Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland

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Bayerisches Landesamt für
Umwelt
Gefahrenhinweiskarte
Alpen mit Alpenvorland
Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall
Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
Georisiken im Klimawandel
Bayerisches Landesamt für
Umwelt
Gefahrenhinweiskarte
Alpen und Alpenvorland
Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall
Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
Georisiken im Klimawandel
UmweltSpezial
Impressum
Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland
Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall
Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
Georisiken im Klimawandel
Herausgeber:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160
86179 Augsburg
Tel.:
0821 9071 - 0
Fax:
0821 9071 - 5556
E-Mail: [email protected]
Internet: www.lfu.bayern.de
Bearbeitung/Text/Konzept:
LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Stefan Glaser, Philipp Jansen, Maximilian Schmid, Juliane Straub,
Peter Thom, Dr. Andreas von Poschinger
Redaktion:
LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger
Bildnachweis:
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Druck:
Eigendruck Bayerisches Landesamt für Umwelt
Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.
Stand:
September 2016
Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren
Inhalte nicht verantwortlich.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Untersuchte Geogefahren
3
3
Geologischer Überblick
5
4
Gefahrenhinweiskarte Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
8
5
Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen
9
6
Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit
10
7
Rechtliche Aspekte
11
8
Bereitstellung der Ergebnisse
12
9
Anhang
13
A
Beispiele zu Gesteinen und Geogefahren aus dem Landkreis
13
B
Blockgrößen der Sturzmodellierung
21
C
Parameter der Felssturzmodellierung
24
D
Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen
25
E
Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“
28
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Felssturzablagerungen östlich der Pöllatschlucht
2
Abb. 2:
Felssturzablagerung am Waldlehrpfad in Füssen
2
Abb. 3:
Rutschung am Katzenbächl bei Maria Rain
2
Abb. 4:
Rutschung nördlich Birnrücken südöstlich Halblech
2
Abb. 5:
Hanganbrüche an der Alpspitz in Nesselwang
2
Abb. 6:
Erdfalltrichter östlich des Älpeleskopfs bei Hohenschwangau
2
Abb. 7:
Geologische Karte Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
4
Abb. 8:
Gefahrenhinweiskarte Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
7
Abb. 9:
Schrattenkalk südlich der Wertach
13
Abb. 10:
Hällritz-Formation am Halblech bei Buching
14
Abb. 11:
Piesenkopf-Formation am Scheidbach bei Jungholz
14
Abb. 12:
Reiselsberg-Formation am Schwarzenbach südlich des Schwarzenköpfel
15
Abb. 13:
Wettersteinkalk am Jägergraben bei Trauchgau
15
Abb. 14:
Partnachkalk südlich des Bannwaldsees in Schwangau
16
Abb. 15:
Allgäu-Formation südlich von Füssen
17
Abb. 16:
Partnachschichten am Schwansee bei Füssen
18
Abb. 17:
Rutschmasse an der Pöllat in Schwangau
18
Abb. 18:
Zerreißung bei Maria Trost in Nesselwang
19
Abb. 19:
Geländestufen am Reichenbach in Nesselwang
19
Abb. 20:
Säbelwuchs im Sperenmösel in Halblech
20
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für den Alpenanteil des Landkreises
Ostallgäu
21
Tab. 2:
Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 3
22
Tab. 3:
Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 4
23
Tab. 4:
Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte
24
Tab. 5:
Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen im LKr Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
25
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Einleitung
1
Einleitung
Naturgefahren sind natürliche Ereignisse, die zu Sach- oder Personenschäden führen können. Die
Zunahme der Anzahl und der Werte von gefährdeten Objekten führt im Allgemeinen dazu, dass auch
das Schadensausmaß durch Naturereignisse zunimmt. In den Hoch- und Mittelgebirgsräumen
Deutschlands ist man sich oft aus Erfahrung bewusst, dass infolge des starken Reliefs grundsätzlich
mit Schäden durch geogene Naturgefahren wie Steinschläge, Felsstürze und Hangrutschungen zu
rechnen ist. Bestehende Kenntnisse über Gefährdungsbereiche gehen aber zunehmend verloren und
Gefahrensituationen werden oftmals falsch eingeschätzt oder vernachlässigt. Um dem zu begegnen,
sind seit vielen Jahren und in vielen benachbarten Ländern verschiedene Arten von Karten etabliert,
welche die angesprochenen Geogefahren thematisieren. Diese Karten dienen als objektives und
wertvolles Instrument für die Landesplanung. In Bayern wird hierzu die Gefahrenhinweiskarte herangezogen.
Als thematische Karte bietet die Gefahrenhinweiskarte eine großräumige Übersicht der Gefährdungssituation durch verschiedene Geogefahren. Sie stellt die Verbreitung und Ausdehnung von möglichen
Gefahrenbereichen dar. Sie enthält keine Aussagen zur Eintrittswahrscheinlichkeit und Häufigkeit, zur
möglichen Intensität der Ereignisse oder zum Schadenspotenzial.
Gefahrenhinweiskarten richten sich vor allem an die Entscheidungsträger vor Ort, um Gefahren für
Siedlungsgebiete, Infrastruktur und andere Flächennutzungen frühzeitig zu erkennen und zu lokalisieren. Damit können präventive Maßnahmen zur Gefahrenminderung oder -vermeidung gezielt und
nachhaltig geplant werden – sei es durch technischen Schutz, eine angepasste Nutzung oder ein angepasstes Verhalten. So leisten Gefahrenhinweiskarten einen wesentlichen Beitrag als Planungshilfe
und sind Bestandteil einer zeitgemäßen nachhaltigen Bauleitplanung.
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1
Abb. 1: Felssturzablagerungen östlich der Pöllatschlucht
Abb. 2: Felssturzablagerung am Waldlehrpfad in Füssen
Abb. 3: Rutschung am Katzenbächl bei Maria Rain
Abb. 4: Rutschung nördlich Birnrücken südöstlich
Halblech
Abb. 5: Hanganbrüche an der Alpspitz in Nesselwang
Abb. 6: Erdfalltrichter östlich des Älpeleskopfs bei
Hohenschwangau
2
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Untersuchte Geogefahren
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Untersuchte Geogefahren
Bei den Arbeiten zur „Gefahrenhinweiskarte Bayern“ wird das Projektgebiet auf Gefahren durch gravitative Massenbewegungen untersucht. Dies sind im Alpengebiet und im Alpenvorland vor allem Steinund Blockschläge, Felsstürze, Rutschungen, Hanganbrüche und Erdfälle.
Steinschlag und Felssturz
Steinschlag ist definiert als episodisches Sturzereignis von einzelnen Festgesteinskörpern (Steinschlag ≤ 1 m³, Blockschlag > 1 – 10 m³). Bei größeren Sturzmassen (Abb. 1 und Abb. 2) spricht man
von Felssturz (> 10 m³ bis < 1 Mio. m³) oder sogar von Bergsturz (> 1 Mio. m³). Das Sturzvolumen
ist abhängig von den Trennflächen im betroffenen Fels. Die Ursachen für Sturzereignisse liegen in der
langfristigen Materialentfestigung und Verwitterung an diesen Trennflächen. Gefördert wird die Ablösung durch Frosteinwirkung, Kluftwasserdruck, Temperaturschwankungen und Wurzelsprengung.
Aufgrund ihres plötzlichen Eintritts und der hohen Energie und Geschwindigkeit sind Sturzereignisse
eine hohe Gefahr.
Rutschung und Hanganbruch
Rutschungen sind hangabwärts gleitende oder kriechende Verlagerungen von Fest- und/oder Lockergestein. Die Rutschmasse bewegt sich meist auf einer Gleitfläche oder entlang einer Scherzone
im Untergrund (Abb. 3 und Abb. 4). Diese entwickeln sich vorwiegend an bestehenden Schwächezonen wie zum Beispiel Klüften oder geologischen Grenzflächen. Ihr Tiefgang reicht von wenigen Metern bis über 100 m. Ab einem Tiefgang von 5 m wird in der Gefahrenhinweiskarte Bayern von einer
tiefreichenden Rutschung gesprochen. Spontane flachgründige Rutschungen (Abb. 5), sogenannte
Hanganbrüche, entstehen vor allem anlässlich von Starkniederschlägen. Lockergestein von wenigen
Kubikmetern Volumen verflüssigt sich dabei plötzlich, was zu erheblichen Schäden führen kann. Während flachgründige Rutschungen oft durch technische Maßnahmen stabilisiert werden können, ist dies
bei tiefreichenden Rutschungen nur bedingt möglich. Wasser ist der häufigste Auslöser für Rutschungen. Kurze Starkniederschläge sind eher für flache Bewegungen verantwortlich, langanhaltende Niederschläge reaktivieren eher tiefreichende Rutschungen. Zudem kann auch menschliches Zutun (z. B.
Einleitung von Wasser, Auflast am Rutschungskopf, Untergraben des Hangfußes) Rutschungen auslösen oder reaktivieren. Bei tiefreichenden Rutschungen ist in vielen Fällen langfristig mit einer Reaktivierung zu rechnen. Dies kann mit einer Ausweitung des Rutschgebietes verbunden sein.
Erdfall
Erdfälle (Abb. 6) entstehen durch den plötzlichen Einsturz unterirdischer Hohlräume infolge von Subrosion (Verkarstung). Zum unterirdischen Materialverlust führt meist die chemische Lösung (Korrosion) anfälliger Gesteine wie Salz, Gips, Anhydrit und Kalk, aber auch Dolomit. Ein weiterer Entstehungsmechanismus ist die mechanische Auswaschung von Feinmaterial (Suffosion), die z. B. auch
Sandsteine betreffen kann. Erdfälle sind rundliche Einbrüche der Erdoberfläche mit unterschiedlicher
Tiefe. Durch seitliche Nachbrüche können sie sich sukzessive ausweiten. Dolinen sind typischerweise
trichterförmige Geländeformen. Sie entwickeln sich aus Erdfällen, durch Korrosion oder durch das
Auswaschen oder Nachsacken von Deckschichten in unterlagernde Hohlräume. Der Durchmesser
von Erdfällen, Dolinen und Subrosionssenken reicht vom Meter- bis in den Kilometerbereich. Vor allem in ihrem Umfeld muss mit plötzlichen Nachbrüchen, neuen Einstürzen oder Setzungen gerechnet
werden.
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Abb. 7: Geologische Karte Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren(Datengrundlage: Geologische Karte von
Bayern 1 : 500.000)
4
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Geologischer Überblick
3
Geologischer Überblick
Der Landkreis Ostallgäu und die Stadt Kaufbeuren liegen am Nordrand der Alpen. Hier grenzen auf
engem Raum Gesteine aus vier tektonischen Einheiten aneinander, die in unterschiedlichen Phasen
der Erdgeschichte an weit auseinander liegenden Orten entstanden sind. Durch die tektonischen Bewegungen während der Alpenentstehung wurden sie verfaltet, verschuppt und in ihre heutige Position
gebracht.
Im äußersten Süden des Landkreises stehen Gesteine der Nördlichen Kalkalpen an. Der größte Flächenanteil wird vom Hauptdolomit eingenommen, der splittrig verwittert und meist steiles Wald-oder
Schrofengelände ausbildet – oft im Sockelbereich der Gebirgsstöcke. Markante Felswände bestehen
aus Kalksteinen wie Wettersteinkalk oder Plattenkalk und Oberrhätkalk sowie Kalksteinen aus der Jura- und Kreidezeit. Die Raibl-Formation bildet eine Wechselfolge aus Sand-, Mergel-, Ton-, Gips- und
Dolomitgesteinen. Wo Grundwasser den Gips gelöst hat, blieben Dolomitbrekzien und löchrige Rauhwacken zurück. Überwiegend mergelig ausgeprägt sind die Partnach-Formation, die KössenFormation und viele der jura- und kreidezeitlichen Gesteine.
Nördlich der Kalkalpen folgt die Flyschzone mit den typischerweise bewaldeten Vorbergen wie Hoher
Trauchberg, Hohe Bleik, Görgeleck und Buchenberg östlich des Forggensees sowie Hündeleskopf
und Edelsberg westlich des Forggensees. Die Gesteine sind meist dünn- bis mittelbankige Wechselfolgen von Kalk- und Mergelschichten mit wechselnden Sandanteilen (Tristel-Formation, Ofterschwang-Formation, Kalkgraben-Formation (Zementmergelserie), Piesenkopf-Formation, HällritzFormation, Feuerstätter Flysch (Unternoggschichten)). Es treten auch geringmächtige, tonigmergelige Schichten wie die Seisenburg-Formation (Obere Bunte Mergel) und die LahnegrabenFormation (Untere Bunte Mergel) auf. Einzelne Schichtglieder des Flyschs enthalten mächtige Sandsteine oder Abfolgen von Sandsteinbänken, die durch Mergel getrennt sind (RehbreingrabenFormation (Quarzitserie), Reiselsberg-Formation (Reiselsberger Sandstein), Altlengbach-Formation
(Bleicherhornserie)).
Westlich von Hopferau sind Gesteine des Helvetikums und Ultrahelvetikums in einem schmalen, etwa
1,5 km breiten Streifen zwischen der Flyschzone und der Faltenmolasse aufgeschlossen. Schrattenkalke, Sandsteine der Garschella-Formation und Kalke der Seewen-Formation bauen Härtlingsrücken
wie die Alpspitz und die Kappelköpfel auf. Daneben finden sich Mergelsteine und Kalk-MergelsteinWechselfolgen (Drusbergschichten, Amden-Formation, Wang-Formation).
Nördlich der Linie Kappel – Weizern – Dietringen westlich des Forggensees sowie nördlich der Linie
Greith – Trauchgau östlich des Forggensees folgen in einem bis zu 14 km breiten Streifen gefaltete
Molasseablagerungen (Faltenmolasse), bestehend aus Sandsteinen und Konglomeraten sowie Tonmergel- und Mergelsteinen. Vor allem im Südteil prägen sie die Landschaft. Markant sind die von
Sandsteinen und Konglomeraten gebildeten Härtlingsrippen, die im Bereich der Murnauer Mulde
langgestreckte, überwiegend West-Ost-verlaufende Hügelzüge (z.B. Zwieselberg, Senkelekopf, Buchberg) bilden. Im Nordteil sind die Gesteine der Faltenmolasse meist von quartären Ablagerungen
überdeckt und bilden nur vereinzelt Höhenrücken. Zu nennen ist hier vor allem der Auerberg östlich
von Stötten.
Nördlich der Linie Wald – Rieder – Dattenried folgt die ungefaltete Vorlandmolasse, die überwiegend
von Sanden, Sandsteinen und Mergelsteinen der Oberen Süßwassermolasse aufgebaut wird. Lediglich im Bereich des aufgebogenen und steil nach Norden einfallenden Südrandes der Vorlandmolasse
sowie im Bereich der beiden Höhenrücken westlich und östlich von Rettenbach sind vermehrt Konglomerate anzutreffen.
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Im Quartär, dem Eiszeitalter der jüngsten Erdgeschichte, prägten mehrere Gletschervorstöße abwechselnd mit Warmzeiten die Landschaft des Landkreises. Sedimente aus der Zeit der drei letzten
großen Vereisungen sowie aus dem Holozän finden sich in Talbereichen der Alpen und an den unteren Hängen sowie landschaftsprägend im Vorland. Neben Moränen und Schottern lagerten sich auch
Seesedimente und Torfbildungen ab. Schwemmfächer, Sturzkegel und Hangverwitterungsschutt verhüllen viele Hänge.
Für weitere Informationen wird auf die Geologische Karte 1 : 500.000 und die Geologischen Kartenblätter 1 : 25.000 mit Erläuterungen verwiesen (www.lfu.bayern.de/geologie/geo_daten/datenbanken).
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Geologischer Überblick
Abb. 8: Gefahrenhinweiskarte Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren.
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Gefahrenhinweiskarte Landkreis Ostallgäu und Stadt
Kaufbeuren
In der Gefahrenhinweiskarte werden für jede untersuchte Geogefahr (Steinschlag, Rutschung, Hanganbruch, Erdfall) unabhängig voneinander Flächen mit Hinweis auf Gefährdung (rot) und Flächen
mit Hinweis auf Gefährdung im Extremfall (orange) ausgewiesen. Hierbei wird die gesamte, zukünftig potenziell betroffene Fläche, bestehend aus Anbruch-, Transport- und Ablagerungsbereich, dargestellt. Je nach Typ der Geogefahr kommen entweder computerbasierte Modelle (Stein-/Blockschlag
und Felssturz; Hanganbruch) oder empirische Methoden, basierend auf Expertenwissen (tiefreichende
Rutschungen, Verkarstung), zum Einsatz (s. Kapitel 5). Die im Untersuchungsgebiet auftretenden
Geogefahren hängen in ihrer räumlichen Verteilung von der Abfolge der geologischen Einheiten und
ihrer morphologischen Ausprägung ab:
Stein- und Blockschlaggefahr herrscht im Bereich fast aller steilen Hänge, insbesondere wenn Kalksteine im oberen Hangbereich anstehen, da hier besonders große Blockgrößen möglich sind. Aber
auch Hauptdolomit, Raibl-Formation und die Sandsteine der Flyschzone sowie die Sandsteine und
Konglomerate der Faltenmolasse können Gefahrenbereiche hervorbringen. Im Vorlandbereich kann
Steinschlag von Steilhängen in Molassesandsteinen und –konglomeraten (z.B. im Wertachtal südlich
von Schwenden) sowie in quartären Nagelfluhen (z.B. im Bereich der Günz nördlich von Obergünzburg) ausgehen.
Anfällig für tiefreichende Rutschungen sind im kalkalpinen Bereich vor allem die mergeligen und tonigen Gesteine der Allgäu- und Kössen-Formation sowie die kreidezeitlichen Gesteine.
Der vielfache engräumige Wechsel von festen Kalk- und Sandsteinen zu leicht verwitternden Mergelsteinen macht den gesamten Flysch-Bereich besonders anfällig für Rutschungen. Ein hangparalleles
Einfallen der Schichtung sowie Wasserrückstau in der Verwitterungszone können die Gefährdung zusätzlich erhöhen. Besonders großflächige Rutschmassen sind am Hohen Trauchberg und seinen südlichen Ausläufern zu beobachten.
Mehrere große Rutschungsbereiche mit tiefreichenden Bewegungen finden sich insbesondere auch
im Überschiebungsbereich Helvetikum/Molasse an den Nordhängen der Alpspitz.
Im Alpenvorland finden sich tiefreichende Rutschungen vor allem in den Fluss- und Bachtälern, wo
wasserführende quartäre Schichten über wasserstauenden Mergeln der Oberen Süßwassermolasse
anstehen. Vereinzelt finden sich Rutschungen auch innerhalb tertiärer und quartärer Ablagerungen.
Wettersteinkalk und Plattenkalk sowie Kössener Kalke sind flächenhaft teilweise stark verkarstet.
Zahlreiche Dolinentrichter zeugen von Karsthohlräumen im Untergrund. Besonders lösungsanfällig
sind die Gips-Anteile der Raibl-Formation. Dort wo diese oberflächennah anstehen, auch bei Bedeckung mit jüngeren Sedimenten, sind Dolinen bekannt. Durch Suffosion entstandene Dolinen finden
sich auch im Bereich der Faltenmolasse, z.B. im Gebiet zwischen Sulzberg und Senkelekopf, nordöstlich von Lengenwang sowie östlich und südöstlich von Sulzschneid. Auch im Bereich der ungefalteten
Vorlandmolasse sind Dolinen bekannt, z.B. im Verlauf des Sattlersbuckl südwestlich von Kaufbeuren.
Detaillierte Informationen zu einzelnen Massenbewegungen im Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) liegen derzeit für 860 Massenbewegungsobjekte vor (August 2016) – davon 609 Rutschungen, 32 Sturzereignisse und 219 Dolinen.
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Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen
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Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen
Die Ermittlung von Gefahrenhinweisbereichen erfolgt objektunabhängig, das heißt ohne Berücksichtigung potenziell betroffener Infrastruktur. Dazu gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen
bei der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten nicht berücksichtigt werden.
Grundlage für die Ausweisung von Gefahrenhinweisflächen ist neben dem Digitalen Geländemodell
und verschiedenen Kartenwerken das GEORISK-Kataster, in dem seit 1987 Daten zu bekannten,
auch historischen Ereignissen erfasst werden (online einsehbar unter www.bis.bayern.de).
Für die Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche von Steinschlag findet eine 3D-Modellierung statt.
Potenzielle Anbruchbereiche sind dabei Hangbereiche mit einer Neigung ≥ 45°. Für jede geologische
Einheit wird die relevante Blockgröße im Gelände bestimmt und der Berechnung als Bemessungsereignis zugrunde gelegt. Da ein intakter Wald einen guten Schutz vor Steinschlag bietet, jedoch eine
veränderliche Größe ist, werden neben Berechnungen unter Berücksichtigung des bestehenden
Waldbestands (rote Gefahrenhinweisbereiche) auch Reichweiten für ein Szenario ohne Waldbestand
berechnet (orange Gefahrenhinweisbereiche). Felsstürze, bei denen ein größeres Volumen zu erwarten ist und die eine größere Reichweite als Steinschlagereignisse haben, werden anhand einer Pauschalwinkel-Analyse ausgewiesen. Da Felsstürze eher seltene Extremereignisse sind, werden die ermittelten Bereiche mit den orangen Gefahrenhinweisflächen für Steinschlag zusammengefasst.
Die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen von tiefreichenden Rutschungen (> 5 m Tiefgang) basiert auf Expertenwissen. Gerade größere Rutschungen sind meist keine einmaligen Ereignisse – die
Masse kommt nach einer Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahrtausenden reaktiviert wird. Rote Gefahrenhinweisbereiche werden daher dort
ausgewiesen, wo reaktivierbare tiefreichende Rutschungen vorliegen. Orange sind hingegen die Bereiche, wo es Anzeichen einer Anfälligkeit für die Bildung tiefreichender Rutschungen gibt. Die Flächen entsprechen dem potenziell betroffenen Bereich bei Reaktivierung, beziehungsweise Neubildung
einer tiefreichenden Rutschung. Die Gefahrenhinweisflächen enthalten keine Information zu Alter oder
Aktivität der Rutschungen. Für jede rote Gefahrenhinweisfläche und für einen Großteil der orangen
Gefahrenhinweisflächen wurde ein GEORISK-Objekt angelegt, das Detailinformationen enthält.
Die Gefahrenhinweisflächen zu Hanganbrüchen werden für zwei Szenarien (mit und ohne Waldbestand) modelliert. In die Berechnungen fließen mehrere Parameter, wie die Hangneigung und der geologische Untergrund, ein. Aus diesen werden die Hangstabilität und die möglichen Anrisszonen ermittelt. Hangabwärts dieser Anrisszonen werden in Fließrichtung die Ablagerungen mit ihrer Reichweite
berechnet. Aus den Anriss- und Ablagerungsflächen ergibt sich der komplette Prozessraum und somit
der Gefahrenhinweisbereich. Da Hanganbrüche meist bei Starkniederschlägen auftreten, stellen sie
Extremereignisse dar, die in der Gefahrenhinweiskarte schraffiert dargestellt werden.
Das Auftreten von Erdfällen ist schwer vorherzusagen. Es kann aber von einer gewissen Erhöhung
des Gefahrenpotenzials in der Umgebung bereits bestehender Dolinen ausgegangen werden. Rote
Gefahrenhinweisbereiche werden daher im Umkreis von 50 m um bestehende, bekannte oder verfüllte
Dolinen/ Erdfälle ausgewiesen. Da Erdfälle auch in Gebieten auftreten können, in denen bisher keine
Dolinen bekannt sind, weist die Gefahrenhinweiskarte zusätzlich Flächen des verkarstungsfähigen
Untergrunds aus (orange schraffiert). Diese beruhen auf der Geologischen Karte 1 : 200.000 und liefern einen regionalen Überblick.
Detaillierte Informationen zur Methodik bei der Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen können dem
Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“ im Anhang entnommen
werden.
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Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit
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Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit
Die vorliegende Gefahrenhinweiskarte beinhaltet eine großräumige Übersicht über die Gefährdungssituation mit Angaben der Gefahrenart, jedoch nicht zu Intensität und Eintrittswahrscheinlichkeit. Sie
wurde für den Zielmaßstab 1 : 25.000 erarbeitet. Sie stellt keine parzellenscharfe Einteilung von
Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist
als Saum und nicht als scharfe Grenze zu verstehen. Auch erheben die ermittelten Gefahrenhinweisbereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Massenbewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe
zeitgemäßer Methoden ermittelt werden konnten.
Bei der Bearbeitung werden Massenbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufiger
auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Selten auftretende Extremereignisse sind nicht aufgenommen, müssen aber als nicht zu vermeidendes Restrisiko in Kauf genommen werden.
Die Gefahrenhinweiskarte dient als Grundlage für die Bauleitplanung zu einer ersten Erkennung von
Gefahrenverdachtsflächen und möglichen Interessenskonflikten. Sie ist eine nach objektiven, wissenschaftlichen Kriterien erstellte Übersichtskarte mit Hinweisen auf Gefahren, die identifiziert und lokalisiert, jedoch nicht im Detail analysiert und bewertet werden. Sie gibt den aktuellen Bearbeitungsstand
wieder und wird fortlaufend aktualisiert. Die Gefahrenhinweiskarte dient nicht der Detailplanung,
sondern der übergeordneten (regionalen) Planung.
Gefahrenhinweiskarten sollen nicht als Bauverbotskarten wirken, sondern nur in allen kritischen Fällen den Bedarf nach weitergehenden Untersuchungen offen legen. Gegebenenfalls muss dann in diesen Fällen in einem Detailgutachten festgestellt werden, ob im Einzelfall eine Sicherung notwendig,
technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Nachhaltigkeit tatsächlich anzustreben ist.
Die Gefahrenhinweiskarte kann unmöglich alle Naturgefahrenprozesse auf der Maßstabsebene
1 : 25.000 enthalten. Weder werden jemals alle Prozesse bekannt sein, noch hat man die Möglichkeit,
sich der Vielfältigkeit der Ereignisse ohne Generalisierungen anzunähern. Die Gefahrenhinweiskarte
hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist ein „lebendes Produkt“, welches vor allem durch Berichte über stattgefundene Naturgefahrenprozesse seine Aktualität beibehält. Die Erfassung neuer
und die fortlaufende Bewertung bereits bestehender Gefahrenhinweisflächen wird zukünftig weiterhin
erfolgen.
Ein bayernweites, aktuelles GEORISK-Kataster, das diese Ereignisse enthält und Basis für die Gefahrenhinweiskarte ist, kann allerdings nicht alleine durch die Feldarbeit oder die historische Recherche
erreicht werden. Da Berichte aus den Medien über kleinere Ereignisse aber oft nur eine lokale Reichweite besitzen, sind Hinweise und Daten aus den örtlichen Ämtern und Verwaltungen oder von Privatpersonen von hoher Bedeutung.
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit: melden Sie Ereignisse per E-Mail an [email protected] .
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Rechtliche Aspekte
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Rechtliche Aspekte
In einem interministeriell abgestimmten Rundschreiben vom 17.08.2010 (Hinweise zur Umsetzung der
Gefahrenhinweiskarte für den Verwaltungsvollzug; Download unter: www.lfu.bayern.de  Geologie 
Georisiken  Daten und Karten  Massenbewegungen) wurden Hinweise für den rechtlichen Umgang mit Gefahrenhinweiskarten gegeben. Kurzgefasst ist folgendes festzustellen:
Sicherheitsrecht
Anordnungen nach dem Sicherheitsrecht können nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgen.
Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Die Einstufung in der Gefahrenhinweiskarte allein lässt
in der Regel keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr zu. Für die Annahme einer
konkreten Gefahr bedürfte es weiterer Anhaltspunkte und ggf. spezieller Gutachten.
Baurecht
Bauleitplanung
Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde
Wohn- und Arbeitsverhältnisse und umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und
seine Gesundheit zu berücksichtigen. Daher muss sich eine Gemeinde, die eine Fläche in einem gekennzeichneten Hinweisbereich für Geogefahren überplanen will, im Rahmen der Abwägung mit den
bestehenden Risiken auseinandersetzen. Hierzu kann im Rahmen der Behördenbeteiligung das LfU
hinzugezogen werden. Dieses kann Hinweise für den jeweiligen Einzelfall geben, ggf. geeignete
Schutzmaßnahmen empfehlen oder auch an einen spezialisierten Gutachter verweisen.
Einzelbauvorhaben
Auch bei Vorhaben im nicht überplanten Innenbereich und bei Außenbereichsvorhaben müssen die
Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Im Geltungsbereich
eines Bebauungsplans sind Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt
werden, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind. Zudem muss das jeweilige Grundstück nach seiner Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein und Anlagen sind so
zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht
gefährdet werden. Die bloße Lage eines Grundstücks in einem Gefahrenhinweisbereich ist kein
Grund, ein Bauvorhaben abzulehnen. Es bedarf ggf. weiterer Anhaltspunkte, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr hindeuten (z. B. Kenntnis über regelmäßige Steinschläge in dem Bereich). Liegen diese der Bauaufsichtsbehörde vor, so sind weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. das
LfU oder ein Privatgutachter hinzuzuziehen.
Verkehrssicherungspflicht
Entsprechend dem Zitat eines BGH-Urteils kann zusammengefasst werden: Wer sich an einer gefährlichen Stelle ansiedelt, muss grundsätzlich selbst für seinen Schutz sorgen. Er kann nicht von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser nunmehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreift. Der
Nachbar ist lediglich verpflichtet, die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf seinem Grundstück zu dulden. Für allein von Naturkräften ausgelöste Schäden kann der Eigentümer
nicht verantwortlich gemacht werden. Der Eigentümer ist nur dann haftbar, wenn z. B. ein Felssturz
durch von Menschenhand vorgenommene Veränderungen des Hanggrundstücks, zum Beispiel durch
die wirtschaftliche Nutzung, verursacht wurde.
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Bereitstellung der Ergebnisse
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Bereitstellung der Ergebnisse
Während die Daten auf der bereitgestellten CD-ROM den Ist-Zustand der Gefahrenhinweiskarte zum
Zeitpunkt der Fertigstellung darstellen, werden die Daten im Internet bei Änderungen fortlaufend aktualisiert. Es wird daher empfohlen diese als Grundlage für weitere Planungen zu verwenden.
Bereitstellung auf CD-ROM
Auf der beigefügten CD-ROM sind die Gefahrenhinweiskarten sowohl als sogenanntes geo pdf als
auch im Dateiformat Shapefile aufbereitet. Das geo pdf lässt sich mit Hilfe geeigneter Software öffnen, die dargestellten Gefahrenhinweisflächen können über Sichtbarkeitsschalter aktiviert werden. Die
Dateien im Format Shapefile lassen sich in gängige Geographische Informationssysteme einbinden.
Bereitstellung der Ergebnisse im Internet
Die im Rahmen des Projektes ermittelten Gefahrenhinweiskarten sind im Internet öffentlich zugänglich. Eine Übersicht zu den vorhandenen Daten und Links (Gefahrenhinweiskarten, GEORISKObjekte, Berichte etc.) findet sich unter:
http://www.lfu.bayern.de/geologie/georisiken_daten/massenbewegungen/index.htm
Über folgende Quellen kann online auf die Daten zugegriffen werden:
Geofachdatenatlas (www.bis.bayern.de)
Im Reiter Fachthemen sind unter Georisiken die Gefahrenhinweiskarten für alle Geogefahren einsehbar. Zudem können unter Massenbewegungen alle bestehenden GEORISK-Objekte und ihre Detailinformationen inklusive vorhandener Kartensignatur abgerufen werden.
Im Reiter Standortauskunft lassen sich umfassende Beschreibungen zu Gefahrenhinweiskarten und
Georisiken an einer ausgewählten Lokalität in Bayern abrufen. Die Standortauskunft kann auch über
die Homepage des Landesamtes für Umwelt (www.lfu.bayern.de) unter Themen  Geologie  Georisiken  Standortauskunft Georisiken erreicht werden. Über die Angabe einer Adresse oder eine
Punktauswahl in der Karte werden die für diesen Ort vorliegenden Informationen zu Geogefahren in
einem PDF-Dokument zusammengefasst. Zur Generierung des PDF-Dokuments unter Punkt 3 Georisiken auswählen.
Geodatendienste des Landesamts für Umwelt
Darüber hinaus stehen die Ergebnisse der Gefahrenhinweiskarte als WebMapService (wms) und als
Downloaddienst zu Verfügung. Der Abruf der Dienste erfolgt unter folgenden Quellen:
wms-Dienst und Metadaten
http://www.lfu.bayern.de/gdi/wms/geologie/georisiken?
http://www.lfu.bayern.de/umweltdaten/geodatendienste/index_detail.htm?id=03f453e2-198a-3fed-b690-5650053ee4fe&profil=WMS
Download-Dienst und Metadaten
http://www.lfu.bayern.de/gdi/dls/georisiken.xml
http://www.lfu.bayern.de/umweltdaten/geodatendienste/index_detail.htm?id=d142f7ea-7c25-4a28-abaa-52fef201cc61&profil=Download
12
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
9
Anhang
A Beispiele zu Gesteinen und Geogefahren aus dem Landkreis Ostallgäu und
Stadt Kaufbeuren
Abb. 9:
Schrattenkalk südlich
der Wertach. In der
Helvetischen Zone treten Härtlinge auf, die
deutliche Rücken bilden können. Dabei
handelt es sich zum
Beispiel um den
Schrattenkalk, der gut
gebankt bis massig
auftritt
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
13
Anhang
Abb. 10:
Hällritz-Formation am
Halblech bei Buching.
Bei den Gesteinen der
Rhenodanubischen
Flysch-Zone handelt es
sich um Kalk-MergelWechselfolgen und um
von Sandsteinen dominierte Serien. Die Gesteine wurden an
Überschiebungsflächen
und Störungen meist
mechanisch stark beansprucht. Wichtiger
Vertreter ist die erosionsanfällige HällritzFormation. Sie zeichnet sich durch einen
raschen Wechsel von
bankigen Kalkmergeln
und Mergeln mit dünnen Tonlagen aus.
Abb. 11:
Piesenkopf-Formation
am Scheidbach bei
Jungholz. Die dünnbankigere PiesenkopfFormation zeichnet
sich durch einen raschen Wechsel harter
Kalkbänke mit teils
tonigen Mergeln und
Tonlagen, gelegentlich
auch Sandsteinen aus.
Ihr Verwitterungsprodukt ist eher plattig.
14
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
Abb. 12:
Reiselsberg-Formation
am Schwarzenbach
südlich des Schwarzenköpfel. Die kompetente ReiselsbergFormation formt oft
dickbankige, mürbe
und glimmerreiche
Bänke, in die dünne
und glimmerreiche
Tonlagen eingeschaltet
sein können. Eine
deutliche Klüftung ist
meist gegeben. Es bilden sich blockige bis
plattige Sturzkörper.
Abb. 13:
Wettersteinkalk am Jägergraben bei Trauchgau. In der Kalkalpinen
Zone ist im Landkreis
Ostallgäu der Wettersteindolomit eines
der am häufigsten vorkommenden Gesteine.
Bei Wettersteinkalk
und Wettersteindolomit
handelt sich um einen
massigen, meist geklüfteten Kalk.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
15
Anhang
Abb. 14:
Partnachkalk südlich
des Bannwaldsees in
Schwangau. Der Partnachkalk tritt als mittelstark gebankter Kalk
auf. Vereinzelt finden
sich dünne Mergellagen.
16
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
Abb. 15:
Allgäu-Formation südlich von Füssen. Ein
typisches, besonders
erosionsanfälliges Gestein der Kalkalpinen
Zone im Untersuchungsgebiet sind die
Allgäuschichten. Dabei
handelt es sich um
dünnbankige, knollige
bis flaserige Kalke,
Mergel und Knollenmergelkalke, die an der
Basis auch kieselig
ausgebildet sein können. Aus den KalkMergel-Wechselfolgen
bilden sich überwiegend plattige Bruchstücke.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
17
Anhang
Abb. 16:
Partnachschichten am
Schwansee bei Füssen. Ein weiteres erosionsanfälliges Gestein
sind die Partnachschichten. Dabei handelt es sich um dünnbankig bis plattige
Tonschiefer mit geringem Kalkgehalt. Bei
der Verwitterung bilden
sich griffelige Bruchstücke.
Abb. 17:
Rutschmasse an der
Pöllat in Schwangau
18
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
Abb. 18:
Zerreißung bei Maria
Trost in Nesselwang
Abb. 19:
Geländestufen am Reichenbach in Nesselwang
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
19
Anhang
Abb. 20:
Säbelwuchs im Sperenmösel in Halblech
20
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
B Blockgrößen der Sturzmodellierung
Tab. 1: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für den Alpenanteil des Landkreises Ostallgäu
Geologische Einheit
Wettersteinkalk
Wettersteindolomit
Vilser Kalk
Oberrhätkalk, oolithisch
Oberrhätkalk, massig
Oberrhätkalk, gebankt
Oberrhätkalk
Losensteiner Schichten bis Branderfleckschichten, Konglomerat oder Breccie
Schrattenkalk
Losensteiner Schichten bis Branderfleckschichten
Lias-Kieselkalk
Konglomerate
Raibler Dolomit
Bunter Lias-Kalk
Rehbreingraben-Formation
Alpiner Muschelkalk (ungegliedert)
Drusbergschichten
Hauptdolomit, Breccienlage
Lias-Kieselkalk und -Hornsteinkalk
Brisisandstein
Brisi-Member
Reiselsberg-Formation
Altlengbach-Formation
Partnachkalk
Gamser Schichten
Raibler Schichten
Raibler Rauhwacke
Hauptdolomit
Plattenkalk
Steigbachschichten
Garschella-Formation
Seewer Kalk
Kössener Kalk
Deutenhausener Schichten
Hällritz-Formation
Raibler Kalk
Malm-Kalk
Chiemgauer Schichten
Losensteiner Schichten bis Branderfleckschichten, vorwiegend Sandstein
Lias-Basiskalk, Basiskonglomerat
Lias-Basiskalk
Losensteiner Schichten bis Branderfleckschichten, vorwiegend Mergel
Blockmoräne
Raibler Sandstein
Ofterschwanger-Formation
Ammergau- bis Schrambach-Formation
Kalkgraben-Formation
Dogger-Schwellenkalk
Tannheimer Schichten bis Losensteiner Schichten
Kössener Schichten
Weissachschichten
Bausteinschichten
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Blockgrößenklasse
Abmessung [cm]
Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%]
I
48
120, 120, 120
II
44
70, 80, 80
III
6
50, 60, 70
21
Anhang
Schrambach-Formation
Lokalmoräne
Ruhpolding-Gruppe
Liebensteiner Kalk
Amdener Schichten
Schmelzwasser- oder Flussschotter
Tristel-Formation
Piesenkopf-Formation
Allgäuschichten
Unternoggschichten
Junghansenschichten
Tannheimer Schichten
Ammergauer-Formation
Fernmoräne
Leistmergel
Untere Bunte Mergel
Leimernschichten
Wangschichten
Tonmergelschichten
Partnachschichten
IV
2
20, 20, 30
Tab. 2: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 3 (Landkreis GarmischPartenkirchen (West), Ostallgäu (Ost), Stadt Kaufbeuren und Weilheim-Schongau (West))
Geologische Einheit
Alt-, Mittelpleistozän, Nagelfluh
Bausteinschichten, Konglomerat
Kojenschichten
Kojenschichten, Konglomerat
Losenstein-Formation und Branderfleck-Formation, Konglomerat oder Breccie
Moräne, mindelzeitlich, z. T. Nagelfluh
Obere Meeresmolasse, Konglomerat
Obere Süßwassermolasse, Konglomerat
Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh
Steigbachschichten, Konglomerat
Weissachschichten, Konglomerat
Losenstein-Formation und Branderfleck-Formation, vorwiegend Sandstein
Schrattenkalk
Drusbergschichten
Reiselsberg-Formation
Brisisandstein
Garschella-Formation
Gamser Schichten
Hauptdolomit
Rehbreingraben-Formation
Steigbachschichten
Untere Süßwassermolasse
Weissachschichten
Molasse, ungegliedert
Obere Bunte Molasse
22
Blockgrößenklasse
Abmessung [cm]
Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%]
I
33
120, 120, 120
II
40
80, 80, 100
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
Cyrenenschichten
Seewenkalk-Subformation
Deutenhausener Schichten
Hällritz-Formation
Bausteinschichten
Granitische Molasse
Sinterkalk
Obere Meeresmolasse
Obere Süßwassermolasse
Obere Süßwassermolasse, Obere Serie
Ofterschwang-Formation
Promberger Schichten
Fernmoräne
Moräne
Moräne, würmzeitlich
Schmelzwasser- oder Flussschotter
Beckenschluff bis Seeton
Leimernschichten
Tonmergelschichten
III
20
40, 50, 60
IV
7
20, 20, 20
Tab. 3: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 4 (Landkreis Lindau a.
Bodensee, Oberallgäu und Ostallgäu (West))
Geologische Einheit
Granitische Molasse und Kojenschichten
Granitische Molasse, Konglomerat
Hauchenbergschichten
Hauchenbergschichten, Konglomerat
Kojenschichten
Kojenschichten, Konglomerat
Konglomerat
Moräne, mindelzeitlich, z. T. Nagelfluh
Obere Meeresmolasse, Konglomerat
Obere Meeresmolasse, Konglomerat und Sandstein
Obere Süßwassermolasse, Konglomerat
Obere Süßwassermolasse, Konglomerat und Mergelst
Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh
Steigbachschichten
Steigbachschichten, Konglomerat
Weissachschichten
Weissachschichten, Konglomerat
Sinterkalk
Bausteinschichten
Granitische Molasse
Obere Meeresmolasse
Obere Meeresmolasse, Mergel und Sandstein
Obere Süßwassermolasse
Obere Süßwassermolasse, Sandstein
Obere Süßwassermolasse, Sandstein und Mergelstein
Obere Süßwassermolasse, Sandsteine und Mergel
Untere Süßwassermolasse, Sandstein und Mergelstein
Weissachschichten, Sandstein und Mergel
Altmoräne
Fernmoräne
glazigene Sedimente
Moräne
Moräne, mindelzeitlich
Moräne, präwürmzeitlich
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Blockgrößenklasse
Abmessung [cm]
Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%]
I
86
120, 120, 120
II
13
30, 50, 50
23
Anhang
Moräne, risszeitlich
Moräne, würmzeitlich
Schmelzwasser- oder Flussschotter
Schotter und Sand, nacheiszeitlich
Schotter und Sand, würmzeitlich
Sand
Obere Süßwassermolasse, Mergel und Sandmergel
Untere Süßwassermolasse, Mergelstein
III
1
30, 50, 50
C Parameter der Felssturzmodellierung
Tab. 4: Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte.
Die Ergebnisse der grau dargestellten Objekte werden in der Gefahrenhinweiskarte nicht extra ausgewiesen, da
die Reichweiten der Steinschlagmodellierung die simulierten Reichweiten der Felssturzmodellierung übertreffen.
Obergrenze
Schuttkegel z1*
[Meereshöhe]
Anbruchoberkante z2*
[Meereshöhe]
geschätzte
max. Reichweite* [Meereshöhe]
z1/z2
Gewählter
Pauschalwinkel
BIS-Objekt
Name
8430GR000004
SW Rahmenstein
1840
1690
1160
0,78
Schattenwinkel
Älpleskopf
(West)
1570
1250
820
0,57
Schattenwinkel
Älpleskopf
(Ost)
1560
1310
1100
0,46
Schattenwinkel
8430GR000016
NE Schwarzenberg
1100
880
810
0,24
Schattenwinkel
8431GR000005
N Jägerswand
1560
1380
1150
0,56
Schattenwinkel
8431GR000017
E Kenzenkopf
1620
1530
1460
0,44
Schattenwinkel
8430GR000013
*repräsentative Höhen ausgewählt
24
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
D Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen
Tab. 5: Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen im Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren
GHK = Fläche der Gefahrenhinweisbereiche je Geogefahr in der betroffenen Gemeinde; Betroffene Fläche in % =
Anteil betroffener Gemeinde- (Gde.) bzw. Siedlungsfläche nach ATKIS® Bayern, Maßstab 1 : 25.000 (mit einbezogene Layer: Fläche gemischter Nutzung, Fläche besonderer funktionaler Prägung, Friedhof, Industrie- und
Gewerbefläche, Sport-, Freizeit- und Erholungsfläche, Wohnbaufläche (Shapefile sie02_f der Bayer. Vermessungsverwaltung))
Steinschlag
(mit Wald)
Rutschung
Gemeinde
Aitrang
Tiefreichende
Rutschung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
28,3
0,9
0,2
Erdfall
Rutschanfälligkeit
GHK
(ha)
28,3
Betroffene
Fläche in %
0,9
0,2
GHK
(ha)
0,8
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
<0,1
-
-
-
-
Baisweil
68,6
2,6
5,6
94,8
3,6
5,8
0,8
<0,1
<0,1
-
-
-
Bidingen
-
-
-
4,2
0,1
-
0,4
<0,1
<0,1
0,8
<0,1
-
126,7
4,7
4,1
142,9
5,3
4,1
0,7
<0,1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Eggenthal
451,2
16,1
15,6
491,6
17,5
15,8
3,8
0,1
0,5
-
-
-
Eisenberg
<0,1
<0,1
<0,1
0,1
<0,1
-
13,7
1
0,4
0,8
<0,1
-
Friesenried
72,9
3,3
0,6
97,8
4,4
0,6
2,6
0,1
<0,1
<0,1
<0,1
-
6,5
0,1
0,6
12,7
0,3
0,6
291,1
6,7
1,3
0,7
<0,1
-
Germaringen
25,5
1,1
0,3
25,5
1,1
0,3
-
-
-
-
-
-
Görisried
55,5
2,4
-
72,6
3,1
<0,1
13,8
0,6
-
-
-
-
Günzach
60,8
2,6
0,1
68,4
2,9
0,1
3,6
0,2
-
-
-
-
Halblech
1923,9
15,4
0,4 2305,0
18,4
0,8 2030,5
16,2
<0,1
21
0,2
-
Hopferau
-
-
-
8,8
0,7
1,4
<0,1
<0,1
-
-
-
-
329,3
18,9
10
518,9
29,8
13,9
<0,1
<0,1
<0,1
-
-
-
43,9
1,3
0,3
73,9
2,2
0,3
-
-
-
-
-
-
Kaltental
139,1
6,3
15,4
179
8,1
15,4
<0,1
<0,1
<0,1
-
-
-
Kaufbeuren
234,1
5,8
1,2
274,8
6,8
1,9
2,1
<0,1
<0,1
9,7
0,2
-
5,3
0,3
-
5,3
0,3
-
0,4
<0,1
-
-
-
-
Biessenhofen
Buchloe
Füssen
Irsee
Jengen
Kraftisried
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
25
Anhang
Steinschlag
(mit Wald)
Rutschung
Gemeinde
Lamerdingen
Lechbruck am
See
Tiefreichende
Rutschung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
-
Erdfall
Rutschanfälligkeit
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
-
-
-
-
-
-
-
-
-
5,8
0,3
1,4
28,2
1,6
1,5
1,5
<0,1
<0,1
-
-
-
-
-
-
2,8
0,1
-
<0,1
<0,1
-
6,8
0,3
-
Marktoberdorf
35,6
0,4
0,2
77,4
0,8
0,2
2,3
<0,1
<0,1
6,4
<0,1
-
Mauerstetten
41,7
2,5
-
41,7
2,5
-
-
-
-
1,8
<0,1
-
Nesselwang
309,5
10,5
0,1
370,7
12,6
0,2
104,8
3,6
<0,1
0,4
<0,1
-
Obergünzburg
244,6
5,2
1,8
301,4
6,5
2,5
16,3
0,3
-
1,7
<0,1
-
Oberostendorf
2,9
0,1
-
2,9
0,1
-
<0,1
<0,1
-
-
-
-
Osterzell
23,7
2,2
-
33,6
3,1
-
0,2
<0,1
-
-
-
-
Pforzen
72,3
3,1
1
121,2
5,1
1
0,3
<0,1
<0,1
-
-
-
Pfronten
436,6
7,0
0,1
561,5
9
0,2 1271,9
20,4
0,1
<0,1
<0,1
-
8,1
0,6
-
17,0
1,3
-
0,3
<0,1
-
-
-
-
Rieden
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Rieden am Forggensee
-
-
-
9,4
0,7
0,3
0,3
<0,1
-
0,8
<0,1
-
281,0
17,0
21,3
288,2
17,4
21,3
17,0
1,0
0,5
2,1
0,1
-
5,9
0,2
0,2
12,6
0,3
0,3
18,0
0,5
<0,1
6,2
0,2
-
-
-
-
-
-
-
11,8
0,7
-
0,8
<0,1
-
Ruderatshofen
269,9
8,1
2,2
286,0
8,5
2,2
1
<0,1
-
6,7
0,2
-
Schwangau
365,1
4,8
0,8
431,6
5,7
0,8 2198,1
28,9
0,5
15,2
0,2
-
3,2
0,1
-
10,1
0,2
-
12,5
0,3
<0,1
7,1
0,1
-
Stötten
a. Auerberg
17,6
0,4
<0,1
33,4
0,8
<0,1
3,2
<0,1
<0,1
8,5
0,2
-
Stöttwang
20,4
1
-
29,4
1,5
3,1
-
-
-
-
-
-
Lengenwang
Rettenbach
a. Auerberg
Ronsberg
Roßhaupten
Rückholz
Seeg
26
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Anhang
Steinschlag
(mit Wald)
Rutschung
Unterthingau
Tiefreichende
Rutschung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
0,7
<0,1
-
GHK
(ha)
11,0
Untrasried
314,5
12,2
4,2
Waal
-
-
Wald
25,5
-
Gemeinde
Westendorf
Erdfall
Rutschanfälligkeit
Betroffene
Fläche in %
0,2
-
GHK
(ha)
5,2
350,7
13,6
4,2
-
1,8
<0,1
1,4
-
27,5
-
-
-
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
Gde.
Siedlung
Betroffene
Fläche in %
GHK
(ha)
Gde.
Siedlung
0,1
-
-
-
-
6,5
0,3
-
-
-
-
-
<0,1
<0,1
-
-
-
-
1,5
-
8,1
0,5
<0,1
1,8
0,1
-
-
-
0,5
<0,1
-
-
-
-
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
0
27
Anhang
E Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“
28
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Bayerisches Landesamt für
Umwelt
Gefahrenhinweiskarte
Alpen und Alpenvorland
Vorgehen und technische Details
Georisiken im Klimawandel
UmweltSpezial
Impressum
Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland
Vorgehen und technische Details
Georisiken im Klimawandel
Herausgeber:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160
86179 Augsburg
Tel.:
0821 9071 - 0
Fax:
0821 9071 - 5556
E-Mail: [email protected]
Internet: www.lfu.bayern.de
Bearbeitung/Text/Konzept:
LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Stefan Glaser, Maximilian Schmid, Juliane Straub, Peter Thom,
Dr. Andreas von Poschinger
Redaktion:
LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger
Bildnachweis:
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Druck:
Eigendruck Bayerisches Landesamt für Umwelt
Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.
Stand:
Januar 2016
Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren
Inhalte nicht verantwortlich.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Datengrundlage
1
3
Stein-/Blockschlag
3
3.1
Vorbereitende Arbeiten – Datenbasis für die Steinschlagmodellierung
5
3.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
7
4
Felssturz
9
4.1
Vorbereitende Arbeiten – Ermittlung der Anbruchpunkte
10
4.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
10
5
Rutschung
14
5.1
Vorbereitende Arbeiten – Rutschungskartierung
14
5.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche
15
6
Hanganbruch
17
6.1
Vorbereitende Arbeiten – Grundlagen zur Ermittlung der Anrisszonen und
Auslaufbereiche
17
6.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
21
7
Erdfall
23
7.1
Vorbereitende Arbeiten – Erfassung von Erdfällen und Dolinen
24
7.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche
24
8
Literaturverzeichnis
26
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Einleitung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Abgleiten eines Felsblocks
4
Abb. 2:
Abstürze durch Kippen
4
Abb. 3:
Abstürze aus Überhängen
4
Abb. 4:
Kalibrierte Sekundärparameter für Dämpfung und Rauigkeit
6
Abb. 5:
Erstellung der Gefahrenhinweiskarte für Steinschlaggefahr
8
Abb. 6:
Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß)
10
Abb. 7:
Viewshed-Funktion mit der Pauschalwinkelmethode
11
Abb. 8:
Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion
12
Abb. 9:
Viewshed-Funktion bei gekrümmten Auslaufbereichen
12
Abb. 10: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion
13
Abb. 11: Schattenbild eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers
13
Abb. 12: Entscheidungsbaum zur Beurteilung der Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen
16
Abb. 13: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle
18
Abb. 14: Beispiel Modellierung SLIDEPOT
22
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Verwendete Manuskriptkarten für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte Alpen und
Alpenvorland
1
Tab. 2:
Klassifizierung des Topo-Index
19
Tab. 3:
Codierungsschema für die stratigraphischen Einheiten
19
Tab. 4:
Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte)
20
Tab. 5:
Abbaufaktoren und maximale Reichweiten
21
Tab. 6:
Startwert der Abbaufaktoren
23
2
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Einleitung
1
Einleitung
Für die als besonders sensibel gegenüber geogenen Naturgefahren eingestuften Bereiche in den
bayerischen Alpen, im Alpenvorland und im Schwäbisch-Fränkischen Jura werden Gefahrenhinweiskarten erstellt. Sie sollen als Grundlage für Planungen dienen und werden für den Maßstab 1 : 25.000
erstellt. Die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen erfolgt objektunabhängig, das heißt ohne Berücksichtigung potenziell betroffener Bauwerke. Zu dieser Objektunabhängigkeit gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen explizit ignoriert werden. Die Karte stellt keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu verstehen. Auch erheben die ermittelten Gefahrenhinweisbereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als
auch zukünftige Massenbewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit
Hilfe zeitgemäßer Methoden ermittelt werden. Bei der Bearbeitung werden Massenbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko
empfunden werden. Selten auftretende Extremereignisse sind nicht berücksichtigt und müssen aus
geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Restrisiko bezeichnet werden. Für jeden untersuchten
Prozess werden Flächen mit Hinweis auf Gefährdung (rot) und Flächen mit Hinweis auf Gefährdung
im Extremfall (orange) ausgewiesen. Jeder Gefahrenprozess wird dabei unabhängig betrachtet, so
dass sich die Gefahrenhinweisbereiche der Prozesse überlagern können.
2
Datengrundlage
Topographische Karten
Als topographische Grundlage dient die Topographische Karte des Bayerischen Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) im Maßstab 1 : 25.000 (TK 25). Der Ausgangspunkt
®
des Karteninhalts ist das Digitale Landschaftsmodell (DLM 25) des ATKIS Bayern (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem).
Geologische Karten
Die Geologische Karte im Maßstab 1 : 25.000 (GK 25) des Bayerischen Landesamts für Umwelt ist
eine wichtige Grundlage für die meisten Fragestellungen im Hinblick auf geogene Naturgefahren. Unveröffentlichte Manuskriptkarten (Tab. 1) dienen als Ergänzung. Des Weiteren kommt die Geologische
Karte im Maßstab 1 : 200.000 (GK 200) zur Ausweisung des verkarstungsfähigen Untergrundes zum
Einsatz.
Tab. 1: Verwendete Manuskriptkarten für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland. Die
Manuskriptkaten haben unterschiedliche Bearbeitungstiefen und damit keine einheitliche Qualität.
Blattnummer
7830
7839
7841
7929
7938
7940
8028
8030
8033
8037
Blattname
Schwabmünchen
Haag i. OB
Garching a. d. Alz
Bad Wörishofen
Steinhöring
Obing
Markt Rettenbach
Waal
Tutzing
Glonn
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Blattnummer
7838
7840
7842/43
7930
7939
7942/43
8029
8032
8035
8038
Blattname
Albaching
Kraiburg a. Inn
Burghausen
Buchloe
Wasserburg a. Inn
Tittmoning
Kaufbeuren-Neugablonz
Dießen a. Ammersee
Sauerlach
Rott a. Inn
1
Datengrundlage
8039
8127
8129
8133
8137
8139
8143/44
8228
8231
8233
8243
8329
8337/8437
8340
8342
8435
8527
8531
8534
8627
8727
Bad Endorf
Bad Grönenbach
Kaufbeuren
Seeshaupt
Bruckmühl
Stephanskirchen
Freilassing
Wilpoldsried
Peiting
Iffeldorf
Bad Reichenhall
Nesselwang Ost
Josefstal
Reit im Winkel
Schneizlreuth
Fall
Oberstdorf
Zugspitze
Östl. Karwendelspitze
Einödsbach
Biberkopf
8043
8128
8130
8135
8138
8142
8227
8229
8232
8235
8244/8344
8332
8339
8341
8428
8525/26
8528
8532/8632
8626
8628
ÖK 50 Nr. 90
Laufen
Obergünzburg
Bidingen
Sachsenkam
Rosenheim
Teisendorf
Kempten (Allgäu)
Marktoberdorf
Uffing a. Staffelsee
Bad Tölz
Berchtesgaden Ost
Unterammergau
Oberaudorf
Seegatterl
Hindelang
Balderschwang
Hinterstein
Garmisch-Partenkirchen
Hoher Ifen
Hochvogel
Kufstein
Orthophotos
Digitale Orthophotos liegen bayernweit in den Auflösungsstufen 1 m, 40 cm und 20 cm vor. Sie sind
einerseits hilfreich für die Orientierung, andererseits können sie auch zusätzliche Hinweise zu den
Verhältnissen vor Ort liefern.
Digitales Geländemodell
Das Digitale Geländemodell (DGM) ist die wesentliche Basis für die Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen. Es ist die Grundlage für die computergestützten Modellierungen und in verschiedenen
Visualisierungen (Schattenbild, Geländeschnitte) bietet es große Vorteile für die Interpretation des Geländes hinsichtlich Rutschungen und Erdfälle.
Das LDBV erstellt mittels Airborne-Laserscanning-Verfahren hoch aufgelöste Punktwolken in diskreten Abständen, die zu einem Digitalen Geländemodell umgerechnet werden. Dargestellt wird die Höhe
der Geländeoberfläche pro Messpunkt. Messpunkte, die Reflexionen von Gebäuden oder Vegetation
enthalten, werden entfernt und das Modell an dieser Stelle interpoliert und geglättet. Resultat ist dann
die eigentliche Geländeoberfläche. Stellenweise führt dieser automatisierte Ablauf zu sogenannten Artefakten (Fehlern). Solche Artefakte bleiben zum Beispiel dann erhalten, wenn die Interpolation der
Geländeoberfläche unter dichtem Wald oder Schnee nicht die reale Geländeoberfläche abbildet und
nicht korrigiert wird. Die Fehler halten sich räumlich und bezogen auf die Gesamtfläche des Untersuchungsraums im Rahmen. Seitens des LDBV sind bayernweit Daten in den Auflösungsstufen 1 m,
2 m und 5 m verfügbar, allerdings nicht in allen Auflösungsstufen flächendeckend.
Für die verschiedenen Anwendungen werden unterschiedliche Auflösungsstufen des DGM benutzt.
Für die Steinschlagsimulation werden die Eingangsdaten auf Basis der 5 m-Daten aufbereitet. Für die
Beurteilung von tiefreichenden Rutschungen und die Erhebung von Gefährdungen durch Erdfälle wird
die bestmögliche Auflösungsstufe verwendet.
Aus den reinen Höheninformationen des DGM werden für die Bearbeitung weitere Darstellungen erzeugt. Die bedeutendste ist die Visualisierung als Schattenbild. Dabei werden für eine Beleuchtung
aus bestimmten Winkeln (45° und 315°) Schatten auf der virtuellen Geländeoberfläche berechnet. Re-
2
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Stein-/Blockschlag
sultat ist ein Pseudo-3D-Bild. Des Weiteren liefern Hangneigungs- und Expositionskarten sowie Geländeschnitte einen wertvollen Beitrag als Interpretationshilfe.
Tatsächliche Nutzung
Die für die Sturzmodellierung verwendeten Wald- bzw. Forstflächen entstammen dem Digitalen Land®
schaftsmodell (DLM 25) des ATKIS Bayern. Es werden Wald bzw. Forst und Gehölz unterschieden.
Gebäude
Die Gebäudedaten werden der aktuellen Digitalen Flurkarte (DFK) entnommen (www.ldbv.bayern.de).
Die Gebäude sind unterteilt in bewohnte und unbewohnte Objekte.
GEORISK-Kataster
Das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) ist die zentrale Datenbank des LfU zu Geofachdaten.
Große Anteile der Datenbestände sind öffentlich über das Internet zugänglich. Darin sind die bereits
seit 1987 im Rahmen des Programms GEORISK gesammelten Informationen zu Massenbewegungen
standardisiert abgelegt.
Im BIS-BY werden alle Arten von Massenbewegungen systematisch erfasst und mit allen verfügbaren
Informationen ergänzt. Für jedes einzelne Objekt ist dadurch eine detaillierte Beschreibung zur Art der
Massenbewegung und ihrer räumlichen Ausdehnung festgehalten. Ergänzende Erläuterungen umfassen Angaben zum Zeitpunkt der Aktivität, zum Alter und Zustand sowie eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Massenbewegung. Ebenso wird eine Informationsqualität angegeben und ein
Quellennachweis geführt, so dass Herkunft und Qualität der Daten nachvollzogen werden können.
Wenn bekannt, werden auch Anbruch- und Ablagerungsbereiche der Massenbewegung als Geometrie digitalisiert und aussagekräftiges Bildmaterial hinterlegt.
Die GEORISK-Datenbank ist die Katastergrundlage für die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen
von Rutschungen, Felsstürzen und Erdfällen. Auch bei der Modellierung von Stein- und Blockschlag
werden die Informationen über bekannte Ereignisse genutzt, um die modellierten Anbruchbereiche zu
ergänzen und die Sturzmodellierung zu überprüfen. Da vor Projektbeginn vor allem Daten für den
Bayerischen Alpenraum vorlagen, musste die Datengrundlage für die Bearbeitung der sensiblen Gebiete des Schwäbisch-Fränkischen Juras und des Alpenvorlands größtenteils erst geschaffen werden.
Hierzu wurden im Rahmen des Projektes für alle bearbeiteten Landkreise historische Recherchen
durchgeführt, um möglichst alle bei anderen Stellen bekannten oder schriftlich festgehaltenen Ereignisse zu sammeln. Es wurde eine flächendeckende Erfassung von Rutschungen anhand von Kartenauswertungen und Geländebegehungen durch Projektpartner an Universitäten und durch das LfU
durchgeführt (Kapitel 5). Zudem wurden Dolinen anhand des DGMs 1 m, durch Signaturen in bestehenden topographischen und geologischen Karten und zum Teil Geländebegehungen flächendeckend
erfasst (Kapitel 7).
3
Stein-/Blockschlag
Eine potenzielle Steinschlaggefahr geht generell von steilen und exponierten Felswänden aus. Mögliche Sturzkörper können außerdem im Hang liegen und zum Beispiel durch den Anstoß fallender Steine remobilisiert werden. Die Mechanismen, welche die Sturzkörper in Bewegung bringen, sind vielfältig. Entscheidend für die finale Ablösung sind die Lage des Schwerpunkts des Sturzkörpers sowie
dessen Verbindung zum umliegenden Fels. Kritische Lageeigenschaften resultieren vor allem aus einer ungünstigen Kombination des Trennflächensystems im Fels und der Geländeoberfläche (Abb. 1
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
3
Stein-/Blockschlag
bis Abb. 3). Diese Disposition beeinflusst die Größe, Form und damit die Bewegungseigenschaften
des Blocks. Meist kommen folgende Situationen vor:
Abb. 1: Abgleiten eines Felsblocks
erfolgt dann, wenn die treibenden
Kräfte die haltenden Kräfte überschreiten. (W YLLIE & MAH 2004)
Abb. 2: Abstürze durch Kippen erfolgen, wenn der Schwerpunkt der
Felspartie durch Rotation um einen
Scharnierpunkt vom Hang weg verlagert wird. (W YLLIE & MAH 2004)
Abb. 3: Abstürze aus Überhängen
entstehen durch die Rückverlegung
einer schneller verwitternden Gesteinsschicht unterhalb einer harten
Felspartie. (W YLLIE & MAH 2004)
Das Gefahrenpotenzial von Sturzprozessen hängt maßgeblich von der Masse und der Beschleunigung des Sturzkörpers ab, welche die Kraft des Aufschlags bestimmen. Die Eigenschaften der Geländeoberfläche (Rauigkeit) beeinflussen den Transport und die Ablagerungsposition (Reichweite). Beim
Sturz führen Energieverluste beim Aufschlag auf den Untergrund (Dämpfung) und Kontakte mit Hindernissen (Ablenkung) zur Veränderung der Bewegung – weite Sprünge und Rollen wechseln sich ab.
Jeder Sturzkörper bewegt sich daher auf einer eigenen Bewegungsbahn (Trajektorie) und erreicht
somit eine individuelle Reichweite. Die Reichweite ist das Maß für die Ausweisung der Gefahrenhinweisbereiche unterhalb von Felswänden. Aktuelle Experimente zeigen, dass bei sonst gleichen Bedingungen runde bzw. radförmige Steine eher anfangen zu rollen und größere Distanzen zurücklegen
als eckige. Eckige Blöcke hingegen springen höher und besitzen damit größere Aufprallkräfte (vgl.
WSL 2014).
Für die Gefahrenhinweiskarte wird das deterministische 3D-Steinschlagmodell nach ZINGGELER &
GEOTEST AG (KRUMMENACHER et al. 2005; ZINGGELER & PFEIFER 2009) verwendet, das die Vielfalt
der Faktoren bei Steinschlagprozessen berücksichtigt. Das numerische Modell simuliert eine Abfolge
von Sturzparabeln mit dazwischenliegenden Kontaktreaktionen auf Grundlage der Topographie
(DGM) und in Abhängigkeit vorher fixierter Parameter für die Sturzblockform und Geländeeigenschaften (ZINGGELER & PFEIFER 2009). Im Modell werden die physikalischen Gesetze der Bewegungsarten
Fallen, Springen und Rollen berücksichtigt. Außerdem kann das Modell die bremsende Wirkung von
Wäldern als Folge von Kollisionen und Ablenkungen an Baumstämmen abbilden.
Die Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen berücksichtigt keine bestehenden baulichen Schutzmaßnahmen. Ein Wald hat natürlicherweise eine bremsende Wirkung auf stürzende Steine und soll
mit seiner langfristigen Schutzwirkung berücksichtigt werden. Zwei Szenarien werden in der Gefahrenhinweiskarte dargestellt: Rote Gefahrenhinweisbereiche kennzeichnen ein realitätsnahes Szenario, in dem die Prozessräume von Stürzen mit den dämpfenden Effekten des aktuellen Waldbestands
modelliert werden. In Bereichen ohne Waldbestand werden keine Stoßreaktionen zwischen Sturzblock
und Bäumen simuliert. In einem zweiten, pessimistischen Szenario wird der Steinschlagprozess ohne
Einfluss eines Waldes berechnet (orange Gefahrenhinweisflächen). Als „Worst-Case-Szenario“
trägt es zukünftigen Veränderungen des Waldbestands Rechnung, die sich möglicherweise durch
Kahlschlag, Waldbrand, Durchforsten oder Schädlingsbefall ergeben. Das erste Szenario entspricht
dem zweiten an allen Stellen, an denen kein Wald vorliegt. Der Vergleich der Szenarien ermöglicht eine Einschätzung der Bedeutung des Waldes als Schutz vor Steinschlag.
4
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Stein-/Blockschlag
3.1
Vorbereitende Arbeiten – Datenbasis für die Steinschlagmodellierung
Für die Sturzmodellierung gilt es gebietsspezifische Eingabeparameter zu ermitteln, von denen die
beiden wichtigsten die Ablöseposition (Anbruchbereiche) und die Sturzblockgröße (Bemessungsereignis) sind. Grundlage dafür sind primär das Digitale Geländemodell (DGM) und die Geologische
Karte 1 : 25.000 (GK 25). Dazu kommen Sekundärparameter, die über die Primärdaten (DGM, etc.)
abgeleitet werden.
Ausweisung der Anbruchbereiche
Als potenzielle Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag werden im DGM 5 m (Weite der Rasterzellen 5 m) alle Hangbereiche mit einer Neigung ≥ 45° angenommen. Hiermit sind erfahrungsgemäß
alle steilen Felsbereiche abgedeckt, die auch im Gelände als Anbruchbereiche für Steinschläge verifiziert werden können. Unterhalb 45° findet vorwiegend der Prozess des Rollens statt (DORREN 2003).
Die Ablösung von Sturzblöcken aus diesen Bereichen wird nicht im Modell erfasst.
Bestimmung der Bemessungsereignisse
Durch den Verschnitt der Anbruchbereiche mit der Geologischen Karte werden die potenziell von
Sturzereignissen betroffenen Gesteinseinheiten ermittelt. Im Gelände wird jeder Einheit eine zu erwartende Blockgröße (repräsentatives Bemessungsereignis) zugewiesen. Die Dimensionierung nach
Achsenlängen (X, Y, Z) ist das Ergebnis der Abwägung zwischen der zu erwartenden Sturzblockgröße
und der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes dieser Blockgröße. Für das Modell folgt eine Generalisierung der im Gelände ermittelten Blockgröße in vier Blockgrößenklassen (I-IV), in denen vergleichbar dimensionierte Einheiten zusammengefasst sind. Die stratigraphischen Einheiten mit großen
Flächenanteilen an den potenziellen Anbruchbereichen werden vorrangig differenziert. Damit wird
vermieden, dass flächenmäßig unterrepräsentierte Einheiten bei der Festlegung der Klassengrenzen
überbewertet werden.
Attribuierung und Korrektur der Anbruchbereiche
Sind die Bemessungsereignisse ermittelt, werden die Anbruchflächen je nach geologischer Einheit mit
diesen Werten attribuiert. Da die stratigraphischen Grenzen der GK 25 eine maßstabsabhängige Unschärfe bezüglich der Lagegenauigkeit aufweisen, wird die Attribuierung mit Hilfe des Schattenbildes
an die Geländemorphologie angepasst. Nicht plausible oder irrelevante Anbruchbereiche (z. B. Brückenwiderlager, Stützmauern oder Steinbruchwände) werden bereinigt.
Eine Ergänzung zu den rechnerisch ermittelten Anbruchflächen liefern die kartierten Anbruchkanten
der GEORISK-Objekte (BIS-BY), die ebenfalls mit den Angaben zur Blockgrößenklasse attribuiert
werden. Diese Daten werden zum Beispiel dort wichtig, wo die Interpolation der Laserscan-Punkte
das DGM glättet und schmale Felsnadeln oder -türme nicht differenziert sind.
Festlegung von Sekundärparametern
Die aus den Primärdaten abgeleiteten Modellierungsparameter sind die Rauigkeit der Geländeoberfläche sowie die Dämpfungseigenschaften des Untergrunds (siehe Abb. 4). Für das erste Szenario
®
(rot) werden außerdem der Wald- und Gehölzbestand aus dem ATKIS berücksichtigt. Um diese Sekundärparameter adäquat abschätzen zu können, wurden diese in einem Testgebiet für bestimmte
Oberflächen von der Firma GEOTEST AG kalibriert.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
5
Stein-/Blockschlag
Abb. 4:
Kalibrierte Sekundärparameter für Dämpfung und Rauigkeit,
abgeleitet von der
Hangneigung und den
Untergrundeigenschaften (KRUMMENACHER &
PFEIFER 2007)
Der Parameter Rauigkeit (Werte zwischen 1 und 19) ergibt sich aus Geländeformen, wie zum Beispiel Schutthalden, die im Zentimeter- bis Dezimeterbereich liegen („Mikrotopographie“) und setzt sich
aus der Entfernung einzelner Rauigkeitsformen zueinander und deren Durchmesser zusammen.
Die Dämpfung des Untergrunds entscheidet über die Stoßreaktion (Eindringtiefe) und den Energieverlust (plastische Deformation) während des Kontakts von Sturzkörper und Oberfläche sowie den
Abprall und die resultierende Transportgeschwindigkeit (Geometrie der Rampe, Hebelwirkung). Als
Eingabeparameter für das Modell gelten Werte zwischen 1 (sehr gering) und 5 (sehr hoch).
Für die Gefahrenhinweiskarte können aufgrund der großen Untersuchungsgebiete die Rauigkeit der
Geländeoberfläche und die Dämpfung des Untergrundes nicht im Gelände kartiert werden, sondern
müssen aus den im Untersuchungsgebiet vorhandenen Daten abgeleitet werden (siehe Abb. 4). Sie
setzen sich aus den Hangneigungswerten und der Oberflächenbeschaffenheit zusammen, die aus
den vorliegenden Daten (DGM, Waldflächen, Gewässer/Seen) ermittelt werden können.
Kontakte zwischen Sturzkörper und Baumstämmen sorgen einerseits für einen Energieverlust und
andererseits für eine Ablenkung aus der Bewegungsrichtung. Die Kontaktreaktion hängt von einigen
Zufälligkeiten ab: unterschiedliche Bestandsdichten, wechselnde Baumtypen und Baumstammdicken
sowie variierende Trefferhöhen. Der Waldparameter für die Verteilung der Stammdurchmesser wird
auf Grundlage der Stammzahl pro Hektar abgeleitet. Die Werte variieren zwischen 100 Stämme / ha (Wald/Forst) und 200 Stämme / ha (Gehölz) und sind eine pessimistische Annahme (lichter
Bestand). Die mittleren Stammdurchmesser werden nach einer Zufallsverteilung berechnet. Die Werte
variieren zwischen 28 cm (Wald/Forst) und 18 cm (Gehölz). Das Modell berechnet statistisch einen
Faktor für die mittlere Trefferdistanz in Abhängigkeit von der Blockgröße mit der zufällig ein Stamm
des definierten Waldtyps getroffen wird.
6
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Stein-/Blockschlag
3.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
Basis für die Steinschlagmodellierung ist das DGM 10 m des Untersuchungsgebietes. Der Puffer von
500 m um das Untersuchungsgebiet trägt Steinschlägen von außerhalb des eigentlichen Bearbeitungsraums Rechnung. Die beiden Szenarien (rot: mit Wald, orange: ohne Wald) werden getrennt
voneinander modelliert.
Der Ursprung der Sturzbahnmodellierung liegt in den Anbruchpunkten, aus denen im Modell die
Sturzkörper jeweiliger Ausdehnung und Masse mit geringer Anfangsgeschwindigkeit gestartet werden.
Da die Sturzkörper keine Quader sind, wird ein Rundungsgrad (81% des Quaders) angenommen.
Darüber hinaus wird der Radius der Sturzkörper berücksichtigt, um dem Größenverhältnis zwischen
Sturzblock und Rauigkeit gerecht zu werden. Kleine Blöcke werden bei gleicher Rauigkeit stärker beeinflusst (Skaleneffekt), was zu einer Reduktion der Geschwindigkeit führt. Unter Einhaltung der Bewegungsprozesse Fallen, Springen, Rollen und Stillstand mit Translations- und Rotationsanteilen
werden folgende Teilprozesse modelliert:
Kontaktreaktionen
Im Modell werden beim Bodenkontakt des Sturzkörpers (1) der Eindringprozess und (2) der Absprungprozess in Abhängigkeit von der Rauigkeit und Topographie getrennt berechnet:
(1) Beim Aufprall auf den Untergrund finden Energieverlustreaktionen statt, die aus der Deformation
des Untergrundmaterials resultieren. Der Sturzblock wird dabei vereinfacht als Kugel angenommen,
die volumenkonform zur ursprünglichen Abmessung ist. Der Aufschlagimpuls führt zur Bildung eines
spezifischen Aufschlagtrichters. Eine elastische „Rückgabe“ der Energie erfolgt nicht, sodass Energie
verloren geht – beim Erstaufschlag beträgt dieser Verlust etwa 75 - 86 % (DORREN 2003).
(2) Der Abprallprozess hängt dann von der restlichen Bewegungsenergie des Blocks ab sowie von der
Geometrie des Aufschlagtrichters, der als eine Art Rampe den Absprungwinkel beeinflusst. Das Modell geht davon aus, das der Sturzkörper (Kugel) eine Richtungskomponente erhält, die von der Form
des Trichters abhängt. Der Abprallprozess beinhaltet wieder die eigentlichen Achsenabmessungen
des Blockes, damit die resultierende Rotationsbewegung in Abhängigkeit von der Hebelwirkung an
den Achsen, berechnet werden kann.
Baumtreffer
Baumtreffer werden durch Zufallsvariablen in der Fläche berechnet. Findet im Modell ein Einschlag
statt, werden die Eigenschaften des Holzes pauschal berücksichtigt. Bei der Betrachtung des Einschlags ist die Trefferhöhe entscheidend, da mit der Entfernung zum Boden die dynamischen Effekte
(Schwungverhalten) und die Stammmächtigkeit variieren. Je nach Zentralität des Aufschlags, die im
Modell auch zufällig bestimmt wird, führt der Impuls auf den Baumstamm nur zu einer Ablenkung oder
zum Bruch des Baumstammes. Baumtreffer sind mit Geschwindigkeitsreduktionen verbunden.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
7
Stein-/Blockschlag
Abb. 5: Erstellung der Gefahrenhinweiskarte für Steinschlaggefahr Schaffung der Datenbasis (grün) und Modellierungsablauf (blau) für die zwei Szenarien „mit Wald“ und „ohne Wald“. Primärdaten (dunkelgrau), Sekundärparameter (hellgrau), Arbeitsschritte (weiß) und Ergebnisse (unten)
8
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
Felssturz
Ergebnisformate und Aussage der Gefahrenhinweisflächen
Sobald Kontakte stattfinden, werden im Modell Stützpunkte gesetzt. In diesen werden die Bewegungsdaten des Sturzes zwischengespeichert. Der Bewegungsprozess läuft so lange springend oder
rollend fort, bis die Bewegung stoppt. Die Trajektorien (Sturzbahnen) sind das Ergebnis der Verbindung dieser Punkte, entlang der die Werte von Sprunghöhe und Sturzenergie interpoliert werden.
Die Prozessräume, welche die Reichweiten darstellen, werden abschließend mit einem Sicherheitssaum versehen, welcher der hohen Variabilität der Sturzbahnen Rechnung tragen soll.
Im Modell gibt es Hangbereiche ≥ 45°, für die keine Trajektorien errechnet werden. Aus diesen Hangbereichen können real allerdings trotzdem Steine herausgelöst werden und kurze Strecken (5 - 10 m)
stürzen. Dieser Sachverhalt liegt einerseits darin begründet, dass die vorliegende Blockgröße auf den
sich unterhalb anschließenden flachen Hangbereichen keine für den Weitertransport ausreichende
Geschwindigkeit erreicht. Andererseits führt die grobe Auflösung des DGMs innerhalb der Modellierungsumgebung zu einer künstlichen Verflachung des Geländes; im Modell wird der Sturz direkt gestoppt. Die Folge ist, dass stellenweise nur die Anbruchbereiche in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesen sind. Aufgrund einer großzügigen Darstellung wird deren Gefährdungspotenzial berücksichtigt.
4
Felssturz
Im Gegensatz zum Trajektorienmodell mit Bestimmung der Reichweite von Einzelblöcken (Kapitel 3)
kommt für die Simulation größerer Felsstürze ein Modell zur Anwendung, das mit einem worst-caseAnsatz die Reichweite des Absturzes ganzer Felsbereiche ermittelt.
Zahlreiche Veröffentlichungen (W IECZOREK et al. 1999, MEIßL 1998, EVANS & HUNGR 1993, ONOFRI &
CANDIAN 1979, LIED 1977) zeigen, dass die maximale Reichweite eines Felssturzes durch einen Pauschalwinkel abgeschätzt werden kann. Bei diesem Verfahren wird, ausgehend von einem Ansatzpunkt
im Anbruchbereich, mit einem festgelegten Neigungswinkel eine Gerade in Falllinie nach unten gezogen. Der Schnittpunkt dieser Geraden mit der Geländeoberfläche ergibt die maximale Reichweite des
Felssturzes. Die Pauschalwinkel werden bereits seit langem bei der Geländearbeit angewandt. Mit Hilfe von Neigungsmessern erfolgt dabei eine Abschätzung des potenziellen Sturzbereichs.
Zwei unterschiedliche Pauschalwinkelmodelle werden herangezogen. Zum einen das Geometrische
Gefälle, das den Winkel beschreibt, den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maximaler Reichweite und der obersten Abrisskante des Felssturzes einschließt (Abb. 6: α). Zum anderen
kann der Schattenwinkel verwendet werden (Abb. 6: β), den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maximaler Reichweite und der oberen Begrenzung des Ablagerungsbereiches einschließt. Hier wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der kinetischen Energie des Sturzes bereits
beim ersten Aufprall im oberen Bereich des Schuttkegels verloren geht. Für die Gefahrenhinweiskarte
wird in Anlehnung an MEIßL (1998) ein minimales Geometrisches Gefälle von 30° angenommen. Untersuchungen von EVANS & HUNGR (1993) entsprechend, wird ein Schattenwinkel von 27° eingesetzt.
Die Entscheidung für eines der beiden Pauschalwinkelmodelle ist von der Hangmorphologie abhängig. Sie kann mit Hilfe des Quotienten aus Tangens des Schattenwinkels und Tangens des Geometrischen Gefälles getroffen werden (MAYER & VON POSCHINGER 2005). Dieses Verhältnis lässt sich auch
als Quotient aus z1 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Schuttkegels)
und z2 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Anbruchbereichs) darstellen
(Abb. 6). Ist dieser Quotient kleiner 0,88, ist der Schattenwinkel zu wählen, ansonsten ist das Geometrische Gefälle zu verwenden. Bei hohen Wänden ist somit der Schattenwinkel anzusetzen, bei steilen
Hängen mit kleinen Wandstufen das Geometrische Gefälle.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016
9
Felssturz
Abb. 6: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach MEIßL 1998)
Da Felsstürze eher seltene Extremereignisse sind, werden die ermittelten Bereiche mit den orangen
Gefahrenhinweisbereichen für Steinschlag zusammengefasst und nur in jenen Bereichen als Felssturz attribuiert, wo die Felssturz-Modellierung weiter reicht als die Stein- und Blockschlagmodellierung.
4.1
Vorbereitende Arbeiten – Ermittlung der Anbruchpunkte
Zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche wurde im BIS-BY nach allen GEORISK-Objekten recherchiert, für die Hinweise auf eine Felssturzaktivität größeren Volumens vorliegen. Anhand repräsentativer Werte für z1, z2 und für die geschätzte maximale Reichweite kann, wie unter Kapitel 4 beschrieben, die Entscheidung für einen der beiden Pauschalwinkelansätze getroffen werden. Beim Geometrischen Gefälle ist der Ansatzpunkt für den Pauschalwinkel die Oberkante der Felswand, beim Schattenwinkel die Oberkante des vorhandenen Schuttkegels.
In Anlehnung an die digitalisierten GEORISK-Objekte im BIS-BY werden Pauschalwinkelansatzpunkte
für die Felssturzmodellierung neu digitalisiert. Um diese Punkte möglichst exakt platzieren zu können,
werden ein hochauflösendes Schattenbild und eine aus dem DGM erstellte Hangneigungskarte als
Digitalisiergrundlagen herangezogen.
4.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
Die Modellierung des Gefahrenhinweisbereichs kann mit implementierten Standard-GIS-Funktionen
durchgeführt werden. Im Projekt wurde die Viewshed-Funktion des Spatial Analyst in ArcGIS verwendet. Diese Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von den Ansatzpunkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkelsegment gesehen werden (Abb. 7).
10
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Felssturz
Abhängig vom gewählten Pauschalwinkelansatz werden die Startpunkte für die ViewshedModellierung digitalisiert. Anschließend werden alle nötigen Attribute bestimmt und die ViewshedFunktion ausgeführt (Abb. 8, Abb. 10). Der Vertikalwinkel (VERT1 in Abb. 8), ergibt sich aus dem gewählten Pauschalwinkelmodell. Das horizontale Winkelsegment ist definiert mit einem Bereich von je
15° links und rechts der aus dem DGM rechnerisch ermittelten Falllinie (entspricht der Exposition) an
jedem Startpunkt (AZIMUTH1, AZIMUTH2 in Abb. 8).
Die Güte der Ergebnisse der Viewshed-Modellierung ist abhängig von der Geländemorphologie. Für
Felswände, die direkt in Richtung des Auslaufbereichs exponiert sind, liefert die Modellierung meist
gute Ergebnisse. Stärker gegliederte Wände, in denen die Anbruchbereiche nicht direkt in Richtung
des Auslaufs exponiert sind oder bei denen der Auslaufbereich eine Krümmung aufweist, lassen sich
schlechter mit der Viewshed-Funktion erfassen (Abb. 9).
Abb. 7: Viewshed-Funktion mit der Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen,
die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden
(Schattenwinkel 27°).
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Felssturz
Abb. 8: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion
Abb. 9: Viewshed-Funktion bei gekrümmten Auslaufbereichen. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und
Anbruchbereichen, die nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion
(rot) den Sturzbereich nicht korrekt abschätzen.
Zudem kommt es bei Steilbereichen zu Artefakten, das heißt es gibt Rasterzellen, die aufgrund des
festgelegten Vertikalwinkels von den Startpunkten aus nicht gesehen werden („Löcher“), die aber
dennoch im Sturzbereich liegen (Abb. 10). Bei der Modellierung erfolgt keine Berücksichtigung eines
Sturzvolumens, das heißt die Reichweite eines Felssturzes kann bei kleinen Sturzmassen hinter der
errechneten maximalen Reichweite zurückbleiben. Ebenso schließt die Modellierung große Bergstürze (> 1.000.000 m³) nicht mit ein.
Die Gefahrenhinweisbereiche müssen aufgrund der oben erwähnten Einschränkungen im Gelände
verifiziert bzw. manuell abgegrenzt werden. Des Weiteren liefert die Viewshed-Modellierung als Ergebnis nur den Ablagerungsbereich eines Felssturzes. Der Prozessraum muss deshalb ebenso manuell um den Anbruchbereich erweitert werden. Die so ermittelten Prozessräume werden im Anschluss daran mit den orangen Gefahrenhinweisbereichen für Stein-/Blockschlag verschnitten und nur
die Teile in der Gefahrenhinweiskarte über das Attribut Felssturz gesondert ausgewiesen, die über die
Stein-/Blockschlagmodellierung hinausreichen.
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Felssturz
Abb. 10: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der Gefahrenhinweisbereich
ist nach einer Validierung der Modellierung im Gelände anhand des Schattenbilds abzugrenzen (rote Linie).
Abb. 11: Schattenbild eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand), der eine große
Sturzablagerung vortäuscht
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13
Rutschung
Darüber hinaus haben die Modellierungen gezeigt, dass nicht jede vermutete Felssturzablagerung tatsächlich auf einen Sturz zurückzuführen ist. Geländeuntersuchungen im unter Abb. 11 dargestellten
Beispiel an der Spitzsteinwand haben ergeben, dass diese Ablagerung eher einen fossilen Blockgletscher darstellen dürfte. Trotz mancher Einschränkungen sind die Ergebnisse der ViewshedModellierung eine gute Grundlage für die Abgrenzung der Prozessräume (Abb. 10).
5
Rutschung
Die ausgewiesenen Gefahrenhinweisflächen zum Prozess Rutschung beziehen sich auf tiefreichende
Rutschungen. Damit sind Rutschungen mit einem Tiefgang von in der Regel mehr als 5 m gemeint.
Eine Gefährdung durch flachgründige Rutschungen ist explizit nicht Inhalt dieses Themenbereichs innerhalb der Gefahrenhinweiskarte. Da Rutschprozesse von sehr vielen Faktoren abhängen, sind Aussagen über eine Gefährdung grundsätzlich schwer zu treffen und bisher nicht durch Modelle abzubilden. Die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen für Rutschungen beruht daher auf einer empirischen Herangehensweise mit Einzelfallbeurteilung.
Rote Gefahrenhinweisbereiche werden dort ausgewiesen, wo eine Gefährdung durch tiefreichende
Rutschungen besteht. Dies ist zum einen dort der Fall, wo anhaltend aktive, tiefreichende Rutschungen vorhanden sind. Zum anderen kann eine erhöhte Gefährdung aber auch durch momentan inaktive
tiefreichende Rutschungen gegeben sein. Nach bisherigen Erfahrungen ereignen sich tiefreichende
Rutschungen meist in Gebieten, die bereits in der Vergangenheit von entsprechenden Ereignissen betroffen waren. Dies liegt daran, dass Rutschungen meist mehrphasige Prozesse sind, die nach einer
Zeit der Inaktivität wieder in eine aktive Phase übergehen können. Die ausgewiesenen Flächen beinhalten dabei den potenziellen Prozessraum, das heißt es wird berücksichtigt, in welche Richtung sich
der Prozess bei anhaltender Aktivität oder Reaktivierung voraussichtlich ausweiten kann (rückschreitende Prozesse, Reaktivierungen innerhalb der Rutschmassen, seitliche und talwärtige Ausweitung).
Eine Rutschanfälligkeit (orange Flächen) wird für Geländebereiche ausgewiesen, in denen eine erhöhte Anfälligkeit für die Bildung eines tiefreichenden Rutschprozesses erkennbar ist. Eine solche Anfälligkeit äußert sich beispielsweise im Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälligem Untergrund,
Vorhandensein flachgründiger Rutschungen, unruhiger Morphologie, Vernässungen und weiteren
mehr. An Blockschollenbewegungen sind alte Zerrspalten und Nackentälchen, an denen derzeit keine
erheblichen Vertikalbewegungen von Blöcken erkennbar sind, möglicherweise als Vorbereitung für
zukünftige tiefreichende Bewegungen zu sehen. Eine solche Entwicklung ist insbesondere in Extremfällen zu erwarten, wie zum Beispiel beim Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Umstände (Starkregen nach langer Niederschlagsperiode).
5.1
Vorbereitende Arbeiten – Rutschungskartierung
Wichtigste Grundlage für die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen ist die vollständige, flächendeckende Erfassung von tiefreichenden Rutschprozessen im Gelände. Für die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist daher eine detaillierte Beschreibung jedes einzelnen bekannten Rutschprozesses hinsichtlich Tiefgang, Reaktivierbarkeit und Ausdehnung des potenziellen zukünftigen Prozessraumes unerlässlich. Die Qualität der Gefahrenhinweiskarte hängt entscheidend von der Qualität der
Datengrundlage ab. Viele wichtige Informationen, wie die Aktivität des Prozesses oder auftretende
Schäden, können nur im Gelände erhoben werden. Diese Informationen werden in das GEORISKKataster (BIS-BY) übernommen.
Die Visualisierungen des digitalen Geländemodells als Schattenbild, Höhenlinienkarte und Hangneigungskarte sind die Basis für die Festlegung der zu begehenden Flächen, da sie eine detaillierte Dar-
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Rutschung
stellung der Geländemorphologie ermöglichen. Typische Rutschungsformen, wie nischenförmige Abrisskanten oder zungenförmige Ablagerungen sind auf dem Schattenbild meistens sehr deutlich zu erkennen. Auch undeutlichere Zeichen, wie eine unruhige Morphologie, eine Abweichung vom verbreiteten, ungestörten Hangprofil oder Verflachungen im Hang, können Indizien für Rutschungen sein. Des
Weiteren werden Bereiche begangen, welche bei der historischen Recherche (z. B. aus dem Projekt
HANG Historische Analyse Alpiner Naturgefahren) ermittelt wurden und es wird u. a. Hinweisen aus
den Geologischen Karten, aus den Hinweiskarten für hangdynamische Prozesse (Projekt EGAR Einzugsgebiete in alpinen Regionen) und den Karten der Aktivitätsbereiche nachgegangen.
Im Gelände werden einerseits morphologische Indizien erfasst, die für eine Rutschbewegung und deren Ausdehnung sprechen (Abrisse, Zerrspalten, Spalten, Nackentälchen, Doppelgrate, Geländestufen etc.). Andererseits werden weitere Anzeichen erfasst, die Aufschluss über die Aktivität, die aktuelle Bewegungsrate sowie die weitere Entwicklung der Bewegung geben. Dies können aufgetretene
Schäden, Bodenrisse mit gespannten Wurzeln, säbelwüchsige oder schiefe Bäume, Senkungen und
Vernässungen des Untergrunds oder Fließloben und Stauchwülste sein. Die Anzeichen sind vor dem
Hintergrund der Geologie, der Nutzung und im Zusammenhang mit technischen Maßnahmen (Stützmauern, Drainagen, etc.) zu bewerten.
5.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche
Für die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen werden die vorhandenen Daten aus dem GEORISKKataster ausgewertet, bei denen es sich weitgehend um im Gelände erhobene Daten handelt. Daneben liefern auch geotechnische Gutachten, Diplomarbeiten und Dissertationen relevante Informationen.
Beurteilung der Gefährdung
Die erfassten Rutschungen werden zunächst nach ihrem Tiefgang bewertet. Handelt es sich um eine
tiefreichende Rutschung, also eine mit einem Tiefgang von mindestens 5 m, so wird im nächsten
Schritt die Reaktivierbarkeit beurteilt. Ist die Rutschung aktiv oder reaktivierbar oder kann dies nicht
mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so wird die zugehörige Gefahrenhinweisfläche als rote Fläche
ausgewiesen. Nur wenn die Rutschung nicht reaktvierbar ist, wird auf die Ausweisung einer Gefahrenhinweisfläche verzichtet. Alle roten Gefahrenhinweisflächen basieren auf GEORISK-Objekten, bei
denen eine Geländebegehung durchgeführt wurde oder ein Detailgutachten vorliegt (vgl. Abb. 12).
Handelt es sich bei der erfassten Rutschung um eine flachgründige Bewegung und liegen im Umfeld
weitere derartige Rutschungen vor, wird anhand der vorhandenen Daten beurteilt, ob diese sich zukünftig zu einem tiefreichenden Prozess entwickeln kann. Ist dies der Fall, etwa weil sich tiefreichende
Rutschungen in ähnlichen geologischen Einheiten und morphologischen Positionen in der Umgebung
finden, so wird die Fläche als orange Fläche ausgewiesen. Außerdem werden sie dort ausgewiesen,
wo eine Rutschanfälligkeit durch ein Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälliger Untergrund,
unruhige Morphologie und Vernässungen gegeben ist und Bewegungen bereits stattgefunden haben.
Flachgründige Rutschungen, die sich nicht zu tiefreichenden entwickeln können, werden nicht als Gefahrenhinweisflächen ausgewiesen (vgl. Abb. 12).
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Rutschung
Abb. 12: Entscheidungsbaum zur Beurteilung der Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen
Ermittlung des potenziellen Prozessraumes tiefreichender Rutschungen
Die Ausdehnung der Gefahrenhinweisflächen basiert auf einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Rutschung und stellt den wahrscheinlichen zukünftigen Prozessraum dar. Alle Rutschungen
werden in der Regel mit einem Sicherheitssaum von 20 - 30 m versehen. Dieser muss den örtlichen
Gegebenheiten angepasst werden und ist vor allem von den geologischen und bodenmechanischen
Randbedingungen abhängig.
Die Bewegungsbereiche bekannter Ereignisse können sich bei anhaltender Aktivität oder bei einer
Reaktivierung verändern. Eine Ausweitung kann beispielsweise im Anbruchbereich oder im Ablagerungsbereich der Rutschmasse stattfinden. Der sogenannte Prozessraum der Rutschung kann sich
also mitunter stark vergrößern. Andererseits können auch Bewegungen innerhalb eines festen Prozessraums stattfinden. Hinweise zu einer möglichen Ausweitung finden sich im Gelände und müssen
bei der Ausweisung der Gefahrenhinweisfläche berücksichtigt werden.
Bei der potenziellen Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich sind im Wesentlichen die
morphologische Situation sowie die boden- und felsmechanischen Eigenschaften des Untergrunds
maßgeblich. Im Extremfall reicht der Prozessraum bis an den nächstliegenden Bergrücken, Grat
(Kamm) oder an markante Geländestufen und Rinnen im Umfeld der Rutschungen.
Zur Bestimmung der potenziellen Reichweite einer aktiven oder reaktivierbaren Rutschung wird zunächst die bisherige Reichweite auf der Basis von Datenbankinhalten, dem Schattenbild und Geländedaten (stumme Zeugen) bestimmt. Liegen beispielsweise Anzeichen für aktive Bewegungen an der
Rutschungsstirn vor, muss davon ausgegangen werden, dass bei einer Reaktivierung die Reichweite
der „alten“ Rutschmasse lokal übertroffen wird. Der Gefahrenhinweisbereich wird dann entsprechend
der geomorphologischen Gegebenheiten evaluiert. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche für tiefreichende Rutschungen bis in ein wasserführendes Gerinne, werden sie dort abgegrenzt, wenn davon
auszugehen ist, dass die sich dort ansammelnden Lockergesteinsmassen vom Bach abgetragen und
weitertransportiert werden.
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Hanganbruch
6
Hanganbruch
Hanganbrüche sind flachgründige Rutschungen der Verwitterungsdecke von einigen Zehnern bis wenigen 100 m³ Volumen, die bei Starkniederschlagsereignissen auftreten können. Trotz des meist geringen Volumens bedingen sie durch die Mobilität der Rutschmassen und ihr spontanes Auftreten oft
ein erhebliches Schadenspotenzial und haben auch schon zu Todesfällen geführt. So waren im Jahr
2002 in Lutzenberg im Kanton St. Gallen drei Todesfälle zu beklagen, als zwei Häuser durch ein solches spontanes Ereignis zerstört wurden. Im Rahmen der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten für
die Alpen und das Alpenvorland wird deshalb auch die lokale Anfälligkeit für Hanganbrüche ermittelt.
Da es sich bei Hanganbrüchen grundsätzlich um Extremereignisse handelt, die nur bei bestimmten
Witterungsverhältnissen auftreten (Starkniederschlagsereignisse, die das für die Region übliche Maß
überschreiten), werden die ermittelten Bereiche in der Gefahrenhinweiskarte schraffiert dargestellt.
Bei der Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen zu Hanganbrüchen werden grundsätzlich keine
bestehenden baulichen Schutzmaßnahmen (Murnetze etc.) berücksichtigt. Allerdings fließt die bestehende Bebauung (Häuser, Gebäude) bei der Ermittlung der potenziellen Anrisszonen für Hanganbrüche ein. Wie beim Prozess Stein- und Blockschlag hat Wald auch bei der Entstehung von Hanganbrüchen eine schützende Wirkung und soll mit seiner langfristigen Schutzwirkung berücksichtigt werden.
Zwei Szenarien werden in der Gefahrenhinweiskarte dargestellt: Rot-schraffierte Gefahrenhinweisbereiche kennzeichnen ein realitätsnahes Szenario, in dem die Prozessräume von Hanganbrüchen
mit den schützenden Effekten des aktuellen Waldbestands modelliert werden. In einem zweiten, pessimistischen Szenario wird der Hanganbruchprozess ohne Einfluss eines Waldes berechnet (orangeschraffierte Gefahrenhinweisflächen). Als „Worst-Case-Szenario“ trägt es zukünftigen Veränderungen des Waldbestands Rechnung, die sich möglicherweise durch Kahlschlag, Waldbrand, Durchforsten oder Schädlingsbefall ergeben. Das erste Szenario entspricht dem zweiten an allen Stellen, an
denen kein Wald vorliegt. Der Vergleich der Szenarien ermöglicht eine Einschätzung der Bedeutung
des Waldes als Schutz gegen Hanganbruch.
6.1
Vorbereitende Arbeiten – Grundlagen zur Ermittlung der Anrisszonen
und Auslaufbereiche
Die Ausweisung von Gefahrenhinweisflächen zum Prozess Hanganbruch wird auf Grundlage einer
computer-basierten Modellierung durchgeführt. Diese erfolgt in Lockergestein und Böden analog zur
Modellierung der Reichweiten von Stein- und Blockschlag in zwei Stufen.
a) Dispositionsmodell: Zuerst werden die Anrisszonen mit dem Modell SLIDISP (LIENER (2000)
UND GEOTEST
AG) ausgeschieden.
b) Prozessmodell: Anschließend werden deren Auslaufbereiche mit dem GIS-Ansatz
SLIDEPOT (Entwicklung GEOTEST AG) berechnet.
Grundlage für die Dimensionierung der Bemessungsereignisse sind Geologie, Hangneigung und
Landnutzung.
Grundlagen zur Modellierung der Anrisszonen
Die numerische Modellierung der Anrissgebiete erfolgte mit dem Modell SLIDISP. Es bestimmt mit Hilfe der Infinite-Slope-Analyse (Methode zur Stabilitätsberechnung) die Hangstabilität für jede Rasterzelle.
Die beiden zentralen Grundlagen für die Modellierung der Hanganbruch-Anrissflächen sind die
Hangneigungen aus dem DGM sowie der geologische Untergrund, aus welchem die geotechnischen
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17
Hanganbruch
Modellparameter abgeleitet werden. Die Erfahrungen der Firma GEOTEST AG zeigen, dass die Qualität der Modellierungsresultate stark von der räumlichen Auflösung des DGM und der Geologie abhängt.
Für alle geologischen Einheiten im Projektgebiet wird anhand der Eigenschaften des Verwitterungsproduktes der kritische Reibungswinkel (Mittelwert, Standardabweichung) sowie die Kohäsion (bei definierter Wassersättigung) abgeschätzt. Diese fließen als Parameter in die Modellierung ein. Der Sicherheitsgrad F einer Rasterzelle beschreibt das Verhältnis von rückhaltenden zu treibenden Kräften
gemäß der Formel in Abb. 13.
Abb. 13: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY 1993)
Wurzelkraft
Die Formel zur Berechnung des Sicherheitsgrades F gemäß Abb. 13 stellt die in der Literatur üblicherweise zitierte Formel für den Sicherheitsfaktor F dar. Die Erfahrungen zeigen, dass das Vorhandensein von Wald die Stabilitätsverhältnisse beeinflusst und folglich die Formel ergänzt werden muss,
indem zum gesamten Zähler ein szenariospezifischer Wert, die sogenannte Wurzelkraft (WK), addiert
wird. Diese WK-Werte können nicht aus der einschlägigen Literatur entnommen werden. Sie konnten
jedoch aufgrund der Erfahrungen der Firma GEOTEST AG als empirische Größen in Relation zur
Größenordnung der übrigen Formel-Faktoren (Kohäsion, Lockermaterialmächtigkeit, Reibungswinkel)
eingesetzt werden.
Variabilität der Modellparameter
Neben der Wurzelkraft beinhalten auch andere Variablen, die den Sicherheitsgrad F bestimmen
(Abb. 13) in geringerem Maße eine gewisse Variabilität. Es handelt sich dabei um den Reibungswinkel ', die Kohäsion c' sowie den Porenwasserdruck u (Wassersättigung) des Lockermaterials. Die
Unsicherheiten betreffen vor allem kleinräumige (primär Reibungswinkel) bzw. raumzeitliche Variationen (Primär-Kohäsion, Porenwasserdruck) dieser Faktoren, welche beträchtlich sein können. Im Sin-
18
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Hanganbruch
ne einer Gefahrenhinweiskarte im Maßstab 1 : 25.000 müssen diese Faktoren eher pessimistisch gesetzt werden, um alle potenziellen Prozessflächen zu erfassen.
Topo-Index
Aus dem DGM wird zudem flächendeckend der sogenannte Topo-Index berechnet, der das topographisch bedingte Wassersättigungspotenzial für jede Rasterzelle definiert. Der Topo-Index korrigiert die
für jede Modellierungsklasse pauschal definierte Wassersättigung (bzw. den Porenwasserdruck) in
Funktion der Geländeoberflächenform.
Topo-Index = ln (a / tan  )
(mit a = Fläche, die durch die Rasterzelle entwässert;  = Hangneigung Rasterzelle)
Die berechneten Werte werden in vier Klassen eingeteilt (Tab. 2).
Topo-Index
Klassifizierung
0 – 5,3
1 (trocken)
5,3 – 7,2
2
7,2 – 9,1
3
> 9,1
4 (feucht)
Tab. 2:
Klassifizierung des Topo-Index
Digitale Codierung der Geologie
Die Eigenschaften der verschiedenen geologischen Einheiten im Projektgebiet werden gemäß Tab. 3
attribuiert. Die Codierungen beziehen sich jeweils auf das Verwitterungsprodukt der lithologischen
Einheiten, welches das Ausgangsmaterial für einen möglichen Hanganbruch-Anriss bildet.
Tab. 3: Codierungsschema für die stratigraphischen Einheiten; jede stratigraphische Einheit im Projektgebiet wird
nach diesem Schema attribuiert. Anhand der Werte, die für die Durchlässigkeit, das Gestein, den Zustand bzw. die Beanspruchung, die Erodierbarkeit sowie die Korngröße vergeben werden, wird der Code
SliDisp, der Reibungswinkel und die Kohäsion für jede stratigraphische Einheit ermittelt.
Durchlässigkeit
Zustand /
Gestein
Verwitterungsprodukt
Korngröße
Erodierbarkeit
Beanspruchung
Verwitterungsprodukt
1 = dicht (Stauer)
1 = Sandstein
1 = kompakt
2 = sehr gering
(z. B. tonige Gesteine)
2 = Kalkstein
2 = wenig zerklüftet 2 = gering
2 = fein (Schluff)
3 = gering
3 = Mergelstein
3 = stark zerklüftet 3 = mittel
3 = mittel (Sand)
4 = mittel
4 = Tonstein
4 = gebräch
4 = groß (Sand / Steine)
5 = hoch
5 = Schotter / Kies / Sand 5 = vorbelastet
6 = sehr hoch
(z. B. geklüftete Gesteine, 6 = Gehängeschutt
Schotter)
6 = Lockergestein
1 = sehr gering 1 = sehr fein (Ton)
4 = hoch
5 = sehr hoch 5 = sehr groß (Blöcke)
6 = Diamektit
7 = Humos
8 = Vulk. Silikat
9 = glaziale Sedimente
10 = Nagelfluh
Einheit
Code Reibungswinkel Kohäsion
SliDisp [°]
[N/mm²]
11 = Ton/Schluff
Geologische Einheit
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19
Hanganbruch
Das Untersuchungsgebiet umfasst mehrere geologische Karten verschiedener Autoren. Daher können
einerseits an den Blattgrenzen unterschiedlich kartierte Einheiten aneinander grenzen und andererseits quartäre Einheiten unterschiedlich detailliert aufgenommen vorliegen. Dies kann lokal Auswirkungen auf die modellierten Anrissbereiche haben, indem sich deutliche Begrenzungen, die in der Natur so nicht auftreten, im Kartenbild abzeichnen.
Die Modellierung der Hanganbruch-Anrisse benötigt die flächenhafte Bearbeitung von fünf Dateien.
Diese werden als GIS-Grids aufbereitet. Die Dateien haben folgende Inhalte:

GEOLOGIE.DAT SLIDISP-Code

WALD.DAT
Waldgrenzen

NEIGUNG.DAT
Hangneigung

TOPOIX.DAT
Klassifizierter Topo-Index (Basis: 5 m-DGM, s.o.)

MAECHTIG.DAT Mächtigkeit des Lockermaterials
Die pauschalisierte Mächtigkeit des Lockermaterials wird mittels eines generellen Ansatzes aus der
Hangneigung gemäß Tab. 4 abgeleitet.
Hangneigung [°]
Mächtigkeit
Lockermaterial [m]
< 20
8,0
20 - 25
4,0
25 - 30
2,0
30 - 35
1,0
35 - 40
0,5
> 40
0
Tab. 4:
Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte)
Grundlagen zur Modellierung der Auslaufbereiche
Die aus den Hangneigungen pauschal abgeleiteten Lockermaterial-Mächtigkeiten (Tab. 4) wurden lediglich für die Berechnung des Sicherheitsgrades F verwendet. Diese sind jedoch zu unsicher, um sie
als Grundlage für die Auslaufberechnung zu verwenden. Deshalb wurde allen Anrisszonen eine hypothetische Mächtigkeit von 1 m zugewiesen und diese mit jedem Ausbreitungsschritt sukzessive abgebaut, bis entweder maximal 8 Ausbreitungsschritte erfolgt sind oder eine Restkubatur (bzw. Abbaufaktor) mit einem Wert unter 0,1 erreicht wird.
Die Tab. 5 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren und die entsprechenden maximalen Reichweiten.
20
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Hanganbruch
Tab. 5: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten
Lokale
Hangneigung
Abbaufaktoren nach Nummer des Ausbreitungsschritts und maximale Reichweiten
Start
wert
1
2
3
4
5
6
7
8
(20 m)
(40 m)
(60 m)
(80 m)
(100 m)
(120 m)
(140 m)
(160 m)
> 25°
0,85
0,72
0,61
0,52
0,44
0,38
0,32
0,27
0,23
> 25° im Wald
0,60
0,36
0,22
0,13
17° - 25°
0,75
0,56
0,42
0,32
0,24
0,18
0,13
0,10
17° - 25° im Wald
0,50
0,25
0,13
10° - 17°
0,65
0,42
0,27
0,18
0,12
10° - 17° im Wald
0,40
0,16
< 10°
0,45
0,20
< 10° im Wald
0,20
Die Reichweite eines Hanganbruch-Auslaufprozesses wird hauptsächlich durch den Wasseranteil des
Hanganbruchs bestimmt. Weitere, teilweise komplexe Randbedingungen (Oberflächenrauigkeit, Entwicklungsstufe der Vegetation) beeinflussen die Reichweite zusätzlich. Diese sind jedoch nur mit großen Unsicherheiten in einem Modell abzubilden. Die im Modell SLIDEPOT verwendeten Abbaufaktoren können erfahrungsgemäß die Reichweiten relativ gut abbilden, wenn die Modellierungsresultate
an erfolgten Ereignissen (BIS-BY) kalibriert werden können. Wenn, wie im Projektgebiet, nur wenige
Ereignisse flächig kartiert und dokumentiert sind, müssen die Abbaufaktoren eher pessimistisch definiert werden, um ausreichend große, im Zweifelsfall eher etwas zu lange Auslaufstrecken zu erhalten.
6.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung
Modellierung der Anrisszonen
Um die hohe natürliche Variabilität der Scherparameter abzubilden, werden diese im Modell nicht
durch einzelne Werte jeder geologischen Klasse, sondern durch Normalverteilungen beschrieben. Für
die Bestimmung der Rutschanfälligkeit werden zufällig 100 Werte aus den Verteilungen der Scherparameter ausgewählt und mit diesen Werten 100 Sicherheitsgrade F berechnet. Mit dieser sogenannten Monte-Carlo-Simulation können die natürlichen Variationsbreiten verschiedener Parameter in der
Modellierung berücksichtigt werden.
Für das Modell wird angenommen, dass Kohäsion und Reibungswinkel je als Normalverteilung vorliegen und dass sie nicht miteinander korrelieren. Diese Annahme stimmt in der Natur nicht und die Stabilitätsberechnung kann unter dieser Annahme zu hohe oder zu tiefe Werte ergeben. Da die Berechnung aber mit einer großen Anzahl von Parameterkombinationen durchgeführt wird, heben sich die zu
hohen und zu tiefen Werte auf und die Wahrscheinlichkeit der Verteilung der Sicherheitsgrade bleibt
ähnlich.
Als Modellierungsresultat wird pro Rasterzelle die Anzahl der Fälle bestimmt, bei denen der Sicherheitsgrad F  1 ist, das heißt, bei welchen Instabilität angenommen wird. Je größer die Anzahl der Instabilitäten ist, desto größer ist die Hanganbruchwahrscheinlichkeit. Als mögliche Anrissgebiete werden diejenigen Gebiete ermittelt, bei denen mehr als 60 % der Parameterkombinationen einen Sicherheitsgrad F  1 ergeben. Dieser Schwellenwert hat sich bei zahlreichen Projekten bereits bewährt.
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21
Hanganbruch
Die Anriss-Modellierung mit SLIDISP ist ein C-Programm, welches außerhalb eines GIS läuft. Die Modellierungsresultate werden anschließend jedoch wiederum im GIS aufbereitet.
Der berechnete Topo-Index wird nach der SLIDISP-Modellierung zum zweiten Mal herangezogen, indem modellierte Instabilitäten in ausgeprägten Kuppen- bzw. Kammlagen nicht als Anrisszonen klassifiziert werden. Zudem werden Gebäude mit zwei Rasterzellen (= 10 m) gepuffert, um unrealistischen
Anbrüchen in Ortslagen vorzubeugen.
Analog zur Stein- und Blockschlagmodellierung wurden auch die Hanganbrüche mit zwei unterschiedlichen Szenarien modelliert. Die beiden Szenarien unterscheiden sich im Grad der Berücksichtigung
des Waldes für die Anrisszonen von Hanganbrüchen.
Szenario A (entspricht einem Szenario ohne Wald)
Szenario A geht von einer geringen Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt geringe Stabilisierung
des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (Wurzelkraft WK
2
= 3,5 kN/m ).
Szenario B (entspricht einem Szenario mit Wald)
Szenario B geht von einer starken Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt hohe Stabilisierung des
2
Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (WK = 7,0 kN/m ).
Als weitere Faktoren gehen ein höheres Wasseraufnahmevermögen und eine möglicherweise mächtigere Lockermaterialüberdeckung in die Modellierung mit ein.
Modellierung der Auslaufbereiche
Die Berechnung der Auslaufbereiche mit dem Modell SLIDEPOT der Firma GEOTEST AG ist ein reiner GIS-Ansatz, welcher für jede Rasterzelle im modellierten Anrissgebiet die Ablagerung hangabwärts in Fließrichtung modelliert. Dabei wird von einem hypothetischen Anfangsvolumen (= 25 m³)
oder von ausgeschiedenen oder modellierten Anrissmächtigkeiten ausgegangen.
Analysierter Sektor bei
Zellexpositionen 210 - 230°
m
30
10
10
60
m
m
50
10
0m
104
22
Abb. 14:
Beispiel Modellierung
SLIDEPOT. Drei analysierte Rasterzellen im
Sektor für Zellexpositionen 210° – 230° (für
Zellengröße 5 m hat
der rote Kreis einen
Radius von 20 m)
KRUMMENACHER et al.
2008.
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Erdfall
Das Modell beruht dabei nicht auf einem sogenannten single-flow-Ansatz, welcher die Zuflussrichtung
zu einer potenziellen Ablagerungszelle mit der höchstliegenden direkten Nachbarzelle bestimmt, sondern auf einer erweiterten Nachbarschaftsanalyse: Dabei werden mehrere Zellen in einem 20°-Sektor
oberhalb (Gegenrichtung zur Exposition der Zelle) einer potenziellen Ablagerungszelle bis zu einem
Abstand von vier Rasterzellen analysiert. Für die aktuelle Rasterzelle wird eine Ablagerung berechnet,
wenn einerseits im genannten Sektor eine Anrisszelle bzw. ein berechnetes Ablagerungsvolumen
vorhanden ist (Abb. 14: orange markierte Zellen) und andererseits im Sektor keine stark konvexe Topographie vorliegt. Mit diesem Ansatz kann im Gegensatz zum sogenannten single-flow-Ansatz die
Ausbreitungsrichtung besser kontrolliert werden.
Jeder Ausbreitungsschritt analysiert Nachbarzellen bis zu einer Distanz von 20 m (für Rasterweite
5 m). Mit jedem Ausbreitungsschritt wird das Anfangsvolumen bzw. das Restvolumen über einen lokalen Abbaufaktor verringert. Dieser Faktor wird vor allem durch die lokale Hangneigung definiert. Zusätzlich können die Abbaufaktoren durch das Vorhandensein von Wald, rauer Geländeoberfläche
(Blockschutt etc.) und weiterer räumlicher Parameter modifiziert werden. Die Datenverfügbarkeit bestimmt letztlich die definitiven Abbaufaktoren. Tab. 6 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren.
Die Ausbreitung stoppt, wenn entweder eine definierte Anzahl von Ausbreitungsschritten erreicht wird
oder wenn der berechnete Wert unter einen definierten Schwellenwert (z. B. 0,1) fällt.
Lokale Hangneigung
der potenziellen Ablagerungszelle [°]
nicht bewaldet
im Wald
> 25
0,85
0,6
17 - 25
0,75
0,5
10 - 17
0,65
0,4
< 10
0,45
0,2
Startwert Abbaufaktor
Tab. 6:
Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrierung erfolgte auf Basis empirischer
Untersuchungen im Gelände)
Die Auslauf-Modellierung wird für beide Szenarien A und B mit identischen Einstellungen durchgeführt. Es wurden jeweils maximal 8 Ausbreitungsschritte gerechnet, wobei im Wald reduzierte Abbaufaktoren definiert wurden.
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche
Die Resultate der beiden oben genannten Modellierungen (Anriss und Auslauf) werden zusammengefasst und anhand der zwei modellierten Szenarien unterschieden (siehe Kapitel 6).
7
Erdfall
Subrosion infolge Lösung (Verkarstung) ist die Ursache für die Entstehung oberirdischer Hohlformen
(Dolinen oder Senkungsmulden) und unterirdischer Hohlräume (Höhlen). Auch durch die Auswaschung von Feinmaterial (Suffosion) kann es zum Materialverlust im oberflächennahen Untergrund
kommen. Der plötzliche Einsturz so entstandener Hohlräume (Erdfall) hinterlässt an der Erdoberfläche
mehr oder weniger große und tiefe Löcher. Je nach Landnutzung bleiben diese zum Teil offen oder
werden rasch verfüllt. Die Gefährdung durch Erdfälle besteht also in einem plötzlichen Einbruch, dem
Nachbruch oder einer langsamen Senkung des Untergrunds.
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Grundsätzlich ist die Gefährdung durch Erdfälle schwer vorherzusagen, da es bislang keine verlässliche Methode gibt mit der man von der Oberfläche aus beurteilen kann, ob im Untergrund potenziell
einsturzgefährdete Hohlräume vorhanden sind oder nicht. Daher werden in der Gefahrenhinweiskarte
zwei unterschiedliche Ansätze gewählt:
Rote Gefahrenhinweisbereiche werden dort ausgewiesen, wo Dolinen/Erdfälle im Gelände sichtbar
oder Daten über offene oder verfüllte bekannt sind. An den Strukturen oder in deren unmittelbarem
Randbereich muss tendenziell mit Nachbrüchen gerechnet werden. Die Dolinen müssen nicht durch
Erdfälle entstanden sein. In vielen Fällen handelt es sich auch um sogenannte Lösungsdolinen, bei
denen eine allmähliche Einsenkung durch die Lösung des verkarstungsfähigen Gesteins im Untergrund stattfindet. Ohne detaillierte Untersuchungen kann die Entstehungsursache einer Doline nicht
beurteilt werden. Die Gefahrenhinweisflächen sind als allgemeiner Hinweis darauf zu verstehen, dass
lokal Dolinen vorhanden sind oder Erdfälle stattgefunden haben, welche sich möglicherweise durch
Nachstürze oder neue Erdfälle erweitern.
Zudem besteht prinzipiell überall dort eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Erdfällen,
wo im Untergrund verkarstungsfähige Gesteine vorhanden sind. Es werden zusätzlich die Gebiete, in
denen Verkarstungs- oder Auslaugungsvorgänge potenziell möglich sind, als orange Gefahrenhinweisbereiche ausgewiesen und nach den petrologischen Gesteinseigenschaften unterschieden.
7.1
Vorbereitende Arbeiten – Erfassung von Erdfällen und Dolinen
Die Erfassung von Dolinen erfolgt mit Hilfe der hochauflösenden Schattenbilder sowie anhand der
Geologischen und Topographischen Karten (1 : 25.000). Zusätzlich werden auch Daten aus Dolinenkatastern, von Wasserwirtschaftsämtern, aus Gemeindearchiven und von Bauämtern übernommen.
Die so gewonnenen Punktdaten werden im Anschluss an ihre Aufnahme anhand der Eigenschaften
des geologischen Untergrunds auf ihre Plausibilität geprüft. Ergänzend erfolgt eine Abgrenzung von
Dolinen als Flächengeometrie, wenn sie einen Durchmesser größer als 25 m besitzen.
Eine Einschränkung in der flächenhaften Erfassung ergibt sich vor allem daraus, dass Dolinen/Erdfälle
in Siedlungsgebieten und auf landwirtschaftlichen Nutzflächen oftmals rasch verfüllt werden und ihr
Auftreten nicht dokumentiert wird. Manchmal können Informationen über diese Verfüllung noch aus
Archivdaten gewonnen werden. Die in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesenen Flächen zur Gefährdung durch Erdfälle haben somit keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.
Die erfassten Daten werden in das GEORISK-Kataster des LfU eingepflegt und als Basis für die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen herangezogen. In Einzelfällen wird eine Geländebegehung zur
Überprüfung der Daten durchgeführt. Nicht plausible potenzielle Dolinen werden im GEORISKKataster als „Negativobjekte“ attribuiert und erscheinen nicht in der Gefahrenhinweiskarte.
7.2
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche
Sowohl die Punkte als auch die Flächen der Dolinen und Senkungsmulden aus dem GEORISKKataster werden zur Darstellung als Gefahrenhinweisfläche mit einem 50 m breiten Puffer (Sicherheitssaum) versehen.
Zur Ausweisung des verkarstungsfähigen Untergrundes werden aus der Geologischen Karte
1 : 200.000 (GK 200) alle potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen geologischen Einheiten
extrahiert und nach ihrer Subrosionsursache (Karbonatkarst / Sulfatkarst / Suffosion) bewertet. Eine
zusätzliche Kategorisierung nach der Subrosionsanfälligkeit der verschiedenen Gesteinsarten wird
nicht vorgenommen. Des Weiteren werden aus der GK 200 Flächen nicht verkarstungs- oder auslau-
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gungsfähigen oberflächennahen Untergrunds extrahiert, bei denen es sich um vermutlich geringmächtige Deckschichten über verkarstungs- oder auslaugungsfähigem Gestein handelt. Hier können sich
Subrosionsstrukturen bis an die Oberfläche durchpausen. Suffusion findet im Gegensatz zur Subrosion in Lockergesteinen statt, die nicht eigens als karstanfällig ausgewiesen werden.
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