sexistische werbung verhindern - verbindliche

Werbung
Landesausschuss am 31.01.2017
Antrag: A03
Antragssteller*innen: LAG Frauenpolitik, LAG Medien- und Netzpolitik, Gesa Riedewald (KV Altona), Linda
Heitmann (KV Altona), Jennifer Jasberg (KV Bergedorf), Mareike Engels (KV Altona), Gudrun Schittek (KV Harburg),
Claudia von Allwörden (KV Altona), Margarete Prowe (KV Altona), Otfried Hilbert KV Wandsbek, Miriam Block KV
Harburg
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SEXISTISCHE WERBUNG VERHINDERN - VERBINDLICHE REGELN FÜR
ÖFFENTLICHE WERBEFLÄCHEN SCHAFFEN!
Spätestens seit Justizminister Heiko Maas Anfang 2016 ein Verbot sexistischer Werbung ankündigte,
wird das Thema gesellschaftlich immer breiter diskutiert und sorgte bereits für zahlreiche - teilweise
pikant bebilderte - Schlagzeilen.
Leider ließ der Minister seinen öffentlichen Ankündigungen bisher weder konkrete Taten folgen, noch
hat er in der öffentlichen Diskussion dazu beigetragen, darüber aufzuklären, was sexistische Werbung
genau ausmacht und wie eine gesetzliche Regelung konkret aussehen könnte.
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Dabei ist der Handlungsbedarf offensichtlich: Bereits 1997 hat das Europäische Parlament die
Mitgliedstaaten sowie die Werbewirtschaft aufgefordert, "eine feste und entschiedene Stellung
gegenüber Werbung einzunehmen, die beleidigende und herabsetzende Frauenstereotype präsentiert."
Das Europäische Parlament stellte fest, die Mitgliedstaaten müssten alle erforderlichen Schritte
unternehmen, um sexistische Werbung zu verhindern, da die "herabwürdigende Darstellung von Frauen
zur Gewalt gegen Frauen und zum dauerhaften Ausbleiben von Chancengleichheit beiträgt." [1]
2013 wurde der Appell der europäischen Ebene im Rahmen einer Resolution zur Beseitigung von
Geschlechter-Stereotypen [2] noch einmal erneuert.
Und es gibt auch bereits positive Beispiele in der EU: Norwegen, Island, Luxemburg und Österreich
haben verschiedene Wege eingeschlagen, gegen sexistische Werbung vorzugehen.
Es bedarf auch in Deutschland einer Versachlichung der Debatte sowie konkreter politischer
Handlungsvorschläge. In unserem grünen Europawahlprogramm 2014 haben wir bereits festgehalten,
dass wir uns als Partei gegen jede Art von Sexismus und auch gegen sexistische Werbung stellen, weil
sie Frauen aufgrund des Geschlechts abwertet und diskriminiert. Wir wollen, dass EU-weite Kriterien
erarbeitet werden, die genau definieren, was sexistische Werbung ist. Als Vorbild könnten die vom
österreichischen Werberat bereits definierten Kriterien dienen.
Uns als LAGen ist es ein Anliegen, die Verbannung sexistischer Werbeformen aus der Öffentlichkeit in
Hamburg sowie auf Bundes- und Europaebene stärker voranzutreiben. Das kann nur gelingen, wenn
der Öffentlichkeit (in Partei und Gesellschaft) verständlich wird, was sexistische und
geschlechterdiskriminierende Werbung von anderen Werbeformen unterscheidet und warum sie
diskriminierend ist.
Was ist sexistische (geschlechterdiskriminierende) Werbung?
Sexistische Werbung suggeriert, eine Person sei ebenso wie das Produkt käuflich.
Der österreichische Werberat hat in seinem Ethik-Kodex eine umfassende Definition sexistischer
Werbung ausformuliert. Demnach handelt es sich bei geschlechterdiskriminierender (sexistischer)
Werbung u.a. um solche, in der Frauen und Männer auf abwertende Weise dargestellt werden, die
Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt wird, Unterwerfung oder Ausbeutung dargestellt
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wird, eine entwürdigende Darstellung von Sexualität vorliegt oder wenn Personen in sexualisierter
Funktion als Blickfang dargestellt werden, ohne dass ein Bezug zum Produkt besteht.
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Uns erscheint auch die Definition der NGO „Pink Stinks“, die sich für das Verbot von sexistischer
Werbung durch eine Erweiterung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einsetzt und
dazu bereits konkrete Vorschläge [3] erarbeitet hat, als sehr griffig und gut verständlich:
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Werbung ist demnach geschlechtsdiskriminierend, wenn sie
- sexuelle Anziehung als den ausschließlichen Wert von Menschen darstellt oder
- Frauen oder Männer auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziert, insbesondere indem
(weibliche) Körper oder Körperteile ohne Produktbezug als Blickfang eingesetzt werden oder der
Eindruck vermittelt wird, die abgebildete Frau sei wie das Produkt käuflich.
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Konkret bedeutet das: Eine Frau in Unterwäsche, die Werbung für Dessous macht, ist nicht sexistisch.
Eine nackte Frau, die sich auf einem Autoreifen räkelt und für diesen werben soll, hingegen schon.
Nicht Nacktheit an sich soll verboten werden, aber diskriminierende Werbung, die die Herabwürdigung
und Ausbeutung eines Menschen abbildet.
Werbung beeinflusst unsere Wahrnehmung – wie wir uns selbst und das andere Geschlecht sehen.
Werbung prägt, welche Vorstellung wir davon haben, wie eine Frau oder ein Mädchen zu sein hat, wie
ein Mann oder ein Junge zu sein hat. Die stete Zunahme von Essstörungen junger Menschen ist nicht
losgelöst zu sehen von den Identifikationsmöglichkeiten durch sexistische Werbung. Die Empfehlung
von Produkten durch Zuschaustellung idealisierter Körper bedeutet für Jugendliche auch eine
Empfehlung im Umgang mit ihrem Körper für den Erwerb gesellschaftlichen Status. Desweiteren
reduziert sexistische Werbung das jeweils andere Geschlecht ebenfalls auf seine sexuellen Triebe und
unterstellt, diese seien alleiniger Motor zur Kaufentscheidung. Damit manifestiert sie entsprechende
Geschlechterrollen auch in Hinsicht auf die Triebhaftigkeit.
Wieso ist ein Verbot von diskiminierender Werbung nötig?
Jeder Staat der EU ist grundsätzlich verpflichtet, auf allen Politikebenen die Gleichstellung von Frauen
und Männern zu fördern und Ungleichheiten zu beseitigen. Die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union beinhaltet in Artikel 21 ein Diskriminierungsverbot - unter anderem aufgrund des
Geschlechts.
Auch im Deutschen Rundfunkstaatsvertrag von 1991 ist festgehalten: "Werbung und Teleshopping
dürfen nicht [...] Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft,
Staatsangehörigkeit, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung beinhalten
oder fördern." Dies deckt sich mit unserer Vorstellung von Antidiskriminierung. Wie diskriminierende
Formen von Werbung genau aussehen, dazu findet sich allerdings leider weder im
Rundfunkstaatsvertrag, noch in den Verhaltensregeln des Deutschen Werberates gegen
Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen von 2014 eine genauere Definition. Deswegen
muss hier nachgearbeitet werden, denn der Anspruch einer diskriminierungsfreien Gesellschaft
bedeutet auch, dass wir diskriminierende Darstellungsweisen in der Werbung angehen müssen. Dies
betrifft nicht nur sexistische Werbung, sondern ebenso z.B. rassistische oder behindertenfeindliche
Werbung.
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Was heißt das konkret für das alltägliche und politische Handeln?
Bisher kann jeder Bürger und jede Bürgerin beim Deutschen Werberat eine Beschwerde gegen
diskriminierende Werbung einreichen. Die Entscheidung, ein Unternehmen auf Grund seiner Werbung
öffentlich zu rügen, liegt dann allein beim Werberat, der sich allein aus Vertreter*innen der
Werbeindustrie zusammensetzt. Diese wichtige Entscheidung darf aber nicht allein der Werbeindustrie
überlassen bleiben, denn durch allgegenwärtiges, unausweichliches Ausgesetztsein der Bürger erhält
Werbung eine werteprägende Wirkung. Zudem erscheint das Instrument der öffentlichen Rüge als
wenig ausreichend.
Um deutschlandweit rechtlich umfassend und wirksam gegen sexistische Werbung vorzugehen, bedarf
es aus unserer Sicht jedoch der genauen Definition und damit verbunden der Formulierung eines
entsprechenden Paragraphen im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Auch auf kommunaler Ebene bieten sich Handlungsspielräume, wie die Grünen im Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Antrag deutlich gemacht haben: Dort darf keine sexistische
Außenwerbung auf öffentlichen Werbeflächen platziert werden. Insofern sollte beim Überlassen von
öffentlichen Werbeflächen an Vermarktungsunternehmen sichergestellt werden, dass diese sexistische
Inhalte in ihren Vertragsbedingungen mit Mieter*innen ausschließen.
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Wir fordern Bürgerschaftsfraktion und Senatsmitglieder daher auf:
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Sich dafür einzusetzen, dass bei aktuellen Ausschreibungen bzw. Neuausschreibungen von
Werberechten und beim Abschluss von Neuverträgen für Werbeflächen im öffentlichen Raum
der Ausschluss von diskriminierender Werbung als harte Vergabebedingung in Verträgen
formuliert wird.
sich weiterhin dafür einzusetzen, dass auf jenen Werbeflächen, die der Stadt selbst gehören
und von ihr direkt vermietet werden, keine sexistische Werbung stattfindet.
Eine bundesweite Initiative zur Ergänzung eines Paragraphen im Gesetz gegen unlauteren
Wettbewerb (UWG) zu starten, bei deren Erarbeitung die NGO "Pink Stinks" mit eingebunden
werden soll.
[1] Entschließung zur Diskriminierung von Frauen in der Werbung. Protokoll der Sitzung vom 16.
September 1997
[2] Resolution des Europäischen Parlamentes zur Beseitigung von Geschlechter Stereotypen vom 12.
März 2013
[3] https://pinkstinks.de/die-loesung/
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