Beck, Silke: Event-Marketing in Bibliotheken. Berlin: BibSpider, 2006. 108 S. ISBN 3-936960-14-3. Pbk. 21,80 Eur[D], 22,50 Eur[A] Wissenschaftliche Bibliotheken haben sich bis jetzt gar nicht oder nur sehr zögerlich mit dem Thema Wettbewerb auseinander gesetzt. Die Master Thesis von Silke Beck, die nun auch als Verlagswerk erschienen ist, thematisiert die Problematik und zeigt das Potential und die Chancen in diesem Bereich auf. Events können wissenschaftliche Bibliotheken unterstützen, ihre Produkte zu Erlebnisobjekten werden zu lassen, sich stärker zu positionieren und gegenüber professionellen Anbietern wettbewerbsfähig zu sein. Silke Beck teilt ihr Werk in zwei große Blöcke – den in drei Kapitel unterteilten theoretischen Block und den praktischen, anhand von zwei Beispielen dargestellt. Im ersten Kapitel ‚Theoretische Grundlagen’ wird das Potential an den Bibliotheken durchleuchtet. Der Wandel von der reinen Dienstleistungsgesellschaft hin zur Wissensgesellschaft wird ausführlich erläutert. Das Problem der immer knapper werdenden Budgetmittel an Bibliotheken, das stetig größer werdende Angebot an kostenintensiven wissenschaftlichen Informationsangeboten, zwingt die Entscheidungsträger Maßnahmen zu ergreifen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Das Teilkapitel ‚Marketing in wissenschaftlichen Bibliotheken’ befasst sich mit der derzeitigen Praxis, zählt Vorurteile und Vorteile auf und beschreibt die theoretischen Grundlagen von Marketing. Der Mehrwert von Bibliotheken wird als eine selbstverständliche und unverrückbare Tatsache angesehen, es werden kaum Anstrengungen unternommen, Kundenbedürfnisse zu eruieren oder möglichen Unzufriedenheiten entgegen zu wirken. Es liegt also nahe, dass wissenschaftliche Bibliotheken eine Entwicklung anstreben, an deren Ende das kundenorientierte, marketingfokussierte effektive und effiziente Unternehmen ‚Bibliothek’ steht. Es ist ein angestrebtes Ziel die Zufriedenheit der Benutzer von Bibliotheken noch effektiver und effizienter zu gestalten. Die Leistungsfähigkeit von Dienstleistungsunternehmen wird daran gemessen ob der Dienstleister in der Lage ist, die angebotene Dienstleistung tatsächlich zu erbringen. Dies erfordert eine notwendige personelle und sachliche Ausstattung. Der Abschnitt ‚Einführung in das Event-Marketing’ befasst sich mit den Grundlagen der Kommunikationspolitik, dem Wertewandel und den Zielsetzungen von Event-Marketing. Da wissenschaftliche Bibliotheken ein vergleichbares Leistungsangebot haben, wird es immer schwieriger zu differenzieren. Kommunikation bekommt einen erhöhten Stellenwert. Informationsüberlastung zwingt zu einer Differenzierung von nicht beachteter Information im Zusammenhang mit angebotener Information. Dies bedingt sehr oft eine direkte Kommunikation. Diese Orientierung kann als Basis für die Entwicklung von Event-Marketing angesehen werden. Events bauen auf den Erlebnisfaktor, bilden eine Kommunikationsplattform und unterstützen den sozialen Austausch. Der Begriff Erlebnismarketing kam Mitte der 1980er Jahre auf. Das Erlebnismarketing zielt auf die Gefühle der Konsumenten, ist noch nicht auf handlungsorientiertes Erleben ausgerichtet, sondern erfüllt lediglich die emotionalen Bedürfnisse der Zielgruppe und ist somit eine Ein-Weg-Kommunikation. Der Übergang vom Erlebnismarketing zum kommunikativ orientierten Event-Marketing fand sich bereits in der einschlägigen Marketing-Fachliteratur ab Mitte der 1990er Jahre. Erst in jüngerer Zeit begann man das Erlebnismarketing vom Event-Marketing abzugrenzen. Gemeinsamkeiten beider Strategien sind, Vorgehensweise und Kommunikation vorrangig auf Emotion zu fokussieren. Wird beim Erlebnismarketing der Kunde weiterhin in die Rolle des passiven und distanzierten Beobachters gedrängt, in der er zwar emotional stimuliert, jedoch nicht aktiv einbezogen wird, so erfährt das Event-Marketing eine deutliche Weiterentwicklung. Der Einbezug des Zielpublikums ergibt automatisch eine aktive Teilnahme und gibt dem Kunden ein Gefühl, als gleichwertiger Partner betrachtet und ernst genommen zu werden. Die Zielsetzung des Event-Marketing zielt in erste Linie auf den Aufbau und die Gestaltung von Kundenbeziehungen hin, die auf längere Sicht in einer vertrauensvollen Kundenbindung münden sollen. Wichtig in dieser Erlebnisorientierung ist der primäre Zugang über die Sinnesorgane. In diesem Zusammenhang unterscheidet man visuelle, akustische, olfaktorische, haptische, taktilische und gustatorische Reize. Silke Beck schreibt: Marketing–Events sind als dreidimensional inszenierte Bilder zu interpretieren, die im Sinne einer synästhetischen Wahrnehmung über mehrere Sinneskanäle wirksam werden können. Weitere Kriterien des Events sind die emotionale Beeinflussung von Kunden, das Event als Erlebnis stattfinden zu lassen, die abstrakte, künstliche Markenwelt in die Alltagswirklichkeit des Kunden zu verwandeln. Events sind eine geeignete Plattform für das sogenannte ‚Infotainment’, die Verschmelzung von Information und Unterhaltung. Botschaften werden in erlebbare Ereignisse umgesetzt, abstrakte Markenwelten werden inszeniert und dadurch greifbar und erlebbar. Events dienen als Plattform zur Präsentation (Eigeninszenierung) eines Unternehmens, eines Produktes oder einer Marke. Event-Marketing-Konzepte können anlassorientiert, markenorientiert und anlassund/oder markenorientiert sein Die Praktische Umsetzung Die ‚Roadshow’ der Universitätsbibliothek Freiburg und der Universitätsbibliothek Bochum Was privatwirtschaftliche Unternehmen schon lange umsetzen, haben zwei deutsche Bibliotheken aufgegriffen. Die Universitätsbibliotheken Freiburg im Breisgau, seit 1998 und die Universitätsbibliothek Bochum ab dem Herbst 2003, starteten mit einer „Roadshow den Versuch, elektronische Informationsmittel nicht nur in den Räumlichkeiten der Bibliothek zu präsentieren, sondern wagten sich direkt vor Ort in die Fakultäten. Sowohl in Freiburg als auch in Bochum kam man zur Erkenntnis, dass die elektronischen Angebote den Studierenden als auch den Lehrenden nicht ausreichend bekannt waren. Die Bibliotheken haben die passive Wartehaltung aufgegeben, sind auf den Benutzer zugegangen und haben ihm die Information in einer vertrauten Umgebung in erlebnisorientierter Weise vermittelt. Die Vorteile sind eine individuelle Betreuung, das Knüpfen persönlicher Kontakte und die Demonstration in Kundennähe, sowie das eigene Ausprobieren und Kennenlernen der Produkte durch die Kunden. Eine ‚Roadshow’ unterscheidet sich bewusst von der täglichen Arbeitswirklichkeit. Klar festgelegte Ziele müssen für die Planung und Umsetzung definiert werden. So soll das Angebot der teuer beschafften elektronischen Dienstleistungen verbessert werden, lebenslanges Lernen sensibilisiert und die Informationskompetenz des Bibliothekspersonals verdeutlicht werden. Schwellenängste sollen abgebaut, das Image der Bibliothek, der Kontakt und das Vertrauensverhältnis zu den Fakultäten und Instituten gestärkt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die genaue Planung des Veranstaltungsortes und des Umfeldes, die notwendige EDV-Ausrüstung und der reibungslose Ablauf. Eine gesteigerte Nutzung konnte zahlenmäßig weder bestätigt noch belegt werden. Die ‚Roadshow’ führte jedoch zu einer verstärkten Nachfrage nach Einführungsveranstaltungen und Schulungen durch Fachreferenten der Bibliothek. Im besten Falle wird das Schulungsprogramm der Universitätsbibliothek in den Studienplan aufgenommen.Um diese Veranstaltungen zu optimieren, müssen im Vorfeld Werbemaßnahmen durchgeführt werden. Newsletter und persönliche Werbeauftritte der ‚Roadshow’-Mitarbeiter in Vorlesungen oder Seminaren sind denkbar. Die ‚After-BiB-Party’ der Universitätsbibliothek Mannheim An der Universität Mannheim organisierte die AbsolventUM GmbH regelmäßig Partys und Feste im bekannten ‚Schneckenhof’’. Erstmals ist man an die Universitätsbibliothek Mannheim herangetreten, die alljährliche Studentenparty zu veranstalten. Die Leitung der Bibliothek nahm dies gerne auf sich, sah man doch den Event als Chance, das Image der Bibliothek als offene, flexible und unverstaubte Einrichtung zu nutzen. Als Ziele hoffte man, mit diesem Event das Image der Bibliothek zu verbessern, die Steigerung des Bekanntheitsgrades zu erwirken und das Erwirtschaften von zusätzlichen Mitteln für die Universitätsbibliothek. Die Integration der ‚After-BIB-Party’ in das traditionelle Party-Konzept der Universität führte dazu, dass die Bibliothek stärker in das Bewusstsein gerückt wird. Ein Ziel war es, die Studierenden aus dem Einzugsgebiet Mannheim ins Auge zu fassen und die Universitätsbibliothek als eine moderne, innovative Einrichtung zu präsentieren, die sich als flexibel und zielgruppengerecht anzupassen weiß. Die Universitätsleitung setzte sich zum Ziel, nicht das Niveau von üblichen kommerziellen Partys zu übernehmen. Da Bibliothek generell mit Kultur verbunden wird, wurde auch etwas Kulturelles gebracht. Eine Theateraufführung, die Verlosung von Büchergutscheinen, gesponsert von einer ortsansässigen Buchhandlung, Jazz und ein Auftritt eines DJ’s, Getränke und Kulinarisches rundeten das Programm ab. Die Poster und Flyer der ‚After-BiB-Party’ beschränkten sich textlich auf die nötigsten Informationen und werben durch auffällige bildliche Gestaltung. Mit der Werbung begann man vier Wochen vor Beginn der Veranstaltung. Sämtliche der Universität zur Verfügung stehenden Werbemöglichkeiten wurden ausgeschöpft. Eine regionale Tageszeitung sorgte mit einem Artikel für zusätzliche Publicity. Die Durchführung wurde mit den Veranstaltern des ‚Schneckenhof’ arbeitsteilig durchgeführt. Die ‚After-BiB-Party’ wurde ein voller, auch finanzieller, Erfolg, jedoch erweist sich eine Erfolgskontrolle über den Imagegewinn als schwierig und es lassen sich trotz der hohen Teilnehmerzahl von rund 3000 Besuchern keine genauen Rückschlüsse ziehen. Hiezu müssten aufwändige Evaluierungsverfahren erarbeitet werden. Dieser Mehraufwand an Erfolgskontrolle ist angesichts der alltäglichen Arbeitsbelastung des Bibliothekspersonals kaum realisierbar. Um das Ziel einer Imageveränderung zu erreichen, bedarf es erfahrungsgemäß mehr als einer punktuellen Veranstaltung, zumal die ‚After-BiB-Party’ fraglos als vollwertiges Event charakterisiert werden kann. Zusammenfassung und Ausblicke In einer Umfrage in Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit, wurden 72 Universitätsbibliotheken zu ihren Marketingkonzepten und Event-Maßnahmen befragt. Lediglich 33 Bibliotheken gaben Rückmeldungen ab. Während nur drei angaben, aus personellen und finanziellen Gründen keine Marketingmaßnahmen durchzuführen, gehört Marketing bei den übrigen 30 Bibliotheken mittlerweile zum bibliothekarischen Alltag. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Zukunft genügend Potential für professionelles EventMarketing vorhanden ist. Das größte Hindernis sind wahrscheinlich die finanziellen Voraussetzungen. Während in der Privatwirtschaft das durchschnittliche Event-Budget bei zwanzig Prozent des Marketingkommunikationsbudgets liegt, werden Bibliotheken als Non-Profit-Einrichtungen mit dem Problem konfrontiert, dass überhaupt kein Marketingbudget vorhanden ist und müssen darauf achten, sich nicht dem Vorwurf der Verschwendung öffentlicher Gelder auszusetzen. Ein gut sortiertes Literaturverzeichnis bildet den Abschluss in einem Werk, das Ursula Georgy von der Fachhochschule Köln im Geleitwort wie folgt beschreibt: ‚Das Ergebnis ist ein überzeugendes Buch, das seinen Platz in allen wissenschaftlichen Bibliotheken finden sollte’. Gerhard Moderitz, Graz