Welternährung

Werbung
politische ökologie 128
A_Titel_poe_128_button_15_2_Layout 1 21.02.12 13:30 Seite 1
Die Reihe für Querdenker und Vordenkerinnen
Welternährung
Die Welt steht vor enormen ökologischen und sozialen Herausforderungen. Um sie zu bewältigen,
braucht es den Mut, ausgetretene Denkpfade zu verlassen, unliebsame Wahrheiten auszusprechen
und unorthodoxe Lösungen zu skizzieren. Genau das tut die politische ökologie mit einer Mischung
aus Leidenschaft, Sachverstand und Hartnäckigkeit. Die vielfältigen Zugänge eröffnen immer wieder
neue Räume für das Nachdenken über eine Gesellschaft, die Zukunft hat.
Global denken – lokal säen
16,95 € (D)
www.oekom.de
4 194201 916904
12128
März 2012_30. Jahrgang_ISSN 0933-5722_B 8400 F
politische ökologie
Welternährung
Global denken – lokal säen
Der Skandal, dass eine Milliarde Menschen Hunger leidet, während sich in
anderen Teilen der Welt Fettleibigkeit und durch Fehlernährung bedingte
Zivilisationskrankheiten ausbreiten, hat vielschichtige Ursachen und Hintergründe. Die „Grüne Revolution“, Spekulationen auf Nahrungsmittel und Land
sowie eine dem Export huldigende Agrarpolitik haben die Lage von Kleinbauern und -bäuerinnen in Entwicklungsländern enorm verschlimmert.
Die Probleme sind zahlreich und die Zeit drängt, denn die Nahrungsmittelproduktion stagniert, während die Weltbevölkerung wächst. Fernab der von
Agrarindustrie und Politik ausgetretenen Denkpfade finden sich Ansätze, die
eine zukunftsfähige Landwirtschaft und die Ernährung der Weltbevölkerung
ebenso im Auge haben wie die Gewährleistung von Menschenrechten und
den Schutz von Klima, Ressourcen und Biodiversität.
politische ökologie
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Häppchen
Einstiege
12
Von Feuerspieß bis Fast Food
Esskultur, Politik und Nachhaltigkeit
Von Gunther Hirschfelder
16
Magenknurren
politische ökologie 128 *Welternährung
Reiche essen Erde auf
Vom Hunger in der Welt
Von Marita Wiggerthale
24
Die Hausse und der Hunger
Nahrungsmittelpreise an der Börse
Von Harald Schumann
30
Bodenlos auf dem Trockenen
Landnutzung und Wasser
Von Uwe Hoering
39
Genopoly in Afrika
Das Agrobusiness und die Gentechnik
Von Ute Sprenger
44
Europa muss sein Feld gerechter bestellen
Die Reform der EU-Agrarpolitik
Von Kerstin Lanje
53
9
Inhalt
Völlerei
60
Die Party ist vorbei
Die Zukunft der industriellen Landwirtschaft
Von Benedikt Haerlin
66
Mit dem Fast Food kam die Fettsucht
Der Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit
Von Claus Leitzmann
72
Sein Fleisch ist ihr Gemüse
Essen als Ausdruck von Geschlechtsidentität
Von Angela Häußler
78
Frisch auf den Müll
Verschwendung von Lebensmitteln
Von Valentin Thurn
85
Bauernopfer für zweifelhaften Freihandel
Analyse des EU-Indien-Handelsabkommens
Von Christine Chemnitz und Armin Paasch
Sättigung
92
Tischleindeckdich – aber bitte klimafreundlich
Ernährung und Erderwärmung
Von Karl von Koerber
98
Hunger hat ein Geschlecht
Frauen und Ernährungssouveränität
Von Anne C. Bellows, María Daniela Núñez Burbano de Lara,
Stefanie Lemke und Roseana do Socorro Gonçalves Viana
105 Auf dem klügeren Pfad
Ökologische Intensivierung
Von Felix Prinz zu Löwenstein
10
politische ökologie 128 *Welternährung
Inhalt
Impulse
Projekte und Konzepte
112
Medien
121
Spektrum Nachhaltigkeit
Neue Allianzen und klaffende Lücken 126
Nachlese des Klimagipfels in Durban
Von Christoph Bals, Sven Harmeling und Manfred Treber
Teil 4
fel
-Weltgip
zum UN Rio de
in
2
1
0
2
Janeiro
Momentaufnahmen vom Gipfel-Schach 130
Green Economy und internationale Umweltpolitik
Von Jürgen Maier
Der ungehobene Schatz der Energiewende 134
Kraft-Wärme-Kopplung
Von Gabriele Purper
Deutungseliten dringend gesucht 138
Nachdenken über die Zukunft der Nachhaltigkeit
Von Heike Leitschuh
Großer Kopf und freier Geist 142
Nachruf auf den Biologen und Theologen Günter Altner
Von Udo E. Simonis
Rubriken
Editorial
12
Impressum 144
Vorschau 145
politische ökologie 128 *Welternährung
11
Spektrum Nachhaltigkeit
Nachlese des Klimagipfels in Durban
Neue Allianzen und klaffende Lücken
Von Christoph Bals, Sven Harmeling und Manfred Treber
Das Ergebnis der Klimaverhandlungen von Durban im Dezember 2011 hat
zwei Gesichter. Das eine ist die neue geopolitische Situation: In den vergangenen
sechs Jahren wurden die klimapolitischen
Verhandlungen in zwei getrennten Strängen
verhandelt. Der erste Verhandlungsstrang
beschäftigte sich mit den zukünftigen Klimaschutzzielen der Industrieländer unter dem
Kyoto-Protokoll, mit Ausnahme der USA. Im
zweiten ging es um Klimaschutzverpflichtungen der Entwicklungs- und Schwellenländer sowie den USA – also denjenigen, die
keine bindenden Emissionsverpflichtungen
eingehen wollten – und darüber hinaus um
Aspekte der finanziellen und technologischen Zusammenarbeit für Klimaschutz und
Anpassung zwischen allen Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenländern.
Diese Teilung ist seit Durban weitestgehend
Geschichte. Damit erkennt auch die Klimadiplomatie an, dass sich die Welt in den vergangenen 20 Jahren stark geändert hat
und dass sich die ehemals wirtschaftlich
derart dominierenden Industrieländer mittlerweile auf Augenhöhe mit den Schwellenländern befinden. Sowohl das Ende der Freiwilligkeit ist damit eingeläutet als auch das
Ende der Zeit, in der Schwellenländer keinerlei Begrenzungsverpflichtungen hatten. Die
Bewegung der großen Schwellenländer in
diese Richtung − insbesondere von China
126
und Indien − verändert die Klima-Geopolitik
und hat das Potenzial, die USA in die Defensive zu bringen.
Das andere Gesicht ist das der Klimaschutzpolitik. Dort fehlt den Beschlüssen von Durban weitgehend die Substanz. Die notwendige weltweite Kehrtwende zur Beschränkung der Erwärmung auf unter zwei Grad
Celsius wurde nicht angegangen, jetzt sind
gerade mal 3,5 bis 4 Grad Erwärmung in
Reichweite. Das bedeutet: Die Zeit drängt
nun noch mehr. Denn nach dem DurbanFahrplan sollen die nächsten völkerrechtlich
verbindlichen Ergebnisse zur Emissionsminderung zwar schon im Jahr 2015 vereinbart
sein, jedoch erst 2020 in Kraft treten. Das
ist zu spät, um zu erreichen, dass die weltweiten Emissionen ab 2015 oder allerspätestens 2020 sinken – für das Einhalten
des Zwei-Grad-Limits wäre dies aber erforderlich.
Die kommenden drei Jahre werden jetzt von
der Debatte geprägt sein, ob die notwendige Ambition − innerhalb und außerhalb
des Prozesses – noch zu erreichen ist. Eine
gewisse Unterstützung erhält dieses Unterfangen einerseits dadurch, dass in Durban,
eher nebenbei, der sogenannte „Erste periodische Review“ (2013–2015) beschlossen
wurde. Dieser soll in den ersten zwei Jahren
im Rahmen einer technischen Phase die
neuen Erkenntnisse der Klimawissenschaft,
politische ökologie 128 *Welternährung
Spektrum Nachhaltigkeit
insbesondere die des Fünften Sachstandsberichts des Weltklimarates IPCC, analysieren und im Jahr 2015 zu angemessenem
Handeln der Staatengemeinschaft für mehr
Klimaschutz führen, um noch unter zwei
Grad Erwärmung zu bleiben.
Andererseits wurde vereinbart, ein Arbeitsprogramm zu initiieren, das es noch zu
konkretisieren gilt, um ehrgeizigere Ziele im
Klimaschutz so bald wie möglich zu erreichen. Dieser Plan geht jedoch nur auf,
wenn die Allianz zwischen den besonders
verletzlichen kleinen Inselstaaten und den
ärmsten Staaten mit der EU, die in Durban
die anderen Staaten vor sich hergetrieben
hat, nun auch das Ambitionsthema gemeinsam angeht.
Blick zurück: Die Klimagipfel
von Kopenhagen und Cancún
In Kopenhagen (2009) war der Versuch des
großen Wurfs gescheitert, ein faires, rechtlich verbindliches und wissenschaftlich begründetes Abkommen für den internationalen Klimaschutz zu verabschieden. Danach
stand die internationale Klimadiplomatie
vor der Frage, wie auf dem Scherbenhaufen
von Kopenhagen wieder eine Aufwärtsspirale in Gang zu bringen sei. In Cancún
(2010) gelang es, vieles von dem, was in
Kopenhagen schon möglich gewesen wäre,
zu bündeln und in den Abkommen als Beschlüsse festzuhalten. Zum ersten Mal hat
die Staatengemeinschaft zudem das Ziel
verabschiedet, den globalen Klimawandel
auf weniger als zwei Grad, wenn nicht sogar
1,5 Grad, zu begrenzen. Zugleich wurden
die freiwilligen Klimaschutz-Selbstverpflichtungen als Beschlüsse festgehalten. Doch
es ist offensichtlich, dass diese freiwilligen
politische ökologie 128 *Welternährung
Ziele die Welt eher auf den Weg zu drei bis
vier Grad Temperaturerhöhung führen.
In Durban (2012) ließ sich nun verhindern,
dass sich die Welt − wie von den USA angepeilt − mit einem rechtlich unverbindlichen
Klimaschutz zufriedengibt. Durchgesetzt
wurde hingegen ein gemeinsamer Fahrplan
für ein rechtlich verbindliches Regime. Die
Lokomotive dafür ist die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Es sind
vermutlich nur noch europäische Staaten,
die diese bestreiten. Aber durch diese Vorreiterrolle war die EU in einer weitaus komfortableren Verhandlungslage als in Kopenhagen. Die großen Gruppen der gegenüber
dem Klimawandel besonders verletzlichen
Entwicklungsländer sahen die EU als Verbündete im Kampf, die notwendige rechtliche Verbindlichkeit so weit wie möglich
durchzusetzen. Ohne diese Allianz wäre der
Gipfel gescheitert respektive hätte mit sehr
schlechten Ergebnissen geendet. Die großen
Schwellenländer sahen in der EU ihre wichtigste Verhandlungspartnerin.
Die Entscheidungen von Durban können
daher in drei Bereiche eingeordnet werden:
Konturen des neuen Klima-Regimes: Mit
der Etablierung der neuen „Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Durban-Plattform für verstärktes
Handeln“ wurde ein Prozess lanciert, der in
einem für alle Länder rechtlich verbindlichen
Abkommen münden soll. Dieses soll bis
2015 verhandelt und ab 2020 umgesetzt
werden. Allerdings ist absehbar, dass die
USA bis zum Abschluss des Vertrages im
Jahr 2015 ihre Ambition – ihre Emissionen
gegenüber 2005 um 17 Prozent zu reduzieren – nicht steigern können und vor 2020
ein rechtlich verbindliches Abkommen nicht
ratifizieren werden. Deshalb müssen insbe-
127
Spektrum Nachhaltigkeit
sondere die EU und die großen Schwellenländer bis 2015 eine mutige Entscheidung
treffen: Sind sie zu der notwendigen Ambition und rechtlichen Verbindlichkeit dennoch bereit? Dieses Signal böte zudem die
einzige realistische Chance, dass die USA
relativ zügig doch dazu kämen.
Zweite Verpflichtungsperiode des KyotoProtokolls: Diese wurde beschlossen. Allerdings ist noch unklar, ob sie bis 2017 oder
2020 dauern soll; diese Frage sowie weitere Regeln sollen im Jahr 2012 weiterverhandelt werden. Dazu gehören auch die Emissionsminderungsziele der Industrieländer,
die in der zweiten Verpflichtungsperiode
mitmachen werden.
Operationalisierung der Cancún Agreements: Dies geschah durch eine Reihe von
Entscheidungen, darunter die Gründung von
Institutionen wie dem neuen Green Climate
Fund zur Unterstützung von Klimaschutz
und Anpassung in Entwicklungsländern,
den Komitees für Anpassung und Finanzierung, der Konkretisierung von Arbeitsprogrammen zu Anpassung und zu KlimaTechnologiezentren.
Blick nach vorn:
Die Strategie für die Zukunft
Nachdem die Verbindlichkeitslücke einigermaßen geschlossen worden ist, muss es in
den kommenden drei Jahren darum gehen,
die Ambitionslücke und − eng damit verknüpft − die Finanzierungslücke zu schließen. Es ist absehbar, dass der UN-Klimaverhandlungsprozess das Schließen der beiden
Lücken nicht alleine leisten kann. Es geht
daher um eine Strategie, die Handeln, Verhandeln und den Aufbau von Allianzen miteinander verknüpft.
128
Unabhängig von den internationalen Verhandlungen sind jetzt alle Staaten, Regionen, Kommunen, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Akteure gefragt, den Nachweis zu erbringen, dass weit mehr möglich
ist, als die Staaten in Kopenhagen und Cancún auf den Tisch gelegt haben. Für die
internationale Debatte ist dabei besonders
wichtig, ob die Energiewende in Deutschland gelingt und damit ein Industrieland
zeigt, dass eine klimafreundliche Entwicklung möglich ist.
Die EU sollte die Erhöhung ihres 20-ProzentZiels auf 30 Prozent zu einer Investitionsstrategie ausgestalten, die die Bekämpfung
der Wirtschaftskrise mit der Bekämpfung
der Klimakrise verknüpft. Dies kann ein wesentlicher Bestandteil der Strategien „Green
Growth“ der OECD, „Green Economy“ des
Weltgipfels Rio20+ sowie der Cancún
Agreements sein.
Neben dem UN-Klimaverhandlungsprozess
muss die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) die notwendigen Vorentscheidungen treffen, wie
die Industrieländer ihr Versprechen einhalten wollen, die Mobilisierung von Klimageldern für Klima- und Regenwaldschutz
in Entwicklungsländern so zu steigern, dass
dies ab 2020 einen Geldfluss von 100 Milliarden US-Dollar jährlich ausmacht. Die
Klimarahmenkonvention der UN ist dann
der „Landeplatz“ für entsprechende Beschlüsse.
Im Viereck zwischen EU, G20, der Klimarahmenkonvention sowie der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation gilt
es, endlich einen verbindlichen Klimaschutz
für den internationalen Flug- und Schiffs-
politische ökologie 128 *Welternährung
Spektrum Nachhaltigkeit
verkehr so festzulegen, dass nicht nur die
Emissionen begrenzt, sondern auch erhebliche Gelder für internationalen Klimaschutz
und Anpassung freigesetzt werden. Außerdem geht es darum, eine Finanztransaktionssteuer zum Erfolg zu führen, wovon ein
Teil der Einnahmen für Klimazwecke zur Verfügung stehen sollte.
Aufbauend auf der Allianzbildung in Durban gilt es nun, die Zusammenarbeit mit
progressiven Entwicklungsländern zu festigen. Die South African Renewables Initiative könnte ein Modell für eine Allianz mit
einem großen Schwellenland sein.
Ob es gelingt, verschiedene Allianzen intelligent zu verzahnen, um so den Weg zu
mehr Ambition zu bahnen, wird maßgeblich
darüber entscheiden, beim Handeln und
Verhandeln die notwendige Steigerung der
Ambition hinzubekommen.
Deutschland ist gut positioniert, in den
kommenden beiden Jahren eine solche Vorreiterkoalition zur Schließung der Ambitionslücke aufzubauen. Klar ist, ohne die
großen Schwellenländer und die EU kann
eine solche Allianz nicht erfolgreich sein. Ein
solcher Pfad muss auch bilateral intensiv
geprüft werden.
Zu den Autoren
Kontakt
Christoph Bals, geb. 1960, ist Politischer Geschäfts-
Christoph Bals
führer von Germanwatch.
Germanwatch e.V.
Sven Harmeling, geb. 1977, ist Teamleiter Inter-
Dr.Werner-Schuster-Haus
nationale Klimapolitik.
Kaiserstraße 201, D-53113 Bonn
Dr. Manfred Treber, geb. 1960, ist Klima- und
Fon ++49/(0)228/604 92 -17
Verkehrsreferent bei Germanwatch.
E-Mail [email protected]
politische ökologie 128 *Welternährung
129
Herunterladen