Presse‐Informationen Pünktchen trifft Anton Theaterstück von Volker Ludwig nach Erich Kästner Regie: Frank Panhans Uraufführung am 26. November 2011 im „GRIPS Hansaplatz“ Inhalt Bitte beachten Sie: Die Informationen dieser Pressemappe entsprechen dem Stand des Premierentermins! o Besetzung der Uraufführung o Stückbeschreibung o Hintergrund o Vitae o Praktische Informationen o „Herr Nietenführ“ – Volker Ludwig über sein Verhältnis zu o Erich Kästner o Leben und Werk von Erich Kästner (von Stefan Fischer o Fels) o Asyl und Illegalisierte Menschen (von Philipp Harpain) o Pressestimmen o Die GRIPS‐Kinderstücke werden präsentiert von PR im Grips Anja Kraus und Ute Volknant 030 – 397 47 416, pr@grips‐theater.de 2 Besetzung Uraufführung am 26. November 2011 im „GRIPS Hansaplatz“ Altersgruppe 9+ Pünktchen trifft Anton Theaterstück von Volker Ludwig nach Erich Kästner Musik ......................................................................................................Wolfgang Böhmer Regie.............................................................................................................. Frank Panhans Bühne / Kostüm ....................................... Jan A. Schroeder / Maria­Alice Bahra Choreographie ......................................................................................Thomas Langkau Dramaturgie....................................................................................... Stefan Fischer­Fels Musikalische .................................................................. Einstudierung Bettina Koch Theaterpädagogik ....................................Philipp Harpain und Stefanie Kaluza Es spielen: Jennifer Breitrück ..........................................................Luise (genannt Pünktchen) Katja Hiller ....................................................................... Frau Pogge ( Luises Mutter) René Schubert ................................... Herr Pogge (Luises Vater) / Lehrer Meyer Florian Rummel ......................................................................................................... Anton Regine Seidler ....................................... Frau Gast (Antons Mutter) / Obdachlose Michael Hanser .............................................................................................................Berta Alessa Kordeck .............................................................................................................Peggy Robert Neumann .......................................................................................................Robert Roland Wolf ...................................................................................................................Klette Christian Giese ...................................... Lehrer Bremser / Obdachloser / Polizist Jörg Westphal............................................................................Murat / Joschi / Polizist Ensemble ................................................................................................................Passanten Musik. Begleitung: Johannes Gehlmann (guit), Robert Neumann (keys), Carsten Schmelzer (bass), Kai Schoenburg (dms.) Alle Rechte bei Verlag für Kindertheater Weitendorf GmbH, Hamburg 3 Stückbeschreibung PÜNKTCHEN TRIFFT ANTON ist die große Kinderproduktion dieser Saison, mit dem gesamten Ensemble und einer vierköpfigen Band. Ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung vom HAUPTSTADTKULTURFONDS und GASAG. Kurze Synopsis In Berlin geschehen erstaunliche Dinge: Ein reiches Mädchen bettelt am Bahnhof Friedrichstraße – und ein armer Junge bringt einen Verbrecher zu Fall. Volker Ludwigs Neufassung von Kästners Klassiker über eine wunderbare Kinderfreundschaft spielt hier und heute, zwischen Wohlstandsverwahrlosung und Armut, mitten unter uns... Zwei seelisch unbehauste Kinder stürzen sich – unbemerkt von ihren ahnungslosen Eltern – kopfüber in die Abenteuer des gegenwärtigen Berlins voller kleiner und großer Krimineller, Polizisten und gestresster Erwachsener – und erleben trotzdem das Glück einer unwahrscheinlichen Freundschaft. Lange Synopsis Seltsame Dinge geschehen in Berlin. Im Hause Pogge dreht sich alles um die Charity‐Aktivitäten von Margie Pogge, der Mutter von Luise, genannt Pünktchen. Margie kommt vom Shopping zu spät zum Essen, Margie hat Kopfschmerzen, Margie hat Termine. Bloß keine Zeit für Pünktchen. Fürs Kind ist das englische Au‐Pair‐Mädchen Peggy zuständig. Aber die ist verliebt. Und da auch Vater Pogge mit seinen Gedanken eher beim nächsten Immobiliengeschäft weilt, als bei seiner Tochter, bleibt nur ein Mensch mit gesundem Menschenverstand übrig, an den sich Pünktchen wenden kann: Berta, die alles, aber nicht dick ist. – Wer kümmert sich jetzt um „Pü“? ‐ Sie selbst. Und sie stürzt sich ins Abenteuer des wilden und nicht ungefährlichen Berliner Nachtlebens. Friedrichstrasse! Weidendammer Brücke! Hier treibt sich auch der gleichaltrige Anton herum, Flaschensammler, unauffällig, ernst und beschäftigt. Rätselhaft. Anton ist ein Kind, das es nicht gibt: Illegal lebt er mit seiner Mutter, abgelehnter Asylantrag, bedroht von Abschiebung. Nur der Rektor seiner Schule weiß noch davon. Aber keiner weiß von seinen 4 Sorgen: Die Mutter ist krank, so dass sie ihren schlecht bezahlten Job als Altenpflegerin nicht mehr ausüben kann. Wer zahlt den Arzt? Den Strom? Die Miete? Wer kauft ein? Wer kocht das Essen? Viel zu viel Verantwortung für ein Kind. Wie Pünktchen Anton rettet, vorm Erwischtwerden und vor dem Brief des Lehrers Bremser, und wie wiederum Anton mit tatkräftiger Hilfe von Berta die Familie Pogge vor dem Einbruch Roberts rettet, wie eine unmögliche Freundschaft möglich wird und sogar Margie Pogge ihr Herz für Pünktchen und Anton entdeckt, davon erzählt Volker Ludwigs „Pünktchen trifft Anton“‐Geschichte, frei nach Erich Kästners Klassiker. 5 Hintergrund 1931 schrieb Erich Kästner mit »Pünktchen und Anton« während der Weltwirtschaftskrise einen der ersten realistischen Großstadt‐ Romane für Kinder. Zwei seelisch unbehauste Kinder stürzen sich – unbemerkt von ihren ahnungslosen Eltern – kopfüber in die Abenteuer der großen Stadt Berlin. In der Version von Volker Ludwig erscheint diese Geschichte aktueller denn je. Es geht um die Frage der Gerechtigkeit aus der Sicht von Kindern, in einer Welt, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer eklatanter auseinandergeht. Ein Brückenschlag im doppelten Sinn: Die Verbindung eines der herausragenden Schriftsteller unter den Realisten und Utopisten, des Großvaters der realistischen Kinderliteratur, Erich Kästner, mit dem Erfinder des realitätsnahen, zeitgenössischen Kindertheaters, GRIPS‐Hausautor Volker Ludwig, den die Kästner‐Erben als "legitimen Nachfolger" Kästners ansehen und mit einer großen Freiheit im Umgang mit dem Stoff ausgestattet haben. UND: Ein Brückenschlag auch vom Gestern ins Heute, weil der klassische Stoff eine Neudeutung verdient hat: "Pünktchen trifft Anton" als zeitgemäße Oberschicht‐trifft‐Unterschicht‐Geschichte, als Geschichte über Ausgrenzung und Ausbeutung, über Migranten und Deutsche, über Kinderarmut und Wohlstandsverwahrlosung ‐ und über eine unmögliche Freundschaft zweier ungleicher Kinder. 6 Vitae Erich Kästner schrieb 1931 mit »Pünktchen und Anton« während der Weltwirtschaftskrise einen der ersten realistischen Großstadt‐ Romane für Kinder; er schrieb in bis dahin unerhörter Weise über Wohlstandsverwahrlosung und Kinderarmut und über eine utopisch anmutende Freundschaft. Pünktchen und Anton mögen einander, obwohl oder gerade weil sie aus gänzlich unterschiedlichen Welten kommen. Zwei seelisch unbehauste Kinder stürzen sich– unbemerkt von ihren ahnungslosen Eltern – kopfüber in die Abenteuer der großen Stadt Berlin. Heute erscheint ihre Geschichte aktueller denn je. Es geht um die Frage der Gerechtigkeit aus der Sicht von Kindern, in einer Welt, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer eklatanter auseinandergeht. Erich Kästner, geboren 1899 in Dresden, schrieb mit »Pünktchen und Anton« seinen zweiten Kinderroman. Erich Kästner lebte von 1927 bis ’45 in Berlin und ist der Autor so wunderbarer Kinderbücher wie »Emil und die Detektive« (1929) oder »Das fliegende Klassenzimmer« (1933). Volker Ludwig (*1937) ist Gründer, Erfinder, Hauptautor des GRIPS Theaters, nach 42 Jahren gab er im Sommer 2011 die Künstlerische Leitung des Hauses an Stefan Fischer‐Fels ab. Volker Ludwig schreibt seit seiner Schulzeit satirische Texte und Lieder. 1965 gründet er das "Reichskabarett Berlin", aus dem 1969 das GRIPS Theater hervor ging. Er ist einer der weltweit meistgespielten deutschen Theaterautoren (circa 1.900 Nachinszenierungen von 30 Stücken in 43 Sprachen) Mitglied des PEN und der Akademie der Künste Berlin, er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen für sein Werk. Regie führt Frank Panhans, der 2007 mit der GRIPS‐Inszenierung "Cengiz & Locke" den Deutschen Theaterpreis DER FAUST gewann. Panhans inszeniert am Düsseldorfer Schauspielhaus, am Staatsschauspiel Dresden, am Theater der Jugend Wien und bereits zum 10. Mal am GRIPS Theater. Zum ersten Mal komponiert Wolfgang Böhmer fürs GRIPS. Böhmer gründete die legendäre Berliner Underground‐Musicalcompany "College of Hearts" und arbeitet u.a. regelmäßig an der Neuköllner Oper ("Das Wunder von Neukölln", "Leben ohne Chris" u.a.). 7 Praktische Informationen Dauer: Voraussichtlich 2 Stunden 15 Minuten (inkl. Pause) Vorstellungstermine: Alle aktuellen Vorstellungstermine Kartenpreise finden Sie auf unserer Website www.grips‐theater.de Spielort: GRIPS Hansaplatz, direkt U‐Bhf. Hansaplatz, Altonaer Str. 22, 1055 7 Berlin Für Ihre Berichterstattung können wir Ihnen den Stücktext zur Verfügung stellen, das Programmheft, Materialien für den Unterricht, sowie die Songs auf CD Fotos: Wir können Ihnen gerne Inszenierungsfotos zur Verfügung stellen, Sie können diese auch direkt bei unserem Produktionsfotografen David Baltzer bestellen. Wenn die Fotos der Bebilderung redaktioneller Beiträge dienen, sind sie honorarpflichtig, bei Verwendung zu Werbezwecken wir Programmhinweisen, sind sie honorarfrei. Das Copyright liegt bei David Baltzer/bildbuehne.de Haben Sie Fragen und/oder Wünsche? Die PR‐Abteilung des GRIPS Theaters erreichen Sie werktags unter 030 ‐ 397 47 416 von 10 – 17 Uhr Ihre Ansprechpartner: Anja Kraus und Ute Volknant 8 „Herr Nietenführ“ Volker Ludwig über sein Verhältnis zu Erich Kästner Im drögen, abweisenden Hamburg, in das es mich als Kind 1948 mit meiner Familie aus Thüringen verschlagen hatte, war meine große Sehnsucht Berlin. Ich kannte es aus einem Buch und später einem Film: »Emil und die Detektive« . Berlin war »Emil und die Detektive« , Leben, Freiheit und Abenteuer. In dieser Reihenfolge. Das Schicksal wollte es, dass mein Vater Anfang 1953 tatsächlich mit uns nach Berlin zog (Kabarett‐Texter war damals der einzige Beruf, der es sinnvoll erscheinen ließ, nach Berlin zu ziehen). Der Tai, des Umzugs war viel‐ leicht der glücklichste meines Lebens. Ich war zu Hause angekommen, erlebte die Stadt als Déjà‐vu und fuhr selig als Emil die Kaiserallee (bzw. Bundesallee) mit der Straßenbahn 77/78 rauf und runter. Heute ‐ genauer gesagt, seit dreißig Jahren sehe ich von meinem Balkon direkt auf den Nikolsburger Platz, das Hauptquartier der Detektive. Mein erster Sohn Nicolas ging in den Kindergarten Prager Straße, genau an der Stelle, wo Erich Kästner gewohnt und seinen ‘Emil’ geschrieben hat. Und wenn man auch im Film nur noch ein, zwei Häuser der Trautenaustraße wiedererkennt, weil die Bomben, viel schlimmer aber noch die Nachkriegsarchitekten, zwischen Kästners Wohnhaus und Café Josty besonders gewütet haben, sehe und höre ich die Kinderbande immer noch um die Ecken wetzen, und die x‐mal verbaute Motzstraße läuft für mich immer noch schnurgerade auf den Nollendorfplatz zu. Erich Kästner hat mich so in das literarische Leben Berlins vor 1933 eingeführt, dessen Spuren mich verfolgen, sobald ich die Straßen betrete. Und meine ersten Gedichte hatten zumindest eine Qualität: Sie waren geradezu perfekte Kästner‐Imitate. Jahre später wurde »Emil und die Detektive« entscheidend, ja prägend für mein eigenes ›literarisches Schaffen‹, und zwar wegen einer Figur, die im Film überhaupt nicht vorkommt: Es ist der Oberkellner Nietenführ, mit dem Erich Kästner ein Gespräch führt, das er seinem Roman voranstellt. Der ‘prima Rat’, den Herr Nietenführ Erich Kästner gibt, beinhaltet nichts Geringeres als die einzigen und wahren theoretischen Grundlagen des GRIPS Theaters. Da ich das noch nie verraten habe und es auch noch keiner gemerkt hat, muß ich das Gespräch hier in Kurzform unbedingt noch einmal zitieren, auch wenn damit unzählige Examens‐und Doktorarbeiten über GRIPS obsolet werden. »Das beste wird sein, Sie schreiben über Sachen, die Sie kennen. Also, von der Untergrundbahn und Hotels und solchem Zeug. Und von Kindern, wie sie Ihnen täglich an der Nase vorbeilaufen, und wie wir früher einmal 9 selber waren.« »Aber mir hat doch wer, der einen großen Umhängebart trug und die Kinder wie seine Westentasche kennt, ausdrücklich erklärt, das gefiele ihnen nicht!« »Quatsch! Schließlich habe ich ja auch Kinder. (...) Und wenn ich denen, an meinem freien Tag in der Woche, erzähle, was so hier im Lokal passiert (...) Dann lauschen meine Kinder, kann ich Ihnen Flüstern, als obs im Keller donnert.« »Na, wenn Sie meinen, Herr Nietenführ« sage ich zögernd. »Bestimmt! Darauf können Sie Gift nehmen, Herr Kästner«, ruft er und verschwindet. Und so habe ich eigentlich nur, weil der Oberkellner Nietenführ es so wollte, eine Geschichte über Dinge geschrieben, die wir, ihr und ich, längst kennen.« Soweit Erich Kästner. Ich habe mit Gleichgesinnten die Probe aufs Exempel gemacht. Und siehe da: Herr Nietenführ hat recht behalten. Ohne ihn gäbe es keinen ‘Emil’, kein »Max und Milli« und keine »Linie 1«. Da brennt die Luft, da herrscht Jubel und Begeisterung, da haste was fürs Leben. Bei denen mit den Umhängebärten, die heute längst wieder überall das Sagen haben, herrscht dagegen tote Hose. 10 Erich Kästners Werdegang zusammengefasst von Stefan Fischer­Fels Geboren am 23.2.1899 in Dresden. Sein Vater Emil Richard Kästner war Sattlermeister und arbeitete mit geringem Verdienst in einer Kofferfabrik. Seine Mutter Amalie Ida Augustin stammte aus einer Metzgersfamilie, war Dienstmädchen, Heimarbeiterin, später auch Friseurin und vor allem eins: ehrgeizig. Sie wollte raus aus der finanziellen Enge, aus ihrer unglücklichen Ehe, sie wollte, dass es ihr einziger Sohn besser haben solle. Ihren Ehemann ließ sie seine Unzulänglichkeit spüren, weil er nichts zu ihren sozialen Aufsteig beitrüge, ihren Sohn band sie symbiotisch an sich – das besonders enge lebenslange Verhältnis zu seiner Mutter prägte Erich Kästners Leben und begründete sein schwieriges Verhältnis zu Frauen. Aus Not musste die Familie Kästner Untermieter aufnehmen. Der Volksschul‐ lehrer Paul Schurig bewohnte zeitweilig zwei Räume in der Kästnerschen Dreizimmer‐Wohnung. Er verkörperte in den Augen der Mutter das soziale Idealbild für ihren Sohn. Sie richtete ihr ganze Sein auf den Sohn aus, ermöglichte ihm zusätzlichen Unterricht. „Mama wollte den Aufstieg. Wollte ihn dann, kurz entschlossen, für mich. Investierte ihre Gemütskräfte restlos in den Sohn. Für andere, auch für Papa, blieb nichts übrig. Nur Strenge, Egoismus (für mich), Sparsamkeit. (…) Sie schenkte mir ihren Frohsinn, und für andere blieb nichts übrig. Sie dachte nur an mich, weitere Gedanken hatte sie keine. Ihr Leben galt mir mit jedem Atemzuge, mir, nur mir. Darum erschien sie allen anderen kalt, streng, hochmütig, selbstherrlich, unduldsam und egoistisch. Sie gab mir alles, was sie war und was sie hatte, und stand vor allen anderen mit leeren Händen da, stolz und aufrecht und doch eine arme Seele. Das erfüllte sie mit Trauer. Das machte sie unglücklich. Das trieb sie manchmal zur Verzweiflung.“ Später kündigte die Mutter mehrere Male ihren Selbstmord in Abschiedsbriefen an, die der Junge, wenn er mittags aus der Schule kam, auf dem Küchentisch fand. Er lief jedes Mal verzweifelt durch die Stadt, zur Elbe, um sie von ihren Absichten abzuhalten. Der Hausarzt, Dr. Emil Zimmermann, ein Freund der Mutter, sagte zu Erich: „Auch wenn sie alles um sich vergisst, ihre Herz wird an dich denken. Du bist ihr Schutzengel.“ Eindrucksvoller ist selten erzählt worden, mit welcher schrecklichen Liebe Mütter ihre Söhne an sich binden können. Um dem Sohn den Weg nach oben zu bahnen, beschließt die Mutter, das Friseurhandwerk zu lernen. “Und wenn meine Mutter etwas beschlossen hatte, gab es niemanden, der es gewagt hätte, sich ihr in den Weg zu stellen.“ Erich soll Lehrer werden, um Geld für die Ausbildung zu verdienen, arbeitet die Mutter Tag und Nacht. Ein Klavier wird gekauft, für eine Arbeiterfamilie damals ein Vermögen wert. Erich bekommt Klavierstunden. Die 11 Mutter nimmt Erich mit ins Theater. „Meine Laufbahn als Zuschauer begann. Bald wurde das Dresdner Theater mein zweites Zuhause. Und oft musste mein Vater allein zu Abend essen, weil Mama und ich, meist auf Stehplätzen, der Muse Thalia huldigten. Unser Abendbrot fand in der großen Pause statt. In Treppenwinkeln, dort wurden die Wurstsemmeln ausgewickelt. Und das Butterbrotpapier verschwand, säuberlich gefaltet, wieder in Mutters brauner Handtasche.“ Erich ist ein ungeheuer neugieriges Kind. „Ich las und las und las. Kein Buchstabe war vor mir sicher. Ich las Bücher und Hefte, Plakate, Firmenschilder, Namensschilder, Prospekte, Speisekarten, Mamas Kochbuch, Grabinschriften, Tierschutzkalender, Ansichtskartengrüße, Lehrerzeitschriften, und die klitsch­nassen Zeitungsfetzen, worin ich drei Stauden Kopfsalat nach Hause trug. Ich las, als wäre es Atemholen. Als wär ich sonst erstickt.“ Erich war Musterschüler, begann nach der Schule ein Lehramtsstudium. „Ich hatte Lehrer werden wollen, um möglichst lange Schüler bleiben zu können.“ Nach einer unglücklichen kurzen Militärzeit gibt Kästner den Wunsch, Lehrer zu werden auf und studiert ab 1919 in Leipzig Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theater‐ wissenschaft. Er finanziert sich aus Einnahmen als Kritiker, publiziert Gedichte, Glossen, Reportagen. Es beginnt sein Leben als Schriftsteller und einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit. Von den Nazis wird Kästner wegen seiner politischen Schriften verhaftet, später wieder freigelassen. Seine Bücher werden verbrannt, bis auf „Emil und die Detektive“ und „Das fliegende Klassenzimmer“. Er erhält Berufsverbot, bleibt aber in Deutschland und bei seiner Mutter. Nach der Nazizeit erlebt Kästner eine Renaissance in Deutschland. Er wird Präsident des westdeutschen PEN‐Zentrums und schreibt seine Kindheitserinnerungen „Als ich ein kleiner Junge war“. Kurz nach seinem 75. Geburtstag stirbt Erich Kästner in München an Krebs. Erich Kästner hat neben seiner jour‐nalistischen, satirische Tätigkeit immer wieder für Kinder geschrieben. Den Anstoß dazu hat ihm seine energische Verlegerin gegeben, Edith Jacobsen, die Herausgeberin der „Weltbühne“. Kästner bezeichnet sich kokett als „Opfer ihrer Überredungs­künste“, er sei völlig verblüfft gewesen und habe „...tausend Pläne gehabt, derjenige, für Kinder zu schreiben, war nicht darunter.“ Der Kinderbuchautor wird rasch bekannt, seine Bücher erhalten früh „Klassikerstatus“. Kästner schreibt in bis dahin unerhörter Weise über die realen Lebenssituationen von Kindern, er schafft Kinderfiguren, deren Denken und Handeln authentisch wirken. Das war in der Weimarer Zeit revolutionär. „Kästner“ macht vor allem seine Sprache aus. Seine Kinderfiguren verfügen über eine differenzierte, genaue, reiche Sprache. Sie werden mit einem vielfältigen Innenleben dargestellt, sie sind, genau wie Erwachsene, ernsthafte 12 Persönlichkeiten. Sie haben Ängste und Sorgen wie heutige Kinder, sie fürchten, sich lächerlich zu machen oder nicht anerkannt zu werden. Sie leiden unter Ungerechtigkeit und Dummheit von Erwachsenen, sie erproben spielerisch Erwachsenenrollen. Ihre mutigen Ausflüge ins abenteuerliche Leben der Erwachsenen enden meist erfolgreich und glücklich. Kästners Kinder sind nicht halbfertige, dringend erziehungsbedürftige Menschlein, sondern vollwertige Menschen, die ganz selbst‐verständlich ihr Recht einfordern, so zu sein wie sie sind, Irrtümer, Widersprüche und Fehler eingeschlossen. Kästner erhält tausende Leserbriefe von Kindern: „Das Schönste ist doch, dass es nicht bei Indianern ist, oder im Morgenland, wie die anderen Bücher, sondern hier und gerade an meiner Ecke.“ 1931 schrieb Erich Kästner mit „Pünktchen und Anton“ während der Weltwirtschafts‐krise einen der ersten realistischen Groß‐stadt‐Romane für Kinder; er schrieb über Wohlstandsverwahrlosung und Kinderarmut und über eine utopisch anmutende Freundschaft. Pünktchen und Anton mögen einander, obwohl oder gerade weil sie aus gänzlich unterschiedlichen Welten kommen. Zwei seelisch unbehauste Kinder stürzen sich ‐ unbemerkt von ihren überforderten, ahnungslosen Eltern ‐ kopfüber in die Abenteuer der großen Stadt Berlin. Kaum ein Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war erfolgreicher als Kästner. Vor allem als Kinderbuchautor. Er war aber auch der vielgerühmte Autor der „Neuen Sachlichkeit“, ein Satiriker und Moralist, geliebt für seine Lakonik und melancholische Ironie. „Satiriker sind Idealisten. Im verstecktesten Winkel ihres Herzens blüht schüchtern und trotz allem Unfug der Welt die törichte, unsinnige Hoffnung, dass die Menschen vielleicht doch ein wenig, ein ganz klein wenig besser werden könnten, wenn man sie nur oft genug beschimpft, bittet, beleidigt und auslacht.“ (Erich Kästner) 13 Asyl und illegalisierte Menschen von Philipp Harpain, Theaterpädagoge am GRIPS, Initiatior diverser Bleiberechtkampagnen im GRIPS Theater "Ihr sollt wissen, dass kein Mensch illegal ist. Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein?" Elie Wiesel (geboren 30. September 1928 in Sighetu Marmației, Rumänien) ist US‐amerikanischer Schriftsteller und Überlebender des Holocausts. Anton Gast und seine Mutter sind kein Einzelfall in Deutschland. Die Bundes‐ regierung schätzt die Zahl der illegalisierten Menschen auf zwischen 500.000 und 1.000.000. Seit 1993 wird das Asylgesetz immer weiter ausgehöhlt und hat sich mit dem Zuwanderungsgesetz in der Bundesrepublik und den Verträgen von Dublin auf EU‐ Ebene, wie Flüchtlingsorganisationen beschreiben, faktisch selbst abgeschafft. Flüchtlinge werden bereits außerhalb der EU mit Hilfe der extra dafür eingesetzten Agentur Frontex abgefangen und in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Wer die abgeschotteten EU‐Außengrenzen trotzdem überwindet, bewegt sich ohne gültige Papiere oder muss das Asylverfahren des jeweiligen Ankunfts‐landes durchlaufen. So sind beispielsweise Bürgerkrieg oder sich verändernde klimatische Verhältnisse kein Asylgrund. Im besten Falle erhält man eine Duldung, was bedeutet, dass man in bestimmten Abständen immer wieder erneut um Aufenthalt bei der Ausländerbehörde ersuchen muss. Das heißt, dass über Jahre hinweg die Unsicherheit bleibt, ob man im Land bleiben, dort studieren, arbeiten, leben darf. Man lebt auf gepackten Koffern. Ein Schritt aus diesem Kreislauf heraus ist der Schritt in die Illegalität, also ohne gültige Papiere in Deutschland oder der EU zu leben. Die einzige Hoffnung, die diese Menschen dann haben, ist durch einen Bundestagsbeschluss wieder einen offiziellen Status zu erlangen – also eine politische Lösung. Doch soweit ist es in Deutschland noch nicht. In wenigen Ausnahmefällen kann die Härtefallkommission dem Innensenator Menschen für ein „Gnadengesuch“ vorge‐schlagen. Wenn der Innensenator diesem Gesuch nachgibt, erhalten die Betreffenden ein vorläufiges Bleiberecht, also auf bis zu drei Jahre „zur Probe “. Das Leben in der Illegalität Totalitäre Gesellschaftssysteme, wirtschaftliche Ausbeutung, soziale Ungerechtigkeit und Krieg treiben Menschen in die Flucht. In der Regel sind westliche Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar an der Entstehung oder an der Aufrecht‐erhaltung der entsprechenden Konflikte beteiligt. Das Nicht‐Anerkennen 14 dieser Fluchtgründe im deutschen Asylverfahren und die restriktiven Regelungen im Zuwanderungsgesetz bedeuten für Asyl‐suchende und MigrantInnen, dass sie in die Illegalität gedrängt werden. Es gibt verschiedenste Ursachen für ein Leben in der 'Illegalität', zum Beispiel: • abgelehnte Asylanträge (inzwischen werden so gut wie keine Asylanträge mehr anerkannt) • abgelaufene Duldungen von Flüchtlingen aus Bürgerkriegsgebieten • Entzug des Aufenthaltrechts durch strafrechtliche Verurteilung • abgelaufene Visa • nicht erneuerte Arbeitsgenehmigungen • Verlust des Aufenthaltsrechts durch Scheidung • Einreise ohne Registrierung Allen Menschen in Illegalität sind in der Situation, dass sie durch die bestehende Gesetzeslage im Alltag vom Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung ausgeschlossen sind. Ein Leben ohne Papiere bedeutet konkret: • Recht auf medizinische Versorgung ist de facto nicht gewährleistet • keine legalen Erwerbsmöglichkeiten • kein Recht Wohnungen anzumieten • keine Sozialhilfe • kein Recht auf Schul‐ oder Kindergartenplätze • keinerlei staatsbürgerliche Rechte • erschwerter Zugang zu juristischer Unterstützung • ständig angewiesen sein auf die Unterstützung Anderer • immer mit der Angst zu leben, 'entdeckt' zu werden • ederzeit von Abschiebung bedroht zu sein. Kinder in der Illegalität Häufig besuchen Kinder von illegalisierten Menschen weder Kindergarten noch Schule. In Deutschland gehen tausende Jungen und Mädchen aus Angst vor der Abschiebung nicht zur Schule. Sie haben weder die Chance auf Ausbildung, noch auf ein „normales“ Leben. Sie werden auf Grund ihres Status ausgegrenzt und bekommen nicht selten gesundheitliche Probleme. Einige Eltern wagen es dennoch, ihre Kinder zur Schule zu schicken, manchmal mit Hilfe von Freunden oder Unterstützerkreisen. Doch auch dann gibt es viele 15 Schwierigkeiten. Die Kinder versuchen möglichst unauffällig zu bleiben, dürfen nicht mit auf Klassenfahrt oder oft auch keine Freunde mit nach Hause bringen, weil die Adresse eines der wohlgehütetsten Geheimnisse ist. Eltern und Kinder leben in ständiger Angst, sich zu verplappern. Meldepflicht für Schulen Wenn die Schule entdeckt, dass ein Kind illegalisiert im Land lebt, ist sie verpflichtet, den Behörden Meldung davon zu machen. Diese Regel ist durch „Verwaltungs‐vorschriften“ jedoch abgemildert. Dass heißt, dass Pädagogen und Schulleitung nicht dazu verpflichtet sind, wenn sie quasi nebenbei, beispielsweise in der Pause, davon Wind bekommen. Zurzeit laufen im Bundestag Beratungen, ob diese Meldepflicht abgeschafft werden soll, da sie den Kinderrechten widerspricht, die die Bundesrepublik seit April 2010 voll‐ständig anerkennt. Hoffen wir und setzen wir uns dafür ein, dass es bald eine gesetzliche Regelung gibt, die allen Menschen Papiere verschafft und der staatliche Diskriminierung von Menschen ein Ende setzt. Unter Verwendung von Texten aus dem Büro für medizinische Flüchtlingshilfe Berlin www.medibuero.de/de/Leben_in_der_Illegalitaet.html 16 Pressestimmen (Auswahl) DPA „Sie sehen in ihm den legitimen Nachfolger von Erich Kästner. Deshalb haben die Erben des Schriftstellers dem «Linie 1»‐Erfinder Volker Ludwig erlaubt, den Kästner‐Roman «Pünktchen und Anton» erstmals ganz neu und modern für das Theater nachzuerzählen. ... Die Uraufführung von «Pünktchen trifft Anton» war am Samstag im Berliner Grips Theater ‐ mit begeistert johlenden Kindern im Publikum, die große Freude an der mit Tempo, Witz und rockigen Songs erzählten Geschichte hatten. ... Autor Ludwig bleibt nah am Kästner‐Original, bringt mit Alltagssprache, frechen Lieder‐Texten (Musik: Wolfgang Böhmer) und einer ordentlichen Portion Globalisierungskritik aber einen ganz neuen Ton in die Geschichte.“ Berliner Lehrerzeitung „Mit großem Erfolg startet Grips »Pünktchen trifft Anton«, ein Kinder‐ »Musical«. Von Erich Kästner stammen Grundkonstellation und die abenteuerliche Geschichte, aus der Gegenwart kommt die konkrete politische Situation mit in Berlin ‐lebenden Illegalen, mit Immobiliengeschäften und glamouröser, gesellschaftlich anerkannter »Charity«‐Betriebsamkeit – der ernste politische Hintergrund inhaltlich vorbereitet von und verbunden mit dem Berliner Kinderkongress und Aktivitäten der Grips‐TheaterpädagogInnen. ... wenige Versatzteile und pfiffige Projektionen liefern die nötigen Informationen zum Spielort; scharf umrissene Figuren (darunter auch zwei skurril‐clevere Pädagogen) transportieren die Geschichte mit Witz und Spannung – und immer wieder auch mit zu Herzen gehender Emotionalität – so die wunderbare Liebesszene zwischen Pünktchen und Anton.“ Junge Welt „„Einen tollen Kästner haben wir da in der Stadt: Volker Ludwig. Er hat das Stück den Kindern zu Ehren neu geschrieben.“ (...) das Stück nach Kästner ist ein großer Wurf, sozialkritisch führt es Kinder auf spielerische Weise an große und wichtige Themen heran, die Schauspieler sind allesamt Könner, die Klassenwidersprüche werden gut zugespitzt..“ 17 Berliner Morgenpost „Reichtum trifft auf Armut, "Pünktchen trifft Anton": Am Grips Theater feiert Kästners Klassiker 80 Jahre nach seinem Erscheinen eine theatrale Wiederauferstehung. Volker Ludwig hat den Großstadtroman für Kinder mit Erlaubnis der Kästner‐Erben vorsichtig aktualisiert, ohne die Grundkonstellationen zu ändern. Pogge als wohlstandsverwahrloste Tochter reicher Eltern, Anton Gast, der mit seiner Mutter als Illegaler und in Armut lebt ‐ mit wenigen Sätzen etabliert Ludwig bei der ersten Begegnung der Kinder den Milieuunterschied. ... Nach Grips‐Manier hat Regisseur Frank Panhans das ernste Thema mit Humor und Leichtigkeit auf die Bühne gebracht. Über die Schrägen auf der Holzbühne lässt sich trefflich rutschen, stürzen, schlittern, und die Songs heizen die Stimmung an. Vergnügliche Dialoge bringen mal die Kinder, mal die Erwachsenen und oft beide zum Lachen.“ RBB Kulturradio „„Pünktchen und Anton“ wurde auch der Bühne viel gezeigt, aber nun gibt es im GRIPS Theater erstmals eine aktualisierte Fassung. Sie stammt aus der Feder des ehemaligen GRIPS‐Chefs Volker Ludwig, der sich damit endlich an sein großes Vorbild Kästner heran getraut hat. Mit der Musik von Wolfgang Böhmer ist in der Regie von Frank Panhans ein großer Berliner Bilderbogen entstanden, ein aktuelles und musikalisches Sittenbild in LINIE‐1‐Manier, das nicht nur Kinder interessieren wird – typisch Kästner und typisch GRIPS zugleich.“ Der Tagesspiegel „Da haben sich zwei gefunden: Erich Kästner, der große Satiriker und Realist der Weimarer Zeit, dessen Kinderbücher den Jüngsten erstmals auf Knickerbocker‐Höhe begegneten. Und Volker Ludwig, der große Vater des Grips‐Theaters, der die erzählenswerten Themen für Klein und Älter auch schon immer an der nächsten Straßenecke witterte. Lebensnähe hier wie dort. Von der Seelenverwandtschaft der beiden Berliner Kinderversteher waren sogar die Kästner‐Erben überzeugt, die Ludwig ungewöhnlich freie Hand ließen bei der Dramatisierung der Geschichte von „Pünktchen und Anton“. Die steht heute in der 129. Auflage in den Buchläden und will einfach nicht altern. ... Ludwig geht 18 schön eigenwillig mit dem Original um, lässt aber zu jeder Sekunde das Kästnersche Herz schlagen... Wie sich die beiden beim Mülltonnenpaprika‐Schnippeln und beim Lied „Ich hab dich gern“ näher kommen, das geht einfach zu Herzen. Auch, weil Jennifer Breitrück und Florian Rummel in den Hauptrollen sensationell gut sind. Überhaupt: Die Figuren stimmen. Vom patenten Kindermädchen Berta im Harry Potter‐Fieber (Michaela Hanser) bis zum verschlagenen Hausmeistersohn Klette (Roland Wolf), der Bösewicht Bobby den Einbruchsplan für die Pogge‐Villa zuschanzt. Was die Gelegenheit für Anton ist, sich als Held zu beweisen. Wobei Volker Ludwig sein Happy‐ End dann doch mit etwas mehr Hintersinn als Kästner ausstattet. ... Ludwig, Böhmer, Panhans, Fischer‐Fels und das Ensemble haben einen echten Grips‐Hit geschaffen. Dazu gehört der Glaube an die Veränderbarkeit der Welt.“ Märkische Oderzeitung „Was geschieht, wenn Pünktchen auf Anton trifft, und wie ihre Freundschaft nicht nur die Kinder, sondern auch die Wahrnehmung der Erwachsenen verändert, zeigt das Grips Theater in diesem Stück auf unsentimentale und unterhaltsame Weise. Das wirkt weniger schematisch als in Kästners Roman. (...) Sinnliche Akzente setzen immer wieder die von einer Band und rasanten Choreografien begleiteten Songs. Im Mittelpunkt aber steht die Darstellung der Beziehung der beiden Kinder ‐ Jennifer Breitrück überzeugt als pfiffige, selbstbewusste Grips‐Göre, Florian Rummel als ernsthafter, schüchterner Anton. Das spielfreudige Ensemble präsentiert durchaus ausdifferenzierte Typen: obdachlose Businessmänner, berlinernde Polizisten, die zickige Society‐ Mutter, den gestressten Vater. Dabei ist niemand nur gut oder böse.“ Neues Deutschland Entstaubtes Großstadtmärchen Kästner modern im Grips: »Pünktchen trifft Anton« „Aktualisiert und mit etlichen Song‐ und Tanzszenen aufgepeppt, kommt Erich Kästners Kinderbuch‐Klassiker im Grips‐Theater zu neuen Ehren. Grips‐Urgestein Volker Ludwig hat das Original aus dem Jahr 1931 mit Erlaubnis der Kästner‐Erben behutsam und konsequent zugleich entstaubt, Sprache und Gestus modernisiert ‐ und trifft gerade 19 damit den Urton des Schöpfers Erich Kästner. ... Wohlstandsverwahrlosung, die praktischen und sozialen Probleme von Illegalen, die Arm‐Reich‐Kluft: Das hätte schnell zu viel werden können, doch gegossen in den Grips‐typischen Mix aus humorvollen Dialogen, Songs mit Ohrwurmqualität (Musik Wolfgang Böhmer) und schnellen Szenenwechseln samt Schlidderpartien über den schrägen Bühnenhintergrund, driftet das Stück nie zur moralinsauren Sozialstudie ab. (...) Zumal mit Jennifer Breitrück und Florian Rummel die Hauptrollen mit zwei Darstellern besetzt sind, die auch die leisen Töne wunderbar kitschfrei hinbekommen und ihren Figuren Ehrlichkeit sowie Tiefe verleihen. Äußerst glaubwürdig agieren auch Michaela Hanser als taffe Haushälterin mit Harry Potter‐Vorliebe, Robert Neumann als Möchtegern‐Einbrecher und Regine Seidler als zerbrechlich‐kranke Ewa wie als lautstarke Bahnhofs‐Pennerin. ... ein modernes Großstadtmärchen, jedoch mit offenem Ende.“ ZITTY „Regisseur Frank Panhans hat mit Jennifer Breitrück und Florian Rummel eine Idealbesetzung für edas ungleichen Paar. Eine gelungene, pointierte Kinderklassiker‐Modernisierung. (3 von 4 Sternen)“ Tagesspiegel, „Die Spielzeit­Kolumne“ von Rüdiger Schaper (Leiter der Kulturredaktion) WAS ICH LIEBE, WAS ICH HASSE : Ein Wunsch, von Herzen „Ich bin gebeten worden, etwas Weihnachtlich‐Silvestriges zu schreiben, einen Wunschzettel fürs Theater, etwa so: dass nächstes Jahr alles besser werde. ... Ich will manchmal gar nichts vom Theater, denn ich werde das Gefühl nicht los – das Theater will auch nichts von mir. Man erreicht einander nicht, lebt aneinander vorbei, wie in einer Beziehung. ... Schöne Bescherung, Weihnachtsdepression! Aber da fällt mir das Grips Theater ein, neulich die Premiere von „Pünktchen trifft Anton“, Volker Ludwigs Remake des Kästner‐Klassikers. Das ging ganz schön unter die Haut, und ich dachte: Was ist falsch an Gefühlen, warum kommen sie meist nur als halb aufgetaute Industriehühner auf die Bühne? Es heißt zwar Grips, aber es geht hier ans Herz, ums Herz. Davon hätte ich gern mehr, bitte!“ 20