Vielgeschossiger Holzbau im urbanen Raum

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Zuschnitt Attachment – Sonderthemen im Bereich Holz, Holzwerkstoff und Holzbau | Dezember 2008 | Euro 7 | isbn 978-3-902320-62-9
Vielgeschossiger Holzbau im urbanen Raum
Dokumentation Forschungsprojekt 8+
proHolz Austria
Einleitung Braucht Stadt Holz?
Peter Krabbe
Impressum
Medieninhaber und
Herausgeber
proHolz Austria
Arbeitsgemeinschaft der
österreichischen Holzwirtschaft zur Förderung
der Anwendung von Holz
Obmann Dieter Kainz
Geschäftsführer
Georg Binder
Projektleitung
Alexander Eder
proHolz Austria
A-1011 Wien, Uraniastraße 4
T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74
F +43 (0)1 ⁄ 713 10 18
info @ proholz.at
www.proholz.at
Redaktion: Franziska Leeb
Lektorat: Esther Pirchner
Gestaltung:
Atelier Reinhard Gassner,
Marcel Bachmann
Druck:
Höfle GmbH, Dornbirn
gesetzt in Foundry Journal
auf PhöniXmotion
Preis Einzelheft Euro 7
Preis inkl. USt., exkl. Versand
1. Auflage 2008, 17.000 Stk.
isbn 978-3-902320-62-9
issn 1814-3180
Copyright 2008 bei proHolz Austria
und den Autoren. Die Publikation und
alle in ihr enthaltenen Beiträge und
Abbildungen sind urheberrecht lich
geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts
ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar.
proHolz Austria und die Autoren sind
bemüht, Informationen richtig und
vollständig zu recherchieren bzw.
wiederzugeben. Wir ersuchen jedoch
um Verständnis, dass wir für den Inhalt
keine Ge währ übernehmen können.
Gedruckt auf pefc zertifizier tem Papier.
pefc liefert den Nachweis, dass die
eingesetzten Rohstoffe aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen.
www.pefc.at
DI Peter Krabbe
geboren 1968 in Bielefeld
Tischlerlehre und Zimmermannslehre in Vorarlberg
htl für Holztechnik, Mödling
Architekturstudium an der
tu Wien und tu Graz
1997 bis 2006 Projektleiter in
diversen Architekturbüros mit
Schwerpunkt Holzbau
Seit 2006 Projektleiter im Büro
schluderarchitektur
Seit 2007 Partner in der
schluderarchitektur zt GesmbH
Projektleiter 8+
4 Geschosse Innsbruck⁄ A, Wohnhaus Schützenstraße, 2006
Architekt: Helmut Reitter, Innsbruck
Wir Europäer sind städtische Menschen. Eine Untersuchung der europäischen Kommission von 1997 hält
fest, dass 80 % von uns in Ballungsräumen, d. h. in
Städten mit mindestens 10.000 Einwohnern leben.
Tendenz steigend. Die Stadt ist ein wachsender, sich
wandelnder, attraktiver, kulturell und wirtschaftlich
bedeutsamer Raum. Diesen gilt es zu gestalten und
dabei den Maßgaben des gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Lebens und der Herausforderung
der ökologischen Entwicklung unserer Welt gleichermaßen zu entsprechen.
Die Weiterentwicklung des urbanen Bauens mit
Holz könnte ein Weg sein, dieser Idee eines kulturell
interessanten, ökonomisch relevanten und ökologisch umsichtigen Städtebaus gerecht zu werden.
Drei Faktoren, die sich neben anderen als besonders
vorteilhaft erweisen, sollen hier angeführt sein:
_ Vorfertigung Holzbauteile werden in immer größeren Elementen vorgefertigt und erlauben damit kurze Bauzeiten, trockene und saubere Baustellen in
der Stadt, die nur einen Bruchteil der Lärmentwicklung von konventionellen Baustellen aufweisen.
_ Flexibilität Holzgebäude lassen sich gut umbauen.
Bei sich verändernden Nutzungsansprüchen können
sie verhältnismäßig unkompliziert adaptiert werden,
was die sinnvolle Nutzungsdauer der Gebäude verlängert.
_ Ökologie-Bilanz Holz ist ein CO2-neutraler Baustoff,
d. h. es speichert Kohlendioxyd, was sich positiv
auf die Ökologie-Bilanz des Bauwerkes auswirkt –
ein Faktor, der in Zukunft immer bedeutsamer wird.
Der Holzbau in Europa hat sich in den letzten Jahren
mehr und mehr in die Höhe entwickelt, was auch
bedeutet, dass sich der Baustoff Holz in den Kernstädten nach und nach etabliert.
6 Geschosse Steinhausen⁄ CH, Mehrfamilienhaus Holzhausen, 2006
Architekten: Scheitlin-Syfrig + Partner Architekten AG, Luzern
7 Geschosse Berlin⁄ D, Wohnhaus Esmarchstraße, 2008
Architekten: kaden + klingbeil architekten, Berlin
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Die Machbarkeit eines Hochhauses in Holzbauweise
sollte nicht nur in technischer Hinsicht untersucht,
sondern es sollten auch die ökologischen und wirtschaftlichen Belange beleuchtet werden. Das vorliegende Forschungsprojekt stützt sich dabei im
Wesentlichen auf vier Säulen:
Entwicklung und Untersuchung eines städtisch geeigneten Hochhaustypus in Holzbauweise mit acht
oder mehr Geschossen in Büronutzung
Grundsätzliche Klärung der Machbarkeit in Bezug
auf Tragwerk, Vorfertigung und Montage mit einem
Schwerpunkt auf Brand- und Personenschutz
Erstellung einer systematischen Stärken-SchwächenAnalyse mit Kostenanalyse zur Evaluierung des
Typus inklusive einer Risikoanalyse des Projekts
samt Versicherungsmodell
Untersuchung der marktorientierten Positionierung
des Typus in Bezug auf die ökonomische und ökologische Relevanz im städtischen Kontext im Sinne
nachhaltiger Entwicklung.
Im Herbst 2008 wurde das Forschungsprojekt 8+
abgeschlossen. Wir blicken also auf 16 Monate intensive Forschungsarbeit zurück. Die Erkenntnisse, die
daraus gewonnen wurden, übertreffen sicherlich die
ursprünglichen Erwartungen an das Projekt. Bei Projektstart haben wir nach einer Möglichkeit gesucht,
im Bereich zwischen 8 und 12 Geschossen die Hochhausgrenze anzukratzen. Mittlerweile haben wir den
Nachweis für 17 Geschosse in unterschiedlichen
Konstruktionsvarianten erbracht und wir sind der
Meinung, dass damit das Ende der Fahnenstange
noch nicht erreicht ist. Eine weitere Bearbeitung des
Themas wird also angesichts der Ergebnisse sinnvoll
sein – nicht zuletzt, um einen kleinen Beitrag zur
nachhaltigen Entwicklung unserer Städte zu leisten.
9 Geschosse London⁄ GB, Wohnhaus Murray Grove, 2008
Architekten: Waugh Thistleton Architects, London
Seite 2 – 3
Einleitung Braucht Stadt
Holz?
Peter Krabbe
Seite 4 – 5
Zum Projekt 8+
Theodor Zillner
Erich Wiesner
Seite 6 – 7
Interview Grenzerfahrungen
mit einem Baustoff
Franziska Leeb mit Michael
Schluder
Seite 8 – 11
Im Detail betrachtet
Lothar Heinrich
Seite 12 – 13
Deckenkonstruktionen
Martin Teibinger und
Franz Dolezal
Seite 14
Brandschutz
Frank Peter
Seite 15
Ökologische Bewertung
Adolf Merl
Seite 16
Teurer und trotzdem
wirtschaftlich!
Michael Zangerl und
Ulrich Forster
Seite 17 – 19
Projektstudie Mexikoplatz
Wien
schluderarchitektur
Seite 20
Projektdaten, -partner
und Förderer
zuschnitt attachment
In Wien wurde bisher mit Holz nur vier- bis fünfgeschossig gebaut. In der Schweiz wurde 2006 ein
Sechsgeschosser, in Berlin 2008 ein zentral gelegener Siebengeschosser errichtet. Nur wenige Kilometer vom Zentrum Londons entfernt steht seit heuer
ein frei stehender neungeschossiger Wohnbau in
Holzbauweise, das höchste Gebäude seiner Art.
Der Eurocode 5 als Normenwerk schafft die Möglichkeit, solch hohe Gebäude zu errichten. Die
gesetzliche Grundlage dafür müssen die örtlichen
Bauordnungen schaffen.
Seitdem in Österreich die oib-Richtlinien (April 2007)
eine neue Basis für die Harmonisierung bautechnischer Vorschriften der einzelnen Bundesländer
bilden, wird auch hierzulande die Diskussion über
Geschosshöhen im Holzbau intensiver geführt.
Das Forschungsprojekt 8+ ist ein österreichischer
Beitrag zur Entwicklung des urbanen, mehrgeschossigen Holzbaus. Sein zentrales Thema ist die Frage,
ob und in welchem Maße sich der Holzbau im Hochhausbau bewähren kann.
8+ untersucht Holzkonstruktionen mit acht oder
mehr Geschossen. Die Startlinie von mindestens
acht Geschossen ergibt sich aus dem Umstand, dass
in Wien ab dem achten Geschoss die Hochhausgrenze erreicht ist. Ab dieser Höhe gelten in der
Wiener Bauordnung spezielle Regeln. Die Einflüsse
von Wind- und Erdbebenkräften bestimmen dabei
die Konstruktion maßgeblich.
Referenzprojekte gab es bei Projektstart keine,
auch waren keine tiefer gehenden Untersuchungen
zum Thema zu finden. Uns Projektinitiatoren erschien es daher unerlässlich, ein Expertenteam aus
allen maßgeblichen Disziplinen zusammenzustellen,
um das Thema aus möglichst vielen Blickwinkeln
zu überprüfen.
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Einleitung
Inhalt
Inhalt
Zum Projekt 8+
Österreich liegt im Innovations- und Technologiefeld „Nachhaltige Gebäude“ weltweit an der Spitze: „Haus der Zukunft“ zählt
europaweit zu den erfolgreichsten Forschungs- und Technologieprogrammen im Bereich nachhaltiges Bauen und Wohnen.
Insgesamt wurden seit 1999 in diesem Programm knapp 250
Projekte mit dem Anliegen gefördert, Technologien für höchst
energieeffiziente Gebäude mit nachwachsenden Bau- und Dämmstoffen zu entwickeln.
Das Programm löste Entwicklungen aus, die Österreich zur führenden Nation im Bereich der Passivhausbauweise, der Effizienztechnologien und der ökologischen Baumaterialien machten.
Derzeit wird der nächste Schritt gesetzt: Im neuen Forschungs- und
Technologieprogramm „Haus der Zukunft plus“ soll unter anderem
die technologische Basis der energieeffizienten Gebäude weiterentwickelt werden, um Null-Energie- und sogar Plus-Energie-Bauweisen zu ermöglichen und zu demonstrieren, dass dies auch mit
ökologischen Baumaterialien realisierbar ist. Ziel ist, dass im Jahr
2020 zahlreiche Wohn- und Bürogebäude sowie Nutzbauten als
Energieproduzenten fungieren und über geringeren Ressourcenbedarf beim Bau mit einer insgesamt positiven Energiebilanz über
den gesamten Lebenszyklus zur Verbesserung der Klimasituation
beitragen.
Die im vorgestellten Projekt untersuchten Möglichkeiten eines
vielgeschossigen Holzbaus scheinen eine attraktive Variante, um
dem ökologischen Baustoff Holz auch im urbanen Bereich einen
größeren Stellenwert einzuräumen.
In diesem Sinne ist dem Büro schluderarchitektur und dem Projektleiter, DI Krabbe, zu den bisher vorliegenden Ergebnissen und
dem gezeigten Engagement in diesem Themenfeld zu gratulieren
und viel Erfolg für die hoffentlich kommende Projekteinreichung
eines entsprechenden Demonstrationsprojektes zu wünschen.
Theodor Zillner
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Abteilung Energie- und Umwelttechnologien
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Holz hat das Potenzial, einen substanziellen Beitrag zur Ökologisierung der Bauwirtschaft und zur Eindämmung des Treibhauseffektes zu leisten. Dazu muss es gelingen, den Marktanteil
von Holz im Baugeschehen entsprechend zu steigern. Schlüssel
dazu sind holzadäquate Baunormen, die wir nur erhalten werden,
wenn wir Politik und Behörden von den Vorzügen unseres Rohstoffs überzeugen können. Gleichzeitig gilt es aber auch, in die
verstärkte Ausbildung von Architekten, Ingenieuren und Planern
sowie in entsprechende Forschungstätigkeit zu investieren.
Für unsere Branche schlummert ein beträchtliches zukünftiges
Wachstumsfeld im urbanen Bereich. Die Herausforderung des
Forschungsprojektes 8+ lautete, in konstruktiver, ökologischer
und ökonomischer Sicht die Möglichkeiten des vielgeschossigen
Holzbaus auszuloten. Zwanzig Geschosse in Holzkonstruktion
sind aus technischer Sicht möglich, wiewohl aus wirtschaftlichen
Gründen noch Grenzen gesetzt sind, wie wir aus den aktuellen
Ergebnissen interdisziplinärer Zusammenarbeit wissen. Für die
Holzindustrie bedeutet dies einen weiteren Schritt in die Zukunft
des modernen Holzbaus, und es war ihr daher eine Selbstverständlichkeit, das Projekt zu unterstützen und in den eigenen
Kreisen zu promoten.
Mit der Dokumentation des Forschungsprojektes 8+ liegt ein
überzeugendes Argumentarium für den Holzbau und damit auch
für eine produktneutrale Ausschreibung bei Großprojekten vor.
Es zeigt die Potenziale des vielgeschossigen Holzbaus auf, die in
der Praxis längst nicht ausgeschöpft sind. Der Fachverband der
Holzindustrie Österreichs dankt dem Projektteam 8+ für sein
Engagement im Bereich des konstruktiven Holzbaus. Nächste
Forschungsschritte werden sicher folgen.
Dr. Erich Wiesner
Obmann des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs und
Vorstandsmitglied von cei-Bois, Zentralverband der Europäischen
Holzindustrie
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zum Projekt 8+
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zuschnitt attachment
Grundriss Regelgeschoss: Alle Nebenfunktionen
sind außen angeordnet. Die Einfachheit des Typus
ermöglicht gute Vergleichswerte.
Ausgangspunkte für die Typenentwicklung 8+:
_ Bürogebäude
_ 700 bis 1000 m2 Grundfläche⁄ Geschoss
_ maximal flexibler Grundriss
_ größtmögliche Stützenfreiheit
_ ökonomisches statisches System
_ beste Evakuierbarkeit des Gebäudes
Interview Grenzerfahrungen mit einem Baustoff
Architekt Michael Schluder erläutert im Gespräch mit Franziska
Leeb, warum ihn das Hochbauen mit Holz reizt, warum er das
Forschungsprojekt 8+ gestartet hat und welche Erkenntnisse
daraus gewonnen wurden.
FL: Was bewegt einen Architekten, der nicht unbedingt zur Riege
der hartgesottenen „Holzbauer“ zählt, dazu, ein Forschungsprojekt zum Thema Hochhaus in Holzkonstruktion zu initiieren?
MS: Vielleicht auch die Neugier, aber sicher die Suche nach der
Ausnutzbarkeit und dem tatsächlichen Potenzial eines aus heutiger Sicht unterbewerteten Werkstoffes. Die Unwissenheit über
das brachliegende Potenzial von Holz ist groß, und daher braucht
es verstärkt die Forschung in interdisziplinären Teams, um diese
Reservoirs freizulegen. Nehmen wir doch den Werkstoff Glas,
der zu meiner Studienzeit eigentlich nur als Fenstermaterial herangezogen wurde, und nun unabhängig von seinen Eigenschaften
als zerbrechlicher, transparenter und bruchgefährdeter Werkstoff
konstruktiv eingesetzt wird. Ziel unseres Initiativprojektes 8+ soll
auch die Widerlegung der alten Vorurteile sein – und was erregt
mehr Aufsehen, als wenn wir nun den Nachweis erbringen können,
dass ein zwanziggeschossiges Gebäude in reiner Holzkonstruktion
möglich ist?
Holz ist in vielerlei Hinsicht ein sehr zukunftsorientierter Baustoff,
der noch ein starkes Ausbaupotenzial – vor allem auch im urbanen
Bereich – besitzt. Und daher ist es auch naheliegend, dass wir als
Wiener Architekturbüro uns die Analyse des Baustoffes hinsichtlich seines Einsatzes in der Stadt vornehmen.
Welche Art von Projekten haben Sie bisher schon in Holz gebaut?
Unser Büro hat im Lauf der Zeit eine Reihe von Projekten – vor
allem im urbanen Raum – realisiert.
Darunter – noch mit meinem ehemaligen Partner Hanns Kastner –
die Entwicklung für ein modulares System von Kindergärten für
die Stadt Wien, das als ein- und zweigeschossige Aneinanderkettung von Raumzellen an drei Standorten ausgeführt wurde. Die
Einsatzmöglichkeiten von Holz waren durch unsere Bürostandorte
in Wien und Berlin sicher eingeschränkt. Sie wurden jedoch in
Wien durch die Bauordnungsnovelle verbessert, und dadurch steigen
die Möglichkeiten im Bauen mit Holz sowie die Nachfrage.
Seit 2006 ist mit Peter Krabbe unser Büro durch einen mit hoher
Werkstoffkompetenz und Erfahrung im Bauen mit Holz ausgestatteten Partner verstärkt worden.
Ein Bürohaus ist ja nicht unbedingt ein typisches Anwendungsbeispiel für den Holzbau. Warum wickeln Sie Ihr aktuelles Forschungsprojekt dennoch ausgerechnet anhand eines Bürohochhauses ab?
Das Bürohochhaus ist eine klassische Bebauungsform der Kernstadt. Kein Bauwerk suggeriert so gut den Willen des Fortschritts
und einer prosperierenden Wirtschaft wie ein Büroturm – gepaart
mit Gedanken in Richtung einer Ökologisierung der Stadt kann
das schon Fantasien erzeugen. Für das Forschungsprojekt war
diese Funktion auch insofern notwendig, als ein rigides, reduziertes Schema, wie es im Bürohausbau Standard ist, leichter mit
herkömmlichen Konstruktionen und Projekten vergleichbar ist.
Wen haben Sie sich als Projektpartner ins Boot geholt?
Man kann das ganze Projektteam als Kreis mit mehreren Ringen
betrachten. Im Zentrum steht das Kernteam mit uns als Ideenfinder für die Forschungsfrage – Peter Krabbe hat dabei die Projektleitung übernommen, Wolfgang Winter und sein Team die
Statik und Frank Peter den Brandschutz. Um dieses Kernteam ist
ein Ring mit weiteren Partnern angeordnet, die gewichtige Fragen
zu beantworten haben. Zu diesen Partnern gehören die Holzforschung Austria mit Peter Schober und Martin Teibinger, das Bauingenieurbüro Vasko + Partner mit Lothar Heinrich sowie das
Holzbauunternehmen wiehag mit Alfons Brunauer und die Firma
Rhomberg Bau, die an der Schnittstelle von Development und Realisierung stehen. Im äußersten Ring stehen uns einige Spezialisten
mit Expertisen zur Seite. Anzuführen sind dabei arsenal research
mit Anita Preisler und Patrice Pinel für die energetische Untersuchung, pe International mit Adolf Merl für die ökologische Betrachtung und die uniqa mit Oliver Weghaupt und Alexander Huter, die
eine Risikobewertung des Projekts vornehmen. Zusammengefasst
ergibt sich so eine ganzheitliche Betrachtung des Themas, die für
die weiteren Schritte in Richtung Realisierung unabdingbar ist.
Zuerst wurden die Konstruktionsvarianten durch die tu Wien entwickelt, statisch auf ihre Standfestigkeit und auf die Wind- und
Erdbebenbeanspruchung untersucht. Danach gingen wir an die
Bearbeitung der weiteren Ziele. Vor allem wurde unter den heute
geltenden Kosten das ausgewählte System der zwanzig Geschosse
durch die Firmen Rhomberg als Entwickler und wiehag als Produzent überprüft und kalkuliert. Das brachte uns zum vorliegenden
Ergebnis – der Einsatzbereich von Holz kann und muss weiterverfolgt werden! Ich glaube, wir haben mit diesem Vorstoß eine
Vielzahl von konkreten Themen aufgezeigt, die nun in einer Realisierung angewandt werden sollen.
Wie fiel die Untersuchung der Kosten im Vergleich zu konventionellen Hochhauskonstruktionen aus?
Diese Frage ist vor allem abhängig vom Anwendungsgebiet, vom
Standort. Nach den Berechnungen liegen wir in Österreich mit der
reinen Tragkonstruktion einige Prozent über den heute geltenden,
vergleichbaren Herstellungskosten. Man muss aber bedenken,
dass der Vergleich zu den dem Konkurrenzdruck ausgesetzten traditionellen Baustoffen schwer zu führen ist und auch hier in der
konkreten Anwendung noch Veränderungen zu erwarten sind.
Sicher kann davon ausgegangen werden, dass durch die steigenden Energiekosten für die Produktion anderer Baustoffe im Holz
noch ein weiterer Vorteil schlummert.
Nachdem wir aber nun das Ergebnis haben und die Einsatztauglichkeit von Holz im Hochhausbau bestätigt haben, ist nun gewiss,
dass in Hinkunft weltweit ein weiterer Baustoff in die Gegenüberstellungen hinsichtlich Energieaufwand, Transportkosten und
Montagezeit mit einbezogen werden sollte.
Was ist nach heutigem Forschungsstand also möglich – wo liegen
die Potenziale?
Untersucht worden sind zwanzig Geschosse. Ergeben hat sich diese
Geschosszahl aus Parametern, die wir im Laufe des Projekts festgesetzt haben. Diese zwanzig Geschosse sind in technischer Hinsicht
Haben Sie das Projekt im Hinblick auf einen bestimmten Standort
bearbeitet?
Ich finde, dass Österreich als drittgrößter Holzexporteur der Welt
und Land mit Holzbautradition geradezu die Verpflichtung zum
globalen Transfer von konstruktivem Wissen und gestalterischer
Kompetenz im Holzbau hat. Daher soll unser Projekt grundsätzlich
weltweit einsetzbar sein. Der Standort Österreich wurde dabei
natürlich mit einbezogen.
Sie haben ein Schaubild angefertigt, das das von Ihnen entwickelte Holzhochhaus in einer realen Gegend neben der Wiener
Reichsbrücke zeigt. Wie kam es zu dieser Wahl?
In Wien ist das ein richtiger Platz für dieses Projekt. Uns ist die
städtebauliche Problemstellung des Wiener Hafens geläufig. Die
derzeit fehlende Anbindung der zu Fuß ankommenden Passagiere
an die Lassallestraße und die dort befindliche u-Bahn-Station
könnten mit einer massiven dreistöckigen Basiskonstruktion als
Passage und überdachtem Markt die Basis für einen oder besser
noch mehrere Bürotürme in leichter Holzkonstruktion bilden.
So könnte ich mir an einem neuralgischen Standort werkstoffspezifisch – als Hybrid – den richtigen Einsatz vorstellen.
Welche konkreten Punkte sind in einem nächsten Schritt noch zu
klären?
Wir müssen als nächste Schritte auf der einen Seite einen Weg
suchen, um mit unseren Ergebnissen in die Normen Eingang zu
finden, und auf der anderen Seite die reale Umsetzung mit Entwicklern und Produzenten weiterführen.
Die Auswahl von Partnern, die in mehrerlei Hinsicht Spezialisten
für den Werkstoff Holz sind, erlaubt uns beim derzeitigen Forschungsauftrag, einen konzentrierten Fokus auf das Material
zu legen. Bei den weiterführenden Überlegungen wird es sicher
notwendig werden, mit weiteren kompetenten Partnern aus der
Bauindustrie im Hinblick auf die reale Umsetzung neue Produkte
zu entwickeln. Erste Gespräche dazu gibt es bereits.
DI Michael Schluder
Geboren 1956 in Wien
Architekturstudium an der tu Wien
Ziviltechniker seit 1991
1983 – 87 Arbeiten in Italien und Frankreich
1988 – 2002 Architekturbüro Schluder⁄ Kastner, Wien
2002 – 07 schluderarchitektur
Seit 2007 schluderarchitektur zt GmbH
Auszeichnung Wiener Holzbaupreis wienwood 05
für das Kindertagesheim Schrebergasse
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Interview
Apropos Fassade: Welche Besonderheiten ergeben sich im Hinblick auf die Gebäudehülle bei einem Holzhochhaus? Ist es Ihnen
wichtig, das Holz außen zu zeigen?
Unserer Überlegung nach wird die Holzkonstruktion nicht nur aus
statischer, sondern auch aus bauphysikalischer Sicht in die Fassadenebene gesetzt, um das Dämmpotenzial von Holz auch wirksam zu
machen. Somit wird auch ein Großteil der Fassadenkosten von der
notwendigen Struktur übernommen. Holz wird dadurch von außen
sichtbar, auch wenn es zum Schutz der Oberfläche in unserem
Projekt mit Glas abgedeckt wird. Die Ein- bzw. Zweischaligkeit der
Gebäudehülle bringt uns die Möglichkeit, Passivhausstandard zu
erreichen.
Welche Problemstellungen wurden im Zuge des Forschungsprojektes evident?
Überraschende neue Fragen hat das Projekt eigentlich keine zutage
gebracht. Die zu erwartenden Probleme standen im Vorhinein fest.
Als Beispiel: Wir wissen natürlich, dass Holz brennt. Wir wissen aber
auch sehr genau, wie es sich im Brandfall verhält, und vor allem,
wie schnell oder besser, wie konstant langsam es abbrennt. Es ist
somit ein kalkulierbares Risiko. Als Vorteil hat sich ergeben, dass
die großen Querschnitte der Stützen sich im Brandfall sehr günstig
verhalten. Das Verhältnis von Gesamtquerschnitt zu abgebrannter
Randfläche ist gering und die restliche Holzkonstruktion bleibt
tragfähig. Wenig überraschend ist auch das Verhalten im Erdbebenfall. Die Konstruktion hat in sich eine gewisse Beweglichkeit,
durch die die Schubkräfte gedämmt werden. Die Veränderungen
bleiben jedoch innerhalb der vom Eurocode festgelegten Toleranzen. Erdbebenkräfte können infolge dieser Beweglichkeit ihre
zerstörerische Energie nicht entfalten. Die Gesamtkonstruktion
verhält sich also infolge von Erdbebeneinwirkungen sehr günstig.
Auch die Knotenpunkte der Konstruktion waren von vornherein
ein wichtiges Thema, das es zu bearbeiten galt. Bei all den sich
ergebenden Problemstellungen gilt aber: Die Themen müssen
detailliert weiterbearbeitet werden, die Lösungen sind aber konzeptuell da.
zuschnitt attachment
und in einem ökonomisch sinnvollen Rahmen realisierbar. Was
darüber hinaus möglich ist, können wir nur vermuten. Als Limit
könnte man beispielsweise die höchsten Bäume der Welt heranziehen – da ragen in den nordamerikanischen Redwood Forests
Stämme bis zu 120 m in den Himmel!
Was die Potenziale angeht, lässt sich die Sache in drei Schlagworten, die Wolfgang Winter geprägt hat, zusammenfassen: light –
fast – clean. „Light“, weil wir einen gut bearbeitbaren, leichten
Baustoff haben. Es ist beispielsweise die gesamte hölzerne Rohbaukonstruktion genau gleich schwer wie der teilweise mineralische Deckenaufbau der Konstruktion. „Fast“, weil die Bauzeiten
sehr kurz sind. Der hohe Vorfertigungsgrad der Elemente garantiert kürzeste Montagezeiten bei einer komplett trockenen Baustelle. „Clean“ steht für die ökologische Komponente des Baustoffes und die gute Recycelfähigkeit. Was ich noch hinzufügen
möchte, ist die gute Wärmedämmeigenschaft des Materials. Für
8+ bedeutet das, dass wir für das Hochhaus bis zu 30 % weniger
in die Fassade investieren müssen.
Im Detail betrachtet
Lothar Heinrich
In Form einer Due-Diligence-Prüfung hat das Ingenieurbüro Vasko + Partner
das Forschungsprojekt 8+ hinsichtlich seiner Stärken und Schwächen
analysiert.
Forschungsansatz
Moderner Holzbau zeigt sich in weitgespannten Hallentragwerken, Brückenbauten mit intelligenten Tragwerken, symmetrischen und frei räumlichen
Dachtragwerken. Der konstruktive Hochbau erreicht aktuell neun Geschosse.
Das Projekt 8+ untersucht die Machbarkeit des konstruktiven Holzhochbaus
bis zwanzig Geschosse. Die Anwendung modernen Holzbaus wird damit
wesentlich erweitert.
Ausgangssituation
8+ ist ein Projekt, das weltweit realisiert werden kann. Die holzspezifischen
Parameter hinsichtlich Brandschutz und Einwirkungen aus Erdbeben und Wind
zur vergleichenden Analyse zu Beton und Stahl basieren auf eu-Normen, anerkannten Richtlinien, dem Stand der Wissenschaft und Technik, Erkenntnissen
aus ausgeführten Bauten und im Wissen um die traditionelle Holzbaukunst.
Kostenparameter basieren auf österreichischem Kostenniveau als Referenzmarke.
Diagonale
Rahmenscheibengittersystem
Der festgelegte Grundrisstypus wurde innerhalb verschiedener Tragsysteme untersucht.
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Lösungsansätze
Grundgedanke ist die Errichtung eines Gebäudes
mit zwanzig Stockwerken zur Gänze in Holz als
ausschließlich tragendes Element für Stützung,
Ebenen, Aussteifung, Stiegen und Aufzugsschächte. Fassade und Innenausbau sind Materialien wie Glas und Leichtbaustoffen in durchaus
konventioneller Bauweise zugeordnet.
Die Lösungsansätze für den Brandschutz sind
vielfältig:
Holzqualität
behandeltes Holz
Holzquerschnitte
Rauchmelder
Sprinklerung
Evakuierungsgeschosse
verkürzte Fluchtwege
Evakuierungsmaßnahmen in den einzelnen
Geschossen
Kurbelviereck
Auermann
Das Prinzip Auermann ist eine geometrische Netzstruktur, die
bei Bedarf lokal verstärkt werden kann. Besonders im Hinblick
auf Erdbebensicherheit ist dieses System gut geeignet.
zuschnitt attachment
In allen statischen Modellen ist die Knotenausbildung der Fassadenstäbe der
statisch und auch wirtschaftlich bestimmende Bauteil des Systems.
Das Rahmenscheibengittersystem hat nur Vertikale und Horizontale und nimmt
horizontale Lasten über die Knotenmomente gleich einem Vierendeelträger auf.
Es sind daher die Knoten steif mit Knotenblechen und hochpräzise auszubilden.
Das Kurbelviereck ist aus einem Diagonalverband durch Versatz der Schnittpunkte
entstanden. Architektonisch sehr ansprechend, muss der Versatz der Schnittpunkte durch einen aufwendigen Knoten statisch wirksam gemacht werden.
Das Prinzip Auermann ist ein Diagonalverband, der sich geometrisch zu einem
Netz verdichtet. Die Aussteifung und das System sind statisch einwandfrei
gegeben. Das Prinzip Auermann hat große Kapazität gegen Erdbeben.
Zurzeit wird im Bauingenieurbüro Vasko + Partner ein sehr einfacher Knoten
im Zusammenhang mit Materialoptimierung entwickelt.
Die Diagonale ist konstruktiver Minimalismus durch Verwendung von bloß
statisch erforderlichen Diagonalen, bemessen nach den äußeren Einwirkungen
Wind oder Erdbeben. Es kann der noch in Entwicklung stehende Auermannknoten verwendet werden.
Allen Systemen ist ein hoher Vorfertigungsgrad bei wenigen Elementen gemeinsam. Dies ist nicht nur eine natürliche Eigenschaft des modernen Holzbaus, sondern es hat auch Tradition.
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Im Detail betrachtet
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Statische Modelle
Aus den untersuchten Grundrisstypen wurde ein
Rechtecktyp mit Fassadenkorsett zur Auswertung
ausgewählt. Seine Abmessungen von 18 m Breite,
45 m Länge und einer Höhe von 75 m entsprechen
ungefähr dem Wiener Ringturm, wobei dieser mit
14,5 m Breite schlanker ist.
Das Fassadenkorsett mit den Decken übernimmt
die Aussteifung, sodass Schächte, Stiegenhäuser
und Aufzüge frei im Grundriss angeordnet werden
können. Die Kapazität der Aussteifung über die
Haut ist ungleich größer als die über Kerne.
Untersucht wurden vier Konstruktionen der aussteifenden Fassade, die zur Unterscheidung wie folgt
benannt wurden:
Rahmenscheibengittersystem
Kurbelviereck
Auermann
Diagonale
Analyse der Stärken, Schwächen und Chancen
Stärken
_ Ökologie: nachwachsender Rohstoff, Nachhaltigkeit, Lebenszyklus
_ Im Vergleich zu Beton und Stahl relativ zum
Querschnitt geringeres Gewicht
_ Trockene und rasche Bauzeit
_ Bauphysikalische Vorteile gegenüber Beton und
Stahl
Schwächen
_ Widerstand gegen das Bauen mit Holz ist nach
wie vor vorhanden, da es zu wenig Aufklärung und
einen allgemein geringen Wissensstand über den
Holzbau gibt
_ Die Erfüllung behördlicher Auflagen, die dem
modernen Holzhausbau nicht mehr entsprechen,
ist schwierig
_ Für eine nachhaltige Verwendung und lange
Lebensdauer sind die Klimaeinflüsse zu berücksichtigen, die Holzkonstruktion ist mit einer
adäquaten Fassade zu kombinieren.
Mögliche Fassadengestaltung für das Prinzip Auermann
Die kleinste Konstruktionseinheit des modularen
Haupttragsystems
Chancen
Im Lebenszyklus und ökologisch betrachtet ist Holz
jener Rohstoff, der zum Bauen am besten zu nutzen
ist. Die Investitionskosten sind im Vergleich zu anderen Baumaterialien mit dem globalen Vergleichsindikator, der sich im Rahmen von 20 % bis 120 % zu
den in der Studie angenommenen österreichischen
Preisen bewegt, und den örtlichen Ressourcen zu
messen und zu ermitteln.
Das Deckensystem ist sehr leicht (ca. 250 kg⁄ m2 Eigengewicht) ausgeführt;
die Gesamtbelastung auf die Konstruktion ist im Verhältnis zum Massivbau relativ gering.
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Das Fassadensystem ist – dem Gebäudekonzept
entsprechend – modular aufgebaut. Der hohe Konstruktionsanteil in der Fassade reduziert die Fassadenkosten.
Erforderliche Entwicklungsarbeit
Eigenschaften von behandeltem Holz
Kompositionswerkstoffe mit Holz
Verbindungs- und Fügetechnik
Bauordnungen auf Grund neuer Entwicklungen
im Holzhochbau
_ Erdbebenversuche wie zum Beispiel in Japan
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Erkenntnisgewinn und Ausblick
Die Errichtung eines zwanzigstöckigen Hauses
mit Holz als ausschließlich tragendem Element ist
möglich. Bei rationalem Planen und Investieren
kann dem Holzhochbau ein weites Feld erschlossen
werden, auch wenn das Höhenpotenzial nicht völlig
ausgeschöpft wird.
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Im Detail betrachtet
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Erdbeben
Die äußeren Einwirkungen auf jedes Gebäude sind
Wind und Erdbeben. Es gibt Zonen ohne Erdbeben,
aber mit hohen Windgeschwindigkeiten und Zonen
mit großen Erdbebenlasten. Die Höhe eines Holzhauses wird neben architektonischen und Investitionsüberlegungen im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Optimierung des Tragwerks abhängig
sein. Im Forschungsprojekt 8+ wurde eine Maximalhöhe von 75 Metern untersucht. Es stellte sich heraus,
dass in Gebieten mit hohen Windgeschwindigkeiten
bei dieser Gebäudehöhe das Risiko minimiert ist.
In schweren Erdbebengebieten sind bei der Festlegung der möglichen Höhen die jeweils auftretenden
seismischen Kräfte zu berücksichtigen. Aus der Dokumentation historischer Erdbeben weiß man jedenfalls,
dass Holzbauten besonders erdbebensicher sind. Erdbebensicheres Bauen ist mit Leitprinzipien verbunden:
Konstruktive Einfachheit
Regelmäßigkeit, Symmetrie und Redundanz
Bidirektionale Beanspruchbarkeit
(Widerstand) und Steifigkeit
Torsionsbeanspruchbarkeit und Torsionssteifigkeit
Scheibenwirkung der Decken auf Geschossebene
Ausreichende Gründung
Lothar Heinrich
geboren 1943
ist im Ingenieurbüro
Vasko + Partner
seit 32 Jahren in Entwurf
und Ausführung als Tragwerksplaner tätig
zuschnitt attachment
Rechenmethoden
Die heutigen Rechenmethoden erlauben materialiengerechte und optimierte Ergebnisse in technischer
und wirtschaftlicher Hinsicht.
Das wesentliche Element, um ein Tragwerk bestens
zu gestalten, ist das konstruktive. Gleichzeitig ist
es der Prüfstand sowohl von Material als auch von
neuen Konstruktionen.
Die Rechner bleiben Werkzeug.
Hier liegen die großen Chancen in den waldreichen
Gegenden der Erde, von denen es noch genug Transferpotenzial in waldarme Gebiete gibt.
Die Momentaufnahme der Kosten im Vergleich zu
Beton und Stahl verzerrt das Verhältnis, da die globale Preisentwicklung eine Steigerung bei Stahl
und Beton zeigt, Holz hingegen zukünftig vergleichsweise billiger sein wird.
Deckenkonstruktionen
Martin Teibinger und Franz Dolezal
Anforderungen
An die Trenndeckenkonstruktionen wurden seitens
des Projektteams folgende Anforderungen gestellt:
Brandschutz
Die Decken bei Hochäusern müssen entsprechend
den baugesetzlichen Vorgaben einen Feuerwiderstand von rei 90 aufweisen und aus Baustoffen
der Euroklasse des Brandverhaltens mindestens a2
bestehen [1]. Da die Tragstruktur aus brennbaren
Baustoffen errichtet werden soll, wurde im Brandschutzkonzept festgelegt, dass keine Hohlräume
vorhanden sein dürfen und die Holzkonstruktion
sichtbar ohne zusätzliche Beplankungen bzw. abgehängte Unterdecke ausgeführt wird.
Schallschutz
Die Anforderungen an den Schallschutz werden für
Österreich in der önorm b 8115-2 [2] geregelt. Für
Trennbauteile ergeben sich folgende Anforderungen:
Bezüglich des Luftschallschutzes von Trenndecken
in Gebäuden zwischen Aufenthaltsräumen unterschiedlicher Nutzungseinheiten ist eine bewertete
Standard-Schallpegeldifferenz DnT,w von mindestens 55 dB einzuhalten. Diese Anforderung des
Luftschallschutzes ist mit den üblichen Holzdeckensystemen, die auch den geforderten Trittschallschutz aufweisen, gewöhnlich leicht zu erreichen.
Der Trittschallschutz wird durch den höchstzulässigen bewerteten Standard-Trittschallpegel L’nT,w
charakterisiert. Zu Aufenthaltsräumen aus Räumen
angrenzender Nutzungseinheiten darf dieser maximal 48 dB betragen.
Diese Anforderungen können sowohl von Holzrahmenbau- als auch von Massivholzdecken erfüllt
werden. Ein Bauteilkatalog mit nachweisfreien Konstruktionen steht unter www.dataholz.com [3]
kostenlos zur Verfügung.
Flächengewicht
Von den Statikern wurde ein maximales Flächengewicht der Decke mit 250 kg⁄ m2 festgelegt.
Sonstiges
Wie generell für den Bürobau üblich, ist für die Installationsführung ein Doppelboden auszubilden.
Zusätzlich legte das Projektteam fest, dass die Vorteile des Holzbaus hinsichtlich trockener Bauweise
grundsätzlich einzuhalten sind. Dies schließt sowohl
Holz-Beton-Verbunddecken als auch einen Nassestrich aus.
Bauakustisch optimierte Deckenkonstruktionen
Gegenüber schweren, biegesteifen mineralischen
Konstruktionen, bei denen der Schallschutz durch
die Bauteilmasse bewerkstelligt wird, sind die akustischen Eigenschaften von Holzkonstruktionen
wesentlich schwieriger abschätzbar. Bei Massivholzelementen übernimmt eine massive Platte die tragende Rolle, deren Einbruch der Schalldämmung im
Bereich der Koinzidenz-Grenzfrequenz bei üblichen
Konstruktionsstärken im Bereich von 250 bis 500 Hz
zu finden ist [4]. Eine akustische Kompensation im
Bauteil ist hier erforderlich. Im Holzbau setzen sich
die Bauteile daher aus mehreren Schichten zusammen. Während die Schalldämmung einschaliger Bauteile nur auf ihrer Masse und Biegesteifigkeit beruht,
können im Holzbau durch mehrschalige Konstruktionen mit entkoppelten Schalen und Hohlraumdämmstoffen gleiche Schalldämmwerte bei wesentlich geringeren Massen erreicht werden [5].
Brettsperrholz mit Estrich
Deckenvariante 1
200 mm Doppelboden Nortec
60 mm Zementestrich
Trennschicht
28 mm Floorrock hp30-2
50 mm Splittschüttung,
Schüttdichte rd. 1300 kg⁄ m2
162 mm Brettsperrholz
Brettsperrholz mit Trockenestrich
Deckenvariante 2
200 mm Doppelboden Nortec
25 mm Rigidur Estrichelement
29 mm Floorrock hp30-1
50 mm Splittschüttung 4⁄ 8
162 mm Brettsperrholz
Deckenkonstruktionen
Nr. Tragstruktur
1
2
3
4
Brettsperrholz mit Estrich
Brettsperrholz mit Trockenestrich
Betondecke
Holz-Beton-Verbunddecke
Spannweite
[m]
4,5
4,5
7,5
7,5
DI Dr. Martin Teibinger
Studium der Holzwirtschaft
an der Universität für Bodenkultur Wien
2004 Promotion an der
tu Wien
Seit 1996 Mitarbeiter der
Holzforschung Austria, seit
2001 stellvertretender Abteilungsleiter „Bauwesen“
DI Franz Dolezal
ist Mitarbeiter im Modul
Bauphysik der Holzforschung
Austria, Schwerpunkt Bauakustik
Flächengewicht
[kg⁄ m2]
325
240
410
430
Bauteilhöhe
[mm]
500
466
360
500
Ln,w
[dB]
< 42
< 43
47
46
Mögliche Deckenvarianten in Abhängigkeit von der Spannweite
Konstruktive Lösungen
Für den Bürobau mit Doppelboden ergeben sich
die in der nebenstehenden Tabelle angeführten
Deckenkonstruktionen. Aufgrund der vom Projektteam festgelegten Vorgabe hinsichtlich des Flächengewichtes reduziert sich die Auswahl für das
vorliegende Projekt auf Variante 2. Optimierungsmaßnahmen sind durch schallschutztechnische
Prüfungen möglich.
Betondecke
Deckenvariante 3
200 mm Doppelboden Nortec
160 mm Beton
Holz-Beton-Verbunddecke
Deckenvariante 4
200 mm Doppelboden Nortec
140 mm Beton
160 mm Brettsperrholz
12
13
Literatur
[1] www.ris.bka.gv.at
[2] önorm b 8115-2: Schallschutz und Raumakustik
im Hochbau – Teil 2: Anforderungen an den Schallschutz, Österreichisches Normungsinstitut 2002.
[3] www.dataholz.com
[4] Bednar, T., Vodicka, M., Dreyer, J.: Entwicklungen
im mehrgeschossigen Holzbau am Beispiel des
Schallschutzes der Trenndecken. Jahrestagung
der öpg-fa Akustik, Graz 2000.
[5] Holtz, F.: Schalldämmende Holzbalken- und
Brettstapeldecken. Informationsdienst Holz:
Reihe 3, Teil 3, Folge 3, Rosenheim 1999.
zuschnitt attachment
Schalltechnisch funktionieren mehrschalige Bauteile nach dem Feder-Masse-Prinzip. Dabei sind
zwei Schalen über eine „Feder“ miteinander verbunden. Betrachtet man hier eine Geschossdecke,
so stellen die Rohdecke und der Estrich die jeweiligen Schalen mit entsprechender flächenbezogener Masse m’ und die Trittschalldämmung dazwischen mit ihrer dynamischen Steifigkeit s’ die
Feder dar. Durch Schallanregung kann nun dieses
System zum Schwingen gebracht werden, wobei
besonders bei der Resonanzfrequenz, welche
durch m’ der Schalen und s’ der Feder definiert
wird, die schalldämmenden Eigenschaften am
schlechtes ten sind. Deshalb wird versucht, die
Resonanzfrequenz möglichst weit in den unteren,
bauakustisch weniger relevanten Frequenzbe reich unter 50 Hz zu verschieben. Akustisch am
günstigsten wirken sich demnach zwei möglichst
schwere Schalen (Rohdecke und Estrich) und
eine möglichst weiche Trittschalldämmplatte aus.
In der Praxis sind der bauakustischen Opti mierung baupraktische Grenzen gesetzt, die in
erster Linie bei der erforderlichen Stabilität
der Trittschalldämmung zu suchen sind.
Brandschutz
Frank Peter
Das im Projekt 8+ behandelte Gebäude unterscheidet sich von den bestehenden Hochhäusern insbesondere durch die Verwendung von Holz für Tragkonstruktion, Wände und Decken.
Die Schutzziele sind, der Gefährdung von Leben und
Gesundheit von Personen vorzubeugen (Personenschutz), die Ausbreitung eines Brandes so zu begrenzen, dass eine wirksame Brandbekämpfung
möglich ist und die Auswirkungen eines Brandes
auf Sachgüter und das gegenständliche sowie benachbarte Bauwerke ebenfalls begrenzt bleiben.
_
Baulicher Brandschutz
Die Bestimmungen der onr 22000 „Gebäude mit
_
besonderen brandschutztechnischen Anforderungen
(Hochhäuser)“ werden grundsätzlich eingehalten.
Die Tragkonstruktion, Wände und Decken bestehen
jedoch aus brennbaren anstatt nicht brennbaren
_
Baustoffen. Für den Feuerwiderstand der Tragkonstruktion, der Wände und Decken wird der Nachweis erbracht, dass die gemäß onr 22000 geforderte
Feuerwiderstandsdauer ohne Berücksichtigung der _
Sprinkleranlage erreicht wird. Eine Brandausbreitung wird u. a. durch eine Sprinkleranlage in Vollschutz mit erhöhter Redundanz und zusätzlichem
„Fassadenschutz“ beschränkt.
Betriebstechnische Brandschutzeinrichtungen
Das gesamte Gebäude wird mit folgenden betriebstechnischen Brandschutzeinrichtungen ausgestattet:
DI Frank Peter
geboren 1965
Ingenieurkonsulent für
Maschinenbau
Studium Maschinenbau –
Verfahrenstechnik an der
tu Wien
1995 – 2007 Offizier bei
der Berufsfeuerwehr Wien
Lehrbeauftragter an der
tu Wien
Mitarbeit in diversen Ausschüssen des Österr. Normungsinstitutes, des öbfv
und im trvb-Arbeitskreis
Seit 2007 Ziviltechniker
Gründung der brandRat zt
GmbH Brandschutz Consulting und Engineering
_
_
_ Brandmeldeanlage in Vollschutzausführung mit
Alarmweiterleitung zur Feuerwehr
_ Alarmierungseinrichtung – Elektroakustisches
_
Notfallsystem
_ Sprinkleranlage in Vollschutz mit erhöhter Redundanz und zusätzlichem „Fassadenschutz“
_ Schleusen und allenfalls vorhandene Gänge im Verlauf von gesicherten Fluchtwegen werden mit
Rauchverdünnungsanlagen mit einem dreißigfachen _
Luftwechsel ausgestattet
_ Örtliche Rauchabzugsanlagen zur Unterstützung
eines Feuerwehreinsatzes
_ Feuerwehraufzüge
_ Nasssteigleitungen und Wandhydranten sowie trag- _
bare Feuerlöscher
_ Sicherheitsbeleuchtung gemäß öve ⁄ önorm e 8002
_ Objektfunkanlage gemäß trvb s 159.
Einhaltung der Schutzziele
Trotz aufwendigster Sicherheitstechnik ist es nicht
möglich, ein Schadensereignis gänzlich auszuschließen. Durch eine gebäudespezifische Auswahl der
Brandschutzmaßnahmen und Anwendung von Ingenieurmethoden ist es möglich, die Schutzziele einzuhalten und das Brandrisiko unabhängig von der Bauweise und unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit
auf einem allgemein akzeptierten Maß zu halten.
Es wird der Nachweis erbracht, dass die Tragfähigkeit des Bauwerks ohne Berücksichtigung der
Sprinkleranlage 90 min. gemäß onr 22000 beträgt.
Es wird der Nachweis erbracht, dass die Feuerwiderstandsdauer der raumabschließenden Bauteile ohne
Berücksichtigung der Sprinkleranlage 90 min. gemäß onr 22000 beträgt.
Horizontaler und vertikaler Brandüberschlagsweg
werden kompensiert durch eine Sprinkleranlage in
Vollschutz mit erhöhter Redundanz und zusätzlichem „Fassadenschutz“.
Die zentralen Haustechnikschächte aus Stahlbeton
befinden sich an der Außenseite der Stirnseiten des
Gebäudes. Jedes Geschoss wird einzeln von diesen
Schächten versorgt. Innerhalb der Geschosse werden
durch eine entsprechende Leitungsführung Hohlräume vermieden.
Die Abstände zu Nachbarn werden eingehalten.
Zusätzlich ist eine Sprinkleranlage in Vollschutz mit
erhöhter Redundanz und zusätzlichem „Fassadenschutz“ vorhanden.
Die Primärgefährdung der Personen besteht im
Brand der mobilen Brandlast (Einrichtungsgegenstände etc.). Es besteht hierbei kein Unterschied zu
Massivbauten.
Die Sekundärgefährdung von Personen außerhalb
des vom Brand betroffenen Brandabschnitts erfolgt
i. A. durch Brandfortleitung und Rauchübertragung.
Die Brandfortleitung und Produktion von Rauchgasen wird durch die Sprinkleranlage beschränkt.
Das Gebäude wird durch drei außen liegende Sicherheitsstiegenhäuser in Massivbauweise erschlossen.
Es ergibt sich daher eine sehr gute Fluchtwegsituation mit kurzen Fluchtweglängen und grundsätzlich
Fluchtwegen in entgegengesetzten Richtungen.
Zusätzlich sind die außen liegenden Sicherheitsstiegenhäuser mit Feuerwehraufzügen ausgestattet.
Durch die Situierung der Stiegenhäuser kann ein
gezielter Löschangriff von mehreren Seiten erfolgen.
2215
– 4104
2319
Adolf Merl
Global zeigt sich, dass im Bürobau die kalkulierte
Nutzungsdauer immer kürzer angesetzt wird. Für
die ökologische Bewertung des Projekts 8+ wurden
daher 25 Jahre angenommen. Diese veränderten
Rahmenbedingungen erfordern flexible Konstruktionen, die Wiederverwendung, thermische Verwertung oder Recycling auf hohem Niveau ermöglichen.
Ergebnisse
Die Basis der Ökobilanz, die Rohmaterialgewinnung,
Transporte, Vorfertigung, Einbau, Gebäudenutzung
sowie Verwertung und Entsorgung umspannt, bilden
die für die Errichtung benötigten Materialien:
Material
Rohbau
Brettsperrholz
2179
Spanplatten
Stahl
159
Aluminium
Kunststoffe
1,23
Dämmstoffe
Mineralisch
Glas
Summe (rund)
2339
Fassade
Boden⁄ Dach
367
64,4
60,9
10,3
277
348
13,7
77,7
1828
2351
Summe
2179
367
223
61
25
78
1828
277
5038
Massen der zur Baustelle gelieferten Materialmengen [t]
Die Massenermittlung der 17 Holzgeschosse
(13.474 m2 Nutzfläche) ohne mineralischen Unterbau verdeutlicht die Leichtigkeit der Konstruktion,
die ca. 30 % an Materialmassenbedarf im Vergleich
zu konventionellen Bauweisen aufweist. Auffallend
ist, dass die Bodenkonstruktion, die auch als Massenspeicher dient, die gleiche Masse wie der Rohbau (46,5 % des Gesamtgewichts) aufweist.
Energieverbrauch
Der Verbrauch nicht regenerativer Energien liegt
bei knapp 176 Mio. MJ (13.052 MJ⁄ m2 Nutzfläche).
108 Mio. MJ (8015 MJ⁄ m2) regenerativer Primärenergie werden für die Herstellung, Nutzung und den
Bereich „End of Life“ benötigt. Durch die energetische Verwertung können über 22 Mio. MJ an nicht
erneuerbarer Energie ersetzt werden. Das bedeutet,
dass 45 % der Errichtungsenergie durch Nutzung
der im eingebauten Holz gespeicherten erneuerbaren Energie zurückgewonnen werden können.
Damit reduziert sich der nicht regenerative Primärenergieeinsatz für die Herstellung von 49,3 Mio. MJ
(3657 MJ⁄ m2) auf etwa 27 Mio. MJ (2005 MJ⁄ m2).
Die Energiemenge aus der Gutschrift könnte zum
Beispiel 1500 gut gedämmte Wiener Haushalte mit
einem Bedarf von ca. 50 kWh⁄ m2 ein Jahr lang mit
Fernwärme versorgen.
– 6000
– 4000
– 2000
0
2000
– 1785 Saldo
CO2-Bilanz
Die CO2-Bilanz zeigt, dass über die Nutzungsdauer
von 25 Jahren eine Reduktion von 1785 t CO2 durch
Bindung im Gebäude erreicht wird. Ein Mittelklasse-pkw kann fast 300 Mal den Globus umrunden,
um diese Menge an Treibhausäquivalenten auszustoßen.
Der im eingebauten Holz gespeicherte Kohlenstoffanteil wird erst am Ende des Lebenszyklus bei der
energetischen Verwertung der Bauteile in Form von
CO2 wieder freigesetzt.
Wirkungsabschätzung
Das Treibhauspotenzial wird in der Errichtungsphase
vom eingespeicherten Kohlenstoff in den Holzprodukten geprägt. Damit ergibt sich ein positiver Beitrag gegen den Treibhauseffekt von minus 1537 t
CO2-Äquivalenten (minus 114 kg⁄ m2 Nutzfläche) für
die Errichtung. Die Einbeziehung der Verwertung
und Entsorgung ergibt einen Saldo von ca. 1734 t
(128 kg⁄ m2 Nutzfläche). Diese verhältnismäßig geringen Emissionen sind nur mit Holzkonstruktionen
erreichbar. Der Gebäudebetrieb über 25 Jahre verursacht weitere 9000 t an Treibgasemissionen.
Durch die Nutzung des Gebäudes und den damit
verbundenen Energieverbrauch wird die Nutzungsphase zu einem wichtigen Faktor mit Anteilen zwischen 45 % und 70 % bei den einzelnen Wirkungskategorien. Werden aber die von der Bauphysik
errechneten Optimierungspotenziale mittels entsprechender Veränderung der Qualität der Gebäudehülle und der Steuerung des Gebäudes in weiteren
Entwicklungsschritten umgesetzt, kommt es durch
Reduktion des Energieverbrauchs im Betrieb und
Erhöhung des materiellen und energetischen Aufwandes auf der Konstruktionsseite zu Verschiebungen. Damit kann während der Nutzungsphase der
Bedarf an elektrischer Energie noch um bis zu 50 %
und an thermischer Energie noch um bis zu 75 %
gesenkt werden.
Vor allem hinsichtlich Energieverbrauch und Treibhauseffekt schneidet dieses Gebäudekonzept hervorragend ab. Vor der thermischen Verwertung der
Holzkonstruktion ist bei entsprechend sorgfältigem
Rückbau auch die mehrmalige Wiederverwendung
der Konstruktionsteile möglich. Generell bieten
leichte Bauweisen mit demontierbaren Einzelteilen
die Aussicht auf hochwertige Weiterverwendung
und sind dadurch in ökologischer Hinsicht gegenüber monolithischen Bauweisen im Vorteil.
4000
Tonnen
CO2-Bilanz des Projekts 8 +
CO2
CO2
CO2
CO2
im Holz für Energie
aus Holz für Energie
im Holz des Bauwerks
fossil für Produktion
Baumaterial
DI Dr. Adolf Merl
Bauingenieur (tu Wien)
bis 1998 in verschiedenen
Architekturbüros tätig
1998 – 2004 Universitätsassistent an der tu Wien,
seither Forschung und
Consulting
ab 2008 Geschäftsführer der
pe cee GmbH in Wien in den
B ereichen Ökobilanzierung
(lca) und Nachhaltigkeit
14
15
– 2215
Output
zuschnitt attachment
Input
Brandschutz
Ökologische Bewertung
Ökologische Bewertung
Teurer und trotzdem wirtschaftlich!
Michael Zangerl und Ulrich Forster
_ Reduktion der Geschosshöhen durch Verzicht auf abgehängte Decken: Dadurch wird ein geringeres Bauvolumen inklusive reduzierter Fassadenflächen erzielt.
_ In der kalkulierten Holzkonstruktion wurde stark auf
Sicherheit hin geplant. Die dadurch generierten Massen lassen ein erhebliches Optimierungspotenzial zu.
_ Durch die zu erwartenden kurzen Bauzeiten können
frühere Rückflüsse von Mieterträgen und somit ein
Zinseffekt erzielt werden.
_ Berücksichtigung der stark steigenden Preise für
Stahl und Energie; die Zementherstellung ist sehr
energieaufwendig. Somit sind künftig höhere
Das Ergebnis der Kalkulation zeigt, dass die Kosten
Kosten bei Stahlbetonkonstruktionen zu erwarten.
der Primärkonstruktion in Holzbauweise derzeit um
70 % höher liegen als bei einer Primärkonstruktion
Um die wirtschaftliche Machbarkeit der Holzkonin Stahlbetonbauweise.
struktion zu erreichen, sind in weiterer Folge sowohl
neue Lösungen für Fassade, Haustechnik und Ausbau speziell für Holzkonstruktionen als auch OptiVergleich Rohbaukosten in Mio. ¤
mierungspotenziale in der Primärkonstruktion zu
untersuchen und zu entwickeln.
Wirtschaftlichkeit
Um eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit treffen zu
können, müssen die Kosten eines Gebäudes in Holzbauweise den Kosten eines Gebäudes in konventioneller Stahlbetonbauweise gegenübergestellt
werden.
Eine Vergleichskalkulation wurde anhand der
folgenden Parameter zugrunde gelegt:
_ 17 Stockwerke
_ Geschossfläche von 750 m2
_ Geschosshöhe von 3,25 m
Im Rohbau ist die Holzbauweise derzeit um 70 %
teurer als Stahlbeton.
Stahlbeton
0,7
Die Kostendifferenz ergibt
sich im Holzbau durch höhere
Material- sowie Lohn- und
Montagegerätekosten (Differenz ¤ 2,6 Mio). Die Wirtschaftlichkeit des Holzbaus
ist jedoch trotz der höheren
Kosten für den Rohbau nicht
ausgeschlossen.
Betrachtet man die Errichtungskosten des gesamten
Gebäudes, nähern sich die
Werte an.
0,7
2,4
Holz
0,7
1,9
3,8
_
Baustellengemeinkosten – Material – Lohn und Geräte
Vergleich Errichtungskosten in Mio. ¤
Stahlbeton
3,8
1
8
4
5
Holz
6,4
1
8
4
5
_
Einsparungspotenzial durch neue Lösungen
DI Ulrich Forster
geboren 1971
1998 Diplom Bauingenieur
an der fh Regensburg⁄ D
seit 1998 Akquisition für
Generalunternehmen im
Schlüsselfertigbau,
Rhomberg Bau GmbH,
Bregenz
Mag. Michael Zangerl
geboren 1964
Studium der Betriebswirtschaft an der Uni Innsbruck
zuständig für Geschäfts feldentwicklung, Vertrieb
und Marketing bei Rhomberg Bau GmbH, Bregenz
Optimierungspotenzial in der Primärkonstruktion
_
Rohbau – Untergeschoss – Fassade – Ausbau – Haustechnik
Gemessen am Schlüsselfertigpreis eines Gebäudes
beträgt die Kostendifferenz zum Stahlbetonbau
„nur“ mehr 12 %. Im Bereich Holzbau liegen dabei
wesentliche Optimierungspotenziale im Bereich
Fassade, Ausbau und Haustechnik:
_ Einsparungen durch eine sichtbare Konstruktion
als Fassadenelement
_ Durch geringeres Gewicht der Konstruktion
geringere Kosten für das Fundament
_
Marktpositionierung
Neben der Wirtschaftlichkeit wird die Positionierung
des mehrgeschossigen Holzbaus in geeigneten Märkten als wesentliches Erfolgsmerkmal angesehen:
Holzbaukonstruktionen eignen sich gut für Regionen
mit hohen Grundstückspreisen. Bei den Käufern bzw.
Eigentümern solcher Grundstücke ist davon auszugehen, dass die Preissensitivität gegenüber Käufern
von günstigen Grundstücken geringer ist. Besonders
in Zentren von Ballungsräumen rücken deshalb
Grundstückskosten und erzielbare Vermietpreise im
Vergleich zu den Errichtungskosten in den Vordergrund. Nichtsdestoweniger sind kurze Bauzeiten erwünscht, um das Gebäude in möglichst kurzer Zeit
seiner Nutzung zuzuführen und Renditen zu erzielen.
Kurze Bauzeiten werden auch dort nachgefragt,
wo diese klimatisch bedingt notwendig sind oder
es die besondere Situation erfordert (z. B. vor
Großereignissen).
Holzbauten werden verstärkt Kundengruppen mit
ausgeprägtem Umweltbewusstsein ansprechen.
Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und somit
CO2-neutral, sein Einsatz also klimafreundlich. Ein
Unternehmen kann z. B. mit einem Bürohaus in Holzbauweise seine Firmenphilosophie widerspiegeln.
Überdies spielen sowohl im gewerblichen als auch
im privaten Bereich traditionelle Werte, die mit dem
Holzbau verbunden werden, eine große Rolle.
In Regionen mit großflächig verfügbaren Holzvorkommen wird Holz als Baustoff vermehrt nachgefragt werden. Damit wird ein wesentlicher Beitrag
zur regionalen Wertschöpfung geleistet.
16
17
zuschnitt attachment
In jüngerer Zeit entwickelt sich wieder etwas Neues
auf und an der Donau. Die Stadt hat den Donaukanal und die Donauufer als attraktiven Stadtraum
entdeckt. Auch die Donau selbst als internationaler
Wasserweg zwischen den Donaustädten erlebt eine
Renaissance. Von Ost- und Westeuropa kommen
Touristen über die Donau nach Wien und gewinnen
ihren ersten Eindruck von der Metropole direkt am
Hafen. Die Distanz vom Schifffahrtszentrum am
Handelskai bis in die Innenstadt beträgt vier u-BahnStationen. Dieser Ort hat viel Potenzial, zu einem
pulsierenden urbanen Subzentrum heranzuwachsen.
Ein idealer Platz für ein Projekt wie 8+.
Als Eingangsportal von der Wasserseite aus wird
das Hochhaus aus Holz zum Landmark, das Urbanität, Wirtschaft und ökologische Stadtentwicklung
miteinander verbindet.
Eine 200 Meter lange Spange legt sich in Analogie
zur Reichsbrücke vom Mexikopark über den Handelskai und die Schnellbahntrasse zum Donauhafen.
Sie ermöglicht die barrierefreie, fußläufige Verbindung vom Hafen zur u-Bahn und bildet einen anziehenden witterungsgeschützten Raum in der Stadt.
Darunter, im Gelände versenkt, gibt es Parkmöglichkeiten. Darüber, auf die Spange gestellt, sitzt ein
sechsgeschossiger Querriegel in Holzbauweise, der
die Administration der Wiener Hafen Gesellschaft
aufnimmt. Versetzt dahinter befindet sich ein zwanziggeschossiges Hochhaus, dessen Holzkonstruktion an der Fassade ablesbar ist. Der Bürobau verfügt
über einen offenen Grundriss und eine haustechnische Ausrüstung, die den Betrieb des Gebäudes
als Passivhaus erlauben. Das Gebäudekonzept bietet
Unternehmen und Organisationen die Möglichkeit,
ihre ökologische Grundhaltung an ihrem Standort
zum Ausdruck zu bringen.
Teurer und trotzdem wirtschaftlich!
Projektstudie Mexikoplatz Wien
Projektstudie Mexikoplatz Wien
Donau
Lageplan
schluderarchitektur, 2008
Schnitt
www.proholz.at www.zuschnitt.at www.holzistgenial.at www.dataholz.com www.infoholz.at
Projektdaten 8+
Initiativforschung
Vielgeschossiger Holzbau im
urbanen Raum
Projektsstart: Juli 2007
Zwischenpräsentation: März 2008
Projektende: September 2008
Antragsteller und Projektleitung
schluderarchitektur zt GmbH
Heinrichsgasse 2⁄ 9
A-1010 Wien
T +43 (0)1 ⁄533 65 34
[email protected]
www.architecture.at
Architekt
DI Michael Schluder
Projektleiter
DI Peter Krabbe
Projektpartner
Tragwerksentwicklung, Statik
iti – Institut für Architekturwissenschaften, Tragwerksplanung und
Ingenieurholzbau, tu Wien
Karlsplatz 13⁄ 259⁄ 2
A-1040 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 588 01 - 254 01
[email protected]
www.iti.tuwien.ac.at
o.Univ.Prof. DDI Wolfgang Winter
Univ.Ass. Dr. Yoshiaki Amino
Univ.Ass. DI Dr.techn.
Kamyar Tavoussi-Tafreshi
Tamir Pixner, MSc
Bauphysik
Holzforschung Austria (hfa)
Franz Grill-Straße 7
A-1030 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 798 26 23
[email protected]
www.holzforschung.at
Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter Schober
DI Dr. Martin Teibinger
Brandschutz
brandRat zt GmbH
Strobachgasse 4⁄ 1
A-1050 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 581 08 67
[email protected]
www.brandrat.at
DI Frank Peter
Statik, Fertigteilentwicklung,
Kostenschätzung Holzbau
wiehag GmbH
Linzer Straße 24
A-4950 Altheim
T +43 (0)7723 ⁄ 465 - 0
[email protected]
www.wiehag.com
DI Alfons Brunauer
Kostenanalyse, Due Diligence
Vasko + Partner Ingenieure
Ziviltechniker für Bauwesen und
Verfahrenstechnik GesmbH
Grinzinger Allee 3
A-1190 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 32 999 - 0
[email protected]
www.vasko-partner.at
Lothar Heinrich
Ökologische Bewertung
pe Central & Eastern Europe GmbH
Spiegelgasse 4 ⁄ 10
A-1010 Wien
T +43 (0)1 ⁄479 97-24
[email protected]
www.pe-cee.com
DI Dr. Adolf Merl
Risikomanagement,
Versicherungsmodell
uniqa Group Austria
Untere Donaustraße 21
A-1029 Wien
T +43 (0)1 ⁄211 75 - 0
[email protected], www.uniqa.at
Dr. Johannes Hajek
Mag. Peter Michael Lackner
Oliver Weghaupt
Alexander Huter
Energetische Untersuchung
arsenal research
Geschäftsfeld Nachhaltige
Energiesysteme
Giefinggasse 2
A-1210 Wien
T +43 (0)50 ⁄ 550 - 0
[email protected]
www.arsenal.ac.at
Ing. Anita Preisler
Patrice Pinel, MSc
Development
Rhomberg Bau GmbH
Mariahilfstraße 29
A-6900 Bregenz
T +43 (0)5574 ⁄403 - 0
[email protected]
www.rhombergbau.at
DI Hubert Rhomberg
Mag. Michael Zangerl
DI (FH) Ulrich Forster
Förderer
Das Projekt wird im Rahmen des
Programms „energie der zukunft“
durchgeführt.
Dieses Programm wird im Auftrag
des Bundesministeriums für Verkehr,
Innovation und Technologie und
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit durch die Forschungsförderungsgesellschaft
abgewickelt.
www.energiederzukunft.at
www.bmvit.gv.at
www.bmwa.gv.at
www.ffg.at
uniqa Group Austria
Untere Donaustraße 21
A-1029 Wien
T +43 (0)1 ⁄211 75 - 0
[email protected]
www.uniqa.at
Fachverband der Holzindustrie
Österreichs
Schwarzenbergplatz 4, pf 123
A-1037 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 712 26 01
[email protected]
www.holzindustrie.at
proHolz Austria
Uraniastraße 4
A-1011 Wien
T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74
[email protected]
www.proholz.at
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