1.2.04f1Taf THE RED CROSS Afghanistan: HOSPITAL FOR kigidN WAR «na Die Diplomaten gehen — das Rote Kreuz kommt Am 15. Februar will die Rote Armee Afghanistan vollständig verlassen haben. Bis dahin halten die Kämpfe an, ja, sie werden heftiger. Die Botschaften schicken ihr Personal nach Hause. Unterdessen treffen Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes in Kabul ein. „Wir arbeiten hier mit dem Segen beider Seiten, das heißt sowohl der Regierung als auch der Opposition", erklärte Jean-Jacques Fresard, Leiter des Teams des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Kabul. Die Stadt wird regelmäßig von den Mudschaheddin-Stellungen in den umliegenden Bergen aus unter Raketenbeschuß genommen, so daß einige Botschaften, einschließlich der amerikanischen Vertretung, äußerst skeptisch waren, als das IKRK im Oktober mit dem Bau eines 50-Betten-Hospitals in Kabul begann. Inzwischen hat das Rote Kreuz seine Kapazitäten ausgebaut und wird bald über 120 bis 150 Krankenhausbetten verfügen. Gegenwärtig sind 60 IKRK-Mitarbeiter einschließlich zweier chirurgischer Teams in Kabul tätig, die noch von weiteren medizinischen Spezialisten Unterstützung erhalten sollen. Bislang hat das Rote Kreuz einen Posten in der nordwestlichen Stadt Herat nahe der Grenze zu Iran und der UdSSR errichtet, wo Verletzten erste Hilfe gewährt werden kann. Unterdessen haben sich die Botschaftsgebäude in Festungen verwandelt mit Panzerverkleidungen vor den Eingängen und stacheldrahtbewehrten Mauern. Die Leute erwarten nach Angaben eines Diplomaten, daß sich die Mitglieder der regierenden Kommunistischen Partei und des gefürchteten Geheimdienstes Khad nach dem 15. Februar in die ausländischen Vertretungen flüchten werden. Dort arbeitet gegenwärtig nur noch ein Notstab, die Angehörigen wurden alle nach Hause geschickt. „Das Rote Bisher waren die Hilfsorganisationen in der Regel nicht in Afghanistan direkt vertreten, sondern in Grenznähe in Pakistan. Hier zum Beispiel das IKRK-Hospital in Peshawar Kreuz geht ein Risiko ein. Kabul könnte schlimmer als Beirut werden` befürchtete ein Diplomat. Die Hauptstadt ist zu einem politischen und militärischen Einsatz geworden, um den sich Regierungstruppen und die rivalisierenden Rebellen-Gruppen streiten. „Die Gefahr für die Zivilbevölkerung besteht gerade in diesem Wettlauf, den sich die Parteien der Mudschaheddin liefern, um als erste in der Stadt zu sein", erklärte ein Diplomat. Die Ärzte in Kabul sind überlastet Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes können solche Aussichten nicht schwanken machen: „Das gesamte Team ist zum Bleiben bereit. (. . .) Der größte Teil unseres ständig im Ausland arbeitenden Personals ist sehr erfahren; einige waren bereits in Beirut und Angola" , berichtete ein Rot-Kreuz-Helfer. „Ich bin froh, daß das IKRK Erste-HilfeStationen für die Mudschaheddin in den Provinzen Kandahar, Kunar und Paktia einrichtet", erklärte er, da die Rebellen die IKRK-Teams nämlich zunächst mit sowjetischen Soldaten verwechselt hatten. Die meisten Afghanen in Kabul zeigen ihren Haß, den sie gegen die Rotarmisten hegen, ganz offen, und Kinder bewerfen manchmal Ausländer mit Steinen, weil sie sie für Sowjets halten. In dem Krankenhaus des Roten Kreuzes, dessen Fenster mit Sandsäcken zugestopft wurden, sind die Ärzte überlastet: Amputationen von durch Minen zerfetzten Gliedmaßen, Versorgung von Schrapnellwunden und schweren Verbrennungen sind an der Tagesordnung. Unter den Brandopfern sind häufig Kinder, die von Magnesiumleuchtkugeln der Luftabwehr getroffen wurden. Damit sollen die nur in zwölf Kilometer Entfernung von der Hauptstadt abgeschossenen BodenLuft-Raketen der Mudschaheddin abgelenkt werden, die durch Wärme gelenkt werden. Am tödlichsten sind die Leuchtkugeln, die von Hubschraubern aus niedriger Höhe abgeschossen werden, weil sie nicht selten noch brennend auf Häuser und Menschen fallen. Den städtischen Krankenhäusern mangelt es häufig an dem zuständigen Personal, das solche Fälle behandeln könnte, oder an Arzneimitteln, so daß die Hilfe des IKRK benötigt wird. „Seit Frühjahr 1988 dürfen wir auch regelmäßig die Hunderte von Häftlingen im Gefängnis Pul-iScharki und in der Jugendhaftanstalt Dar-ul-Tabib besuchen. Wir gehen aber auch in Gefängnisse in Herat und Masar-i-Scharif", berichtete der IKRK-Teamleiter Fresard. Keine Besuchserlaubnis haben die RotKreuz Helfer hingegen für die Untersuchungshaftanstalten sowie für die Gefängnisse des Khad. Gilles Bertin/afp - Dt. Ärztebl. 86, Heft 4, 26. Januar 1989 (15) A-151