Aufgaben B

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Abschlussprüfung 2009
an den Realschulen in Bayern
Kunsterziehung
Aufgabengruppe B
LÖSUNGSHILFE
Vorbemerkung:
● Die Erstellung eines Erwartungshorizontes und die Benotung erfolgen durch die
jeweilige Lehrkraft in pädagogischer und fachlicher Verantwortung. Die vorliegende
Lösungshilfe zeigt eine ideale Lösung und kann in ihrer Vollständigkeit nicht von
Schülern erwartet werden.
● Selbstverständlich sind auch andere richtige Lösungen zu akzeptieren, die die Lösungshilfe
nicht vorsieht.
● Der stichpunktartige Aufbau berücksichtigt nicht die durch die Fragestellung implizierte
Antwortform (z. B. ausführliche Beschreibung bei „Erläutern Sie …“).
● Auch ungewöhnliche Schülerlösungen im Bereich II, die die eigene Meinung kundtun,
sollen positiv bewertet werden, solange sie begründet sind.
I.
Kunstgeschichte: Architektur Renaissance - Gotik
Die Renaissance gilt als Beginn der Neuzeit, in welcher sich die Menschen von
mittelalterlichen Vorstellungen lösten.
1. a) Erklären Sie die Bedeutung des Wortes „Renaissance“.
· Das Wort kommt aus dem Französischen; Begriff abgeleitet von ital. „riniscita“ = Wiedergeburt.
· Gemeint ist die Wiedergeburt der Antike.
b) Zeigen Sie historische und geistige Hintergründe dieser Epoche auf.
· Architektur und Bildhauerei des antiken Roms und Griechenlands werden studiert.
· Griechische Philosophie und Schriften zur Kunsttheorie werden wieder diskutiert, ihre
Erkenntnisse verwendet und als Norm bzw. zum Ideal erklärt.
· Die Renaissance gilt als „Beginn der Neuzeit“,
· ein neues Weltbild entsteht:
· Beginn der „Aufklärung“
· Vernunft bestimmt Denken und Handeln.
· Humanismus: Er erklärt den gebildeten und ethisch handelnden Menschen zum Ideal
(Erasmus von Rotterdam).
· Künstler ist gleichzeitig Wissenschaftler und Techniker (Universalgenie).
· erste Universitäten in Italien und Prag
· Wirtschaftlich unabhängige Städte entstehen.
· steigende Bedeutung des Bürgertums: Patrizierfamilien (Die “Medici“ in Florenz/Italien
und die „Fugger“ in Augsburg/Deutschland als Geldgeber und Machtinhaber neben Kirche
und Adel)
· wissenschaftliche Forschung, z. B. Kopernikus (Astronom)
· Entdeckungsreisen, z. B. Kolumbus (Wiederentdeckung Amerikas)
· Erfindungen, z. B. Gutenberg (bewegliche Lettern für den Buchdruck)
· Reformation (Martin Luther) – Gegenreformation (Jesuiten – Inquisition)
· Bauernkriege
2. Führen Sie zwei Architekten der Renaissance mit je einem Bauwerk an.
z. B.:
· Fillipo Brunelleschi (Kuppel des Doms in Florenz)
· Donato Bramante (Entwurf für den Petersdom)
· Andrea Palladio (Villa Rotonda bei Vicenca)
· Elias Holl (Rathaus in Augsburg)
Die Kirchen der Renaissance zeigen im Vergleich zu den Kirchen der Gotik eine völlig neue
Auffassung von Architektur.
3. Sowohl die Kirchen Santa Maria Novella und Santo Spirito (Renaissance) als auch die
Kathedrale von Reims (Gotik) weisen typische Merkmale ihrer jeweiligen Epoche auf.
Vergleichen Sie diese in Form einer Tabelle. Beziehen Sie sich dabei auf
a) die Außenfront
Gotik
· Fassade als Schau- und Eingangsfront
· Alle Bauglieder der Fassade sind
vertikal gegliedert,
· dadurch dynamisches Nach-ObenStreben.
·
Waagerechte Geschosse werden durch
spitzbogige Giebel, Wimperge
genannt, über Fenstern und Portalen
durchschnitten.
· Fenster bilden große Öffnungen,
deshalb Strebewerk als Stützfunktion
der Mauern
·
·
Fensterrosetten und Glasmalereien
schaffen einen farbig leuchtenden,
mystischen Erlebnisraum.
· Maßwerk = ornamentale Fensterunterteilung auf der Grundlage geometrischer
Konstruktionen gestaltet:
· Fensterrose, großes Radfenster über
dem Hauptportal mit zierlichem
Maßwerk
· Vielfalt von Strebewerk und Zierrat
· Jeder Strebepfeiler schließt mit einem
Türmchen ab (Fiale), dessen
Spitzdach mit Kreuzblume und
Krabben geschmückt ist.
· reichhaltiger Figurenschmuck
(umfangreiches ikonografisches
Programm)
·
·
·
·
·
·
Renaissance
Fassade als Schau- und Eingangsfront
Gleichgewicht zwischen vertikaler und
horizontaler Gliederung,
dadurch harmonische Ausgeglichenheit
klare Gliederung durch geometrische
Formen wie Kreis, Halbkreis, Quadrat,
Dreieck
Alle Architekturteile sind gleichbedeutend.
waagerechte Gliederung durch
Fensterreihen und flach hervortretende
Gesimse
· rechteckige Fensterformen oder
Rundbogenfenster
· Gliederung der Fenster oft im Goldenen
Schnitt:
· Rechteckfenster, Segmentbogenfenster,
gerahmte Fenster mit plastisch
hervortretender Umrahmung
· Dreiecksgiebel, Segmentgiebel
· nicht farbige Glasfenster,
· da nur reines Tageslicht die Räume in
ihrer Klarheit und Regelmäßigkeit voll
zur Geltung bringt
· zurückhaltende plastische Gliederung
· Fassade wirkt unten schwer, z. B. grobe
Steine (Steine werden zu regelmäßigen
würfel- oder pyramidenartigen Kuben
geschliffen, die an große Diamanten
erinnern, genannt „Rustika“.)
· wenig Schmuck, nach oben leicht, feiner
dekoriert
· Bedeutung des Ornaments, sein Verhältnis
zu anderen Elementen, zur Wand und zum
Raum
· Marmor- und Mosaikverkleidungen
b) den Innenraum.
Gotik
· starke Betonung der Vertikalen
·
Raumgrenzen verschwimmen
Entmaterialisierung
Spitzbogen herrschen vor.
Überwölbung der Rechtecke wurde
durch die Einführung des Spitzbogens
möglich:
· Kreuzrippengewölbe
·
·
·
·
·
· Gewölbetragende Stützen sind durch
Säulen und Rundstäbe (Dienste)
verstärkt (Bündelpfeiler)
· Arkaden = Bogenreihen und schmale
Bogengalerien lockern die Innenwände
auf.
· dynamisches Nach-Oben-Streben,
Aufhebung der Schwerkraft
·
·
·
·
·
·
Renaissance
klare, ausgewogene, geometrische
Gliederung,
sichtbare Raumgrenzen
rational durchschaubar, fassbar
Rundbögen herrschen vor.
großzügiger Kuppelraum über der
Vierung, hell ausgeleuchtet, Vorbild des
römischen Pantheons
Halbtonnen als Gewölbe oder
Kassettendecken
Gleichgewicht durch senkrechte Säulen
und waagerecht verlaufende Gesimse
· Arkadenreihen gliedern die Innenwände.
· klare, ruhige, harmonische
Ausgewogenheit
II.
Kunstbetrachtung: Bildvergleich Barock - Impressionismus - Piktogramm
Seit der Barockzeit wurde die Darstellung von Bewegung und Dynamik zu einem wichtigen
Bildinhalt.
Ihnen liegen die Reproduktionen folgender Gemälde vor:
Barock: Diego Velasquez (1599-1660): „Der Graf von Olivares“ (1634), Öl auf Leinwand,
313 x 239 cm
Impressionismus: Edgar Degas (1834-1917): „Rennpferde“ (1885-88), Pastellkreiden auf
Holz, 30,2 x 40,6 cm
1. Beschreiben Sie in knapper Form den Inhalt des Bildes aus dem Barock.
· groß in hochformatigem Bild:
· Reiter in prunkvoller Rüstung
· auf kräftigem, prächtig aufgezäumtem, leicht steigendem Pferd
· in weiter, grünender Landschaft
· Pferd und Reiter: abgebildet in Halbrückenansicht
· zur Seite gewandter Kopf des Reiters zeigt Gesicht im Halbprofil
· Bewegungsrichtung von rechts unten nach links oben
· und zugleich in Richtung Horizont,
· von wo am linken Bildrand dunkle Rauchwolken aufsteigen
· zwischen Pferd und Ziel: ein zu überwindender Abgrund
· zugleich: rechter, mittels Kommandostab verlängerter Arm des Reiters weist in
Bewegungsrichtung des Pferdes
· hoch gewachsener, kräftiger, grünender Baum mit jungen Trieben, angeschnitten am
rechten Bildrand
2. Vergleichen Sie beide Gemälde stichpunktartig hinsichtlich:
a) Farbe
Velasquez
· eingeschränkte Farbpalette:
· Braun-Ocker-Grün-Töne, Schwarz,
Gold, Weiß, helles Blau
Degas
· eingeschränkte Farbpalette:
· überwiegend rötliches Braun, dazu Ocker-,
Grün- und Gelbtöne,
· rötlich-braune Grundierung der gesamten
Bildfläche:
· Himmel, Wiese im Vordergrund
· einerseits gegenstandsbezogene, fein
abgestufte Farbtöne:
· Rüstung, Gesicht, Pferd
· andererseits von der Natur/vom
Gegenstand abweichende Farbgebung:
· z. B. Himmel, Landschaft
· wo für die Klarheit des Motivs wichtig:
Herausarbeiten von naturnahen Farbtönen:
· Pferde, Reiter
· Farbflecke und –flächen, in der Landschaft
deuten Lokalfarbe nur an.
· Akzente durch kühles Blau, und Gelb sowie
Weiß und entsprechendem dunklem
Schwarzbraun
· Farbe-an-sich-Kontrast: obere Bildhälfte
· Cyanblau – Cadmiumgelb, Citron –
Zinnoberrot (Kappe und Weste – Ärmel –
Ärmel, Pferdekörper, Kappe)
· Schwarz-Braun-Töne – Weiß (Mähnen,
Schweife, Schatten – Hosen und Dress der
Reiter, Satteldecke, Wege, Gebäude)
· abgeschwächter
Komplementärkontrast:
· Rot – Grün (Schärpe – Flora)
· Blau – Orange (Himmel – Pferd)
· Kalt-Warm-Kontrast:
· warme Ocker-, Gelb-, Orange-Töne:
· dem Betrachter zugewandter Teil von
Pferd und Reiter (Vordergrund)
· kaltes Blau:
· Himmel im oberen Drittel des Bildes
(Hintergrund)
· Hell-Dunkel-Kontrast:
· dunkel: Gliedmaßen, Mähne und
Schweif des Pferdes, Rüstung, Hut,
· hell: weiße Wolken, Lichtfleck an der
Schulter des Reiters, Spitzenkragen
b)
· Komplementärkontrast:
· Rot und Rotbraun – Grün (z. B. Himmel,
Felder, Pferde)
· Blau – Orange (Kappe, Weste –
Untergrund, Pferde)
· Kalt-Warm-Kontrast:
· warmes, rötliches Braun: Pferde,
· Rot: Ärmel zweier Reiter
· kühlere Grüntöne: als Unter- bzw.
Hintergrundfarbe,
· Blaugrün, Rapsgelb: Ärmel der beiden
anderen Jockeys
· Hell-Dunkel-Kontrast:
· dunkel: Pferde, Reitstiefel, Gebäude/Dächer
· hell: Oberbekleidung, z. B. Hosen der
Reiter, Verlauf der Wege, Gebäude
Licht
Velasquez
· mehrere Lichtquellen: außerhalb des
Bildes und zugleich im Bild selbst
(Himmel/Horizont)
· kaltes und warmes Licht
Degas
· Lichtquelle außerhalb des Bildes, oberhalb
der Bildmitte
· starker Schlagschatten:
· z. B. Stein links unten, im Gesicht, am
Hut, auf der Rüstung
· Körperschatten:
· Pferd
· Glanzlichter, hell beleuchtete, mit
Weiß aufgehellte Stellen:
· z. B. Schlaglicht auf Schulter, Gesäß
des Pferdes, hell weiß leuchtender
Kragen, Wolken, am Baumstamm, am
Übergang Himmel-Erde
dennoch:
· freier Umgang mit Licht und Schatten
· Setzen von Akzenten (hell, weiß)
· Glanzlichter z. B. auf Pferdekörpern
· Schatten trennen: Figuren vom Grund und
· fassen zusammen: Pferde und Reiter als
Einheit
· durch Licht: Herausarbeiten der Plastizität
(Pferde, Reiter)
In beiden Bildern kommen Ruhe und Bewegung zum Ausdruck.
3. Untersuchen Sie, wie in jedem Bild Bewegung dargestellt wird.
Velasquez:
· diagonal verlaufende Kompositionsrichtungen,
· mit Hauptrichtung von rechts unten nach links oben:
· Haltung des Pferdes: im Augenblick des Hochsteigens auf die Leinwand gebannt
· erhobener, mittels Stab verlängerter Arm des Reiters in Bewegungsrichtung des Pferdes
· parallel dazu: Bewegungsrichtung den Hufen der Hinterhand über die Vorderhand
aufwärts folgend
· in Richtung Horizont am linken Bildrand (Schlachtfeld)
· angeschnittene Bildgegenstände: Ausschnitthaftigkeit der Darstellung
· Spannung erzeugende Hell-Dunkel-Verteilung
· an einigen Stellen angedeuteter flüchtiger Pinselstrich (Wolken, Blätter des Baumes, Wiese
unter dem Pferd)
Degas:
· nahezu Verzicht auf statische Bildelemente
· sämtliche der abgebildeten Tiere in Bewegung
· diagonale und geschwungen angelegte Elemente der Komposition:
· fließend angelegte Wege,
· keine klaren Begrenzungen in der Landschaft
· am rechten Bildrand angeschnittenes Motiv
· scheinbare Leichtigkeit – auch der Bewegung – durch helle Akzente (Weiß)
· unruhig gestalteter Untergrund: stets sich verändernde Farbflecke und –flächen
· flüchtiger Duktus
· Unruhe durch kontrastreiche Farbgebung der Trikots (siehe Farbe)
Zusätzlich liegt Ihnen ein Piktogramm vor, das auch Pferd und Reiter zeigt.
Das Piktogramm entstand anlässlich der Olympiade 2008 in Peking.
4. a) Nennen Sie Kennzeichen von Piktogrammen.
· formelhafte grafische Symbole
· mit international festgelegter Bedeutung
· Zeichencharakter
· einheitlichen Gestaltungsregeln folgend
· Kulturneutralität: für Menschen verschiedener Kulturkreise verständlich
b) Erklären Sie die Aufgabe von Piktogrammen.
· sprachlich nicht gebundene Möglichkeit der Verständigung
· Eindeutigkeit: Übermitteln von eindeutigen Informationen
· mit dem Einrichten bzw. Ausweiten internationaler Verkehrswege (Eisenbahn und
Flugverkehr)
· notwendige Aufgaben von Piktogrammen in Bezug auf unser Leben v. a. im
öffentlichen Raum:
· Informieren und Leiten von Menschen
o unterschiedlicher Herkunft
o mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund
o von unterschiedlichem Bildungsgrad
c) Führen Sie drei Beispiele an, wo sie zu finden sind.
z. B.:
· in großen, international frequentierten öffentlichen Einrichtungen wie
· Bahnhöfen, Flughäfen oder
· in Krankenhäusern
· Sportstätten (wie z. B. bei Olympischen Spielen)
· in großen Betrieben
· in Kaufhäusern
· in Behörden
· in den Medien, z. B. Fernsehen
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