julius weismann - Stadt Duisburg

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JULIUS WEISMANN
LEBEN UND WIRKEN
1
Julius Weismann, 1930
2
VORWORT
or 50 Jahren starb
Julius Weismann. Nun
legt das Julius WeismannArchiv anlässlich einer
Gedenkausstellung in der Stadtbibliothek Duisburg, die auch Domizil
des Archivs ist, eine neue Veröffentlichung zu Leben und Werk dieses
Komponisten vor.
Gerd Rataj, Referent für Öffentlichkeitsarbeit am Duisburger Stadttheater, ist seinem Thema „Julius Weismann – ein Komponist im Spannungsfeld von Fortschritt und Beharren“ mit
einer dreiteiligen Gliederung begegnet. Neben einer kurzen Biographie
wird die stilistische Stellung des Komponisten beleuchtet. In diesem Zusammenhang widmet Rataj ein besonderes Kapitel der Gegenüberstellung
von Schönberg und Weismann.
Julius Weismann verkörpert ein wichtiges Stück Musik- und Zeitgeschichte,
von dem wir einen Eindruck vermitteln möchten. Seine Musik kann die
Palette der aktuellen stilistischen Vielfalt um Wesentliches bereichern, findet sich doch in seinem umfangreichen Schaffen neben Zeitgebundenem
auch sehr viel zeitlose Musik, die wiederentdeckt, musiziert, gehört und
erforscht zu werden der Mühe lohnt.
Zu solch einer vielfältigen und immer
wieder neuen Begegnung mit dem
Komponisten Julius Weismann und
seinem künstlerisch reichen Werk
möchten wir mit dieser Veröffentlichung anregen.
Sibylle Lützner, die als Musikpädagogin und Musikwissenschaftlerin die
Ausstellung und die vorliegende Broschüre betreut hat, befasst sich
zunächst mit Weismanns musikästhetischen Ansichten und den Beziehungen zwischen Julius Weismann und
Duisburg, um schließlich vor allem die
Weismann-Rezeption zwischen 1920
und 1950 zu beleuchten.
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Für das Zustandekommen von Ausstellung und Schrift danken wir der
Stadtbibliothek Duisburg, insbesondere Frau Annemie Maagh,
den Herren Dr. Jan-Pieter
Barbian, Jens Holthoff
und Rainer Schmidt.
Wilm Falcke
Julius Weismann-Archiv,
Duisburg
„…Fortschritt! Als ob es in der Kunst
so etwas gäbe! Im Automobilbau, in
der Medizin etc. – freilich ja! Also in
praktischen Dingen – aber die Musik
ist ja, je schöner und innerlicher,
umso unpraktischer!…“
(Julius Weismann)
Vorne sitzend 2. von links Richard
Strauss; 2. von rechts Julius Weismann, 1922
m Rahmen des Internationalen Musikfestivals “Schönberg und Neue Musik aus
Deutschland, Österreich und der
Schweiz” gab es 1993 in Duisburg
eine Konzertreihe des WDR unter dem
Motto “Fortschritt und Beharren”, in
der Musik Weismanns mit der von
Brahms, Berg und vor allem Schönbergs kombiniert wurde. Wie kam es
zu dieser Zusammenstellung? Was
verbindet beide miteinander - abgesehen von der Tatsache, daß Schönberg
und Weismann Zeitgenossen waren
und sich 1929 beim 59. Tonkünstlerfest des Allgemeinen Deutschen
Musikvereins in Duisburg trafen? Steht
Schönberg womöglich für den wenngleich zweifelhaften Aspekt des “Fortschritts”, Weismann dagegen eher für
den des “Beharrens”?
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Eine solche Polarisierung zeugt von
sehr oberflächlicher Betrachtung beider Komponisten. Denn abgesehen
von der Tatsache, daß “Fortschritt
und Beharren” das Spannungsfeld ist,
unter dessen Einfluß sich die gesamte
Musikgeschichte entwickelt hat, treffen beide Gesichtspunkte auf beide
Komponisten zu: Schönberg war ein
“konservativer Revolutionär”, der seine ersten Zwölftonkompositionen in
tradierte Formen goß und seine Wurzeln wie auch seine Liebe zur Tradition und Vorbildern wie Bach, Beethoven und Brahms nie verleugnete.
Weismanns Tonsprache, die weitaus
gemäßigter als Schönbergs und daher
an tonale Schwerpunkte und konventionelle Formen gebunden ist, ist
dagegen stärker der Tradition verbunden. In manchem ist er seinem Zeitge-
JULIUS WEISMANN
EIN KOMPONIST IM SPANNUNGSFELD
VON FORTSCHRITT UND BEHARREN
nossen Bartók und auch jüngeren Kollegen wie Hindemith und vor allem
Schostakowitsch vergleichbar. Weismann dagegen als “Spätromantiker”
abzustempeln, wäre jedoch verfehlt,
auch wenn er bis etwa 1914 eine
“spätromantische Phase” durchlebte,
denn es findet sich viel Neues, Fortschrittliches und Eigenständiges in seiner Musik. Ein “revolutionärer Konservativer”? Womöglich.
Ein lineares Denken in der Musikgeschichte ist unsinnig. Die strenge
Trennung zwischen „Fortschritt“ in
der Linie Freitonalität - Zwölftonmusik
- serielle Musik - elektronische Musik
auf der einen Seite und „Beharren“
im Sinne von „tonale Zentren“, „Ausrichtung am Metrum“, „Festhalten an
konventionellen Gattungen“ wirkt aus
(G.R.)
der heutigen Sicht, schon alleine
durch die Entwicklung der Gegenwart,
die pluralistische Vielfalt in der Musik
der letzten Jahre, überholt. Denn es
läßt keinen Platz für Wechselbeziehungen, für individuelle Werdegänge,
für Einzelgänger, wie es Weismann
war.
Und der “Fall Weismann” ist dabei
nicht singulär: Zahlreiche Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind nicht zuletzt wegen ihrer
Ablehnung oder Bevorzugung durch
das Naziregime in Vergessenheit geraten. Mit der historischen Distanz, die
mittlerweile möglich ist, kann die
Musikgeschichte neu betrachtet und
gewertet werden. Das soll nicht die
Verdienste Schönbergs und der Neuen
Wiener Schule schmälern, sondern
bedeutet den Versuch, ein umfassen-
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des Bild von den Musikströmungen
zwischen etwa 1900 und 1950 zu
erhalten wie auch den Wunsch ein
offenes Musikleben voller stilistischer
Vielfalt zu bewirken. Und das geht
nur, wenn die Werke jener Zeit auch
gespielt werden. So wird sich feststellen lassen, welch komplexes Geflecht
auf einen Komponisten einwirkte und
welchen Einfluß er seinerseits ausübte,
sei es durch “Fortschritt” oder durch
“Beharren” - oder durch beides.
Vor der Duisburger Tonhalle anläßlich
des 59. Tonkünstlerfestes des Allgemeinen Deutschen Musikvereins,
2.-7. Juli 1929 in Duisburg. Vorne
rechts sitzend Arnold Schönberg,
hinten links stehend Julius Weismann
ls Sohn des berühmten Zoologen, Vererbungsforschers und
Begründers des Neodarwinismus August Weismann
wurde Julius Weismann am 26.
Dezember 1879 in Freiburg geboren.
Seine Mutter Mary - eine kunstsinnige Frau aus vermögender Familie starb, als er sechs Jahre alt war. Fortan kümmerte sich sein Vater um ihn
und seine vier Schwestern. Aufgrund
eines Sonnenstichs kränkelte Weismann in seiner Jugend lange. Dies
hatte mehreres zur Folge: Abgesehen
von kurzem Schulbesuch erhielt er
seine Bildung durch Privatlehrer und
durch seinen Vater. Von Noten zu
spielen war ihm lange nicht möglich,
wodurch sich sein Improvisationstalent am Klavier und auch seine spätere Kompositionsweise entwickelte.
Er schuf nie am Instrument, sondern
meist im Freien. Weismanns tiefe Liebe zur Natur wurde durch seinen
Vater und durch Genesungsaufent-
Julius Weismann im Alter von
12 Jahren vor der Villa Weismann
in Freiburg
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halte in den Alpen geweckt: Der
Engadin und die nähere Umgebung
des Schwarzwalds wurden seine
eigentliche Heimat. Er erinnerte sich:
“Oft kommt es mir vor, als wäre ich
den grössten Teil meiner Lebenszeit
gewandert! Bin ich im Dunkeln oder
schließe die Augen, wandern die
Stämme der Bäume, die Gräser der
Wiesen an mir vorbei, an denen ich
oft vorüberschritt, oder einzelne
Kilometersteine an Bahngleisen blieben in der Erinnerung haften ...
Wann habe ich eigentlich gearbeitet?
Wohl sehe ich mich an kleinen
Tischen sitzen, auf Holztreppen aussen an Heustadeln, oder auf meinem
lieben treuen Felsen im Höllental ... .
Dort irgendwo muß ich wohl
geschrieben haben, sehe ich erstaunt
auf alles, was entstanden ist. ... die
hellen Sommerwolken über den Bergen, der Klang der Luft und des Wassers tief unten, blieben mir treu und
fanden sich später in der Musik wieder ein.”
Bereits als Elfjähriger erhielt Weismann Kompositions- und Kontrapunktunterricht bei dem als konservativ geltenden Joseph Rheinberger
in München. Von 1893 - 1895 erhielt
er Klavierunterricht bei dem Lisztschüler Hermann Dimmler in Freiburg. Sprachstudien in Lausanne
(1896-1898) folgten, und für ein
Semester studierte er in Berlin - die
“musikalisch-überhebliche, akademisch verbrähmte - und verbrahmste
- Atmosphäre” bei Friedrich Stumpf
und Heinrich von Herzogenberg stieß
ihn jedoch ab. Die folgenden drei
Jahre bei Ludwig Thuille in München
haben Weismann in seiner Entwicklung weitergebracht, zeigen aber
auch sein ausgeprägtes Einzelgängertum: “... ich mied jene (Musiker-)
Kreise öfter, als dass ich sie suchte.
Hätte ich nicht in der Familie meiner
späteren Frau so liebe Aufnahme
gefunden, ich wäre wohl sehr einsam
gewesen. Im Thuille-Kreis gab es
eben nur einen Obergott, das war
JULIUS WEISMANN
EIN LEBEN
(G.R.)
Richard Wagner - und zwei lebende
Götter: Max von Schillings und Ludwig Thuille! Was sollte ich `klassizistischer Mensch damit anfangen! trotz
meiner ehrlichen Begeisterung für
Thuilles Oper `Lobetanz`und sein
Bläser-Sextett fühlte ich bald eine
Kluft, die sich auftun und mich von
der `Münchner Schule trennen würde. ... Für viele spätere Beurteiler
meiner Musik schien ich zur Münchner Schule zu gehören. Ein großer Irrtum! Gewiß trug meine Musik nach
einiger Zeit Züge davon - aber viel
mehr durch den Obergott Richard
Wagner als durch die Untergötter!”
1902 heiratete Weismann die Konzertsängerin Anna Hecker - vielleicht
mit ein Grund, warum er in seiner
7
ersten Schaffensphase so viele Lieder
für Sopran und Klavier schrieb - und
ließ sich als freischaffender Komponist in München nieder. 1906 kehrte
er nach Freiburg zurück und wirkte
außerdem als Pianist und Dirigent.
Der glücklichen Zeit folgten zwei jähe
Einschnitte: Der Erste Weltkrieg brach
aus und kurz darauf starb sein Vater,
der als sein bester Freund eine wichtige Stütze in seinem Leben war.
Die zwanziger Jahre, in denen durch
die Inflation das Familienvermögen
verlorenging, wurden zur produktivsten Etappe in Weismanns Leben:
Innerhalb von zehn Jahren entstanden fünf seiner sechs Opern. Der
Durchbruch war geschafft. 1929
wurde er Mitglied der Preußischen
Akademie der Künste und erhielt ein
Jahr später deren Beethoven-Preis.
1930 gründete Weismann mit Erich
Doflein das Freiburger Musikseminar,
aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Freiburger Musikhochschule
hervorging. Als Leiter der Meister-
klasse für Klavier wurde er dort 1936
Professor. 1939 wurde er zum Ehrenbürger Freiburgs ernannt und erhielt
den Leipziger Bachpreis. Doch im selben Jahr zog sich Weismann, der
zwar Freunden gegenüber herzlich,
im Grunde jedoch ein eher scheuer
Einzelgänger war, allmählich vom
öffentlichen Leben zurück, übersiedelte nach Nussdorf (Bodensee) und
gab zwei Jahre später seine Lehrtätigkeit auf. Das war zum einen gesundheitsbedingt: 1941 zeichnete sich seine Krankheit ab. Zum anderen gab es
bei diesem stillen, unpolitischen Menschen so etwas wie eine Art “innerer
Emigration”: Er suchte Heilung vor
dem bedrohlichen Geschehen
im zurückgezogenen Kom-
Julius Weismann
im Alter von 22 Jahren
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ponieren und in der Natur, soweit
sein sich ständig verschlechternder
Gesundheitszustand dies zuließ.
Seine letzten Lebensjahre waren von
klaglos ertragener Krankheit, Skepsis,
aber auch fleißigem Komponieren
und zahlreichen Hauskonzerten im
engsten Freundeskreis bis ins Todesjahr 1950 gekennzeichnet. Am 22.
Dezember 1950 starb Julius Weismann kurz vor seinem 71.
Geburtstag in Singen
am Hohentwiel.
1879 am 26.12. in Freiburg geboren
1891 studiert in München Klavier bei
Bußmeyer (Liszt-Schüler), Komposition bei Rheinberger
1893 Fortsetzung und Vertiefung der
pianistischen Ausbildung in Freiburg
bei Heinrich Dimmler (Liszt-Schüler)
1896 – 1898 Musikalische Studien
und Sprachstudien an der Universität
Lausanne
1898/99 Studien bei Heinrich v. Herzogenberg, Berlin
1899 – 1902 Kompositionsstudium
bei Ludwig Thuille in München
1902 Heirat mit Anna Hecker. Lebt ab
1902 als freier Komponist, Pianist,
Dirigent in München und Sils-Maria
(Engadin)
1906 Übersiedelung nach Freiburg
und Schachen/ Bodensee
1906 – 1923 Intensive Kompositionsund Konzerttätigkeit
1914 – 1918 Kriegsdienst (Krankenpflege, Vermißtenfürsorge)
1923 Uraufführung der Oper
“Schwanenweiß” op. 75 in
Duisburg (Text: Strindberg)
1925 Uraufführung der
Oper “Traumspiel” op. 83 in Duisburg
(Text: Strindberg)
1925 Uraufführung der Oper “Leonce
und Lena” op. 89 in Freiburg (Text:
Büchner)
1928 Uraufführung der Oper “Regina del Lago” op. 91 in Karlsruhe
(Text: Calé)
1929 Ernennung zum Mitglied der
preussischen Akademie der Künste
1930 Verleihung des Beethovenpreises
der Preussischen Akademie der Künste. Uraufführung der Oper “Die
Gespenstersonate” op. 100 in München (Text: Strindberg).
Gründung des Freiburger Musikseminars zusammen mit Erich
Doflein; dort
auch Lehrer für
Tonsatz und Meisterklasse für Klavier
1933 wird in die Jury der Tonkünstlerfeste des ADMV (Allgemeiner Deutscher Musikverein) berufen
1936 Verleihung des ProfessorenTitels vom Deutschen Reich
1939 Uraufführung der Oper “Die
pfiffige Magd” op. 135 in Leipzig.
Verleihung des Bachpreises der Stadt
Leipzig als erstem Komponisten. Verleihung der Ehrenbürgerrechte der
Stadt Freiburg
1941 Aufgabe der Lehrtätigkeit und
Übersiedelung nach Nußdorf am
Bodensee
1950 Ernennung zum Professor
durch das Land Baden,
gestorben am 22. 12. in
Singen/ Hohentwiel
1954 Gründung des
Julius WeismannArchivs in Duisburg
1981 Das Archiv geht
als Dauerleihgabe an
die Stadt Duisburg/
Stadtbibliothek
(S.L.)
Julius Weismann im Alter von
56 Jahren während der
Kompositionsarbeit
9
Julius Weismann und Ensemble
während der Proben zur
„Pfiffigen Magd“, Leipzig, 1939
10
JULIUS WEISMANN
DAS WERK
IM ÜBERBLICK
(S.L.)
Kammermusik
- 1 Werk für Bratsche solo,
- 29 Werke für Streicher und Klavier
- 4 Werke für Bläser und Klavier
- 5 Kammermusikwerke in
gemischter Besetzung
Bühnenwerke
- 6 Opern
- 2 Schauspielmusiken
- 2 Melodramen
– 5 Ballettmusiken
Vokalwerke
- 40 Chorwerke a capella oder
mit Klavierbegleitung
- 5 Chorwerke mit Orchester
- 4 Chorwerke mit Soli und Orchester
- 11 Werke für Gesang und Orchester
- über 260 Lieder oder Duette mit
Klavier- oder anderer
Instrumentalbegleitung
Musik für Tasteninstrumente
- 45 Werke für Klavier solo
oder Klavierduo
- 1 Werk für Orgel
11
Orchesterwerke
- 23 Orchesterwerke ( Sinfonien,
Ouvertüren, Rondos,etc.)
- 13 Werke für Soloinstrumente
und Orchester
Richard Wagners Enkel Wieland
Wagner im Jahr 1950 mit Julius
Weismann
as Schaffen Julius
Weismanns ist ebenso umfangreich wie
vielschichtig: Es geht bis
zur Opuszahl 157 a (bei zahlreichen Werken ohne Opuszahl) und
umfaßt außer geistlicher Musik quasi
jede musikalische Gattung - von
Opern, Schauspielmusiken, Chorwerken, Liedern über Symphonien, Konzerte, Klaviermusik aller Art bis zur
Kammermusik, einer zentralen Gattung seines Gesamtwerks, von der aus
12
es sich erschließen läßt. Ein Werkverzeichnis ist beim Julius-WeismannArchiv in Duisburg zu erhalten.
Die stattliche, kontinuierliche Produktivität Weismanns erklärt sich aus zwei
Gründen: Erstens konnte er sich bis
1930 und ab 1941 weitgehend ungehindert durch Amtspflichten auf seine
Arbeit konzentrieren, da er als freischaffender Komponist, Pianist, Dirigent und Liedbegleiter tätig war.
Zweitens zeigen seine Skizzenbücher,
die er auf jeder Wanderung mitnahm,
daß er die Einfälle, die er in freier
Natur hatte, fließend niederschrieb: Er
komponierte ohne Klavier, mit offensichtlich hervorragender innerer
Klangvorstellung und einer fertigen
inneren Konzeption.
JULIUS WEISMANN
STILISTISCHE STELLUNG
Aus der Fülle und Vielfalt resultiert
das Problem, das Werk stilistisch einzuordnen. Der Pianist Franzpeter Goebels schlägt anhand Weismanns Klavierwerk folgende Gliederung vor: Bis
op. 68 (1917) eine “romantische”
bzw. “naive”, von Schumann beeinflußte Phase. Von op. 76 (1918/29)
bis op. 87 (1923) mache sich durch
Differenzierung und Konzentration
der Harmonik und der Mittel “der
Einfluß Debussys bemerkbar”. Von
op. 93 (1926) bis op. 109 (1931)
straffen “konstruktive Züge die
Form”, Goebels sieht “eine Art neue
Musik im Anbruch” und die “Polyphonie wird härter”. Den Spätstil
Weismanns ab op. 114 (1933/34)
sieht er besonders von kontrapunktischem Denken und der Hinwendung
zu Bach geprägt, fügt aber hinzu:
“Man sträubt sich jedoch, ein so vielschichtiges Werk in diesem Sinne zu
periodisieren. Die Übergänge sind
fließend und jedes einzelne Werk will
erhört und aus seiner Mitte verstanden werden.”
(G.R.)
Versuche, Weismanns Werk einzuorden, finden sich zu jeder Zeit. So
urteilte Thomas-San-Galli 1907 über
die Symphonie h-moll op. 19: “Wenn
wir historische Ähnlichkeiten nennen
sollten, so würden wir Anklänge an
Schumann hier und da finden können. Ab und zu wandelt auch einmal
Brahms in undeutlichen Umrissen
vorbei. Eigentliche Verwandtschaft
aber hat Weismann mit Franz Schubert.”
Art ergriffen, in der sie die diabolische Tiefenpsychologie Strindbergs
für den romantischen Ausdrucksbereich des Romantisch-Unheimlichen
erobern, ohne deren radikale Schärfe
und Erbarmungslosigkeit im geringsten abzuschwächen.” Ferner hob er
Weismanns “Gabe einer reichen,
unbeschwerten Phantasie” und “die
Leichtigkeit, mit der er stets über sie
gebot” hervor.
Adolf Weißmann, einer der bedeutendsten Berliner Musikschriftsteller
jener Zeit, erwähnt in seinem Buch
“Musik in der Weltkrise” (1922) auch
Julius Weismann: “Und nun ließen
sich in langer Reihe die aufzählen, die
auf verschiedensten Wegen, manche
abseits von der gebrochenen Linie der
modernen Kunst, Lösungen suchen. ...
Rüstig am Werk ist Julius Weismann,
der einen Stil zwischen dem Brahmsischen und dem Modernen, jedenfalls
aber Geschlossenheit sucht. ... Ein
Umstürzler ist er nicht, eher ein
Abseitiger, der namentlich in Kammermusikwerken ein zurückhaltendes
Wesen bekennt.”
Über die für Weismanns mittlere
Schaffensphase charakteristischen
Strindberg-Opern der zwanziger Jahre
schrieb Alexander Berrsche, der Klassiker der Münchner Musikkritik: “Diese
Opern haben uns durch ihre geniale
13
Richard Wagners Enkel Wieland Wagner, der sich gegen Weismanns
Lebensende rührend um ihn kümmerte, sah Weismanns Musik “... in den
Bereichen des Metaphysischen beheimatet, er empfindet sich nur als Mittler eines Geschenkes, das er in begnadeter Stunde empfängt. Modernste, in
den Grenzbezirken der Tonalität
schweifende Harmonik verbindet sich
organisch mit unerbittlicher Strenge
und gläubiger Demut der musikalischen Konzeption.”
ulius Weismann hat sich
immer zu einer
irrationalistischen
Ästhetik des Einfalls, für
ein Primat der Melodie,
gegen jegliche Konstruktivität
und vor allem gegen Atonalität,
Zwölftönigkeit und “Neue Sachlichkeit” in der Musik bekannt.
So unterstrich er gerne seinen intuitiven Ansatz beim Komponieren:
“Dort, wo der Traum
dem Wachen
reicht die Hand,
Liegt dämmervoll ein
schmales Land –
das ist die Heimat
der Melodie,
Doch sucht sie wer,
er find t sie nie!”
Entsprechend fordert er, dass ein
Künstler vor allem aus der Intuition
heraus schaffen solle und unterstreicht: “Alle Kunst lebt zuerst von
Ahnen, nicht von Wissen! Erkennen
und achten wir die Grenzen zwischen
Wissen und Ahnen, verehren wir das
Naturhafte, dem Wissen Unzugängliche, dem Ahnen Offene, das den ewigen Goldwert der Musik in sich bergende Wesen der musikalischen Erfindung!”
JULIUS WEISMANN
MUSIKÄSTHETISCHE
ANSICHTEN
(S.L.)
Auch berichtet er von der Entstehung
seiner Oper “Gespenstersonate”.
...daß die Entstehung einer solchen
Komposition wie der Ablauf eines
Uhrwerks ist, das lange gehemmt
ruht, dem aber der Uhrmacher im
rechten Augenblick die Räder löst.....
die Komposition vollendet, das Uhrwerk abgelaufen. In acht Wochen. -”
In einer Werkeinführung zu seinem
op. 57 „Aus den Bergen – 12 Phantasien für Klavier – unterstreicht Weismann den Gedanken der vorsprachlichen Transzendenz von Musik gegenüber einer Immanenz von
Sprache und zeigt sich damit als der
Musikauffassung der Romantik verpflichtet: “Es ist schwer, über Musik
zu sprechen, nur die äussere Erscheinungsform, der Stil und die Art der
verwendeten Technik lassen sich in
Worten beschreiben. Versuchen wir
aber, über den inneren Gehalt und die
Schönheit eines musikalischen Werkes
zu reden, so versagt unsere Sprache
fast völlig. Das ist kein Fehler der
Sprache, sondern ein Vorzug der
Musik und ein Beweis ihrer von ganz
besonderen Quellen herfliessenden
Kraft!”
14
Julius Weismann auf dem
Himbeerkopf bei Hinterzarten, 1918
15
JULIUS WEISMANN
IN DUISBURG
(S.L.)
ie Beziehungen Weismanns zu
Duisburg bzw. die
Aufführungen seiner
Werke in Duisburg haben inzwischen
eine über achtzigjährige Geschichte,
die im Jahr 1923 mit der künstlerisch
herausragenden und engagierten
Uraufführung seines Opernerstlings
“Schwanenweiß” unter der Intendanz
von Saladin Schmitt begannen. Julius
Weismann äußerte selbst über die
Reaktionen anläßlich der Duisburger
Uraufführung seines “Schwanenweiß”:
“Soviel Herzlichkeit
und von warmer Begeisterung getragene
Freundschaft wie in
jener Zeit habe ich
sonst nie erlebt”
Bis auf “Regina del Lago” ist im Laufe
der Zeit Weismanns gesamtes Opernschaffen in Duisburg erklungen.
Neben Aufführungen bedeutender
Werke Weismanns (so etwa des Klavierkonzerts op. 33, der Sinfonia brevis, des Klavierkonzerts op. 138, der
Sinfonie op. 130, dem Fantastischen
Reigen, der Sinfonietta giocosa op.
110, der Tanzfantasie op. 35 und op.
106) kamen auch einige wesentliche
Werke Weismanns in Duisburg zur
Uraufführung: So etwa der seinerzeit
erfolgreiche Zyklus “Verklärte Liebe”,
das “Symphonische Spiel”, das Weismann eigens für eine Jubiläumswoche
der Duisburger Oper geschrieben hatte, ferner der “Wächterruf” und
schließlich posthum sein Violinkonzert
Es-Dur.
16
Daher versicherte Duisburgs Oberbürgermeister Seeling Weismann seinerzeit: “Ihr Name ist in der kulturellen
Entwicklung unserer Stadt zugleich
Wegweiser und Höhepunkt”, und
schon November 1925 hatte der
Duisburger Generalanzeiger unterstrichen: “Julius Weismann, der Freiburger Komponist, hat seit langem die
musikalischen Ehrenbürgerrechte in
Duisburg erworben”.
1954 wurde anläßlich des 108. Niederrheinischen Musikfests und auf
Anregung von Wieland Wagner,
Georg Ludwig Jochum und Oberbürgermeister August Seeling das JuliusWeismann-Archiv in Duisburg gegründet, das sich seither für die Pflege und
Verbreitung von Weismanns Werk
einsetzt, und 1981 wurden Weismanns Manuskripte, Skizzenbücher
und weiteres Material als Dauerleihgabe an die Duisburger Stadtbibliothek übergeben, so daß sie seither
öffentlich zugänglich sind.
Aufführung „Die pfiffige Magd“
in Duisburg anlässlich des Niederrheinischen Musikfestes, 5. Juli 1954
17
ohl in den Zwanziger
Jahren, spätestens
jedoch um 1925/26 war
Weismann, der lange schon
als Pianist geschätzt war, auch als
Komponist der breite Durchbruch im
öffentlichen Kulturbetrieb gelungen.
Programme und Rezensionen der
zahlreichen Aufführungen seiner Werke bei Musikfesten, Festwochen und
Uraufführung der
„Gespenstersonate“, 1931, München
18
Kulturtagungen zeigen,
dass sein Werk dann
bis in die 1940er
Jahre viel aufgeführt worden ist.
Fragt man nach dem Stellenwert
Weismanns in der musikalischen
Öffentlichkeit in den 1920er Jahren,
zeigt sich, daß seine Werke nicht nur
im Umkreis Freiburgs und in Süddeutschland geschätzt wurden, son-
dern auch in ganz Deutschland vielfach aufgeführt wurden. Dies belegen
beispielsweise die Aufführungen seiner Opern. Diese Wertschätzung
Weismanns wird auch an der Ernennung zum Mitglied der Preussischen
Akademie der Künste und der
Verleihung des Beethovenpreises der Akademie
ersichtlich. Aufgrund der
Quellenlage und der
fehlenden Stagma-
JULIUS WEISMANN
REZEPTION
VON 1920 – 1950
(S.L.)
Unterlagen läßt sich derzeit kaum wissenschaftlich verläßlich nachzeichnen,
wie sich Weismanns Erfolg als Komponist nach 1933 im Verhältnis zur
Zeit davor genau entwickelte. Sicher
ist jedoch, daß die Zahl der Aufführungen Weismannscher Werke in den
30er Jahren zunahmen und seine
19
Werke auch von offizieller Seite
geschätzt und gefördert wurden.
Beim Betrachten der WeismannRezeption zwischen 1920 und 1945
zeigt sich überdies eine erstaunliche
Kontinuität in der Art seiner Rezeption
und den allgemein als positiv hervorgehobenen Aspekten seines Schaffens, die offensichtlich weder mit dem
Nationalsozialismus in Verbindung
gebracht werden kann, noch nach
derzeitigem Forschungsstand mit
einem bewußten Zutun Weismanns
selbst zu begründen wäre, sondern
vielmehr von einer die politischen Brüche überdauernden kontinuierlichen
Zeitströmung zeugt.
Weismann, der sich als völlig unpolitischer Mensch verstand und seines
Erachtens zeitlebens wie “traumbefangen” in seiner “anderen” Welt der
Musik und der Berge gelebt hatte, hat
sich im Grunde nicht zu politischen
Themen geäußert – allenfalls zu
ästhetischen Fragen, aber auch dies
nur sehr selten, so daß es weitgehend
ein Rätsel bleibt, was der Mensch und
Künstler Weismann zwischen 1933
und 1945 gedacht haben mag. Zwar
hat Weismann – wie viele andere
Musiker auch - eine neue Schauspielmusik zu Shakespeares “Sommernachtstraum” komponiert, jedoch
nicht mit dem Ziel, Mendelssohns
Meisterwerk zu ersetzen, sondern in
seinen Worten aufgrund des Reizes
der künstlerischen Aufgabe und wahr-
scheinlich völlig naiv ohne einen einzigen Gedanken an das ideologische
Ziel, das der Nationalsozialismus mit
derlei Auftragskompositionen verband.
Weismanns Kompositionsstil hat sich
über die zeitgeschichtlichen und politischen Brüche hinweg völlig kontinuierlich, völlig eigenständig und völlig
unabhängig von zeitgleichen Strömungen wie der Entwicklung zur Atonalität, Zwölftontechnik, “Neuen
Sachlichkeit” oder “Zeitoper” der
Weimarer Republik entwickelt. Die
Vereinnahmung und Etikettierung seiner Selbst und seines Werks durch die
nationalsozialistische Kulturpolitik, die
jedoch keinesfalls von Einheitlichkeit
geprägt war, hätte er wohl nur verhindern können, indem er entweder
sich selbst verleugnet bzw. sich dem
Kulturbetrieb entzogen hätte oder
ausgewandert wäre. Angesichts seiner
Erfolge und seiner heimatlichen Verwurzelung kam für Weismann keine
der drei Möglichkeiten in Frage, zumal
er die gleichen musikästhetischen
Ansichten pflegte wie maßgebliche
Kreise nationalsozialistischer Kulturpolitik und daher ungehindert schaffen
konnte.
Soweit derzeit ersichtlich, hat sich
Weismann nie bewußt für den Nationalsozialismus eingesetzt. Wie viele
andere Künstler hat jedoch auch
Weismann zwischen 1933 und 1945
im Interesse seiner Werke und ihrer
20
Aufführung gehandelt. Damit
ist seine Musik allerdings als
Vorzeigebeispiel wie auch als
Flucht- und Vorhangkunst
benutzbar geworden, die die
immer unerträglicher werdende NS-Realität verschleiern
helfen konnte. Inwieweit ihm
diese Indienstnahme überhaupt bewußt gewesen sein
mag, bleibt nur zu vermuten,
sicher ist jedoch, daß sie der
Rezeption seines Werks nach
1945 leider sehr geschadet
hat.
Verschiedene Gründe sind
neben der anhaltenden
Beliebtheit von Weismanns
Musik während des Dritten
Reichs für die nach 1945
wesentlich schwächer werdende Rezeption seines Werks
verantwortlich, dessen allmählich rückläufige Tendenz sich
jedoch nach Aussagen von
Zeitgenossen bereits ab 1939
abzuzeichnen begann.
„Die pfiffige Magd“ in
einer Inszenierung von
Professor Carl Riha.
Die Erstaufführung fand statt
am 29. Mai 1982 im
Städtischen Theater
Karl-Marx-Stadt.
o hatte sich Weismann schon 1939 ins Privatleben zurückgezogen und
immer weniger aktiv am öffentlichen Musikleben beteiligt. Sein
polyphon geprägter kompositorischer
Spätstil entfernte sich zunehmend
vom leichteren Stil der “Pfiffigen
Magd” und war daher ungeachtet
seiner Qualität wenig dazu geeignet,
für eine breite Akzeptanz im Musikleben zu sorgen. Trotz der unermüdlichen Aktivitäten des 1954 gegründeten Julius-Weismann-Archivs und des
Engagements namhafter Musiker
21
setzte sich diese Rezeptionstendenz
bis heute fort: Einige Rundfunkaufnahmen und die beachtlichen Aufführungen seiner Opern “Gespenstersonate”, “Leonce und Lena” und “Die
pfiffige Magd” zeigen exemplarisch,
dass Julius Weismanns Musik zwar nie
ganz vergessen ist, jedoch vergleichsweise selten erklingt. Die musikalische
Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg war von einer Art Neubeginn
und starkem Interesse an neuen musikalischen Entwicklungen in der Nachfolge von Hindemith, Strawinsky,
Schönberg und Webern geprägt, das
Komponisten wie Weismann als zu
konservativ und wenig zeitgemäß
erscheinen ließ. Zudem war Weismann nach dem zweiten Weltkrieg
durch Krankheit in seiner Schaffenskraft beeinträchtigt. Schließlich war
sein Werk bei vielen verschiedenen
Verlagen erschienen und ein Großteil
seines Oeuvres noch ungedruckt, so
dass kein Verlag sich besonderen
Gewinn von einem gezielten Engagement für Weismanns Werke versprechen konnte. Inzwischen zeichnet sich
jedoch eine gewisse Konzentration der
Verlagsrechte wie auch die Herausgabe einiger unveröffentlichter Manuskripte ab, die den Zugriff zu seinen
Werken und eine intensivere Rezeption erheblich erleichtern. Zugleich liegen heute mehrere Schallplatten- und
CD-Aufnahmen wesentlicher Werke
vor, die einen ersten klingenden Eindruck seiner Werke vermitteln können.
„Die pfiffige Magd“,
1953, Magdeburg
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as JULIUS WEISMANNARCHIV wird seit 1981
von der Stadtbibliothek
Duisburg / Musikbibliothek
betreut. Es wurde 1954 anlässlich
des 108. Niederrheinischen Musikfestes in Duisburg gegründet und hat
sich die Erhaltung, Pflege und wissenschaftliche Erforschung des künstlerischen Nachlasses des Komponisten
zur Aufgabe gemacht. Julius Weismann (1879-1950) hat auf allen
Gebieten der musikalischen Komposition schöpferisch
gewirkt.
Impressum
Herausgegeben von:
Julius Weismann-Archiv, Duisburg
c/o Stadtbibliothek Duisburg
Musikbibliothek
Düsseldorfer Straße 5-7
47049 Duisburg
Tel.: 02 03 / 2 83-42 33
Fax.: 02 03 / 2 83-42 94
[email protected]
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Im Archiv sind sämtliche Manuskripte,
gedrucke Notenausgaben, Skizzenbücher, Tagebücher, Aufsätze aber auch
Konzertprogramme, Theaterzettel und
Zeitungsausschnitte gesammelt.
Die Nutzung des Julius WeismannArchives ist nach Terminabsprache
während der Öffnungszeiten der
Musikbibliothek möglich.
Konzeption: Sibylle Lützner
Texte: Sibylle Lützner, Gerd Rataj
Gestaltung: Jörg Spengler
Druck: WAZ-Druck, Duisburg
Dezember 2000
ft kommt es mir vor, als wäre
ich den grössten Teil meiner
Lebenszeit gewandert! Bin ich im
Dunkeln oder schließe die Augen,
wandern die Stämme der Bäume, die Gräser
der Wiesen an mir vorbei, an denen ich oft
vorüberschritt, oder einzelne Kilometersteine
an Bahngleisen blieben in der Erinnerung
haften ...
Wann habe ich eigentlich gearbeitet? Wohl
sehe ich mich an kleinen Tischen sitzen, auf
Holztreppen aussen an Heustadeln, oder auf
meinem lieben treuen Felsen im Höllental...
Dort irgendwo muß ich wohl geschrieben
haben, sehe ich erstaunt auf alles, was entstanden ist. ...die hellen Sommerwolken
über den Bergen, der Klang der Luft und des
Wassers tief unten, blieben mir treu und
fanden sich später in der Musik wieder ein.
Julius Weismann
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