Vorkurs Mathematik– Teil III. Lineare Algebra Inhalt 0. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 2 of 99 Inhalt Lineare Gleichungssysteme und Gauß-Verfahren Vektorrechnung Lagebestimmungen von Punkt, Geraden und Ebenen Skalarprodukt, Längen und Winkel Abstände Kreise und Kugeln Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.1 Lineare Gleichungssysteme – Beispiele Drei Metalllegierungen A, B und C bestehen aus jeweils unterschiedlichen Gewichtsanteilen an X, Y und Z, die der folgenden Tabelle entnommen werden können: X Y Z A 5 % 55 % 40 % B 10 % 70 % 20 % C 20 % 20 % 60 % Nun soll durch Mischen von A, B und C eine Legierung hergestellt werden, in der der Anteil von X 12 %, der Anteil von Y 52 % und der Anteil von Z 36 % beträgt. In welchem Verhältnis müssen die Legierungen A, B und C gemischt werden? Zu lösen ist das System von Gleichungen: 5 % · a + 10 % · b + 20 % · c = 12 % (Anteil X) 55 % · a + 70 % · b + 20 % · c = 52 % (Anteil Y) 40 % · a + 20 % · b + 60 % · c = 36 % (Anteil Z) mit a, b bzw. c Anteil von A, B bzw. C in der Mischung. 3 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.1 Lineare Gleichungssysteme – Beispiele Auf einem Bauernhof sind Enten, Hühner und Kaninchen mit zusammen 120 Füßen und 36 Köpfen. Es gibt doppelt so viele Hühner wie Enten. Wie viele Enten (Variable x1), Hühner (x2) und Kaninchen (x3) gibt es? Anzahl Füße Anzahl Köpfe Ente 2 1 2 1 Huhn Kaninchen 4 1 Dies ergibt das folgende Gleichungssystem: 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 x1 + x2 + x3 = 36 2 · x1 − x2 = 0 4 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.1 Lineare Gleichungssysteme – Definition K sei ein Körper (z.B. = R) Definition 1 Seien aij ∈ K für alle 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n (m und n natürliche Zahlen) und b1, . . . , bm ∈ K, sowie x1, · · · , xn Variablen. Dann heißt das System von Gleichungen (1) a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm ein lineares Gleichungssystem (über K), kurz LGS, mit m Gleichungen und n Unbekannten. Gilt im obigen Gleichungssystem b1 = · · · = bm = 0, so spricht man von einem homogenen Gleichungssystem, anderenfalls von einem inhomogenen Gleichungssystem. 5 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.1 Lineare Gleichungssysteme – Definition Definition 2 Eine Lösung eines Gleichungssystems mit m Gleichungen und n Variablen ist ein n-Tupel (x1; . . . ; xn ) ∈ Kn , welches alle Gleichungen des LGS erfüllt. Normalerweise schreiben wir diese Lösungen als sogenannte Spaltenvektoren x1 .. xn (Grund dafür kommt später). Unter der Lösungsmenge L eines LGS wie in (1) x1 verstehen wir die Menge aller Lösungen .. ∈ Kn , das bedeutet xn x1 n x1 o . . n . ∈K . L= erfüllt (1) xn xn (vgl. Vorkurs, Teil I. Grundlagen). Ziel: Berechnung (d.h. gute Beschreibung) solcher Lösungsmengen 6 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.2 Berechnung von Lösungsmengen – Additionsverfahren 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 (I) x1 + x2 + x3 = 36 (II) Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 (III) Beim Additionsverfahren werden Vielfache der Gleichungen aufaddiert, um Variablen zu eliminieren: 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 −2 · x1 − 2 · x2 − 2 · x3 = −72 2 · x3 = 48 (I) − 2 · (II) (I) − 2 · (II) ⇒ x3 = 24. x1 + x2 = 12 2 · x1 − x2 = 0 3 · x1 = 12 ⇒ x1 = 4 ⇒ x2 = 12 − 4 = 8. 7 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat (II) (III) (II) + (III) 1.2 Berechnung von Lösungsmengen – Additionsverfahren Also x 1 x2 x3 = 4 8 24 einzige mögliche Lösung. Probe: Lösung in Gleichungen einsetzen 2 · 4 + 2 · 8 + 4 · 24 = 120 4 + 8 + 24 = 36 2·4 − 8 = 0 ⇒L= n 4 8 24 X X X o Problem: Was tun, wenn Gleichungssystem komplizierter und Variablen nicht so einfach zu eliminieren? 8 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.2 Berechnung von Lösungsmengen – Einsetzungsverfahren 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 x1 + x2 + x3 = 36 Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 Beim Einsetzungsverfahren wird eine Gleichung nach einer dessen Ausdruck in die anderen Gleichungen eingesetzt. (III) nach x2 aufgelöst: x2 = 2 · x1 und eingesetzt: 6 · x1 + 4 · x3 = 120 3 · x1 + x3 = 36 (II’) nach x3 aufgelöst: x3 = 36 − 3x1 (I) (II) (III) Variablen aufgelöst, und (I’) (II’) und eingesetzt: 6x1 + 4(36 − 3x1) = 120 ⇒ −6x1 + 144 = 120 ⇒ x1 = 4. Damit: x3 = 36 − 3 · 4 = 24 und x2 = 2 · 4 = 8. 9 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.2 Berechnung von Lösungsmengen – Einsetzungsverfahren Wieder einzige mögliche Lösung: x 1 x2 x3 = 4 8 24 Probe: Lösung in Gleichungen einsetzen 2 · 4 + 2 · 8 + 4 · 24 = 120 4 + 8 + 24 = 36 2·4 − 8 = 0 ⇒L= n 4 8 24 o Problem: Viel zu rechnen und i. Allg. unübersichtlich. 10 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat X X X 1.2 Berechnung von Lösungsmengen – Einsetzungsverfahren Beispiel Zu berechnen ist die Lösungsmenge des LGS 2 · x − 4 · y = 10 . −3 · x + 6 · y = −15 Löst man die erste Gleichung nach x auf, erhält man: x = 5 + 2y . Einsetzen in zweite Gleichung ergibt: −3 · (5 + 2y ) + 6 · y = −15 ⇔ −15 − 6y + 6y = −15 ⇔ −15 = −15 Diese Gleichung ist immer erfüllt. Es bleibt also nur die Bedingung aus der ersten Gleichung x = 5 + 2y . 5+2y ⇒L= y ∈ R = {( 5+2r y r )|r ∈ R} Probe: Allgemeine Lösung in Gleichungen einsetzen 2 · (5 + 2r ) − 4 · r = 10 X −3 · (5 + 2r ) + 6 · r = −15 X 11 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Äquivalenz-Umformungen Definition 3 Äquivalenzumformungen eines LGS sind Umformungen, die die Lösungsmenge des Gleichungssystems nicht verändern. Folgende Umformungen sind Äquivalenzumformungen: 1. Die Addition des r -fachen der j-ten Zeile zur i-ten Zeile für r ∈ K. 2. Die Multiplikation der i-ten Zeile mit r 6= 0 (r ∈ K \ {0}). 3. Die Vertauschung der Zeilen i und j. Bemerkung: A priori wird die Lösungsmenge durch diese drei Umformungen höchstens größer, da jedes Tupel, das die ursprünglichen Gleichungen erfüllt, auch die neuen Gleichungen erfüllt. Da man alle Umformungen durch ähnliche Umformungen wieder rückgängig machen kann, wird die Lösungsmenge aber de facto nicht echt größer, sondern bleibt gleich. 12 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform Beim Gauß-Verfahren werden im ersten Schritt durch Anwendung der drei Arten von Äquivalenzumformungen das Gleichungssystem auf eine sog. Stufenform gebracht. Genauer: 1. Vertausche die Zeilen des Gleichungssystems so, dass die erste Variable (normalerweise x1) in der ersten Zeile vorkommt (falls x1 überhaupt nicht vorkommt, ist das x2 bzw. x3 etc.). 2. Teile die erste Gleichung durch den Koeffizienten der ersten Variablen. 3. Addiere jeweils geeignete Vielfache der ersten Zeile zur zweiten Zeile, zur dritten Zeile etc., so dass die erste Variable in den anderen Zeilen verschwindet. 4. Verfahre mit den Zeilen 2 bis m weiter wie in 1. bis 3. beschrieben, dann mit den Zeilen 3 bis m etc., bis irgendwann keine Zeile mehr übrig ist, oder die linken Seiten der restlichen Gleichungen alle gleich 0 sind. a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm 13 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 (I) x1 + x2 + x3 = 36 (II) Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 (III) x1 taucht in erster Zeile auf, d.h. keine Vertauschung nötig. Aber teile erste Zeile durch 2: x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I’) x1 + x2 + x3 = 36 (II) 2 · x1 − x2 = 0 (III) Addiere (−1)-fache der ersten Zeile zur zweiten Zeile und das (−2)-fache der ersten Zeile zur dritten Zeile: x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I’) −x3 = −24 (II’) − 3 · x2 − 4 · x3 = −120 (III’) 14 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform x2 + 2 · x 3 = 60 (I’) −x3 = −24 (II’) Zweiter Durchgang“: ” − 3 · x2 − 4 · x3 = −120 (III’) Vertausche zweite und dritte Zeile und teile diese durch (−3): x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I) x2 + 34 · x3 = 40 (III”) −x3 = −24 (II’) x1 + In dritter Zeile taucht x2 gar nicht auf, d.h. keine Addition der zweiten Zeile nötig. Dritter Durchgang“: ” x3 taucht in dritter Zeile auf. Teile diese durch (−1): x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I) x2 + 34 · x3 = 40 (III”) x3 = 24 (II”) Keine weiteren Zeilen zum Addieren vorhanden. Erster Teil fertig! 15 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform Im Allgemeinen sieht das LGS dann so aus mit gewissen Zahlen k (1 ≤ k ≤ m) und 1 ≤ i1 < i2 < . . . < ik ≤ n, sowie ãij , b̃i ∈ K: (2) 16 of 99 xi1 + · · · + ã1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ã2i3 xi3 + · · · xi3 + · · · .. x ik + Aachen 2016 - Andreas Maurischat · · · = b̃1 · · · = b̃2 · · · = b̃3 .. · · · = b̃k 0 = b̃k+1 .. .. 0 = b̃m 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 2: Lösbarkeit Satz 1 Das LGS (2) ist genau dann lösbar, wenn k = m oder b̃k+1 = . . . = b̃m = 0 gilt. In diesem Fall lassen sich die xi mit i ∈ / {i1, . . . , ik } als freie Parameter wählen (sog. freie Variablen) und die xi1 , . . . , xik (die sog. abhängigen Variablen) in Abhängigkeit dieser xi durch die ersten k Gleichungen berechnen. (2) 17 of 99 xi1 + · · · + ã1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ã2i3 xi3 + · · · xi 3 + · · · .. x ik + Aachen 2016 - Andreas Maurischat · · · = b̃1 · · · = b̃2 · · · = b̃3 .. · · · = b̃k 0 = b̃k+1 .. .. 0 = b̃m 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 2: Lösbarkeit Im Bauernhof-Beispiel x1 + x2 + 2 · x3 = 60 x2 + 43 · x3 = 40 x3 = 24 haben wir gar keine 0 = b̃j“ -Zeilen (d.h. k = m = 3), also ist das LGS lösbar. ” Alle xi gehören zu einer Stufe (i1 = 1, i2 = 2, i3 = 3), d.h. kein xi ist frei wählbar und alle xi können berechnet werden. Insbesondere gibt es genau eine Lösung. 18 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 3: reduzierte Stufenform (2) xi1 + · · · + ã1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ã2i3 xi3 + · · · xi3 + · · · .. xik + · · · = b̃1 · · · = b̃2 · · · = b̃3 .. · · · = b̃k Zur Berechnung der Lösungen (wenn es welche gibt) macht man am besten weitere Umformungen des LGS: 1. Addiere jeweils geeignete Vielfache der k-ten Zeile zu den Zeilen 1 bis k − 1, so dass die Variable xik in diesen Zeilen verschwindet. 2. Addiere jeweils geeignete Vielfache der (k − 1)-ten Zeile zu den Zeilen 1 bis k − 2, so dass die Variable xik−1 in diesen Zeilen verschwindet. 3. Verfahre entsprechend mit den Zeilen k − 2 bis 2. Die erhaltene Form des LGS nennt man dann reduzierte Stufenform. Bringt man in dieser reduzierten Stufenform die freien Variablen auf die rechte Seite, hat man direkt einen Ausdruck für die abhängigen Variablen in Abhängigkeit der freien Variablen. 19 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.3 Gauß-Verfahren – Teil 3: reduzierte Stufenform x2 + 2 · x3 = 60 Bauernhof-Beispiel: x2 + 43 · x3 = 40 x3 = 24 Addiere − 43 -fache der dritten Zeile zur zweiten Zeile und das (−2)-fache der dritten Zeile zur ersten Zeile: x1 + x2 = 12 x2 = 8 x3 = 24 Addiere schließlich das (−1)-fache der zweiten Zeile zur ersten Zeile: x1 + x1 Die Lösungsmenge des LGS ist L = x2 n 4 8 24 = 4 = 8 ox3 = 24 . Keine Probe nötig, da ausschließlich Äquivalenzumformungen gemacht! 20 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.4 Matrizen Definition 4 Sind m, n ∈ N und für alle i, j ∈ N mit 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n Zahlen aij ∈ K gegeben, so nennt man das Zahlenschema a11 a12 a13 · · · a1n a21 a22 a23 · · · a2n . .. .. . . . .. . = (aij )1≤i≤m,1≤j≤n = A am1 am2 am3 · · · amn eine (m × n)-Matrix über K. m: Anzahl der Zeilen n: Anzahl der Spalten m = n: quadratische Matrix aij : Koeffizient der Matrix der i-ten Zeile und j-ten Spalte (1 × n)-Matrix (d.h. mit nur einer Zeile): Zeilenvektor der Länge n (m × 1)-Matrix (d.h. mit nur einer Spalte): Spaltenvektor der Länge m 21 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.4 Matrizen Definition 5 Sei (1) a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm ein lineares Gleichungssystem. Dann werden die zum linearen Gleichungssystem gehörigen Matrizen a11 a12 ··· a1n | b1 a11 a12 ··· a1n a a ··· a | b a21 a22 ··· a2n .. .. . . . .. A= und (A | b) = ..21 ..22 . . . ..2n | ..2 | am1 am2{z··· amn } am1 am2 ··· amn | bm {z } | ∈Mat(m,n;K) ∈Mat(m,n+1;K) Koeffizientenmatrix und erweiterte Koeffizientenmatrix genannt. 22 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.4 Matrizen Bemerkung: Zur Lösung des linearen Gleichungssystems (1) mit dem Gauß-Verfahren kann man auch einfacher die entsprechenden Umformungen auf die Zeilen der erweiterten Koeffizientenmatrix (A | b) anwenden und aus der resultierenden Matrix wieder das umgeformte Gleichungssystem in reduzierter Stufenform bilden. 23 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.4 Matrizen Definition 6 x1 x2 Eine (m × n)-Matrix A = (aij ) kann mit einem Spaltenvektor x = .. der Länge xn n multipliziert werden. Das Ergebnis ist dann ein Spaltenvektor der Länge m: a11 a12 a21 a22 A·x = .. .. am1 am2 ··· ··· ... ··· x 1 a1n a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn x 2 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn a2n .. .. · .. = am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn amn x n Das LGS (1) kann dann kompakt geschrieben werden als ! b 1 A · x = b mit b = b2 .. bm 24 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat . 1.5 Komplettes Beispiel x1 + 2x2 + x3 − x4 = 7 − x4 = 8 Wir betrachten das LGS x1 + 3x2 −x1 − 3x3 + 5x4 = −9 Um dieses zu lösen, wenden wir das Gauß-Verfahren auf die zugehörige erweiterte Koeffizientenmatrix an: 1 2 1 −1 | 7 1 3 0 −1 | 8 −1 0 −3 5 | −9 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1 0 2 −2 4 | −2 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 4 | −4 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 1 | −1 Wir sehen schon, dass das LGS lösbar ist und dass man x3 als freie Variable wählen kann.Weiter zur reduzierten Stufenform: 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 1 | −1 1 2 1 0 | 6 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 1 | −1 1 0 3 0 | 4 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 1 | −1 Also x3 = r (freie Variable) und x1 = 4 − 3r , x2 = 1 + r und x4 = −1. Die Lösungsmenge ist also 4 −3 4−3r 1 1+r r ∈ R = L= + r 11 r ∈ R . r 0 −1 25 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat −1 0 1.6 Lösungsmengen linearer Gleichungssysteme – Allgemeine Aussagen Ein lineares Gleichungssystem über R hat entweder (0) keine Lösung (wenn es in der Stufenform eine Zeile 0 = bj“ gibt, wobei bj nicht 0 ist, oder ” (1) genau eine Lösung (wenn Fall (0) nicht zutrifft und jede Variable zu einer Treppenstufe in der Stufenform gehört) oder (∞) unendlich viele Lösungen (wenn Fall (0) nicht zutrifft und es mindestens eine Variable gibt, die zu keiner Treppenstufe in der Stufenform gehört). Des Weiteren gilt: Jedes homogene LGS hat mindestens eine Lösung, da Fall (0) nicht eintreten kann (x1 = 0, . . . , xn = 0 ist stets eine Lösung des homogenen LGS). Jedes homogene LGS mit mehr Variablen als Gleichungen hat unendlich viele Lösungen (da Fall (0) nicht eintritt und es weniger Stufen als Variablen gibt). Die Lösungsmenge eines inhomogenen LGS erhält man auch, indem man alle Lösungen des zugehörigen homogenen LGS auf eine spezielle Lösung des inhomogenen LGS addiert; sofern das inhomogene LGS überhaupt eine Lösung besitzt. 26 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1.6 Lösungsmengen linearer Gleichungssysteme – Allgemeine Aussagen Beim x1 + 2x2 + x3 − x4 − x4 LGS von vorhin x1 + 3x2 −x1 − 3x3 + 5x4 1 2 1 −1 | 7 1 2 1 −1 | 1 3 0 −1 | 8 0 1 −1 0 | −1 0 −3 5 | −9 0 2 −2 4 | 1 2 1 0 | 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 0 1 −1 0 | 1 0 0 0 1 | 0 0 0 1 | −1 = 7 = 8 hatten wir gerechnet: = −9 7 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1 1 −2 0 0 0 4 | −4 1 0 3 0 | 4 6 0 1 −1 0 | 1 1 0 0 0 1 | −1 −1 4 −3 1 r ∈ R = Und daher L = + r 11 r ∈ R . 0 −1 0 Beim zugehörigen homogenen LGS steht in jeder Gleichung auf der rechten Seite 0, was sich auch beim Gauß-Verfahren nicht ändert. Als Lösungsmenge L0 des homogenen LGS erhält man also −3 L0 = r 11 r ∈ R . 4−3r 1+r r −1 0 27 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2 Vektorrechnung 2. Vektorrechnung Wir betrachten im Folgenden stets den Raum Rn = {(a1; . . . ; an ) | ai ∈ R} = Menge der Punkte im n-dimensionalen Raum. für n = 2 die Ebene 28 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat für n = 3 der 3-dimensionale Raum 2.1 Vektoren Arbeitsdefinition Ein Vektor v im n-dimensionalen Raum ist eine Größe, die durch eine Länge (d.h. eine reelle Zahl ≥ 0) und eine Richtung im Rn gekennzeichnet ist. Dargestellt werden Vektoren durch Pfeile im Rn . Beispiel: Beide roten Pfeile stellen denselben Vektor dar, da sie die gleiche Länge und die gleiche Richtung haben. Ebenso stellen die beiden blauen Pfeile denselben Vektor dar. Der violette Pfeil stellt einen anderen Vektor dar, als die blauen Pfeile, da er in die entgegengesetzte Richtung geht. 29 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.2 Ortsvektoren und Verbindungsvektoren Definition 7 Ist P ein Punkt im Rn , so nennt man den Vektor, der durch den Pfeil mit Anfang im Nullpunkt O = (0; . . . ; 0) und Ende beim Punkt P dargestellt wird, den Ortsvektor von P und bezeichnet ihn mit ~p . Sind Q und R Punkte im Rn , dann ist der Verbindungsvektor von Q nach R der Vektor, der durch den Pfeil mit Anfang bei Q und Ende bei R dargestellt wird. −→ Dieser wird mit QR bezeichnet. −→ −→ Ortsvektor ~p = OP von P und Verbindungsvektor QR 30 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.3 Komponentendarstellung von Vektoren Jeder Vektor ~v im Rn ist gleich dem Ortsvektor von genau einem Punkt P = (p1; . . . ; pn ). Wir schreiben daher diesen Vektor auch als ! p1 ~v = ~p = p2 .. . pn Wir haben dadurch die Vektoren im Rn mit den Spaltenvektoren der Länge n identifiziert. Satz 2 Sind Q = (q1; . . . ; qn ) und R = (r1; . . . ; rn ) Punkte im Rn , so gilt für den Verbindungsvektor r1 −q1 ! −→ r2 −q2 .. QR = . rn −qn ( Endpunkt minus Anfangspunkt“) ” 31 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.3 Komponentendarstellung von Vektoren Beispiel −→ −→ Ortsvektor ~p = OP von P und Verbindungsvektor QR Hier ist P = (3; 2), Q = ( 21 ; 1) und R = ( 23 ; 3). Also: 3 1 −→ − → 2−2 ~p = OP = ( 32 ) und QR = 3−1 = 12 32 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.4 Rechnen mit Vektoren Zwei Vektoren können addiert werden und ein Vektor kann mit einer reellen Zahl multipliziert werden. Das Ergebnis ist jeweils ein neuer Vektor. v1 v2 .. Vektor-Addition ! ! ! v1 +w1 w 1 w2 .. + vn = wn v2 +w2 .. vn +wn Skalarmultiplikation ! ! v rv 1 r v2 .. vn 1 = rv2 .. rvn Bemerkung Der Nullvektor ~o = 0! 0 .. . (= Ortsvektor von O = (0; . . . ; 0)) wird oft auch einfach mit 0 bezeichnet. 0 33 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.4 Rechnen mit Vektoren Satz 3 1.) Für drei Punkte P, Q und R im Rn gilt: −→ −→ −→ PQ + QR = PR 2.) Sind A, B und C Punkte im Rn und C auf (AB) so, dass die Strecke AB im Verhältnis r : (1 − r ) −→ −→ geteilt wird, dann gilt AC = r · AB. Beispiel: Berechne den Mittelpunkt M der Strecke QR mit Q = (6; 1) und R = (4; 5). −−→ → 1− 1 4−6 6 m ~ = ~q + QM = ~q + 2 QR = ( 1 ) + 2 5−1 = ( 53 ) Also M = (5; 3). 34 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.5 Parameterdarstellung von Geraden Die Gerade g im Rn , welche durch zwei gegebene Punkte P und Q verläuft, ist die Menge aller Punkte X , deren Ortsvektoren ~x geschrieben werden können als −→ ~x = ~p + r PQ für eine geeignete reelle Zahl n r . −→ o Wir schreiben auch g = ~p + r PQ r ∈ R . Allgemein ist eine Gerade g gegeben als g = {~u + r~v | r ∈ R} für einen Vektor ~u und einen Vektor ~v 6= ~o . Diese Form der Darstellung nennt man Parameterform von g , der Vektor ~u heißt Stützvektor und ~v heißt Richtungsvektor. 35 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.5 Parameterdarstellung von Geraden Beispiel Es soll eine Parameterform der Geraden g , welche durch die Punkte Q = (1; 2) und R = (2,5; 2,5) geht, berechnet werden. 1 Als Stützvektor kann man hierfür den Ortsvektor von Q wählen, also ~q = 2 und als Richtungsvektor den Verbindungsvektor von Q nach R, also −→ 2,5−1 1,5 QR = 2,5−2 = 0,5 . Damit erhält man o n 1,5 1 g= 2 + r 0,5 r ∈ R . Die Parameterform ist aber bei weitem nicht eindeutig. Als Stützvektor kann man nämlich den Ortsvektor eines jeden beliebigen Punktes auf g wählen, also zum 2,5 Beispiel auch ~r = 2,5 . Als Richtungsvektor kann man auch jedes Vielfache 6= ~o −→ 3 von QR wählen, also zum Beispiel auch 1 . Man erhält damit n o 2,5 3 g= 2,5 + s 1 s ∈ R . 36 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.6 Parameterdarstellung von Ebenen Die Ebene E im Rn , welche durch drei gegebene Punkte P, Q und R verläuft, ist die Menge aller Punkte X , deren Ortsvektoren ~x geschrieben werden können als −→ −→ ~x = ~p + r PQ + s PR für geeignete reelle Zahlen r und s. (P, Q und R nicht kollinear.) Wir schreiben auch o n −→ −→ E = ~p + r PQ + s PR r , s ∈ R . Allgemein ist eine Ebene E gegeben als E = {~u + r~v + s w ~ | r , s ∈ R} für einen Vektor ~u und Vektoren ~v , w ~ , welche linear unabhängig sind. Diese Form der Darstellung nennt man Parameterform von E , der Vektor ~u heißt Stützvektor und ~v und w ~ heißen Richtungsvektoren. 37 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.6 Parameterdarstellung von Ebenen Beispiel Im R3 sind die drei Punkte P = (1; 1; 0), Q = (2; 1; 2) und R = (3; 3; 4) gegeben und eine Parametergleichung für die Ebene E , die die drei Punkte enthält, ist gesucht. Um zunächst zu sehen, dass die Punkte nicht auf einer Geraden liegen, betrachtet man die Verbindungsvektoren −→ 2−1 1 −→ 3−1 2 PQ = 1−1 = 0 und PR = 3−1 = 2 . 2 4 2−0 4−0 −→ R liegt nämlich genau dann auf der Geraden PQ, wenn PR ein Vielfaches des −→ Vektors PQ ist (vgl. Parameterdarstellung von Geraden). −→ −→ PR kann kein Vielfaches von PQ sein, da z.B. die zweite Komponente nicht 0 ist. Eine Parametergleichung für die Ebene durch P, Q und R ist nun n o n o −→ −→ 1 1 2 1 + r 0 + s 2 r, s ∈ R . E = ~p + r PQ + s PR r , s ∈ R = 0 38 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2 4 2.7 Lineare Abhängigkeit Definition 8 Ein Vektor ~v heißt linear abhängig von Vektoren w ~ 1, . . . , w ~ k , wenn es reelle Zahlen r1, . . . , rk gibt, so dass ~v = r1w ~ 1 + . . . + rk w ~k gilt. Andernfalls heißt ~v linear unabhängig von w ~ 1, . . . , w ~k. Mehrere Vektoren ~v1, . . . , ~vl heißen linear abhängig, wenn mindestens einer der Vektoren von den anderen linear abhängig ist, und sie heißen linear unabhängig, wenn keiner der Vektoren von den anderen linear abhängig ist. Satz 4 Vektoren ~v1, . . . , ~vl im Rn sind genau dann linear unabhängig, wenn die Gleichung r1~v1 + . . . + rl ~vl = ~o nur für r1 = . . . = rl = 0 erfüllt ist. 39 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2.7 Lineare Abhängigkeit Beispiel 1 2 3 Seien ~v1 = 2 , ~v2 = 3 , ~v3 = 4 gegeben. 3 5 7 Um zu entscheiden, ob ~v1, ~v2, ~v3 linear abhängig sind, müssen wir also herausfinden, ob die Gleichung r1~v1 + r2~v2 + r3~v3 = ~o nur durch r1 = r2 = r3 = 0 gelöst wird. Wir lösen also das folgende homogene LGS mit Variablen ri : 1 · r1 + 2 · r2 + 3 · r3 = 0 2 · r1 + 3 · r2 + 4 · r3 = 0 3 · r1 + 5 · r2 + 7 · r3 = 0 s Die Lösungsmenge ist L = { −2s | s ∈ R }. Also sind ~v1, ~v2, ~v3 linear abhängig. s Indem man die so gefundene lineare Abhängigkeit für s = 1 nach je einem der Vektoren ~v1, ~v2, ~v3 auflöst, erhält man also zum Beispiel ~v1 = 2 · ~v2 − 1 · ~v3, 40 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat ~v2 = 1 2 · ~v1 + 12 · ~v3, ~v3 = −1 · ~v1 + 2 · ~v2. 2.7 Lineare Abhängigkeit Bemerkung Zwei Vektoren ~v und w ~ sind genau dann linear unabhängig, wenn keiner ein Vielfaches des anderen ist. Insbesondere müssen beide Vektoren 6= ~o sein. Die Menge {~u + r~v + s w ~ | r , s ∈ R} beschreibt genau dann eine Ebene, wenn die Vektoren ~v und w ~ linear unabhängig sind, d.h. beide sind 6= ~o und sie sind keine Vielfachen voneinander. ( Vergleiche Beispiel zur Parameterdarstellung einer Ebene.) 41 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3 Lagebestimmungen von Punkt, Geraden und Ebenen Lagebeziehungen im R2: Punkt – Punkt: sind (a) gleich oder (b) nicht gleich Punkt – Gerade: (a) Punkt liegt auf Gerade oder (b) nicht Gerade – Gerade: sind (a) gleich, (b) parallel oder (c) haben Schnittpunkt. Lagebeziehungen im R3: (zusätzlich zu den Möglichkeiten im R2) Gerade Punkt Gerade Ebene 42 of 99 – – – – Gerade: Ebene: Ebene: Ebene: (d) können auch windschief sein. (a) Punkt liegt auf Ebene oder (b) nicht. (a) Gerade in Ebene, (b) parallel oder (c) schneidet in Punkt. sind (a) gleich, (b) parallel oder (c) haben Schnittgerade. Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3.1 Lage: Punkt – Gerade und Punkt – Ebene Wann liegt ein Punkt auf einer Geraden? Sei P ∈ R2 bzw. R3 und g eine entsprechende Gerade in Parameterform, also o n u v 1 1 u2 + r v2 r ∈ R . g = {( uu12 ) + r ( vv12 ) | r ∈ R} bzw. g = u3 v3 Dann liegt P auf g , falls die Gleichung (das Gleichungssystem) v p1 u 1 1 r ( vv12 ) = ( pp12 ) − ( uu12 ) bzw. r vv23 = pp23 − uu23 eine Lösung besitzt. Andernfalls liegt P nicht auf g . Beispiel: Der Punkt P = (1; 3) liegt nicht auf g = {( 02 ) + r ( 12 ) | r ∈ R}, denn das Gleichungssystem r = 1 r = 1 r ( 12 ) = ( 13 ) − ( 02 ) ⇔ ⇔ 2r = 1 0 = −1 besitzt keine Lösung. 43 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3.1 Lage: Punkt – Gerade und Punkt – Ebene Wann liegt ein Punkt in der Ebene? Sei P ∈ R3 und E eine Ebene in Parameterform, also o n u v w 1 1 1 u2 + r v2 + s w2 r , s ∈ R . E= u3 v3 w3 Dann liegt P in E , falls die Gleichung (das Gleichungssystem) v w p1 u 1 1 1 r vv23 + s ww23 = pp23 − uu23 eine Lösung besitzt. Andernfalls liegt P nicht in E . Beispiel: auf n Der Punkt P = (2; 3; 2) liegt o 1 1 2 1 + r 0 + s 2 r , s ∈ R , denn das Gleichungssystem E= 0 2 4 " # " r + 2s = 1 r + 2s 1 2 2 1 2s = 2 s r 0 +s 2 = 3 − 1 ⇔ ⇔ 2 4 2 besitzt die Lösung ( sr ) = ( −1 1 ). 44 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 0 2r + 4s = 2 = 1 = 1 0 = 0 # 3.2 Lage: Gerade – Gerade im R2 g und h Anzahl der Richtungsvektoren Schnittpunkte von g und h sind sind identisch ∞ linear abhängig sind (echt) parallel 0 linear abhängig schneiden sich 1 linear unabhängig Seien g = {( pp12 ) + r · ( vv12 ) | r ∈ R} und h = {( qq12 ) + s · ( ww12 ) | s ∈ R} . Dann ist die Anzahl der Schnittpunkte gleich der Anzahl Lösungen des linearen v1·r − wder q1 −p1 Gleichungssystems ~p + r~v = ~q + s w ~ ⇔ v2·r − w12·s·s = = q2 −p2 . . Im Falle genau eines Schnittpunktes Sg ,h (d.h. genau einer Lösung ( sr00 ) ) ist −→ OSg ,h = ( pp12 ) + r0 · ( vv12 ) = ( qq12 ) + s0 · ( ww12 ) . 45 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3.3 Lage: Gerade – Gerade im R3 g und h Richtungsvektoren von g und h sind ∞ linear abhängig sind (echt) parallel 0 linear abhängig sind identisch schneiden sich 1 linear unabhängig sind windschief 0 linear unabhängig Für g = {~p + r~v | r ∈ R}, h = {~q + s w ~ | s ∈ R} löse wieder ~p + r~v = ~q + s w ~. Im R3 ist das aber ein LGS mit 3 Gleichungen (und 2 Variablen), deshalb gibt es zwei Fälle, in denen es keine Lösung hat, nämlich bei Stufenform " # " # r + a12 s = b1 s = b2 0 = b3 (windschief) 46 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat oder a11 r + a12 s = b1 0 = b2 0 = b3 (parallel) . 3.3 Lage: Gerade – Gerade im R3 Beispiel n 1 1 0 o 1 + r · 0 r ∈ R und Wir betrachten die beiden Geraden g = 2 o n 2 1 3 + s · 1 s ∈ R . Wie liegen diese zwei Geraden zueinander? h= 4 2 1.) Richtungsvektoren keine Vielfachen voneinander, d.h. linear unabhängig Geraden schneiden sich oder sind windschief 2.) Löse folgende LGS # " # " r − s = 1 r − s = 1 1 1 2 1 − s = 2 s = −2 . 1 +r · 0 = 3 +s · 1 ⇔ ⇔ 0 2 4 2 2r − 2s = 4 Das LGS besitzt keine Lösung, also sind die Geraden windschief. 47 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 0 = 2 3.4 Lage: Gerade – Ebene Gerade g , Ebene E Anzahl der Richtungsvektoren Schnittpunkte von g und E sind g liegt in E ∞ linear abhängig g (echt) parallel zu E 0 linear abhängig g und E schneiden sich 1 linear unabhängig Für g = {~p + r~u | r ∈ R}, E = {~q + s~v + t w ~ | s, t ∈ R} löse ~p + r~u = ~q + s~v + t w ~, ein LGS mit 3 Gleichungen und 3 Variablen r , s und t. r0 Im Falle genau eines Schnittpunktes Sg ,E (d.h. genau einer Lösung st0 ) ist 0 −→ OSg ,E = ~p + r0 · ~u = ~q + s0 · ~v + t0 · w ~. 48 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3.5 Lage: Ebene – Ebene E1 und E2 Anzahl der Schnittpunkte sind identisch ∞ (2 freie Variablen) sind (echt) parallel 0 ∞ (1 freie Variable) n o Für E1 = {~p + r~v + s w ~ | r , s ∈ R}, E2 = ~q + t v~0 + u w~ 0 | t, u ∈ R löse schneiden sich ~p + r~v + s w ~ = ~q + t v~0 + u w~ 0, ein LGS mit 3 Gleichungen und 4 Variablen r , s, t und u. Hat die Lösungsmenge eine freie Variable, d.h. L = r0 +xr1 s0 +xs1 t0 +xt1 u0 +xu1 x ∈ R , so ist die Schnittgerade gE1,E2 = {(~p + r0~v + s0w ~ ) + x · (r1~v + s1w ~ ) | x ∈ R} = {(~q + t0v~0 + u0w~ 0) + x · (t1v~0 + u1w~ 0) | x ∈ R}. 49 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3.5 Lage: Ebene – Ebene Beispiel n −5 1 1 −1 o 2 + s 3 r , s ∈ R und −3 + r Die Schnittmenge der Ebenen E1 = 0 5 o n 2 −1 1 5 E2 = + t 0 + u 1 t, u ∈ R soll berechnet werden. −4 −5 3 Es muss also das LGS −5 −3 + r 5 1 1 −1 +s 2 3 0 = 2 5 −4 +t −1 0 3 +u 1 1 −5 in r , s, t und u gelöst werden. r + 2s + t − u = 7 r + 3s − u = 8 −r − 3t + 5u = −9 mit Lösungsmenge (vgl. Bsp. in 1.5) 4−3x r s x ∈ R = L= = 1+x t x u −1 Daher haben wir eine Schnittgerade. 50 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4 1 0 −1 −3 + x 11 x ∈ R . 0 3.5 Lage: Ebene – Ebene n −5 o 1 2 1 −3 + r E1 = + s 3 r, s ∈ R , −1 o n 52 −1 0 1 5 E2 = + t 0 + u 1 t, u ∈ R −4 −5 3 4−3x r s x ∈ R L= = 1+x t x u −1 Die Schnittgerade ist dann gegeben durch n −5 1 o 2 1 −3 + (4 − 3x) gE1,E2 = + (1 + x) 3 x ∈ R −1 0 5 n −1 o 1 4 +x = bzw. 0 x ∈ R 1 3 n 2 −1 1 o 5 gE1,E2 = + x 0 + (−1) 1 x ∈ R −4 −5 3 n −1 o 1 4 +x = 0 x ∈ R 1 51 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 3 4 Skalarprodukt, Längen und Winkel 4 Skalarprodukt, Längen und Winkel Um richtig“ Geometrie machen zu können, müssen wir in der Lage sein, auch ” Abstände von Punkten und Winkel zwischen Geraden etc. berechnen zu können. Wichtigstes Hilfsmittel dazu ist das sogenannte Skalarprodukt zweier Vektoren. Bemerkung Wir gehen im Folgenden von der Anschauung im R2 und R3 aus und erhalten mittels des Skalarprodukts Formeln für Längen und Winkel. In der Mathematik werden jedoch normalerweise diese Formeln als Definition verwendet, weil man diese auch für abstrakte Vektorräume verwenden kann. 52 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.1 Skalarprodukt Definition 9 Es seien ~v , w ~ Vektoren im Rn . Das Skalarprodukt ~v • w ~ von ~v und w ~ ist definiert als die reelle Zahl w1 v1 v2 w2 ~v • w ~ = .. • .. wn vn n X vi · wi = v1 · w1 + v2 · w2 + · · · + vn · wn := i=1 1 2 1 3 −2 1 Sind zum Beispiel ~v = und w ~ = , so ist das Skalarprodukt von ~v und w ~ gegeben durch 3 1 ~v • w ~ = 2 • −2 = 1 · 3 + 2 · (−2) + 1 · 1 = 3 − 4 + 1 = 0. 1 53 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 1 4.1 Skalarprodukt Rechenregeln Für das Skalarprodukt gelten folgende Rechenregeln: 1. Seien ~v , w ~ ∈ Rn . Dann gilt ~v • w ~ =w ~ • ~v . Man darf also die Vektoren ~v und w ~ vertauschen. 2. Seien r , s ∈ R und ~u , ~v , w ~ ∈ Rn . Dann gilt ~v • (r · w ~ + s · ~u ) = r · (~v • w ~ ) + s · (~v • ~u ). Es gilt also eine Art Distributivgesetz. 54 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.2 Länge von Vektoren, Abstände von Punkten Satz des Pythagoras Ein Dreieck ABC mit Seitenlängen a, b und c hat genau dann einen rechten Winkel bei C (vgl. Abb.), wenn für die Seitenlängen gilt: √ 2 2 2 a + b = c bzw. c = a2 + b 2. Für den Abstand eines Punktes P = (p1; p2; p3) vom Ursprung O gilt damit: qp p 2 2 2 2 d (P, O) = p1 + p2 + p3 = p12 + p22 + p32 55 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.2 Länge von Vektoren, Abstände von Punkten Satz 5 Es sei ~v ∈ Rn . Die Norm oder Länge von ~v ist die nicht-negative reelle Zahl v u n q uX √ 2 2 2 2 t k~v k := vi = v1 + v2 + · · · + vn = v • v . i=1 Für ~v = 1 3 2 ist zum Beispiel √ √ √ 1 2 2 2 k~v k = 3 = 1 + 3 + 2 = 1 + 9 + 4 = 14. 2 Satz 6 Der Abstand d(Q, R) von zwei Punkten Q und R im Rn ist gleich der Länge des −→ Verbindungsvektors QR. 56 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.2 Länge von Vektoren, Abstände von Punkten Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (0; 0), B = (6; 1), C = (10; 6) und D = (4; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Parallelogramm oder sogar eine Raute? Erinnerung: Ein ebenes Viereck ist ein Parallelogramm, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist: 1. Gegenüberliegende Seiten sind parallel. 2. Die Diagonalen des Vierecks halbieren sich gegenseitig (d.h. ihr Schnittpunkt ist Mittelpunkt beider Diagonalen). 3. Zwei Seiten sind parallel und gleich lang. 4. Gegenüberliegende Seiten sind gleich lang. 5. Die Winkel an gegenüberliegenden Ecken sind gleich groß. 6. Die Winkel an benachbarten Ecken ergänzen sich zu 180◦. (Abgesehen von 4. und 5. implizieren die Bedingungen sogar, dass das Viereck eben ist.) Eine Raute (oder Rhombus) ist ein Parallelogramm, dessen Seiten alle gleich lang sind. 57 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.2 Länge von Vektoren, Abstände von Punkten Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (0; 0), B = (6; 1), C = (10; 6) und D = (4; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Parallelogramm oder sogar eine Raute? Für Parallelogramm ist am einfachsten die dritte Bedingung: Zwei Seiten sind −→ ” parallel und gleich lang.“ zu testen. Diese bedeutet nämlich, dass die Vektoren AB −→ −→ −→ und DC gleich sein müssten (bzw. die Vektoren AD und BC ). Wir haben −→ −→ 6−0 10−4 6 AB = 1−0 = ( 1 ) und DC = 6−5 = ( 61 ) . Also ist das Viereck ABCD ein Parallelogramm. Um zu sehen, ob es eine Raute ist, müssen wir also noch testen, ob −→ −→ d (A, B) = d (A, D) ist, d.h. ob kABk = kADk gilt. √ √ √ √ −→ −→ 4 2 2 2 2 kABk = 6 + 1 = 37 und kADk = k ( 5 ) k = 4 + 5 = 41. Die Seiten sind verschieden lang, also handelt es sich um keine Raute. 58 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.3 Orthogonalität Satz 7 Zwei Vektoren ~v , w ~ ∈ Rn sind genau dann senkrecht (auch orthogonal genannt) zueinander, wenn ~v • w ~ = 0 gilt. Beweis Der Satz des Pythagoras sagt für nebenstehende Skizze aus, dass ~v und w ~ genau dann orthogonal sind, wenn k~v k2 + k~ w k2 = k~v + w ~ k2 gilt. Die linke Seite der Gleichung ist: k~v k2 + k~ w k2 = ~v • ~v + w ~ •w ~ Die rechte Seite ist mit Hilfe der Distributivität und Kommutativität: k~v + w ~ k2 = (~v + w ~ ) • (~v + w ~ ) = ~v • ~v + w ~ • ~v + ~v • w ~ +w ~ •w ~ = ~v • ~v + w ~ •w ~ + 2 · ~v • w ~ Also ist die Gleichheit genau dann gegeben, wenn ~v • w ~ = 0. 59 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.3 Orthogonalität Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (2; 3), B = (4; 6), C = (1; 8) und D = (−1; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Rechteck oder sogar ein Quadrat? Erinnerung: Ein ebenes Viereck ist ein Rechteck, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist: 1. 2. 3. 4. Alle Innenwinkel sind rechte Winkel. Die Diagonalen sind gleich lang und halbieren sich gegenseitig. Das Viereck ist ein Parallelogramm und besitzt einen rechten Winkel. Das Viereck ist ein Parallelogramm und die Diagonalen sind gleich lang. (Alle Bedingungen implizieren sogar, dass das Viereck eben ist.) Ein Quadrat ist ein Rechteck, dessen Seiten alle gleich lang sind. 60 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.3 Orthogonalität Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (2; 3), B = (4; 6), C = (1; 8) und D = (−1; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Rechteck oder sogar ein Quadrat? Für Rechteck ist am einfachsten die dritte Bedingung Das Viereck ist ein −→ −→ ” Parallelogramm und besitzt einen rechten Winkel“ zu testen, da wir nur AB = DC −→ −→ und AB • AD = 0 testen müssen: −→ − → −→ 1−(−1) 4−2 −1−2 −3 ) 2 2 ) und AB = 6−3 = ( 3 ) , DC = = ( AD = = ( 3 5−3 2 8−5 −→ −→ −→ −→ Also gilt AB = DC und AB • AD = ( 23 ) • ( −3 2 ) = 0, d.h. das Viereck ist ein Rechteck. −→ −→ Zuletzt müssen wir noch testen, ob kABk = kADk gilt: q √ √ √ −→ − → 2 2 2 2 kABk = 2 + 3 = 13 und kADk = (−3) + 2 = 13 Also ist das Viereck sogar ein Quadrat. 61 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Definition 10 Es sei g eine Gerade im R2. Ein Normalenvektor der Geraden g ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor ~n, der senkrecht auf g steht, also orthogonal zum Richtungsvektor von g ist. Ist die Länge des Vektors ~n gleich 1, so spricht man auch von einem Einheitsnormalenvektor und schreibt häufig ~n0. n 3/2 1/2 o r ∈ R 1 +r Beispiel: Für g = 2 −1/2 ist ~n = ein Normalenvektor, aber 3/2 auch jedes Vielfache von diesem Vektor, also zum Beispiel ~n1 = −1 3 62 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Sei g = {~p + r~v | r ∈ R} eine Gerade im R2 und ~n ein Normalenvektor zu g (z.B. 2 ~n = ( −v v = ( vv12 )). Dann lässt sich die Gerade g auch beschreiben durch v1 ) für ~ g = {~x ∈ R2 | (~x − ~p ) • ~n = 0}. Diese Darstellung der Geraden nennt man Punkt-Normalenform von g . Durch Umformen erhält man g = {~x ∈ R2 | ~x • ~n = d } mit d = ~p • ~n, welche Normalenform genannt wird, bzw. Hessesche Normalenform, wenn der Normalenvektor ~n die Länge 1 hat. Durch Ausschreiben des Skalarprodukts erhält man die Koordinatenform der Geraden x 2 1 g = ( x2 ) ∈ R n1x1 + n2x2 = d . 63 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Beispiel n Für g = und daher 1 2 +r 3/2 1/2 o r ∈ R hatten wir einen Normalenvektor ~n = ( −1 3 ) g = { ∈ R2 | − 12 • −1 = 0}, bzw. 3 x1 x −1 1 g = { x2 ∈ R2 | x12 • −1 = • = 5}, bzw. 2 3 3 x1 g = { x2 ∈ R2 | −x1 + 3x2 = 5}. x1 x2 64 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat x1 x2 4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Umrechnung Koordinatenform zu Parameterform x 2 1 Um aus der Koordinatenform g = ( x2 ) ∈ R n1x1 + n2x2 = d einer Geraden g wieder eine Parameterform zu bekommen, muss man einfach die Lösungsmenge des Gleichungssystems n1x1 + n2x2 = d (1 Gleichung, 2 Variablen) bestimmen. Alternativ kann man auch einen Punkt auf g berechnen (indem man z.B. x1 = 0 wählt und x2 = nd2 bzw. x2 = 0 wählt und x1 = nd1 – je nachdem, ob n1 oder n2 n2 ). nicht 0 ist), und einen Richtungsvektor von g berechnet, z.B. ~v = ( −n 1 Für g = { x1 x2 ∈ R2 | −x1 + 3x2 = 5} hätten wir also zum Beispiel: P = (−5; 0) und ~v = 31 , also g= 65 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat n −5 0 o 3 + s 1 s ∈ R . 4.5 Normalenform einer Ebene im R3 Definition 11 Es sei E eine Ebene im R3. Ein Normalenvektor der Ebene E ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor ~n, der senkrecht auf E steht, also orthogonal zu den beiden Richtungsvektoren der Ebene ist. Ist die Länge des Vektors ~n gleich 1, so spricht man auch von einem Einheitsnormalenvektor und schreibt häufig ~n0. Das Kreuzprodukt liefert zu zwei Richtungsvektoren einen Normalenvektor: Definition 12 v w 1 1 Seien ~v = vv23 und w ~ = ww23 ∈ R3 zwei linear unabhängige Vektoren (insb. 6= ~o ), dann ist das Kreuzprodukt von ~v und w ~ (oder Vektorprodukt) der Vektor v2w3 − v3w2 0 ~n = ~v × w ~ := v3w1 − v1w3 6= 0 . 0 v1w2 − v2w1 Dieser ist orthogonal zu ~v und w ~. 66 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.5 Normalenform einer Ebene im R3 v1 w1 v1 w1 v1 w1 v2 w2 v2 w2 v2 w2 v3 w3 v3 w3 v3 w3 v2w3 − v3w2 v3w1 − v1w3 v1w2 − v2w1 v2w3 − v3w2 v3w1 − v1w3 v1w2 − v2w1 Beispiel: 1 2 0·4−2·2 −4 0 × 2 = 2 · 2 − 1 · 4 = 0 2 4 1·2−0·2 2 67 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.5 Normalenform einer Ebene im R3 Sei E = {~p + r~v + s w ~ |r , s ∈ R} eine Ebene, und ~n ein Normalenvektor zu E (z.B. ~n = ~v × w ~ ). Dann lässt sich die Ebene E auch beschreiben durch E = {~x ∈ R3 | (~x − ~p ) • ~n = 0}. Diese Darstellung der Ebene nennt man Punkt-Normalenform von E . Durch Umformen erhält man E = {~x ∈ R3 | ~x • ~n = d } mit d = ~p • ~n, welche Normalenform genannt wird, bzw. Hessesche Normalenform, wenn der Normalenvektor ~n die Länge 1 hat. Durch Ausschreiben des Skalarprodukts erhält man die Koordinatenform der Ebene n x o 1 3 x2 E= ∈ R n1x1 + n2x2 + n3x3 = d . x3 68 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.5 Normalenform einer Ebene im R3 o 2 Für E = +r + s 2 r , s ∈ R hatten wir eben einen 4 −4 Normalenvektor ~n = 0 berechnet und daher ist 2 ! ( ) x x −4 1 1 1 3 x2 − 1 x2 E = ∈ R • 0 = 0 , bzw. x3 x3 0 2 x o n x −4 −4 1 1 1 3 x2 E = ∈ R xx23 • 0 = 1 • 0 = −4 , bzw. x3 2 2 o0 n x 1 3 x2 ∈ R E = −4x1 + 2x3 = −4 . x3 n 1 1 0 1 0 2 Umrechnung Koordinatenform zu Parameterform n x o 1 3 x2 Um aus der Koordinatenform E = ∈ R n1x1 + n2x2 + n3x3 = d wieder x3 eine Parameterform zu bekommen, muss man einfach die Lösungsmenge des Gleichungssystems n1x1 + n2x2 + n3x3 = d (1 Gleichung, 3 Variablen) bestimmen. 69 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.6 Leichtere Lagebestimmung mit Normalenformen Im R2: Sind P ein Punkt, h eine Gerade in Parameterform und g eine Gerade in Normalenform. Dann lässt sich leicht testen, ob P auf g liegt, indem man durch Einsetzen nachprüft, ob der Ortsvektor von P die Gleichung der Normalenform von g erfüllt. Ebenso lässt sich die Schnittmenge von h und g einfach dadurch berechnen, dass man die Parameterform von h in die Normalenform von g einsetzt, und die resultierende Gleichung nach dem Parameter löst. Beispiel x1 0 1 P = (1; 3), h = {( 2 ) + r ( 2 ) | r ∈ R} und g = { x2 ∈ R2 | ~x • ( −1 3 ) = 5}. Dann ist ( 13 ) • ( −1 3 ) = 1 · (−1) + 3 · 3 = 8 6= 5, und daher P nicht auf g . Für g und h berechnen wir die Lösung(en) von ( 02 ) + r ( 12 ) • ( −1 3 ) = 5 ⇔ 6 + r (−1 + 6) = 5. Diese ist r0 = − 15 . Daher haben g und h genau einen Schnittpunkt, nämlich den −→ Punkt S mit −0,2 OS = ( 02 ) + r0 ( 12 ) = 1,6 70 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.6 Leichtere Lagebestimmung mit Normalenformen Ähnlich wird die Lagebestimmung im R3 einfacher, wenn eine Ebene im Spiel ist, die in Normalenform gegeben ist. der Ortsvektor des Punktes Auch hier muss lediglich die Parameterform der Gerade in die Normalenform die Parameterform einer zweiten Ebene gültigen oder ungültigen Gleichung eingesetzt werden, was zu einer zu lösenden Gleichung für den Parameter der Geraden führt. zu lösenden Gleichung für die zwei Parameter der Ebene Beispiel n −5 −3 + r E1 = 5 1 1 −1 o o n x 3 2 1 x2 ~ x • 2 = 12 . + s 3 r , s ∈ R und E2 = x3 1 0 Einsetzen der Parameterform von E1 in die Normalenform von E2 liefert für r und s −5 1 2 3 die Gleichung 1 −3 + r +s 3 • 2 = 12 ⇔ r = 7 − 3s. 5 −1 0 1 Also ist die Schnittgerade gegeben durch n −5 1 o n 2 1 −3 + (7 − 3s) + s 3 s ∈ R = gE1,E2 = 5 71 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat −1 0 2 4 −2 −1 o + s 0 s ∈ R . 3 4.7 Winkel Satz 8 Der Winkel ϕ zwischen zwei Vektoren ~v und w ~ im Rn ist der eindeutige Winkel zwischen 0◦ und 180◦ (bzw. die Zahl zwischen 0 und π), für welche ~v • w ~ cos(ϕ) = k~v k · k~ wk gilt. 1 0 2 1 und w ~ = 1 berechnen wir den Winkel ϕ als Beispiel: Für die Vektoren ~v = 2 1 1 0 • 1 1+0+4 5 2 2 √ √ √ = cos(ϕ) = 1 1 = 2 2 2 2 2 2 30 1 +0 +2 · 1 +1 +2 0 · 1 2 2 Daraus ergibt sich ϕ ≈ 24◦. 72 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.7 Winkel Projektion Es gilt (mit Bezeichnungen wie in der Skizze): −→ |~v • w ~ | = k~v k · kOPk, sowie −→ |~v • w ~ | = k~ w k · kOQk. Genauer sind sogar −→ ~v • w ~ und OQ = ·w ~, 2 k~ wk −→ −→ d.h. das Vorzeichen des Skalarprodukts zeigt an, ob OP bzw. OQ in die gleiche Richtung zeigt wie ~v bzw. w ~ oder in die entgegengesetzte. −→ ~v • w ~ OP = · ~v 2 k~v k 73 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.7 Winkel zwischen Geraden Sind g = {~p + r~v | r ∈ R}, h = {~q + s w ~ | s ∈ R} sich schneidende Geraden im R2 oder R3, so berechnet sich ihr Schnittwinkel als der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ) mit |~v • w ~| . cos(ϕ) = k~v k · k~ wk Beispiel o n o 1 2 1 3 + s 1 s ∈ R gilt also nach Für g = + r 0 r ∈ R und h = 2 2 2 ◦ der Rechnung von eben: ϕ = ](g , h) ≈ 24 . n 1 1 0 74 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 4.7 Winkel zwischen Gerade und Ebene bzw. zwei Ebenen Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} eine Gerade und E = {~x | ~x • ~n = d } eine Ebene im R3, die sich schneiden, so berechnet sich ihr Schnittwinkel als der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ) mit |~v • ~n| sin(ϕ) = k~v k · k~nk Für zwei Ebenen E1 = {~x | ~x • ~n1 = d1} und E1 = {~x | ~x • ~n2 = d2} ist ihr Schnittwinkel der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ), welcher cos(ϕ) = erfüllt. 75 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat |~n1 • ~n2| k~n1k · k~n2k 5 Abstände 5. Abstände Ziel des kommenden Abschnitts ist es, Abstände von Punkten zu Geraden oder Ebenen, sowie Abstände zwischen zwei Geraden, Geraden und Ebenen bzw. zwei Ebenen zu berechnen, sofern sie sich nicht schneiden. 76 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.1 Lot und Lotfußpunkt Definition 13 Sei g eine Gerade im R2 beziehungsweise R3 und P ein Punkt im R2 beziehungsweise R3 , der nicht auf der Geraden g liegt. Dann ist das Lot von P auf g definiert als die Gerade durch P, die senkrecht auf g steht. Der Lotfußpunkt (oder auch Fußpunkt des Lotes) ist definiert als der Schnittpunkt des Lotes mit der Geraden g . Sei P ein Punkt im R3 und E eine Ebene, die P nicht enthält. Dann ist das Lot von P auf E definiert als die Gerade durch P, die senkrecht auf E , also senkrecht auf den beiden Richtungsvektoren von E , steht. Der Lotfußpunkt ist definiert als der Schnittpunkt des Lotes mit der Ebene E . 77 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.1 Lot und Lotfußpunkt Seien ein Punkt P und eine Gerade g = {~u + r~v |r ∈ R} gegeben und P liege nicht auf g , dann gilt für den Lotfußpunkt L − → OL = ~u + r0~v , wobei r0 die Lösung der Gleichung (~u + r~v − ~p ) • ~v = 0 ist. Das heißt: r0 = (~p − ~u ) • ~v . 2 k~v k Das Lot l von P auf g ist dann die Gerade durch P und L, d.h. n o − → l = ~p + s PL s ∈ R . 78 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.1 Lot und Lotfußpunkt Beispiel: Der Punkt P = (1; 3) liegt nicht auf g = {( 02 ) + r ( 12 ) | r ∈ R} (siehe Abschnitt 3.1). − → Wir berechnen den Lotfußpunkt: Nach der Formel ist OL = ( 02 ) + r0 ( 12 ) mit ( 13 ) − ( 02 ) • ( 12 ) (1 − 0) · 1 + (3 − 2) · 2 3 r0 = = = . 1 2 2 2 k(2)k (1 + 2 ) 5 Also − → 3/5 3 OL = ( 02 ) + 5 ( 12 ) = 16/5 Die Lotgerade l ist dann: n o −2/5 l = ( 13 ) + s 1/5 s ∈ R = {( 13 ) + t ( −2 1 ) | t ∈ R} 79 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.1 Lot und Lotfußpunkt Seien ein Punkt P und eine Ebene E = {~x | ~x • ~n = d } gegeben und P liege nicht auf E , dann ist das Lot l von P auf E gegeben durch l = {~p + s~n | s ∈ R} . Der Lotfußpunkt L ist der Schnittpunkt von l − → mit E , d.h. OL = ~p + s0~n, wobei s0 die Lösung der Gleichung (~p + s~n) • ~n = d ist. Das heißt: s0 = 80 of 99 d − ~p • ~n . 2 k~nk Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.2 Abstände von Punkten zu Geraden und Ebenen Den Abstand d (P, g ) eines Punkte P von einer Geraden g zu bestimmen, ist nun einfach: Man berechne den Lotfußpunkt L von P auf g , dann ist d (P, g ) nichts anderes als der Abstand von P zu L, also d (P, g ) = d (P, L). Ebenso erhält man den Abstand d (P, E ) eines Punktes P von einer Ebene E dadurch, dass man den Lotfußpunkt L von P auf E bestimmt und dessen Abstand zu P. Es gilt nämlich auch hier wieder |d − ~p • ~n| d (P, E ) = d (P, L) = |s0| · k~nk = . k~nk Bemerkung Die angegebenen Verfahren zur Bestimmung des Lotfußpunktes funktionieren auch, wenn der Punkt P auf der Geraden bzw. auf der Ebene liegt. In diesem Fall erhält man L = P und der Abstand ist 0. 81 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.2 Abstände von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfläche Dreieck ABC . Formel für das Volumen einer Pyramide ist: V = 1 3 · Grundfläche · Höhe = 31 · Fläche(∆ABC ) · d (S, EABC ), wobei EABC die Ebene durch die drei Punkte A, B und C ist. Die Formel für die Dreiecksfläche ist: F = 1 2 · Grundseite · Höhe = 21 · d (A, B) · d (C , gAB ), wobei gAB die Gerade durch A und B ist. Insgesamt: 1 1 V = 3 2 · d (A, B) · d (C , gAB ) · d (S, EABC ) = 16 d (A, B) · d (C , gAB ) · d (S, EABC ). 82 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.2 Abstände von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfläche Dreieck ABC . √ √ −→ 1 1. d (A, B) = kABk = 0 = 1 + 4 = 5. 2 2. d (C , gAB ): o 1 + r 0 r ∈ R gAB = 2 −−→ −→ −→ 1 Lotfußpunkt LC von C auf gAB ist daher OLC = OA + r0~v mit ~v = AB = 0 und 2 2 1 −→ 2 • 0 AC • ~v 2+8 2 4 r0 = = = = 2. √ 2 k~v k2 5 5 0 1 3 1 Also ist d (C , gAB ) = d (C , LC ) = 1 + 2 0 − 3 = −2 = 2. n 1 1 0 0 82 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 2 4 0 5.2 Abstände von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfläche Dreieck ABC . 3. d (S, EABC ): o n x −4 o 2 1 x2 ~ EABC = +r + s 2 r , s ∈ R = x • 0 = −4 x3 4 2 −−→ −→ −4 Lotfußpunkt LS von S auf EABC ist daher OLS = OS + t0~n mit ~n = 0 und 2 −4 4 −→ 0 • −4 − 0 −4 − (−16) 12 3 d − OS • ~n 0 2 = = = = . t0 = 2 k~nk2 16 + 0 + 4 20 5 −4 02 √ √ −→ 6 Also ist d (S, EABC ) = d (S, LS ) = kSLS k = kt0~nk = |t0| 20 = 5 5. n 1 1 0 1 0 2 Insgesamt also √ √ 1 1 6 V = 6 d (A, B)d (C , gAB )d (S, EABC ) = 6 · 5 · 2 · 5 5 = 2. 82 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.3 Abstände paralleler Geraden bzw. Ebenen Wenn sich zwei Ebenen E1 und E2 im R3 nicht schneiden, sind sie parallel. In diesem Fall kann man ihren Abstand d (E1, E2) berechnen, indem man einen Punkt auf einer der beiden Ebenen wählt und dessen Abstand zur anderen Ebene berechnet. Sind beide Ebenen in Normalenform gegeben E1 = {~x | ~x • ~n = d1} und E2 = {~x | ~x • ~n = d2} mit demselben Normalenvektor ~n, so kann man den Abstand auch direkt berechnen durch |d2 − d1| . d (E1, E2) = k~nk Entsprechend erhält man für eine Gerade g , die zu einer Ebene E parallel ist, deren Abstand d (g , E ), indem man einen Punkt auf der Geraden g wählt und dessen Abstand zur Ebene E berechnet. Auch für zwei zueinander parallele Geraden g und h berechnet man deren Abstand d (g , h), indem man einen Punkt auf einer der beiden Geraden wählt und dessen Abstand zur anderen Geraden berechnet. 83 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Satz 9 Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} und h = {~q + s w ~ | s ∈ R} zwei Geraden, die nicht parallel sind, so gibt es auf g und h jeweils einen eindeutigen Punkt Lg bzw. Lh so, dass der Abstand d (Lg , Lh ) minimal ist unter allen Abständen von Punkten auf g und Punkten auf h. Per Definition ist dann d (g , h)= d (Lg , Lh ). Lg und Lh sind eindeutig dadurch charakterisiert, dass die Gerade durch Lg und Lh sowohl auf g als auch auf h senkrecht steht. − → − → Die Punkte Lg und Lh sind gegeben durch OLg = ~p + r0~v und OLh = ~q + s0w ~, wobei ( sr00 ) die eindeutige Lösung des Gleichungssystems (~p + r~v − ~q − s w ~ ) • ~v = 0 ⇔ (~p + r~v − ~q − s w ~)•w ~ = 0 k~v k2 · r − (~v • w ~ ) · s = (~q − ~p ) • ~v ~v • w ~ · r − k~ w k2 · s = (~q − ~p ) • w ~ ist. 84 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Beispiel n 1 1 0 o 1 + r · 0 r ∈ R und Wir betrachten die beiden Geraden g = 2 o n 2 1 3 + s · 1 s ∈ R , welche zueinander windschief sind (vgl. Bsp. in h= 4 2 3.3). Welchen Abstand haben diese zwei Geraden zueinander? Für die Lotfußpunkte Lg und Lh ist also das folgende Gleichungssystem zu lösen ! 1 1 2 1 1 1 +r · 0 − 3 −s · 1 • 0 =0 h i h i 2 4 2 2 0 5r − 5s = 9 5r − 5s = 9 ! ⇔ 5r − 6s = 11 ⇔ − s = 2 1 1 0 +r · 1 0 2 − 2 3 4 −s · 1 1 2 • 1 1 2 =0 Also s0 = −2 und r0 = 51 (9 − 10) = − 15 , d.h. Lg = ( 45 ; 1; − 25 ) und Lh = (0; 1; 0). Der Abstand beträgt also: q q √ 4 2 2 2 16 4 2 2 d (g , h) = d (Lg , Lh ) = (0 − 5 ) + (1 − 1) + (0 + 5 ) = 25 + 25 = 5 5. 85 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Wenn man die Lotfußpunkte nicht benötigt, sondern nur den Abstand zwischen den windschiefen Geraden sucht, gibt es auch folgende Formel: Satz 10 Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} und h = {~q + s w ~ | s ∈ R} zwei Geraden im R3, die nicht parallel sind, und ~n ein Vektor, der zu beiden Geraden orthogonal ist, so lässt sich der Abstand von g und h berechnen durch |(~q − ~p ) • ~n| d (g , h) = k~nk n o n o 1 1 2 1 1 + r 0 r ∈ R und h = 3 + s 1 s ∈ R ist Im Beispiel mit g = 0 2 4 2 q −2 √ 1 1 2 2 ~n = ~v × w ~ = 0 × 1 = 0 und k~nk = (−2) + 1 = 5 2 2 1 und daher −2 1 2 d (g , h) = √15 · 3 − 1 • 0 = 4 86 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 0 1 √1 5 1 · (−2) + 3 · 0 + 4 · 1 = √2 5 √ = 5. 2 5 6 Kreise und Kugeln 6. Kreise und Kugeln 87 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.1 Kreisrand und Kreisfläche Definition 14 Es sei M = (m1; m2) ein Punkt im R2 und r ∈ R mit r ≥ 0. Dann ist der Kreis um M mit Radius r (genauer die Kreislinie) die Menge aller Punkte, die von M den Abstand r haben, also 2 K (M; r ) = ~x ∈ R k~x − ~k=r m x1 . ∈ R2(x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 = r 2 = x2 Das doppelte des Radius wird Durchmesser d = 2r genannt. Die Fläche, die vom Kreis begrenzt wird, also die Menge x1 ~x ∈ R2k~x − m ~k≤r = ∈ R2(x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 ≤ r 2 x2 wird Kreisfläche mit Mittelpunkt M und Radius r (bzw. Durchmesser d = 2r ) genannt. 88 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.1 Kreisrand und Kreisfläche Definition 15 Sei M = (m1; m2) ∈ R2 beliebig. Der Kreis mit Radius r x1 K (M; r ) = ∈ R2(x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 = r 2 x2 hat den Umfang 2πr und die zugehörige Kreisfläche hat den Flächeninhalt πr 2. Insbesondere sind Umfang und Flächeninhalt eines Kreises unabhängig vom Mittelpunkt des Kreises. Beispiel: Der Kreis um M = (1; −1) mit Radius 1 ist gegeben durch K (M; 1) = {~x | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1}. Sein Umfang beträgt U = 2π und sein Flächeninhalt A = π 2. 89 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.2 Kugelfläche und Vollkugel Definition 16 Sei M = (m1; m2; m3) ∈ R3 ein Punkt und r ∈ R mit r ≥ 0. Dann ist die Kugel um M mit Radius r (genauer die Kugel(ober)fläche) die Menge aller Punkte, die von M den Abstand r haben, also 3 K (M; r ) = ~x ∈ R k~x − m ~k=r = n x 1 x2 x3 o. ∈ R3(x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 + (x3 − m3)2 = r 2 Der von der Kugel begrenzte Bereich, also die Menge o n x 1 2 2 2 2 3 x2 ~x ∈ R3k~x − m ~k≤r = ∈ R (x − m ) + (x − m ) + (x − m ) ≤ r 1 1 2 2 3 3 x3 wird Vollkugel mit Mittelpunkt M und Radius r (bzw. Durchmesser d = 2r ) genannt. 90 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.2 Kugelfläche und Vollkugel Definition 17 Sei M = (m1; m2; m3) ∈ R3 beliebig. Die Kugelfläche mit Radius r n x o 1 3 2 2 2 2 x2 K (M; r ) = ∈ R (x − m ) + (x − m ) + (x − m ) = r 1 1 2 2 3 3 x3 hat den Flächeninhalt 4πr 2, die zugehörige Vollkugel hat das Volumen 43 πr 3. Insbesondere sind Flächeninhalt und Volumen einer Kugel unabhängig vom Mittelpunkt der Kugel. 91 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.3 Kreise und Geraden Definition Sei M ∈ R2 beliebig und K (M; r ) der Kreis(rand) mit Radius r um M. Dann nennt man 1. eine Gerade im R2, die den Kreis nicht berührt, eine Passante, 2. eine Gerade im R2, die den Kreis nur in genau einem Punkt berührt, eine Tangente und 3. eine Gerade im R2, die den Kreis in genau zwei Punkten schneidet, eine Sekante. 92 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.3 Kreise und Geraden Gegeben: Gerade g und K (M; r ) ein Kreis mit Radius r um den Mittelpunkt M ∈ R2 . Gefragt: Ist die Gerade eine Passante, Tangente oder Sekante? d (M, g ) > r d (M, g ) = r d (M, g ) < r 93 of 99 ⇒ ⇒ ⇒ g ist eine Passante. g ist eine Tangente. g ist eine Sekante. Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.3 Kreise und Geraden Gegeben: g = {( uu12 ) + s · ( vv12 )|s ∈ R}, x 2 2 2 2 1 K (M; r ) = ( x2 ) ∈ R (x1 − m1) + (x2 − m2) = r Gesucht: Schnittmenge 1. Setze für ~x die Werte der Geraden ein (u1 + s · v1 − m1)2 + (u2 + s · v2 − m2)2 = r 2. =⇒ 2. Umformen liefert die quadratische Gleichung 2 · (~u − m ~ ) • ~v k~u − m ~ k2 − r 2 s − ·s + = 0, k~v k2 k~v k2 2 3. Setze die Lösungen für s wieder in die Geradengleichung ein, um die Schnittpunkte zu bekommen. – keine Lösung: Gerade ist eine Passante – genau eine Lösung: Gerade ist eine Tangente – zwei verschiedene Lösungen: Gerade ist eine Sekante. 94 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.3 Kreise und Geraden Beispiel Wir wollen untersuchen, wie die Gerade g = {~x ∈ R2 | x1 − x2 = 1} zum Kreis K (M; 1) mit M = (1; −1) liegt, und gegebenenfalls die Schnittpunkte berechnen. Zunächst ist P = (1; 0) ein Punkt auf g und ~v = ( 11 ) ein Richtungsvektor, weshalb eine Parameterform von ist als g = {( 10 ) + s ( 11) | s ∈ R}. g gegeben Weiter ist K (M; 1) = ~x ∈ R2 | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1 . Wir setzen dann die Parameterform der Gerade in die Gleichung ein: ((1 + s) − 1)2 + (s + 1)2 s 2 + s 2 + 2s + 1 2s 2 + 2s 2s(s + 1) = = = = 1 1 0 0 Also gibt es die zwei Lösungen s = 0 und s = −1. Daher ist die Gerade eine Sekante und die Schnittpunkte sind S1 = (1; 0) und S2 = (0; −1). 95 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.4 Schnitte von Kreisen Sind im R2 zwei Kreise K1 = K (M1; r1) und K2 = K (M2; r2) gegeben, kann man sich auch die Frage stellen, welche gemeinsamen Punkte diese Kreise haben. Es gibt in diesem Fall vier Möglichkeiten: 1. 2. 3. 4. Die Die Die Die Kreise Kreise Kreise Kreise haben keinen gemeinsamen Punkt, d.h. sie schneiden sich nicht. haben einen gemeinsamen Punkt, d.h. sie berühren sich. schneiden sich in genau zwei Punkten. sind gleich (d.h. M1 = M2 und r1 = r2), Abgesehen vom letzten Fall, bei dem beide Gleichungen identisch sind, lassen sich die Möglichkeiten folgendermaßen charakterisieren: 1. d (M1, M2) < |r1 − r2| (ein Kreis liegt komplett im anderen) oder d (M1, M2) > r1 + r2 (die Mittelpunkte liegen zu weit“ auseinander). ” 2. d (M1, M2) = |r1 − r2| (berührt von innen) oder d (M1, M2) = r1 + r2 (berühren sich außen). 3. |r1 − r2| < d (M1, M2) < r1 + r2 (schneiden sich). 96 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.4 Schnitte von Kreisen Beispiel zur Berechnung der Schnittmenge K1 = K (M1; 1) und K2 = K (M2; 3) mit M1 = (1; −1) und M2 = (3; 0). Die Kreisgleichungen sind dann K1 = {~x | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1} = {~x | x12 − 2x1 + x22 + 2x2 + 1 = 0} und K2 = {~x | (x1 − 3)2 + (x2 − 0)2 = 32} = {~x | x12 − 6x1 + x22 = 0}. Zieht man die zweite von der ersten ab, erhält man die Geradengleichung 4x1 +n 2x2 +1 = 0. Eine für die zugehörige Gerade g ist: Parameterform o 0 −1 ) s ∈ R . 1 g= + s ( −2 2 1 2 2 Einsetzen in zweite Kreisgleichung liefert (−s) − 6(−s) + (− + 2s) = 0, und 2 √ 11 2 schließlich die L ösungen s = − ± erhalten wir zwei Schnittpunkte 1,2 5 10 . Daher √ √ √ √ 11 11 11 2 13 S1 = ( 52 − 1011 ; − 13 + ) und S = ( + ; − − 2 10 5 5 10 10 5 ). 97 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.5 Kugeln und Geraden Gegeben: Gerade g eine Gerade im R3 und ∂Kr (M) eine Kugel mit Radius r um den Mittelpunkt M ∈ R3. Gefragt: Ist die Gerade eine Passante, Tangente oder Sekante? d (M, g ) > r d (M, g ) = r d (M, g ) < r 98 of 99 ⇒ ⇒ ⇒ g ist eine Passante. g ist eine Tangente. g ist eine Sekante. Aachen 2016 - Andreas Maurischat 6.5 Kugeln und Geraden o v 1 Gegeben: g = + s · vv23 s ∈ R , o n x 1 2 2 2 2 3 x2 ∂Kr (M) = ∈ R (x1 − m1) + (x2 − m2) + (x3 − m3) = r x3 n u 1 u2 u3 Gesucht: Schnittmenge 1. Setze für ~x die Werte der Geraden ein =⇒ (u1 + s · v1 − m1)2 + (u2 + s · v2 − m2)2 + (u3 + s · v3 − m3)2 = r 2. 2. Umformen liefert die quadratische Gleichung 2 · (~u − m ~ ) • ~v k~u − m ~ k2 − r 2 s − ·s + = 0, k~v k2 k~v k2 2 3. Setze die Lösungen für s wieder in die Geradengleichung ein. – keine Lösung: Gerade ist eine Passante – genau eine Lösung: Gerade ist eine Tangente – zwei verschiedene Lösungen: Gerade ist eine Sekante. 99 of 99 Aachen 2016 - Andreas Maurischat