1 Überlegungen zur Bundespräsidenten/in-Person von Peter Paul Wiplinger Sehr geehrte Frau (zukünftige) Bundespräsidentin, sehr geehrter Herr (zukünftiger) Bundespräsident! Sie haben nun das höchste Amt im Staatsgebilde der Republik Österreich inne. Laut Verfassung haben Sie Rechte und Pflichten. Und sie müssen auch eine dem Amt entsprechende Eignung mitbringen, um diesen Ihren Aufgaben gerecht werden zu können, d.h. Sie müssen auch über ihre fachliche Kompetenz hinaus eine entsprechende persönliche Charakterstruktur und Charakterfestigkeit haben, sodaß Sie unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung beharrlich und zugleich Orientierung gebend inmitten des politischen und gesellschaftlichen Geschehens stehen. Sie müssen also ein Vorbild sein, zu dem man aufschauen können muß. Auf der Webside der Präsidentschaftskanzlei sind die Rechte und Pflichten kurz aufgelistet, ist ein Persönlichkeitsprofil skizziert, dahingehend, wie ein Bundespräsident zu sein hat, ohne daß die Einzelheiten des Anforderungsprofils interpretiert werden. Diese Interpretationen sind variabel, bewegen sich aber selbstverständlich auf der Basis der Österreichischen Bundesverfassung. Diese sollte nicht nur der Amtsträger genauestens kennen, auch in seinen möglichen Bedeutungen in Bezug auf konkrete Situationen und Entwicklungen, sowohl im politischen wie im gesellschaftlichen Bereich, sondern diese sollten endlich auch einmal zumindest alle Staatsbürger kennen und akzeptieren. Das muß sofort in die schulische Ausbildung und in den einzufordernden integrativen Kulturdivergenz-Unterricht für alle im Land lebenden Menschen aufgenommen werden. Das sollte ein erster Programmpunkt in Ihrer Agenda, Frau Bundespräsident/Herr Bundespräsident, als zu erledigende Aufgabe sein. Darauf folgend steht dann auch in der Beschreibung, daß der Bundespräsident „dem Land einen moralischen Rückhalt zu geben hat“. Nun, was bedeutet das und wo liegen hier tatsächlich die Möglichkeiten eines Bundespräsidenten? Und wie kann das geschehen? Was ist überhaupt ein „moralischer Rückhalt“, wer kann und darf festlegen, wie dieser „moralische Rückhalt“ auszusehen und zu wirken hat? Auf diese Frage wollen wir von Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin sogleich bei Ihrem Amtsantritt Ihre und wenn möglich als Kandidat schon jetzt die richtige Antwort. Im Verlauf der Aufgabenbeschreibung für den Bundespräsidenten steht als nächstes „der Ausgleich zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen, die Einbeziehung von Minderheiten in den politischen Prozeß“. Das ist nun ziemlich klar formuliert und gemeint. Hier geht es also um das politische und gesellschaftliche Miteinander der Menschen in diesem unseren Land. Hier geht es um die Aufmerksamkeit, um die Beobachtung, um die Wahrnehmung und vor allem darum, die Minderheiten, zu denen vor allem jene 2 gehören, die sich nicht lautstark artikulieren (können), zu hören und zu respektieren. Es geht auch darum, den Dialog mit diesen Minderheiten zu suchen, zu finden und zu praktizieren. Nicht immer hat die Mehrheit (moralisch) in allem Recht, auch nicht in der Demokratie. Unter Minderheiten verstehe ich auch das Individuum, den einzelnen Menschen. Ich meine hier Minderheiten, die Schutz brauchen, und nicht bestimmte Gruppen, die nicht auf dem Boden der Demokratie stehen, die diese bekämpfen oder sogar gewaltbereit sind. Und ich meine auch nicht Wirklichkeitsverleugner der eigenen Geschichte. Dann ist auch noch von Überparteilichkeit und einer „ Balance zwischen den jeweiligen Staatsgewalten“ die Rede. Auch da ist ziemlich klar, was gemeint ist. Hinzuzufügen ist aber sogleich eines: Staatsgewalten machen sich sehr leicht selbständig und unkontrollierbar. Und das ist eine große Gefahr für den Staat und die Demokratie überhaupt. Es ist also dafür Sorge zu tragen, daß diese Gewalten kontrolliert werden; dies vom dafür zuständigen Forum, nämlich vom Parlament. Es muß also Transparenz geben in der Ausübung der Staatsgewalt. Und auch Grenzen! Bei jeder einzelnen Handlung, bei jeder einzelnen Staatsgewalt ausübenden Person (Polizei). Das heißt: Das Recht des Menschen, das Menschenrecht muß garantiert und gewahrt werden. Das ist oberstes Gebot. Zuletzt das Wichtigste: Alle diese Anforderungen, alle Rechte und Pflichten, alle Regeln zum friedlichen Zusammenleben in einem Staat zum Wohle seiner Bürger nützen gar nichts, wenn sie nur auf dem Papier stehen und man nur dazu nickt. Nein, Demokratie muß gelebt werden, in allen politischen und sozialen Strukturen und von allen Menschen. Die Durchdringung aller politischen und aller Lebensbereiche mit einem Prozeß der Demokratisierung hat nicht nur das allgemeine, sondern auch Ihr Ziel, Herr/Frau Bundespräsident(-kandidat/in) zu sein, sondern der muß unbedingt und unverzüglich erfolgen. Die Bevölkerung muß in einem politisch-demokratischen Reifungsprozeß mitgenommen werden. Denn im Artikel 1 des Österreichischen Bundesverfassungsgesetzes steht: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus." Dieses Grundgesetz hat oberste Priorität, auch für seine Umsetzung in Realität. Bundespräsident der Republik Österreich Neben diesen verfassungsmäßig garantierten Rechten hat der Bundespräsident dem Land einen moralischen Rückhalt zu geben. Hierbei steht der Ausgleich zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen, die Einbeziehung von Minderheiten in den politischen Prozess und die Beachtung des demokratischen Systems im Vordergrund. Lange politische Erfahrung, eine feste Verankerung in der Bevölkerung, Kompetenz in allen Lebens- bzw. Politikbereichen und Überparteilichkeit sind hierfür die wesentlichsten Erfordernisse. Durch diese Kombination von verfassungsrechtlich verankerten Rechten bzw. Befugnissen und der eben beschriebenen Realkompetenzen wird dem Staat die notwendige Balance zwischen den jeweiligen Staatsgewalten gegeben. Nach Außen hin ist er damit der Garant für die Berechenbarkeit Österreichs in der internationalen Staatengemeinschaft.