Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland (Landkreis Traunstein)

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Bayerisches Landesamt für
Umwelt
Gefahrenhinweiskarte
Alpen mit Alpenvorland
Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Subrosion
Landkreis Traunstein
Georisiken im Klimawandel
Bayerisches Landesamt für
Umwelt
Gefahrenhinweiskarte
Alpen mit Alpenvorland
Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Subrosion
Landkreis Traunstein
Georisiken im Klimawandel
UmweltSpezial
Impressum
Georisiken im Klimawandel
Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland
Landkreis Traunstein
Herausgeber:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160
86179 Augsburg
Tel.:
0821 9071-0
Fax:
0821 9071-5556
E-Mail: [email protected]
Internet: www.lfu.bayern.de
Bearbeitung/Text/Konzept:
LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Ulrich Haas, Simone Patula, Maximilian Schmid, Juliane Straub, Peter Thom,
Dr. Andreas von Poschinger
Redaktion:
LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger
Bildnachweis:
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Druck:
Eigendruck der Druckerei Bayerisches Landesamt für Umwelt
Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.
Stand:
Oktober 2013
Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren
Inhalte nicht verantwortlich.
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Bericht
1
Einleitung
1
2
Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Traunstein
1
3
Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren
3
4
Erfasste Prozesse
4
4.1
Steinschlag und Felssturz
4
4.2
Hanganbrüche
5
4.3
Rutschungen
7
4.4
Subrosion / Erdfälle
8
5
Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen
9
6
Präsentation der Ergebnisse
10
6.1
Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“
10
6.2
Präsentation der Ergebnisse im Internet
11
7
Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten
12
7.1
Sicherheitsrecht
12
7.2
Baurecht
12
7.2.1
Bauleitplanung
12
7.2.2
Einzelbauvorhaben
12
7.3
Verkehrssicherungspflicht
12
8
Ausblick
13
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
3
Inhalt
Anhang – Vorgehensweise und technische Details
1
Einleitung
1
2
Datengrundlagen
1
2.1
Karten
1
2.1.1
Topographische Karten
1
2.1.2
Geologische Karten
1
2.2
Digitales Geländemodell
2
2.2.1
Das Digitale Geländemodell als Grundlage für Steinschlagsimulation und
Hanganbruchmodellierung
2
Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender
Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen
3
2.3
Wald / Forst
3
2.4
Gebäude
4
2.5
Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY)
4
2.5.1
GEORISK - Dokumentations- und Informationssystem
4
2.5.2
Karten der Aktivitätsbereiche
5
2.5.3
Informationen aus dem Projekt EGAR
6
2.5.4
Informationen aus dem Projekt HANG
7
3
Geologischer Rahmen
7
4
Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten
8
4.1
Dispositionsmodelle
8
4.2
Prozessmodelle
8
5
Stein- und Blockschlag
9
5.1
Dispositionsmodell
9
5.1.1
Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und
Blockschlag aus den GEORISK-Daten
9
Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und
Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel
9
5.2
Prozessmodell
9
5.2.1
Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen)
10
5.2.1.1
Allgemeines
10
2.2.2
5.1.2
4
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Inhalt
5.2.1.2
Vorgehensweise im Projekt
12
5.2.1.3
Charakteristische Gesteine
16
5.2.2
Numerische Modellierung
23
5.2.2.1
ohne Walddämpfung
24
5.2.2.2
mit Walddämpfung
25
5.3
Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung
27
6
Felssturz
27
6.1
Dispositionsmodell
28
6.2
Prozessmodell
29
7
Hanganbrüche
33
7.1
Dispositionsmodell (SLIDISP nach GEOTEST AG)
33
7.1.1
Wurzelkraft
35
7.1.2
Variabilität der Modellparameter
35
7.1.3
Topo-Index
35
7.1.4
Digitale Codierung der Geologie
36
7.1.5
Numerische Modellierung
37
7.1.5.1
Szenario A
38
7.1.5.2
Szenario B
38
7.2
Prozessmodell (SLIDEPOT nach GEOTEST AG)
38
7.3
Numerische Modellierung der Auslaufbereiche
40
7.4
Ergebnisse und Interpretation der Hanganbruchmodellierung
40
7.4.1
Statistik der Modellierungsresultate
41
7.4.2
Statistik der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen
41
8
Rutschungen
42
8.1
Dispositionsmodell - Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus GEORISK- und EGARDaten
43
Prozessmodell - Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches (Ausweitung)
tiefreichender Rutschungen
44
8.3
Vorgehensweise im Projekt
44
8.3.1
Selektion und Attributierung digitaler Objekte
44
8.3.2
Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und Evaluierung
46
8.2
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
5
Inhalt
8.4
Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse
48
9
Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
49
9.1
Vorgehensweise im Projekt
50
9.1.1
Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen
50
9.1.2
Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen
Untergrundes
52
9.2
Ergebnisse der Subrosionsanalyse
52
10
Literatur
53
6
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Inhalt
Abbildungsverzeichnis (Bericht)
Abb. 1:
Lageplan der Untersuchungsgebiete mit Bearbeitungsjahr im Landkreis Traunstein.
2
Abb. 2:
Felssturzablagerung an der Haaralmschneid westlich von Ruhpolding.
5
Abb. 3:
Anbruchbereich eines Hanganbruchs nördlich Brandlberg in Ruhpolding.
6
Abb. 4:
Ablagerungsbereich eines Hanganbruchs nördlich Brandlberg in Ruhpolding.
7
Abb. 5:
Tiefreichende, alt angelegte Rutschung mit Rutschscholle und Nackentälchen bei
Obergeisenfelden südlich von Fridolfing.
8
Abb. 6:
Erdfalltrichter im Hauptdolomit am Mühlalpkopf.
9
Abb. 7:
„geo pdf“ Gefahrenhinweiskarte.
11
Abbildungsverzeichnis (Anhang)
Abb. 1:
Ausschnitt aus einem Schattenmodell. Rutschungsbereich rot umrandet.
3
Abb. 2:
Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de).
5
Abb. 3:
Ausschnitt aus der Karte der Aktivitätsbereiche (www.bis.bayern.de).
6
Abb. 4:
Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse. Kontaktreaktionen mit dem Untergrund
und Bäumen, sowie Spring- und Rollprozesse (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).
10
Abb. 5:
Schematische Darstellung der Risikostufen.
12
Abb. 6:
Sturzblockgeometrie. Der Sturzblock wird durch die Längen der 3 Hauptachsen x, y, z
(hier: a, b, c) und seine Masse beschrieben (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).
13
Abb. 7:
Konglomerat- bzw. Nagelfluhwand bei Altenmarkt a. d. Alz.
16
Abb. 8:
Hällritz-Formation nordöstlich von Inzell.
17
Abb. 9:
Piesenkopf-Formation nördlich von Hutterer bei Inzell.
18
Abb. 10: Hauptdolomit nördlich von Schleching.
19
Abb. 11: Partnachkalk südlich von Vorderbichl in Inzell.
20
Abb. 12: Wettersteinkalk westlich von Marquartstein.
21
Abb. 13: Kössen-Formation südlich von Bergen.
22
Abb. 14: Lias-Allgäuschichten südwestlich von Ettenhausen.
23
Abb. 15: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter
Untergrund) und 5 (Sumpf) annehmen. Der Rauhigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte
Oberfläche) und 20 (sehr raue Oberfläche) betragen (nach KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R.
(2007)).
24
Abb. 16: Modell der mittleren baumfreien Strecke (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
26
7
Inhalt
Abb. 17: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach
MEIßL, G. (1998)).
28
Abb. 18: Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von
definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen
werden (Schattenwinkel 27°).
30
Abb. 19: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion.
31
Abb. 20: Pauschalwinkelmethode. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und Anbruchbereichen,
die nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion (rot)
den Sturzbereich nicht korrekt abschätzen.
31
Abb. 21: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der
Gefahrenhinweisbereich ist nach Validierung im Gelände abzugrenzen (rote Linie).
32
Abb. 22: Schattenmodell eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand),
der eine große Sturzablagerung vortäuscht.
33
Abb. 23: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY, M. J. 1993).34
Abb. 24: Beispiel Modellierung SLIDEPOT. Drei analysierte Rasterzellen im Sektor für
Zellexpositionen 210° – 230° (für Zellengröße 5 m hat der rote Kreis einen Radius von 20 m)
(KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).
39
Abb. 25: Statistik der Prozessflächen für Szenarien A und B nach Hangneigungsklassen.
42
Abb. 26: Nackentälchen nördlich von Schleching.
46
Abb. 27: Spalten am Großen Rechen-Berg südwestlich von Unterwössen.
47
Abb. 28: Relikte Rutschbuckel am Weitlahnerkopf westlich von Schleching.
48
Abb. 29: „Betrunkener Wald“ mit Säbelwuchs am Einöder Berg nördlich Grassau.
49
Abb. 30: Einbruchstruktur südwestlich Schwendtboden-Diensthütte.
51
Tabellenverzeichnis (Anhang)
Tab. 1:
Abgeleitete Daten aus dem 5 m-DGM.
Tab. 2:
Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für
den Alpenraum im Traunstein.
14
Tab. 3:
Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für
das Alpenvorland (Projekt-Teilgebiet 1: Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim inkl.
Stadt Rosenheim).
15
Tab. 4:
Waldparameter (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2007).
Tab. 5:
Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte. Die
Ergebnisse der grau dargestellten Objekte werden in der Gefahrenhinweiskarte nicht extra
ausgewiesen, da die Reichweiten der Steinschlagmodellierung die simulierten Reichweiten
der Felssturzmodellierung übertreffen.
29
8
2
25
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Inhalt
Tab. 6:
Klassifizierung der Berechnungsresultate für die Sicherheitsgrade F.
35
Tab. 7:
Klassifizierung des Topo-Index.
36
Tab. 8:
Codierung der stratigraphischen Einheiten.
37
Tab. 9:
Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte).
38
Tab. 10: Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrierung erfolgte auf Basis empirischer Untersuchungen im
Gelände).
39
Tab. 11: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten.
40
Tab. 12: Statistik der Modellierungsresultate für die Szenarien A und B im Landkreis Traunstein.
41
Tab. 13: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis.
45
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
9
Inhalt
10
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Einleitung
1
Einleitung
Gelegentliche Naturgefahrenereignisse sind in Gegenden mit entsprechendem Relief ein normales
Phänomen. Im Zuge des natürlichen Gebirgsabtrages entstehen Rutschungen, Felsstürze und Muren.
Sie spiegeln das grundsätzlich sehr labile Gleichgewicht wider, in dem sich die Hänge befinden. Dieses Gleichgewicht ist durch die über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende einwirkenden Kräfte bestimmt worden. Während sich einige Faktoren wie die Gravitation oder die Aktivität von Erdbeben
langfristig kaum verändert haben, zeigen sich am ehesten Variationen der Witterungseinflüsse. Innerhalb bestimmter Schwankungsbereiche gab es schon immer extreme Wetterereignisse, die auch zu
Hangbewegungen geführt haben. Nach den Prognosen der Klimaforscher ist es nun aber möglich,
dass sich aufgrund einer Klimaänderung die bisherigen Schwankungsbereiche relativ kurzfristig verändern. Dies hat zur Folge, dass sich auch an den Hängen erst wieder neue Gleichgewichtszustände
einstellen müssen und deshalb verstärkt mit Hangbewegungen zu rechnen ist.
Präventivmaßnahmen für einen Klimawandel und seine Folgen sind deshalb auf jeden Fall angebracht
und sinnvoll. In diesem Sinn verfolgt der Geologische Dienst am Bayerischen Landesamt für Umwelt
(LfU) bereits seit langem eine vorbeugende Strategie.
Ein Schutz gegen Naturgefahren kann auch aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen immer weniger
durch bauliche Maßnahmen gewährleistet werden, sondern muss nicht zuletzt durch Planungsmaßnahmen herbeigeführt werden. Gefahrenhinweiskarten sind mit der Erkennung und Ausweisung von
bedrohten Bereichen eine wesentliche Grundlage zum Schutz gefährdeter Gebiete. Zur Umsetzung
raumplanerischer Maßnahmen bzw. um zu verhindern, dass von Hangbewegungen bedrohte Gebiete
unbedacht bebaut und besiedelt werden, sind diese Kartenwerke eine wesentliche Voraussetzung.
2
Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Traunstein
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten für die bayerischen Alpen
und das Alpenvorland. Die Bearbeitung erfolgt schrittweise nach Landkreisen. In zwei Vorgängerprojekten wurde in den Jahren 2007 bis Anfang 2012 zuerst der Alpenanteil nach dem Landesentwicklungsprogramm (LEP) bearbeitet. Seit 2012 erfolgt die Erstellung der Gefahrenhinweiskarten auch im
2
Alpenvorland. Im Landkreis Traunstein wurde der Alpenanteil (467 km ) 2011 und das Alpenvorland
2
(1.067 km ) 2012 bearbeitet (Abb. 1).
Aus geologischer Sicht wird der Landkreis Traunstein im Alpenvorland vor allem durch eiszeitliche und
nacheiszeitliche Ablagerungen geprägt, die die Molassesedimente fast vollständig überdecken. Im Alpenbereich treten Einheiten der Kalkalpen, des Flyschs und des Helvetikums auf. Details zur Geologie
können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Geologie
finden sich im Anhang (Kapitel 3).
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
1
Einleitung
Abb. 1: Lageplan der Untersuchungsgebiete mit Bearbeitungsjahr im Landkreis Traunstein.
2
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren
Die Jahresmitteltemperatur im Landkreis Traunstein variiert zwischen rund 8 °C im Alpenvorland und
etwa 3 °C in den Hochlagen. Die Jahresniederschlagssumme liegt zwischen ca. 950 mm im Norden
und bis 2.000 mm im Alpenanteil des Landkreises (BAYFORKLIM 1996).
Im Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) sind für den Landkreis Traunstein derzeit 530 Hangbewegungsobjekte im GEORISK-Kataster (Stand August 2013) verzeichnet.
3
Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren
Details zur Erstellung der Gefahrenhinweiskarte sind im Anhang (Kapitel 4 bis 9) aufgeführt.
Die Gefahrenhinweiskarte beinhaltet eine großräumige Übersicht über die Gefährdungssituation mit
Angaben der Gefahrenart, jedoch nicht zur Intensität oder zur Wahrscheinlichkeit. Der Zielmaßstab
liegt bei 1 : 25.000.
Gefahrenhinweiskarten sind Planungshilfen für bauliche und infrastrukturelle Projekte, insbesondere
im Rahmen der Flächennutzungsplanung. Sie erlauben die Bewertung der Gefährdung bestehender
Siedlungsräume und Infrastruktur durch geologische Gefahren. Sie sind ein Hilfsinstrument, finanzielle
Mittel zur Gefahrenminderung sinnvoll zu verwenden sowie potenzielle Gefahrenbrennpunkte frühzeitig zu erkennen.
Die Gefahrenhinweiskarte Bayern unterscheidet zwischen verschiedenen geomorphologischen Prozessen, wobei jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen zur Abgrenzung der Gefährdungsbereiche
notwendig sind:
•
Beim Prozess Steinschlag/Blockschlag findet grundsätzlich eine numerische Modellierung statt.
•
Die Anfälligkeit zur Bildung von Hanganbrüchen wird ebenfalls numerisch modelliert.
•
Die Reichweite tiefreichender Rutschungen und größerer Felsstürze muss mangels entsprechender Simulationsprogramme empirisch, vorwiegend anhand von Geländebegehungen, bestimmt werden.
•
Eine Anfälligkeit für Erdfälle wird vorwiegend durch frühere Ereignisse dokumentiert. Es werden
deshalb alle erkennbaren Erdfallstrukturen erfasst und dargestellt. Zudem werden karstanfällige
Gesteine (Sulfat-, Salinar-, Karbonatkarst) ausgewiesen.
Jedem einzelnen Prozess wird bei der Modellierung und der Analyse ein sogenanntes Bemessungsereignis zugrunde gelegt, welches ein wahrscheinlich eintretendes Massenbewegungsereignis beschreibt.
Die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten muss objektunabhängig erfolgen, das heißt ohne Rücksicht auf den konkreten Wert der potenziell betroffenen Bauwerke. Zu dieser Objektunabhängigkeit
gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten
nicht berücksichtigt werden.
Die Verwendung der Gefahrenhinweiskarte ist je nach Nutzerkreis (v. a. Landratsämter und Kommunen, Fachbehörden, Planer, Private) sehr unterschiedlich. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung
sind z. B. langfristige Aussagen erforderlich, da Wohngebäuden eine lange Lebensdauer zugesprochen wird. Eine Berücksichtigung eines schützenden Waldbestandes sollte deshalb hier nicht erfolgen, denn der Baumbestand kann durch Schadereignisse unvorhergesehen wegfallen. Bei der Bewertung der aktuellen Gefährdung von bestehenden Gebäuden oder von Straßen ist aber der Einbezug
eines Schutzwaldes unabdingbar.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
3
Einleitung
4
Erfasste Prozesse
4.1
Steinschlag und Felssturz
Stein- und Blockschlag
Steinschlag ist definiert als periodisches Sturzereignis von einzelnen, kleineren Festgesteinspartien
(0 – 1 m³) bis hin zur Blockgröße (Blockschlag: 1 – 10 m³). Die Ursachen für Stein- und Blockschlag
liegen in langfristiger Materialentfestigung und Verwitterung an den Trennflächen. Gefördert wird die
Ablösung durch Frosteinwirkung, Temperaturschwankungen und Wurzelsprengung. Gerade bei Sturm
ist vermehrt mit Steinschlag unter Felswänden zu rechnen, da die Bäume die dynamische Belastung
über die Wurzeln in den Untergrund einleiten. Falls Bäume infolge eines Sturms umstürzen, werden
Steine freigelegt oder sogar hoch gehebelt, so dass sie abstürzen können. Auch Erdbeben können
Stein- und Blockschlag auslösen.
Die kinetische Energie der Blöcke, ihre Sprunghöhen und die Reichweite sind entscheidende Faktoren
für einen eventuellen Schaden, aber auch für die Planung von Schutzmaßnahmen. Wenn die Eingangsparameter wie Blockgröße, Dämpfung, Hanggeometrie etc. gut bekannt sind, können mit Hilfe
von numerischen Simulationsmodellen die Sprunghöhen und Energien berechnet werden. Künstliche
Schutzmaßnahmen wie z. B. Zäune oder Netze werden dann entsprechend dimensioniert. Als Alternative oder Ergänzung zu Fangnetzen können Felswände auch regelmäßig von lockeren Steinen und
Blöcken beräumt werden (Felsputzen). Auch ein intakter Wald ist ein guter Steinschlagschutz.
Felssturz
Beim Felssturz lösen sich größere Felspartien aus Wandstufen und stürzen ab (Abb. 2). Gegenüber
einem Bergsturz sind das Volumen (unter 1 Million m³) und die Dynamik deutlich geringer. Im Gegensatz zum Stein- oder Blockschlag, der aus Einzelkomponenten besteht, erfolgt beim Felssturz eine
gegenseitige Beeinflussung der Blöcke während der Bewegung. Aufgrund des plötzlichen Auftretens
und der hohen Energie sind sie als sehr gefährlich einzustufen.
Die Ursache für Felsstürze ist in Faktoren wie Spannungsumlagerung, Materialermüdung und Verwitterung an Trennflächen zu suchen. Die Auslöser sind oft weniger eindeutig als bei anderen Hangbewegungen. Frost, Temperaturschwankungen, Erdbeben oder Niederschlag kommen hier z. B. in Frage. Häufig erfolgen Felsstürze aber auch nach einer gewissen Vorbereitungsphase ohne weitere erkennbare Anlässe.
Im Projektgebiet sind potenzielle Felssturzgebiete bekannt, wie z. B. das Kienbergl oder die Zeller
Wand. In der Gefahrenhinweiskarte sind daher teilweise Felssturzgebiete als eigene Kategorie erfasst.
4
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Erfasste Prozesse
Abb. 2:
Felssturzablagerung an
der Haaralmschneid
westlich von Ruhpolding.
4.2
Hanganbrüche
Die Unwetter der letzten Jahre haben auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht: Starkregenereignisse lassen in zunehmendem Maße Schäden durch sogenannte Hanganbrüche oder auch
Hangmuren entstehen. Dies sind flachgründige Rutschungen der Verwitterungsdecke von einigen
Zehnern bis wenigen 100 m³ Volumen (Abb. 3 und Abb. 4). Trotz des meist geringen Volumens bedingen sie durch die Mobilität der Rutschmassen und ihr spontanes Auftreten oft ein erhebliches
Schadenspotenzial und haben auch schon zu Todesfällen geführt. So waren im Jahr 2002 in Lutzenberg im Kanton St. Gallen drei Todesfälle zu beklagen, als zwei Häuser durch ein solches spontanes
Ereignis zerstört wurden. Im Rahmen dieses Projektes wurde deshalb auch die lokale Anfälligkeit für
Hanganbrüche ermittelt.
Hanganbrüche ereignen sich in der Lockergesteins- oder Verwitterungsdecke. Für die Anfälligkeit
spielen die Hangneigung, die Rutschanfälligkeit der Deckschichten, die Möglichkeit des Zutritts von
Oberflächen- und Hangwasser, bodenmechanische Parameter sowie der Einfluss von Bewaldung und
Bebauung eine wesentliche Rolle. Durch Verschneidung dieser Parameter in einem Geoinformationssystem (GIS) lassen sich Bereiche einer erhöhten Anfälligkeit zur Bildung von Hanganbrüchen sowie
ihre Reichweite abgrenzen und flächenhaft darstellen. Eine erhöhte Anfälligkeit besteht insbesondere
bei Starkniederschlagsereignissen, die das für die jeweilige Region übliche Maß überschreiten. Zuletzt
traten solche Ereignisse im Juni 2013, im Sommer 2005 oder Pfingsten 1999 auf.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
5
Einleitung
Abb. 3: Anbruchbereich eines Hanganbruchs nördlich Brandlberg in Ruhpolding.
6
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Erfasste Prozesse
Abb. 4: Ablagerungsbereich eines Hanganbruchs nördlich Brandlberg in Ruhpolding.
4.3
Rutschungen
Rutschungen sind hangabwärts gerichtete, gleitende Bewegungen von Fest- und/oder Lockergestein
(Abb. 5). Geschwindigkeiten von wenigen Zentimetern pro Jahr bis zu mehreren Metern pro Minute
sind möglich. Der Tiefgang reicht von wenigen Metern bis über 100 m.
Rutschungen sind das Ergebnis von Scherbrüchen, wobei bestehende Schwächezonen aktiviert werden. Im Festgestein sind dies z. B. Schichtflächen, Klüfte oder Störungen. Die Grenze zwischen Festgestein und Lockergesteinsüberdeckung ist ebenfalls ein typischer Anbruch- und Gleithorizont. Innerhalb von homogenen Lockergesteinen fehlen solche vorgezeichneten Schwächezonen oft. Dementsprechend treten auch unterschiedliche Formen von Rutschungen auf.
Anlass für Rutschungen ist in vielen Fällen eine starke Durchnässung, wobei kurze Starkregen üblicherweise nur flache Rutschungen aktivieren. Tiefreichende Rutschungen werden eher durch länger
anhaltende Nässeperioden ausgelöst. Maßgeblich ist eine Erhöhung des Porenwasserdruckes, der zu
einer Verminderung der Scherfestigkeit führt.
Gerade größere Rutschungen sind meist kein einmaliges Ereignis. Die Massen kommen nach einer
Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahrtausenden wieder reaktiviert werden. Deshalb ist die Kenntnis von alten Rutschmassen für die Gefahrenabschätzung sehr wichtig.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
7
Einleitung
Abb. 5: Tiefreichende, alt angelegte Rutschung mit Rutschscholle und Nackentälchen bei Obergeisenfelden
südlich von Fridolfing.
4.4
Subrosion / Erdfälle
In löslichen Gesteinen, in erster Linie in Salz, Gips, Anhydrit und Kalk, aber auch in Dolomit, können
durch Lösungsvorgänge (Subrosion oder Verkarstung) natürliche Hohlräume entstehen. Das mechanische Ausspülen von lockeren Feinanteilen (Suffosion) und die chemische Auflösung durch Wasser
im Untergrund führen zu Schwund von Substanz und schließlich zur Bildung unterirdischer Hohlräume. Durch den Einsturz dieser Hohlräume bilden sich nahezu runde Strukturen (Dolinen) von einigen
Metern bis mehreren Zehnermetern Durchmesser und wechselnder Tiefe (Abb. 6). Durch langsame
Senkung können auch großflächige, nicht genau abgrenzbare Mulden entstehen, wie es im Berchtesgadener Land beispielsweise im Becken von Reichenhall der Fall ist.
Die im Landkreis Traunstein auftretenden Dolinen können lokal, besonders bei plötzlicher Entstehung
(sogenannte Erdfälle), eine geogen bedingte Gefährdung darstellen. Die Wahrscheinlichkeit für einen
spontanen Einbruch ist von zahlreichen lokalen Faktoren abhängig und kaum großräumig vorhersehbar. Bekannt sind derartige Einbruchstrukturen im Landkreis Traunstein z. B. in den Plattenkalken
südlich des Natterberges oder am Rauschberg, wo Wettersteinkalk ansteht.
8
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen
Abb. 6: Erdfalltrichter im Hauptdolomit am Mühlalpkopf.
5
Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen
Die vorliegende Gefahrenhinweiskarte wurde für den Zielmaßstab 1 : 25.000 erarbeitet. Sie stellt somit keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die
Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu sehen. Auch
erheben die Modellierungen der geogenen Gefährdungsprozesse, die in der Karte dargestellt sind,
keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Hangbewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum
Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe zeitgemäßer numerischer Modelle ermittelt wurden.
Bei den Betrachtungen wurden Hangbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Selten auftretende Extremereignisse wurden nicht berücksichtigt und müssen aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Restrisiko bezeichnet werden (Anhang Kapitel 5.2.1.1).
Ebenso wenig wurden Murereignisse (Sonderform der Hochwasserabflüsse in Wildbächen, schnell
fließende Gemische aus Wasser und Feststoffen wie Boden, Gesteinsschutt aller Korngrößen, Holz,
Vegetation) in der Gefahrenhinweiskarte berücksichtigt.
Die Gefahrenhinweiskarte dient als Grundlage für die Bauleitplanung zu einer ersten Erkennung von
Interessenskonflikten bzw. Gefahrenverdachtsflächen. Sie ist eine nach objektiven, wissenschaftlichen
Kriterien erstellte Übersichtskarte mit Hinweisen auf Gefahren, die identifiziert und lokalisiert, jedoch
nicht im Detail analysiert und bewertet werden. Sie gibt den aktuellen Bearbeitungsstand wieder und
muss gelegentlich aktualisiert werden. Die Gefahrenhinweiskarte dient nicht der Detailplanung sondern der übergeordneten (regionalen) Planung.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
9
Einleitung
Gefahrenhinweiskarten sollen nicht als Bauverbotskarten wirken, sondern nur in allen kritischen Fällen den Bedarf nach weitergehenden Untersuchungen offen legen. In diesen Fällen muss dann gegebenenfalls erst in einem Detailgutachten festgestellt werden, ob im Einzelfall eine Sicherung notwendig, technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Nachhaltigkeit tatsächlich anzustreben
ist.
6
Präsentation der Ergebnisse
6.1
Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“
Auf der beigefügten CD-ROM sind die Ergebnisse (Gefahrenhinweiskarte) sowohl als „geo pdf“ als
auch im Dateiformat Shapefile enthalten.
Das „geo pdf“ kann mit dem Programm Adobe Reader geöffnet werden (Abb. 7).
Es enthält nachfolgende Informationen (Themen):
Gefahrenhinweiskarte
Hinweis auf Gefährdung durch
•
Stein-/Blockschlag unter Berücksichtigung des Waldbestandes
•
Tiefreichende Rutschungen
•
Hanganbruch (unter Berücksichtigung des Waldbestandes)
•
Erdfälle, Dolinen
Hinweis auf Gefährdung im Extremfall durch
•
Stein-/Blockschlag (ohne Berücksichtigung des Waldbestandes, Felssturz)
•
Rutschanfälligkeit
•
Hanganbruch (ohne Berücksichtigung des Waldbestandes)
•
verkarstungsfähiger Untergrund
Für jeden Prozess werden zwei verschiedene Szenarien dargestellt. Im Fall eines konkreten Hinweises auf eine Gefährdung sind die Prozesse in roter Farbe dargestellt; bei einer Gefährdung im Extremfall sind die Prozesse in Orange abgegrenzt.
Die Geobasisdaten (Hintergrundkarte und Verwaltungsgrenzen) entstammen der Bayerischen Landesvermessung.
10
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Präsentation der Ergebnisse
Abb. 7: „geo pdf“ Gefahrenhinweiskarte.
Zusätzlich zum „geo pdf“ sind auf der beigefügten CD-ROM Dateien im Format shapefile enthalten,
die z. B. mit dem Programm ArcGIS (Firma ESRI) geöffnet werden können.
6.2
Präsentation der Ergebnisse im Internet
Teilbereiche der im Rahmen dieses Projektes erstellten Gefahrenhinweiskarten, die keiner bzw. nur
wenig weiterer Interpretation bedürfen, werden in das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY)
integriert und somit der Allgemeinheit über den Internetzugang www.bis.bayern.de zur Verfügung
gestellt. Hier sind unter dem Fachthema Georisiken bei den Gefahrenhinweiskarten die Kategorien
Sturzprozess (mit Wald), Tiefreichende Rutschung sowie Erdfälle/Dolinen einsehbar.
Seit Februar 2013 besteht außerdem die Möglichkeit über die „Standortauskunft Georisiken“ umfassende Informationen zu Gefahrenhinweiskarten und Georisiken an einem bestimmten Standort in
Bayern abzurufen. Über die Angabe einer Adresse oder einen Klick in die Karte wird für diesen
Standort ein pdf-Dokument erzeugt, das alle dem LfU vorliegenden Informationen zu Georisiken und
Gefahrenhinweiskarten zusammenfasst und erläutert. Die „Standortauskunft“ kann sowohl auf der Internetseite des Landesamtes für Umwelt www.lfu.bayern.de: Themen  Geologie  Georisiken 
Standortauskunft Georisiken als auch direkt im GeoFachdatenAtlas (BIS-BY) www.bis.bayern.de
über den Reiter Standortauskunft abgerufen werden.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
11
Einleitung
7
Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten
In einem interministeriell abgestimmten Rundschreiben vom 17.08.2010 (Hinweise zur Umsetzung der
Gefahrenhinweiskarte für den Verwaltungsvollzug; Download unter: www.lfu.bayern.de  Geologie
 Georisiken  Daten und Karten  Massenbewegungen) wurden Hinweise für den rechtlichen Umgang mit Gefahrenhinweiskarten gegeben. Kurzgefasst ist folgendes festzustellen:
7.1
Sicherheitsrecht
Anordnungen nach dem Sicherheitsrecht können nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgen.
Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Die Einstufung in der Gefahrenhinweiskarte allein lässt
in der Regel keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr zu. Für die Annahme einer
konkreten Gefahr bedürfte es weiterer Anhaltspunkte und ggf. spezieller Gutachten.
7.2
Baurecht
7.2.1
Bauleitplanung
Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde
Wohn- und Arbeitsverhältnisse und umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und
seine Gesundheit zu berücksichtigen. Daher muss sich eine Gemeinde, die eine Fläche in einem gekennzeichneten Hinweisbereich für Geogefahren überplanen will, im Rahmen der Abwägung mit den
bestehenden Risiken auseinandersetzen. Hierzu kann im Rahmen der Behördenbeteiligung das LfU
hinzugezogen werden. Dieses kann Hinweise für den jeweiligen Einzelfall geben, ggf. geeignete
Schutzmaßnahmen empfehlen oder auch die Gemeinde an einen spezialisierten Gutachter verweisen.
7.2.2
Einzelbauvorhaben
Auch bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich und bei Außenbereichsvorhaben müssen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans sind Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt
werden, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind. Zudem muss das jeweilige Grundstück nach seiner Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein und Anlagen sind so
zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbes. Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden.
Die bloße Lage eines Grundstücks in einem Gefahrenhinweisbereich ist kein Grund, ein Bauvorhaben
abzulehnen. Es bedarf ggf. weiterer Anhaltspunkte, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr hindeuten (z. B. Kenntnis über regelmäßige Steinschläge in dem Bereich). Liegen diese der Bauaufsichtsbehörde vor, so sind weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. das LfU oder ein Privatgutachter hinzuzuziehen.
7.3
Verkehrssicherungspflicht
Entsprechend dem Zitat eines BGH-Urteils kann zusammengefasst werden: „Wer sich an einer gefährlichen Stelle ansiedelt, muss grundsätzlich selbst für seinen Schutz sorgen. Er kann nicht von
seinem Nachbarn verlangen, dass dieser nunmehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreift. Der
Nachbar ist lediglich verpflichtet, die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf seinem Grundstück zu dulden. Für allein von Naturkräften ausgelöste Schäden kann der Eigentümer
nicht verantwortlich gemacht werden. Der Eigentümer ist nur dann haftbar, wenn z. B. ein Felssturz
12
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Ausblick
durch von Menschenhand vorgenommene Veränderungen des Hanggrundstücks, zum Beispiel durch
die wirtschaftliche Nutzung (z. B. Kahlschlag), verursacht wurde.
8
Ausblick
Für den Bayerischen Alpenbereich liegen inzwischen flächendeckend Gefahrenhinweiskarten für Geogefahren vor. Mit der Bearbeitung des Alpenvorlandes wurde 2012 in den Landkreisen Berchtesgadener Land, Traunstein und Rosenheim begonnen, die weiteren Alpenlandkreise werden ab 2014 bearbeitet. Zudem wird eine Gefahrenhinweiskarte für den schwäbisch-fränkischen Jura erstellt.
Mittelfristig ist vorgesehen, außer den geogenen Naturgefahren auch weitere Prozesse wie z. B. Muren, Lawinen und Hochwasser gemeinsam in Gefahrenhinweiskarten darzustellen.
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13
Einleitung
14
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Einleitung
Anhang – Vorgehensweise und technische Details
1
Einleitung
Die Vorgehensweise zur Abgrenzung der Gefahrenhinweisbereiche für die verschiedenen Prozesse
wird auf den folgenden Seiten ausführlich erläutert. Ziel ist es, die durchgeführten Arbeiten, die für die
Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche notwendig waren, nachvollziehbar zu beschreiben, um eine
größtmögliche Akzeptanz für die Gefahrenhinweiskarten zu schaffen.
2
Datengrundlagen
Eine einheitliche Datenbasis für die Modellierung bzw. Bearbeitung muss für alle Bearbeitungsgebiete
gewährleistet sein, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Nachfolgend werden die wichtigsten Basisdaten aufgeführt, die eine Minimalanforderung für die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten darstellen.
2.1
Karten
2.1.1
Topographische Karten
Als topographische Grundlage wird für die Bearbeitung die Topographische Karte von Bayern des
Bayerischen Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (LVG) im Maßstab 1 : 25.000 im Rasterformat (TK 25) verwendet. Die Grundlage des Karteninhalts bildet dabei das Digitale Landschaftsmodell (DLM25) aus ATKIS® Bayern.
2.1.2
Geologische Karten
Als Standardkarte wird die Geologische Karte im Maßstab 1 : 25.000 (GK 25) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) verwendet. Da diese Karten nicht flächendeckend verfügbar sind, muss
ggf. auf geologische Manuskriptkarten sowie auf Übersichtskarten ausgewichen werden. Im LfU sind
solche Karten in den Maßstäben 1 : 50.000, 1 : 100.000, 1 : 200.000 und 1 : 500.000 sowie verschiedene detaillierte Manuskriptkarten verfügbar.
Die fehlenden Kartenblätter der GK 25 im Landkreis Traunstein wurden durch folgende geologische
Manuskriptkarten ergänzt:
•
7840 Kraiburg a. Inn
•
7841 Garching a. d. Alz
•
7842/43 Burghausen
•
7939 Wasserburg a. Inn
•
7940 Obing
•
7942/43 Tittmoning
•
8039 Bad Endorf
•
8043 Laufen
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1
Datengrundlagen
•
8142 Teisendorf
•
8243 Bad Reichenhall
•
8340 Reit im Winkel
•
8341 Seegatterl
•
8342 Schneizlreuth
Diese Kartenblätter wurden als Grundlage für die Gefahrenhinweiskarte digital aufbereitet. Somit liegt
für das Untersuchungsgebiet eine flächendeckende geologische Karte im Vektorformat vor.
2.2
Digitales Geländemodell
Das Digitale Geländemodell (DGM) ist wesentlicher Bestandteil der Modellierung von Steinschlag /
Blockschlag, Felssturz und Hanganbrüchen. Es wird sowohl für das Dispositionsmodell (Anhang Kapitel 4.1), als auch für das Prozessmodell (Anhang Kapitel 4.2) und für die visuelle Erfassung und Beurteilung von Rutschungen und Erdfällen / Dolinen verwendet.
Für die Erstellung des Digitalen Geländemodells wurde auf Daten des LVG zurückgegriffen. Das LVG
erstellt mittels Airborne-Laserscanningverfahren hoch aufgelöste Digitale Geländemodelle. Dargestellt
wird dabei die Höhe der Geländeoberfläche. Messpunkte, die auf Gebäude und Vegetation fallen,
werden herausgerechnet. Seitens des LVG sind bayernweit Daten in den Auflösungsstufen 1 m, 2 m
und 5 m verfügbar, allerdings noch nicht in allen Auflösungsstufen flächendeckend lieferbar.
Für die verschiedenen Anwendungen wurden unterschiedliche Auflösungsstufen des DGM benutzt.
Für die Steinschlagsimulation und die Hanganbruchmodellierung wurden die Eingangsdaten auf Basis
der 5 m-Daten aufbereitet. Für die Beurteilung von tiefreichenden Rutschungen und die Ermittlung von
Erdfällen / Dolinen wurden für den gesamten Landkreis Traunstein Daten im 1 m-Raster am LfU verarbeitet.
2.2.1
Das Digitale Geländemodell als Grundlage für Steinschlagsimulation und
Hanganbruchmodellierung
Für die Modellierung von Steinschlägen und Hanganbrüchen wurden Eingangsdaten auf Basis der
5 m-Daten mittels der GIS-Software ArcGIS prozessiert. Im Einzelnen wurden folgende Daten aus
dem 5 m-DGM abgeleitet:
Tab. 1: Abgeleitete Daten aus dem 5 m-DGM.
Datensatz
Umfang / Gültigkeitsbereich
Verwendung
DGM 5 m
Analyseumfang Sturz
•
Generierung der SturzAnbruchzonen mit Neigung > 45°
Modellierungsumfang Hanganbrüche
•
Basis für Hanganbruchmodellierung
Modellierungsumfang Sturz (Rechteck)
•
DGM 10 m
2
Basis für Sturzmodellierung
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Datengrundlagen
2.2.2
Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender
Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen
Auch für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und die Erfassung von Erdfällen und Dolinen
wurden Digitale Geländemodelle eingesetzt. Hierzu wurden aus den 1 m-Rasterdaten Schattenmodelle (Hillshades) erstellt (Abb. 1), die eine genaue Beurteilung der morphologischen Gegebenheiten ermöglichen. Das Schattenmodell wurde mit zwei Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt.
Abb. 1: Ausschnitt aus einem Schattenmodell. Rutschungsbereich rot umrandet.
Durch Komprimierung sind hoch aufgelöste Höhenmodelle bzw. daraus generierte Schattenmodelle
ganzer Landkreise trotz großer Rohdatenmengen im GIS noch gut nutzbar.
Die Schattenmodelle ermöglichen eine gute Visualisierung der Geländemorphologie und somit z. B.
eine Vorabbeurteilung von Rutschungsbereichen (Abb. 1).
2.3
Wald / Forst
Die Wald- bzw. Forstflächen im Untersuchungsgebiet wurden als einzelne Ebene aus dem Digitalen
Landschaftsmodell (DLM25) aus ATKIS® Bayern extrahiert (www.atkis.de).
Der verwendete Layer (VEG03_F; Stand 2011) enthält Objekte der Objektarten Wald, Forst (4107)
und Gehölz (4108).
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3
Datengrundlagen
2.4
Gebäude
Die Gebäude wurden der Digitalen Flurkarte (DFK) vom Mai 2011 entnommen
(www.geodaten.bayern.de). Der verwendete Layer enthält Objekte mit den Attributen bewohnt (1001)
und unbewohnt (1002).
2.5
Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY)
Das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) ist die zentrale Datenbank des LfU zu Geofachdaten.
Große Anteile der Datenbestände sind für jedermann über das Internet einsehbar. Unter anderem
werden im BIS-BY auch Daten zu Hangbewegungen gespeichert.
2.5.1
GEORISK - Dokumentations- und Informationssystem
Im BIS-BY sind die bereits seit 1987 vom ehemaligen Bayerischen Geologischen Landesamt im Rahmen des Programms GEORISK gesammelten Informationen zu Hangbewegungen integriert. Im
GEORISK-Ereigniskataster sind alle Arten von Hangbewegungen systematisch erfasst. Für jede einzelne Hangbewegung wurde eine detaillierte Beschreibung zur Art der Hangbewegung und ihrer
räumlichen Ausdehnung erstellt sowie eine Erläuterung zum Alter und der zukünftigen Entwicklung
der Hangbewegung abgefasst. Ebenso wurde der Informationsgrad angegeben und ein Quellennachweis geführt. Die Anbruch- und Ablagerungsbereiche der Hangbewegungen wurden digitalisiert und
neben aussagekräftigem Bildmaterial im BIS-BY abgespeichert.
Erfahrungsgemäß kommt es in den Bereichen, in denen bereits in früherer Zeit Hangbewegungen
stattgefunden haben, auch in der Folgezeit immer wieder zu neuen Ereignissen. Wegen der besonderen Sensibilität lag der Arbeitsschwerpunkt zunächst im Bayerischen Alpenraum, so dass für das Alpenvorland vorab nur sehr wenige Informationen zu Hangbewegungen vorlagen. Die im Rahmen des
Projektes erhobenen Daten wurden in das GEORISK-Ereigniskataster aufgenommen und in das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY, Abb. 2) des LfU übernommen.
Die GEORISK-Daten aus dem BIS-BY sind die wohl wichtigste Datengrundlage für die Bewertung von
Rutschungen. Aber auch bei der Modellierung von Steinschlag und kleineren Felsstürzen können diese Daten eine gute Grundlage bilden, da sie durch die digitalisierten Anbruchkanten Felswandbereiche markieren, von denen Steinschlag ausgeht. Diese digitalen Daten können direkt in das Dispositionsmodell (Anhang Kapitel 5.1) einfließen.
Bis August 2013 wurden für den Landkreis Traunstein 530 Hangbewegungsbereiche (GEORISKObjekte) erfasst und bewertet.
4
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Datengrundlagen
Abb. 2: Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de).
2.5.2
Karten der Aktivitätsbereiche
Neben der Ereignisdokumentation im BIS-BY wurden von 1989 bis 2002 im Umfeld von 57 Hauptsiedlungsgebieten flächendeckende Kartierungen zur Erfassung von Hangbewegungen durchgeführt. Mit
den im Gelände gesammelten Daten, den Luftbildauswertungen und den Daten aus den Archiven
konnten im Bereich der Hauptsiedlungsgebiete die sogenannten Karten der Aktivitätsbereiche erstellt
werden (Abb. 3). Mit diesen Karten wurde versucht, die einzelnen sehr verschiedenen Massenbewegungsarten zusammenzufassen und aufgrund ihres Aktivitätsgrades in vier unterschiedliche Kategorien einzuordnen, um dadurch auch eine indirekte Aussage über die mögliche Gefährdungshöhe zu
erhalten.
Die Abgrenzung der vier Aktivitätsstufen gegeneinander erfolgte zwar in erster Linie aufgrund des unterschiedlich hohen Aktivitätsgrades, aber auch die Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses floss in die Bewertung mit ein. Es wurden folgende vier Kategorien unterschieden:
Rot:
Bereiche, in denen deutliche Anzeichen für aktive Massenbewegungen auftreten.
Orange:
Bereiche, in denen vereinzelte Hinweise auf aktive Massenbewegungen zu finden
sind.
Gelb:
Bereiche, in denen aufgrund der geologischen und morphologischen Gegebenheiten
aktive Massenbewegungen nicht auszuschließen sind.
Grau:
Bereiche, in denen keine Hinweise auf Massenbewegungen zu finden sind.
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5
Datengrundlagen
Abb. 3: Ausschnitt aus der Karte der Aktivitätsbereiche (www.bis.bayern.de).
In den Karten der Aktivitätsbereiche werden Angaben darüber gemacht, in welchen Bereichen Hangbewegungsaktivitäten herrschen bzw. von welchen Bereichen Hangbewegungen ihren Ausgang nehmen. Die erfassten Aktivitätsbereiche sind nicht mit Gefahrenhinweiskarten gleichzusetzen. Um Aussagen über die zu erwartende Ausdehnung des jeweiligen Gefahrenbereiches bzw. die zu erwartende
Reichweite von potenziellen Hangbewegungen machen zu können, müssen diese Karten weiter interpretiert werden. Daher wurden die Karten der Aktivitätsbereiche durch die Gefahrenhinweiskarten ersetzt. Die Karten der Aktivitätsbereiche waren dennoch für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte im
Alpenraum eine wichtige Grundlage.
2.5.3
Informationen aus dem Projekt EGAR
Das Projekt EGAR – Einzugsgebiete in alpinen Regionen – wurde von 1999 bis 2010 am ehemaligen
Landesamt für Wasserwirtschaft und nachfolgend am Bayerischen Landesamt für Umwelt durchgeführt. Ziel des Projektes war die Beurteilung des Gefahrenpotenzials in alpinen Wildbacheinzugsgebieten anhand des Abflussgeschehens und Geschiebepotenzials mit dem Schwerpunkt der regionalen
wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung im Bayerischen Alpenraum. Neben der Aufnahme von Pflanzengesellschaften und der Untergrundverhältnisse war eine flächendeckende Aufnahme der aktuellen
und reliktischen Hangbewegungsprozesse ein weiteres Ziel des Projektes. Dies erfolgte durch Interpretation von digitalen Orthofotos, stereoskopischen Luftbildern im Maßstab 1 : 18.000, geologischer
Spezialkarten und, wenn vorhanden, von digitalen Geländemodellen. Die Ergebnisse wurden durch
punktuelle Geländebegehungen verifiziert und in ein GIS-System integriert. Die für den Landkreis
Traunstein verfügbaren EGAR-Daten beschränken sich auf die Kartenblätter 8240 Marquartstein,
8241 Ruhpolding, 8242 Inzell, 8340 Reit im Winkel, 8341 Seegatterl und 8342 Schneizlreuth.
6
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Geologischer Rahmen
In das Projekt Gefahrenhinweiskarte Bayerische Alpen sind nur solche Daten über Sturz-, Rutsch- und
Gleitprozesse aus dem EGAR-Projekt eingepasst worden, für die bisher kein GEORISK-Objekt vorhanden war.
2.5.4
Informationen aus dem Projekt HANG
Das Projekt HANG – Historische Analyse Alpiner Naturgefahren – wurde am ehemaligen Landesamt
für Wasserwirtschaft durchgeführt und hatte eine Laufzeit von Juni 2000 bis Anfang 2003.
Die Einschätzung von Naturprozessen und deren Gefahrenpotenzialen ist gerade im Bergland mit
seiner hohen Dynamik oft problematisch. Neben den theoretischen Hilfsmitteln zur Berechnung und
Modellierung dieser Prozesse ist daher die Ereignisdokumentation ein wesentlicher Baustein. Zur Einordnung von Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit und Intensitäten kann die Auswertung möglichst langfristiger Beobachtungen aus historischen Quellen eine wertvolle Hilfe sein.
Ziel des Projektes war es, zunächst die Ergiebigkeit und Aussagekraft verschiedener Quellen und Archive (z. B. Behörden, Gemeinden, Kirchenbücher) zu testen. Daraus sollte eine Methodik abgeleitet
werden, wie eine optimale Erfassung und Auswertung historischer Daten unter Berücksichtigung des
Aufwandes erfolgen kann. Die Untersuchungen wurden vom Geographischen Institut der Universität
München durchgeführt und die Ergebnisse in ein GIS integriert. Hangbewegungsrelevante Daten wurden in das BIS-BY übernommen und flossen somit in die Auswertungen zur Erstellung der Gefahrenhinweiskarten ein.
3
Geologischer Rahmen
Die Gesteine im Landkreis Traunstein umfassen ein sehr breites Spektrum, denn sie wurden in sehr
unterschiedlichen Sedimentationsräumen abgelagert und teilweise in die Alpenbildung einbezogen.
Sie lassen sich in quartäre Lockergesteine sowie in die tektonischen Einheiten Molasse, Helvetikum
und Ultrahelvetikum, Rhenodanubischer Flysch und Kalkalpin einteilen.
Die Vorlandmolasse im Alpenvorland besteht überwiegend aus Sanden, Kiesen und Mergeln (lokal
auch Sandsteine und Konglomerate) und ist fast vollständig von Ablagerungen des Quartär (v. a. Kiese, Nagelfluh, Lehme, Tone) überdeckt. Lokal kommt die kaum bedeutende Inneralpine Molasse vor.
In der Gegend von Bergen, Eisenärzt und Neukirchen stehen das sogenannte Helvetikum und Ultrahelvetikum an. Die Gesteine des Helvetikums sind hauptsächlich mergelig und kalkig ausgebildet
und weisen lokal Vererzungen auf. Die Sedimente des Ultrahelvetikums hingegen setzen sich überwiegend aus Tonen und Mergeln zusammen.
Südlich an das Helvetikum anschließend folgen Sedimente des Rhenodanubischen Flyschs. Sie
bauen die stark bewaldeten und von vielen Bächen durchzogenen Hänge am Fürstberg bei Mariaeck
sowie am Sulzberg und Teisenberg südwestlich und östlich von Hammer auf. Der Rhenodanubische
Flysch wird einerseits von Mergeln und Kalk-Mergel-Wechselfolgen, andererseits von Sandsteinen
geprägt.
Von Süden her sind auf den Flysch die Nördlichen Kalkalpen tektonisch überschoben worden. Die
Aufgliederung in zahlreiche tektonische Decken und Einheiten soll hier nicht ausgeführt werden, es
kann auf die Spezialliteratur (s. u.) verwiesen werden. Teilweise herrschen Kalke und Dolomite vor,
teilweise dominieren auch Mergel und Tonsteine.
Für weitere detaillierte Informationen zum geologischen Aufbau im Landkreis Traunstein wird auf die
Geologischen Karten im Maßstab 1 : 25.000 (DOBEN, K. (1973), DOPPLER, G. (1982), GANSS, O.
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7
Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten
(1983), MÜLLER, M. & ZIEGLER, J. H. (1978), GANSS, O. (1977), GANSS, O. (1967), DOBEN, K. (1970),
GANSS, O. & JERZ, H. (1999)), die Geologische Übersichtskarte im Maßstab 1 : 100.000 (GANSS, O.
1971) sowie die Geologische Karte von Bayern 1 : 500.000 (BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT
1996) inklusive Erläuterungen verwiesen.
4
Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten
Das Abschätzen von Reichweiten für Hangbewegungen kann ohne numerische Modellierung nur über
Augenzeugen oder über sogenannte stumme Zeugen, also über Spuren vorausgegangener Ereignisse erfolgen. Berichte von Augenzeugen sind selten und stumme Zeugen sind nicht immer zu finden. In
Bereichen, in denen stumme Zeugen entweder entfernt wurden oder Hangbewegungen erst in der
Zukunft zu erwarten sind, kann deshalb nur mit Modellierungen eine Aussage über die Reichweite von
potenziellen Hangbewegungen gemacht werden.
Derartige Simulationen können nach KIENHOLZ, H. ET AL. (1993) in Dispositionsmodelle und Prozessmodelle gegliedert werden. Sie basieren entweder auf empirischen Annahmen (funktionalistischer Ansatz) oder auf physikalischen Parametern und Zusammenhängen (realistischer Ansatz). Die
jeweils darauf aufbauenden unterschiedlichen Gefahrenhinweiskarten können in einer integrativen
Gefahrenhinweiskarte zusammengefasst werden.
4.1
Dispositionsmodelle
Dispositionsmodelle dienen zur Ermittlung von Gefahrenquellen bzw. Bereichen, von denen eine Gefahr ausgehen kann. Bei den Prozessen Felssturz und Steinschlag handelt es sich z. B. um Gebiete,
aus denen sich Steine und Felsblöcke lösen können. Es können zwei Ansätze gewählt werden: Einerseits werden – soweit möglich – potenzielle Anbruchbereiche im Gelände ermittelt bzw. bereits erfasste Daten aus einer Datenbank selektiert, andererseits können mittels GIS-Operationen potenzielle Anbruchbereiche pauschal aus dem Digitalen Geländemodell (DGM) und anderen Parametern errechnet
werden.
Für die Rutschungsbetrachtungen müssen potenzielle Anrissgebiete ausschließlich empirisch ermittelt
werden.
4.2
Prozessmodelle
In einem Prozessmodell wird der Ablauf der Hangbewegung simuliert. Dabei kann beschrieben werden, welchen Weg die Massen nehmen, welche Geschwindigkeiten und kinematischen Energien erreicht werden und welche möglichen Reichweiten auftreten können.
Die ersten Prozessmodelle bzw. Modellierungen Ende der 70er Jahre mit realistischem Ansatz erfolgten für den Prozess Stein- und Blockschlag (MEIßL, G. 1998). Sie ermöglichten eine dynamische Simulation von Sturzereignissen. Die neueren Raster-Trajektorien-Modelle sowie die mit Vektoren arbeitenden Modelle liefern gute Ergebnisse, die im Wesentlichen davon abhängen, welche Dämpfungsfaktoren im Reibungsmodell eingesetzt bzw. welche Dämpfungsparameter für die Wechselwirkungen mit
dem Untergrund herangezogen werden.
In den folgenden Kapiteln werden die technischen Details und die Vorgehensweisen der Modellierungen der einzelnen, im Projekt behandelten Prozesse beschrieben.
8
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Stein- und Blockschlag
5
Stein- und Blockschlag
5.1
Dispositionsmodell
Im Dispositionsmodell wird festgelegt, aus welchen Bereichen im Gelände es zu Stein- und Blockschlag kommen kann. Bei der Modellierung für Gefahrenhinweiskarten werden, wie im Anhang Kapitel
4.1 bereits erwähnt, zwei empirische Ansätze gewählt.
Zum einen können, soweit vorhanden, die potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag
direkt aus dem BIS-BY entnommen werden (Dispositionsmodell 1). Zum anderen können aufgrund
empirischer Erfahrung in den Gebieten, in denen keine Informationen aus Kartierungen vorliegen, ersatzweise alle Hangbereiche als potenzielle Anbruchbereiche für Sturzereignisse angesehen werden,
in denen die Hangneigung steiler als 45° ist (Dispositionsmodell 2).
5.1.1
Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Steinund Blockschlag aus den GEORISK-Daten
Im Bodeninformationssystem Bayern sind GEORISK-Daten erfasst, die direkt als potenzielle Startbereiche für Stein- und Blockschlag verwendet werden können. Dabei handelt es sich um als Linien digitalisierte Anbruchkanten von Stein- und Blockschlagereignissen.
5.1.2
Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Steinund Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel
Das Dispositionsmodell 2 verwendet zur Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und
Blockschlag den sogenannten Grenzneigungswinkel von 45°. Damit werden alle Hangbereiche, deren
Neigung 45° oder mehr beträgt, als potenzielle Anbruchbereiche angesehen. Diese Bereiche können
über Standardfunktionen handelsüblicher Geoinformationssysteme aus dem Digitalen Geländemodell
ermittelt werden. Der Grenzneigungswinkel wurde mit Hilfe von Luftbildern verifiziert und lieferte für
den bayerischen Alpenraum sehr gute Ergebnisse. Ein Winkel von 45° wird unter anderem auch von
W ADGE, G. ET AL. (1993) verwendet.
5.2
Prozessmodell
Das Prozessmodell (dynamisches Modell) für die Steinschlagmodellierung simuliert die Dynamik des
Sturzvorganges.
Das Prozessmodell seinerseits kann nach MEIßL, G. (1998) bzw. HEGG, C. & KIENHOLZ, H. (1995) in
zwei Teile untergliedert werden: Das sogenannte Trajektorien-Modell ermittelt die Sturzbahn der Steine und Blöcke und das Reibungsmodell berechnet den Energieumsatz des Sturzmateriales entlang
der Sturzbahn und schätzt daraus die Reichweite des Sturzes.
Da es sich bei Sturzereignissen um Bewegungen handelt, die im dreidimensionalen Raum stattfinden,
muss die Prozessmodellierung für den regionalen Maßstab unter Anwendung Digitaler Geländemodelle ebenso im dreidimensionalen Raum durchgeführt werden. Die potenziellen Anbruchbereiche (Startpunkte), die in den Dispositionsmodellen ermittelt wurden, können in Digitale Geländemodelle übertragen werden. Ausgehend von diesen Punkten werden die Sturzprozesse modelliert und die Reichweiten berechnet.
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9
Stein- und Blockschlag
Steinschlagmodell nach ZINGGELER + GEOTEST
Für die Steinschlagsimulation wird im Projekt das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST
(KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005) verwendet. Die Modellierung der Bewegung der Sturzblöcke erfolgt
hierbei nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Mechanik und ist in die Prozesse Fallen,
Springen und Rollen unterteilt. Die Berechnungen stellen eine Abfolge dieser Prozesse mit den dazwischen liegenden Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und mit Baumstämmen dar.
Beim simulierten Bodenkontakt des Sturzblockes wird durch die Geometrie des Blockes ein Aufpralltrichter im Untergrund erzeugt, der die Bewegungsrichtung des Blockes maßgeblich mitbestimmt.
Beim Eindringprozess in den Untergrund entsteht ein Energieverlust. Zur Berechnung des Energieverlustes bei der Materialverdrängung wird der Modellblock als Kugel definiert. Entsprechend den Untergrundeigenschaften und der Dimension der Modellkugel wird ein spezifischer Aufschlagtrichter geformt. Für die Modellierung des Absprungprozesses wird der Modellblock wieder über die drei Hauptachsen beschrieben, damit die resultierende Rotation des Blockes berechnet werden kann. In Abb. 4
ist z. B. ersichtlich, wie der Körperschwerpunkt durch die Blockform (Hebelwirkung) in einer Komponente senkrecht zum Untergrund beschleunigt wird, was einen wesentlichen Beitrag zum Abheben liefert.
Abb. 4: Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse. Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und Bäumen, sowie Spring- und Rollprozesse (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).
5.2.1
Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen)
5.2.1.1
Allgemeines
Bei der numerischen Modellierung wird für einen Felsblock mit einer frei definierten Größe
(= Bemessungsereignis) die potenzielle Sturzweite (Einwirkungsbereich) ermittelt. Somit muss entschieden werden, ob der häufige Absturz kleiner Steine im konkreten Fall relevant ist, oder eher der
seltenere Abgang größerer Massen mit daraus resultierender hoher Reichweite. Die Geländemorphologie und Einflussfaktoren wie Wald, Dämpfung des Untergrundes etc. sind vorgegeben und für die
10
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Stein- und Blockschlag
Modellierung damit feste Parameter. Variabler Parameter ist die Blockgröße, welche die Reichweite
wesentlich beeinflusst. Für die Dimensionierung des Bemessungsereignisses müssen Blockgrößen
gewählt werden, die eine für die jeweilige Lokalität angemessene und repräsentative Größe darstellen.
Der geologische Aufbau bestimmt die Wahl des Bemessungsereignisses. Die Größe von Sturzkörpern
wird maßgeblich von der geotechnischen Gebirgsfazies bestimmt. Mehrere Kubikmeter große Einzelblöcke sind in der Regel nur in massigen Gesteinen zu erwarten – dazu gehören beispielsweise Riffkarbonate. Massige Gesteine sind je nach Ausbildung und Erstreckung von Trennflächen prädestiniert
für Felsstürze. Die Anlage der Trennflächen, ihre Raumlage und ihre aktuelle Ausbildung (Öffnungsweite, Beschaffenheit der Kluftflächen etc.) sind ihrerseits unter anderem abhängig von der tektonischen Geschichte des Gesteins, sowie seiner morphologischen und klimatischen Exposition. Aus sehr
engständig geschichteten bzw. geschieferten bis mittelbankig (< 2 cm bis 60 cm, PRINZ, H. & STRAUß,
R. (2006)) geschichteten Gesteinen sind dagegen durch die in vergleichsweise kurzen Abständen auftretenden, annähernd parallelen Schichtflächen, keine einzelnen Sturzkörper von mehreren Kubikmetern Größe zu erwarten, sondern deutlich kleinere Körper von Kieskorngröße (Ø > 2 mm) bis hin zu
kleinen Blöcken (Ø > 20 cm).
All diese geologischen Faktoren geben im Rahmen einer realistischen Betrachtungsweise die an einer
bestimmten Stelle vorwiegend anzunehmende relevante Sturzblockgröße vor.
Die Dimensionierung bzw. Festlegung eines Bemessungsereignisses ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen der zu erwartenden Sturzblockgröße (geologische Faktoren) und der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sturzereignisses.
Wird beispielsweise ein mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit eintretender großer Felssturz oder
Bergsturz in einem Gebiet nicht als Risiko empfunden, obwohl die theoretische Möglichkeit besteht,
dass solch ein Ereignis eintritt, so kann dies als sogenanntes „Restrisiko“ bezeichnet werden. Ein
„Null-Risiko“ ist im Bergland üblicherweise nicht zu erzielen, so dass immer ein gewisses verbleibendes Risiko besteht. Würde jedes noch so geringe Risiko berücksichtigt, würden sämtliche Flächen im
Bergland als gefährdet ausgewiesen. In der Regel muss deshalb mit Sturzereignissen modelliert werden, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Durch die Dimensionierung des Bemessungsereignisses wird eine Vorauswahl getroffen, welche Sturzereignisse
aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Risiko bezeichnet werden müssen. Diese Vorauswahl kann und muss von erfahrenen Fachleuten getroffen werden. Im Gegensatz dazu ist die Frage,
ob ein Sturzereignis ein akzeptables oder inakzeptables Risiko darstellt, letztlich von soziologischpolitischen Entscheidungen abhängig (Abb. 5).
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
11
Stein- und Blockschlag
Abb. 5: Schematische Darstellung der Risikostufen.
Risikowahrnehmung, Risikoakzeptanz und Grenzrisiko sind keine festen „Größen“, sie unterliegen
fortschreitenden Neubewertungen (MERTSCH, S. 2004). Die Dynamik der drei Begriffe richtet sich beispielsweise nach der Präsenzwahrscheinlichkeit gefährdeter Personen und Objekte im bedrohten Gebiet und der Frage, in wie weit technische Vorkehrungen generell denkbar bzw. sachlich oder ökonomisch praktikabel sind.
Bemessungsereignisse im Rahmen einer Gefahrenhinweiskarte können (zumindest teilweise) durch
empirisch-theoretische Schlussfolgerungen pauschalisierend auf Basis einer geologischen Karte in
geeignetem Maßstab dimensioniert werden. Ein besseres und genaueres Ergebnis wird allerdings erreicht, wenn die pauschalisierende Methode mit Geländeuntersuchungen kombiniert wird.
5.2.1.2
Vorgehensweise im Projekt
Im Rahmen des Projektes wurde bei der Festlegung der Bemessungsereignisse wie folgt vorgegangen:
•
Verschneiden der potenziellen Anbruchbereiche aus den Dispositionsmodellen 1 und 2 mit der
Geologischen Karte 1 : 25.000.
•
Konkrete Geländeuntersuchungen der betroffenen stratigraphischen Einheiten, um eine repräsentative Blockgröße für jede geologische Einheit festlegen zu können.
•
Einteilung der vorkommenden Blockgrößen in vier Klassen.
Die Geländeuntersuchungen erfassten das gesamte Projektgebiet. Aufgrund fazieller Unterschiede
kann die Blockgröße auch innerhalb derselben stratigraphischen Einheiten variieren. Je nach Bearbeitungsgebiet muss das Bemessungsereignis daher separat bewertet werden. Von jeder untersuchten
geologischen Einheit wurden die wahrscheinlichsten Blockgrößen abgeschätzt und die Blöcke fotographisch dokumentiert. Zur Festlegung der Bemessungsgrundlagen wurden anhand von Geländebefunden und Literaturangaben im Einklang mit den geologisch-geotechnischen Gebirgseigenschaften
die Blockgrößen und -geometrien ermittelt. Die Bandbreite der im Projektgebiet ermittelten Volumina
3
von Blöcken mit ausreichender Anbruchwahrscheinlichkeit beträgt ungefähr 125 – 1.728.000 cm . Aus
der Geometrie bzw. Form (x-y-z-Achsen) der vorgefundenen Gesteinsbruchstücke resultieren verschiedene Blockformenklassen, die in vier Volumenklassen (I / groß bis IV / klein) eingeteilt wurden
12
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Stein- und Blockschlag
(siehe Tab. 2 für den Alpenraum und Tab. 3 für das Alpenvorland). Dabei ist für jede stratigraphische
Einheit nicht die maximale Blockgröße, sondern die einer erheblichen Wahrscheinlichkeit berücksichtigt worden. Bei der Festlegung der Klassengrenzen wurden neben den Volumina der Blöcke auch die
Flächenanteile der stratigraphischen Einheiten am Arbeitsgebiet berücksichtigt. Die stratigraphischen
Einheiten, die große Flächenanteile der potenziellen Anbruchgebiete einnehmen, wurden vorrangig
differenziert und somit unterschiedlichen Klassen zugeteilt, damit flächenmäßig unterrepräsentierte
Einheiten bei der Festlegung der Klassengrenzen nicht überbewertet werden.
Abb. 6:
Sturzblockgeometrie.
Der Sturzblock wird
durch die Längen der 3
Hauptachsen x, y, z
(hier: a, b, c) und seine
Masse beschrieben
(KRUMMENACHER, B. ET
AL. 2005).
In den vier Volumenklassen sind jeweils zwischen 8 und 32 stratigraphische Einheiten vertreten. Zudem wurde für die Modellierung im regionalen Maßstab jeweils eine generalisierte Blockformenklasse
(x-y-z-Achsen) zugeordnet. Die Generalisierung der Formenklassen erfolgt über die Auswertung der
Häufigkeit der Länge der Blockachsen x-y-z und, wenn nötig, unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags.
Im verwendeten Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST geht die Blockgröße und Blockform
wie folgt in die Modellierung mit ein: Die Blockmasse wird aus der Multiplikation der drei Hauptachsen
(Abb. 6), des durchschnittlichen spezifischen Gewichts des Gesteins (2,7 g / cm³) und einem Faktor
für den mittleren Rundungsgrad des Blocks (Masse = 81 % des Modellquaders) ermittelt.
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
13
Stein- und Blockschlag
Tab. 2: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für den Alpenraum im Traunstein.
Stratigraphische Einheit
Konglomerat
Breccie
Alt-, Mittelpleistozaen - Nagelfluh
Dachsteinkalk
Oberrhaetkalk
Wettersteinkalk
Koessener Kalk
Gosau-Gruppe, ungegliedert
Norisch-rhaetischer Kalk
Untere Gosau-Subgruppe
Gosau-Basisschichten
Steinalm-Formation
Untersberger Marmor
Tannheim-Formation und Losenstein-Formation
Losenstein-Formation und Branderfleck-Formation
Wettersteindolomit
Losenstein-Formation und Branderfleck-Formation, Konglomerate
oder Breccie
Jura-Schwellenkalk, ungegliedert
Reifling-Formation
Haselbergkalk
Branderfleck-Formation
Steinmuehlkalk
Reiselsberg-Formation
Inneralpine Molasse
Kalkgraben-Formation
Partnachkalk
Plattenkalk
Lithothamnienkalk
Haellritz-Formation
Gutenstein-Formation
Karnisch-norischer Dolomit
Breitenauer Fazies
Gutenstein-Formation bis Reifling-Formation
Raibler Schichten
Raibler Kalk
Reichenhaller Kalk
Reichenhall-Formation
Lias-Basiskalk
Raibler Rauhwacke
Adnet-Formation
Weitwies-Subformation
Rehbreingraben-Formation
Altlengbach-Formation, Sandstein (Basis-Sandstein)
Kressenberg-Formation
Rotkalk
Altlengbach-Formation
Reichenhaller Dolomit
Reichenhaller Rauhwacke
Raibler Dolomit
Hauptdolomit
Kressenberg-Subformation
Paisslberg-Formation
Buergen-Formation
Sankt-Pankraz-Subformation
Scheibelbergkalk
Scheibelberg-Formation bis Lias-Allgaeuschichten
Scheibelberg-Formation bis Chiemgauer Schichten
Scheibelberg-Formation
Haselgebirge und Werfener Schichten
Lias-Allgaeuschichten
Frauengrube-Subformation
Ammergau-Formation und Schrambach-Formation
Ammergau-Formation und Ruhpolding-Formation
Hierlatzkalk
Ammergau-Formation
Spatkalk
Chiemgauer Schichten
Ruhpolding-Formation
Raibler Sandstein
Glanegger Schichten
Partnachschichten
Koessen-Formation
Moraene
Moraene, risszeitlich
Piesenkopf-Formation
Moraene, wuermzeitlich
Lokalmoraene
Fernmoraene
Olching-Formation
Schrambach-Formation
Gerhartsreiter Schichten
Sachrang-Subformation
Verlehmte Molasse
Tannheim-Formation
Buntmergelserie
Globigerinenmergel
Seisenburg-Formation
Tonmergelschichten
Raibler Tonstein
14
Blockachsen
X
Y
Z
[cm] [cm] [cm]
120 120 120
120 120 120
120 120 120
120 120 120
120 120 120
120 120 120
100 100 100
80 100 120
80 100 120
80 100 120
80 100 120
80 100 120
80 100 120
80 100 100
80 100 100
80 100 100
80
70
70
70
80
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
50
50
50
50
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
10
10
5
5
5
5
5
5
5
5
5
100
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
70
70
80
80
70
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
60
50
50
50
50
50
50
50
50
50
40
40
40
40
40
40
40
40
40
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
20
20
10
10
10
10
10
10
5
5
5
100
100
100
100
80
100
100
100
100
100
100
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
70
80
80
80
80
80
80
80
70
70
70
70
60
60
60
60
70
70
70
70
50
60
50
50
50
50
50
50
50
40
50
40
40
40
30
30
30
30
30
30
30
30
20
20
20
20
10
10
10
10
10
Blockvolumen
[cm³]
1728000
1728000
1728000
1728000
1728000
1728000
1000000
960000
960000
960000
960000
960000
960000
800000
800000
800000
800000
560000
560000
560000
512000
480000
480000
480000
480000
480000
480000
384000
384000
384000
384000
384000
384000
336000
336000
320000
320000
280000
210000
192000
192000
192000
192000
192000
192000
192000
168000
168000
168000
168000
120000
120000
120000
120000
105000
105000
105000
105000
75000
72000
60000
60000
60000
60000
60000
60000
40000
32000
30000
24000
24000
24000
18000
18000
18000
18000
18000
18000
6000
6000
1000
1000
1000
1000
500
500
250
250
250
Flächenanteil am
GesamtAnbruchgebiet
Klasse
Blockformenklasse
durchschnittliche
Blockmasse
[cm]
[kg]
I
120 x 120 x 120
3.780
II
80 x 80 x 100
1.400
III
50 x 60 x 80
520
IV
20 x 40 x 50
90
Volumenklasse
[%]
0,004
0,006
0,047
0,078
3,012
26,244
2,393
0,000
0,003
0,003
0,066
0,098
0,164
0,001
0,029
0,138
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
0,299
0,441
0,537
0,993
0,308
0,010
0,011
0,084
0,182
0,968
3,162
0,003
0,011
0,077
0,091
0,168
0,456
0,043
0,796
0,000
0,023
0,593
0,418
0,001
0,001
0,002
0,003
0,020
0,022
0,047
0,013
0,024
0,692
48,081
0,000
0,001
0,001
0,020
0,019
0,101
0,114
1,426
0,000
0,750
0,004
0,009
0,034
0,387
0,535
0,580
1,739
0,179
0,043
0,001
0,114
0,624
0,005
0,020
0,058
0,083
0,116
0,580
0,016
1,385
0,000
0,000
0,001
0,040
0,002
0,011
0,000
0,001
0,139
1
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Stein- und Blockschlag
Tab. 3: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für das Alpenvorland (Projekt-Teilgebiet 1: Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim inkl. Stadt Rosenheim).
Stratigraphische Einheit
Alt-, Mittelpleistozaen - Nagelfluh
Altmoraene, z. T. Nagelfluh
Konglomerat
Obere Suesswassermolasse, Konglomerat
Oberrhaetkalk
Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh
Philipp-und Liegend-Floezgruppe
Rehbreingraben- bis Seisenburg-Formation
Alveolinenschichten
Haellritz-Formation
Raibler Dolomit
Raibler Rauhwacke
Frauengrube-Subformation
Altlengbach-Formation
Fackelgraben-Subformation
Juengere Obere Suesswassermolasse
Rehbreingraben-Formation
Weitwies-Subformation
Hauptdolomit
Buergen-Formation
Obere Suesswassermolasse und Brackwassermolasse
Obere Suesswassermolasse, Hangendserie
Sankt-Pankraz-Subformation
Schwarzerzschichten, unvererzt
Schwarzerzschichten, vererzt
Haupt-Cyrenenschichten
Tiefere Untere Bunte Molasse und Untere Cyrenenschichten
Haupt- und Sattel-Floezgruppe
Obere Brackwassermolasse
Oberste Cyrenenschichten
Untere Brackwassermolasse
Kalkgraben-Formation
Osterbachschichten
Bausteinschichten
Hoehere Untere Bunte Molasse und hoehere
Hauptcyrenenschichten
Mittlere Untere Bunte Molasse und tiefere
Hauptcyrenenschichten
Achtal-Formation
Gross- und Kleinkohl-Floezgruppe
Sinterkalk
Juengere Obere Meeresmolasse
Aelteste Obere Meeresmolasse
Koessen-Formation
Obere Suesswassermolasse
Promberger Schichten
Altmoraene
Fernmoraene
Moraene
Moraene, risszeitlich
Moraene, wuermzeitlich
Moraene, wuermzeitlich, tonig-schluffig
Allgaeu-Formation
Obere Meeresmolasse und Brackwassermolasse
Obere Suesswassermolasse, Schotter
Schmelzwasser- oder Flussschotter
Chatt-Sand
Obere Meeresmolasse
Pinswanger Schichten
Aeltere Obere Meeresmolasse
Beckenschluff bis Seeton
Obere Suesswassermolasse, Mergel und Sandmergel
Aquitan-Fischschiefer
Aeltere Untere Meeresmolasse, mergelig
Globigerinenmergel
Obere Meeresmolasse, Glaukonitsande und Blaettermergel
Tonmergelschichten
Verlehmte Molasse
Hanglehm
Juengere Untere Meeresmolasse, mergelig
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Blockachsen
X
Y
Z
[cm] [cm] [cm]
Blockvolumen
[cm³]
Flächenanteil
Volumenam Gesamtklasse
Anbruchgebiet
Blockformenklasse
durchschnittliche
Blockmasse
[cm]
[kg]
I
120 x 120 x 120
3.780
II
60 x 80 x 80
840
III
30 x 40 x 50
130
IV
20 x 20 x 30
30
[%]
120
120
120
120
120
120
60
60
60
60
60
60
50
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
40
30
30
30
120
120
120
120
120
120
100
80
80
80
70
70
60
60
60
60
60
60
60
50
50
50
50
50
50
50
50
40
40
40
40
50
40
40
120
120
120
120
120
120
100
100
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
70
60
60
60
60
60
60
50
50
50
50
50
50
50
60
50
1728000
1728000
1728000
1728000
1728000
1728000
600000
480000
384000
384000
336000
336000
240000
192000
192000
192000
192000
192000
168000
120000
120000
120000
120000
120000
120000
100000
100000
80000
80000
80000
80000
75000
72000
60000
2,8298
1,3888
0,2364
2,7614
0,9563
25,6209
0,3734
0,0027
0,3761
0,2283
0,0564
1,0315
0,7951
1,2169
0,2713
0,0295
0,0107
0,2230
3,0638
0,0081
0,5748
0,0242
0,2471
0,0215
0,0269
0,4781
0,0054
0,0242
0,0672
0,0081
0,0215
0,2539
0,0161
2,5032
20
50
50
50000
1,4371
20
20
20
30
20
15
20
20
20
20
20
20
20
20
20
10
10
20
20
10
10
5
5
10
5
5
5
5
5
5
5
5
5
50
40
40
30
40
40
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
20
20
20
20
20
10
10
10
10
10
10
10
5
5
5
5
50
50
50
40
40
40
40
40
40
30
30
30
30
30
30
50
40
20
20
30
30
20
20
10
20
15
10
10
10
10
10
5
5
50000
40000
40000
36000
32000
24000
24000
24000
24000
18000
18000
18000
18000
18000
18000
15000
12000
8000
8000
6000
6000
2000
1000
1000
1000
750
500
500
500
250
250
125
125
0,6178
0,0833
0,3385
0,4244
3,3685
1,5661
1,3541
2,9199
0,0886
0,1639
0,9215
5,1714
0,9026
14,1383
0,4164
1,6015
1,5231
0,0054
7,3150
0,4486
4,0911
0,1074
0,7924
0,2230
0,0564
0,1961
0,0510
1,1092
1,4156
0,4860
0,7951
0,0188
0,0994
15
Stein- und Blockschlag
5.2.1.3
Charakteristische Gesteine
Aus den in Tab. 2 und Tab. 3 aufgeführten stratigraphischen Einheiten wurden nachfolgend acht charakteristische und repräsentative Gesteine des Untersuchungsgebietes herausgegriffen, hinsichtlich
ihrer geotechnischen Eigenschaften und den daraus resultierenden Blockgrößen kurz erläutert und
durch Geländefotos dokumentiert.
Im Quartär des Alpenvorlands sind alt- und mittelpleistozäne Konglomerate (Nagelfluh) weit verbreitet und bauen vor allem an den Talrändern charakteristische Felswände auf (Abb. 7). Die verfestigten Kiese und Schotter sind unterschiedlich stark geklüftet. Da Blöcke der Größe 120 cm x 120 cm
x 120 cm am wahrscheinlichsten sind, wird die alt- und mittelpleistozäne Nagelfluh der Volumenklasse
I zugeordnet (Tab. 2 und Tab. 3).
Abb. 7: Konglomerat- bzw. Nagelfluhwand bei Altenmarkt a. d. Alz.
16
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Stein- und Blockschlag
Bei den Gesteinen der Rhenodanubischen Flysch-Zone handelt es sich zum einen um Kalk-MergelWechselfolgen und zum anderen um von Sandsteinen dominierte Serien. Die Gesteine wurden an
Überschiebungsflächen und Störungen meist mechanisch stark beansprucht. Ein Vertreter ist die erosionsanfällige Hällritz Formation (Abb. 8). Sie zeichnet sich durch einen raschen Wechsel von bankigen Kalkmergeln und Mergeln mit dünnen Tonlagen aus. Aufgrund der Bankdicken und der Klüftigkeit
beträgt die wahrscheinlichste Blockgröße der Hällritz Formation 60 cm x 80 cm x 80 cm, weshalb sie
der Volumenklasse II zugeordnet wird (Tab. 2 und Tab. 3).
Abb. 8:
Hällritz-Formation
nordöstlich von Inzell.
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17
Stein- und Blockschlag
Abb. 9: Piesenkopf-Formation nördlich von Hutterer bei Inzell.
Die deutlich dünnbankigere Piesenkopf-Formation zeichnet sich durch einen raschen Wechsel harter Kalkbänke mit teils tonigen Mergeln und Tonlagen, gelegentlich auch Sandsteinen aus (Abb. 9). Ihr
eher plattiges Verwitterungsprodukt weist wahrscheinlichste Blockgrößen von 20 cm x 30 cm x 30 auf
und wird deshalb in die Volumenklasse IV gestellt (Tab. 2).
18
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Stein- und Blockschlag
In der Kalkalpinen Zone ist im Landkreis Traunstein der Hauptdolomit eines der am häufigsten vorkommenden Gesteine. Der Hauptdolomit tritt als mittel- bis dickbankiges, vielfach kleinstückig zerfallendes (Grus) aber auch deutlich grobblockiges Gestein auf (Abb. 10). Unter seinen Wänden entstehen häufig enorme Schuttansammlungen in Form von Fächern. Am wahrscheinlichsten ist das Vorkommen von Blöcken der Größe 40 cm x 60 cm x 70 cm (Tab. 2 Volumenklasse III, Tab. 3 Volumenklasse II).
Abb. 10:
Hauptdolomit nördlich
von Schleching.
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19
Stein- und Blockschlag
Der Partnachkalk tritt als mittelstark gebankter Kalk auf (Abb. 11). Vereinzelt finden sich dünne Mergellagen. Am wahrscheinlichsten ist das Vorkommen von Blöcken der Größe 60 cm x 80 cm x 100
cm, weshalb der Partnachkalk der Volumenklasse II zugeordnet wird (Tab. 2).
Abb. 11:
Partnachkalk südlich
von Vorderbichl in Inzell.
20
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Stein- und Blockschlag
Beim Wettersteinkalk handelt es sich um einen massigen, meist geklüfteten Kalk (Abb. 12). Im Landkreis Traunstein weisen sie wahrscheinlichste Blockgrößen von 120 cm x 120 cm x 120 cm auf und
werden deshalb der Volumenklasse I zugeordnet (Tab. 2).
Abb. 12: Wettersteinkalk westlich von Marquartstein.
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21
Stein- und Blockschlag
Abb. 13: Kössen-Formation südlich von Bergen.
Anders ausgebildet ist die Kössen-Formation (Kössener Schichten) (Abb. 13), die durch eine Wechselfolge aus dünn- bis mittelbankigen Kalksteinen, dünnbankigen Mergeln und dünnen Tonlagen charakterisiert ist. Blockgrößen von 20 cm x 30 cm x 40 cm sind am wahrscheinlichsten (Tab. 2 Volumenklasse IV, Tab. 3 Volumenklasse III)
Ein besonderes erosionsanfälliges Gestein der Kalkalpinen Zone sind die Lias-Allgäuschichten
(Abb. 14). Dabei handelt es sich um dünnbankige, knollige bis flaserige Kalke, Mergel und Knollenmergelkalke, die an der Basis auch kieselig ausgebildet sein können. Aus den Kalk-MergelWechselfolgen bilden sich überwiegend plattige Bruchstücke der Größe 30 cm x 40 cm x 60 cm
(Tab. 2 Volumenklasse III).
22
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Stein- und Blockschlag
Abb. 14: Lias-Allgäuschichten südwestlich von Ettenhausen.
5.2.2
Numerische Modellierung
Das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST arbeitet grundsätzlich in drei Teilschritten:
a) Berechnungsgrundlagen einlesen,
b) Kontaktreaktionen und Bewegungen berechnen,
c) Resultate auswerten und darstellen.
Für die 3D-Version werden die Teilschritte a) und c) teilweise mit einem GIS durchgeführt.
Die Berechnungsgrundlagen bestehen einerseits aus den topographischen Daten der digitalen Höhenmodelle, andererseits aus den Untergrundeigenschaften bezüglich Rauigkeit und Dämpfung sowie
Art der Vegetation (inklusive Wald).
Je nach Größe des Untersuchungsgebietes und der verlangten Genauigkeit werden Höhenmodelle
mit beliebigen Rasterweiten verwendet. Ein gutes Modellierungsergebnis kann mit einem möglichst
genauen Geländemodell (z. B. Laserhöhenmodell) erzielt werden. Geländeprofile können in beliebiger
Auflösung je nach Größe der abzubildenden Geländeelemente eingelesen werden.
Die aktuelle Neigung und Exposition an einem bestimmten Ort der Sturzbahn wird aus den vier umliegenden Höhenangaben des DGM berechnet. Diese Werte ändern sich ständig, da durch vier Höhenangaben nicht eine Ebene, sondern eine Sattel- oder Muldenfläche definiert ist.
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23
Stein- und Blockschlag
Die Bewegung der Sturzblöcke ist in die Prozesse Fallen, Springen und Rollen unterteilt. Bei einer
Kontaktreaktion des stürzenden Blockes mit dem Untergrund wird aufgrund von Neigung und Exposition der aktuellen Rasterzelle die Bewegungsrichtung basierend auf den in Anhang Kapitel 5.2 beschriebenen Kontaktreaktionen ermittelt. Dabei spielen die Blockgeometrie sowie die lokalen Parameter der Dämpfung und der Rauigkeit eine zentrale Rolle. Unterschreitet die bei der Kontaktreaktion berechnete Restgeschwindigkeit einen bestimmten Schwellenwert, so wird für die Weiterbewegung ein
Rollprozess unter Einbezug der Blockform sowie der übrigen Modellparameter berechnet.
Der Energieverlust beim Bodenkontakt wird primär durch die plastische Verformbarkeit des Untergrundes und die Rauigkeit der Geländeoberfläche (glatte Oberfläche – grobblockige Schutthalde) bestimmt. Diese Parameter können für großflächige Untersuchungsgebiete, wie das Projektgebiet, nicht
– wie bei detaillierten Studien üblich – kartiert werden, sondern müssen aus den im ganzen Untersuchungsgebiet vorhandenen Daten abgeleitet und pauschalisiert werden.
Abb. 15 zeigt die Aufteilung in 6 Geländetypen, wie sie in die Modellierung eingegangen sind.
Abb. 15: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter Untergrund) und 5
(Sumpf) annehmen. Der Rauhigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte Oberfläche) und 20 (sehr raue
Oberfläche) betragen (KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R. 2007).
5.2.2.1
ohne Walddämpfung
Die oben beschriebene numerische Modellierung wurde zunächst ohne den Ansatz eines dämpfenden
Waldbestandes mit den vorhandenen Parametern durchgeführt. Dies ist für langfristige Betrachtungen
24
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Stein- und Blockschlag
und für „worst-case-Szenarien“ unumgänglich. Zudem kann die Bedeutung des Waldes hervorgehoben werden, was besonders für die Forstbehörden relevant ist.
5.2.2.2
mit Walddämpfung
Für die Modellierung mit Walddämpfung werden unterschiedliche Waldbestände berücksichtigt. Dabei
werden Stoßreaktionen mit Baumstämmen berechnet, bei welchen die beteiligten Massen und die
Gesetze der Impulserhaltung einbezogen werden.
Der Waldbestand ist den ATKIS-Daten entnommen (Anhang Kapitel 2.3) und ist in die Attribute
Wald/Forst und Gehölz unterteilt. Aus diesen Daten wurden die Waldparameter für die Modellierung
abgeleitet (Tab. 4). Die Parameter a und b beschreiben die Verteilung der Stammdurchmesser. Die
Parameter zur Stammzahl mit 100 bzw. 200 Stämmen pro Hektar sind eher pessimistisch gewählt
(lichter Wald), es ist durchaus möglich, dass lokal der Waldbestand dichter ist.
Tab. 4: Waldparameter (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2007).
Waldtyp
Fläche
2
[m ]
mittlerer Stammdurchmesser [m]
Parameter für Verteilung
der Stammdurchmesser
a
b
Stammzahl
pro Hektar
Beschreibung
1
10.000
0,28
2,0
2,0
100
Wald / Forst
2
10.000
0,18
2,0
1,0
200
Gehölz
Die Wahl dieser Parameter ist bei der vorliegenden Datenlage sinnvoll, weil ohne eine detaillierte
räumliche Auflösung der Waldbestände (Kartierung von waldfreien Sturzrinnen, Jungwuchs, etc.) eine
Modellierung mit pauschal als normal definiertem Wald die effektive lokale Schutzwirkung tendenziell
überschätzen würde. Die eingesetzten Werte sind Erfahrungswerte, die bei vorausgegangenen Modellierungen von der Firma GEOTEST AG ermittelt wurden.
Aus den Kontaktreaktionen mit den Baumstämmen resultieren Energieverluste und Ablenkungen aus
der Bewegungsrichtung in alle drei Raumrichtungen. Die Interaktion zwischen den stürzenden Blöcken und den Baumstämmen wird als elastoplastischer Stoß zwischen zwei Massepunkten berechnet.
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25
Stein- und Blockschlag
Abb. 16:
Modell der mittleren
baumfreien Strecke
(KRUMMENACHER, B. ET
AL. 2005).
Bei diesen Kontaktreaktionen treten verschiedene Effekte auf:
•
Zufällige Variation der Zentralität des Aufpralles (Streifung bis Volltreffer) bewirkt unterschiedliche
Ablenkungsraten und Energieverluste.
•
Die bei den Reaktionen beteiligten Stammdurchmesser werden entsprechend des gewählten
Waldtyps zufällig generiert.
•
Die Wiederholungsrate von Kontaktreaktionen ist abhängig von der gewählten Stammzahl, dem
mittleren Durchmesser der Baumstämme des betreffenden Waldtyps und dem Durchmesser des
stürzenden Blockes (Abb. 16).
•
Die an der Reaktion beteiligte Holzmasse wird entsprechend der Trefferhöhe, der Aufprallgeschwindigkeit und dem Stammdurchmesser berechnet. Dadurch können sämtliche Effekte vom
elastischen Ausweichen kleiner Stämme bis zum Bruch von großen Bäumen simuliert werden.
26
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Felssturz
5.3
Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung
Die durchgeführten Modellierungen zeigen als Ergebnis, dass bei einer Modellierung mit Waldbestand
(Anhang Kapitel 5.2.2.2) rund 8,1 % der Fläche des Landkreises Traunstein (rund 124 km² = 27 % im
alpinen Anteil und rund 1 km² = 0,1 % im Alpenvorland) von Steinschlag bedroht sind.
Für jeden der potenziellen Steinschlagbereiche wurden jeweils zwei Modellierungen (mit / ohne Wald)
durchgeführt.
Die Modellierungen ergaben, dass ungefähr 7,6 km² des Projektgebietes durch den Wald vor Steinund Blockschlag geschützt werden. Die Ergebnisse zeigen generell eher eine pessimistische Betrachtungsweise mit großen Reichweiten der Steine und Blöcke an, so wie es auch der Aufgabe einer Gefahrenhinweiskarte entspricht.
Zur Berücksichtigung von Prozessen, die von außen in das Projektgebiet einwirken (z. B. Sturz von
einem Hang außerhalb ins Projektgebiet), wurde das Untersuchungsgebiet randlich lokal erweitert.
Die Gefahrenhinweiskarte (Bericht Kapitel 6) zeigt für den Landkreis Traunstein unter anderem flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche für Sturzprozesse mit und ohne Walddämpfung an. Diese Flächen entsprechen den im GIS gepufferten Trajektorien (Sturzbahnen). Es wurde in einem Umkreis
von mindestens einer Rasterzelle gepuffert, dies entspricht 5 m.
6
Felssturz
Im Gegensatz zum Trajektorienmodell mit Bestimmung der Reichweite von Einzelblöcken (Anhang
Kapitel 5) kommt für die Simulation größerer Felsstürze ein Modell zur Anwendung, das mit einem
worst-case-Ansatz die Reichweite des Absturzes ganzer Felsbereiche einschließt.
Zahlreiche Veröffentlichungen (W IECZOREK, F. G. ET AL. (1999), MEIßL, G. (1998), EVANS, S. G. &
HUNGR, O. (1993), ONOFRI, R. & CANDIAN, C. (1979), LIED, K. (1977)) zeigen, dass die maximale
Reichweite eines Felssturzes durch einen Pauschalwinkel abgeschätzt werden kann. Bei diesem Verfahren wird, ausgehend von einem Ansatzpunkt im Anbruchbereich, mit einem festgelegten Neigungswinkel eine Gerade in Falllinie nach unten gezogen. Der Schnittpunkt dieser Geraden mit der
Geländeoberfläche bezeichnet die maximale Reichweite des Felssturzes. Die Pauschalwinkel werden
bereits seit langem bei der Geländearbeit angewandt. Mit Hilfe von Neigungsmessern erfolgt dabei eine Abschätzung des potenziellen Sturzbereichs.
Zwei unterschiedliche Pauschalwinkelmodelle werden herangezogen. Zum einen das Geometrische
Gefälle, das den Winkel beschreibt, den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maximaler Reichweite und der obersten Abrisskante des Felssturzes einschließt (Abb. 17: α). Zum anderen kann der Schattenwinkel verwendet werden (Abb. 17: β), den die Horizontale mit der Geraden
zwischen dem Block maximaler Reichweite und der oberen Begrenzung des Ablagerungsbereiches
einschließt. Hier wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der kinetischen Energie des Sturzes bereits beim ersten Aufprall im oberen Bereich des Schuttkegels verloren geht. Für die Gefahrenhinweiskarte wird in Anlehnung an MEIßL, G. (1998) ein minimales Geometrisches Gefälle von 30° angenommen. Untersuchungen von EVANS, S. G. ET AL. (1993) entsprechend, wird ein Schattenwinkel von
27° eingesetzt.
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27
Felssturz
Abb. 17: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach MEIßL, G.
(1998)).
Die Entscheidung für eines der beiden Pauschalwinkelmodelle ist von der Hangmorphologie abhängig. Sie kann mit Hilfe des Quotienten aus Tangens des Schattenwinkels und Tangens des Geometrischen Gefälles gefällt werden (MAYER, K. & VON POSCHINGER, A. 2005). Dieses Verhältnis lässt sich
auch als Quotient aus z1 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Schuttkegels) und z2 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Anbruchbereichs) darstellen (Abb. 17). Ist der Quotient kleiner 0,88 ist der Schattenwinkel zu wählen, ansonsten ist mit dem
Geometrischen Gefälle zu rechnen. Bei hohen Wänden ist somit der Schattenwinkel anzusetzen, bei
steilen Hängen mit kleinen Wandstufen eher das Geometrische Gefälle.
6.1
Dispositionsmodell
Zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche wurde im BIS-BY nach allen GEORISK-Objekten recherchiert, für die Hinweise auf eine Felssturzaktivität größeren Volumens vorliegen (Tab. 5). Anhand repräsentativer Werte für z1, z2 und der geschätzten maximalen Reichweite kann, wie unter Anhang Kapitel 6 beschrieben, die Entscheidung für einen der beiden Pauschalwinkelansätze getroffen werden.
Beim Geometrischen Gefälle ist der Ansatzpunkt für den Pauschalwinkel die Oberkante der Felswand,
beim Schattenwinkel die Oberkante des vorhandenen Schuttkegels.
In Anlehnung an die digitalisierten GEORISK-Objekte im BIS-BY werden Pauschalwinkelansatzpunkte
für die Felssturzmodellierung neu digitalisiert. Um diese Punkte möglichst exakt platzieren zu können,
werden ein hochauflösendes Schattenmodell und eine aus dem DGM erstellte Hangneigungskarte als
Digitalisiergrundlagen herangezogen.
28
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Felssturz
Tab. 5: Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte. Die Ergebnisse
der grau dargestellten Objekte werden in der Gefahrenhinweiskarte nicht extra ausgewiesen, da die
Reichweiten der Steinschlagmodellierung die simulierten Reichweiten der Felssturzmodellierung übertreffen.
BISObjekt
Name
Obergrenze
Schuttkegel
z1* [Meereshöhe]
Anbruchoberkante z2*
[Meereshöhe]
geschätzte
max.
Reichweite*
[Meereshöhe]
z1/z2
Gewählter
Pauschalwinkel
8240GR
000007
Vogelwand
920
1050
670
0,66
Schattenwinkel
8240GR
000012
N Lackenberg
780
890
655
0,53
Schattenwinkel
8240GR
015020
Alpschlechtgraben
670
880
655
0,07
Schattenwinkel
8240GR
000021
Zellerwand
660
750
560
0,53
Schattenwinkel
8240GR
000023
E Heinzen-Alm
760
820
680
0,57
Schattenwinkel
8240GR
000090
Emperbichl
670
720
560
0,69
Schattenwinkel
8240GR
000061
NW Kaiserblick
970
1040
650
0,82
Schattenwinkel
8240GR
000107
SE Zwölferspitz
910
1030
560
0,74
Schattenwinkel
8240GR
000108
SW Kaiserblick
720
765
570
0,77
Schattenwinkel
8242GR
000053
WNW Kienberglgipfel
870
960
700
0,65
Schattenwinkel
8242GR
000054
Kienbergl
1020
1110
700
0,78
Schattenwinkel
*repräsentative Höhen ausgewählt
6.2
Prozessmodell
Der theoretische Ansatz des empirischen Prozessmodells wurde bereits unter Anhang Kapitel 6 beschrieben. Die Modellierung kann mit implementierten Standard-GIS-Funktionen durchgeführt werden.
Im Projekt wurde die Viewshed-Funktion des Spatial Analyst in ArcGIS verwendet. Diese Funktion
ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden (Abb. 18). Die für die Modellierung notwendigen Attribute jedes Startpunktes zeigt Abb. 19.
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29
Felssturz
Zu den wichtigsten gehören der Vertikalwinkel (VERT1, VERT2), der den definierten Pauschalwinkel
eingrenzt, sowie der horizontale Ausbreitungswinkel, der die Breite des Bereichs definiert, der rechts
und links der Falllinie überblickt wird (AZIMUTH1, AZIMUTH2). Er wird auf insgesamt 30° begrenzt.
Die Richtung der Falllinie entspricht der Exposition, die aus dem DGM für jeden Startpunkt berechnet
werden kann.
Abhängig vom gewählten Pauschalwinkelansatz werden, wie unter Anhang Kapitel 6.1 beschrieben,
die Startpunkte für die Viewshed-Modellierung digitalisiert. Anschließend werden alle nötigen Attribute
bestimmt und die Viewshed-Funktion ausgeführt (Abb. 18, Abb. 21).
Die Güte der Ergebnisse der Viewshed-Modellierung ist abhängig von der Geländemorphologie. Für
Felswände, die direkt in Richtung des Auslaufbereichs exponiert sind, liefert die Modellierung meist
gute Ergebnisse. Stärker gegliederte Wände, in denen die Anbruchbereiche nicht direkt in Richtung
des Auslaufs exponiert sind oder bei denen der Auslaufbereich eine Krümmung aufweist, lassen sich
schlechter mit der Viewshed-Funktion erfassen (Abb. 20).
Abb. 18: Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten
aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden (Schattenwinkel 27°).
30
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Felssturz
Abb. 19: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion.
Abb. 20: Pauschalwinkelmethode. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und Anbruchbereichen, die nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion (rot) den Sturzbereich nicht
korrekt abschätzen.
Zudem kommt es bei Steilbereichen zu Artefakten, d. h. es gibt Rasterzellen, die aufgrund des festgelegten Vertikalwinkels von den Startpunkten aus nicht gesehen werden („Löcher“), die aber dennoch
im Sturzbereich liegen (Abb. 21).
Bei der Modellierung erfolgt keine Berücksichtigung eines Sturzvolumens, d. h. die Reichweite eines
Felssturzes kann bei kleinen Sturzmassen hinter der errechneten maximalen Reichweite zurückbleiben. Ebenso schließt die Modellierung große Bergstürze (> 1.000.000 m³) nicht mit ein.
Die Gefahrenhinweisbereiche müssen aufgrund der oben erwähnten Einschränkungen im Gelände
verifiziert bzw. manuell abgegrenzt werden. Des Weiteren liefert die Viewshed-Modellierung als Ergebnis nur den Ablagerungsbereich eines Felssturzes. Der Prozessraum muss deshalb ebenso manuell um den Anbruchbereich erweitert werden. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche der Stein- und
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
31
Felssturz
Blockschlagmodellierung weiter als die Prozessräume der Felssturzmodellierung, wird der simulierte
Felssturzbereich nicht explizit in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesen.
Darüber hinaus haben die Modellierungen gezeigt, dass nicht jede vermutete Felssturzablagerung tatsächlich auf einen Sturz zurückzuführen ist. Geländeuntersuchungen im unter Abb. 22 dargestellten
Fall haben beispielsweise ergeben, dass diese Ablagerung eher einen fossilen Blockgletscher darstellen dürfte.
Trotz mancher Einschränkungen sind die Ergebnisse der Viewshed-Modellierung eine gute Grundlage
für die Abgrenzung der Prozessräume (Abb. 21). Im Vergleich zur oben beschriebenen Anwendung
der Pauschalwinkel mit Neigungsmessern im Gelände kann die Modellierung schon am Arbeitsplatz
einen Überblick über die potenzielle Reichweite ermöglichen und erlaubt es, die Planung der Geländearbeit viel effizienter zu gestalten.
Abb. 21: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der Gefahrenhinweisbereich
ist nach Validierung im Gelände abzugrenzen (rote Linie).
32
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Hanganbrüche
Abb. 22: Schattenmodell eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand), der eine
große Sturzablagerung vortäuscht.
7
Hanganbrüche
Die Modellierung von Hanganbrüchen in Lockergestein und Böden erfolgte analog zur Modellierung
der Reichweiten von Stein- und Blockschlag in zwei Stufen.
a) Dispositionsmodell: Zuerst werden die Anrisszonen mit dem Modell SLIDISP (LIENER, S.
(2000) UND GEOTEST AG) ausgeschieden.
b) Prozessmodell: Anschließend werden deren Auslaufbereiche mit dem GIS-Ansatz
SLIDEPOT (Entwicklung GEOTEST AG) berechnet.
Grundlage für die Dimensionierung der Bemessungsereignisse (Bericht Kapitel 3) sind Geologie,
Hangneigung und Landnutzung. Wie bei der Stein- und Blockschlagmodellierung (dort mit und ohne
Wald) wurde von zwei unterschiedlichen Szenarien ausgegangen (Anhang Kapitel 7.1.5).
7.1
Dispositionsmodell (SLIDISP nach GEOTEST AG)
Die numerische Modellierung der Anrissgebiete erfolgte mit dem Modell SLIDISP. Es bestimmt mit Hilfe der Infinite-Slope-Analyse (Methode zur Stabilitätsberechnung) die Hangstabilität für jede Rasterzelle.
Die beiden zentralen Grundlagen für die Modellierung der Hanganbruch-Anrissflächen sind die
Hangneigungen aus dem DGM sowie der geologische Untergrund, aus welchem die geotechnischen
Modellparameter abgeleitet werden. Eine gute geologische Grundlage für die Modellierung ist dann
vorhanden, wenn die quartären Einheiten detailliert und differenziert kartiert vorliegen. Ideal sind pedologische Daten, diese sind jedoch nur in seltenen Fällen flächig kartiert. Die Erfahrungen der Firma
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
33
Hanganbrüche
GEOTEST AG zeigen, dass die Qualität der Modellierungsresultate zudem stark von der räumlichen
Auflösung des DGM und der Geologie abhängt.
Für alle ausgeschiedenen geologischen Einheiten wurden der kritische Reibungswinkel (Mittelwert,
Standardabweichung) sowie die Kohäsion (bei definierter Wassersättigung) abgeschätzt, welche als
Parameter in die Modellierung einfließen (Tab. 8). Der Sicherheitsgrad F einer Rasterzelle beschreibt
das Verhältnis von rückhaltenden zu treibenden Kräften gemäß der Formel in Abb. 23.
Um die hohe natürliche Variabilität der Scherparameter abzubilden, werden diese nicht durch einzelne
Werte jeder geologischen Klasse, sondern durch Normalverteilungen beschrieben. Für die Bestimmung der Rutschanfälligkeit werden zufällig 100 Werte aus den Verteilungen der Scherparameter
ausgewählt und mit diesen Werten 100 Sicherheitsgrade F berechnet. Mit dieser sogenannten MonteCarlo-Simulation können die natürlichen Variationsbreiten verschiedener Parameter in der Modellierung berücksichtigt werden.
Für das Modell wird angenommen, dass Kohäsion und Reibungswinkel je als Normalverteilung vorliegen und dass sie nicht miteinander korrelieren. Diese Annahme stimmt in der Natur nicht und die Stabilitätsberechnung kann unter dieser Annahme zu hohe oder zu tiefe Werte ergeben.
Abb. 23: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY, M. J. 1993).
Da die Berechnung aber mit einer großen Anzahl von Parameterkombinationen durchgeführt wird, heben sich die zu hohen und zu tiefen Werte auf und die Wahrscheinlichkeit der Verteilung der Sicherheitsgrade bleibt ähnlich.
Als Modellierungsresultat wird pro Rasterzelle die Anzahl der Fälle bestimmt, bei denen der Sicherheitsgrad F ≤ 1 ist, das heißt, bei welchen Instabilität angenommen wird. Je größer die Anzahl der Instabilitäten ist, desto größer ist die Hanganbruchwahrscheinlichkeit. Als mögliche Anrissgebiete werden diejenigen Gebiete ermittelt, bei denen mehr als 60 % der Parameterkombinationen einen Sicherheitsgrad F ≤ 1 ergeben (Tab. 6). Es kann jedoch bei Bedarf auch ein höherer Schwellenwert als 60 %
definiert werden. Bei den diversen Anwendungen hat sich aber der Schwellenwert von 60 % bewährt.
34
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Hanganbrüche
Sicherheitsgrade
Klassifizierung
F ≤ 1 [%]
< 60
7.1.1
Tab. 6:
Klassifizierung der Berechnungsresultate für die Sicherheitsgrade F.
keine potenziellen Anrissgebiete
für Hanganbrüche
60 – 90
geringe Wahrscheinlichkeit für
Anrissgebiete
90 – 100
mittlere bis große Wahrscheinlichkeit für Anrissgebiete
Wurzelkraft
Die Formel zur Berechnung des Sicherheitsgrades F gemäß Abb. 23 stellt die in der Literatur üblicherweise zitierte Formel für den Sicherheitsfaktor F dar. Die Erfahrungen zeigen, dass das Vorhandensein von Wald die Stabilitätsverhältnisse beeinflusst und folglich die Formel ergänzt werden muss,
indem zum gesamten Zähler ein szenariospezifischer Wert, die sogenannte Wurzelkraft (WK), addiert
wird.
Diese WK-Werte können nicht aus der einschlägigen Literatur entnommen werden. Sie konnten jedoch aufgrund der Erfahrungen der Firma GEOTEST AG als empirische Größen in Relation zur Größenordnung der übrigen Formel-Faktoren (Kohäsion, Lockermaterialmächtigkeit, Reibungswinkel)
eingesetzt werden.
7.1.2
Variabilität der Modellparameter
Neben der Wurzelkraft beinhalten auch andere Variablen, die den Sicherheitsgrad F bestimmen
(Abb. 23) in geringerem Maße eine gewisse Variabilität. Es handelt sich dabei um den Reibungswinkel
φ', die Kohäsion c' sowie den Porenwasserdruck u (Wassersättigung) des Lockermaterials. Die Unsicherheiten betreffen vor allem kleinräumige (primär Reibungswinkel) bzw. raumzeitliche Variationen
(Primär-Kohäsion, Porenwasserdruck) dieser Faktoren, welche beträchtlich sein können.
Im Sinne einer Gefahrenhinweiskarte im Maßstab 1 : 25.000 müssen diese Faktoren eher pessimistisch gesetzt werden, um alle potenziellen Prozessflächen zu erfassen.
7.1.3
Topo-Index
Aus dem DGM wird zudem flächendeckend der sogenannte Topo-Index berechnet, der das topographisch bedingte Wassersättigungspotenzial für jede Rasterzelle definiert. Der Topo-Index korrigiert die
für jede Modellierungsklasse pauschal definierte Wassersättigung (bzw. den Porenwasserdruck) in
Funktion der Geländeoberflächenform.
Topo-Index = ln (a / tan β )
a = Fläche, die durch die Rasterzelle entwässert
β = Hangneigung Rasterzelle
Die berechneten Werte werden in vier Klassen eingeteilt (Tab. 7).
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
35
Hanganbrüche
7.1.4
Topo-Index
Klassifizierung
0 – 5,3
1 (trocken)
5,3 – 7,2
2
7,2 – 9,1
3
> 9,1
4 (feucht)
Tab. 7:
Klassifizierung des Topo-Index.
Digitale Codierung der Geologie
Die Eigenschaften der verschiedenen geologischen Einheiten im Landkreis Traunstein wurden gemäß
Tab. 8 attributiert. Die Codierungen beziehen sich jeweils auf das Verwitterungsprodukt der lithologischen Einheiten, welches das Ausgangsmaterial für einen möglichen Hanganbruch-Anriss bildet.
Das Untersuchungsgebiet umfasst mehrere geologische Karten verschiedener Autoren. Daher können
einerseits an den Blattgrenzen unterschiedlich kartierte Einheiten aneinander grenzen und andererseits quartäre Einheiten unterschiedlich detailliert aufgenommen vorliegen. Dies kann lokal Auswirkungen auf die modellierten Anrissbereiche haben, indem sich deutliche Begrenzungen, die in der Natur so nicht auftreten, im Kartenbild abzeichnen.
36
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Hanganbrüche
Tab. 8: Codierung der stratigraphischen Einheiten.
Durchlässigkeit
Zustand /
Gestein
Verwitterungsprodukt
Korngröße
Erodierbarkeit
Beanspruchung
Verwitterungsprodukt
1 = dicht (Stauer)
1 = Sandstein
1 = kompakt
2 = sehr gering
(z. B. tonige Gesteine)
2 = Kalkstein
2 = wenig zerklüftet 2 = gering
2 = fein (Schluff)
3 = gering
3 = Mergelstein
3 = stark zerklüftet 3 = mittel
3 = mittel (Sand)
4 = mittel
4 = Tonstein
4 = gebräch
4 = hoch
4 = groß (Sand / Steine)
5 = hoch
5 = Schotter / Kies /
Sand
5 = vorbelastet
5 = sehr hoch
5 = sehr groß (Blöcke)
6 = Gehängeschutt
6 = Lockergestein
6 = sehr hoch (z. B. geklüftete Gesteine,
Schotter)
1 = sehr gering 1 = sehr fein (Ton)
6 = Diamektit
7 = Humos
8 = Vulk. Silikat
9 = glaziale Sedimente
10 = Nagelfluh
11 = Ton/Schluff
ReiKohäCode bungssion
SliDisp winkel
[N/mm²]
[°]
Einheit
Adnet-Formation
1
27
0,0
4
2
2
2
4
Alt-, Mittelpleistozän Nagelfluh
2
31
0,2
5
10
4
2
4
Altlengbach-Formation
3
29
0,1
3
3
4
3
2
Ammergau-Formation
6
28
0,0
3
2
3
3
3
Bausteinschichten
9
27
0,0
5
1
2
3
4
Beckenschluff bis Seeton
10
21
0,7
2
11
6
3
1
Bergsturz, Blockschutt
11
35
0,0
6
6
6
3
5
Branderfleck-Formation
12
23
0,4
3
3
3
3
2
Breccie
13
32
0,3
4
10
3
2
4
Buntmergelserie
16
23
0,5
2
3
2
4
2
7.1.5
Numerische Modellierung
Die Modellierung der Hanganbruch-Anrisse benötigt die flächenhafte Bearbeitung von fünf Dateien.
Diese werden als GIS-Grids aufbereitet. Für die Modellierung der Anrisszonen werden sie als ASCIIDateien exportiert. Die Dateien haben folgende Inhalte:
•
GEOLOGIE.DAT
SLIDISP-Code (Anhang Kapitel 7.1.4)
•
WALD.DAT
Waldgrenzen (Steinschlag-Modellierung Traunstein 2011 bzw. 2012)
•
NEIGUNG.DAT
Hangneigung (Basis: 5 m-DGM aus Steinschlag-Modellierung Traunstein
2011 bzw. 2012)
•
TOPOIX.DAT
Klassifizierter Topo-Index (Anhang Kapitel 7.1.3, Basis: 5 m-DGM, s.o.)
•
MAECHTIG.DAT
Mächtigkeit des Lockermaterials
Die pauschalisierte Mächtigkeit des Lockermaterials wird mittels eines generellen Ansatzes aus der
Hangneigung gemäß Tab. 9 abgeleitet.
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37
Hanganbrüche
Hangneigung [°]
Mächtigkeit
Lockermaterial [m]
< 20
8,0
20 - 25
4,0
25 - 30
2,0
30 - 35
1,0
35 - 40
0,5
> 40
0
Tab. 9:
Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte).
Die Anriss-Modellierung mit SLIDISP ist ein C-Programm, welches außerhalb eines GIS läuft. Die Modellierungsresultate werden anschließend jedoch wiederum im GIS aufbereitet.
Der berechnete Topo-Index wird nach der SLIDISP-Modellierung zum zweiten Mal herangezogen, indem modellierte Instabilitäten in ausgeprägten Kuppen- bzw. Kammlagen nicht als Anrisszonen klassifiziert werden. Zudem wurden Gebäude mit zwei Rasterzellen (= 10 m) gepuffert, um unrealistischen
Anbrüchen in Ortslagen vorzubeugen.
Analog zur Stein- und Blockschlagmodellierung wurden auch die Hanganbrüche mit zwei unterschiedlichen Szenarien modelliert. Die beiden Szenarien unterscheiden sich im Grad der Berücksichtigung
des Waldes für die Anrisszonen von Hanganbrüchen.
7.1.5.1
Szenario A
Szenario A geht von einer geringen Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt geringe Stabilisierung
des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (Wurzelkraft WK
2
= 3,5 kN/m , Anhang Kapitel 7.1.1).
7.1.5.2
Szenario B
Szenario B geht von einer starken Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt hohe Stabilisierung des
2
Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (WK = 7,0 kN/m ).
Als weitere Faktoren gehen ein höheres Wasseraufnahmevermögen und eine möglicherweise mächtigere Lockermaterialüberdeckung in die Modellierung mit ein.
7.2
Prozessmodell (SLIDEPOT nach GEOTEST AG)
Die Berechnung der Auslaufbereiche mit dem Modell SLIDEPOT der Firma GEOTEST AG ist ein reiner GIS-Ansatz, welcher für jede Rasterzelle im modellierten Anrissgebiet die Ablagerung hangabwärts in Fließrichtung modelliert. Dabei wird von einem hypothetischen Anfangsvolumen (= 25 m³)
oder von ausgeschiedenen oder modellierten Anrissmächtigkeiten ausgegangen.
Das Modell beruht dabei nicht auf einem sogenannten single-flow-Ansatz, welcher die Zuflussrichtung
zu einer potenziellen Ablagerungszelle mit der höchstliegenden direkten Nachbarzelle bestimmt, sondern auf einer erweiterten Nachbarschaftsanalyse: Dabei werden mehrere Zellen in einem 20°-Sektor
oberhalb (Gegenrichtung zur Exposition der Zelle) einer potenziellen Ablagerungszelle bis zu einem
Abstand von vier Rasterzellen analysiert. Für die aktuelle Rasterzelle wird eine Ablagerung berechnet,
wenn einerseits im genannten Sektor eine Anrisszelle bzw. ein berechnetes Ablagerungsvolumen
vorhanden ist (Abb. 24: orange markierte Zellen) und andererseits im Sektor keine stark konvexe To-
38
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Hanganbrüche
pographie vorliegt. Mit diesem Ansatz kann im Gegensatz zum single-flow-Ansatz die Ausbreitungsrichtung besser kontrolliert werden.
Analysierter Sektor bei
Zellexpositionen 210 - 230°
m
30
10
10
60
m
m
50
10
0m
104
Abb. 24:
Beispiel Modellierung
SLIDEPOT. Drei analysierte Rasterzellen im
Sektor für Zellexpositionen 210° – 230° (für
Zellengröße 5 m hat
der rote Kreis einen
Radius von 20 m)
(KRUMMENACHER, B. ET
AL. 2005).
Jeder Ausbreitungsschritt analysiert Nachbarzellen bis zu einer Distanz von 20 m (für Rasterweite
5 m). Mit jedem Ausbreitungsschritt wird das Anfangsvolumen bzw. das Restvolumen über einen lokalen Abbaufaktor verringert. Dieser Faktor wird vor allem durch die lokale Hangneigung definiert. Zusätzlich können die Abbaufaktoren durch das Vorhandensein von Wald, rauer Geländeoberfläche
(Blockschutt etc.) und weiterer räumlicher Parameter modifiziert werden. Die Datenverfügbarkeit bestimmt letztlich die definitiven Abbaufaktoren.
Die Ausbreitung stoppt, wenn entweder eine definierte Anzahl von Ausbreitungsschritten erreicht wird
oder wenn der berechnete Wert unter einen definierten Schwellenwert (z. B. 0,1) fällt. Tab. 10 zeigt
die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren.
Lokale Hangneigung
der potenziellen Ablagerungszelle [°]
nicht bewaldet
im Wald
> 25
0,85
0,6
17 - 25
0,75
0,5
10 - 17
0,65
0,4
< 10
0,45
0,2
Startwert Abbaufaktor
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Tab. 10:
Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrierung erfolgte auf Basis empirischer
Untersuchungen im Gelände).
39
Hanganbrüche
7.3
Numerische Modellierung der Auslaufbereiche
Die Auslauf-Modellierung wird für beide Szenarien A und B (Anhang Kapitel 7.1.5.1 und 7.1.5.2) mit
identischen Einstellungen durchgeführt. Es wurden jeweils maximal 8 Ausbreitungsschritte gerechnet,
wobei im Wald reduzierte Abbaufaktoren definiert wurden.
Die aus den Hangneigungen pauschal abgeleiteten Lockermaterial-Mächtigkeiten (Tab. 9) wurden lediglich für die Berechnung des Sicherheitsgrades F verwendet. Diese sind jedoch zu unsicher, um sie
als Grundlage für die Auslaufberechnung zu verwenden. Deshalb wurde allen Anrisszonen eine hypothetische Mächtigkeit von 1 m zugewiesen und diese mit jedem Ausbreitungsschritt sukzessive abgebaut bis entweder maximal 8 Ausbreitungsschritte erfolgt sind oder eine Restkubatur (bzw. Abbaufaktor) mit einem Wert unter 0,1 erreicht wird.
Die Tab. 11 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren und die entsprechenden maximalen Reichweiten.
Tab. 11: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten.
Lokale
Hangneigung
Abbaufaktoren nach Nummer des Ausbreitungsschritts und maximale Reichweiten
Startwert
1
(20 m)
2
(40 m)
3
(60 m)
4
(80 m)
5
(100 m)
6
(120 m)
7
(140 m)
8
(160 m)
> 25°
0,85
0,72
0,61
0,52
0,44
0,38
0,32
0,27
0,23
> 25° im Wald
0,60
0,36
0,22
0,13
17° - 25°
0,75
0,56
0,42
0,32
0,24
0,18
0,13
0,10
17° - 25° im Wald
0,50
0,25
0,13
10° - 17°
0,65
0,42
0,27
0,18
0,12
10° - 17° im Wald
0,40
0,16
< 10°
0,45
0,20
< 10° im Wald
0,20
Die Reichweite eines Hanganbruch-Auslaufprozesses wird hauptsächlich durch den Wasseranteil des
Hanganbruchs bestimmt. Weitere, teilweise komplexe Randbedingungen (Oberflächenrauigkeit, Entwicklungsstufe der Vegetation) beeinflussen die Reichweite zusätzlich. Diese sind jedoch nur mit großen Unsicherheiten in einem Modell abzubilden. Die im Modell SLIDEPOT verwendeten Abbaufaktoren können erfahrungsgemäß die Reichweiten relativ gut abbilden, wenn die Modellierungsresultate
an erfolgten Ereignissen (BIS-BY) kalibriert werden können. Wenn, wie im Landkreis Traunstein, nur
wenige Ereignisse flächig kartiert und dokumentiert sind, müssen die Abbaufaktoren eher pessimistisch definiert werden, um ausreichend große, im Zweifelsfall eher etwas zu lange Auslaufstrecken zu
erhalten.
7.4
Ergebnisse und Interpretation der Hanganbruchmodellierung
Das Modellierungsresultat ist ein GIS-Grid (= Flächenraster), welches sowohl für den Anriss-, wie für
den Auslaufbereich zum Teil kleinste Prozessflächen sowie Prozess-Inseln (wenige Rasterzellen á
25 m²) enthält.
40
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Hanganbrüche
Die rohen Modellierungsresultate wurden nur leicht generalisiert, einzelne Zellen bzw. schmale Bänder (mit Breite = 5 m) werden dabei zum dominierenden Attribut aller direkten Nachbarzellen umattributiert (mögliche Werte: 0 = kein Prozess, 1 = Anriss, 2 = Auslauf). In den Ergebnisdateien können
daher beispielsweise einzelne kleine Auslaufbereiche ohne Anrisszone dargestellt sein. Diese wurde
aus oben genanntem Grund dem Auslauf zugeteilt.
Das Grid wurde anschließend ohne weitere Glättung in eine Shape-Datei transformiert.
7.4.1
Statistik der Modellierungsresultate
Nachfolgende Tab. 12 zeigt die Statistik der Modellierungsresultate für die beiden Szenarien A und B,
differenziert nach Anriss- und Auslaufbereich sowie nach Waldflächen und Flächen außerhalb des
Waldes.
Tab. 12: Statistik der Modellierungsresultate für die Szenarien A und B im Landkreis Traunstein.
Szenario A
geringe Schutzwirkung des Waldes
Szenario B
starke Schutzwirkung
des Waldes
km²
Anteil an Gesamtfläche [%]
km²
Anteil an Gesamtfläche [%]
Außerhalb des Waldes
14,6
1,0
14,6
1,0
Im Wald
20,5
1,3
0,7
0,0
Außerhalb des Waldes
8,8
0,6
7,8
0,5
Im Wald
18,8
1,2
6,4
0,4
Gesamte
Prozessfläche
62,7
4,1
30,0
1,9
Gesamtfläche
Untersuchungsgebiet
1.553,8
100
Anriss
Auslauf
2
Die Fläche des gesamten Untersuchungsgebietes beträgt rund 1.553,8 km wovon rund 39 % mit
Wald bestockt sind.
Der Einfluss der unterschiedlichen Durchwurzelung ist offensichtlich: Bei Szenario B mit starker
Schutzwirkung des Waldes vermindern sich die Anrissflächen im Wald auf rund 3,4 % der in Szenario
A (geringe Schutzwirkung des Waldes) ausgewiesenen Flächen. Einzig steile Waldpartien weisen
mögliche Anrissbereiche auf.
7.4.2
Statistik der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen
Die Auswertung der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen ist in Abb. 25 zu sehen. Die durchgezogenen Linien stellen die Resultate für Szenario A (geringe Schutzwirkung des Waldes) dar, die gestrichelten Linien zeigen Szenario B (hohe Schutzwirkung des Waldes). Die schwarzen Linien stehen
für die jeweilige gesamte Prozessfläche, was der Summe der jeweiligen roten Linien (Anrissbereiche)
und der gelben Linien (Auslaufbereiche) entspricht.
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41
Rutschungen
Abb. 25: Statistik der Prozessflächen für Szenarien A und B nach Hangneigungsklassen.
Der Vergleich der schwarzen Kurven zeigt die potenzielle Spannbreite der Schutzwirkung des Waldes
auf.
Weiterführende statistische Auswertungen bzw. Modellierungen auf einem größeren Maßstab erfordern neben einer genaueren Differenzierung der Modellparameter auch eine Analyse der lokalen Bestandstypen und der Art der Waldnutzung.
8
Rutschungen
Nachfolgend werden tiefer reichende Rutschungen behandelt. Üblicherweise reichen sie mehr als etwa 5 m in den Untergrund. Hier soll pauschal von tiefreichenden Rutschungen gesprochen werden.
Bei den Gefahrenhinweisbereichen für tiefreichende Rutschungen wurden zwei Kategorien dargestellt.
Bei der ersten Kategorie handelt es sich vorwiegend um Bereiche, in denen bereits Rutschungen erfolgt sind. Teilweise sind sie noch aktiv, vor allem besteht jedoch die Möglichkeit einer Reaktivierung.
Es werden auch Bereiche mit einbezogen, in denen sich zwar noch keine eindeutige tiefreichende
Rutschung entwickelt hat, aber bereits Anzeichen auf eine solche Bewegung zu finden sind. Dies
kann sich beispielsweise anhand von tiefen, teils aktiven Zerrspalten oberhalb der Abrisskante äußern
oder es handelt sich um Blockschollenbewegungen, also langsame tiefreichende Bewegungen von
großen Felsblöcken.
In der zweiten Kategorie wurden Geländebereiche erfasst, in denen eine erhöhte Anfälligkeit für die
Bildung eines tiefreichenden Rutschprozesses erkennbar ist. Eine solche Anfälligkeit äußert sich z. B.
im Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälligem Untergrund, unruhiger Morphologie, Vernässungen u. ä.. Entlang von Bächen und Flüssen gibt es zudem vielfach steile Hänge, an denen es bereits zu oberflächennahen Rutschungen mit Gleitflächentiefen < 5 m gekommen ist und/oder sich solche entwickeln können. Dort ist zwar nicht mit der Entwicklung von tiefreichenden Rutschungen gemäß der oben aufgeführten Definition zu rechnen. Aufgrund der Steilheit des Geländes werden solche
42
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Rutschungen
Flächen bei den angesetzten Parametern mit der Hanganbruchmodellierung jedoch nicht erfasst. Sie
wurden dann in die GHK mit aufgenommen, wenn sie in der Nähe von Infrastruktur (z. B. Bebauung,
Straßen) liegen und für diese eine mögliche Bedrohung darstellen.
Die Gefahrenhinweisbereiche der ersten Kategorie, in denen vorhandene Rutschungen einschließlich
der potenziellen Ausbreitung dargestellt wurden, sind in den Gefahrenhinweiskarten als rote Bereiche
mit Hinweisen auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen bezeichnet. Die Gefahrenhinweisbereiche der zweiten Kategorie, in denen eine erhöhte Anfälligkeit besteht, die im Extremfall zur Bildung
von tiefreichenden Rutschprozessen führen kann oder bei denen flache Rutschungen eine Gefährdung für Infrastruktur darstellen, wurden als orange Bereiche erhöhter Rutschanfälligkeit gekennzeichnet.
Im folgenden Kapitel wird die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche für die tiefreichenden Rutschungen beschrieben.
8.1
Dispositionsmodell - Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus
GEORISK- und EGAR-Daten
Mit dem Dispositionsmodell für tiefreichende Rutschungen sollen Gefahrenquellen empirisch erkannt
werden. Das heißt, dass die Bereiche ermittelt werden sollen, in denen sich zukünftig mit erhöhter
Wahrscheinlichkeit tiefreichende Rutschungen bilden werden. Nach bisherigen Erfahrungen und Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass sich tiefreichende Rutschungen meist in den Gebieten
entwickeln, die bereits in der Vergangenheit von entsprechenden Rutschungen betroffen waren. Damit
können diese als Bemessungsereignis herangezogen werden.
Zur Ermittlung der betroffenen Flächen müssen vorhandene Daten bekannter Rutschbereiche erfasst
und ausgewertet werden. Relevante Informationen hierzu liefern Datenbestände unterschiedlicher
Projekte (z. B. GEORISK, EGAR) sowie geotechnische Gutachten, Diplomarbeiten oder Dissertationen.
Die Hauptinformationen stammen aus dem GEORISK-Projekt. Dabei handelt es sich weitgehend um
detailliert im Gelände erhobene Daten. Sie sind im Bodeninformationssystem Bayern und im Informationsdienst Alpine Naturgefahren (Anhang Kapitel 2.5) erfasst und können von dort direkt übernommen werden. Zum einen handelt es sich um die Dokumentation von Hangbewegungsmerkmalen wie
Bergzerreißungen, Anbruchkanten und Ablagerungen von Rutschungen, zum anderen um Karten der
Aktivitätsbereiche, in denen kleinere Rutsch- und Sturzbereiche zusammengefasst sind. Diese Daten
wurden flächendeckend im Umfeld von Siedlungsgebieten im Alpenraum aufgenommen. Außerhalb
der Siedlungsgebiete im Alpenraum und im gesamten Alpenvorland liegen Daten nur punktuell vor.
Aus den Karten der Aktivitätsbereiche wurden alle Gebiete ausgewählt, die Rutschprozesse betreffen
und dabei deutliche Anzeichen für aktive Massenbewegungen anzeigen sowie solche mit vereinzelten
Hinweisen auf aktive Massenbewegungen. Da die Gefahrenhinweiskarten für den Alpenraum bereits
fertiggestellt wurden und die Karten der Aktivitätsbereiche ersetzen, stehen diese nun nicht mehr im
BIS-BY zur Verfügung.
Aus dem EGAR-Projekt (Anhang Kapitel 2.5.3) standen für das Untersuchungsgebiet Traunstein die
Aufnahmen der Kartenblätter 1 : 25.000 8240 Marquartstein, 8241 Ruhpolding, 8242 Inzell, 8340 Reit
im Winkel, 8341 Seegatterl und 8342 Schneizlreuth zur Verfügung. Diese Prozesskartierungen wurden überwiegend nach Luftbildauswertungen flächendeckend für einen Anwendungsmaßstab
1 : 25.000 durchgeführt. Nur ein geringer Anteil der erfassten Objekte (Prozessflächen) wurde im Gelände verifiziert, auch erfolgte keine Prognose über Ausweitung bzw. Reichweite von Massenbewegungen. In den meisten Fällen muss man davon ausgehen, dass die im EGAR-Projekt erkannten Pro-
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43
Rutschungen
zessflächen, ähnlich wie die Flächen in den Karten der Aktivitätsbereiche, Gebiete darstellen, in denen Hangbewegungsareale zusammengefasst sind.
8.2
Prozessmodell - Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches
(Ausweitung) tiefreichender Rutschungen
Die im Dispositionsmodell ermittelten potenziellen Bewegungsbereiche können sich bei anhaltender
Aktivität oder bei einer Reaktivierung alter Rutschungen stark ausweiten. Diese Ausweitung kann sowohl im Anbruchbereich als auch im Ablagerungsbereich der Rutschmasse stattfinden. Der sogenannte Prozessraum der Rutschung und damit der Gefahrenhinweisbereich können sich also stark vergrößern. Da eine numerische Modellierung der Rutschprozesse im regionalen Maßstab nicht zuverlässig
möglich ist, muss bei der Bestimmung des Gefährdungsbereiches mit empirischen Methoden gearbeitet werden.
Bei der potenziellen Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich sind im Wesentlichen die geologisch-tektonische sowie die morphologische Situation maßgeblich. Im Extremfall reicht der Prozessraum bis an den nächstliegenden Bergrücken, Grat (Kamm) oder an markante Geländestufen
und Rinnen im Umfeld der Rutschungen. In Fällen, bei denen kleinere Anbrüche in flacheren, gleichförmigen Hängen auftreten, wurden diese mit einem 20 - 30 m breiten Sicherheitssaum versehen und
dieser als potenzielle Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich festgelegt.
Zur Bestimmung der potenziellen Reichweite einer aktiven oder reaktivierbaren Rutschung wurde zunächst die bisherige Reichweite auf der Basis von Datenbankinhalten, dem Schattenmodell und Geländedaten („stumme Zeugen“) bestimmt. Liegen beispielsweise Anzeichen für aktive Bewegungen an
der Rutschungsstirn vor, muss davon ausgegangen werden, dass bei einer Reaktivierung des
Rutschbereiches die Reichweite der älteren Rutschmasse zumindest lokal übertroffen wird. Der Gefahrenhinweisbereich muss dann entsprechend der geomorphologischen Gegebenheiten bemessen
werden. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche für tiefreichende Rutschungen bis in wasserführende
Gerinne, werden sie dort abgegrenzt. Die potenziellen Lockergesteinsmassen, die sich dort ansammeln, würden voraussichtlich vom Bach abgetragen oder sich als Muren weiterbewegen.
Beim Abgang von Muren handelt es sich um einen Prozess, der sich von Rutschungen stark unterscheidet. Der Murprozess muss deshalb separat modelliert werden. Da Muren eine Sonderform des
Hochwasserabflusses sind, handelt es sich nicht um eine geologische Gefährdung. Sie werden deshalb nicht im Rahmen dieses Projektes bearbeitet.
8.3
Vorgehensweise im Projekt
Die ausgewählten Objekt-Informationen wurden im GIS zuerst selektiert und attributiert danach
einzeln bewertet, (nach-) digitalisiert und gegebenenfalls nach Geländebegutachtungen berichtigt
(Anhang Kapitel 8.3.2).
8.3.1
Selektion und Attributierung digitaler Objekte
Aus dem BIS-BY wurden insgesamt 436 rutschungsrelevante GEORISK-Objekte selektiert, aus den
Karten der Aktivitätsbereiche wurden weitere 423 Bereiche selektiert, die deutliche oder vereinzelte
Hinweise auf aktive Massenbewegungen aufzeigen.
.
44
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
Rutschungen
Aus dem EGAR-Projekt (Anhang Kapitel 2.5.3 und Anhang Kapitel 8.1) konnten 28 Objekte der
Bewegungstypen fließen (f), kriechen (k) und gleiten (g) selektiert werden.
Diese Objekte wurden in einem zweiten Bearbeitungsschritt detailliert bewertet, neu attributiert und
digitalisiert (Tab. 13). Dazu wurden sie mit einer neuen Identifikationsnummer versehen, ihre
Datengrundlagenqualität anhand umfassender Datenbank- und Literaturinformationen bewertet
(DG 1 - 4) sowie alle Anbruchbereiche und Reichweiten anhand einer Analyse des Schattenmodells
aus den 1 m-Laserscandaten überprüft, gegebenenfalls präziser abgegrenzt und digitalisiert
(RW 1 - 3).
Ein Großteil der Objekte wurde zusätzlich im Gelände begutachtet (GB 1 – 2).
Tab. 13: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis.
Attribute
Bewertung (Datenquelle-Informationsgrad)
Anzahl
ca. %
ID Objekt-Nummer
Laufende Objektnummern 1 – 267
286
100
DG Datengrundlage
1 GEORISK-Objekte
254
88,8
2 GEORISK-Aktivitätsbereiche
0
0
3 EGAR (aktiv, relikt)
0
0
4 DGM
32
11,2
1 Hang
45
15,7
2 Talboden
80
28,0
3 Bach / Vorfluter
161
56,3
1 aktuell nicht durchgeführt
64
22,4
2 durchgeführt
222
77,6
RW Reichweite
GB Geländebegehung
Zur Klärung offener Fragen erfolgte zuerst eine Analyse der Schattenmodelle mit 45° bzw. 315° Beleuchtungsrichtung (Anhang Kapitel 2.2). Zur weiteren Überprüfung konnten im GIS Orthofotos
(schwarz-weiß und farbig) unterschiedlicher Jahrgänge aus dem Bestand des LfU hinterlegt werden.
Allgemeine Kartengrundlage war die Topographische Karte von Bayern 1 : 25.000 (Anhang Kapitel
2.1.1).
Die meisten GEORISK-Objekte konnten aufgrund ihrer exakten Geländeaufnahme entweder ohne
nennenswerte Korrekturen, in den meisten Fällen mit einem 20 – 30 Meter breiten Sicherheitssaum
versehen, unmittelbar in die Gefahrenhinweiskarte übernommen werden (Anhang Kapitel 8.1). Gegebenenfalls wurden ihre Geometrien anhand neuer Erkenntnisse aus dem präzisen Schattenmodell
korrigiert und anschließend in die Gefahrenhinweiskarte übernommen. Die Datenqualität wurde in
beiden Fällen als sehr hoch eingestuft (DG 1). Zwar beruhen die Abgrenzungen von GEORISKAktivitätsbereichen im Umfeld von Siedlungsgebieten ebenfalls auf flächenhaften Geländebegehungen, doch stellen diese meist aus zahlreichen kleineren Bewegungshinweisen zusammengefasste
Rutschungsflächen dar, so dass der Informationsgehalt für die gesamte Fläche geringer ist und die
Datenqualität niedriger bewertet wurde (DG 2). Den als aktuell bezeichneten EGAR-Prozessflächen
lagen in einigen Fällen Geländebegehungen zu Grunde, so dass ihr Informationsgrad relativ hoch einzustufen war. Die meisten der als relikt benannten Prozessflächen wurden dagegen überwiegend anhand von Stereoluftbildern analysiert und abgegrenzt, weshalb sie einen geringen Informationsgrad
aufweisen. Insgesamt musste der Informationsgrad von EGAR-Prozessflächen deshalb niedrig eingestuft werden (DG 3). Objekte, die im Zuge der Projektarbeit z. B. durch Analyse der Schattenmodelle
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014
45
Rutschungen
identifiziert wurden, erhielten zunächst den geringsten Informationsgrad (DG 4) und wurden erst nach
einer Geländebegutachtung und Aufnahme als GEORISK-Objekt in das BIS-BY höher eingestuft.
Da im Landkreis Traunstein alle Objekte, die auf den Ergebnissen von EGAR oder der GEORISKAktivitätsbereiche basieren, durch eine Überprüfung zu einem GEORISK-Objekt hochgestuft werden
konnten, fanden sie auf diesem Wege Berücksichtigung. In Tab. 13 sind sie somit auf 0 gesetzt worden.
8.3.2
Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und
Evaluierung
Zur genaueren Abgrenzung und Verifizierung wurden 222 Rutschgebiete (knapp 78 % der ausgewiesenen Rutschbereiche), deren Gefahrenpotenzial durch die vorangegangenen Untersuchungen (Anhang Kapitel 8.3.1) nicht ausreichend geklärt werden konnte, durch Geländebegehungen überprüft.
Abb. 26: Nackentälchen nördlich von Schleching.
Im Folgenden sind beispielhaft einige charakteristische geologisch-morphologische Merkmale tiefreichender Rutschungen im Untersuchungsgebiet genannt, die zur Beurteilung der Gefahrensituation im
Gelände herangezogen wurden: Doppelgrate, ausgeprägte Spalten (Bergzerreißungen, siehe
Abb. 27), Senkungen mit Geländestufen (Abb. 26) und Nackenseen sind häufig Hinweise auf
Zerrstrukturen im Anrissbereich vorhandener oder sich entwickelnder Rutschungen. Im Bereich von
aktiven Zugrissen sind häufig gespannte Wurzeln sichtbar. Rutschungen führen oft zu zungen- oder
stromförmigen Ablagerungen, die stufenförmige Verebnungen, Bodenrisse mit gespannten Wurzeln,
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Rutschungen
Stauchwülste (Abb. 28), Senken und Vernässungen sowie säbelwüchsige oder schiefe Bäume
(Abb. 29) aufweisen.
Abb. 27:
Spalten am Großen
Rechen-Berg südwestlich von Unterwössen.
Gebiete mit derartigen Phänomenen wurden generell in den potenziellen Bewegungsbereich einer
Rutschung einbezogen, ihre Gefahrenhinweisflächen im GIS entsprechend ergänzt und korrigiert.
Konnten Informationsdefizite auch durch Geländebegehungen nicht beseitigt werden, wurde die Datenqualität bzw. der Informationsgrad des betreffenden Objektes letztendlich niedrig eingestuft und die
dargestellte Fläche lediglich als Bereich mit erhöhter Anfälligkeit für zukünftige Rutschungen betrachtet.
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Rutschungen
Dies betrifft in erster Linie Flächen, deren Ausdehnung eine mehr oder weniger dichte Zusammenfassung einzelner, meist kleinerer, nicht genau abgrenzbarer Rutschungen mit oft nicht näher bekanntem
Tiefgang darstellen, wie die meisten EGAR-Prozessflächen oder GEORISK-Aktivitätsbereiche.
Abb. 28: Relikte Rutschbuckel am Weitlahnerkopf westlich von Schleching.
8.4
Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse
Die Bewertung von 286 Rutschungen und potenziell rutschanfälligen Flächen und ihre Gliederung in
vier Klassen mit unterschiedlicher Datenquelle (Anhang Kapitel 8.3.1 bis 8.3.2) führte letztendlich zur
Ausweisung von zwei unterschiedlichen Gefahrenhinweisbereichen:
•
Bereich 1 – Hinweise auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen,
•
Bereich 2 – Hinweise auf Gefährdung im Extremfall durch Rutschungsanfälligkeit.
Die durchgeführten empirischen Analysen zeigen, dass rund 1,4 % der Fläche (rund 21 km²) des
Landkreises von tiefreichenden Rutschungen betroffen sind. Eine erhöhte Anfälligkeit für die Entwicklung von weiteren tiefreichenden Rutschungen besteht für zusätzliche rund 0,7 % der Fläche.
Die Gefahrenhinweiskarte (Bericht Kapitel 6.1) zeigt flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche. Während
die Flächen des Bereiches 1 (rot) auf räumlich konkret abgrenzbare Gefahren mit Anzeichen für aktuelle oder potenzielle Aktivität hinweisen, zeigt der Bereich 2 (orange) Flächen, in denen unter Extrembedingungen bisher nicht genau abgrenzbare tiefreichende Rutschungen auftreten können.
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Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
Abb. 29: „Betrunkener Wald“ mit Säbelwuchs am Einöder Berg nördlich Grassau.
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Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
Im Bereich der Kalkalpin-Zone des Arbeitsgebietes wurden an mehreren Stellen Dolinen bzw. Erdfälle
gefunden, deren Entstehung auf Lösung in stark verkarstungs- und auslaugungsfähigen Gesteinen
(Subrosion) oder auf den Abtransport von Feinmaterial (Suffosion) zurückzuführen ist. Wenn solche
Formen entstehen, kann dies lokal zu einer Gefährdung führen. Im Alpenanteil des Landkreises
Traunstein wurde eine Häufung derartiger Strukturen z. B. südwestlich von Reit im Winkl, nahe der
Grenze zu Österreich festgestellt. Es handelt sich jeweils um mehrere nahezu runde, trichterförmige
Strukturen von einigen Metern Durchmesser (Bericht Abb. 6). Diese Formen sind meist mehrere Meter
tief, teilweise auch verfüllt. Im Untergrund stehen dort Plattenkalke an. Erhalten sind diese Strukturen
überwiegend in Waldgebieten, auf vegetationsfreien Flächen im Hochgebirge oder auf Almwiesen.
Im nördlichen Teil des Landkreises treten gehäuft Erdfälle auf. Es handelt sich vor allem um das Gebiet zwischen Traunreut, Trostberg, Bergkirchen, Garching, Schnaitsee und Seeon. Konkrete Zahlen
zur Häufigkeit liegen nicht vor, aber aufgrund von Gesprächen mit Anliegern ist von ca. 1 bis 5 Erdfällen pro Jahr auszugehen. Sie haben meist einen Durchmesser von Dezimetern bis wenigen Metern
und Tiefen von einem halben bis einem Meter, gelegentlich kommen auch Tiefen bis 3 Meter vor. Als
Lokalbezeichnung für die Erdfälle wird auch von „Donnerlöchern“ gesprochen. Deutlich überwiegend
treten diese Erdfälle (Donnerlöcher) in Acker- und Wiesenflächen auf. Auffallend ist auch die Häufung
im flachen Gelände, oft mit abflusslosen Senken. Hier kann kaum Oberflächenabfluss erfolgen und ein
Großteil des Niederschlagswassers muss direkt im Untergrund versickern. Die Erdfälle liegen hauptsächlich in Gebieten mit Löß- bis Lößlehmüberdeckung von wenigen Metern Mächtigkeit über Altmoräne beziehungsweise über Konglomeraten der Deckenschotter.
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Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
Ganz offensichtlich handelt es sich um eine Form der Suffosion, also einer unterirdischen Ausspülung
von Feinsanden in Hohlräume. Als geeignete Hohlräume kommen mehrere Möglichkeiten in Frage:
1. Offene Klüfte in den durch Eistektonik deformierten Konglomeraten
2. Hohlräume aufgrund der Verwitterung und Lösung von Geröllen, insbesondere in „geologischen Orgeln“
3. Unterirdische Ausspülungskanäle in Feinsanden bis Schluffen bis zu tiefer gelegenen Vorflutern.
Erdfälle sind aus dem gesamten Bayerischen Alpenvorland bekannt, insbesondere aus dem Allgäu
sowie dem Tölzer und dem Miesbacher Bereich. Auch dort handelt es sich um Suffosion, teilweise
aber auch um Karbonatkarst in Konglomeraten der Molasse. Die besondere Häufigkeit von Erdfällen
im nördlichen Teil des Landkreises Traunstein ist darauf zurückzuführen, dass die flache Morphologie
gerade in Ackergebieten eine starke Infiltration von Oberflächenwasser erzwingt. Die empfindlichen
Lößsande und -schluffe werden dabei ausgespült, bis Hohlräume zusammenbrechen und Erdfälle
entstehen.
Eine Gefährdung durch Erdfälle ist trotz des häufigen Vorkommens nur gering. Es sind bisher keine
Einbrüche direkt in befestigten Verkehrswegen oder unter Wohngebäuden bekannt geworden. Am
häufigsten dürften landwirtschaftliche Fahrzeuge auf Äckern und Wiesen in solche Hohlräume einbrechen, was zu Sachschäden, aber nur selten zu Personenschäden führen kann.
Bei der Gefahrenhinweiskarte für Subrosion wurden zwei unterschiedliche Ansätze gewählt. Zum einen wurden Bereiche ausgewiesen, in denen es bereits in der Vergangenheit zu Erdfällen, Dolinen
oder Senkungsvorgängen gekommen ist. An diesen Strukturen selbst oder in deren unmittelbarem
Randbereich muss mit Nachbrüchen gerechnet werden.
Zum anderen wurde das Gebiet anhand des geologischen Untergrundes danach beurteilt, ob Verkarstungs- oder Auslaugungsvorgänge potenziell möglich sind.
Die Gefahrenhinweisbereiche, in denen vorhandene Subrosions-Objekte festgestellt wurden, sind in
der Gefahrenhinweiskarte als rote kreisförmige Flächen dargestellt. Die Gefahrenhinweisbereiche in
denen es auf Grund des auslaugungsfähigen Untergrundes grundsätzlich zu Dolinen oder Erdfällen
kommen kann, wurden mit einer orangen Schraffur dargestellt.
Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche für Subrosion wird im folgenden
Kapitel beschrieben.
9.1
Vorgehensweise im Projekt
Im GEORISK-Informationssystem wurden 139 GEORISK-Objekte, die durch Subrosion entstanden
sind, ausgelesen und in einer separaten Datei abgespeichert. Zusätzlich erfolgte eine Ergänzung dieser Daten um die Dolinen aus den vorhandenen geologischen Karten (1 : 25.000 inkl. Anlagen). Anschließend wurden eine Präzisierung der geographischen Lage sowie weitere Ergänzungen von Erdfällen bzw. Dolinen mit Hilfe des hochauflösenden Digitalen Geländemodells durchgeführt.
9.1.1
Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen
Die Erfassung der Erdfälle / Dolinen (Abb. 30) erfolgte anhand des hochauflösenden Digitalen Geländemodells. Zur Visualisierung des Geländes wurden aus den Geländedaten Schattenmodelle mit unterschiedlichen Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt sowie eine Hangneigungskarte be-
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Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
rechnet. Die so am Bildschirm gewonnenen Punktdaten mussten im Anschluss an die Erfassung anhand des geologischen Untergrunds, durch Luftbilder und Topographische Karten auf ihre Plausibilität
geprüft werden. Außerdem erfolgte eine flächenhafte Abgrenzung der Dolinen bei einem Durchmesser
von mehr als 25 m. In Einzelfällen erfolgte eine Geländebegehung zur Überprüfung der Daten. Zur
weiteren Bearbeitung der Daten wurden die Erdfälle / Dolinen mit Hilfe eines eigens dafür programmierten Excel-Files ins Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) importiert.
Die erfassten Erdfälle / Dolinen wurden für die Ausweisung als Gefahrenhinweisbereich mit einem
50 m breiten Sicherheitssaum versehen.
Abb. 30:
Einbruchstruktur südwestlich Schwendtboden-Diensthütte.
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Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete
9.1.2
Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen Untergrundes
Für die Erfassung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen Untergrundes wurden aus
der Geologischen Karte im Maßstab 1 : 200.000 (GK 200) alle geologischen Einheiten extrahiert, die
grundsätzlich zu Subrosionsvorgängen neigen können und nach ihrer Subrosionsursache (Karbonat /
Sulfat / Suffosion) bewertet. Es muss hier nochmals hervorgehoben werden, dass die Wahrscheinlichkeit durch Schäden infolge von Karbonatkarst, gerade im Verhältnis zu Gips- und Salinarkarst, nur gering ist, die vollständige Darstellung aber für eine umfassende Gefahrenhinweiskarte dennoch geboten ist.
Anschließend wurden die Flächen aus der GK 200 extrahiert, in denen sich bereits erfasste Subrosions-Objekte befinden, bei denen der unmittelbare Untergrund aber nicht verkarstungs- oder auslaugungsfähig ist. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Deckschichten über verkarstungs- oder
auslaugungsfähigem Gestein, wobei sich die Subrosionsstruktur bis an die Oberfläche durchgepaust
hat. In diesen Bereichen wurde in der GK 200 gedanklich die Lockergesteinsüberdeckung abgedeckt
und die Fläche nach der eigentlichen Subrosionsursache bewertet.
Suffusion findet im Gegensatz zur Subrosion in Lockergesteinen statt, die nicht eigens als karstanfällig
ausgewiesen wurden.
9.2
Ergebnisse der Subrosionsanalyse
Insgesamt konnten im Landkreis Traunstein 945 Subrosions-Objekte (Stand: Oktober 2013) erfasst
werden, dabei sind 111 Objekte im Alpenvorland zu finden. Insgesamt haben gut 80 % der Objekte
ihre Ursache in einem karbonatischen Untergrund und knapp 6 % in einem sulfatischen Untergrund.
113 Objekte sind auf Suffosion zurückzuführen. Bei 16 Subrosions-Objekten konnte die Subrosionsursache nicht ermittelt werden.
Die Auswertung der GK 200 zeigte, dass knapp 20 % der Fläche potenziell verkarstungs-oder auslaugungsfähig ist, wobei sich die Fläche hauptsächlich auf den Alpenanteil des Landkreises Traunstein
konzentriert.
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