Stigmata – psychische Erkrankung Prim. Andreas Walter Stabsstelle Psychiatrie des PDO SMZ Ost 07.06.2016 Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien • Wie häufig sind psychische Erkrankungen? Veränderung weltweit 2002 - 2030 2002 1 2 3 4 5 Perinatale Probleme Erkrankungen der unteren Atemwege HIV/AIDS Unipolare depressive Erkrankungen Durchfallserkrankungen 2030 HIV/AIDS Unipolare depressive Erkrankungen Koronare Herzkrankheiten Chronische obstruktive Lungenerkrankungen Perinatale Probleme Global Burden of Disease (GBD): Definition Messung: • DALY = YLL + YLD YLL – Years of Life lost: aufgrund der Erkrankung durch den vorzeitigen Tod verlorene Lebensjahre YLD – Years lived with Disability: aufgrund der Erkrankung mit Behinderung gelebte Lebensjahre Global Burden of Disease: WHO Prognose 2016: Die 5 führenden Ursachen von DALYs in Industrieländern 1 Unipolare Depressive Erkrankungen 2 Koronare Herzkrankheiten 3 Diabetes mellitus 4 Alkoholsucht 5 Cerebrovaskuläre Krankheiten Global Burden of Disease: WHO Prognose 2016: Die 5 führenden Ursachen von DALYs in Industrieländern ♂ Männer ♀ Frauen 1 Coronare Herzerkrankungen Unipolare depressive Erkrankungen 2 Alkoholsucht Alzheimer und Demenz 3 Unipolare Depressive Erkrankungen Diabetes mellitus Diabetes mellitus Cerebrovaskuläre Krankheiten Cerebrovaskuläre Krankheiten 4 5 Ischämische Herzkrankheit Definition Psychiatrie = Lehre von der Diagnostik, Therapie, Prävention und Rehabilitation psychischer Störungen einschließlich ihrer wissenschaftlichen Erforschung und Lehre Psychiatrie – Psychosomatik Neurologie Psyche Psychiatrie Gehirn PERSON Psychosomatik Neurologie Körper UMWELT Nach: Gaebel Psychiatrievorlesung 2008 Psychiatrie und andere Disziplinen Theologie Pharmakogenetik Philosophie Soziologie Molekularbiologie/ -genetik Psychiatrie Spezielle Neurowissenschaften2 Psychologie 1Neurologie, Neuropathologie, Neurochirurgie Psychosomatik traditionell Allgemeine Neurowissenschaften1 2Neuroimaging, Neurophysiologie, Neurochemie, Neuroinformatik zukünftig zunehmend Nach: Gaebel Psychiatrievorlesung 2008 Prävention = Vorbeugende Gesundheitspflege • Definition: Versucht gesundheitliche Schädigung durch gezielte Aktivitäten zu verhindern, weniger wahrscheinlich zu machen oder zu verzögern • Primärprävention: Vermeidung exogener Schädigungen (Exposition) oder Verhinderung bzw. Verringerung eines personen-gebundenen Risikos (Disposition, RF), Inzidenzreduktion Prävention - Krankheitsverhütung • Sekundärprävention: durch Früherkennung und Frühbehandlung soll das Fortschreiten eines Krankheitsfrühstadiums verhindert werden – Inzidenzabsenkung manifester und fortgeschrittener Fälle, Prävalenzreduktion • Tertiärprävention: Folgeschäden (Defekte, Behinderungen) einer eingetretenen Erkrankung sollen verhindert werden Wie man vorbeugen kann • • • • • • • Stress kontrollieren Beziehungen pflegen Zeit nehmen – für sich und andere Eigene Bedürfnisse wahrnehmen Bewegung Schlaf Alkohol nie zur „Selbsttherapie“ Dantendorfer AM LIMIT Wenn Menschen ein Burnout erleben Stressfolgen • Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen und der beruflichen Leistungen: Reizbarkeit, Verlust der Fähigkeit anderen zuzuhören, Nachlassen der Konzentration, Rückzug auf sich selber, Fehlen von Teamgeist • ENERGIEVERLUST „Wie eine ausgebrannte Hülle“ Betroffene brauchen eindrückliche Bilder: • „Wie eine Raketenstufe, die ausgeglüht und nutzlos ins Meer fällt“ • „Wie ein Haus, das ausgebrannt ist, aber die Fassade steht noch.“ • „Wie ein Marathonläufer in der Wüste. Ich kann weder vorwärts noch rückwärts.“ • „Wie ein leerer Akku.“ • „Energiebudget: auf Pump gelebt, permanent überbucht • Wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt. Geht durch! Geht nicht durch! BURNOUT - Notbremse der Seele? • Burnout ist eine körperliche und emotionale Erschöpfung aufgrund dauernder Anspannung, ständiger sozialer Begegnungen, täglichen Stresses. • Burnout ist besonders tiefgreifend, wenn aufreibende Arbeit und dauernde Belastung von wenig Anerkennung und mitmenschlicher Unterstützung begleitet sind. Vier Bereiche Faktoren am Arbeitsplatz Privatleben Partnerschaft Beziehungen Persönlichkeit Grundhaltung Gesundheit körperliche Fitness BURNOUT - Notbremse der Seele? Freudenberger (1974) definiert Burnout als • „Nachlassen bzw. Schwinden von Kräften oder Erschöpfung • durch übermäßige Beanspruchung der eigenen Energie, Kräfte • oder Ressourcen“. Herbert J. Freudenberger prägte den Begriff BURNOUT und gilt als Initiator der wissenschaftlichen Burnoutdiskussion; Psychoanalytiker Geht ! Geht nicht ! Der Burnout-Zyklus Stadium 12 BURNOUT Stadium 1 Sich beweisen wollen völlige Erschöpfung Stadium 2 Verstärkter Einsatz Stadium 11 Stadium 3 Depression Subtile Vernachlässsigung eigener Bedürfnisse Stadium 10 Innere Leere Stadium 4 Stadium 9 Verdrängung von Konflikten Abstumpfung Stadium 8 Beobachtbare Verhaltensänderungen nach Freudenberger und North Stadium 5 Zynismus – Umdeutung von Werten Stadium 7 Stadium 6 Rückzug Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme Burnout vs. Depression • Bedeutung berufsbedingter Auslöser und Stressoren • Enttäuschung persönlicher Erwartungen und Anspruchshaltungen und maladaptive Copingstrategien • Typisches Muster für Burnout: hohe Arbeitsmotivation schlägt nach Überforderung/Enttäuschung in Frustration über • Endstadium eine Burnout-Syndroms ist sehr häufig eine behandlungsbedürftige Depression • Medikation oft hilfreich Das Burn – out Rad Stadium 11 = Depression Laut WHO wird bis zum Jahr 2020 die Depression das zweitgrößte Gesundheitsproblem der Welt darstellen. Bereits jetzt klagen 17% der Allgemeinbevölkerung Mitteleuropas über die typischen Symptome einer Depression (aufgetreten während der letzten 6 Monate) Dabei ist der Anteil der Frauen fast doppelt so hoch wie jener der Männer Jetzt !?... ... Affektive Störungen Veränderung der Stimmung, des Antriebs und der Gefühle Schlüsselsymptome Emotional Traurige Stimmung Freudlosigkeit Wertlosigkeit und extreme Schuldgefühle Gedanken an Tod/Suizid Verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit Körperlich Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit Schlafstörungen Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme Müdigkeit oder Energieverlust American Psychiatric Association (1994) Unterrichtsmaterialien zur Therapieempfehlung Manie • Situationsinadäquat gehobene Stimmung: sorglos heiter bis unkontrollierte Erregung • Vermehrter Antrieb, Überaktivität, Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis • Überhöhte Selbsteinschätzung • Wenigstens eine Woche Spektrum der bipolaren affektiven Störungen Goodwin et al. Manic-depressive illness. 1990 Oxford Univ. Press Manie Hypomanie Norm Depression Schwere Depression Normale Stimmungsvariation Zykloth. Persönl. Zyklothyme Störung Bipolar II Unipolare Manie Bipolar I Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Unterteilung nach Phänomenologie Belastungsfaktoren Ängste Zwänge Belastungen körperliche Beschwerden Phobien Zwangsstörung PTSD Dissoziative Anpassungsstörungen somatoforme Störungen F43 F44 / F45 Panikstörung F40 / F41 F42 Symptome einer Panikattacke • Kardio-vaskulär – Palpitationen, Tachykardie – Schmerzen od. Beklemmung in d. Brust – Schwindelgefühl, der Ohnmacht nahe • Respiratorisch – Gefühl d. Kurzatmigkeit od. Atemnot – Erstickungsgefühle • Vegetativ – Schwitzen – Hitzewallungen od. Kälteschauer – Übelkeit od. Magen-Darm-Beschwerden • Neurologisch – Derealisation, Depersonalisationsgefühl – Parästhesien (Taubheit od. Kribbelgefühle) – Zittern od. Beben • Kognitiv: Angst die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder zu sterben Verlauf einer Panikattacke Spezifische Phobien z.B. • Tiere • Sturm, Wasser • Blut, Wunde • Fahrstuhl, Tunnel, Fliegen Teufelskreis der Angst Wahrnehmung Gedanken Angst Körperliche Symptome Alkohol, Nikotin, Koffein,... Alkoholmissbrauch - Alkoholabhängigkeit • Alkoholmissbrauch: jeder 3. Mann und jede 10. Frau • 4-5% der Österreicher sind alkoholkrank (Männer zu Frauen: 14:1) Alkoholabhängigkeit: Dosissteigerung Kontrollverlust Entzugssymptome - Delir • = Krankheit Ziel: Abstinenz so lange wie möglich, möglichst viele alkoholfreie Tage/Jahr Drogenabhängigkeit • Lebenszeitprävalenz harter Drogen ca. 4% (mehr Männer als Frauen) • Opiaten (Heroin), Kokain, Halluzinogenen Problem: Politoxikomanie • Entzugssymptomatik: weite Pupillen, Schwitzen, Tränen und rinnende Nase, Durchfälle, Angst, Muskelschmerzen • Substitutionstherapie: Methadon, Substitol, Subutex + Therapie der psychiatrischen Komorbidität Persönlichkeitsstörungen • Extreme Ausprägung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale, die im alltäglichen Leben zu Störungen und Beeinträchtigungen führen • Überdauernde und situationsübergreifende Persönlichkeitseigenschaften • Männer und Frauen gleich häufig • Persönlichkeitsstörungen nehmen im Alter ab Symptome der Depression beim älteren Patienten Therapie Therapie In der Psychiatrie kann man erfolgreich medikamentös behandeln. „Einstellen“ kann man nur Maschinen. Weitere biologische Therapien • Schlafentzugsbehandlung • Lichttherapie • Elektrokrampftherapie ZVVZ • Zuwendung • Vertrauen • Verlässlichkeit • Zuversicht Ziel? Klinische Erfahrung EBM Individualisierte Medizin Personalisierte Medizin Denken, Fühlen, Seele des Patienten „Die Kunst des Arztes ist den Patient solange zu amüsieren, bis die Natur ihn heilt.“ Voltaire Na siehst du… geht doch! Gut gemacht... www.nervenarzt.eu www.nervenarzt.at