In einem zweiten Ansatz kann die Sequenz insgesamt überarbeitet werden, um die geringe
Effizienz der Rekonstitution zu verbessern. Da von den Modellpeptiden keine strukturellen
Informationen erhalten werden konnten und eine Kristallisation von synthetischen
Peptiden häufig schwieriger ist als im Fall von nativen Proteinen, wäre aufgrund der
geringen Länge des Peptides ein kombinatorischer Ansatz denkbar. Von den 16
Aminosäuren sind die vier Positionen der Cysteinliganden festgelegt. Außerdem haben
frühere Studien ergeben, dass hinter dem ersten Cystein eine Aminosäure mit sterisch
aufwändiger Seitenkette positioniert sein sollte, z. B. Isoleucin oder Valin, und das
gesamte Bindungsmotiv durch ein Prolin terminiert wird. Die Aminosäure Tryptophan in
Position 16 dient als spektroskopische Sonde und ist daher ebenfalls von Veränderungen
der Peptidkette ausgenommen. Von den restlichen 9 Positionen könnte zunächst der
135
Ergebnisse und Diskussion
künstlich entworfene Mini-„loop“ beibehalten werden, wodurch nur noch sechs variable
Positionen bleiben. Als „screening“-Parameter wäre in diesem Fall das durch
UV-Vis-Spektroskopie bestimmte Bandenverhältnis der Absorptionen bei 280 nm und
400 nm.
Auf diese Weise kann in kurzer Zeit eine optimale Effizienz der Rekonstitution erreicht
werden, allerdings würden die in dieser Arbeit beschriebenen Eigenschaften der Modelle
bei dieser Vorgehensweise verloren gehen.
136
Zusammenfassung
4.
Zusammenfassung
Die Charakterisierung der nativen Photosysteme ist aufgrund der Zahl der in ihnen
enthaltenen Kofaktoren äußerst schwierig. Jeder einzelne Kofaktor wird durch seine
direkte Proteinumgebung derart beeinflusst, dass er seine Aufgabe im Gesamtkonzept
optimal ausführen kann. Um ein derart komplexes System untersuchen und verstehen zu
können, müssen zunächst die Bausteine, aus denen es besteht, charakterisiert und
verstanden werden. Dies ist nur möglich, wenn kleine und einfach strukturierte
Modellsysteme zur Verfügung stehen, die vollständig charakterisiert und umfassend
variiert werden können.
Der lichtangeregte Triplettzustand von Chlorophyllen und Phäophytinen senkt durch seine
lange Lebensdauer und seine hohe Reaktivität die Effizienz der photosynthetischen
Lichtreaktion und kann zu irreparablen Schäden in den Reaktionszentren führen. Aus
diesem Grund muss er in nativen Systemen effizient und schnell gelöscht werden, was
durch die Carotinoide in den Photoreaktionszentren erreicht wird. Als spektroskopische
Sonde ist er dagegen unverzichtbar, da er die Möglichkeit bietet, direkt die Molekülorbitale
des lichtangeregten Singulettzustands (HOMO und LUMO) zu untersuchen. Die wichtigste
spektroskopische Methode, um lichtangeregte Triplettzustände zu charakterisieren, ist die
EPR-Spektroskopie und die darauf aufbauende ENDOR-Spektroskopie.
Ein Ziel dieser Arbeit war die EPR- und ENDOR-spektroskopische Charakterisierung von
monomeren Chlorophyll a Derivaten und Zink-Protoporphyrin. Metall-Protoporphyrine
sind in nativen Systemen zwar nicht an Photoreaktionen beteiligt, zeichnen sich jedoch
durch eine hohe Triplettausbeute nach Lichtanregung aus und dienen in dieser Arbeit
stellvertretend für Porphyrine als Testmoleküle.
Weil Chlorophylle und deren Derivate in organischen Lösemitteln zur Aggregation neigen
und in wässrigen Lösungen nahezu vollständig unlöslich sind, wurde auf eine Proteinbasierte Matrix zur Erzeugung von monomeren Chlorophyllderivaten in Lösung
zurückgegriffen. Auf diese Weise konnten die Komplexe von ZnPPIX, ZnPheid a,
ZnPPheid a, ZnMePPheid a und ZnMePPheid a mit Apo-Myoglobin dargestellt werden.
137
Zusammenfassung
Die Komplexe wurden durch die UV-Vis-Spektroskopie charakterisiert, wobei alle
Kofaktoren nach Einbau in die Proteinmatrix eine Verschiebung der Absorptionsbanden in
den langwelligen Bereich zeigten. Um die Integrität der Proteinkomplexe zu überprüfen,
wurde ihre Stabilität gegenüber der Entfaltung untersucht. Die Tatsache, dass eine
Stabilisierung der Proteinstruktur gegenüber der Apo-Form nur bei einigen Kofaktoren
gefunden werden konnte, wurde als ein Homogenitäts- bzw. Heterogenitätskriterium
verwendet. Diese Interpretation wurde durch die NMR-Spektroskopie unterstützt, mit der
die Homogenität der Proteinkomplexe anhand von zwei Signalen untersucht werden
konnte, die bei negativen ppm-Werten im Spektrum auftraten und der Aminosäure Valin
68 zugeordnet wurden. Nach der vollständigen Charakterisierung der Proteinkomplexe
wurden die Triplettzustände nach Lichtanregung durch die EPR- und ENDORSpektroskopie untersucht. Die Nullfeldparameter, die durch die EPR-spektroskopischen
Messungen erhalten wurden, zeigten eine gute Übereinstimmung mit nativen Systemen.
Die ENDOR-Spektren konnten durch die Ergebnisse quantenchemischer Rechnungen
interpretiert werden. Hierbei konnten erstmals die vier Methinprotonen und alle
Methylgruppen des Ringsystems zugeordnet werden. Der Vergleich der freien Kofaktoren
und denjenigen, die durch das Protein komplexiert vorlagen, zeigte, dass die
Hyperfeinkopplungskonstanten der Methinprotonen und einiger Methylgruppen durch die
Komplexierung zunahmen, während die Kopplungskonstanten der restlichen Substituenten
nahezu unverändert blieben.
Durch die Verwendung unterschiedlicher Kofaktoren konnte ebenfalls festgestellt werden,
dass eine unveresterte Propionsäure als Substituent des Kofaktors das Bindungsverhalten
verbessert, während ein Methylester negative Auswirkungen hat. Mit den veresterten
Kofaktoren konnten keine stöchiometrischen Komplexe dargestellt werden.
Die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse zeigen das Potential der dargestellten
Modellkomplexe, monomere Kofaktoren abhängig von der Proteinumgebung vollständig
zu charakterisieren. Durch Variationen in der Proteinumgebung kann der Einfluss des
Proteins auf die Eigenschaften des Kofaktors untersucht werden. Insbesondere die
Verteilung der Elektronenspindichte nach Lichtanregung auf dem Molekülgerüst kann auf
diese Weise detailliert untersucht werden. Ferner besteht die Möglichkeit, die hier
durchgeführten Untersuchungen auf eine Vielzahl photoaktiver, biologisch relevanter
138
Zusammenfassung
Kofaktoren auszudehnen und eine wichtige Interpretationshilfe für die Prozesse in den
photosynthetisch aktiven Proteinen bereitzustellen.
Neben den Chlorophyllen und ihren metallfreien Basen, den Phäophytinen, sind
[4Fe4S]-Zentren als terminale Elektronenakzeptoren ein wichtiger Bestandteil des
Photosystems I. Daher wurden in einem zweiten Teil dieser Arbeit Modellpeptide für diese
Zentren entworfen.
Die Modellpeptide wurden unter Verwendung der Fmoc-Peptidsynthese mit 16 %
Ausbeute
dargestellt
und
durch
HPLC-Chromatographie
und
MALDI-TOF-
Massenspektrometrie charakterisiert. In den wichtigsten spektroskopischen Eigenschaften
entsprechen die Modelle von FA und FB ihren Vorbildern aus der Untereinheit PsaC des
Photosystems I. Nach dem Einbau der FeS-Zentren zeigen die Modellpeptide ein für
[4Fe4S]-Zentren charakteristisches UV-Vis-Spektrum mit einer Absorption bei 400 nm,
die durch einen charge-transfer von den Sulfid- zu den Eisenionen verursacht wird. Diese
Absorptionsbande nimmt durch Reduktion des durch das jeweilige Modellpeptid
gebundene FeS-Zentrum um etwa 50 % ab, wie es für ein solches System erwartet wird.
Bei der EPR-spektroskopischen Charakterisierung im reduzierten Zustand weisen die
Modellpeptide nur geringe Abweichungen von den FeS-Zentren FA und FB des PS I auf.
Die g-Werte von 2,04, 1,93, und 1,90 stimmen mit den Daten des nativen Systems überein.
Im oxidierten Zustand sind die [4Fe4S]2+-Zentren EPR-inaktiv und können durch diese
Methode nicht charakterisiert werden. Diese Lücke konnte durch Verwendung der
Mössbauer-Spektroskopie geschlossen werden. Sie bietet die Möglichkeit, verschiedene
FeS-Zentren in ihren unterschiedlichen Redoxzuständen zu unterscheiden, wodurch die
Peptid-gebundenen [4Fe4S]-Zentren unabhängig von anderen Methoden in beiden
Redoxzuständen charakterisiert werden konnten. Durch die ENDOR-Spektroskopie konnte
gezeigt werden, dass die Spindichteverteilung innerhalb des FeS-Zentrums von derjenigen
der nativen Systeme abweicht, wodurch kleinere Hyperfeinkopplungskonstanten
resultierten.
Durch
die
gleiche
Methode
konnten
erste
Hinweise
auf
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem FeS-Zentrum und Amidprotonen der
Polypeptidkette erhalten werden. Diese Ergebnisse konnten durch den Vergleich der
ESEEM-Spektren des nativen Systems mit denen der beiden Modellpeptide bestätigt
werden. Das Redoxpotential, die wichtigste Eigenschaft für einen Kofaktor des
Elektronentransfers, liegt in einem vergleichbaren Bereich, wie er für das native System
139
Zusammenfassung
beschrieben ist. Damit wurden in dieser Arbeit Modellpeptide mit dem bisher negativsten
Redoxpotential (-470 mV) hergestellt. Trotz ihrer geringen Größe von lediglich 16
Aminosäuren sind die Modellpeptide in der Lage, das FeS-Zentrum gut gegen das
umgebende Lösemittel abzuschirmen, so dass ein derart negatives Redoxpotential
ermöglicht wird. Da andere Modellsysteme mit ähnlichen Peptidlängen ein Redoxpotential
etwa 100 mV positiver aufwiesen, muss dieser Parameter signifikant durch die
Polypeptidkette beeinflusst werden. Ein kurzes synthetisches Peptid bietet die beste
Möglichkeit, diesen Einfluss zu studieren. Der wesentliche Unterschied der hier
dargestellten Modelle zu früheren Ansätzen liegt in den Positionen 8 und 9 der
Peptidsequenz. In dieser Arbeit treten polare bzw. geladene Aminosäuren an diesen
Positionen in der Sequenz auf, während in früheren Studien unpolare Aminosäuren mit
kleinen Seitenketten verwendet wurden.
Neben Modellen für die FeS-Zentren FA und FB wurden auch Modellpeptide für das
Zentrum FX dargestellt. Sie waren jedoch nicht in der Lage, ausschließlich das gewünschte
[4Fe4S]-Zentrum zu binden. Das FX-Zentrum, das durch die Untereinheiten PsaA und
PsaB im Photosystem I gebunden wird, ist äußerst schwierig zu modellieren, da zwei
flexible „loops“ ohne Sekundärstrukturelemente im PS I die Liganden bereitstellen. Eine
solche Struktur kann ohne externe Vorgabe der Konformation wahrscheinlich nicht durch
ein kurzes Peptid modelliert werden. Die dargestellten Strukturen sind zu flexibel,
wodurch der Entropieverlust des Systems, der durch Bindung eines FeS-Zentrums entsteht,
nicht durch die Bindungsenthalpie des Zentrums aufgewogen werden kann.
Ein weiteres Ziel der Arbeit war es, zu untersuchen, inwieweit eine Wechselwirkung der
Modellpeptide mit dem PS I zu beobachten ist, bzw. ob die Modelle in der Lage sind, die
Funktion der natürlichen FeS-Zentren zu übernehmen.
Die absorptionsspektroskopische Analyse der Ladungsrekombinationskinetik nach
Lichtanregung im PS I zeigt eine Verlangsamung der Kinetik in Gegenwart der
Modellpeptide. Überraschenderweise zeigen beide Modellpeptide einen ähnlich starken
Einfluss auf die Kinetik, was als Wechselwirkung mit dem PS I interpretiert werden muss.
Allerdings weist nur das Modellpeptid FA drei Aminosäuren auf, die an der Bindung der
nativen Untereinheit PsaC zum PS I-Kern, bestehend aus den Untereinheiten PsaA und
PsaB, beteiligt sind. Eine Wechselwirkung dieses Peptides mit dem PS I-Kern wurde
erwartet und experimentell gefunden. Das Modell FB besitzt keine Aminosäure, die im
140
Zusammenfassung
natürlichen PS I an der Bindung der Untereinheit PsaC beteiligt ist. Trotzdem zeigt dieses
Modell den gleichen Effekt wie das Modell FA. Welche Ursache der Einfluss der
Modellpeptide auf die Kinetik der Ladungsrekombination hat, konnte nicht abschließend
geklärt werden. Eine Reduktion der Modelle durch Aufnahme eines Elektrons vom FXZentrum aus dem PS I-Kern ist die wahrscheinlichste Art der Interaktion. Diese konnte
jedoch durch die EPR-Spektroskopie nicht nachgewiesen werden. Eine rein statische
Wechselwirkung, die die Eigenschaften des Zentrums FX ändert, ist zwar ebenfalls
möglich, ist aber experimentell äußerst schwer nachzuweisen.
Die Untersuchung der Modellpeptide durch die NMR-Spektroskopie, um strukturelle
Informationen zu erhalten, erbrachte keine auswertbaren Ergebnisse. In keinem Spektrum
konnten paramagnetisch verschobene Signale von Aminosäuren beobachtet werden. Die
Untereinheit PsaC dagegen konnte in früheren Arbeiten im isolierten Zustand und
gebunden an das PS I vollständig durch die NMR-Spektroskopie charakterisiert werden.
Um durch die NMR-Spektroskopie Aufschluss über die Struktur der Modellpeptide in
Lösung zu erhalten, muss daher zunächst die Einbaueffizienz der FeS-Zentren in die
Modellpeptide erhöht werden.
Die in dieser Arbeit dargestellten Modellpeptide bieten das Potential zu einem besseren
Verständnis, wie die physikalischen Eigenschaften eines Eisen-Schwefel-Zentrums durch
die Proteinumgebung beeinflusst werden, beizutragen. Die Peptidsequenzen können
schnell dargestellt und einfach in einer beliebigen Position variiert werden. Nach der
Rekonstitution können sie durch verschiedene spektroskopische Methoden bezüglich der
Einbaueffizienz und ihrer magnetischen Eigenschaften charakterisiert werden, wodurch
Rückschlüsse auf den Einfluss der veränderten Peptidsequenz gezogen werden können.
141
Zusammenfassung
142
Experimenteller Teil
5.
Experimenteller Teil
5.1.
Geräte und Methoden
5.1.1. NMR-Spektroskopie
Die NMR-Spektren wurden nach dem Fast-Fourier-Transform (FFT)-Verfahren mit den
Spektrometern DRX-500 und DRX-400 der Firma Bruker aufgenommen. Die chemischen
Verschiebungen werden in Bezug auf das verwendete deuterierte Lösemittel angegeben.
Bei in Wasser gelösten Proben erfolgte die Lösemittelunterdrückung durch das Verfahren
der „Presaturation“, bei dem die Resonanzlinie des Lösemittels Wasser vor jedem
Messzyklus gesättigt wird. Die Signalmultiplizitäten werden durch die Abkürzungen
s (Singulett), d (Dublett), t (Triplett), q (Quartett) und m (Multiplett) angegeben. Die
Kopplungskonstanten J werden in Hertz (Hz) angegeben. Die Zuordnung der Signale
erfolgt durch Vergleich mit Literaturdaten.
5.1.2. UV-Vis-Spektroskopie
Die UV-Vis-Absorptionsspektren wurden entweder mit einem ATI Unicam UV2-300
Spektrometer oder einem Shimadzu UV-2401PC Spektrometer aufgenommen. Es werden
die Wellenlängen der Absorptionsmaxima, sowie deren relative Intensität angegeben. Alle
Spektren wurden in Quarzküvetten mit einer Schichtdicke von 1 cm gegen eine
Referenzküvette
mit
Referenzlösemittel
gemessen.
Banden,
die
aufgrund
von
Überlagerungen mit anderen Absorptionsbanden kein ausgeprägtes Maximum aufweisen,
werden mit sh (shoulder) gekennzeichnet.
143
Experimenteller Teil
5.1.3. Infrarot-Spektroskopie
Die Infrarot-Spektren wurden in einem Bruker IFS 66 FT-IR-Spektrometer oder einem
Perkin-Elmer 1600 Spektrometer in KBr als Matrix gemessen. Die Position der Banden
wird in Wellenzahlen (cm-1) angegeben. Die Angabe beschränkt sich auf die stärksten
Banden der jeweiligen funktionellen Gruppen.
5.1.4. Massenspektrometrie
Die Massenspektren der Peptide und Proteine wurden durch Matrix-Assisted Laser
Desorption Ionization Time of Flight (MALDI-TOF) Spektroskopie mit einer Voyager DE
Pro Workstation in Verbindung mit einem Hochgeschwindigkeits-Digitalisierer der Firma
LeCroy gemessen. Die Messgenauigkeit lag bei ±0,1 % des Molekulargewichtes. Für die
synthetischen Peptide wurden 2,5-Dihydroxybenzoesäure, 3,5-Dimethoxy-4-hydroxyzimtsäure
und
α-cyano-4-hydroxyzimtsäure,
für
Myoglobin
wurden
zusätzlich
2,6-Dihydroxyacetophenon und 6-Aza-2-thiothymin als Matrices verwendet. Die
Aufnahme der Spektren erfolgte bei einer Beschleunigungsspannung von 20000 V und
einer Verzögerungszeit von 300 nsec.
Die Elektronenionisationsspektren der dargestellten Phäophorbide wurden mit einem MAT
311A oder 8230 Spektrometer der Firma Finnigan mit einer Ionisierungsenergie von 70 eV
aufgenommen. Zur Ionisierung kam die Elektrosprayionisation (ESI) zum Einsatz. Als
Probenmatrix diente Dimethyloxybenzylalkohol oder m-Nitrobenzylalkohol.
5.1.5. Säulenchromatographie
Die präparative Säulenchromatographie wurde in selbstgefüllten Schwerkraftsäulen
verschiedener Größe auf Silikagel 60 der Firma Merck (Korngröße 63 – 40 µm) als
stationäre Phase durchgeführt. Des weiteren kamen Sepakron-FPGC Säulen der Firma
Kronlab mit den Lösemittelpumpen Büchi 688 oder Besta E-100 zum Einsatz. Diese
Säulen wurden mit einem Druck von 1 bis 10 bar betrieben.
144
Experimenteller Teil
5.1.6. Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)
Die HPLC der synthetischen Peptide wurde auf einem HPLC-System der Firma GilsonAbimed durchgeführt unter Verwendung von zwei gekoppelten Gradientenpumpen (Typ
331 und 332) mit einem Detektor vom Typ UV/Vis-156. Dabei wurde eine Säule der
Firma Vydac vom Typ 218TP1002 Protein & Peptide C18 (200 x 20 mm, 300 Å)
verwendet. Es wurde ein Gradient mit 45 Minuten Länge eines Wasser/AcetonitrilGemisches verwendet, der Anteil an Acetonitril wurde während dieser Zeit von 20 % auf
70 % erhöht. Alle Lösemittel enthielten 0,1 % TFA und wurden entgast.
Präparative HPLC Trennungen der Phäophorbide wurden mit einer Pumpe der Firma
Gilson-Abimed an einer Nucleosil C-18 Umkehrphasensäule der Firma Macherey & Nagel
(250 x 20 mm) als stationärer Phase unter Verwendung eines Detektors der Firma
Shimadzu SPD10 AV (VP) durchgeführt. Die mobilen Phasen sind jeweils bei den
Verbindungen angegeben.
5.1.7. Fluoreszenzspektroskopie
Die Fluoreszenzspektroskopie für die Entfaltungsstudien wurde auf einem Cary Eclipse
Fluoreszenzspektrometer der Firma Varian durchgeführt. Typischerweise wurde bei
290 nm die Fluoreszenz der Aminosäure Tryptophan angeregt und diese im Bereich von
300 nm bis 450 nm detektiert. Zur Ermittlung der Wellenlänge des Fluoreszenzmaximums
wurden die Messkurven durch ein Polynom 9. Grades interpoliert. Die Probenkonzentration lag zwischen 30µM und 300 µM.
5.1.8. Circular Dichroismus- (CD) Spektroskopie
Für die CD-Spektroskopie kam ein Jasco J-715 Spektrometer zum Einsatz. Das
Spektrometer wurde vor jeder Messung mit 60 mg (1R)-(-)-Campher-10-sulfonsäure
Ammoniumsalz in 100 ml H20 auf einen Wert von θ291=-181,6 mdeg (d=10 mm) kalibriert.
145
Experimenteller Teil
Die Spektren wurden im Bereich von 180 nm bis 240 nm in Quarzküvetten mit einer
Schichtdicke von 0,1 mm aufgenommen.
5.1.9. Anaerobe Arbeiten und elektrochemische Titration
Alle anaeroben Arbeiten wurden in einer Glovebox der Firma Coy Laboratory Products
Inc. (Modell A) mit einer Stickstoff- / Wasserstoffatmosphäre 95/5 (Vol-%) durchgeführt.
Noch vorhandener Rest-Sauerstoff wurde auf zwei Palladiumkatalysatoren mit Wasserstoff
zu Wasser umgesetzt. Der Sauerstoffgehalt wurde kontinuierlich über einen GasanalyseGerät der Firma Coy, Modell 10, kontrolliert und lag unter 1 ppm.
Die elektrochemische Titration wurde in einer Quarzküvette mit einer Referenzelektrode
(Ag/AgCl, 1 M AgCl) und einer Arbeitselektrode (Glascarbon) durchgeführt. Das Potential
der Referenzelektrode wurde nach jeder Anwendung durch ein Zyklovoltammogramm mit
Methylviologen (-449 mV gegen NHE) in 50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0, kontrolliert.
Ein pH-Meter wurde als Anzeigegerät verwendet. Das Potential wurde durch Zugabe einer
Dithionitlösung in kleinen Mengen (< 5µL) eingestellt.
5.1.10. Elektron-Paramagnetische Resonanz Spektroskopie
(EPR)
Die X-Band Triplett-EPR-Spektren der untersuchten Phäophorbide wurden auf einem
Bruker Elexsys 580 Super XFT Spektrometer oder einem ESP 380-E FT-EPR
Spektrometer mit einem dielektrischen Saphirring-Resonator ER4118X-MD-5W1 (EPR)
oder einem EN4118X-MD5-W1 (ENDOR) Resonator aufgenommen. Die Probe wurde
durch einen Heliumkryostat Model CF935 mit einer Temperatursteuerung ITC4 der Firma
Oxford gekühlt. Für die ENDOR Spektroskopie kam ein RF-Verstärker Typ ENI A 500
zum Einsatz. Die Proben wurden mit einem OPO VisIR 100 Laser von GWU belichtet, der
seinerseits von einem Nd:YAG Laser Typ GCR 130 der Firma Spectra Physics betrieben
wurde.
146
Experimenteller Teil
Die Q-Band Triplett-EPR Spektren wurden auf einem Bruker Elexsys 580 Super QFT
Spektrometer mit zylindrischem Eigenbau-Resonator TE011 durchgeführt. Um die Probe
belichten zu können war der Resonator mit Schlitzen versehen. Die Probe wurde durch
einen Heliumkryostat Model CF935 mit einer Temperatursteuerung ITC4 der Firma
Oxford gekühlt.
Die Aufzeichnung der transienten EPR-Spektren erfolgte durch das SpecJet-Modul
(Oszilloskop) des EPR-Spektrometers. Entlang der Zeitachse wurden 2048 Punkte mit 4 ns
Abstand aufgenommen, während entlang der Magnetfeldachse 512 Punkte bei einer Breite
des Spektrums von 1200 Gauss aufgezeichnet wurden. Für jeden Wert des Magnetfeldes
wurden zehn "Decay"-Kurven addiert. Typische Messbedingungen für die transienten
EPR-Spektren: Laserleistung 10 mJ, Wellenlänge 585 nm, Blitzdauer 5 ns, Blitzfrequenz
10 Hz, Temperatur 10 K, Mikrowellenfrequenz 9,436 GHz, Mikrowellenleistung 100 µW
bis 1 mW.
Die X-Band CW-EPR Spektren der FeS-Peptide wurden auf einem Bruker E 500
Spektrometer mit einem Oxford ESR continuus flow Kryostaten, Model 910, mit einer
Temperatursteuerung ITC 503 der Firma Oxford gemessen. Für die Belichtung der Proben
des Photosystems I wurde das Licht eines Leica Pradovit Diaprojektors vom Typ P2002
mit einer 250 W Lampe auf die Probe innerhalb des Resonators fokussiert. Um thermische
Einflüsse durch die Belichtung zu vermeiden kam ein Wasserfilter mit 3 cm Schichtdicke
zum Einsatz. Die Proben wurden bei 15 K insgesamt 10 Minuten belichtet und dabei im
Abstand von zwei Minuten um 90 Grad gedreht, um eine optimale Durchdringung der
Probe zu erreichen.
Typische Bedingungen für X-Band CW-EPR Spektren: Temperatur 10 K, Mikrowellenfrequenz 9,436 GHz, Mikrowellenleistung 10 mW, Modulationsfrequenz 100 kHz,
Modulationsamplitude 10,0 G und Zeitkonstante 40 ms.
Die Temperaturabhängigkeit der Signale wurde zwischen 5 K und 40 K bei 10 mW
Mikrowellenleistung
bestimmt.
Die
Sättigungskurven
wurden
bei
15
K
mit
Mikrowellenleistungen zwischen 25 µW und 200 mW aufgenommen.
Die Leistungsabhängigkeit der EPR-Signale wurde nach Hales et al.[116] ausgewertet.
Dabei kam Gleichung (30) zum Einsatz.
147
Experimenteller Teil
b
⎞2
⎛ P
SI
1
⎛ SI ⎞
und P1 / 2 = 2
= K ⋅ ⎜⎜ 1 / 2 ⎟⎟ mit K = ⎜
⎟
g T1T2
P
⎝ P ⎠ max
⎝ P + P1 / 2 ⎠
(30)
In dieser Gleichung stehen SI für die Amplitude der ersten Ableitung des EPR-Signals, P
für die bei diesem Spektrum verwendete Leistung und P1/2 für die Leistung bei halber
Sättigung. Der Exponent b nimmt für inhomogen verbreiterte Linien, wie sie in
Metalloproteinen beobachtet werden, einen Wert von b = 1 und für homogen verbreiterte
Linien einen Wert von b = 3 an. Die Proportionalitätskonstante K wird zur Normierung der
Messdaten als Maximalwert des Quotienten der Signalamplitude durch die Wurzel der
Mikrowellenleistung definiert. Zur Auswertung wird die normierte Signalintensität
(SI·P-1/2·K-1) gegen den Logarithmus der Mikrowellenleistung aufgetragen und ein Wert
für b = 1 angenommen.
5.1.11. Optische Spektroskopie am Photosystem I zur
Untersuchung der Elektronentransferkinetik
Die Messungen der Elektronentransferkinetik wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. John
H. Golbeck an der Pennsylvania State University durchgeführt. Der Aufbau der Geräte ist
in der Literatur detailliert beschrieben[113]. Das Verfahren wird an dieser Stelle kurz
beschrieben.
Die transienten Absorptionsänderungen des Radikalkations P700+ bei 820 nm wurden im
Bereich von Mikrosekunden bis zu einer Minute nach der Anregung aufgenommen. Der
Messstrahl von 820 nm wurde durch einen DC 25 F Halbleiter Diodenlaser von Spindler
und Hoyer mit einer Ausgangsleistung von 50 mW erzeugt. Um Unregelmäßigkeiten in der
Laserleistung zu korrigieren, wurde der Laserstrahl in Proben- und Referenzstrahl geteilt
und die Intensität beider Strahlen über Photodiodendetektoren in Echtzeit miteinander
verglichen. Die Anregung der Proben erfolgte durch einen Nd-YAG Laser vom Modell
DCR-11 der Firma Spectra-Physics bei 532 nm mit einer Leistung von 135 mJ pro Puls
und einer Pulslänge von 10 ns. Die Datenaufzeichnung wurde durch eine Photodiode
gestartet, die durch das Streulicht des Anregungslasers aktiviert wurde. Die beobachtete
148
Experimenteller Teil
Absorptionsänderung jeder Probe wurde durch Bestimmung der Chlorophyllkonzentration
jeder Probe nach der Messung normiert.
5.1.12. Durchführung der theoretischen Untersuchungen
Die theoretischen Untersuchungen wurden von Dr. Sebastian Sinnecker durchgeführt. Das
Verfahren wird im folgenden kurz beschrieben.
Die Dichtefunktionaltheorie (DFT) wurde benutzt, um die experimentellen Studien durch
quantenchemische Rechnungen zu begleiten[117]. Für die Studien wurden vereinfachte
Modellsysteme gewählt, in denen der Phytylester an Position 17 durch die freie Säure
ersetzt wurde. Alle Modellsysteme wurden vollständig geometrieoptimiert. Hierzu wurden
das BP Dichtefunktional[118-120] und der SV(P) Basissatz eingesetzt[121]. Diese Rechnungen
wurden mit Turbomole durchgeführt[122].
Die Hyperfeinkopplungen wurden mit dem Programm ORCA berechnet[123]. Hierbei wurde
das B3LYP Hybridfunktional[124;
125]
mit der EPR-II Basis kombiniert[126]. Da für
Magnesium oder Zink keine EPR-II Basisfunktionen entwickelt wurden, wurde die TZVP
Basis für diese Modelle verwendet[127]. Dieses Verfahren lieferte bereits in vergangenen
Studien zu Hyperfeinkopplungen von Chlorophyllradikalen zuverlässige Ergebnisse[73; 74].
Dabei handelte es sich jedoch ausschließlich um Systeme mit einem einzelnen ungepaarten
Elektron. Daher ergibt sich in dieser Arbeit die interessante Möglichkeit, etwas über die
Genauigkeit der eingesetzten Methoden für organische Triplettradikale zu erfahren.
5.2.
Synthese und Chemikalien
Alle Chemikalien für die Peptidsynthese wurden von Iris Biotech bezogen und besaßen
mindestens den Reinheitsgrad „zur Peptidsynthese“. Das PAL-PEG-PS Harz für die
Peptidsynthese wurde von Applied Biosystems bezogen. Alle anderen Chemikalien (Roth,
Fluka, Merck, Acros, Aldrich) lagen als „p.a.“ Ware vor. Eine Ausnahme ist
Natriumdithionit (Aldrich), welches lediglich in der Reinheit „technisch“ bezogen wurde.
Alle Lösemittel wurden vor Gebrauch destilliert, sofern sie in der Reinheit technisch
149
Experimenteller Teil
geliefert
wurden.
Wasser
wurde
ausschließlich
aus
einer
Millipore
Wasseraufbereitungsanlage bezogen. Typische Werte für die Leitfähigkeit lagen bei
18,2 MΩ-1 cm-1.
5.2.1. Festphasen-Peptidsynthese (SPPS)
Die Synthese der einzelnen Peptide wurde nach der Fmoc/t-Bu Methode mit einem
Syntheseautomaten der Firma Advanced Chemtech Model 348Ω durchgeführt. In allen
Synthesen wurde ein PAL-PEG-PS Harz als feste Phase verwendet, so dass der
C-Terminus jedes Peptides als Carbonsäureamid vorlag. Der N-Terminus der FeS-Peptide
war eine freie Aminofunktion, bei allen anderen dargestellten Peptiden wurde die
N-terminale
Aminogruppe
acetyliert.
Die
Aminosäuren
wurden
mit
folgenden
Schutzgruppen eingesetzt. Thr, Asp, Glu, Tyr: tert-butyl; Gln, Cys: Trityl; Trp, Lys: Boc
und Arginin wurde durch 2,2,4,6,7-pentamethyl-dihydrobenzofuran-5-sulfonyl (Pbf)
geschützt. Die Aminosäuren Gly, Ile, Pro und Val wurden ohne Schutzgruppe eingesetzt.
Alle Reagenzien wurden in N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) gelöst, außer Piperidin, das
zum Entschützen des N-Terminus verwendet wurde und in DMF gelöst wurde. Die
Reagenzien wurden im Verhältnis 1:5:5:10 (Harz:Aminosäure:Kopplungsreagenz:DIPEA)
eingesetzt. Als Kopplungsreagenzien kamen sowohl TCTU, TBTU und PyBOP, sowohl
einzeln wie auch in Kombination bei Doppelkopplungen, zum Einsatz. Nach jeder
Kopplung und jeder Schutzgruppenabspaltung wurde das Harz sechs Mal mit DMF
gewaschen.
In einer typischen Synthese wurde zunächst das Harz (258 mg, 0,17 mmol/g) für 30
Minuten mit DMF benetzt und anschließend zwei Mal je 15 Minuten mit 25 % Piperidin
versetzt, um die N-terminalen Schutzgruppen zu entfernen. In allen Kopplungszyklen
wurden Doppelkopplungen mit einer Reaktionszeit von 30 Minuten pro Kopplung
durchgeführt. Nach Beendigung der Synthese wurde das Harz vier Mal mit Dichlormethan,
zwei Mal mit Methanol und wieder vier Mal mit Dichlormethan gewaschen. Das Harz
wurde für 90 Minuten im Argonstrom getrocknet und die synthetisierten Peptide wurden
mit einer Mischung aus TFA (36 ml), Thioanisol (2,1 ml) Ethandithiol (1,2 ml) und Anisol
(0,9 ml) vom Harz abgespalten und entschützt. Die erhaltene Lösung wurde über Nacht bei
150
Experimenteller Teil
–20°C gelagert, um eine vollständige Abspaltung der Schutzgruppen zu garantieren.
Anschließend wurde die Abspaltlösung im Vakuum entfernt und die Peptide mit
Ether/Pentan im Verhältnis 1:1 gefällt und sedimentiert. Der erhaltene Feststoff wurde
viermal in Ether/Pentan resuspendiert und anschließend in Essigsäure/Wasser gelöst,
lyophylisiert und mittels HPLC aufgereinigt.
5.2.2. Rekombinantes Pottwal-Myoglobin aus E. coli
Das Plasmid für die Überexpression von rekombinantem Pottwal-Myoglobin wurde von
Prof. Dr. S. Hirota von der Kyoto Pharmaceutical University, Kyoto, Japan, zur Verfügung
gestellt.
Die Anzucht der E. coli Zellen, die Isolierung und Aufreinigung des rekombinanten
Pottwal-Myoglobins und verschiedene Versuche zur Kristallisation wurden von Herrn Dr.
Hideaki
Ogata
durchgeführt.
Der
Einbau
des
Plasmids
erfolgte
durch
die
Transformationsmethode unter Verwendung des „BL21(DE3) Competent Cells“ Kits der
Firma Merck.
Für die Anzucht der Zellen[88;
89; 128; 129]
wurde der E. coli-Stamm BL21DE3 mit dem
wtMb/pET29b-Vektor verwendet. Das Medium bestand aus Trypton (16 g/L), Hefe
Extrakt (10 g/L) und Kochsalz (5 g/L) mit einem pH-Wert von 7,3. Nach der Sterilisation
wurden pro Liter Medium 1 mL des Antibiotikums Kanamycinmonosulfat (25mg/mL)
zugegeben. Die Zellen wurden zunächst in einer Vorkultur (80 mL) über Nacht bei 37°C
kultiviert. Um eine mögliche Kontamination des Mediums auszuschließen, wurde es
während der Wachstumsphase der Vorkultur bei 37°C über Nacht gelagert. Es wurde nur
Medium verwendet, dass keinerlei Anzeichen einer Kontamination (z.B. Trübung etc.)
zeigte. Für die Hauptkultur wurden je 10 mL der Vorkultur auf jeweils 1,6 L Medium in
einer Sterilbank überimpft und über Nacht bei 37°C geschüttelt. Der Rest der Vorkultur
wurde auf Aga-Platten ausgestrichen.
Nach vier bis fünf Stunden erreichte die Hauptkultur einen OD660-Wert zwischen 0,6 und
0,7 relativ zum Medium und die IPTG Induktion mit 320 µL einer 0,5 M IPTGStammlösung pro 1,6 L Medium wurde durchgeführt. Die Zellkultur wurde über Nacht bei
151
Experimenteller Teil
30°C inkubiert und anschließend sedimentiert. Aus acht Liter Medium wurden 30 g
Nassgewicht Zellen erhalten.
Zum Aufschließen wurden je 10 g Zellen 30 mL eines 20 mM TrisHCl-Puffers, pH 8,0,
mit 80 mg Lysozym, 2,65 mg Dithiothreitol, 7,2 mg Protease Inhibitor (Pefabloc SC Plus
Roche, ehem. BioMol), 0,25 mg DNase, 0,4 µL einer Stammlösung mit der Konzentration
1 mg/mL RNase A und 14,9 mg EDTA verwendet. Die Zellen wurden für 30 Minuten auf
Eis in diesem Puffer resuspendiert, bei –80°C eingefroren und nach dem Auftauen erneut
für 30 Minuten gerührt. Anschließend wurde die Suspension bei 40000 g für 20 Minuten in
der Zentrifuge sedimentiert. Bei 4°C wurde der klare Überstand bis zu einer
Endkonzentration von 55 % mit Ammoniumsulfat versetzt (14 g (NH4)2SO4 in 40 mL) und
für 30 Minuten inkubiert. Die denaturierten Proteine wurden bei 40000 g innerhalb von 20
Minuten sedimentiert und der klare, rotbraune Überstand über Nacht gegen vier Liter
20 mM TrisHCl Puffer, pH 8,0, dialysiert.
Die Aufreinigung des Myoglobins erfolgte über eine DEAE Sephacel AnionenaustauscherSäule, die mit 20 mM TrisHCl Puffer äquilibriert war. Auf dieser Säule bindet das
Myoglobin im Gegensatz zu einigen Verunreinigungen nicht und eluiert als rotbraune
Bande. Die erhaltene Fraktion wurde mit einer Spatelspitze Kaliumhexacyanoferrat(III),
gelöst in 20 mM TrisHCl Puffer, pH 8,0, oxidiert und mit 10 %iger Essigsäure auf einen
pH-Wert von 6,0 eingestellt. Die Lösung wurde auf eine CM Sephadex C25 Säule, die mit
20 mM Phosphatpuffer pH 6,0 äquilibriert war, aufgetragen und durch einen manuellen
Stufengradienten mit 50 mM Phosphatpuffer, pH 8,0, eluiert. Abschließen wird die
Proteinlösung
über
Ultrafiltrationsmembranen
mit
10
kDa
Ausschlussgröße
aufkonzentriert.
5.2.3. Darstellung von Apo-Myoglobin
Das kommerziell bezogene polykristalline Myoglobin wird in destilliertem Wasser gelöst
(10 mg/mL) und unter Eiskühlung mit 1 M Salzsäure (66 µL/mL) auf pH 1-2 eingestellt,
wobei eine Farbänderung von rot-braun nach braun zu beobachten war. Diese Lösung
wurde drei Mal mit eiskaltem 2-Butanon extrahiert. Die farblose wässrige Phase wird
zunächst für vier Stunden gegen NaHCO3 (50 mg/L) und 0,1 mM EDTA und anschließend
152
Experimenteller Teil
über Nacht gegen destilliertes Wasser dialysiert. Die Proteinkonzentration wird durch
UV/Vis Spektroskopie bestimmt (ε280=15,2 mM-1 cm-1).
5.2.4. Darstellung von Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX)
Unter Lichtausschluss werden 35 mg Protoporphyrin (PPIX) in 4 ml DMSO gelöst, mit
2 ml einer gesättigten Zinkacetatlösung in DMSO versetzt und über Nacht bei
Raumtemperatur gerührt. Der Reaktionsfortschritt kann durch UV-Vis-Spektroskopie
verfolgt werden, da das Edukt zwei Banden bei 629 nm und 509 nm aufweist, die bei
vollständiger Metallierung nicht mehr auftreten. Nach beendeter Reaktion wird die
Reaktionsmischung mit Ether und Wasser ausgeschüttelt. Die organische Phase wird über
Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum entfernt. Man erhält 35,5 mg (92 %) ZnPPIX als
rotbraunen Feststoff.
UV/Vis (DMSO): 586 nm (0,19), 547 nm (0,20), 423 nm (1,00)
1
H-NMR (400MHz, DMSO): 10,26, 10,18, 10,16, 10,12 (je s, 1H, 5-, 10-, 15-, 20-H),
8,53, 8,50 (je dd, 1H, J=11,6Hz, J=17,8Hz, X von ABX 31-CH, 81-CH), 6,41, 6,40 (je dd,
1H, J=1,7Hz, J=17,9Hz, A von ABX 31-CH, 81-CH), 6,15, 6,14 (je dd, 1H, J=1,7Hz,
J=11,4Hz, B von ABX 31-CH, 81-CH), 3,75, 3,74, 3,63, 3,60 (je s, 3H, 2-, 7-, 12-, 18CH3), 2,7-2,3 (m, 8H, 131-, 132-, 171-, 172-CH2)
MS (ESI): berechnet: 667 g/mol, gefunden: 668 [667+H], 690 [667+Na], 706 [667+K]
153
Experimenteller Teil
5.3.
Darstellung der (Metall-)Phäophorbide
Alle Arbeiten mit Chlorophyllen und deren Derivaten wurden unter Grünlicht
durchgeführt. Die Lagerung der Produkte erfolgte ohne Lösemittel bei –80 °C.
5.3.1. Allgemeine Arbeitsvorschriften
5.3.1.1.
Standardaufarbeitung
Das Reaktionsgemisch wurde mit Ether und Wasser versetzt, bis eine klare Lösung
entstand. Die Phasen wurden separiert und die organische Phase dreimal mit Wasser
gewaschen. Nach Trocknung über Natriumsulfat wurde das Lösemittel unter Vakuum
entfernt.
5.3.1.2.
Abspaltung des Phytylesters
Das entsprechende Phäophytin wurde mit TFA versetzt (1 ml/ 10 mg Pigment) und 10 bis
15 Minuten bei Raumtemperatur gerührt. Nach Entfernung der TFA im Vakuum konnte
der Rückstand ohne Reinigung für die Metallierungsreaktion eingesetzt werden.
5.3.1.3.
Metallierung der Phäophorbide
Zu dem zu metallierenden Phäophorbid wurde je ein 200facher Überschuss an Zinkacetat
und an Natriumacetat gegeben. Bei Pigmenten, die in der 132-Position die Methoxycarbonylgruppe besitzen, wird außerdem eine Spatelspitze Natriumascorbat zugegeben, um
die Racemisierung der 132-Postion zu reduzieren. Als Lösemittel wurde Eisessig
(10 ml/ 15 mg Pigment) verwendet und die Reaktionsmischung wurde für eine Stunde bei
Raumtemperatur gerührt. Der Fortschritt der Reaktion konnte durch UV-VisSpektroskopie verfolgt werden. Nach beendeter Reaktion wurde das Reaktionsgemisch mit
der doppelten Menge an Toluol versetzt und das Azeotrop Toluol/Essigsäure am
Rotationsverdampfer
abgezogen.
Der
verbliebene
Standardaufarbeitung (5.3.1.1) isoliert.
154
Rückstand
wird
nach
der
Experimenteller Teil
5.3.2. Gewinnung von Chlorophyll a aus getrockneten
Cyanobakterien
Es wurden 2 g Bakterien mit einem Gemisch aus Aceton und gesättigter Na2CO3 Lösung
(80/20) versetzt und unter Eiskühlung für 15 min mit Ultraschall aufgeschlossen. Die
ungelösten Zellrückstände wurden sedimentiert und die organische Phase wurde mit
Wasser und anschließend mit gesättigter Kochsalzlösung gewaschen, über Natriumsulfat
getrocknet und einrotiert. Der Rückstand wurde durch HPLC-chromatographisch getrennt
und man erhält 6,5 mg Chlorophyll a.
UV/Vis (Diethylether): 660 nm (0,77), 613 nm (0,12), 576 nm (0,06), 530 nm (0,04), 428
nm (1,00), 409 nm (0,75)
HPLC:
- stationäre Phase:
Nucleosil-5-C18
- mobile Phase:
Methanol, 0,8 ml/min
- Retentionszeit:
7,14 min Chl a
8,15 min Chl a´
MS (ESI): berechnet: 892 g/mol, gefunden: 915 [892+Na], 931 [892+K]
5.3.3. Umsetzung von Chlorophyll a zu Phäophorbid a
Der Phytylester wurde nach 5.3.1.2 hydrolysiert.
UV/Vis (Diethylether): 667 nm (0,58), 609 nm (0,08), 561 nm (0,03), 533 nm (0,10), 504
nm (0,12), 466 nm (0,04), 407 nm (1,00)
HPLC:
- stationäre Phase:
Nucleosil-5-C18
- mobile Phase:
Methanol / 2 M Ammoniumacetat: 8 / 1
- Retentionszeit:
5,02 min Phäophorbid a
6,38 min Phäophorbid a´
MS (ESI): berechnet: 592 g/mol, gefunden: 593 [592+H], 615 [592+Na]
155
Experimenteller Teil
5.3.4. Darstellung von Pyrophäophytin a aus getrockneten
Cyanobakterien
Es wurden 500 g Bakterien vier Mal mit je 500 ml Methanol extrahiert. Nach dem
Abfiltrieren der unlöslichen Rückstände wurde das Methanol im Vakuum entfernt. Der
zähflüssige Rückstand wurde mit 150 ml Collidin (2,4,6-Trimethylpyridin) versetzt und für
sechs Stunden unter Argon am Rückfluss gekocht. Anschließend wurde das Collidin im
Ölpumpenvakuum abdestilliert (p < 2 mbar, Kp 30 °C) und der verbliebene Rückstand
durch MPLC gereinigt. Dazu wurde die Probe in Pentan : Diethylether (3:1) gelöst und
zunächst mit Pentan eluiert. Im Verlauf der Trennung wurde das Lösemittel sukzessiv auf
reinen Ether umgestellt. Es werden 2,5 g Pyrophäophytin a erhalten.
UV/Vis (Diethylether): 667 nm (0,50), 609 nm (0,07), 534 nm (0,09), 505 nm (0,11), 409
nm (1,00)
IR (KBr): 1731 cm-1 (CO2Phytyl), 1637, 1618 cm-1 (131-CO)
1
H-NMR (400MHz, CDCl3): 9,49 (s, 1H, 10-H), 9,38 (s, 1H, 5H), 8,57 (s, 1H, 20-H),
8,00 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=17,8 Hz, 31-CH), 6,28, 6,17 (je d, 1H, J=17,8 Hz, 1H, J=11,5
Hz AB von ABX 32-CH2), 5,25, 5,09 (je d, 1H, je J=19,9 Hz, 132-CH2), 4,53 (m, 1H, 18H), 4,29 (m, 1H, 17-H), 3,67 q, 2H, J=7,6 Hz, 81-CH2), 3,65 (s, 3H, 121-CH3), 3,41 (s, 3H,
21-CH3), 3,21 (s, 3H, 71-CH3), 2,76 (m, 1H, 171a-CH2), 2,56 (m, 1H, 172a-CH2), 2,33 (m,
2H, 171b-CH2, 172b-CH2), 1,79 (d, 3H, 181-CH3), 1,67 (t, 3H, J=7,6 Hz, 82-CH3), 0,32, 1,02 (je br s, 1H, NH), 0,7 bis 2,0 (mehrere breite m, Phytylester)
MS (ESI): berechnet: 812 g/mol, gefunden: 813 [812+H], 835 [812+Na]
300 mg (0,369 mmol) Pyrophäophytin a wurden nach der Standardvorschrift 5.3.1.2 zu
Pyrophäophorbid a mit der entsprechenden Carbonsäuregruppe hydrolysiert. Ohne
Analyse oder Aufreinigung wird diese Verbindung direkt metalliert (5.3.1.3). Man erhält
170 mg (0,285 mmol, 77% ) ZnPPheid a.
156
Experimenteller Teil
UV/Vis (Diethylether): 653 nm (0,58), 608 nm (0,12), 568 (0,07), 424 nm (1,00)
HPLC:
1
- stationäre Phase:
Nucleosil-5-C18
- mobile Phase:
Methanol / 0,5 M Ammoniumacetat: 8 / 1
- Retentionszeit:
8,14 min ZnPPheid a
H-NMR (400MHz, Pyridin): 10,05 (s, 1H, 10-H), 9,82 (s, 1H, 5-H), 8,80 (s, 1 H, 20-H),
8.37 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=18,0 Hz, X von ABX 31-CH), 6,40, 6,16 (je d, 1H, J=17,8 Hz,
J=11,5 Hz AB von ABX 32-CH2), 5,58, 5,31 (d, 1H, J=19,5 Hz, d, 1H, J=19,5 Hz 132CH2), 4,68 (dq, 1H, J17,18=2,4 Hz, J18,181=7,5 Hz, 18-H), 4,51 (m, 1H, 17-H), 3,90 (q, 2H,
81-CH2, J=7,7 Hz), 3,88 (s, 3H, 121-CH3), 3,48 (s, 3H, 21-CH3), 3,36 (s, 3H, 71-CH3), 2,98
(m, 1H, 171a-CH2), 2,91 (m, 1H, 172a-CH2), 2,60 (m, 2H, 171b-CH2, 172b-CH2), 1,88 (d,
3H, J8, 181=7,4 Hz,181-CH3), 1.79 (t, 1H, J=7,7 Hz, 82-CH3)
MS (ESI): berechnet: 596 g/mol, gefunden: 595 [596-H]
5.3.5. Darstellung von Methylpyrophäophorbid a
(132-Decarboxymethylphäophorbid a Methylester)
Es wurden 731 mg (0,9 mmol) Pyrophäophytin a in einem Gemisch aus 80 ml Methanol
und 20 ml Schwefelsäure gelöst und für 48 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Der
Reaktionsansatz wurde mit gesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung neutralisiert und
mit Diethylether extrahiert. Die vereinten organischen Phasen wurden mit Wasser
ausgeschüttelt, über Natriumsulfat getrocknet und am Rotationsverdampfer eingeengt. Der
schwarze Rückstand wird in Pentan aufgenommen und über Nacht bei –20 °C gelagert. Die
schwarzen Kristalle wurden abfiltriert und man erhält Methylpyrophäophorbid a (336 mg,
74 %).
UV/Vis (CH2Cl2): 667 nm (0,45), 609 nm (0,08), 539 nm (0,09), 508 nm (0,10), 413 nm
(1,00)
-1
IR (KBr): 1743 cm (CO2Me), 1636 cm-1, 1618 cm-1 (131-CO)
Schmelzpunkt: 215 – 219°C (Lit.: 217 – 219°C)[130]
157
Experimenteller Teil
1
H-NMR (400MHz, CDCl3): 9,88 (s, 1H, 10-H), 9,72 (s, 1H, 5H), 8,90 (s, 1H, 20-H),
8.03 (dd, 1H, J=11.5Hz, J=17.8Hz 31-CH), 6.30 (dd, 1H, J=17.8Hz, J=11.5Hz, 32-CH2),
5.38, 5.19 (2d, je 1H, J=19.9Hz, 132-CH2), 4,64 (dq, 1H, J18,17=2,0 Hz, J18, 181=7,3 Hz, 18H), 4,42 (m, 1H, 17-H), 3,81 (q, 2H, J=7,7 Hz, 81-CH2), 3,75 (s, 3H , 121-CH3) , 3,66 (s,
3H, OCH3), 3,46 (s, 3H, 21-CH3), 3,33 (s, 3H, 71-CH3), 2,81 (m, 1H, 171a-H) , 2,64 (m,
1H, 172a-H), 2,4 (m, 2H, 171b, 172b-H), 1,90 (d, 3H, J=7,3 Hz, 181-CH3), 1,72 (t, 3H,
J=7,6 Hz, 82-CH3), -0,44, -1,73 (je br s, 1H, NH)
MS (ESI): berechnet: 548 g/mol, gefunden: 549 [548+H], 571 [548+Na]
Die Verbindung wurde nach der Standardmethode 5.3.1.3 zu Zink-MePPheid a metalliert.
UV/Vis (CH2Cl2): 654 nm (0,67), 608 nm (0,13), 568 nm (0,07), 426 nm (1,00)
IR (KBr) : 1742 cm-1 (CO2Me), 1637 cm-1, 1618 cm-1 (131-CO)
HPLC:
1
- stationäre Phase:
Nucleosil-5-C18
- mobile Phase:
Methanol / 0,5 M Ammoniumacetat: 8 / 1
- Retentionszeit:
13,75 min ZnMePPheid a
H-NMR (400MHz, CDCl3): 10,00 (s, 1H, 10-H), 9,76 (s, 1H, 5-H), 8,74 (s, 1H, 20-H),
8,31 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=18 Hz, X von ABX 31-CH), 6,33, 6,10 (je d, 1H, J=11,5 Hz,
J=18Hz, AB von ABX 32-CH2), 5,42, 5,20 (je d, 1H, J=20 Hz, 132-CH2), 4,53 (dq, 1H,
J17,18=2,4 Hz, J18,181=7,3 Hz, 18-H), 4,35 (m, 1H, 17-H), 3,84 (q, J=7,4 Hz, 2H, 81-CH2),
3,83 3,62, 3,59, 3,43 (je s, 3H, 121-CH3, 71-CH3, OCH3, 21-CH3), 2,8-2,45 (m, 4H, 171CH2, 172-CH2), 1,80 (d, J=7,3 Hz, 3H, 181-CH3), 1,73 (t, J=7,5 Hz, 3H, 82-CH3)
MS (ESI): berechnet: 610 g/mol, gefunden: 611 [610+H], 633 [610+Na]
5.3.6. Darstellung von Methylpyrophäophorbid d
380 mg (0,7 mmol) Methylpyrophäophorbid a wurden in 70 ml THF mit 10 mg
(0,04 mmol) OsO4 gelöst. In fünf Minuten wurde eine Lösung von 0,8 g (3,7 mmol) NaIO4
und 300 µL Eisessig in 5 ml Wasser zugetropft. Nach 24 Stunden Rühren bei
Raumtemperatur wurde die Mischung mit Dichlormethan versetzt und mit Wasser
ausgeschüttelt. Die organische Phase wurde über Natriumsulfat getrocknet und einrotiert.
Man erhält 182 mg (47 %) Methylpyrophäophorbid d (3-devinyl-3-formyl-132158
Experimenteller Teil
demethoxycarbonylphäophorbid a Methylester) als schwarze Kristalle in ausreichender
Reinheit zur Metallierung oder weiteren Umsetzung.
UV/Vis (CH2Cl2): 689 nm (0,72), 629 nm (0,08), 549 nm (0,14), 517 nm (0,15), 422 nm
(1,00)
IR (KBr): 1739 (CO2Me), 1690 (131CO), 1673 (31-CHO)
1
H-NMR (500MHz, CDCl3): 11,54 (s, 1H, 31-CHO), 10,44 (s, 1H, 5-H), 9,72 (s, 1H, 10-
H), 8,96 (s, 1H, 20-H), 5,38, 5,21 (d, je1H, J=19,7 Hz, 132-CH2), 4,63 (dq, 1H, J18,17=1,5
Hz, J18,181=7,4 Hz, 18-H), 4,42 (m, 1H, 17-H), 3,79 (s, 3H, 121-CH3), 3,73 (s, 3H, OCH3),
3,64 (s, 3H, 21-CH3), 3,33 (s, 3H, 71-CH3), 2,78 (m, 1H, 171a-H), 2,64 (m, 1H, 172a-H),
2,35 (m, 2H, 171b-H, 172b-H), 1,88 (d, 3H, J=7,4 Hz, 181-CH3), 1,71 (t, 3H, J=7,7 Hz, 82CH3)
MS (ESI): berechnet: 550 g/mol, gefunden: 551 [550+H], 573 [550+Na]
Das Methylpyrophäophorbid d wird analog zu 5.3.1.3 metalliert, jedoch wird als
Lösemittel statt Eisessig ein Gemisch aus Dichlormethan-Methanol (50:1) verwendet.
UV/Vis (CH2Cl2): 681 nm (0,99), 630 nm (0,13), 574 nm (0,08), 532 nm (0,06), 441 nm
(1,00)
HPLC:
1
- stationäre Phase:
Nucleosil-5-C18
- mobile Phase:
Methanol / Wasser: 8 / 1
- Retentionszeit:
9,34 min ZnMePPheid d
H-NMR (500MHz, Pyridin): 11,72 (s, 1H, 31-CHO), 10,80 (s, 1H, 10-H), 10,05 (s, 1H,
5-H), 8,94 (s, 1H, 20-H), 5,46, 5,26 (je d, 1H, J= 20 Hz, 132-CH2), 4,60 (m, 1H, 18-H),
4,41 (m, 1H, 17-H), 3,86, (q, 2H, J=7,6 Hz, 81-CH2), 3,83, 3,75, 3,60, 3,36 (je s, 3H, 121-,
21-, 71-CH3, O-CH3), 2,9-2,3 (m, 4H, 171-CH2, 172-CH2), 1,83 (d, 3H, 181-CH3), 1,73 (t,
3H, J=7,6 Hz, 82CH3)
MS (ESI): berechnet: 612 g/mol, gefunden: 613 [612+H], 635 [612+Na]
159
Experimenteller Teil
5.4.
Rekonstitution von Apo-Myoglobin mit
verschiedenen Kofaktoren
5.4.1. Einbau von Zink-Protoporphyrin
Zu einer eisgekühlten Apo-Mb Lösung in 50 mM Phosphatpuffer pH 8,0 wurde unter
Lichtausschluss eine ZnPPIX Lösung in DMSO zugetropft (1,5 eq). Der Anteil an DMSO
am Gesamtvolumen sollte 5 % nicht übersteigen, um eine Denaturierung des Proteins zu
vermeiden. Die Probe wurde auf Eis für zwei Stunden gerührt und anschließend filtriert,
um den Überschuss an wasserunlöslichem Kofaktor zu entfernen. Die Aufreinigung
erfolgte über zwei aufeinanderfolgende Sephadex G 25 Säulen (PD 10), die zuvor mit
50 mM Phosphatpuffer pH 7,0 äquilibriert wurden. Ein vollständiger Einbau kann durch
UV/Vis Spektroskopie nachgewiesen werden, wenn das Verhältnis der Soret-Bande und
der Proteinbande 10 beträgt (E428/E280 ≈ 10). Alle Proben, die ein Verhältnis E428/E280 > 9
aufwiesen, wurden für weitere Messungen verwendet.
UV/Vis (H2O): 596 nm (0,05), 554 nm (0,07), 428 nm (1,00), 280 nm (0,10)
5.4.2. Einbau der Zink-Phäophorbid-Kofaktoren
Zu einer Eisgekühlten Apo-Mb Lösung in 20 mM MES Puffer pH 6,2 wurden 2 eq des
entsprechenden Zink-Phäophorbids in Pyridin langsam und unter Rühren zugetropft. Nach
einer Stunde wird die Lösung zunächst filtriert und anschließend über zwei PD10 Säulen
von ungebundenem Kofaktor und Pyridin befreit.
UV/Vis (H2O): für ZnPPheid a Mb
660 nm (0,64), 620 nm (0,13), 437 nm (1,00),
415 nm (0,55), 392 nm (0,33), 333 nm (0,28)
für ZnPheid a Mb
661 nm (0,76), 622 nm (0,15), 437 nm (1,00),
418 nm (0,64), 388 nm (0,37), 337 nm (0,32)
160
Experimenteller Teil
für ZnMePPheid a Mb 658 nm (0,61), 622 nm (0,13), 436 nm (1,00),
417 nm (0,64), sh 390 nm, 335 nm (0,31)
für ZnMePPheid d Mb 688 nm (0,85), 458 nm (1,00), 437 nm (0,87),
403 nm (0,61)
für ZnPPheid a SwMb 660 nm (0,57), 623 nm (0,13), 437 nm (1,00),
416 nm (0,61), sh 392 nm, 335 nm (0,31)
5.5.
Darstellung der [4Fe4S]-Modellpeptide
5.5.1. Die Peptide FA, FB, FX1 und FX2
Alle Peptide wurden wie unter 5.2.1 beschrieben synthetisiert. Die Sequenzen der
einzelnen Peptide sind in Tabelle 14 zusammengefasst. Die Ausbeute für FA und FB lag bei
17 % nach der Aufreinigung. Die Reinheit wurde durch analytische HPLC und MALDITOF Massenspektrometrie überprüft.
Tabelle 14: Sequenzen der Peptide, die als Modelle für die [4Fe4S]-Zentren im Photosystem I verwendet
wurden.
Bezeichnung des Peptids Sequenz (von N- zum C-Terminus)
MS:
FA
TEDCVGCKRCKPECPW
FB
YDTCIGCTQCKPECPW
FX1
RFPCDGPGRGGTCQVS
FX2
AFPCDGPGRGGTCDIS
FA berechnet: 1852,8
gefunden: 1850,5
FB berechnet: 1845,7
gefunden: 1845,6
FX1 berechnet: 1636,9
gefunden: 1636,3
FX2 berechnet: 1552,7
gefunden: 1552,1
161
Experimenteller Teil
5.5.2. Rekonstitution der Peptide
Die synthetisierten Peptide wurden anhand von Literaturvorschriften mit [4Fe4S]-Zentren
rekonstituiert[131;
132]
. Außerdem kam ein abgeändertes Verfahren zum Einsatz. Beide
Rekonstitutionsmethoden werden nachfolgend detailliert beschrieben. Sämtliche Arbeiten
wurden in einer Glovebox unter Schutzgasatmosphäre durchgeführt. Alle Lösungen und
Puffer wurden vor dem Einschleusen in die Glovebox mindestens 30 Minuten mittels
Durchleitung von Argon entgast.
Zu 50 mL eines 50 mM Tris-HCl Puffers, pH 8,3, wurden 400 µL β-Mercaptoethanol
gegeben, gefolgt von 1 mg Peptidlösung in 0,1 mL des gleichen Puffers. Anschließend
tropft man nacheinander langsam 150 µL einer 60 mM Eisen(III)chloridlösung in Puffer
und 150 µL einer frischen 60 mM Natriumsulfidlösung, ebenfalls in Puffer gelöst, zu.
Zwischen der Zugabe der Eisenchloridlösung und der Natriumsulfidlösung lagen 20
Minuten. Die Rekonstitutionsmischung wurde mit einem Septum und Parafilm
verschlossen und über Nacht bei +4 °C in einem Kühlschrank außerhalb der Glovebox
inkubiert.
Die Lösungen von sechs bis 12 dieser Ansätze wurden vereint und durch Ultrafiltration auf
ein Volumen von 2 mL aufkonzentriert. Der Überschuss an nicht gebundenem Eisen(III)
und Natriumsulfid wurde durch zwei aufeinanderfolgende mit Sephadex G-25 Material
gefüllte Säulen (PD 10-Säulen), die mit 50 mM Tris-HCl Puffer, pH 8,3, äquilibriert
waren, entfernt. Es wurde eine braune Fraktion erhalten.
In einem abgewandelten Verfahren wurden 10 mg Peptid in 1 mL Puffer, 1,5 mL
Eisen(III)chloridlösung und 1,5 mL Natriumsulfidlösung in 50 mL Puffer nach dem obigen
Schema vereint. Insbesondere bei diesem Verfahren musste die schwarze Lösung nach der
Eisen(III)-Zugabe solange inkubiert werden, bis eine klare, beinahe farblose Lösung
entstand, um die Bildung von Eisensulfid zu vermeiden. Die Aufreinigung erfolgt wie oben
beschrieben.
Zur Isotopenmarkierung mit
57
Fe wurde elementares, isotopenreines Eisen in
konzentrierter Salzsäure gelöst. Um die Überspannung, die bei der Bildung von
Wasserstoff an einer Eisenoberfläche auftritt, zu verhindern, wurde ein Platinblech in den
Kolben gegeben. Die entstandene Lösung wurde im Vakuum zur Trockne eingeengt. Der
zurückbleibende braun-gelbe Feststoff wurde in Puffer aufgenommen. Zur Herstellung von
162
Experimenteller Teil
Proben in D2O wurde die gesamte Prozedur in Deuteriumoxid durchgeführt. Der
Isotopeneffekt von Deuterium wurde bei der Angabe der pH-Werte nicht berücksichtigt.
Zum Einsatz für EPR- und Mössbauer-Proben wurden die [4Fe4S]-Zentren mit Dithionit
oder NaBH4 reduziert. Dazu wurde die Konzentration an Peptid in der Lösung bestimmt
und eine stöchiometrische Menge an Dithionit oder NaBH4 in 0,5 M Tris-HCl Puffer,
pH 8,3, zu der Lösung gegeben.
5.5.3. Herstellung der PS I Proben
Das Photosystem I von Synechocystis 6803 sp. PCC 6803 und die Mutanten C14G C34S
und C51G C34S der Untereinheit C wurden freundlicherweise von Donald A. Bryant und
John H. Golbeck von der Pennsylvania State University, USA, zur Verfügung gestellt.
Um die stromalen Untereinheiten C, D und E zu entfernen, wurde die Lösung der PS I
Komplexe mit 6,8 M Harnstoff in 50 mM TrisHCl Puffer, pH 8,3, für 70 Minuten bei
Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wurde die Lösung über zwei Gelfiltrationssäulen
mit Sephadex G-25 als fester Phase gereinigt, die zuvor mit 50 mM TrisHCl Puffer,
pH 8,3, mit 0,04 % β-Dodecylmaltosid äquilibriert wurden. Die eluierte grüne Bande
wurde durch Zentrifugation in Mikrokonzentratoren (Membrangröße 100 kDa) auf eine
Konzentration von 150 µg/mL Chl a aufkonzentriert und mit einer 1 M Stammlösung
Natriumascorbat versetzt, so dass eine Endkonzentration von 1 mM Ascorbat vorlag.
Zusätzlich wurde DCPIP bis zu einer Endkonzentration von 10 mM zugegeben.
Für die EPR-Experimente zum Nachweis der Bindung der Peptide an das PS I wurde ein
mindestens 100facher Überschuss an Peptid relativ zum PS I verwendet, wodurch je nach
Modellpeptid ein 10-20facher Überschuss an [4Fe4S]-Zentren im Verhältnis zur
potentiellen
Bindungsstelle
vorlag.
Für
die
optische
Analyse
der
Ladungsrekombinationskinetik wurde ein 10facher Überschuss an Peptid verwendet. Nach
der Zugabe der Peptide wurde die Probe über Nacht auf Eis inkubiert. Anschließend wurde
diese Lösung 10 Minuten unter Eiskühlung im dunkeln inkubiert, um das Photosystem I zu
reduzieren und anschließend im EPR-Probengefäß eingefroren.
163
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Lebenslauf
Name:
Christoph Breitenstein
Geburtsdatum:
27. März 1976
Geburtsort:
Oberhausen
Ausbildung
1982-1986
Gemeinschaftsgrundschule an der Schlägelstrasse
1986-1995
Otto-Pankok-Gymnasium Mülheim
Juni 1995
Abitur
1996-2002
Hochschulstudium Chemie an der Gerhard-Mercator-Universität
Gesamthochschule Duisburg
Februar 2002
Diplom in Chemie mit dem Thema „Synthese 13C markierter Retinale“
März 2002
Beginn der Promotion am Max-Planck-Institut für Bioanorganische
Chemie in Mülheim
Wehrdienst
1995-1996
3. U-Flottille, Kiel, Versorger Meersburg
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