Morbus Paget des Skeletts

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Editorial
© Schattauer 2011
Morbus Paget des Skeletts
Der Morbus Paget des Skeletts wurde erstmals von Sir James Paget im Jahre 1877 in
England beschrieben. Es handelt sich um eine lokale Störung des Knochenstoffwechsels, die in einem (monostotisch) oder mehreren Knochen (polyostotisch) auftreten
kann. In den betroffenen Skelettarealen ist
der Knochenumbau pathologisch gesteigert
und es entsteht ein mechanisch minderbelastbarer Knochen. Auch kann sich die
Form des Knochens verändern, mit der Gefahr der Beeinträchtigung der Funktion benachbarter Organe. Daraus ergibt sich, dass
der Morbus Paget mit einem bunten Spektrum an Symptomen einhergehen kann,
von Knochenverformungen, Knochenschmerz, sekundärer Arthrose benachbarter Gelenke, bis hin zu neurologischen, otologischen, und kardiovaskulären Erkrankungen. Das Ausmaß und die Aktivität der
Erkrankung korreliert dabei eindeutig mit
dem Schweregrad der Symptomatik und
mit der Einschränkung der Lebensqualität.
Obwohl der Morbus Paget des Skeletts
gar nicht so selten ist (bei älteren Menschen
reicht die Prävalenz in manchen Populationen bis zu zehn Prozent), spielt er in der
Wahrnehmung von Skeletterkrankungen
sowohl bei Laien als auch bei Ärzten eine
oft untergeordnete Rolle. Dies liegt zum
Teil sicher daran, dass ein beträchtlicher
Anteil der betroffenen Patienten wenig Beschwerden hat und deshalb die Diagnose
Morbus Paget von vorneherein nicht gestellt wird. Gar nicht selten wird die Erkrankung „zufällig“ im Rahmen der bildgebenden Diagnostik anderer Erkankungen entdeckt. Deshalb kann es sein, dass betroffene Patienten unnötig leiden und eine
vermeidbare Krankheitsprogredienz erfahren. Um so mehr ist es zu begrüßen, dass
der Dachverband DVO mit der Erstellung
von Leitlinien und auch mit diesem Themenheft die Aufmerksamkeit der Osteologen auf den Morbus Paget lenkt. Denn
wenn man an die Erkrankung denkt, dann
kann auch in den allermeisten Fällen die
Diagnose eindeutig gestellt werden. Für die
Diagnosestellung sind neben Anamnese/
Untersuchung insbesondere Bildgebung
als auch Labordiagnostik (alkalische Phosphatase als „Markerenzym“) von großer
Bedeutung.
Dabei ist der Morbus Paget medizinisch
gesehen in mehrfacher Hinsicht interessant. Zum einen ist bemerkenswert, dass
die Ätiologie der Erkrankung immer noch
nicht geklärt ist. Sowohl genetische Prädisposition als auch Umweltfaktoren spielen
eine Rolle. Anhand der Veränderung des
Knochenstoffwechsels bei Morbus Paget
können neue Erkenntnisse zur Regulation
der Knochenzellaktivität gewonnen werden.
Medizinhistorisch ist interessant, dass
der Morbus Paget wahrscheinlich erstmals
im Mittelalter auf den britischen Inseln
aufgetreten ist und sich von dort aus verbreitet hat. Manches ist dabei immer noch
rätselhaft, so zum Beispiel der Rückgang
der Inzidenz und Prävalenz des Morbus Paget in den vergangenen Jahrzehnten.
Bei der Therapie des Morbus Paget sind
wir in der glücklichen Lage, dass wir heute
mit den Bisphosphonaten eine effektive
medikamentöse Therapie zur Verfügung
haben. Auch wenn kontrollierte Langzeitstudien zu harten Endpunkten wie z. B. Sekundärarthrose, nicht vorhanden sind, so
spricht doch eine ausreichende Evidenz dafür, dass wir den Morbus Paget bei klinischen Symptomen oder bei drohenden
Sekundärkomplikationen medikamentös
behandeln sollen.
Trotz der medikamentösen Therapiemöglichkeiten benötigt dennoch ein Teil
der Patienten orthopädische und chirurgische Therapie, bei der die Besonderheiten
der Erkrankung berücksichtigt werden
müssen.
Alle diese Aspekte des Morbus Paget
werden im vorliegenden Heft behandelt –
dafür sei allen beteiligten Autoren herzlich
gedankt.
Priv.-Doz. Dr. Stephan Scharla
Priv.-Doz. Dr. Stephan Scharla
Gastherausgeber
Bad Reichenhall im Mai 2011
Osteologie 2/2011
Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242
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