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Afghanistan- ein fortwährender Spielball internationaler Mächte?
M Truppen in Afghanistan – eine lange Geschichte
Abzug der Sowjets aus Afghanistan 1988
Mitglieder der aufständischen moslemischen "Hezbi
Islami" mit einem eroberten Panzer der Roten Armee in der Nähe der Stadt Allah Jirga.
M Der 30-jährige Krieg
Der Krieg in Afghanistan, der an Weihnachten 1979 begann, war einer der letzten
Stellvertreterkriege, die die USA und die UdSSR sich lieferten. Er wirkt bis heute nach.
1980 ist die Welt sich einig: 64 Länder boykottieren die Olympischen Spiele in Moskau, 16
nehmen nicht unter ihrer Nationalflagge teil, weil die Rote Armee in Afghanistan
einmarschiert ist. Die NATO, die islamische Welt, die Vereinten Nationen, selbst die
Blockfreien Staaten brandmarken die Sowjetunion als Aggressor. Deren Gegner, die
Mudschaheddin, sind die Guten.
Das Schwarz-weiß-Bild kann einige Grautöne vertragen: In dem blutigen Konflikt machen
sich viele Akteure die Finger schmutzig. Das Land ist ein ideales Experimentierfeld für
kalte Krieger. Afghanistan ist erst seit 1973 eine Republik, hat nur ein paar Jahre
Demokratie hinter sich.
[Kolleg Politik und Wirtschaft]
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1978 bringt das Militär die kommunistische Demokratische Volkspartei an die Macht. Sie
will Afghanistan zu einem modernen sozialistischen Staat entwickeln. Die Sowjets fördern
das unterentwickelte Nachbarland seit den fünfziger Jahren mit Krediten, Beratern,
Bauprojekten, Militärausbildern. Afghanistan soll der sozialistische Brückenkopf sein an
der vom Islam belagerten sowjetischen Südflanke.
Viele Afghanen sympathisieren jedoch mit islamisch-konservativen bis
fundamentalistischen Ideen. Der muslimische Klerus, der sich gegen die Säkularisierung
wehrt, ruft gemeinsam mit den Großgrundbesitzern, die sich nicht enteignen lassen
wollen, zum Kampf gegen die Kommunisten. Rund 30 Widerstandsgruppen entstehen: die
Mudschaheddin, Kämpfer Gottes.
Im September 1979 schießt Hafisullah Amin, ein innerparteilicher Rivale, Regierungschef
Nur Mohammed Taraki nieder, lässt ihn dann im Krankenhaus erdrosseln. Kurz darauf
beschließt Moskau den Einmarsch in Afghanistan: Die Sowjets trauen Amin nicht.
Am Heiligen Abend beginnt die Invasion. Im Minutentakt setzen schwere
Transportmaschinen Soldaten, Panzerfahrzeuge, Waffen und Munition auf den Flughäfen
in Kabul und Bagram ab. Rund 4000 sowjetische Militärberater und 1000 Soldaten sind
ohnehin schon im Land. Am 25. Dezember beginnen Panzerverbände aus Tadschikistan
den Marsch auf Herat und Kabul. Die desolate afghanische Armee hat ihnen nichts
entgegenzusetzen.
Am Abend des 27. Dezember sprengt ein Kommandotrupp, wohl KGB-Agenten in
afghanischen Uniformen, das Telegrafenamt, besetzt die Rundfunkstation und dringt in
eine Bar ein, in der Präsident Amin sich mit einer Geliebten vergnügt. Beide werden
erschossen. Der moskautreue Kommunist Barbrak Karmal wird Regierungschef.
Die USA akzeptieren ihn zunächst. Doch die CIA hat noch eine Rechnung offen: Der
Geheimdienst will sich in Afghanistan für den verlorenen Vietnamkrieg rächen. Also
unterstützt er die Mudschaheddin: Er liefert Informationen und vor allem Waffen, die unter
anderem aus Ägypten, Israel, Großbritannien und den USA selbst kommen.
Die Verteilung übernimmt Pakistans Geheimdienst ISI. Das islamistisch regierte Pakistan
sieht sich umzingelt von der UdSSR, dem mit ihr verbündeten Erzfeind Indien und dem
besetzten Afghanistan. Die Länder liegen ohnehin im Dauerclinch, seit die Briten bei der
Gründung Pakistans dem Land paschtunische Gebiete zugeschlagen haben, die
Afghanistan beansprucht. Der ISI organisiert Ausbildungslager für Mudschaheddin im
Grenzgebiet, in denen CIA-Agenten aus- und eingehen.
Die USA und Saudi-Arabien unterstützen die Mudschaheddin mit mehreren hundert
Millionen Dollar im Jahr. Das Geld und die Waffen gehen an untereinander zerstrittene,
teils radikalislamische Truppen unter der Führung dubioser Kriegsherren, die sich mit
[Kolleg Politik und Wirtschaft]
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Drogenanbau über Wasser halten. Aus orthodoxen islamischen Ländern kommen Söldner,
die glauben, in Afghanistan einen "Heiligen Krieg" zu führen.
Die Amerikaner bekommen ihre Rache: Afghanistan wird zum Vietnam Moskaus. Die
Sowjets führen einen schmutzigen Krieg mit Napalm und Nervengas, mit Sprengfallen und
als Spielzeug getarnten Kleinminen. Dörfer werden vernichtet, Viehherden, Ernten. Rund
ein Drittel der 15,5 Millionen Afghanen flieht in Nachbarländer.
Doch weder die indischen Moguln noch der Schah von Persien, weder Briten noch Russen
haben es je geschafft, das Volk der Paschtunen im unzugänglichen Land am Hindukusch
zu zähmen. Mit ihrer in Jahrhunderten erprobten Guerilla-Taktik halten die Mudschaheddin
auch mehr als 100.000 russische Soldaten in Schach. Dank CIA schießen sie mit StingerLuftabwehrraketen fast täglich einen der schicken neuen Kampfhubschrauber vom Typ Mi
24 vom Himmel, die über ihren Verstecken in Hochgebirgstälern und Höhlen kreisen.
Für Michail Gorbatschow, seit April 1985 Staatschef der UdSSR, ist Afghanistan "unsere
blutige Wunde": Der Krieg schadet dem Ansehen der Sowjetunion, die Gorbatschow auf
Reformkurs bringen will, kostet viel Geld und ist bei der Bevölkerung unbeliebt. Im Februar
1988 verkündet er den Abzug sowjetischer Truppen.
Am 15. Februar 1989 überschreitet der letzte sowjetische Soldat die Grenze:
Oberbefehlshaber General Boris Gromow. Er lässt eine Million Tote, etwa 5,5 Millionen
Flüchtlinge, mehr als 1.000 zerstörte Dörfer zurück. Auf sowjetischer Seite sterben nach
offiziellen Angaben 15.000 Soldaten, inoffizielle Schätzungen nennen 60.000 Tote.
Afghanistan ist verwüstet und unregierbar - eine ideale Brutstätte für fundamentalistischen
Terror. Aus den Machtkämpfen der Mudschaheddin untereinander gehen 1994 die
radikalislamischen Taliban als Sieger hervor. Ein hoher Preis für die Rache der CIA.
Quelle: Zeit online vom 24.12.2009 http://www.zeit.de/wissen/geschichte/2009-12/kriegafghanistan-geschichte/komplettansicht.
Aufgaben
1. Sammeln Sie in Ihrem Kurs, was Sie über Afghanistan vor dem 11. September 2001
wissen.
2. Erarbeiten Sie aus dem Text, welche Akteure mit ihren jeweiligen Interessen bis 1989
für die Entwicklungen in Afghanistan verantwortlich waren. Gehen Sie hierbei auch auf die
Rolle der USA und der Sowjetunion im Kalten Krieg ein.
3. Beurteilen Sie, ggf. unter Berücksichtigung weiterer Internetrecherchen, inwieweit
Afghanistan auch heute noch "ein ideales Experimentierfeld" für die internationale
Staatengemeinschaft sein könnte.
[Kolleg Politik und Wirtschaft]
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Linkstipps:
Kartenmaterial auf http://www.monde-diplomatique.de/pm/.karten/index:
-
„Afghanistan: ein fragmentiertes Land" (Drogenproduktion und -handel,
ethnolinguistische Gruppen, Militärstandorte), 2006
-
„Machtkonstellationen im 21. Jahrhundert“ (Die Welt in der Zeit des Kalten Krieges,
neue Bündnisse nach dem Kalten Krieg, Machtkonstellationen im 21. Jahrhundert),
2007
[Kolleg Politik und Wirtschaft]
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