Merle Schulenburg Aufgaben des Bundespräsidenten >> Bild << Horst Köhler 1943 Der Bundespräsident hat die üblichen Funktionen eines Staatsoberhauptes. Dazu gehören: Die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland nach innen und außen o nach innen durch sein öffentliches Auftreten bei staatlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen, durch Reden bei besonderen Anlässen, durch Besuche in den Bundesländern und Gemeinden o nach außen durch Staatsbesuche und den Empfang ausländischer Staatsgäste Außerdem gehört noch dazu die völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland durch o Unterzeichnung der Verträge mit anderen Staaten; durch förmliche Beglaubigung der deutschen diplomatischen Vertreter und die Entgegennahme der Beglaubigungsschreiben der ausländischen Diplomaten. Bei der Wahrnehmung weiterer Rechte kann der Bundespräsident nicht selbständig, sondern nur zusammen mit anderen Verfassungsorganen handeln. Seine Anordnungen und Verfügungen müssen zu ihrer Gültigkeit durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister kontrolliert und gegengezeichnet werden. Damit übernehmen diese die politisch-parlamentarische Verantwortung, der Bundespräsident trägt keine unmittelbare Verantwortung. Das gilt für die: Unterzeichnung oder Ausfertigung von Gesetzen o also der Bundespräsident muss sie unterzeichnen. Umstritten ist, wie weit sein Recht zu prüfen reicht, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist; 1991 hat sich beispielsweise Bundespräsident von Weizsäcker geweigert, das Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung zu unterzeichnen, weil nach dem GG (Art. 87) die »Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verantwortung geführt« wird. Ernennung von Bundesministern (Art. 64 GG) o Der Bundespräsident muss die vom Bundeskanzler vorgeschlagenen Bundesminister ernennen und entlassen; er kann Bedenken gegen einen Ministerkandidaten geltend machen, ablehnen könnte er ihn höchstens wegen Amtsmissbrauchs oder Straftaten. Ernennung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren (Art. 60 Abs. 1 GG) o Auch hier wird der Bundespräsident den Vorschlägen der Regierung oder anderer Verfassungsorgane folgen, außer bei extremen Fehlentscheidungen; Bundespräsident Lübke hat beispielsweise die Ernennung eines Bundesrichters wegen dessen NSVergangenheit abgelehnt. Politisch eigenständig handeln kann der Bundespräsident in bestimmten parlamentarischen Krisensituationen: Erhält bei der Kanzlerwahl ein Kandidat auch im dritten Wahlgang nicht die absolute, sondern nur die einfache Mehrheit, kann der Bundespräsident ihn zum Kanzler einer 1 Minderheitenregierung ernennen oder den Bundestag auflösen und Neuwahlen herbeiführen (Art. 63 Abs. 4 GG). Angesichts stabiler Mehrheiten ist dieser Fall bisher nicht eingetreten. Findet der Bundeskanzler bei einer Vertrauensabstimmung keine Mehrheit, kann der Bundespräsident auf Antrag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen (Art. 68 GG). Zu einer Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten ist es gekommen, als Willy Brandt 1972 und Helmut Kohl 1982 einen entsprechenden Antrag gestellt haben, um Neuwahlen herbeizuführen und eine sichere Mehrheit zu bekommen. >> Bild << Wahl des Bundespräsidenten Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung für fünf Jahre gewählt (Art. 54 GG). Und eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Diese Wahl ist die einzige Aufgabe der Bundesversammlung. Sie wird gebildet aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Delegierten, die von den Landesparlamenten entsprechend der Fraktionsstärke entsandt werden. Zumeist sind es Landtagsabgeordnete, zum Teil auch Kommunalpolitiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Die Wahl erfolgt ohne Aussprache. Wählbar ist jeder Deutsche, der das 40. Lebensjahr vollendet hat. Zum Bundespräsidenten ist gewählt, wer die Mehrheit der Stimmen der Bundesversammlung (absolute Mehrheit) auf sich vereinigt. Erreicht kein Kandidat im ersten und zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit, genügt im dritten Wahlgang die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (relative Mehrheit). Bei der Konstruktion der Bundesversammlung hat sich der Parlamentarische Rat von zwei grundlegenden Prinzipien der Verfassungsordnung leiten lassen: dem repräsentativen Prinzip - der Bundespräsident wird durch Volksvertreter gewählt - und dem föderalistischen Prinzip - an der Wahl sind die Parlamente des Bundes und der Länder gleichermaßen beteiligt. Immer wieder wird die direkte Wahl durch das Volk diskutiert. Sie würde diese Prinzipien bei der Wahl des Bundespräsidenten außer Kraft setzen. Das Amt des Präsidenten erhielte damit eine eigene, vom Parlament unabhängige Legitimation, die vom Grundgesetz nicht gewollt ist. >> Bild << Integrationsfunktion des Bundespräsidenten Die Bedeutung des Bundespräsidentenamtes reicht weit über diese formalen Kompetenzen hinaus. Als eine unabhängige, über dem parteipolitischen Streit stehende Persönlichkeit repräsentiert er das Gemeinsame. Er soll Vertrauen vermitteln, moralische Maßstäbe setzen, Ratschläge erteilen, in Kontroversen ausgleichend wirken, nicht zuletzt Würde ausstrahlen. Alle bisherigen Amtsinhaber haben versucht, diese Integrationsfunktion wahrzunehmen, wenn sie dabei auch unterschiedliche Akzente gesetzt haben. In der Regel war ihr Beliebtheitsgrad höher als derjenige aller oder der meisten anderen Politiker, und das Amt des Bundespräsidenten wurde von mehr Bürgern positiv bewertet als jedes andere politische Amt. http://www.bund.de/nn_3996/Microsites/Deutsche-Demokratie/Bundespraesident 2 Bundesverfassungsgericht Das Grundgesetz ist die oberste Richtschnur allen staatlichen Handelns. Das Bundesverfassungsgericht wacht als eigene Institution darüber, dass Parlament, Regierung und Rechtsprechung die Verfassung einhalten. Als Hüter der Verfassung kann es jeden Akt der gesetzgebenden Gewalt (Judikative), der Regierung und Verwaltung und jede Entscheidung der Gerichte auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen. Dabei schützt es besonders die Grundrechte der Bürger. • • • 5.000 jährlich Davon 97 % unzulässig oder unbegründet Verfassungsbeschwerden können von jedem Bürger eingereicht werden Außer dem Schutz der Verfassung hat das Bundesverfassungsgericht die Aufgabe, das Grundgesetz rechtsverbindlich zu interpretieren. Eine Verfassung enthält nur grundsätzliche und allgemein formulierte Regeln. Sie muss ständig neu ausgelegt und dem gesellschaftlichen Wandel entsprechend fortentwickelt werden. Das Grundgesetz gilt so, wie das Bundesverfassungsgericht es auslegt. Es gibt kaum einen Artikel, zu dem keine interpretierende Entscheidung des Gerichts vorliegt. Das Bundesverfassungsgericht wird nicht von sich aus tätig, sondern nur auf Antrag, es muss von einer Person oder Institution angerufen werden. Seine Zuständigkeit ist in verschiedenen Artikeln des Grundgesetzes geregelt. Wesentliche Aufgaben: Art 93, 100 Art 93 (1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet: 1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind; 2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages; 2a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes; 3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht; 4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist; 4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein; 4b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann; 5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen. 3 (2) 1Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. 2Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. 3Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist. (3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig. Art 100 (1) 1Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. 2Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt. (2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. (3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. 4