Psychopathologie Prüfungsfragen - Figure B

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Prüfungsfragen für Psychopathologie
Weder die Autoren/innen, noch die Fachschaft Psychologie übernimmt
Verantwortung für dieses Skript.
Das Skript soll nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur ersetzen.
Verbesserungen und Korrekturen bitte an [email protected] mailen.
irgendwelche
Die Fachschaft dankt den AutorInnen im Namen aller Studierenden!
Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)
Fragenkatalog von C. Koenen überarbeitet von Kristina Siever
Notwendige Literatur nach Prof. Lehmkuhl (Sprechstunde Juli 2002):
1. Möller, H.-J. (1992). Psychiatrie. Ein Leitfaden für Klinik und Praxis. Manual 13. Kohlhammer Verlag.
 Haupt-Prüfungsliteratur!
2. Schmidt, M.H. (19992). Kinder- und Jugendpsychiatrie. Kompendium für Ärzte, Psychologen, Sozial- und
Sonderpädagogen. Deutscher Ärzte Verlag.
(3. ICD-10, Kap. V /F Forschungskriterien ( nur die Prinzipien, nach denen diagnostiziert wird, lernen;
prüfungsrelevante Kategorien: Erwachsene: F2-F6, in F5 vor allem/nur Eßstörungen; Kinder/Jugendliche:
F8 und F9)
Prüfungsmodalitäten nach Prof. Lehmkuhl:
Fragen (Hauptfragen) vor allem zu Erwachsenenpsychiatrie (wichtig Schizophrenie, Depression) und einige
Zusatzfragen (Kürfragen) zur Kinder- und Jugendpsychiatrie (vor allem Hyperaktivität, Autismus!).
Fragenbereiche:
- Allgemeine Aspekte der psychiatrischen Untersuchung (vgl. Möller, Teil I, Kap. 1-3; Kinder/Jugendliche:
Schmidt, Kap. 2)
- Allgemeine Psychopathologie und Krankheitslehre (vgl. Möller, Teil II, Kap. 4-6; ICD-10; Pathogenese bei
Kindern/Jugendlichen: Schmidt, Kap. 1 und alle grau unterlegten Beschreibungen von Störungsbildern)
- Spezielle Krankheitslehre (vor allem Psychosen, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen) (vgl. Möller, Teil III,
Kap. 7-25, vor allem Kap. 9 -16 und 23 (Kinder u. Jugendliche); Ki/Ju: Schmidt, Kap. 6-16, vor allem Kap.
6,7,9,10,14 und 15)
- Aspekte der psychiatrischen Therapie (Psychotherapieverfahren einschließlich Theorien zur Pathogenese,
Soziotherapie, Psychopharmakotherapie) (vgl. Möller, Teil IV, Kap. 26-30; Ki/Ju: Schmidt, alle grau unterleg
ten Beschreibungen von Störungsbildern)
 In der Prüfung kommen nie Fragen zu Alters-Diagnosen (F0) oder Suchtkrankheiten (F1)!
Persönlichkeitsstörungen (F6) kommen am Rand vor.
Kategorien des ICD-10
(alphanumerische Verschlüsselung: die Codierungen setzen sich aus einem Buchstaben und dahinter Zahlen
zusammen  Vergrößerung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Kategorien und damit leichtere
Änderbarkeit der Klassifikation; im ICD-9 nur numerische Verschlüsselung. Klassifikationsprinzip: die
Störungen werden entsprechend einer gemeinsamen Grund-/Hauptthematik bzw. ihrer deskriptiven
Ähnlichkeit in Gruppen/Klassen/Kategorien zusammengefaßt; Kategorien schließen sich gegenseitig aus 
Differentialdignose; Basis sind Fakten (empirische Phänomene), nicht theoretische Konzepte 
operationale u. deskriptive Diagnostik von psychischen Störungen (u. nicht mehr ätiologische u.
nosologische Diagnostik von psychischen Krankheiten (Krankheitsbegriff!) wie noch in ICD-9  höhere
Reliabilität (Zuverlässigkeit) u. Validität (Gültigkeit) der Diagnosen. Störung: ein klinisch erkennbarer
Komplex von Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten, die immer auf der individuellen u. oft auch auf der
Gruppen- oder sozialen Ebene mit Belastung u. mit Beeinträchtigung von Funktionen verbunden sind):
(F0
(F1
organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen)
psychische u. Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen)
F2
Schizophrenie, schizotype u. wahnhafte Störungen
F20
F21
F22
Schizophrenie (paranoide, hebephrene, katatone etc.)
schizotype Störung
anhaltende wahnhafte Störung
Prüfungsfragen für Psychopathologie
F23
F24
F25
F28
F29
akute vorübergehende psychotische Störung
induzierte wahnhafte Störung
schizoaffektive Störungen
sonstige nichtorganische psychotische Störungen
nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose
F3
Affektive Störungen
F30
F31
f32
F33
F34
F38
F39
manische Episode
bipolare affektive Störung
depressive Episode
rezidivierende depressive Störung
anhaltende affektive Störungen (Zyklothymia, Dysthymia etc.)
sonstige affektive Störungen
nicht näher bezeichnete affektive Störungen
2
F4
Neurotische, Belastungs- u. somatoforme Störungen
F40
phobische Störungen (Agoraphobie ohne/mit Panikstörung, soziale Phobien, spezifische /
isolierte Phobien etc.)
sonstige Angsstörungen (Panikstörung, generalisierte Angsstörung, Angst u. depressive
Störung etc.)
Zwangsstörung (Zwangsgedanken, Zwangshandlungen)
Reaktionen auf schwere Belastungen u. Anpassungsstörungen (akute Belastungsreaktion,
posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörungen etc.)
dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) (Amnesie, Fugue, Stupor, Trance, sonstige
dissoziative
Störungen
=
Konversionsstörungen:
Multiple
Persönlichkeitsstörung,
vorübergehende diss. St. des Kindes- u. Jugendalters)
somatoforme Störungen (Somatisierungsstörung, hypochondrisch, somatoforme autonome
Funktionsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung etc.)
sonstige neurotische Störungen (Neurasthenie, Depersonalisations-/Derealisationssyndrom)
F41
F42
F43
F44
F45
F48
F5
Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störungen u. Faktoren
F50
Eßstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Eßattacken bei sonstigen psych. Störungen,
Erbrechen bei sonstigen psych. Störungen etc.)
nichtorganische Schlafstörungen (Insomnie, Hypersomnie, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus’,
Somnambulismus, Pavor nocturnus, Alpträume)
nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen
psychische u. Verhaltensstörungen im Wochenbett, nicht andernorts klassifizierbar
psychische Faktoren u. Verhaltenseinflüsse bei andernorts klassifizierten Krankheiten
Mißbrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen (Antidepressiva, Laxantien, Diuretika,
Analgetika, Antazida, Vitamine, Steroide oder Hormone, bestimmte Naturheilmittel)
nicht näher bezeichnete Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen u. Faktoren
F51
F52
F53
F54
F55
F59
F6
Persönlichkeits- u. Verhaltensstörungen
F60
F66
F68
F69
Persönlichkeitsstörungen (paranoid, schizoid, dissozial, emotional instabil, impulsiv,
Borderline, histrionisch, anankastisch, ängstlich (vermeidend), abhängig etc.)
kombinierte u. sonstige Persönlichkeitsstörungen
andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns
(nach Extrembelastung, nach psych. Krankheit etc.)
abnorme Gewohnheiten u. Störungen der Impulskontrolle (pathol. Glücksspiel, pathol. Brandstiftung
(Pyromanie), pathol. Stehlen (Kleptomanie)
Störungen der Geschlechtsidentität (Transsexualismus, Transvestvismus etc.)
Störungen der Sexualpräferenz (Fetischismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Pädophilie,
Sadomasochismus etc.)
psychische u. Verhaltensprobleme in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung u. Orientierung
sonstige Persönlichkeits- u. Verhaltensstörungen
nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung
(F7
Intelligenzminderung)
F61
F62
F63
F64
F65
Kinder- und Jugendpsychiatrie:
F8
Entwicklungsstörungen
2
Prüfungsfragen für Psychopathologie
F80
F81
F82
F83
F84
F88
F89
3
umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens u. der Sprache
umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten
umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen
kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen
tiefgreifende Entwicklungsstörungen (frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus, RettSyndrom, Asperger-Syndrom etc.)
sonstige Entwicklungsstörungen
nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörungen
 Entwicklungsstörungen = Störungen, die entstehen, wenn die entsprechenden Funktionen sich entwickeln,
können bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben
F9
Verhaltens- u. emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit u. Jugend
F90
hyperkinetische Störungen (einfache Aktivitäts- u. Aufmerksamkeitsstörung, hyperkinetische
Störung des Sozialverhaltens etc.)
Störung des Sozialverhaltens
kombinierte Störung des Sozialverhaltens u. der Emotionen
emotionale Störungen des Kindesalters (mit Trennungsangst, phobische Störung*, mit sozialer
Ängstlichkeit, mit Geschwisterrivalität, generalisierte Angsstörung etc.)
Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit u. Jugend (elektiver Mutismus, reaktive
Bindungsstörung etc.)
Ticstörungen (vorübergehend, chronische motorische oder vokale, Tourette-Syndrom etc.)
sonstige Verhaltens- u. emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit u. Jugend (Enuresis,
Enkopresis, Fütterstörung, Pica, Stottern etc.)
nicht näher bezeichnete psychische Störung
F91
F92
F93
F94
F95
F98
F99
* Einige phobische Störungen im Kindesalter werfen spezielle klassifikatorische Probleme auf, wie unter
F93.1 alterstypische phobische Störungen des Kindesalters beschrieben: Beginn einer Phobie in der Kindheit
als einer entwicklungsunangemessenen Altersstufe, z.B. Agoraphobie  dann unter F4 codieren.
Außerdem können viele Störungen aus den vorangehenden Kategorien bei Personen jeden Alters auftreten
und sind auch für Kinder und Jugendliche zu diagnostizieren (z.B. F50 Eßstörungen, F51 Schlafstörungen,
F64 Geschlechtsidentitätsstörungen).
Rezidiv: Rückfall; Residuum: Rest einer Störung; pathognomonisch: für ein Störungsbild kennzeichnend
Inhaltsverzeichnis
1Allgemeines....................................................................................................................................4
2Symptome und Syndrome.............................................................................................................7
3Exogene seelische Störungen....................................................................................................19
4Schizophrenie...............................................................................................................................23
5Affektive Störungen.....................................................................................................................35
6Neurotische, somatoforme und Belastungsstörungen............................................................50
7Persönlichkeitsstörungen...........................................................................................................67
8Diverse Störungen: Eßstörungen, Autismus, Ticstörungen, HKS..........................................68
9Therapie .......................................................................................................................................82
10Prognosen...................................................................................................................................86
11Welche Störungen sind häufig/am häufigsten vertreten bei ................................................87
12Diverses .....................................................................................................................................88
3
4
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1Allgemeines
1. Was ist
Psychopathologie?
2. Wie ist die Einteilung der
 Teilgebiet der Psychiatrie: Lehre von den abnormen seelischen
Erscheinungen, hat die Psychologie ( = Lehre von gesunden seelischen
Erscheinungen) als Grundlage. Gegenstandsbereich: Deskription,
Verlauf, Prognose, Behandlungsindikation, Ätiologie; in erster Linie
Phänomenologie/Deskription, ätiologische Aspekte werden nur vorsichtig
einbezogen
 Beschreibung abnormen Erlebens u. Verhaltens in seinen
seelischen, sozialen u. biologischen Bezügen (Beschreibung/Benennung, Klassifikation der psychischen Störungen)
 interdisziplinäre Erforschung psychischer Störungen  psychologische u.
biologische Vorgehensweise, da psychische, soziale u. somatische
Entstehungsbedingungen beteiligt sind
allgemeine Psychopathologie u. spezielle Psychopathologie
Psychopathologie?
3. Was ist der Unterschied
zwischen allgemeiner u.
spezieller
Psychopathologie?
allgemeine Psychopathologie (allgemeine Krankheitslehre):
beschreibt einzelne psychopathologische Phänomene/Symptome in
verschiedenen Funktionsbereichen z.B. Sprache, Denken, Affekt, Antrieb; in
erster Linie Beschreibung von psychischen Phänomenen unabhängig
von der diagnostischen Einteilung, weitgehend theorieunabhängig.
Beschreibung von Symptomen nach der in der allg. Psychopathologie tradierten Aufteilung der Bereiche seelischen Erlebens u. Verhaltens (√ Jaspers):
 Bewußtseinsstörungen
 Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- u. Auffassungsstörungen
 Gedächtnisstörungen
 Formale Denkstörungen (Ich-Leistungen)
 Inhaltliche Denlstörungen
 Ich-Störungen
 Störungen der Affektivität
 Störungen des Antriebs u. der Psychomotorik
spezielle Psychopathologie (spezielle Krankheitslehre):
beschreibt, welche speziellen psychopathologischen Symptome kovariieren
u. Syndrome bilden (Übergang zw. allgemeiner u. spezieller
Psychopathologie);
Nosologie;
spezielle
diagnostische
Einheiten
(Diagnosessysteme  ICD-10), Beschreibung von psychischen
Phänomenen im Kontext von spezifischen Diagnosen
Psychiatrische Klassifikation von Störungen innerhalb der speziellen
Psychopathologie:

diskrete (klar von einander u. von der Norm abgrenzbare)
Störungsbilder  künstliche Setzung von Krankheitsinheiten (Bsp.
geistige Behinderung vs. Schwachsinn vs. ...)! Es handelt sich aber um
kontinuierliche Störungsbilder/psych. Merkmale (Bsp.: Intelligenz,
Depressivität)

disjunkte (sich gegenseitig ausschließende) Diagnosekategorien
normal
pathologisch
-------------------------------------------------------------I---I----------------------------
kontinuierliche Kategorie
kategorialer Sprung
4
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Wie erhebt man einen
klinischen/psychiatrischen Befund?
5
vgl. Möller, Kap. 1 (S. 16-34)
Ablauf:
1. Klinische Untersuchung: psychopathologischer Status ( Befund) u.
somatischer (Somato-) Status
2. Anamnestische Untersuchung
3. differentialdiagnostischer Prozeß
4. Diagnose
 Erstgespräch erstreckt sich auf Symptomatik, Biographie u. pathogene
Faktoren;
zugleich
diagnostische
Klärung
u.
therapeutische
Kontaktaufnahme
 am Ende der Exploration wird die Symptomatik in einem
psychopathologischen Befund zusammengefaßt: nicht nur Defizite,
sondern auch erhaltene Fähigkeiten
 Berücksichtigung
von
Simulations-/Dissimulationstendenzen,
Krankheitseinsicht, Krankheitsgefühl, Behandlungsmotivation, besondere
Gefährdung
 Befund ist ein Querschnittsbild zur Zeit der Untersuchung
 inhaltlich zu beachten: äußeres Erscheinungsbild, Psychomotorik,
zwischenmenschliches Verhalten, Aufmerksamkeit u. Wahrnehmung,
Bewußtsein u. Orientierung, Gedächtnis u. Merkfähigkeit, Antrieb,
Stimmung u. Affektivität, Denken, Ich-Erleben
 Selbst- u. Fremdbeschreibung ( Gespräch mit den Angehörigen)
 Hauptpunkte der Symptomexploration (vgl. Möller, S. 20-33):














Bewußtseinsstörungen
Orientierungsstörungen
Störungen der Aufmerksamkeit u. Konzentration
Auffassungsstörungen
Störungen von Merkfähigkeit u. Altgedächtnis
Störungen der Intelligenzleistung
Formale Denkstörungen
Wahn/Halluzination
Zwänge, Phobien, Ängste
Ich-Störungen
Störungen der Grundstimmung u. affektiven Ansprechbarkeit
Störungen des Antriebs u. der Psychomotorik
Vegetative Störungen
Suizidalität
 standardisierte
Beurteilungsverfahren
(mit
FremdSelbsteinschätzung):
AMDP-System
Psychopathologischer Befundbogen bei Kindern u. Jugendlichen
u.
 neben der Erfassung der Symptomatik auch zeitliche Entwicklung u.
Verlauf, akut oder schleichend, kurz oder lang, bereits früher aufgetreten?
 Krankheitsanamnese: körperlich u. psychisch
 Biographische Anamnese: Familienanamnese u. Biographie des
Patienten
 Phasen:
1. Prämorbide Entwicklung
2. auslösende Faktoren
3. Verlauf der Symptomatik
 Selbstbeurteilungsverfahren:
Beschwerdeliste (v. Zerssen)
Befindlichkeitsskala (v. Zerssen)
 testpsychologische Untersuchung
 körperliche Untersuchung mit Fokussierung auf neurologische u.
5
Prüfungsfragen für Psychopathologie
5. Was bedeutet exogen,
endogen u.
psychogen?
6. Was ist der Unterschied
von Minus-Symptomatik
u. produktiver Symptomatik?
6

exogen ( = von außen entstanden, dem Körper aufgeprägt): äußere
Krankheitsursachen überwiegen  körperlich begründet (Unfall, Tumor,
Abbauprozesse des Gehirns; (akut/reversibel, chronisch/irreversibel)
 körperlich begründbare/organische Psychosen
- akute Syndrome = Reaktion auf akute Störungen der Hirnfunktion im
Rahmen von Hirn- od. Allgemeinerkrankungen (Bewußtseinsminderung,
Verwirrtheitszustand, Delir, Dämmerzustand)
- chronische Syndrome = Beeinträchtigung höherer kortikaler Funktionen
aufgrund von längerdauernder od. chronischer diffuser Hirnschädigun
gen (Demenz (hirnorganisches Psychosyndrom), Demenz-Sonderform:
Korsakow-Syndrom (organisch-amnestisches Syndrom), MCD
(Minimale Cerebrale Dysfunktion/frühkindlich exogenes Psychosyndrom))
 endogen ( = von innen heraus entstanden, aus dem Körper selbst,
seinem So-Sein entstanden): Krankheit ist wesentlich durch individuelle
Disposition u. genetische Faktoren bedingt
 ‚endogene’ Psychosen
- schizophrene Psychosen (paranoid, hebephren, kataton, Schizophrenia
simplex)
- affektive Psychosen (monopolar: Depression, Manie; bipolar: manischdepressiv)
 psychogen ( = aus psychischen Vorgängen entstanden):
(überwiegend) psychische Ursache
neurotische, Belastungs- u. somatoforme Störungen (ICD-10, S. 155)
psychogene/reaktive Psychosen (paranoid od. depressiv) (Möller, S.
237 f; ICD-10, S. 121 u. 143 f)
I produktive/Positivsymptomatik: prognostisch günstig:
- Wahn u. Halluzination
- positive formale Denkstörungen
- bizarres u. desorganisiertes Verhalten
 spricht auf klassische Neuroleptika an
 Wahn ist positiv, da als produktive u. kreative Bewältigungsstrategie zu
sehen
II Minus-/Negativsymptomatik: Einschränkungen u. Defizite 
prognostisch ungünstig:
- Sprachverarmung (Alogie)
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Affektverflachung
- Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität
- Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in
Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit
äußert)
 spricht auf atypische Neuroleptika an
Einteilung nach Nancy Andreasen (1982)  Wiederkehr des SymptomDualismus’ von Bleuler (u. Kraepelin) nach Störungsverlauf von
Schizophrenien
6
Prüfungsfragen für Psychopathologie
7
2Symptome und Syndrome
Symptom = Zeichen, Anzeichen, Kennzeichen, aus dem auf etwas anderes geschlossen werden kann; z.B.
weisen Verhaltensweisen/Leistungen auf bestimmte psych. Vorgänge oder Eigenschaften hin.
Syndrom = Zeichengruppe, Gruppe/Kombination von Symptomen  Ebene der Psychiatrie: Diagnosen
werden meistens auf der Ebene der Syndrome gestellt.
Nosologische Einheit = regelhafte Kombination von Symptomen, deren Ursache bekannt ist  in der
Psychiatrie sehr selten Diagnosen auf dieser Ebene (Bsp: Korsakow-Syndrom = alkoholinduzierte Psychose);
vor allem Ebene der Medizin.
Psychiatrische Diagnosen:
Symptome
Syndrome

Diagnose
Nosologische Einheit
Bewußtseinsstörungen
7
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1. Welche Bewußtseinsstörungen
unterscheidet man?
2. Was ist der Unterschied
zwischen
Bewußtseinsstörung u.
Halluzination?
8
Bewußtsein = die Fähigkeit, wach u. klar denken, fühlen u. handeln zu
können (Möller, S. 69); unter Erlebnisperspektive = die Gesamtheit der
Erlebnisse, d.h. der erlebten (= bewußten) psychischen Zustände u.
Aktivitäten sowie zusätzlich die Tatsache ihres Bewußt-Seins, die
besondere Art des unmittelbaren Gewahrseins dieser Erlebnisse, die
innere Erfahrung; (zweite Perspektive: kognitive Psychologie) (Dorsch)
Bewußtseinsstörungen = Sammelbegriff für
 quantitative Störungen durch Einschränkung der Wachheit des
Bewußtseins  Bewußtseinsverminderung: Herabsetzung der
Wachheit (Vigilanz) verschiedenen Grades
1. Benommenheit (leichteste Bewußtseinseinschränkung, Pat. ist
schwer besinnlich, verlangsamt, in der Informationsaufnahme u.
–verarbeitung eingeschränkt)
2. Somnolenz (leichte Bewußtlosigkeit, Pat. ist schläfrig, aber leicht
weckbar)
3. Sopor (mittlere Bewußtlosigkeit, Pat. schläft, nur starke Reize können ihn wecken)
4. Präkoma (tiefe Bewußtlosigkeit, Pat. ist bewußtlos u. nicht weckbar)
5. Koma (tiefste Bewußtlosigkeit, Pat. hat keine Pupillen- u. Muskeleigenreflexe)
 qualitative Störungen durch Veränderungen in den Bewußtseinsinhalten:
1. Bewußtseinseinengung: Einengung des Umfangs der Bewußtseinsinhalte (z.B. durch Focussierung auf ein bestimmtes Erleben)
2. Bewußtseinsverschiebung: Verschiebung in den Bewußtseinsinhalten in Form von Bewußtseinssteigerung (Steigerung von Intensität u. Helligkeit der Erlebnisse/Inhalte) u./od. Bewußtseinserweiterung (Vergrößerung des dem Bewußtsein erfahrbaren
Raums bzw. der Tiefe)
3. Bewußtseinstrübung: mangelnde Klarheit der Vergegenwärtigung
der Bewußtseinsinhalte/des Erlebens, Verlust des Zusammenhangs
des Erlebens, Zerstückelung des Bewußtseins
Bewußtseinsstörungen gehen mit einer Veränderung sämtlicher
psychischer Vorgänge einher, insbesondere mit Störungen der
Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Orientierung u. des Denkens (Möller, S.
69)  basale, breite Störung
Bewußtseinsstörungen sind das diagnostische Leitsymptom von
organischen/exogenen Psychosen! Bewußtseinstrübung  Delir,
Verwirrtheitszustand (amentielles Syndrom  ohne Wahn u.
Halluzinationen)
 Halluzination = Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechenden
Außenreiz, die für wirkliche Sinneseindrücke gehalten werden; eine Art
der Sinnestäuschungen/ Trugwahrnehmungen (Möller, S. 76); 
begrenzte Störung, inhaltliche Denkstörung;
Halluzinationen sind produktiver, denn neue, nicht existente Objekte
werden halluziniert/hervorgebracht/’vorgestellt’/’gedacht’
 Bewußtseinsstörung:  basale, breite Störung, die einhergeht mit
Orientierungsstörungen
Störungen der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Orientierung u. des
Denkens
bei Bewußtseinsverschiebung im Sinn einer Bewußtseinssteigerung
sind die Inhalte nicht neu, sondern werden nur intensiver, heller, farbiger etc. erlebt
8
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1. Welche Arten von
Orientierungsstörungen
gibt es?
2. Wie sind
Orientierungsstörungen zu
überprüfen?
3. Bei welchen
Störungsbildern findet
man welche
Orientierungsstörung?
9
Orientierungsstörungen = mangelndes Bescheidwissen u. Sich-zurechtFinden in Situationen u. Gegebenheiten; graduelle Abstufungen in
eingeschränkte Orientiertheit u. aufgehobene Orientiertheit =
Desorientiertheit); 4 Arten von Desorientiertheit:
1. zeitliche: Pat. weiß das Datum, den Wochentag, den Monat, das Jahr,
die Jahreszeit nicht
2. räumliche/örtliche: Pat. weiß nicht, wo er ist
3. situative: Pat. erfaßt die Situation nicht, in der er s. gerade befindet
4. zur eigenen Person: Pat. weiß seinen Namen, sein Geburtsdatum,
wichtige persönliche lebensgeschichtliche Gegebenheiten nicht
(Möller, S. 70 f)
Fragen zur Diagnosestellung:
 Was für ein Tag ist heute?
 Wann sind Sie in die Klinik gekommen?
 In welcher Stadt sind wir?
 In was für einer Einrichtung sind wir?
 Wie alt sind Sie?
 Wann wurden Sie geboren?
 Sind Sie verheiratet?
 zeitliche: Korsakow, Demenz, Delir
 räumliche/örtliche: Demenz, in schweren Fällen des Delirs
 situative: in fortgeschrittenen Stadien der Demenz u. in schweren
Fällen des Delirs
 zur eigenen Person: in fortgeschrittenen Stadien der Demenz u. in
schweren Fällen des Delirs
Denkstörungen
1. Welche Arten von
Denkstörungen gibt es?

formale = Spaltung des gedanklichen Zusammenhangs, Störungen
des Denkablaufs; werden vom Patienten subjektiv empfunden u.
äußern sich im sprachlichen Duktus:
Denkverlangsamung, umständliches Denken, eingeengtes Denken,
Perseveration (Wiederholung gleicher Denkinhalte), Grübeln
(unablässige Beschäftigung mit unangenehmen Gedankengängen),
Gedankendrängen, Ideenflucht (übermäßig einfallsreiche
Gedankengänge mit Verlust des roten Fadens), Vorbeireden,
Denksperrung/Gedankenabreißen, Inkohärentes
Denken/Denkzerfahrenheit (sprunghafter, dissoziierter Gedankengang
bis hin zum Wortsalat), Neologismus, Begriffszerfall, Kontamination
(Verquickung unterschiedlicher, zum Teil logisch unvereinbarer
Bedeutungen), Begriffsverschiebung (Konkretismus – Symbolismus),
Paralogik (unlogische Argumentationskette)
 inhaltliche:
2. a) Wie könnte man
formale Denkstörungen
ordnen?
b) Wie kann man formale
Denkstörungen überprüfen?
Zwangsideen (nicht unterdrückbare Denkinhalte), hypochondrische Gedanken, überwertige Ideen (stark affektiv besetzt), Wahnideen (Wahneinfall, Wahnwahrnehmung, Wahnsystem, Erklärungswahn), Halluzinationen ( Halluzinationen bei Lehmkuhl auch: Sinnestäuschungen)
(akustisch, optisch, olfaktorisch, gustatorisch, haptisch/taktil, Körper-,
Coenästhesien), Pseudo-Halluzinationen, hypnagoge Halluzinationen (im
Halbschlaf)), eidetische Bilder (subjektive optische
Anschauungserlebnisse, die auch nach längerer Zeit mit großer
sinnlicher Anschaulichkeit reproduziert werden, vor allem bei Kindern u.
Jugendlichen)
(Möller, S. 73 ff u. 188 ff; Tölle, S. 199 ff)
a) graduelle Anordnung von Sperrung/verlangsamt vs. Ideenflucht/beschleunigt
b) durch Aufgabe,
- Begriffe zu definieren (Begriffszerfall, -verschiebung, Kontamination)
- bekannte Sprichwörter zu erklären (Konkretismus = Störungen der Wortübertragung, der Überstiegsfähigkeit)
- den Sinngehalt einer Fabel (Tiergeschichte) zu deuten (Sinnerfassung)
9
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. a) Was sind Perserverationen?
b) Bei welchen Störungen treten sie auf?
4. Was sind
Sinnestäuschungen?
5. Definition von
Halluzination?
6. Von welchen anderen
Wahrnehmungsstörungen
sind Halluzinationen
abzugrenzen?
7. Was versteht man unter
einer Illusion?
Wahn
1. Was ist Wahn?
10
a) = Wiederholung gleicher Denkinhalte u. Haftenbleiben an vorherigen
Worten od. Angaben, die jetzt nicht mehr sinnvoll sind (formale
Denkstörung) (Möller, S. 74); Wiederholung bzw. Haftenbleiben an
Bewegungen, Wörtern, Vorstellungen (Schmidt, S. 278)
b) - Schizophrenie, Demenz
- Autismus, Epilepsie (als Folgeerscheinung nach häufigen Anfällen:
dementielle Entwicklung mit chronisch-diffuser Hirnschädigung)
= Verkennung der objektiven Gegebenheiten durch die Sinnesorgane
einschließlich der weitergehenden Reizverarbeitung im Gehirn; 2 Arten:
1. Halluzinationen: ohne in der Außenwelt objektiv vorhandene
Gegebenheit
2. illusionäre Verkennungen: in der Außenwelt objektiv vorhandene
Gegebenheit wird subjektiv verkannt (Dorsch)  meist affektgetragen
(z.B. im Delir) (Klosterkötter)
= Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechenden Außenreiz, die für
wirkliche Sinneseindrücke gehalten werden (Möller, S. 76)
akustische, optische, haptische/taktile, olfaktorische (Geruch),
gustatorische (Geschmack), Coenästhesien/Körperhalluzinationen,
Pseudohalluzinationen (Unwirklichkeit wird erkannt), vestibuläre
Halluzinationen (Kranke meinen, der Boden würde unter ihnen
weggezogen, sie würden taumeln, schwanken u. jeden Moment hinfallen)
Pseudohalluzinationen: Trugwahrnehmungen, bei denen die
Unwirklichkeit der Trugwahrnehmung erkannt wird
eidetische Phänomene/Bilder: besondere Fähigkeit zu lebendigen, bildhaften Vorstellungen/subjektive optische Anschauungserlebnisse, die
auch nach längerer Zeit mit großer sinnlicher Anschaulichkeit reproduziert
werden, vor allem bei Kindern u. Jugendlichen)
Pareidolien: Sinnestäuschungen, bei denen in tatsächlich vorhandene
Gegenstände allerlei Nichtvorhandenes zusätzlich hineingesehen wird
illusionäre Verkennung: etwas wirklich gegenständlich Vorhandendes
wird für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist, z.B. Tapetenmuster
werden als Gesichter gesehen
= illusionäre Verkennung: etwas wirklich gegenständlich Vorhandendes
wird für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist, z.B. Tapetenmuster
werden als Gesichter gesehen
Wahn = objektiv falsche Beurteilung der Realität, die
erfahrungsunabhängig auftritt u. an der mit subjektiver Gewißheit
unkorrigierbar festgehalten wird; die Überzeugung steht im Widerspruch
zur Wirklichkeit u. zur Erfahrung u. Überzeugung der gesunden
Mitmenschen
 abzugrenzen von überwertigen Ideen, die nicht absolut unkorrigierbar
sind ( = stark affektiv besetzte Ideen, die das gesamte Denken in
unsachlicher u. einseitiger Weise beherrschen)
 Wahn ist ein Bewältigungsphänomen (Coping-Strategie), mit dem der
Pat. kreativ u. produktiv auf die veränderte Welt reagiert u. sich damit
kontrolliert  produktives Symptom, prognostisch günstig!
10
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Was ist für Wahn
charakteristisch? Was
kennzeichnet den Wahn?
11
3 wichtige Wahnkriterien:
1. subjektive Gewißheit (die Überzeugung hat hohe unerschütterliche
subjektive Evidenz)
2. Unkorrigierbarkeit (von der ich-bezogenen Überzeugung kann nicht
abgesehen werden, da die Fähigkeit zum Wechsel des Bezugssystems
fehlt (Überstiegsfähigkeit)
3. Unwiderlegbarkeit (die Überzeugung beruht gänzlich auf sich selbst
u. bedarf keines Beweises (Tölle, S. 176 f)
(bzw. Unmöglichkeit/Unverstehbarkeit des Inhalts bei Klosterkötter als
drittes u. weichstes Kriterium)
weitere Wahnkriterien (nicht obligatorisch):
4. Beziehungssetzung/Ich-Bezogenheit
5. abnormes Bedeutungsbewußtsein (Tölle, S. 174 u. 176 f)
3. Welche Arten von
Wahnerleben gibt es?
Überstiegsfähigkeit = souveräne Möglichkeit, zwischen der gemeinsame
Realität, die der einzelne mit seinen Mitmenschen teilt, und einer
individuellen Vorstellungswelt (Nebenrealität) zu wechseln
(Perspektivenwechsel, vgl. Piaget).
Erfordert die Fähigkeit zur Relativierung der eigenen Person (als Ergebnis
der entwickelten Dominanz der gemeinsamen Realität gegenüber der
Nebenrealität), die sich erst im Vorschulalter bis zur Einschulung
entwickelt. Beim Kleinkind stehen die gemeinsame Realität u. die
Nebenrealität noch gleichberechtigt nebeneinander  die ich-bezogene
Denkweise des Klein-kinds (frühkindlicher Ego-Zentrismus, vgl. Piaget)
ähnelt dem wahnhaften Denken (Tölle, S. 215 f u. 176)
Aufbau des Wahns (Phänomene):
1. Wahnstimmung (Stimmung des Unheimlichen, Vieldeutigen)
2. a) Wahnwahrnehmung (zweigliedrig): eine richtige
Sinneswahrnehmung (1. Glied) erhält eine abnorme, auf den Pat.
bezogene wahnhafte Bedeutung (2. Glied)  Wahn mit Bezugnahme auf
äußere Wahrnehmung  markantestes Wahnphänomen (Symptom 1.
Rangs nach Schneider)
( Illusionäre Verkennung (Sinnestäuschung): in der Außenwelt objektiv
vorhandene Gegebenheit wird subjektiv verkannt)
oder
2. b) Wahneinfall (eingliedrig): plötzlich aufkommende wahnhafte
Überzeugung, momentan evidente Idee  Wahn ohne Bezugnahme auf
äußere Wahrnehmung (Symptom 2. Rangs nach Schneider)
3. Wahnarbeit: Pat. ‚arbeitet’ an seinen Wahnerlebnissen  Coping
4. Wahnsystem: Wahngebäude aus untereinander verknüpften Wahnideen; Ergebnis der Wahnarbeit
(Möller, S. 75 f; Klosterkötter)
Wahndynamik: affektive Anteilnahme am Wahn, Kraft des Antriebs u.
Stärke der im Wahn wirksamen Affekte
Erklärungswahn: wahnhafte Überzeugungen zur Erklärung von
psychotischen Symptomen (z.B. Halluzinationen)
synthyme Wahnphänomene: kongruent zu Stimmung/Gefühlen 
weisen auf eine affektive Psychose (Depression, Manie) hin
parathyme Wahnphänomene: inkongruent od. neutral zu Stimmung/
Gefühlen ( weisen auf Schizophrenie od. schizo-affektive Psychose
(paranoid-depressiv od. paranoid-manisch) hin
(Klosterkötter)
Synthymie = Einheitlichkeit von Stimmungs-/Gefühlslage
Parathymie = Störung, bes. Umkehrung von Stimmungs-/Gefühlslage
(Dysthymie = länger andauernde traurige Stimmungs-/Gefühlslage)
(Katathymie = Sachverhalt, daß psychische Funktionen (Wahrnehmung,
Denken, Erinnerung etc.) durch affektive Erlebniskomplexe beeinflußt
werden; auch: plötzlicher Stimmungswechsel)
11
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Welche Wahnthemen
kennen Sie?
5. Welche Wahnthemen
treten bei
Schizophrenie,
Melancholie, Manie auf?
6. Abgrenzung von Wahn
u. Zwang?
7. Bei welcher Störung tritt
Eifersuchtswahn auf?
12
Beziehungs-, Abstammungs-, Sendungs-, sensitiver Beziehungs-,
Bedeutungs-, Beeinträchtigungs-/Vergiftungs-, Vernichtungs-,
Verfolgungs-, Eifersuchts-, Liebes-, Kontroll-, Schuld-, Versündigungs-,
Verarmungs-, Insuffizienz-, Nichtigkeits-/nihilistischer, hypochondrischer,
Größen- (Megalomanie), symbiontischer Wahn (folie à deux), wahnhafte
Personenverkennung
am häufigsten: Beziehungswahn
(Möller, S. 76; Klosterkötter)
 Schizophrenie: vielgestaltige Wahnthemen, richten sich nach
Lebensumständen: Verfolgungs-, Vergiftungs-, Eifersuchts-,
Beziehungswahn etc.  vor allem parathym!
 Manie: Größen-, Liebeswahn (synthym!; aber auch parathymer Wahn
möglich)
 Melancholie: Schuld-, Versündigungs-, Verarmungs-,
hypochondrischer W. (synthym! aber auch parathymer Wahn möglich)
 Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ich-synton und werden als real
akzeptiert  keine Krankheitseinsicht
 Zwang: Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiv
erlebt  Krankheitseinsicht (vgl. Tölle, S. 93)
= wahnhafte Überzeugung, vom Partner betrogen od. hintergangen zu werden
 paranoide Schizophrenie*
 anhaltende wahnhafte Störung/Wahnentwicklung: beim
Zusammentreffen von expansiv (kämpferischer)-paranoider
Persönlichkeitsstruktur u. kränkendem Erlebnis/Niederlage
(Schlüsselerlebnis)
 Alkoholismus: alkoholischer Eifersuchtswahn als Folge (bei einem
geringen Prozentsatz der Alkoholiker), zumeist chronisch; klingt wenn
überhaupt erst nach längerer Abstinenz ab  hirnorganisches
Paranoid
(ohne Halluzinationen! Wenn Halluzinationen  Alkoholhalluzinose (akut,
vor allem akustisch in Form von drohenden Stimmen, Angststimmung,
Verfolgungswahn zur Erklärung))
 organische wahnhafte (schizophreniforme) Störung
* paranoide Wahnvorstellungen: vor allem Verfolgungs- u. Größenwahn
(Schmidt, S. 278); außerdem häufig Beziehungs-, Abstammungs-, Eifersuchtswahn (ICD-10)
12
Prüfungsfragen für Psychopathologie
8. Können
psychodynamische
Faktoren zur
Wahnbildung beitragen?
13
Tölle: psychodynamische Erklärung der Entstehung von Wahn/
Wahnsystem vor allem bei Wahnentwicklung (anhaltende wahnhafte
Störung) u. Schizophrenie:
1) psychoreaktive Bedingungen: „’Wahneinfälle sind aus innerem
Bedürfnis heraus entstanden.’ (Bleuler). Das innere Bedürfnis ist schon
daran zu erkennen, daß s. der Wahnkranke nicht veranlaßt sieht, seine
ungewöhnlichen Vorstellungen u, Wahrnehmungen auf ihre Gültigkeit zu
überprüfen, was möglicherweise seine Annahmen gegenstandslos
machen würde. Er wehrt s. auch gegen entsprechende Versuche eines
Gesprächspartners. Wenn er s. in seinem Wahn nicht durch Erfahrung
beirren lassen ‚will’, muß der Wahn eine innere Notwendigkeit darstellen,
die er nicht aufgeben kann.“
2) psychodynamische Beziehungen: „Je mehr die Aufmerksamkeit auf
biographische Zusammenhänge, auf Konflikte im Vorfeld u. auf Konflikte
im Verlauf der Krankheit gerichtet wird, desto mehr verdichtet s. die
Erfahrung psychodynamischer Beziehungen. Die Wahnthemen u.
Wahnformen des Wahns sowie der Zeitpunkt des Auftretens
erscheinen dann nicht mehr zufällig oder ‚endogen’. (...) Allerdings ist es
bisher nicht gelungen, spezifische psychische Bedingungen für die
Wahnbildung nachzuweisen. Diese Erfahrung legt die Annahme weiterer
Entstehungsbedingungen nahe, wie Anlage (genetische, körperliche u.
insbesondere psychosoziale Entwicklungseinflüsse in den frühen
Entwicklungsphasen) od. noch unbekannte somatische Faktoren. Die
Erfahrung, daß psychodynamische Vorgänge an der Wahngenese beteiligt
sind, ist gesichert.
Psychodynamisch wird die Wahnbildung mit dem Vorgang der Projektion
im spezifischen Sinn einer radikalen Verlagerung von inkompatiblen
Erlebnisinhalten von der eigenen Person in die Außenwelt
(Externalisierung) zu erklären versucht, woraus eine
Realitätsbezugsstörung resultiert (≠ neurotische Projektion!).
Bsp.1): 1. Konflikt zwischen Triebwünschen u. Gewissen (Über-Ich)  2.
unerträgliches Schulderleben  3. Projektion der Selbstvorwürfe in
Beschimpfungen u. Drohungen der Außenwelt in Form von Stimmen im
Verfolgungswahn, um die Unerträglichkeit abzuwehren u. subjektive
Entlastung des eigenen Erlebens zu erzielen.
Bsp.2): 1. Konflikt zwischen zwischen erotischen/sexuellen Wünschen u.
dem Über-Ich  2. Schulderleben bzw. 1. Unvereinbarkeit von
erotischen/sexuellen Wünschen mit der Realität, weil sie von der sie
betreffenden Person nicht geteilt werden  2. unerträgliches
Schamerleben  3. Projektion der Wünsche auf die andere Person
(Subjekt-Objekt-Umkehr), die nun liebt u. begehrt, in Form von
Liebeswahn zur Entlastung u. unter Umständen Wunscherfüllung. (S. 179
f)
Bei schizophrenem Wahn wird besonders deutlich, wie die
Wahnthematik von der Erlebniswelt des Pat. geprägt ist. Er spricht von
Freimaurern u. Juden, Faschisten od. Kommunisten, Radargeräten u.
Strahlungen, Mikrophonen u. Fernsehkameras. Der Wahn kann als
Ergebnis der Auseinandersetzung der Person mit dem einbrechenden
schizophrenen Erleben verstanden werden. ‚Die Psychose ist ein
Kunstwerk der Verzweiflung.’ (Klaesi). (...) Defizittheorie nach Federn: 1.
Mangel an Ich-Besetzung  2. Invasion falscher Wirklichkeiten  3.
radikale Regression als Abwehrversuch dieser Invasion, aber es kommt zu
einer Niederlage des Ich. Konflikttheorie nach Winkler: 1. Konflikt  2.
unerträgliches Schulderleben  3. Abwehrmaßnahmen des Ich zur
Entlastung von den mit dem Ich unvereinbaren Schuldgefühlen: a) IchAnachorese (Rückzug des Ich von den Schuldgefühlen), b) IchMythisierung (Entrückung aus der persönlichen Existenz, zusammen mit
Wahnbildung). Nicht Belastungen an sich, sondern bestimmte Konflikte
sind also Risikofaktoren für die Schizophreniegenese, genauer gesagt: die
mißlungenen Konfliktverarbeitungen eines geschwächten Ich, unter
Einsatz anderer Abwehrmaßnahmen als bei Neurosen. (S. 194 u. 214 f).
Typischer Konflikt bei schizophrenen Pat.: Ambivalenzkonflikt in
zwischenmenschlichen Beziehungen: Angst vor der Gefahr,
Mitmenschen übermäßig nah zu kommen, bei gleichzeitig starkem
Bedürfnis nach mitmenschlicher Nähe.“ (S. 213).
13
Prüfungsfragen für Psychopathologie
9. Bei welchen Störungen
kommt Wahn vor?
10. Was versteht man unter
einer Wahnentwicklung?
11.Wie entsteht sensitiver
Beziehungswahn?
14


Schizophrenie
organische wahnhafte (schizophreniforme) Störungen (bei
Hirnschädigungen) (~organische/exogene Psychosen)
 anhaltende wahnhafte Störung (mindestens 3 Monate lang u. ohne
Halluzinationen)
 andere anhaltende wahnhafte Störungen (kürzer als 3 Monate u. in
begrenztem Ausmaß Halluzinationen)
 affektive Störungen mit psychotischen Symptomen (Manie, schwere
depressive Episode, bipolare affektive Störungen)
[~affektive/endogene Psychosen)
 chronischer Alkoholismus (akute Alkoholhalluzinose mit
Verfolgungswahn, chronischer alkoholischer Eifersuchtswahn)
= eine anhaltende/chronische wahnhafte Störung (nur Wahn, keine
Symptome der Schizophrenie od. der affektiven Psychose); chronische
wahnhafte Störungen entstehen durch das Zusammentreffen einer
besonderen Persönlichkeitsstruktur mit besonderen Erlebnissen
(Schlüsselerlebnissen); die Wurzel des Wahns ist eine überwertige Idee,
die s. kompensatorisch zum katathymen (= aus affektiven
Erlebniskomplexen entspringend) Wahn weiterentwickelt 
charakterogene Wahnentwicklung;
Arten: expansive/sthenisch-kämpferische) Persönlichkeitsstruktur 
Verfolgungs-, Größen-, Eifersuchts- od. Querulantenwahn; sensitive
(besonders kränkbare) Persönlichkeitsstruktur  sensitiver
Beziehungswahn; schwerhörige Personen  Verfolgungswahn bei
Schwerhörigen; in Lebensgemeinschaft mit einem Wahnkranken lebende
Personen  symbiontischer Wahn;
Paranoia ist als eigenständige Krankheitsform umstritten: viele Fälle sind
Grenzformen der charakterogenen Wahnentwicklung, bei anderen ist eine
Beziehung zum schizophrenen Formenkreis zu vermuten.
Wahnentwicklungen/anhaltende wahnhafte Störungen sind therapeutisch
kaum zu beeinflussen  meist ausgesprochen chronisch. Es kann
versucht werden, die Wahndynamik durch Neuroleptika zu beeinflussen,
u. mögliche pathogene Einflußfaktoren können durch Milieuwechsel u.
supportive Psychotherapie reduziert werden.
(Möller, S. 241 ff)
= eine chronische/anhaltende wahnhafte Störung  charakterogene
Wahnentwicklung; entsteht durch das Zusammentreffen einer
sensitiven (besonders kränkbaren) Persönlichkeitsstruktur mit einem
beschämenden, demütigenden, kränkenden Erlebnis
(Schlüsselerlebnis), nach dem es zur überwertigen Idee der eigenen
Minderwertigkeit kommt; diese überwertige Idee entwickelt s. weiter zum
sensitiven Beziehungswahn, in dem vermutet wird, daß alle Menschen
Anspielungen auf die erlebte Niederlage machen, um den katathymen
Wahn, der aus dem Gefühl der Kränkung entspringt, zu kompensieren.
(Möller, S. 242)
Tölle: Entwicklung aus einer Trias von sensitiver Persönlichkeitsstruktur
(retentiv = affektverhaltend), kleinstädtischem Milieu u. beschämendem
u./o. Schulderlebnis, das zum Auslöser wird. Psychodynamik: Aufgrund
der Retention bleibt das beschämende Erlebnis (Primärerlebnis) quälend
u. beherrschend im Bewußtsein. Zur Abwehr erfolgt eine Inversion
(Umschlag des Erlebens) des Primärerlebnisses in die wahnhafte
‚Beobachtung’ (anschauliches Symbol), von allen begegnenden Menschen
peinlich betrachtet u. verachtet zu werden (Sekundärerlebnis); Pat. bezieht
alles, was geschieht, wahnhaft auf sich selbst. Entwickelt s. allmählich,
meist unmerklich, da s. die Pat. nur schwer äußern können; wird oft erst
durch Suizidversuch offenkundig. (S. 182 f)
14
Prüfungsfragen für Psychopathologie
12.Wie unterscheidet sich
der sensitive
Beziehungswahn von
einer paranoiden
Schizophrenie?
13.Unter welchen
Bedingungen entsteht ein
symbiontischer Wahn?
14.Was ist ein
Querulantenwahn?
15
sensitiver Beziehungswahn: nur Wahnthema Beziehungswahn
(Menschen u. Dinge der Umwelt werden wahnhaft auf sich selbst
bezogen; der Pat. meint, das Ereignisse in der Umgebung nur
seinetwegen geschähen u. daß ihm damit etwas bedeutet werden solle
(konkret: der Pat. bezieht alle Äußerungen/vermuteten Gedanken etc. von
ihm begegnenden Menschen auf sich selbst, setzt sie zu sich in
Beziehung, indem er überall Anspielungen auf das kränkende Erlebnis
vermutet)), keine Symptome der paranoiden Schizophrenie (u. auch keine
anderen psychotischen Symptome) (Tölle, S. 182)
paranoide Schizophrenie: verschiedene Wahnthemen möglich u.
zusätzlich schizophrene Symptome (Ich- u. Denkstörungen,
Halluzinationen, verflachte o. inadäquate Affekte etc.)
= Partizipation eines nahestehenden Menschen am Wahnerleben eines
Pat. (induzierter Wahn, Folie à deux  folie communiqué); Bedingung:
Lebensgemeinschaft mit einem Wahnkranken
Entsteht durch die Übernahme der Wahnvorstellungen eines in enger
Lebensgemeinschaft wohnenden wahnhaften Pat., zu dem meist eine
enge emotionale Abhängigkeit besteht. Die Wahnvorstellungen des
primären Pat. werden kritiklos akzeptiert u. weiter ausgebaut, können aber
ggf. nach Trennung der beiden wieder aufgegeben werden. Beide Partner
stärken s. wechselseitig in ihrem Wahn. Die psychot. Erkrankung des
dominierenden primär erkrankten Pat. ist im allgemeinen schizophren. Die
Wahnphänomene sind bei beiden Pat. in der Regel chronisch u. entweder
Verfolgungs- od. Größenwahn. Fast immer leben die Partner in einer
ungewöhnlichen Beziehung zusammen u. sind durch Sprache, Kultur od.
geographische Situation von anderen Personen isoliert. (Möller, S. 242)
Tölle:
Entstehungsbedingungen: genetische Krankheitsbereitschaft beim Induzierten; Induzierter ist meist ich-schwächer als der primär Erkrankte, steht
unter dessen Einfluß (abhängig); der paranoide Umweltbezug entspricht
einem inneren Bedürfnis auch des Induzierten.
Entwicklung: Unter dem Einfluß des induzierenden Partners erlebt der
sekundär erkrankte Pat. die Welt so, wie sie sich diesem erschließt.
Infolge wachsender sozialer Isolierung u. Zunahme der gemeinsamen
Abwehr der Umwelt vertieft sich die Kommunikation zwischen beiden u.
der Wahn wird zum Kommunikationsmedium. Das durch die Erkrankung
des ersten Partners gestörte Gleichgewicht der Dyade kann durch die
Erkrankung des zweiten wiederhergestellt werden (systemischer Aspekt!).
Der Wahn wird zu einem gemeinsamen Anliegen beider Partner (wirbezogener konformer Wahn), so daß es zu gemeinsamer Wahnarbeit
kommen kann, in der jeder der Partner sowohl Induzierender als auch
Induzierter ist.
Behandlung: erfordert Trennung der beiden; nur bei frühzeitiger Trennung
gute Heilungschancen für induzierten Wahn; oft gelingt Trennung nicht,
dann chronischer Verlauf. (S. 186)
= expansive Wahnentwicklung durch das Zusammentreffen einer
expansiv-kämpferischen Persönlichkeitsstruktur u. einem
Benachteiligungs-, Unrechtserlebnis/Erlebnis des verletztes
Rechtsempfindens (Schlüsselerlebnis), nach dem es zur überwertigen
Idee der eigenen Benachteiligung kommt; diese überwertige Idee
(querulatorische Fehlhaltung) entwickelt s. weiter zum Querulantenwahn,
in dem eine systematische Benachteiligung u. Verschwörung vermutet
wird, um den katathymen Wahn, der aus dem Gefühl der Benachteiligung
entspringt, zu kompensieren. (Möller, S. 242)
Tölle:
Diese querulantische Fehlhaltung (überwertige Idee) kann ohne klare
Grenze in den Querulantenwahn übergehen, in dem der Pat. der Umwelt
verwerfliche Motive unterstellt u. unter Einsatz aller Mittel, auch strafbarer
Handlungen, um sein vermeintliches Recht kämpft; charakteristisch ist die
Ausweitung des Kampfs vom ursprünglichen Gegner auf die gesamte
Gesellschaft im Sinn einer wahnhaften Überzeugung einer systematischen
Benachteiligung u. Verschwörung, absolute Uneinsichtigkeit u. Selbstgerechtigkeit.  Geschäftsunfähigkeit! (S. 184 f)
15
Prüfungsfragen für Psychopathologie
15.Warum kann sich bei
Kleinkindern kein Wahn
entwickeln?
Zwang
16
weil der frühkindliche Egozentrismus noch nicht überwunden ist: das
Kleinkind kann sich noch nicht relativieren (Fähigkeit zur
Perspektivenübernahme, vgl. Piaget), weil der bisher aufgebaute
Realitätsbezug noch keine Dominanz der gemeinsamen Realität
gegenüber der Nebenrealität des Kindes beinhaltet; es hat noch
Schwierigkeiten, zwischen Nebenrealität u. gemeinsamer Realität zu
unterscheiden  begrenzte Überstiegsfähigkeit (Fähigkeit, das
Bezugssystem zu wechseln). Die Fähigkeit zur Relativierung der eigenen
Person (als Ergebnis der entwickelten Dominanz der gemeinsamen
Realität gegenüber der Nebenrealität) entwickelt sich erst im
Vorschulalter bis zur Einschulung. Beim Kleinkind stehen die
gemeinsame Realität u. die Nebenrealität noch gleichberechtigt
nebeneinander  die ich-bezogene Denkweise des Kleinkinds im Sinn
des frühkindlichen Egozentrismus’ ähnelt dem wahnhaften Denken
(Tölle, S. 215 f u. 176)
 Wahnsymptome also erst ab ~ Einschulung (6 Jahre) als solche diagnostizierbar!
 man muß Störungen entwicklungsbezogen betrachten!
Möller: schizophrene Psychosen ab Schulalter (6 Jahre) möglich, aber
sehr selten; endogene Psychosen ab Vorpubertät (ca. 9 Jahre (Mädchen)
bzw. 11 Jahre (Jungen)) möglich, aber sehr selten (S. 373)
16
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1. Welche
Zwangssymptome gibt
es?
17
 Zwangsgedanken/-ideen: aufgedrängte, nicht unterdrückbare
Denkinhalte, die entweder selbst als sinnlos od. in ihrer Persistenz u.
Penetranz als unsinnig u. meist als quälend empfunden werden Es
handelt s. oft um aggressive, sexuelle od. obszöne Gedanken, die
Schuldgefühle wecken. Nicht selten muß gleich das Gegenteil gedacht
werden. Häufig muß der Pat. Geschehenes immer wieder gedanklich
rekapitulieren, um s. zu vergewissern, daß er es richtig gemacht hat
(Möller, S. 75 u. 260).
 Zwangsbefürchtungen: eine besondere Art von Zwangsgedanken,
zumeist mit aggressiv schädigendem, obszönen od. anderen Inhalt.
(Möller, S. 260) Sie werden von der Angst bestimmt, es könne
jemandem etwas zustoßen/zugestoßen sein, er könne abstürzen,
überfahren werden etc.. Es geht dabei vor allem um andere Menschen
(z.B. Angehörige), denen etwas passieren könne od. passiert sei u. der
Pat. sei schuld an dem Unglück (pathologische Schuldgefühle) –
weniger um die eigene Person (wie bei den Phobien). (Tölle, S. 89)
 Zwangsimpulse: Regungen von bevorzugt aggressiver Art, die sich
sehr penetrant einstellen; sie beinhalten insbesondere aggessive
Regungen, die sich auf andere Menschen beziehen, die man
schädigen werde (weniger sich selbst); z.B. Impulse, sich aus dem
Fenster zu stürzen u. dabei dem eigenen Kind etwas antun; mit einem
Messer jemanden verletzen od. gar töten, sobald man es in die Hand
nehme; Obszönes aussprechen etc., also Impulse, Verbotenes zu
wollen, denken od. tun. Der Pat. gibt diesen Impulsen nicht nach, aber
er erlebt s. als unfrei u. bekommt bei seinem meist stark ausgeprägten
ethischen Empfinden zusätzliche Schuldgefühle u. Ängste
(Gewissensangst). (Tölle, S. 89 f). Diese aggressiven Tendenzen
werden vom Pat. häufig durch ausgedehnte abwehrende
Verhaltensweisen verhindert. (Möller, S. 260)
 Zwangshandlungen/-verhalten: in ihrer Art od. Intensität als sinnlos
erkannte u. meist als quälend empfundene, nicht unterdrückbare
Handlungen, meist aufgrund von Zwangsimpulsen od.
Zwangsbefürchtungen. Zwangshandlungen werden durch Kombination
mehrerer Zwänge auch manchmal zu Zwangsritualen ausgebaut, bei
denen die Zwänge in bestimmter Reihenfolge ausgeführt werden
müssen. Viele Zwangshandlungen u. –rituale haben etwas Magisches:
wie mit einem Zauberritus soll etwas Schlimmes ferngehalten werden.
(Möller, S. 81 u. 260) z.B. Zählen, Ordnung-Machen, Sich-Waschen,
Kontrollieren. Der Pat. wehrt s. erfolglos gegen diese unsinnigen
Zwangshandlungen, denn wenn er sie unterläßt, entsteht Angst (etwas
werde verlorengehen, er werde jem. mit Bakterien infizieren, es werde
durch sein Verschulden ein Unglück eintreten). Diese Angst kann nur
durch erneute Angsthandlungen behoben werden, wenigstens
vorübergehend. (Tölle, S. 90)
2. Beschreiben Sie Zwang
 Zwangssymptome haben die Tendenz, s. auszubreiten!
 komplementäres Verhältnis von Zwang u. Angst: Zwar werden
Angst/Phobie u. Zwang unterschieden: der Gegenstand einer Phobie
kann vermieden werden, während s. Zwang ständig aufdrängt. Aber klinisch hängt Zwang mit der auf bestimmte Objekte od. Situationen fixierten Angst zusammen: Zwang dient der Angstabwehr, zielt auf Absicherung. (Tölle, S. 90)
 enge Verbindung von Zwangssysmptomen, vor allem Zwangsgedanken, u. Depression: Pat. mit einer Zwangsstörung haben oft depressive
Symptome, u. Pat. mit einer rezidivierenden depressiven Störung können
während der Episoden Zwangsgedanken entwickeln. (ICD-10)
siehe unten, Kap. 6
3. Abgrenzung von Zwang
 Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ich-synton und werden als real
(mit Beispiel)!
u. Wahn?
akzeptiert  keine Krankheitseinsicht
 Zwang: Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiv
erlebt  Krankheitseinsicht (vgl. Tölle, S. 93)
17
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Bei welchen Störungen
werden Zwangssymptome
angetroffen?
18
 anankastische Persönlichkeitsstörung (vs. anankastische/zwanghafte
Persönlichkeit/-sstruktur  noch im normal-psychologischen Bereich)
 Zwangsstörung (Zwangsneurose, anankastische Neurose)
 neurotische Verläufe mit Angst-, Depressions- od. hypochondrischer
Symptomatik, die erst später zu Zwangsphänomenen führen
(umgekehrt ist es seltener)
 rezidivierende depressive Störung (anankastische Depression)
(zwanghaftes Grübeln)
 Beginn von Schizophrenien (seltener)
 Ticstörungen: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.
160)
 Tourette-Syndrom
 organische psychische Störungen
 organische Hirnerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Epilepsie)
(Zwang wird dranghaft u. weniger ich-fremd erlebt)
 isolierte u. soziale Phobien
 Abhängigkeitssyndrome mit weitem Spektrum unterschiedlicher
Substanzen (Pat. erlebt eine Art Zwang, regelmäßig jedes nur
erreichbare Mittel zu s. zu nehmen u. entwickelt qualvolle Gefühle,
Unruhe od. körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz)
 Eßstörungen (ritualisiertes Eßverhalten)
 Zwang ist eine der häufigsten u. letztlich unspezifischen Reaktionsweisen des Menschen, wie auch Angst u. Depressivität; Zwangsphänome
ne sind im allgemeinen nicht auf eine Ursache zurückzuführen, sondern
multifaktoriell bedingt (Tölle, S. 91)
Diverses
1. Bei welchen Störungen
kommt magisches Denken
vor?
2. Was ist das KopfkissenSyndrom?
3. Was sind Stereotypien?
 Zwänge: Zwangsrituale (komplexe/kombinierte Zwangshandlungen)
 Schizophrenie: schizophrene Wahngedanken haben im Unterschied zu
Wahnidden anderer Genese oft ein magisch-mythisches Gepräge
(Möller, S. 189)
 (Ticstörungen?: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.
160)  beinhalten sie magisches Denken???)
eine Bewegungsstereotypie/stereotype Bewegungsstörung: Kinder
werfen beim Einschlafen den Kopf auf dem Kopfkissen seitlich hin u. her,
schlagen den Kopf gegen das Kopfende des Bettes od. senken den Kopf
u. den Oberkörper im Bett kniend bis auf die Matratze ab u. heben ihn
wieder an.
 Stereotypien sind repetitive, relativ gleichförmige Bewegungen des
Kopfes, Körpers u./od. der Hände, die im Unterschied zu den Tics
zumindest eine gesamte Körperregion im Sinne einer integrierten,
(zweckvollen?) u. offensichtlich willensgesteuerten Bewegung
betreffen;Stereotypien werden subjektiv nicht als unangenehm
empfunden (≠ Zwänge!)
 Bewegungsstereotypien/stereotype Bewegungsstörungen (F98.4):
wiederholte, gleichförmige, häufig rhythmische u. willkürlich in Gang
gesetzte Bewegungen ohne Funktionscharakter, die nicht Symptom od.
Teil einer anderen psychischen Störung sind; mit od. ohne
Selbstbeschädigungen; meist bei Intelligenzminderung.
Körper-, Kopfschaukeln, Kopfkissen-Syndrom, Haarezupfen, -drehen,
Fingerschnippen, Händeschütteln. Selbstschädigende: Kopfanschlagen,
Ins-Gesicht-Schlagen, In-die-Augen-Bohren (vor allem bei
sehbehinderten/blinden Kindern), Sich-selbst-Beißen. (Schmidt, S. 156 f)
18
Prüfungsfragen für Psychopathologie
19
3Exogene seelische Störungen
Allgemein
Wodurch unterscheiden
sich organische
Psychosen von
endogenen?
(hirn-)organische Psychosen = exogene Psychosen
 Symptomatik:
1. exogene Psychosen wie Demenz, Korsakow-Syndrom u. Delir
zeichnen sich durch Orientierungsstörungen aus!!!
Demenz: Desorientierung in der Zeit, im Raum u. zur Person
Korsakow: zeitliche Desorientierung
Delir: Desorientierung in der Zeit; in schweren Fällen auch
im Raum u. zur Person (ICD-10)
2. Störung bzw. Abbau kognitiver Fähigkeiten als Hauptmerkmal
(Gedächtnis, Denkvermögen, Orientierung)
 Verursachung: organische Psychosen sind direkt durch
Hirnkrankheiten bzw. –schädigungen od. indirekt durch
allgemeine körperliche Krankheiten, die die Hirnfunktion
beeinträchtigen, verursacht (Möller, S. 128)
 Verlauf: exogene Psychosen bilden sich meist zurück, wenn die
(hirnorganische) Ursache beseitigt bzw. ausgeglichen werden
kann
-
Demenz
Was ist Demenz?
Demenz = chronisch hirnorganisches Psychosyndrom 
chronische exogene Psychose (Möller, S. 140 ff; Tölle, S. 277 f)
 beruht auf 1) schwerer Hirnerkrankung, 2) chronisch toxischen
Einwirkungen auf das Gehirn und 3) fortschreitenden
Hirnabbauprozessen; schleichender Beginn, chronischer Verlauf

ICD-10, Forschungskriterien: alle folgenden Symptome:
1. Abnahme des Gedächtnisses (Aufnahme, Speichern, Wieder-
gabe von verbalem u. non-verbalem Material)
2. Abnahme anderer kognitiver Fähigkeiten (abstraktes
Denkvermögen, Kritik- u. Urteilsfähigkeit, Auffassungs-/
Informationsverarbeitungs/Lernfähigkeit)
3. Verminderung der affektiven Kontrolle u. des Antriebs/der
Motivation (häufig depressive Symptome 
Differentialdiagnose!), Störungen des Sozialverhaltens,
Veränderungen der prämorbiden Persönlichkeit (Zuspitzung des
früheren Charakters)
4. keine (qualitativen) Bewußtseinsstörungen (≠ Delir!)
Möller, Tölle, Klosterkötter:
5. Desorientierung (√ hochgradige Gedächtnisstörungen ≠ Delir!)
6. Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten (Waschen, Anziehen,
Essen, Hygiene)
7. Rechen- u. sprachliche Fähigkeiten
 wichtigste Formen: Alzheimer (65%), vaskuläre (√ z.B multiple
Hirninfarkte)  irreversibel!
 dementielles Durchgangssyndrom (10%):ist reversibel bei
rechtzeitiger Behandlung (√ z.B. Schiddrüsenerkrankung)
 Differentialdignose: vor allem Depression ausschließen (kann
Merkmale einer frühen Demenz zeigen: vor allem
Gedächtnisstörung, Verlangsamung des Denkens, Mangel an
Spontaneität)!
19
Prüfungsfragen für Psychopathologie
 zunächst Störung der Merkfähigkeit/ des
Welches Gedächtnis ist in
erster Linie betroffen?
Welche
Orientierungsstörung liegt
bei Demenz vor?
20
Kurzzeitgedächtnisses;
 im weiteren Verlauf zunehmende Beeinträchtigung des
Langzeitgedächtnisses mit Störungen des Zeitgitters der
Lebensgeschichte (Früheres wird zwar noch richtig geschildert,
aber falsch datiert)  zeitliche Desorientierung!
Erinnerungslücken werden mit Konfabulationen überbrückt bzw.
kompensiert (z.B. Antwort: „So etwas fragt man nicht!“)
Merkfähigkeit/Kurzzeitgedächtnis = Fähigkeit, s. frische Eindrücke
bzw. Kenntnisse über eine Zeit von ca. 10 Minuten zu merken.
Gedächtnis/Langzeitgedächtnis = Fähigkeit, s. an länger als 10
Minuten zurückliegende Eindrücke bzw. Kenntnisse zu erinnern.
Konfabulationen = Einfälle zum Ausfüllen von Erinnerungslücken,
die vom Pat. für Erinnerungen gehalten werden; dabei können vom
Pat. immer wieder andere Inhalte/Einfälle für dieselbe
Erinnerungslücke angeboten werden
(Möller, S. 72 f)
Klosterkötter: besonders zeitliche Desorientiertheit  √
hochgradige Gedächtnisstörung
Möller: räumliche u. zeitliche (S. 141)
Tölle: „Schwerste Gedächtnisstörungen führen zu Desorientiertheit:
Wer Sinneseindrücke u. Informationen nicht während einer
gewissen Zeit im Gedächtnis speichern kann, verliert die
Orientierung im Raum, in der Zeit u. schließlich auch für die eigene
Person.“ (S.277)
Korsakow-Syndrom
Was ist das KorsakowSyndrom?
-
-
organisch-amnestisches Syndrom = Sonderform der Demenz
(chronisch hirnorganisches Psychosyndrom)  hirnorganisches
Psychosyndrom (Möller, S. 143; Tölle, S. 278) (~chronische
exogene Psychose)
 zwischen Delir u. Demenz
 extreme Störungen des Gedächtnisses:
Kurzzeitgedächtnis bis zum Sekundengedächtnis (Fähigkeit, s.
Neues für einige Sekunden zu merken)
meist auch Langzeitgedächtnis
keine Störung des Immediatgedächtnisses (Fähigkeit zur
unmittelbaren Wiedergabe)
anterograde Amnesie (inhaltlich od. zeitlich begrenzte
Erinnerungsunfähigkeit für neue Eindrücke in einem bestimmten
Zeitraum nach dem hirnschädigenden Ereignis)
retrograde Amnesie (inhaltlich od. zeitlich begrenzte
Erinnerungsunfähigkeit in einem bestimmten Zeitraum vor dem
hirnschädigenden Ereignis; zurückgreifender, immer weiter in
die Vergangenheit fortschreitender Erinnerungsverlust, der s. in
umgekehrter Reihenfolge wieder beheben kann)
 zeitliche Desorientierung (√ hochgradige Gedächtnisstörung)
 die amnestischen Lücken werden oft durch extreme
Konfabulationen ausgefüllt;
 keine Wahrnehmungstörungen (≠ Delir!) u. keine anderen
kognitive Störungen einschließlich Intellekt (≠ Demenz!)
 keine Bewußtseinsstörungen u. keine
Aufmerksamkeitsstörungen (≠ Delir!)
 grundsätzlich völlige Rückbildung möglich
 Ursache: Hirnverletzung od. chronischer Alkoholismus
alkoholisches Korsakow-Syndrom/schweres alkoholisches
Psychosyndrom: entsteht primär od. sekundär aus Delir od.
Wernicke-Psychose (Möller, S. 159 f)
20
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie könnte man Korsakow
testen?
21
 Aufforderung, eine Geschichte nachzuerzählen  scheitert am
gestörten Sekunden- Kurzzeitgedächtnis  Konfabulationen
 Aufforderung, das eigene Leben in umgekehrter
chronologischer Reihenfolge zu erzählen  scheitert an der
retrograden Amnesie
 differentialdiagnostisch: Aufforderung, einzelne Zahlen (sofort)
nachzusprechen  gelingt wegen des intakten
Immediatgedächtnisses
Delir
Welche Symptome treten
beim Delir auf??
Delir/delirantes Syndrom = akute exogene (hirnorganische)
Psychose
 beruht auf organischer Veränderung des ZNS; akuter Beginn,
im Tagesverlauf wechselnd
 ICD-10: leichte bis schwere Symptome in jedem der folgenden
Bereiche:
1. Störungen des Bewußtseins: Bewußtseinsminderung
2.
3.
4.
5.
(quantitativ: zwischen leicht und total/Koma) und
Bewußtseinstrübung (qualitativ: im Sinn mangelnder Klarheit od.
Vergegenwärtigung des Erlebens im Eigenbereich od. in der
Umwelt) (≠ Demenz!) und Aufmerksamkeitsstörungen
Störungen des abstrakten Denkens im Sinn von Verwirrtheit
(inkohärentes Denken) u. der Auffassung,
Wahrnehmungsstörungen (Verzerrungen der Wahrnehmung,
affektgetragene illusionäre Verkennungen der Umgebung (vgl.
Gedicht „Der Erlkönig“ von Goethe!), Halluzinationen von
überwiegend optisch-szenischer Art (Bewegung kleiner Objekte
wie Fäden, Flocken, Tiere), hohe Suggestibilität),
Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, zeitliche
Desorientheit, in schweren Fällen auch räumliche u.
Desorientierung zur Person (√ Bewußtseinstrübung ≠ Demenz!),
psychomotorische Störungen (hyperaktiv bis zur Erschöpfung
oder lethargisch)
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus’
affektive Störungen wie Depression, Angst, Reizbarkeit,
Euphorie, Apathie, Ratlosigkeit
Außerdem möglich (vor allem bei Alkoholentzugsdelir):
6. vegetative Symptome (Pulsbeschleunigung, Schwitzen, Tremor
u. allgemeine Unruhe)  im Alkoholentzugsdelir kommt es zu
akuten lebensbedrohlichen vegetativen Entgleisungen,
daher Krankenhauseinweisung unumgänglich!!! Da sich die
vegetativen Störungen durch die notwendigen Medikamente
zunächst verschlimmern (z.B. Blutdruck), Behandlung in der
Intensivstation! Dauer von Alkoholentzugsdelir: 2-5 Tage
 gewöhnlich vorübergehend u. reversibel, wenn die
Welche
Orientierungsstörung
beim Delir?
zugrundeliegende Ursache erkannt u. rechtzeitig behandelt
wird; unbehandelt kann es in ein anderes hirnorganisches
Syndrom übergehen od. bis zu einem dementiellen Zustand
fortschreiten
zeitliche Desorientheit, in schweren Fällen auch räumliche u.
Desorientierung zur Person (ICD-10)  √ Bewußtseinstrübung!
21
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie wird Delir ausgelöst?
Welche Drogen lösen
exogenes Psychosyndrom
aus?
Welche ist die häufigste
exogene Psychose?
Was ist der Unterschied
von Delir u. Korsakow?
22
 Drogen-Intoxikation (Opioide, Cannabinoide, Kokain,
synthetische Drogen: Crack? Ecstacy?)
 chronische Alkohol-Intoxikation (Delirium tremens; 15% der
Alkoholiker haben irgendwann ein Delirium tremens)
 Alkohol- od. Drogenentzug (Entzugsdelir)
 akute Schädigungen, Infektionen od. Erkrankungen des Gehirns
 schwere Allgemeinerkrankungen (chronische Lebererkrankung,
Leber- od. Nierenversagen, Karzinom, Herzinsuffizienz,
epileptischer Anfall etc.)
 hohes Fieber (Fieberdelir)
 postoperative Komplikationen (Streß, Schmerzen,
Schlaflosigkeit, Schmerzmittel, Elektrolytschwankungen,
Infektion, hohes Fieber)
 Intoxikation durch Psychopharmaka (trizyklische Antidepressiva,
Neuroleptika)
Auslösung von akutem exogenem Psychosyndrom = Delir durch:
 Alkohol
 Drogen/psychotrope Substanzen wie Opioide, Cannabinoide,
Kokain, Koffein, Halluzinogene, Tabak, flüchtige Lösungsmittel
(vgl. ICD-10, Überblick zu F1)
 Psychopharmaka (Nebenwirkungen z.B. von trizyklischen
Antidepressiva, mittel- u. hochpotenten Neuroleptika)
Delir  Prototyp der akuten exogenen Psychose
Delir = akute exogene Psychose
Korsakow = subakute bzw. chronische exogene Psychose
22
Prüfungsfragen für Psychopathologie
23
4Schizophrenie
Psychosen/psychotische Störungen
= psychiatrische Störungen, in denen die Beeinträchtigung der
psychischen Funktionen ein so großes Ausmaß erreicht hat, daß dadurch
Einsicht u. Fähigkeit, einigen der üblichen Lebensanforderungen zu
entsprechen, od. der Realitätsbezug erheblich gestört sind (Möller, ICD-9);
= Störungen mit Halluzinationen, Wahnphänomenen od. bestimmten
Formen schweren abnormen Verhaltens wie schweren
Erregungszuständen u. Überaktivität, ausgeprägter psychomotorischer
Hemmung u. katatonen Symptomen (ICD-10)
1. Einteilung der
Psychosen?

exogen ( = von außen entstanden, dem Körper aufgeprägt): äußere
Krankheitsursachen überwiegen; (akut/reversibel,
chronisch/irreversibel)
 körperlich begründbare/organische Psychosen
- akute Syndrome = Reaktion auf akute Störungen der Hirnfunktion im
Rahmen von Hirn- od. Allgemeinerkrankungen (Bewußtseinsminderung,
Verwirrtheitszustand, Delir, Dämmerzustand)
- chronische Syndrome = Beeinträchtigung höherer kortikaler Funktionen
aufgrund von längerdauernder od. chronischer diffuser Hirnschädigun
gen (Demenz (hirnorganisches Psychosyndrom), Demenz-Sonderform:
Korsakow-Syndrom (organisch-amnestisches Syndrom), MCD
(Minimale Cerebrale Dysfunktion/frühkindlich exogenes Psychosyndrom))
 endogen ( = von innen heraus entstanden, aus dem Körper selbst,
seinem So-Sein entstanden): Krankheit ist wesentlich durch individuelle
Disposition u. genetische Faktoren bedingt
 ‚endogene’ Psychosen
- schizophrene Psychosen (paranoid, hebephren, kataton, Schizophrenia
simplex)
- affektive Psychosen (monopolar: Depression, Manie; bipolar: manischdepressiv)
23
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Einteilung der
psychotischen
Symptome?
24
buntes, heterogenes Erscheinungsbild
Bezeichnung Schizophrenie ( = Spaltungsirresein) geht auf Eugen
Bleuler (1911) zurück, „da die elementarsten Störungen der so
bezeichneten Psychosen in einer mangelhaften Einheit, einer
Zersplitterung u. Aufspaltung des Denkens, Fühlens u. Wollens u. des
subjektiven Gefühls der Persönlichkeit liegen“.
Verschiedene Auffassungen zur pathognomonischen Wertigkeit der
Symptome:
Eugen Bleuler: Syptom-Dualismus aufgrund der längsschnittlichen
Betrachtung des Verlaufs der psychotischen Störungen (zusätzlich zur
querschnittlichen Beschreibung der Symptomatik):
I Grundsymptome: obligatorische Symptome; dauerhaft u. prognostisch
ungünstig:
1. Störungen des Denkens  Zerfahrenheit
2. Störungen des Affekts  Ambivalenz
3. Störungen des Antriebs  Autismus
II Akzessorische Symptome: zwar eindrucksvolle, aber weder
obligatorische noch spezifische u. daher nicht diagnostisch
ausschlaggebende Symptome; prognostisch günstig:
1. Wahn
2. Halluzination
3. katatone Symptome
Kurt Schneider:
Symptome 1. Ranges: Bei eindeutigem Vorliegen eines dieser Symptome
und Fehlen von körperlichen Grundkrankheiten Diagnose Schizophrenie:
Gedankenlautwerden, dialogische Stimmen, kommentierende Stimmen,
leibliche Beeinflussungserlebnisse, Gedankenentzug, andere
Gedankenbeeinflussungen, Gedankenausbreitung u. –eingebung,
Wahnwahrnehmung u. alles von anderen Gemachte u. Beeinflußte im
Bereich des Fühlens, Strebens (Triebe) u. des Wollens.
.
Symptome 2. Ranges: Bei Vorliegen mehrerer dieser Symptome kommt
es für die Diagnose auf den klinischen Gesamtzusammenhang an:
andere Sinnestäuschungen (Coenästhesien), Wahneinfälle, Ratlosigkeit,
depressive Verstimmungen, frohe Verstimmungen, erlebte
Gefühlsverarmung u. andere optische, olfaktorische, gustatorische,
sonstige akustische Halluzinationen
Nancy Andreasen (1982): Wiederkehr des Symptom-Dualismus’ von
Bleuler (u. Kraepelin) nach Störungsverlauf:
I produktive/Positivsymptomatik: prognostisch günstig:
- Wahn u. Halluzination
- positive formale Denkstörungen
- bizarres u. desorganisiertes Verhalten
 spricht auf klassische Neuroleptika an
 Wahn ist positiv, da als produktive u. kreative Bewältigungsstrategie zu
sehen
II Minus-/Negativsymptomatik: Einschränkungen u. Defizite 
prognostisch ungünstig:
- Sprachverarmung (Alogie)
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Affektverflachung
- Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität
- Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in
Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit
äußert)
 spricht auf atypische Neuroleptika an
24
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. Was sind die wichtigsten
Merkmale der
schizophrenen
Psychosen?
25

Wahn (inhaltliche Denkstörungen)
Wahneinfall, Wahnwahrnehmung, Wahnsystem, Erklärungswahn
(Beziehungs- und Verfolgungswahn etc., mit bizarrem, magischmystischen Charakter)
 Halluzinationen (~ inhaltliche Denkstörungen)
akustische in Form des Stimmenhörens (imperative, dialogisierende u.
kommentierende Stimmen) u. Gedankenlautwerdens, elementare
akustische H., Körper-, Geruchs- u. Geschmackshalluzinationen
 Ich-Störungen
Grenze zw. Ich u. Umwelt wird durchlässig empfunden: Depersonalisation,
Derealisation, Gedankenausbreitung, -eingebung, -entzug,
Fremdbeeinflussungserlebnisse, Autismus
 formale Denkstörungen
Zerfahrenheit, Sperrung/Gedankenabreißen, Neologismus, Kontamination,
Symboldenken, Perserverationen
 affektive Störungen
mangelnder affektiver Rapport (Kontakteinschränkung), Inadäquatheit der
Gefühlsäußerungen in Form von z.B. Parathymie (unpassend zum gerade
Berichteten od. zur Situation) u. Paramimie (unpassende Mimik),
Gefühlseinbrüche unmotivierter Angst, Wut od. Glückseligkeit,
Affektverflachung, läppischer Affekt (unernstes, seicht-flapsiges Auftreten
mit leerer Heiterkeit od. fader Albernheit bei hebrephrener Form,
psychotische Ambivalenz, depressive Verstimmung, Gefühlsarmut (vor
allem bei Residualzustand)
 katatone (die Psychomotorik betreffende) Symptome:
katatoner Stupor:
Patient ist bewegungslos bei voll erhaltenem Bewußtsein, liegt wie
erstarrt, spricht nicht (Mutismus), wirkt verängstigt, innerlich gespannt,
Katalepsie
katatone Erregung:
starke motorische Unruhe (Hyperkinese), z.T. stereotype
Bewegungsabläufe, Schreien, Grimassieren, bis hin zum ungeordneten
Bewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen und zielloser
Aggressivität (Raptus)
Änderung der Kooperationsfähigkeit: Negativismus,
Befehlsautomatie, Echolalie (Nachsprechen alles Gehörten),
Echopraxie (Nachahmung von Bewegungen)
Bewegungs- u. Haltungsstereotypien
Sprachstereotypien: Verbigeration/verbale Perseveration
(Wiederholung von Wörtern, Satzteilen, sich reimenden Klängen)
katatone Symptome können mit einem traumähnlichen (oneiroiden) Zustand einhergehen
 Störungen des Antriebs
besonders bei Residualzustand: Mangel an Initiative, Interesse u. Energie,
sozialer Rückzug, Vernachlässigung der Körperpflege, absonderliches
Verhalten (Möller, S. 188 ff)
 Klarheit des Bewußtseins u. intellektuelle Fähigkeiten bleiben erhalten
4. Ist die Sprache bei
Schizophrenen gestört?
5. Finden sich bei der
Schizophrenie
Orientierungsstörungen
?
 ICD-10: Symptomatik mindestens 1 Monat
 insgesamt Verlust an Überstiegsfähigkeit = souveräne Möglichkeit,
zwischen gemeinsamer Realität, die der einzelne mit seiner Umwelt teilt,
u. einer individuellen Vorstellungswelt zu wechseln
Tölle: bei den meisten Pat. nicht oder kaum auffällig. Manche: starker
Rededrang, zerfahrenes Reden, absolutes Schweigen (Mutismus
katatone Form!), Manieriertheit, Neologismen, Kontamination,
Klangassoziationen (Verbigeration  katatone Form)
nein, nur bei exogenen Psychosen (Demenz, Korsakow, Delir 
insgesamt vor allem zeitliche Desorientierung)!
25
Prüfungsfragen für Psychopathologie
6. Ist Wahn beweisend für
Schizophrenie?
7. Wie sieht der
schizophrene Affekt
aus? Welche
Veränderungen der
Affektivität?
8. Was ist Ambivalenz?
9. Was ist Autismus?
10.Welche Ich-Störungen
treten bei der
Schizophrenie auf?
11.Welche Denkstörungen
treten bei der
Schizophrenie auf?
12. Was ist „negative
Symptomatik“ der
Schizophrenie?
26
nein, Wahn ist akzessorisches Symptom (vgl. Bleuler): akzessorische/
produktive Symptome (Wahn, Halluzination, katatone Symptome) finden
sich nicht bei allen Schizophrenien u. können auch bei anderen
psychischen Störungen (Depression, Manie, organische Psychosen)
auftreten; allerdings entwickeln 80% der Schizophrenen wenigstens
einmal im Verlauf ihrer Erkrankung produktive Symptome (Möller, S. 186)
mangelnder affektiver Rapport, inadäquater Affekt (Parathymie u.
Paramimie), flacher Affekt, Gefühlseinbrüche (Angst, Wut, Glückseligkeit),
Ambivalenz (Lachen u. Weinen nebeneinander), wechselhaft, läppischer
Affekt (besonders bei hebrephrenem Typ), depressive Verstimmung
normale Ambivalenz: Erleben von gegensätzlichen Gefühlsregungen od.
widersprüchlichen Strebungen
schizophrene Ambivalenz: unvereinbare Gefühlszustände bestehen so
beziehungslos nebeneinander, wie es im normalen Erleben nicht möglich
ist, nämlich ohne daß die Gegensätze in irgendeiner Weise ausgetragen
od. auch nur bewußt erlebt werden; sie treten gleichzeitig u. gleichwertig in
Erscheinung (z.B. Weinen u. Lachen, Angst u. Glück, Hassen u. Lieben)
Ich-Versunkenheit u. Verlust der Realitätsbeziehungen.
Schizophrener Autismus: im Denken u. Handeln Verstrickung in die
psychotische Innenwelt u. Abkapselung von der realen Welt;
eigentümliche Abkapselung von der Umwelt u. Bezogenheit auf die eigene
Person; äußert sich in Passivität u. Apathie (z.B. Mutismus, Stupor) u.
Befangenheit im Wahnerleben (Möller, S. 189; Tölle, S. 193)
Psychodynamisch wird Autismus als Schutz u. Rückzug des in der
Schizophrenie ich-gestörten Menschen angesehen; der Rückzug kann zu
einem Residualzustand führen. (Tölle)
Ich-Störungen = Störungen der Ich-Haftigkeit des Erlebens u. Störungen
der Ich-Umwelt-Grenze (Grenze zw. Ich u. Umwelt wird als durchlässig
empfunden): Depersonalisation (Entfremdung von Gedanken, Gefühlen,
Körperteilen), Entichung (Erleben von Gedanken u. Gefühlen als nicht
mehr zum eigenen Ich gehörig), Gedankeneingebung, Gedankenentzug,
Fremdbeeinflussungserlebnisse, Gedankenausbreitung, Autismus (im
Denken u. Handeln Verstrickung in die psychotische Innenwelt u.
Abkapselung von der realen Welt) (Möller, S. 188 ff)
„Die verschiedenartig wirkenden schizophrenen Symptome konvergieren
in den Störungen des Ich. Schizophrenie ist eine Erkrankung der
Person insgesamt: der Patient hat nicht schizophrene Störungen, er ist
schizophren. ‚Schizophrenie ist Angriff im Mittelpunkt der Person.’
(Wyrsch). ... Im Schizophrensein ist die psychische Einheit gestört. ...
“ (Tölle, S. 199)
formale Denkstörungen = Spaltung des gedanklichen Zusammenhangs:
Störung des intentionalen Bogens der Gedankenfolge,
Begriffsverschiebung (Konkretismus – Symbolismus  Vagheit des
Denkens), Danebenreden, Perseveration,
Denksperrung/Gedankenabreißen, Inkohärentes Denken/
Denkzerfahrenheit, Neologismus, Begriffszerfall, Kontamination, Paralogik
(Möller, S. 190; Tölle, S. 199 f)
(~inhaltliche Denkstörungen: Wahnideen, Halluzinationen)
Minus-/Negativsymptomatik nach Andreasen (vgl. auch ICD-10):
- Sprachverarmung (Alogie)
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Affektverflachung
- Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität
- Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in
Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit
äußert)
 bei schizophrenem Residuum meist nur Negativsymptomatik
26
Prüfungsfragen für Psychopathologie
13. Welche Unterformen
schizophrener Psychosen
unterscheidet man?
27
 Katatone Form: Störungen der Psychomotorik u. des Antriebs im
Vordergrund: können zwischen extremer Hyperkinese u. Stupor
schwanken (seltene Form, in Industrieländern nur 15-20% der
Schizophrenien; offenbar häufiger bei organischen Erkrankungen
(Stoffwechsel))
 Paranoide Form: Störungen der Wahrnehmung im Vordergrund:
Wahn – vor allem Verfolgungs- u. Größenwahn – u. meist
Halluzinationen, vor allem akustisch (häufigste Form in meisten Teilen
der Welt, 40-50% der Schizophrenien)
 Hebephrene Form: Störungen des Affekts/Ausdrucks im
Vordergrund: Affekt ist unangemessen, flach, läppisch, leere Heiterkeit,
Gleichgültigkeit, unberechenbares, flapsiges, oft enthemmtes
Sozialverhalten  desorganisierte Form
 Schizophrenia simplex (schwer zu diagnostizieren): keine produktiven
Symptome; i.S. eines schleichenden Krankheitsprozesses kommt es
zunehmend zu einem durch Negativsymptomatik geprägten Bild
(Residualsyndrom)
 schizophrenes Residiuum: Persönlichkeitsveränderung i.S. von
Antriebsmangel, Affektarmut, sozialem Rückzug
 postschizophrene Depression
paranoid-halluzinatorisch, gute Prognose weil:
14.Welchen Typus der
Schizophrenie würden Sie
 mit starken akzessorischen/produktiven Symptomen  „lärmende
wählen?
Positivsymptomatik“
 mit akuter psychot. Symptomatik
 späte Manifestation, zw. 30 u. 40 Jahren
 Gesamtpersönlichkeit bleibt erhalten
15.Was haben die einzelnen katatone:
Typen für Vor- u. Nach- Vorteil: relativ günstige Prognose (oft Remission)
Nachteil: Gefahr der Entgleisung, perniziöse Katatonie lebensgefährlich!
teile?
paranoid (-halluzinatorische):
Vorteil: beginnt später als andere, Gesamtpersönlichkeit bleibt erhalten
Nachteil: paranoid-halluzinator. Erlebnisse überaus hartnäckig
hebrephrene:
Nachteil: beginnt schon im Jugendalter, ungünstige Prognose (oft
Chronifizierung)
Schizophrenia simplex:
Nachteil: chronischer Verlauf, wegen reiner Negativsymptomatik
Möglichkeiten der therap. Beeinflussung geringer als bei Schizophrenien
mit akuten psychot. Symptomen u. akzessorischen Symptomen
‚Vorteil’: meist undramatischer Verlauf ( allerdings langsam
progredienter Verlauf, der meist zu ausgeprägten Residualzuständen
führt)
Morbidität = Krankheitsstand, Verhältnis der Zahl der Kranken zur Zahl der
16.Wie hoch ist der
Gesunden; Erkrankungsrisiko/-wahrscheinlichkeit
Anlagefaktor bei
Konkordanz = Übereinstimmung in den Erbanlagen, besonders bei
Schizophrenien?
eineiigen Zwillingen
Morbidität (Konkordanzraten) je nach Verwandtschaftsgrad zu einem
Schizophrenen:
- Eltern: 5-10%
- Kinder eines erkrankten Elternteils: ca. 10%
- Kinder zweier erkrankter Elternteile: über 40%
- Geschwister: 8-14%
- zweieiige Zwillinge: 5-16%
- eineiige Zwillinge: über 50%
für das Ausbrechen u. die Ausprägung von psychotischen Phänomenen
spielen psychologische Faktoren eine mindestens gleich große Rolle wie
Vererbungs- u. biologische Faktoren. Vererbung u. biologische Faktoren
bewirken eine individuelle Disposition
27
Prüfungsfragen für Psychopathologie
17.Wie ist die Prävalenz von
Schizophrenie?
28
Prävalenz = Häufigkeit des Vorkommens einer bestimmten Erkrankung in
einer bestimmten Population zu einer bestimmten Zeit bzw. in einem
bestimmten Zeitraum
Prävalenzrate = Anzahl der Erkrankten bzw. Häufigkeit des Merkmals im
Verhältnis zur Anzahl der untersuchten Personen
Prävalenz: 0,5 bis 1%
allg. Morbiditätsrate/durchschnittl. Erkrankungsrisiko (Lebenszeit-): 1%
18.Welche Halluzinationen
sind bei Schizophrenie am
häufigsten?
19.Was sind katatone
Symptome?
Männer und Frauen gleiche Häufigkeit, Krankheitsbeginn bei Frauen
tendenziell später
akustische Halluzinationen in Form des Stimmenhörens (z.B. das
Verhalten oder die Gedanken kommentierende Stimmen, imperative od.
dialogisierende Stimmen), des Gedankenlautwerdens u. elementare
akustische Halluzinationen (Hören von Geräuschen); (optische H. selten)
(Möller, S. 189)
 katatoner Stupor:
Pat. ist bewegungslos bei voll erhaltenem Bewußtsein, liegt wie erstarrt,
spricht nicht (Mutismus), wirkt verängstigt, innerlich gespannt, Katalepsie
( = Beibehaltung einer starren Haltung bei Versuchen, Pat. zu bewegen)
 katatone Erregung:
starke motorische Unruhe (Hyperkinese), z.T. stereotype
Bewegungsabläufe, Schreien, Grimassieren, bis hin zum Raptus
( ungeordneter Bewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen u.
zielloser Aggressivität)
 Änderung der Kooperationsfähigkeit: Negativismus,
Befehlsautomatie, Echolalie (Nachsprechen alles Gehörten),
Echopraxie (Nachahmung von Bewegungen)
 Bewegungs- u. Haltungsstereotypien
 Sprachstereotypien: Verbigeration/verbale Perseveration
(Wiederholung von Wörtern, Satzteilen, sich reimenden Klängen)
Katatone Symptome können mit einem traumähnlichen (oneiroiden) Zustand einhergehen
28
Prüfungsfragen für Psychopathologie
20.Beschreiben Sie einen
katatonen Patienten!
Grob- u. Feinmotorik: Wie
sieht das aus, wenn er
einen Stift hält? Worüber
spricht er? Was macht
man mit ihm?
29
Störungen der Motorik (u. des Antriebs) stehen im Vordergrund: Stupor
(u. Mutismus), Erregung bis hin zum Raptus (ungeordneter
Bewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen, zielloser
Aggressivität), Haltungsstereotypien, Katalepsie (Beibehaltung einer
starren Haltung bei Versuchen, Pat. zu bewegen), wächserne Biegsamkeit
(bei passiver Bewegung der Extremitäten ist zäher Widerstand zu spüren).
Außerdem Änderungen der Kooperation wie Negativismus (Pat. tut
automatisch das Gegenteil des von ihm Verlangten),
Befehlsautomatismus (Pat. tut automatisch alles Verlangte) u.
Stereotypien des Sprechens wie Echolalie, verbale Perseveration/
Verbigeration (stereotype Wiederholung von Wörtern, Satzteilen od. sich
reimenden Klangassoziationen). Katatone Symptome können mit einem
traumähnlichen (oneiroiden) Zustand einhergehen.
 Tölle:
Sperrung u. Stupor, Negativismus u. Befehlsautomatie sind extreme u.
bizarre Ausdrucksformen der gestörten zwischenmenschlichen
Kommunikation. Im katatonen Stupor ist der Pat. bewußtseinsklar u. wach,
sogar in besonderem Maß beeindruckbar. Er nimmt die Vorgänge seiner
Umgebung mit besonderer Empfindlichkeit auf, kann sich aber nicht an
ihnen beteiligen. Im Stupor sind Angst, Wahn u. Halluzinationen
besonders quälend, daher erfordern Pflege u. Behandlung des stuporösen
Pat. besondere Umsicht u. Feinfühligkeit.
Psychodynamisch können die katatonen Symptome als Ausdruck der
schwersten psychot. Bedrohung des Ichs bei Unmöglichkeit einer Abwehr
interpretiert werden, insbesondere die Panik der Erregung u. des Stupors.
Manche Bewegungsstereotypien dienen dem in seiner Eigenbestimmung
(Ich-Aktivität) tiefst gestörten Pat., dazu, sich seiner selbst zu
vergewissern, sich zu überzeugen, daß er noch zu einem Handeln (wenn
auch nur in dieser rudimentären Form) fähig ist.
21.Wie sieht die Verteilung
der katatonen
Schizophrenie aus?
22.Was ist perniziöse
Katatonie (Symptomatik)?
Stifthaltung: gar nicht möglich??
Sprechen: entweder Mutismus (während eines katatonen Stupors), d.h., er
spricht gar nicht, oder Sprachstereotypien (Echolalie, verbale
Perseveration/Verbigeration)
ICD: aus unklaren Gründen kommt die Katatonie in den Industrieländern
gegenwärtig selten vor (10-15% aller Schizophrenien), in anderen Ländern
ist sie jedoch nach wie vor häufig
fast immer Lebensgefahr: hohes Fieber (ohne erkennbare Infektion!),
Unterhautblutungen, Kreislaufstörungen; die Pat. sind entweder
hochgradig erregt (sie toben u. schreien, kann bis zur Selbstvernichtung
führen) od. aber stupurös mit stark erhöhtem Muskeltonus u. sichtbarer
affektiver Gespanntheit (stille Erregung).  Eletrokrampftherapie
29
Prüfungsfragen für Psychopathologie
23. Was ist das Besondere
an Schizophrenie?
24.Behandlung/Therapie
von Schizophrenie?
25.In welcher Phase welche
Behandlung?
26.Welchen Vorteil hat die
neuroleptische
Langzeitmedikation?
30
„Die verschiedenartig wirkenden schizophrenen Symptome konvergieren
in den Störungen des Ich. Schizophrenie ist eine Erkrankung der
Person insgesamt: der Patient hat nicht schizophrene Störungen, er ist
schizophren. ‚Schizophrenie ist Angriff im Mittelpunkt der Person.’
(Wyrsch). ... Im Schizophrensein ist die psychische Einheit gestört. Einzelne Erlebnisweisen stehen beziehungslos neneneinander od. gegeneinander. Von dieser tiefgreifenden Desintegration sind auch die
Beziehungen zwischen Ich u. Welt betroffen, insbesondere die
zwischenmenschlichen Beziehungen. Zugleich aber ist zu erkennen, ‚daß
gesundes psychisches Leben versteckt u. hintergründig im Schizophrenen
weitergeht. Und im Gesunden geht versteckt u. hintergründig neben dem
rationalen, auf die Anpassung an die Wirklichkeit gerichteten Leben, ein
irrationales Leben vor sich, ein autistisches Leben, in dem er sich eine
eigene Welt schafft, die sein eigenes Wesen, seine eigenen Wünsche u.
Hoffnungen, seine Begierden, Ängste u. Befürchtungen widerspiegelt. In
der Schizophrenie überbordet das phantastisch irrationale Leben die
Schranken, die ihm beim Gesunden gesetzt sind.’ (M. Bleuler). Hierin
ist das spezifische Anderssein des Schizophrenen zu sehen.“ (Tölle,
S. 199)
 Schizophrenie = Überbordendes phantastisch-irrationales autistisches
Leben, in dem der Schizophrene sich eine eigene Welt schafft, die sein
eigenes Wesen, seine eigenen Wünsche u. Hoffnungen, seine Begierden,
Ängste u. Befürchtungen widerspiegelt.
3 Säulen der Therapie entsprechend der multifaktoriellen
Ätiopathogenese: 1. biologisch/somatisch, 2) psychologisch 3) sozial
1. Psychopharmakotherapie (Neuroleptika)  beeinflussen vor allem die
produktive Symptomatik gut: wirken psychomotorisch dämpfend,
emotional ausgleichend, zur affektiven Indifferenz führend; allerdings
Nebenwirkungen!; bei perniziöser Katatonie: Elektrokrampftherapie
2. Psychotherapie (VT- token economy vor allem bei chronischer
Schizophrenie mit starkem Autismus; Programme zur Streßbewältigung
u. sozialen Kompetenz u. edukative Familienarbeit)
 klar strukturiertes Verhältnis Patient – Arzt wichtig
3. Soziotherapie (Beschäftigungstherapie, Arbeitstherapie,
berufsrehabilitierende Maßnahmen, Milieutherapie, Strukturierung des
Tagesablaufs)
 Behandlung häufig erschwert durch fehlende Krankheitseinsicht
 Über- u. Unterstimulation vermeiden
 in akuter Psychose wird Vernichtungsangst erlebt, so daß der 1. Schritt
medikamentöse Behandlung sein muß (Eliminierung der psychot.
Phänomene) u. erst im 2. Schritt Psychotherapie (Unterstützung,
Aufbau) erfolgen kann  Therapie ist schwierig, weil im Patienten nach
dem Verschwinden der psychot. Symptome enormes Erschrecken vor
sich selbst u. Scham entsteht!
 in floridem Schub: Neuroleptika  bewirken Reduzierung, Aufhebung
der produktiven Symptome u. Entlastung von Angst, Spannung,
Erregung
 zugleich edukative Familienarbeit
 nach Ansprechen auf Neuroleptika: auch supportive u.
konfliktbearbeitende/aufdeckende Psychotherapie und Soziotherapie;
Vermeiden von Über- und Unterstimulation
 Neuroleptika zur Rezidivprophylaxe (mindestens 2 Jahre)
 sehr geregelte Lebensführung wichtig, Vermeidung von Belastungen
(z.B. 8-Std.-Arbeitstag)
Stabilisierung des Zustandes, Prävention, weniger Rückfälle,
Psychotherapie und Rehabilitation werden erleichtert
30
Prüfungsfragen für Psychopathologie
27.Verlauf der
Schizophrenie?
31
Tölle: bei Erwachsenen: ca. Drittelung
 ca. 1/3 “folgenlose” Ausheilung der Ersterkrankung  guter Verlauf
 ca. 1/3 rezidivierender/wellenförmiger Verlauf, der zu leichten bis
mittelschweren Residualzuständen führt  wiederholender Verlauf
 ca. 1/3 allmählich progredienter Verlauf oder wellenförmiger Verlauf, der
mit jedem Rezidiv stärkeren Persönlichkeitszerfall hinterläßt und
schließlich meist zur Hospitalisierung führt  chronischer Verlauf
(1991, S. 203 f)
aber Lehmkuhl: Prognose im Erwachsenenalter:
chronischer Verlauf
25%
Teilremission
50%
Vollremission
25% (SS 1997)
Vollremission = folgenlose Ausheilung der Ersterkrankung, d.h. die
Kranken weisen keine psychopatholog. Symptomatik auf, sind klinisch
gesund, aber tiefer Eingriff in das Leben der Betroffenen
28.Unter welchen
Entstehungsbedigungen
günstige Prognose bei
Schizophrenien?
29.Was beeinflußt den
Verlauf einer
eingetretenen
Schizophrenie positiv?
Klosterkötter: rund 10% aller als schizophren diagnostizierten Pat. verüben
(irgendwann) Suicid ...
Lehmkuhl:
 akuter/schneller Krankheitsbeginn
 psychoreaktive Auslösung des Schubes durch situative Belastungen
 später Beginn
 starke akzessorische/produktive/positive Symptome  „lärmende
Positivsymptomatik“
z.B. Wahn: im Wahn findet der Pat. eine Erklärung für die veränderte
Welt, ist als Coping anzusehen!
 unkomplizierte Persönlichkeitsstruktur (Primärpersönlichkeit) mit guter
Kontaktfähigkeit
 fehlende genetische Belastung für Schizophrenie
 positive Familienstruktur
 gute Remission früherer Schübe
 ungünstig: affektive, Antriebs- und kognitive Basis-Störungen
 edukative Familienarbeit zur Rezidivprophylaxe, vor allem bei HighExpressed-Emotions-Familien (HEE-Familien) (intensive u. stark
geäußerte Gefühlsbeziehungen  Familienmitglieder müssen lernen,
s. zurückzuhalten)  Verbesserung der Familienstruktur u. der
Kommunikationsmuster (eindeutige Kommunikation)
 Compliance des Patienten (nur bei 40% der Pat. vorhanden)
31
Prüfungsfragen für Psychopathologie
30.Beschreiben Sie die
schizophrenen
Residualzustände!
31.Was ist eine
Schizophrenia simplex?
32.Woran ist bei
Schizophrenie-Verdacht
differentialdiagnostisch
zu denken?
32
Wenn Schizophrenien ausgesprochen ungünstig verlaufen, verlaufen sie in
die Richtung des schizophrenen Residualzustands (Rest-, Endzustand), der
als das Ergebnis der Auseinandersetzung des Betroffenen mit der
Krankheit anzusehen ist, weniger als direkte Krankheitsfolge. Er ist durch
eine Persönlichkeitsveränderung unterschiedlichen Ausmaßes
gekennzeichnet:
 anfänglicher/leichter Residualzustand: Anfangs bestehen lediglich
eine gewisse Leistungsschwäche, Kontaktschwäche, möglicherweise
eine gewisse affektive Nivellierung, Konzentrationsstörungen sowie
eine Neigung zu hypochondrischen Beschwerden u. depressiven
Verstimmungen.
 chronische/schwere Residualzustände:
reines Residuum: nur Negativsymptomatik/Grundsymptome, die aber
nicht notwendigerweise irreversibel ist: ausgeprägte Einengung der
Interessen, autistischer Rückzug von Sozialkontakten, massive
Antriebs- u. Interesselosigkeit u. erhebliche Affektverarmung.
gemischtes Residuum: zusätzlich auch produktive Symptome wie
Wahn  Residualwahn u. andere (Halluzination, positive formale
Denkstörungen, bizarres u. desorganisiertes Verhalten).
(Möller, S. 196 f; Tölle, S. 206)
Residualzustände ≠ postremissiver Zustand: Postschizophrene Depression, die nach dem Abklingen einer akuten schizophrenen Episode
auftritt u. über Wochen u. Monate bestehen kann, dann aber abklingt;
depressive Symptome wie depressive Verstimmung, leichte
Erschöpfbarkeit, Antriebsmangel, Konzentrationsstörungen etc. stehen im
Vordergrund, zusätzlich schizophrene Symptome, meist negative
symptomarme Form der Schizophrenie: vor allem keine produktiven/
floriden psychotische Symptome (Wahn u. Halluzinationen, positive
formale Denkstörungen, bizarres u. desorganisiertes Verhalten)  schwer
zu diagnostizieren; i.S. eines schleichenden Krankheitsprozesses kommt
es fast unmerklich zum Nachlassen von Initiative, Schwung, Zielstrebigkeit
u. sozialem Engagement u. zum Auftreten von Negativsymptomen wie
Affektverflachung, Sprachverarmung, Reduktion der nonverbalen
Kommunikation, Antriebsminderung (schizophrenes Residuum). (Möller,
S. 194)
Tölle: Sicher zu erkennen sind Schizophrenien an den Grundsymptomen
wie Denkstörungen, Autismus u. Ambivalenz; diese Symptome kommen in
typischer Ausprägung nicht bei anderen Psychosen vor. (S. 207)
 organische Psychosen (Hirndiagnostik)
 affektive Psychosen (Abgrenzung meist möglich, aber oft auch
Melancholie als Zweiterkrankung bei Schizophrenie od. schizoaffektive
Psychose als Übergang)
 wenn Vollbild nicht erfüllt: evtl. wahnhafte Störungen/andere anhaltende
wahnhafte Störungen bzw. Persönlichkeitsstörungen vom schizotypen,
Borderline-, schizoiden od. paranoiden Typ
 wenn Zeitkriterium nicht erfüllt: schizophreniforme Störung
 Drogenintoxikation bzw. Drogenentzug
 Hirnerkrankungen wie Epilepsie od. Suchterkrankungen
32
Prüfungsfragen für Psychopathologie
33.In welchem frühesten
Alter können typische
Formen schizophrener
Psychosen auftreten?
34. Kinder-u. Jugendpsychiatrische Prognosen:
a) Wie ist die Prognose der
Schizophrenie im
Grundschulalter?
b) Wie ist die Prognose der
Schizophrenie im
Jugendalter?
c) Was ist für die jugendliche
Schizophrenie
prognostisch günstig?
33
„Die frühesten Formen charakteristischer schizophrener Psychosen findet
man im Grundschulalter, aber kaum vor dem 8. od. 9. Lebensjahr, u.
auch hier nur selten. Die Häufigkeit nimmt in der Vorpubertät u. Pubertät
deutlich zu. Bei den kindlichen Schizophrenien stehen der Kontaktverlust
u. der Sprachzerfall im Vordergrund, es kommt aber auch zu
ausgeprägten Wahnbildungen u. affektiven Veränderungen. Daß es
typische schizophrene Symptome wie Denk-, Sprach-, Wahrnehmungs- u.
affektive Störungen bei noch kleineren Kindern nicht geben kann, wird
einsehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß diese Störungen eine
entsprechende Entwicklung u. Stabilität dieser Fähigkeiten voraussetzen,
die im allgemeinen erst etwa mit dem Einschulungsalter erreicht wird. Man
muß daher für die Annahme einer kindlichen Schizophrenie fordern, daß
bis zu diesem Zeitpunkt eine hinreichend normale, unauffällige
Entwicklung stattgefunden hat, der Aufbau des Realitätsbezugs
normal verlaufen ist u. erst danach plötzlich oder allmählich wieder
verloren gegangen ist. Da die schizophrenen Psychosen des
Grundschulalters in der Regel subakut bis akut beginnen, ist ihr zeitlicher
Beginn als Knick in der Entwicklung zu erkennen.“ 
differentialdiagnostische Abgrenzung vom Autismus (Entstehung ab
Geburt, in ersten 3 Lebensjahren). (Tölle, S. 202)
 erst ab ca. 6 Jahren Wahnphänomene möglich
 allgemein: sehr selten im Grundschulalter (Möller, S. 373); meist
zwischen Pubertät und 30. Lebensjahr
 paranoid: sehr selten im Grundschulalter: „Nach zunächst unauffälliger
Entwicklung kommt es zu einem deutlichen Knick mit Kontaktverlust,
Denkstörungen, Störungen des Realitätsbezugs, Wahnideen u.a.“
(Möller, S. 373); meist zwischen 30. und 40. Lebensjahr
 hebephren: Häufigkeitsgipfel im Jugendalter, meist zwischen 15. u. 25.
Lebensjahr (Möller, S. 182; ICD-10, S. 107)
a) Prognose kindlicher Schizophrenien (ab 8.-9. Lebensjahr) ist durch
weg ungünstig (je früher, desto ungünstiger); schlechte therapeutische
Beeinflußbarkeit (Tölle, S. 204)
b) Lehmkuhl:
Prognose im Jugendalter versus Erwachsenenalter:
chronischer Verlauf
52%
25%
Teilremission
25%
50%
Vollremission
23%
25%
c) Lehmkuhl: günstige Faktoren bei Jugendlichen:
- später Beginn
- schneller/akuter Beginn
- psychoraktiver Beginn nach akuter Belastungssituation
- lärmende Positivsymptomatik (Wahn, Halluzinationen, formale Denkstörungen, bizarres/desorganisiertes Verhalten)
- gute schulische u. soziale Integration
- keine genetische Belastung für Schizophrenie
- Compliance (Kooperationsbereitschaft)
- schnell einsetzende Besserung
 bei Jugendlichen gibt es eine besondere Symptomatik, daher sind besondere Behandlungskonzepte notwendig!
33
Prüfungsfragen für Psychopathologie
35.Ursachen,
Entstehungsbedingunge
n von Schizophrenie?
34
multifaktorielle Ätiopathogenese der Schizophrenie nach Scharfetter
(1986) (vgl. Möller, S. 182 ff)
I) Prämorbide Entwicklung:
prädisponierende Faktoren:
- Heredität (genetisch bedingte Vulnerabilität zentral, polygener Erbgang)
- zerebrale Schäden (perinatale Schädigung)
- psychosoziale Faktoren (familiär u. soziokulturell, z.B. Störungen im Rollengefüge der Familie, pathologische Kommunikationsmuster; häufig
langandauernde Zerrüttung der Familie)
 Prädisposition/Vulnerabilität i.S. eines labilen Gleichgewichts:
präzipitierende Faktoren:
- prämorbide Persönlichkeit
- Hirnfunktionsstörung
- Ich-Desintegrationsgefährung
+ idiosynkratische Stressoren, krit. Lebensereignisse, Halluzinogene

II) Psychose (Abwehrhaltungen in schizophrener Symptomatik
(Autismus, Ich-Störung))
III) Postpsychotische Entwicklung:
Verlaufsbeeinflussende Faktoren:
- heilungsfördernde F.  Remission
- rezidivproduzierende F.  Rezidiv
- perpetuierende F.  chronisch unproduktiver Verlauf
36.Auf welche Konflikte
reagieren Schizophrene
besonders empfindlich?
37.Was ist bei stationärer
Behandlung von
Schizophrenen besonders
zu beachten?
wichtigstes biochemisches Korrelat akuter schizophrener Psychosen vermutlich: Überaktivität zentralnervöser, dopaminerger Strukturen
(postsynaptische d2 Rezeptoren) im mesolymbischen System 
Neuroleptika sind Dopamin-Antagonisten, daraus wird DopaminHypothese im Umkehrschluß gefolgert
insbesondere auf Beziehungskonflikte: Überforderung durch sowohl
durch Mangel an Zuwendung u. Verlust menschlicher Verbindungen als
auch durch Zuviel an Nähe u. Intimität; charakteristischer
Ambivalenzkonflikt des Schzophrenen: Angst vor der Gefahr,
Mitmenschen übermäßig nah zu komen, bei gleichzeitig starkem Bedürfnis
nach mitmenschlicher Nähe u. Liebe (Tölle, S. 213)
Lehmkuhl: Unter- u. Überstimulation sind Risiko für Rezidive, bei
stationärer Behandlung häufig Unterstimulation aufgrund von Reizarmut,
daher insbesondere soziotherapeutische (Ergo-, Arbeits-, Physiotherapie)
Maßnahmen; langfristige Therapie an sekundären Symptomen notwendig,
hoher Leidensdruck wegen der Symptome ersten Rangs.
34
Prüfungsfragen für Psychopathologie
35
5Affektive Störungen
1. Wie ist die Einteilung der
Psychosen?
2. Wie kann man exogene u.
endogene Psychosen
anhand der
Symptomatik
unterscheiden?
3. Wie kann man affektive
Psychosen einteilen?


exogen (akut - chronisch)
endogen (schizophren - affektiv)
Das Leitsymptom der akuten organischen/exogenen Psychosen (im
engeren Sinn) ist die Bewußtseinsstörung, die selten fehlt.

Prototyp akuter exogener Psychosen ist das Delir.
Andere charakteristische Subsyndrome sind:
Verwirrtheitszustand (amentielles Syndrom, wie Delir, aber ohne
Wahn u. Halluzinationen)
Bewußtseinsminderung verschiedenen Grades (Somnolenz bis
Koma)
Dämmerzustand (Bewußtsein ist verschoben, weniger getrübt, es
fehlt die volle Klarheit bei der Selbstvergegenwärtigung eigener
Erlebnisse)
(Möller, S. 138, 133 ff u. 86 f; Tölle, S. 280 f)
Die affektiven Psychosen stellen die zweite große Gruppe der endogenen
Psychosen dar. Sie sind durch phasenhaft auftretende Veränderungen der
Stimmungs-, Affektivitäts- u. Antriebslage nach unten (Depression) od.
seltener oben (Manie) gekennzeichnet. Die Depression im Rahmen der
affektiven Psychose wird als endogene Depression od. Melancholie
bezeichnet. Die Krankheit verläuft in Phasen, d.h., nach jeder
Erkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremission unter
Wiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit. Man unterscheidet
nach der Verlaufsform:
a) hinsichtlich der unterschiedlichen Syndrome:
 unipolare affektive Psychosen: 65%
monopolare Depression: 60%
monopolare Manie: 5%
 bipolare affektive Psychosen: manisch-depressive Psychosen: 35%
(Möller, S. 205 u. 222 f)
b) bei den unipolaren Psychosen hinsichtlich der Häufigkeit der Phasen:
monophasische/einphasige Verläufe
multiphasische/mehrphasige Verläufe.

mehrphasige monopolare Depressionen sind am häufigsten; ca. 25% der
monopolaren Depressionen sind einphasig; einphasige monopolare Manie
ist extrem selten. (Tölle, S. 245 f)
durchschnittliches Erkrankungsrisiko für affektive Psychosen: etwas
weniger als 1%. (Möller, S. 205)
35
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Wie ist die
Unterscheidung von
leichter, mittelschwerer
u. schwerer Depression
hinsichtlich der Symptome
u. Kriterien nach ICD-10?
36
Die Unterscheidung depressiver Episoden hinsichtlich ihres Schweregrads
erfolgt nach der Intensität der Symptomatik.
Depressive Symptomatik (Forschungskriterien ICD-10):
3 typische Symptome:
1. depressive Stimmung
2. Verlust von Interesse od. Freude an Aktivitäten, die normalerweise
angenehm waren
3. verminderter Antrieb od. erhöhte Ermüdbarkeit.
7 weitere Symptome:
1. Verlust des Selbstvertrauens od. des Selbstwertgefühls
2. unbegründete Selbstvorwürfe od. ausgeprägte, unangemessene
Schuldgefühle
3. wiederkehrende Gedanken an den Tod od. an Suizid od. suizidales
Verhalten
4. Klagen über od. Nachweis eines verminderten Denk- od.
Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit od. Unentschlossenheit
5. psychomotorische Agitiertheit od. Hemmung (subjektiv od. objektiv)
6. Schlafstörungen jeder Art
7. Appetitverlust od. gesteigerter Appetit mit entsprechender
Gewichtsveränderung
Depressive Episoden jeden Schweregrades der gedrückten Stimmung
können auch von somatischen Symptomen begleitet werden 
somatisches Syndrom:
1. deutlicher Interessenverlust od. Verlust der Freude an normalerweise
angenehmen Aktivitäten
2. mangelnde Fähigkeit, auf Ereignisse od. Aktivitäten emotional zu
reagieren, auf die normalerweise reagiert wurde
3. frühmorgendliches Erwachen, 2 Std. vor üblicher Zeit
4. Morgentief
5. objektivierter Befund einer ausgeprägten psychomotorischen Hemmung
od. Agitiertheit
6. deutlicher Appetitverlust
7. Gewichtsverlust (5% im letzten Monat)
8. deutlicher Libidoverlust
 das somatische Syndrom sollte nur diagnostiziert werden, wenn
mindestens 4 der Symptome vorliegen
Dauer der depressiven Symptomatik von mind. 2 Wochen für alle
Schweregrade
Die Beurteilung des Schweregrades beruht auf einer komplexen klinischen
Beurteilung, die Anzahl, Art u. Schwere der vorliegenden Symptome
berücksichtigt  Intensität.
 leichte depressive Episode:
mindestens 2 typische Symptome u. 2/3 weitere Symptome, so daß eine
Gesamtzahl von mindestens 4 Symptomen erreicht wird
mit/ohne somatisches Syndrom
 mittelgradige depressive Episode:
mindestens 2 typische u. 3/4 weitere, so daß eine Gesamtzahl von
mindestens 6 Symptomen erreicht wird
mit/ohne somatisches Syndrom
 schwere depressive Episode:
alle 3 typischen u. mindestens 5 weitere, so daß eine Gesamtzahl von
mindestens 8 Syptomen erreicht wird
somatisches Syndrom ist immer vorhanden
mit/ohne psychotische Symptome (Wahnideen/Halluzinationen od.
depressiver Stupor); psychotische Symptome synthym (vor allem) od.
parathym (im Sinn von neutral)
36
Prüfungsfragen für Psychopathologie
5. Welche Schweregrade
der depressiven
Episoden gibt es?
6. Wie ist der Verlauf von
Depression?
37
nach ICD-10: 3 Schweregrade von depressiven Episoden:
- leichte
- mittelgradige
- schwere (ohne psychotische Symptome - mit psychotischen Symptomen)
Die Unterscheidung depressiver Episoden hinsichtlich ihres Schweregrads
erfolgt nach der Intensität der Symptomatik:
 leichte: die vorhandenen mindestens 4 Symptome müssen ausgeprägt
genug sein, um Gequältsein zu verursachen u. von anderen Personen
bemerkt zu werden
 mittelgradige: die vorhandenen mindestens 6 Symptome sind so
ausgeprägt, daß sie den meisten Personen noch erlauben, ihre normale
Berufstätigkeit u. ihre sozialen u. familiären Aktivitäten, wenn auch mit
erheblichen Schwierigkeiten, fortzusetzen
 schwere: die vorhandenen mindestens 8 Symptome müssen so schwer
ausgeprägt sein, daß sie erhebliches Gequältsein u. fast immer auch
deutliche Behinderung verursachen, die Person kann berufliche u.
familiäre Aktivitäten nicht mehr fortsetzen.
(Möller, S. 215)
 Beginn depressiver Episoden/Phasen: schleichend od. plötzlich
(dagegen Beginn manischer Episoden immer rasch: „beginnt wie
angeknipst, endet wie ausgeknipst“ Klosterkötter)!)
 phasenhafter Verlauf: zeitlich umschriebene Krankheitsepisoden mit
gesunden Intervallen dazwischen; d.h., nach jeder
Erkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremission
unter Wiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit.
 Dauer depressiver Phasen: depressive Phasen sind länger als
manische; bis zu 3 Monate (40-50% der Phasen), bis 1 Jahr (25-30%),
über 1 Jahr (20-25%); rapid cycling: extrem hochfrequente Verläufe mit
ganz schnellem, ggf. täglichem Wechsel zwischen melancholisch u.
gesund; depressive Phasen sind im höheren Lebensalter oft länger, 1
bis 2 Jahre u. mehr; oft findet s. eine jahreszeitliche Häufung im
Frühjahr u. Herbst.
 Ende depressiver Phasen: unabhängig von ihrer Länge teils allmählich,
teils abrupt; bei 10% der Phasen kommt es zu einer hypomanischen
Nachschwankung von geringer Insensität u. kurzer Dauer.
 durchschnittl. Ersterkrankungsalter: a) bei monopolaren
Depressionen: zw. 40-45 Jahren (ab 45 J.: Spätdepression/melancholie); b) bei bipolaren Psychosen: zw. 30-35 Jahren
 rezidivierende Episoden: bei 75% der Erkrankungen: a) unipolare: 4
Episoden im Leben; b) bipolare: 6 Episoden im Leben
 chronischer Verlauf: bei 15% der Melancholien
 Zyklusdauer (Zeitspanne zwischen Beginn einer Phase u. Beginn
einer weiteren Phase): anfangs a) bei Melancholien: 4 bis 5 Jahre; b)
bei bipolaren: 3 bis 4 Jahre; die Dauer verkürzt s. umso mehr, je weiter
die Anzahl der einzelnen Phasen zunimmt, u. zwar vor allem auf
Kosten des gesunden Intervalls.
 Geschlechtsverteilung: Frauen erkranken ca. doppelt so häufig an
depressiven affektiven Psychosen wie Männer 
geschlechtsspezifischer Vulnerabilitätsfaktor (dagegen ist bei bipolaren
affektiven Psychosen die Verteilung gleich)
 Suicid: ca. 10-15% der Melancholiekranken nehmen s. das Leben
(Möller, S. 222 f; Tölle, S. 246 ff)
37
Prüfungsfragen für Psychopathologie
7. Wie ist die Symptomatik
bei Melancholie/
endogener Depression?
38
Haupt-/Leitsymptome: niedergedrückte, depressive Stimmung, Verlust von
Interesse od. Freude an Aktivitäten, verminderter Antrieb u./od. erhöhte
Ermüdbarkeit, Störungen des Denkens u. körperlich-vegetative Störungen
 Störungen der Stimmung/Affektivität: Schwermut, Freud- u.





8. Welche körperlichen
Symptome treten bei
Melancholie/endogener
Depression auf?



9. Welches Erleben steht bei
Melancholien im
Vordergrund?


Hoffnungslosigkeit sowie Gefühl der Wertlosigkeit od. auch
Gefühllosigkeit  Herabgestimmt-Sein bis zu Versteinerung u. Leere,
zu ausweglosem, versteinertem Nichts-fühlen-Können u. Nicht-traurigsein-Können; die Gefühllosigkeit wird gefühlt, die Erstarrung
empfunden, die Leblosigkeit erlebt, im Extremfall als
Entfremdungserleben (Depersonalisation). Angst vor allem, was auf
Pat. zukommt u. als nicht zu bewältigen erscheint ( ängstliches
Grübeln, wahnhafte Ängste)
Störungen des Antriebs: 1) Hemmung: in allg. Handlungsbereitschaft,
im Denken u. in Psychomotorik: Interesse- u. Initiativlosigkeit,
einfalssarmes u. monotones Denken, Bewegungsarmut u. –
verlangsamung; Antriebslosigkeit bis zum Extrem des depressiven
Stupors; 2) Agitiertheit: quälende innere Unruhe, Bewegungsdrang,
ständiges Jammern.
Leibnähe der Verstimmung/Herabstimmung: ist charakteristisch für
die endogene Depression  leibnächste Psychose u. leibnächste
depressive Störung: Störung der Vitalgefühle/Leibgefühle
(Schlaffheit, Erschöpftheit, Energielosigkeit, Abgespanntheit, Druck- u.
Schweregefühl in Brust, Kopf, Bauch, Hals zugeschnürt, Schmerz-,
Hitze- od. Kälteempfindungen; schwere Störungen der vegetativen
Funktionen (Appetit- u. Gewichtsverlust od. -zunahme, Libidoverlust,
Verstopfung); zirkadiane Rhythmusstörungen
( Durchschlafstörungen mit morgendlichem Früherwachen,
Tagesschwankungen von Stimmung u. Antrieb, meist mit „Morgentief”
u. Aufhellung am Nachmittag (Morgentyp, ca. 1/3 der Pat. – Abendtyp
wesentlich seltener)
Hemmung des Denkens: a) formal: Einfallsarmut,
Konzentrationsstörungen; b) inhaltlich: ständiges Grübeln über Sorgen
u. Befürchtungen, Selbstunterschätzung, Suicidgedanken, synthyme(!)
Wahnideen: Schuld-/Versündigungs-, Verarmungs-, hypochondrischer
u. nihilistischer Wahn; häufig illusionäre Verkennungen im Sinn der
depressiven Stimmung; Depersonalisationserlebnisse u.
Zwangsvorstellungen kommen vor.
sozialer Rückzug
bei akuter, stark ausgeprägter depressiver Episode/Psychose mangelt
es an Krankheitseinsicht bzw. fehlt diese völlig
Störung der Vitalgefühle/Leibgefühle (Schlaffheit, Erschöpftheit,
Energielosigkeit, Abgespanntheit, Druck- u. Schweregefühl in Brust,
Kopf, Bauch, Hals zugeschnürt, Schmerz-, Hitze- od.
Kälteempfindungen
schwere Störungen der vegetativen Funktionen (Appetit- u.
Gewichtsverlust od. -zunahme, Libidoverlust, Verstopfung)
zirkadiane Rhythmusstörungen ( Durchschlafstörungen mit
morgendlichem Früherwachen, Tagesschwankungen von Stimmung u.
Antrieb, meist mit „Morgentief” u. Aufhellung am Nachmittag
(Morgentyp, ca. 1/3 der Pat. – Abendtyp wesentlich seltener)
Schwermut, Freud- u. Hoffnungslosigkeit sowie Gefühl der
Wertlosigkeit od. auch Gefühllosigkeit  Herabgestimmt-Sein bis zu
Versteinerung u. Leere, zu ausweglosem, versteinertem Nichts-fühlenKönnen u. Nicht-traurig-sein-Können; die Gefühllosigkeit wird gefühlt,
die Erstarrung empfunden, die Leblosigkeit erlebt, im Extremfall als
Entfremdungserleben (Depersonalisation). Angst vor allem, was auf
Pat. zukommt u. als nicht zu bewältigen erscheint ( ängstliches
Grübeln, wahnhafte Ängste), depressiv- synthymes(!) Wahnerleben
(Schuld-/ Versündigungs-, Verarmungs-, hypochondrischer u.
nihilistischer Wahn  Pessimismus, Wertlosigkeit);
Suicidrisiko: ca. 10-15% der Depressiven sterben durch Suicid
38
Prüfungsfragen für Psychopathologie
10.Was ist eine endogene
Depression?
11.Subtypen von
Depression?  nach
Lehmkuhl nicht mehr
aktuell, da in der ICD-10
nur noch depressive
Episode
39
endogen = erblich mitbedingt, eigengesetzlicher, aber nicht
umweltunabhängiger Verlauf
Die endogene Depression ist eine affektive Psychose, die durch
phasenhaft auftretende Veränderungen der Stimmungs-, Affektivitäts- u.
Antriebslage nach unten (Depression) gekennzeichnet ist. Nach jeder
Erkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremission unter
Wiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit. Man unterscheidet
zwischen
 uni-/monopolarer Depression (60% aller affektiven Psychosen) u.
 bipolarer manisch-depressiver Psychose (35% aller affektiven
Psychosen)
(Möller, S. 205 u. 222 f)
Nicht immer ist das oben beschriebene Vollbild der endogenen Depression
gegeben bzw. häufig ist das psychopathologische Erscheinungsbild
durch bestimmte Symptome in besonderer Weise geprägt.
Dementsprechend werden bestimmte Subtypen od. Sonderformen der
Depression differenziert:
 gehemmte Depression: Antriebshemmung ist stark ausgeprägt
(Reduktion von Psychomotorik u. Aktivität, extrem: depressiver Stupor)
 agitierte Depression: Agitiertheit prägt das klinische Bild (quälende
innere Unruhe, ängstliche Getriebenheit, Bewegungsdrang,
unproduktiv-hektisches Verhalten u. ständiges Jammern)
 hypochondrische Depression: hypochondrische
Selbstbeobachtungen u. Gedanken prägen das Bild.
 paranoid gefärbte Depression: es kommt im Rahmen der Depression
zu mißtrauischer Umdeutung von Begebenheiten im Sinn von
Beeinträchtigungs- od. auch Verfolgungsideen.
 Entfremdungsdepression: Entfremdungssymptome prägen das
Erscheinungsbild: dem Pat. erscheint seine Umwelt fremd, die Welt
dunkler, fahler etc.
 anankastische Depression: Zwangssymptome prägen das Bild.
 larvierte Depression: = versteckte Depression (somatisiert):
vielfältige funktionelle Organbeschwerden, leibliche Mißempfindungen
u. vegetative Störungen stehen im Vordergrund, während depressive
Stimmung u. Antriebshemmung weitgehend in den Hintergrund treten
 schwierige Diagnose.
 Spätdepressionen/Involutionsdepressionen: ab 45 Jahren; oft
ängstlich-agitiert od. hypochondrisch-paranoid gefärbt, neigen in
besonderem Maß zur Chronifizierung; depressive Denkinhalte können
durch die für diese Lebensphase typischen Probleme geprägt sein
(Auszug der Kinder, Klimakterium, Vereinsamung, ggf. Partnerverlust
etc.); oft, vor allem bei älteren Pat., ausgeprägte kognitive Störungen 
schwere Differentialdiagnose zu Demenz, verschwinden aber nach
Abklingen der depressiven Phase wieder (≠ chronisch progressiver
Verlauf der Demenz)
(Möller, S. 211 f)
39
Prüfungsfragen für Psychopathologie
12.a) Was sind ungünstige
Prognosekriterien der
affektiven Psychosen?
b) Was befürchtet man bei
endogenen Psychosen am
meisten?
13.Welchen Typ der
Depression würden Sie
sich aussuchen?
14.Was spricht für Manie
(aber nicht gegen
Depression!)?
15.Was überwiegt in der
Bevölkerung, Manie oder
Depression?
16.Wie ist die Geschlechterverteilung bei
affektiven Störungen?
17.Was würden Sie sich
aussuchen, Manie od.
Depression?
40
zu a):
 längere Verläufe, vor allem mehrphasige Manien u. bipolare manischdepressive Psychosen haben häufiger Residualzustände zur Folge:
deutliche Persönlichkeitsveränderungen in Form von Nivellierung u.
Entdifferenzierung (nicht allein Krankheitsfolge, sondfern auch Folge
der durch die Krankheit gestörten Persönlichkeitsentwicklung u. der
sozialen Schwierigkeiten) (Tölle, S. 248)
 früher Beginn einer (unipolaren) affektiven Psychose: häufiger
Übergang in eine ungünstigere bipolare Psychose (Schmidt, S. 191)
 früher Beginn mit eindeutigem Dominieren manischer Symptome
(frühes Auftreten bei denjenigen, die eine starke Penetranz der Störung
haben)
 Suiciddrohungen u. wiederholte suicidale Handlungen
 deutliche hypomanische bis aggressive Stimmung trotz Lithium/
begleitender Medikation mit Neuroleptika/Carbamazepin
 hohe Expressed-Emotions-Komponenten in Verbindung mit geringer
Compliance
 Persönlichkeitsstörungen  eingeschränkte Copingmöglichkeiten
b) den Suicid: 10-15% aller Pat. mit affektiven Psychosen begehen Suicid
 bei depressiver Episode besonders kritisch: wenn nach begonnener
Medikation mit Antidepressiva der anstriebssteigernde Effekt schon
auftritt, aber der stimmungsaufhellende Effekt noch nicht eintritt 
das ist immer so!
 bei manischer Episode besonders kritisch: wenn dem Pat. beim Abklingen der Symptome bewußt wird, welchen Scherbenhaufen er
angerichtet hat
 Anpassungsstörung: kurze depressive Reakton F43.20 (= ein
vorübergehender leichter depressiver Zustand, der nicht länger als 1
Monat dauert)
 leichte depressive Episode F32.0 (s.o.)
 Hypomanie: anhaltende leicht gehobene Stimmung, gesteigerter
Antrieb/Aktivität, Gefühl von Wohlbefinden u. körperlicher u. seelischer
Leistungsfähigkeit; gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit,
Vertraulichkeit, gesteigerte Libido, vermindertes Schlafbedürfnis,
Interesse an ganz neuen Unternehmungen  nach depressiver
Episode kann es eine hypomanische Nachschwankung geben: diese
ist aber von geringer Intensität u. kurzer Dauer (Tölle, S. 247)
 abrupter Beginn: eine manische Phase „beginnt wie angeknipst, endet
wie ausgeknipst“ Klosterkötter)  eine depressive Phase kann abrupt
enden u. in eine hypomanische Nachschwankung umschlagen
Manie: situationsinadäquat gehobene Stimmung, vermehrter Antrieb, Überaktivität, Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis, starke Ablenkbarkeit,
Selbstüberschätzung, Größenideen, maßloser Optimismus,
Wahrnehmungsstörungen, vermehrte Geldausgabe; bedingt i.d.R.
Schuldunfähigkeit u. fehlende Testierfähigkeit (Kaufverträge)  stationäre
Zwangseinweisung, Verlust der freien Willensbestimmung
Die Depression überwiegt bei weitem:
 unipolare Depression: ca. 65%
 unipolare Manie: ca. 5%
 bipolare manisch-depressive Psychose: ca. 30%  depressive Phasen
überwiegen hier meist erheblich, ein strenges Alternieren manischer u.
depressiver Phasen ist selten (Möller, S. 222)
 bei Depressionen: Frauen:Männer = 2:1
 bei bipolaren gleich
Gefahr bei Depression: Suicid
Gefahr bei Manie: Verschuldung, Selbst- u. Fremdgefährdung; nach
manischer Phase auch Suicid möglich angesichts des angerichteten
Scherbenhaufens
 eine leichte depressive Episode od. am besten eine kurze depressive
Reaktion (Anpassungsstörung F 43.20)
40
Prüfungsfragen für Psychopathologie
18. Welche Wahnthemen
treten bei Melancholie auf?
19. Inhaltliche u. formale
Denkstörungen bei der
Manie?
20. Was ist „major
depression“?
41
Verarmungswahn, Krankheitswahn, Schuldwahn, nihilistischer Wahn 
synthym! (aber auch parathyme Themen im Sinn von affektneutral
möglich)
formal: Ideenflucht, beschleunigtes Denken  typische Denkstörung bei
Manie
inhaltlich: Inhalte des ideenflüchtigen Denkens sind Größenideen, die
wahnhaftes Ausmaß annehmen können (Megalomanie)
Begriff aus dem DSM für einzelne und rezidivierende schwere depressive
Episoden
41
Prüfungsfragen für Psychopathologie
21.Welche Symptomatik
bei Manie?
42
3 Hauptsymptome:
1. situationsinadäquate, euphorisch-gehobene Stimmung
2. gesteigerter Antrieb
3. Ideenflucht, beschleunigtes Denken (Tölle, S. 243 f)
Manische Symptomatik (Forschungskriterien ICD-10):
nach ICD-10: 3 Schweregrade von manischen Episoden:
- leichte: Hypomanie
- mittelgradige: Manie ohne psychotische Symptome
- schwere: Manie mit psychotischen Symptomen
Hypomanie/leichte manische Episode:
1 typisches u. obligatorisches Symptom:
Stimmung ist in einem für die Betroffenen deutlich abnormen Ausmaß an
mindestens 4 aufeinander folgenden Tagen gehoben od. gereizt.
7 weitere Symptome:
1. gesteigerte Aktivität od. motorische Ruhelosigkeit
2. gesteigerte Gesprächigkeit
3. Konzentrationsschwierigkeiten od. Ablenkbarkeit
4. vermindertes Schlafbedürfnis
5. gesteigerte Libido
6. übertriebene Einkäufe od. andere Arten von leichtsinnigem od.
verantwortungslosen Verhalten
7. gesteigerte Geselligkeit od. übermäßige Vertraulichkeit
von diesen Symptomen müssen mindestens 3 vorliegen u. die persönliche
Lebensführung beeinträchtigen.
Manie:
1 typisches u. obligatorisches Symptom:
Stimmung ist vorwiegend gehoben, expansiv od. gereizt u. für die
Betroffenen deutlich abnorm. Dieser Stimmungswechsel muß auffällig sein
u. mindestens 1 Woche anhalten (es sei denn, eine
Krankenhauseinweisung wird vorher notwendig).
9 weitere Symptome:
1. gesteigerte Aktivität od. motorische Ruhelosigkeit
2. gesteigerte Gesprächigkeit, Rededrang
3. Ideenflucht od. subjektives Gefühl von Gedankenrasen
4. Verlust normaler sozialer Hemmungen, was zu einem den Umständen
unangemessenen Verhalten führt
5. vermindertes Schlafbedürfnis
6. überhöhte Selbsteinschätzung od. Größenwahn
7. Ablenkbarkeit od. andauernder Wechsel von Aktivitäten od. Plänen
8. tollkühnes od. leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen
nicht erkennen, z.B. leichtsinnnige Geldausgabe, törichte
Unternehmungen, rücksichtsloses Fahren
9. gesteigerte Libido od. sexuelle Taktlosigkeit
von diesen Symptomen müssen mindestens 3 vorliegen bzw. 4, wenn die
Stimmung nur gereizt ist, u. diese Symptome müssen eine schwere Störung
der persönlichen Lebensführung verursachen  Manie ohne
psychotische Symptome/mittelgradige manische Episode (berufl. u.
soziale Funktionsfähigkeit ist unterbrochen)
wenn psychotische Symptome hinzukommen  Manie mit psychotischen
Symptomen/schwere manische Episode; wichtig: die Wahnideen sind
nicht bizarr od. kulturell angemessen, bei den Halluzinationen handelt es s.
nicht um Rede in der dritten Person od. kommentierende Stimmen 
Differentialdiagnose zu schizophrenen Symptomen! sondern: Größen-,
Liebes-, Beziehungs- u. Verfolgungswahn. Psychotische Symptome vor
allem synthym (z.B. Größenwahn od. Stimmen, die den Betroffenen sagen,
42
Prüfungsfragen für Psychopathologie
22. Welche differentialdiagnostischen
Überlegungen sind bei
Manien anzustellen?
23.Wie sieht der
Tagesablauf bei schwerer
Depression aus?
24.Woran erkenne ich
jemanden mit schwerer
Depression?
25.Was versteht man unter
einer „larvierten
Depression“?
26. Woran erkennt man den
Schweregrad einer
Depression?
43
Ausschluß organischer/toxischer Ursachen
Schizophrenie (Art der Wahnideen u. Halluzinationen unterschiedlich!)
schizoaffektive Störung (manisches Syndrom ausschließlich während
schizoaffektiver Störung)
 Durchschlafstörungen
 morgendliches Früherwachen, mindestens 2 Stunden vor der üblichen
Zeit
 Tagesschwankungen von Stimmung u. Antrieb, bei 1/3 mit Morgentief
(Morgentyp) od. selten mit Abendtief (Abendtyp)
Erscheinungsbild:
Der Gesichtsausdruck ist ernst u. verbietet Ermunterung od. gar Scherz.
Der Blick verrät vielfach ängstliche Beunruhigung, gleichzeitig auch eine
eigentümliche Ferne u. Unberührtheit von allem, was um den Pat. vorgeht.
Am auffälligsten ist die Bewegungsarmut, die oft mit einer nur mühsam
unterdrückten inneren Unruhe gepaart ist.
Mimik, Gestik u. Sprache drücken Angespanntheit, Entschlußlosigkeit u.
Hoffnungslosigkeit aus.
Dem, der den Pat. aus gesunden Zeiten kennt, fallen Stille, Zurückhaltung
u. Befangenheit auf. (Tölle, S. 236)
erstarrte Mimik u. Gestik, gesenkter Blick, leises Sprechen
vegetative Störungen u. vielfältige Organbeschwerden stehen im
Vordergrund, die depressiven Symptome treten in den Hintergrund 
somatisierter Subtyp, Vollbild ist nicht ausgeprägt
an der Intensität der Symptomatik (Art bzw. Ausprägungsgrad u. Anzahl
der depressiven Symptome)
 leichte: die vorhandenen mindestens 4 Symptome müssen ausgeprägt
genug sein, um Gequältsein zu verursachen u. von anderen Personen
bemerkt zu werden
 mittelgradige: die vorhandenen mindestens 6 Symptome sind so
ausgeprägt, daß sie den meisten Personen noch erlauben, ihre normale
Berufstätigkeit u. ihre sozialen u. familiären Aktivitäten, wenn auch mit
erheblichen Schwierigkeiten, fortzusetzen
 schwere: die vorhandenen mindestens 8 Symptome müssen so schwer
ausgeprägt sein, daß sie erhebliches Gequältsein u. fast immer auch
deutliche Behinderung verursachen, die Person kann berufliche u.
familiäre Aktivitäten nicht mehr fortsetzen.
(Möller, S. 215)
 Funktionsfähigkeit im Alltag (Arbeitsfähigkeit, familiäre Aktivitäten u.
Sozialkontakte): bei leichter depr. Episode: Funktionsfähigkeit im Alltag
erhalten; bei mittlerer depr. Episode: Funktionsfähigkeit im Alltag nur unter
erheblichen Schwierigkeiten fortsetzbar; bei schwerer depr. Episode:
Funktionsfähigkeit im Alltag nicht erhalten
43
Prüfungsfragen für Psychopathologie
27.Wie würden Sie
vorgehen, um den
Schweregrad einer
Depression zu bestimmen?
44
Gespräch mit dem Pat. führen u. sorgfältig auf sein Erscheinungsbild
achten (s.o.), eine ausführliche Anamnese erheben (Zusammenhänge
zwischen Depression u. Lebensereignissen in der nahen u. fernen
Vergangenheit) sowie sorgfältige Exploration seines Erlebens
(Stimmung/ Affektivität, Antrieb, Denken, Suicidalität) u. Beurteilung der
Schwere anhand der ICD-10- Kriterien für Schweregrad (s.o.).
Die Beurteilung der Suicidalität ist bei Depression eine der wichtigsten
Aufgaben. Für eine erhöhte Suicidgefahr sprechen: lang anhaltende u.
schwere Depressivität, Schulderleben u. Selbstbezichtigungen, bittere
Äußerungen über die Aussichtslosigkeit des Lebens u. auch starke latente
Aggressivität, die ihr Ziel nicht erreicht, weiter frühere Suicidversuche des
Pat. u. Suicidhandlungen in der Familie od. der näheren Umgebung. Je
weniger depressiv herabgestimmt u. besonnen ein Mensch erscheint, der
von Suicidabsichten spricht, desto größer ist das Risiko einer ernsthaften
suicidalen Handlung. Wenn einmal der Entschluß zum Suicid gefaßt ist,
wirken manche Pat. fast entspannt (Befreiung, Erlösung). Verneint der
Pat. die Frage nach Suicidabsichten, man ist aber davon nicht überzeugt,
kann man nachfragen, warum er keine Suicidabsichten (mehr) habe:
suicidale Pat. antworten hierauf ausweichend od. gar nicht (während eine
konkrete Antwort, z.B. wegen des Partners, der Kinder od. der Eltern,
gegen Suicidalität spricht). Weitere Risikofaktoren sind soziale Isolierung
u. psychische Krisen od. Krankheiten (90%, endogene Psychosen bei 1/3).
28.Wenn jemand mit einer
mittelgradigen
depressiven Episode zu
Ihnen käme, was würden
Sie machen?
(Standardisierte Selbst- od. Fremdbeurteilungsskalen zur Abschätzung,
z.B. Hamilton-Depressionsskala, sind oft nicht einsetzbar: depressiven
Pat. fällt es oft schwer, einen Fragebogen zuverlässig auszufüllen od. auf
Fragen des Untersuchers genaue Antworten zu geben, da ihm
Quantifizierungen kaum möglich sind: er ist so tief gestört, so absolut
hoffnungs- u. ausweglos, daß ihm Abstufungen sinnlos erscheinen.
Außerdem kann die Fragebogenuntersuchung depressive Pat., die
zumeist sehr gewissenhaft u. auf Kooperation bedacht sind, zusätzlich
belasten.)
(Tölle, S. 242 u. 125)
1) Diagnostik: Anamnese u. Exploration zur Bestimmung des genauen
Verlaufs: bipolar – monopolar; Differentialdiagnose: Anpassungsstörung
(Frage nach belastendem Ereignis), Klärung der Suicidgefahr (s.o.);
2) Therapie mit 3 Säulen: psychopharmakologisch, psychotherapeutisch u.
soziotherapeutisch.
44
Prüfungsfragen für Psychopathologie
29.Wie sieht die Therapie
der Depression aus?
30.Wie sieht die Therapie
der Manie aus?
31. a) Welche
Antidepressiva gibt es?
b) Welches ist das Mittel
der Wahl?
45
Akutbehandlung
 je nach Suicidalität u. Compliance ambulant od. stationär
 supportives ärztliches/psychotherapeutisches Gespräch (stetige
Zuwendung u. Einfühlung, Mut u. Hoffnung vermitteln, stark u.
belastunhsfähig sein, quasi stellvertretend für verzweifelten Pat. die
depressive Phase durchstehen), Beziehung Arzt/Psychologe – Patient
muß stabil sein (persönliche Bindung ist beste Suicidprävention!)
 Pharmakotherapie: Antidepressiva (sedierend bzw. zusätzlich ein
sedierendes Medikament bei Suicidalität u. Agitiertheit)  Vorsicht: da
der antriebssteigernde Effekt dem stimmungsaufhellenden Effekt
vorausgeht, werden etwaige suicidale Impulse vorübergehend
begünstigt!!! Außerdem wirken Antidepressiva erst nach 2-3 Wochen
richtig  aus beiden Gründen ist bei Suicidalität in der Regel eine
stationäre Behandlung notwendig!!!; einschleichende Dosierung
innerhalb 1 Woche, nach stabiler Besserung über einen Zeitraum von 4
Wochen ausschleichende Dosierung über 4-6 Wochen.
 bei Suicidalität, Agitiertheit u. Schlafstörungen zusätzlich ein
Hypnotikum (Benzodiazepin) od. ein sedierendes Antidepressivum
 wg. Wirklatenz der Antidepressiva (2-3 Wochen) vorher ggf.
Benzodiazepine od. schwachpotente Neuroleptika
 Neuroleptika od. Lithium können den antidepressiven Effekt verbessern
 Elektrokrampftherapie: Indikation bei schwerer, sonst nicht behebbarer
Suicidalität, bei nihilistischem Wahn u. depressiven Stupor od. bei
mangelndem Effekt verschiedener Antidepressiva
 therapeutischer Schlafentzug (total, partiell od. selektiv): Ziel:
Resynchronisation der zirkadianen Rhythmen
 Lichttherapie bei saisonaler Depression
Erhaltungstherapie
 antidepressive Erhaltungsmedikation über 6 Monate; falls phasenhafter
Verlauf, evtl. mit Lithium eine Phasen-Prophylaxe durchführen u. ggf.
schon während der Antidepressiva-Therapie beginnen
 Tagesstrukturierung
 Bewegungs- u. Sporttherapie, Physiotherapie, Ergotherapie (=
Beschäftigungs- u. Arbeitstherapie)  aber Schonung!
Rezidivprophylaxe
 Pharmakotherapie: falls phasenhafter Verlauf, evtl. mit Lithium eine
Phasen-Prophylaxe durchführen; wenn unwirksam, bei monopolarer
Depression tricyclisches Antidepressivum, bei bipolarer Psychose
Carbamazepin
 Psychotherapie: kogn. VT, PA
 Training von Konzentration u. Ausdauer
 Familien werden trainiert, EE zu kontrollieren
Akutbehandlung
 bei ausgeprägter Symptomatik stationäre Behandlung (ggf. richterliche
Einweisung, da keine Krankheitseinsicht u. auch kein Krankheitsgefühl)
 Pharmakotherapie: Neuroleptika (Kombination von antipsychotischem
hochpotenten Neuroleptikum mit sedierendem niedrigpotenten
Neuroleptikum) (od. Lithium: wirkt aufgrund sedierenden Effekts
antimanisch); ausschleichende Dosierung über einen längeren
Zeitraum
 genügend Freiraum
Rezidivprophylaxe
 insbesondere bei wiederholten Rezidiven
 mit Lithium; wenn unwirksam, dann bei bipolarer Psychose mit
Carbamazepin
a):
 trizyklische (anticholinerge Nebenwirkungen, Blutdrucksenkung)
 MAO-Hemmer
 selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (Unruhe, Überkeit)
b) üblich sind gegenwärtig Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, weil sie
die geringsten Nebenwirkungen haben
45
Prüfungsfragen für Psychopathologie
32.Welche Medikamente
gibt man bei Depression?
Welche Wirkung u. welche
Nebenwirkungen haben sie?
33.Wie hoch ist der
Placeboeffekt bei
Antidepressiva?
34. a) Wann wird bei
Depression die
Elektrokrampftherapie
eingesetzt? b) Wie wirkt
sie?
35.Wie hoch ist die
Heilungschance mit
Antidepressiva bei
Melancholie?
36.Welche anderen
Faktoren bedingen die
Heilung einer Melancholie
mit?
37.Was ist Lithium?
Welche
Zusammensetzung hat es?
46
 einschleichende Dosierung
 ängstl.-agitierte Depressionen: sedierendes Antidepressivum, ggf.
Benzodiazepine
 bei Suicidalität: sedierendes Antidepressivum, ggf. Benzodiazepine
 bei Schlafstörungen: Hypnotikum (Benzodiazepine)
 trizyklische Antidepressiva: Nebenwirkungen: anticholinerge
Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Obstipation etc.);
Blutdrucksenkung  sind i.d.R. von leichter Intensität, auf den Beginn
der Behandlung beschränkt, klingen entweder spontan nach
Dosisreduktion ab od. können symptomatisch therapiert werden
 bei neuerer Substanzklasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer: keine anticholinergenen Effekte, aber Unruhe u. Übelkeit
 wg. Wirklatenz der Antidepressiva (2-3 Wochen) vorher ggf.
Benzodiazepine od. schwachpotente Neuroleptika
 Antidepressiva verkürzen die Phasen, Restsymptomatik bleibt aber
bestehen
20-30%??? woher ist diese Zahl?
Elektrokrampftherapie = Auslösung eines epileptischen Krampfanfalls
durch elektrische Durchflutung unter Kurznarkose
a) Indikation bei schwerer, sonst nicht behebbarer Suicidalität, bei
nihilistischem Wahn u. depressiven Stupor od. bei mangelndem Effekt
verschiedener Antidepressiva
b) Wirkweise: ist nicht im einzelnen bekannt. Vermutet wird eine
Transmitterstimulation im Hypothalamus (entsprechend der NoradrenalinSerotonin-Hypothese der antidepressiven Pharmakotherapie). Die
Krampfbehandlung bewirkt wie andere depressive Behandlungen eine
Verminderung der REM-Schlafphasen, ohne daß deren Bedeutung für den
Wirkmechanismus bekannt wäre.
Eine psychopathologische Interpretation besagt, daß die
Krampfbehandlung der psychotischen Symptomatik gleichsam den Boden
entziehe, also ein “Nicht-haben-Können der Psychose“ bedinge.
(Tölle, S. 361 f)
„Um 70% u. damit wesentlich höher als die Placeborate.“
Das günstigste Ergebnis ist die Phasenverkürzung. In der Regel wird die
melancholische Symptomatik nicht vollständig aufgehoben, aber erheblich
reduziert, so daß Alltagsfunktionen wieder erreicht werden. Bei 30% führt
die alleinige Behandlung mit Antidepressiva nicht zum Ziel. Prädiktoren für
einen günstigen bzw. schnellen therapeutischen Effekt von Antidepressiva
sind insbesondere ausgeprägte Vitalstörungen – dies gilt vermutlich für
alle antidepressiven Maßnahmen.
(Tölle, S. 256 f)
 gleichzeitige Gabe anderer Medikamente (Lithium, Benzodiazepin)
 Qualität der Beziehung Therapeut-Pat. u. der psychotherapeutischen
Behandlung
 Einbeziehung der Familienangehörigen
 situative Faktoren
 Persönlichkeitsfaktoren: z.B. können vorausgegangene neurotische
Störungen das Herausgeraten aus der Melancholie erschweren
Lithium-Salz: einwertiges Metall aus der Gruppe der Alkali-Metalle zur
Rezidivprophylaxe von manischen u. schizomanischen Psychosen; kein
eigentlich sedierendes Psychopharmakon, hat aber auch sedierenden
Effekt
46
Prüfungsfragen für Psychopathologie
38.Warum wird Lithium
eingenommen/wann wird
Lithium eingesetzt? Wie
wirkt es?
 zur Prophylaxe bei mehrphasigen affektiven u. schizoaffektiven







39.Welche Besonderheiten
des Verlaufs zeigen die
affektiven Psychosen im
Jugendalter?
47

Psychosen (nach der 2. Phase/Episode): schützt vor erneuten
Episoden od. Phasen werden deutlich seltener, leichter, kürzer  bei
70% bleiben weitere Phasen aus
in florider/akuter manischer Phase: wirkt aufgrund des sedierenden
Effekts antimanisch
Gesamtdosis am Abend, damit Hauptnebenwirkungen im Schlaf nicht
wahrgenommen werden
Lithiumserumspiegel regelmäßig kontrollieren: Lithiumintoxikation kann
zu Krampfanfällen, Koma u. bis zum Tod führen!!!
Compliance wichtig!!
stark verzögerter Wirkungseintritt
Nebenwirkungen, trotz allgemein guter Verträglichkeit (ohne
Langzeitfolgen): Gewichtszunahme, feinschlägiger Tremor,
Feinmotorik, Durst, Sexualfunktionen reduziert, Schilddrüse
einer der größten Erfolge der Psychiatrie: damit kann man trotz
Manie/bipolarer affektiver Psychose gut leben
Depressive Episoden im Kindes- u. Jugendalter: durchschnittliches
Erkrankungsrisiko 0,5-1,0%, Erkrankungen vor dem 20. Lebensjahr
machen weniger als 20% des Lebenszeitrisikos aus; ab dem
Jugendalter sind Mädchen häufiger betroffen als Jungen; gleiche
Symptomatik wie bei Erwachsenen, bei Suicidgedanken u. –
handlungen geht es häufig um ‚harte’ Methoden nach kurzer
Entscheidungszeit; das somatische Syndrom kann ab dem mittleren
Jugendalter hinzutreten; Reizbarkeit, ängstlich-phobische u.
zwanghafte Symptome u. Alkoholmißbrauch können vorkommen; auch
bei Kindern saisonale Depressionen (Herbst/Winter); hohe
Rezidivwahrscheinlichkeit (mindestens 1/3 der Pat.) durch familiäre
Belastung, Fortbestehen chronischer Belastungen u. Komorbidität
(Eltern u. Geschwister haben erhöhte Belastung mit verschiedenen
psychiatrischen Erkrankungen); bei frühem Beginn der depressiven
Episode ist der Übergang in die prognostisch ungünstigen
bipolaren Verläufe häufiger; Erhöhung des Rezidivrisikos durch
intellektuelle Retardierung u. gleichzeitige Persönlichkeitsstörung.
(Schmidt, S. 189 ff)); endogene Depressionen im Kindesalter sehr
selten u. erst ab der Vorpubertät (Möller, S. 373)
 Manische Episoden im Kindes- u. Jugendalter: sind im Jugendalter
sehr selten, in der Kindheit noch seltener; beide Geschlechter gleich
betroffen. Bipolare Episoden sind prognostisch ungünstiger als
monopolare Manie u. sind allgemein prognostisch ungünstig mit
erhöhtem Rückfallrisiko, aus diesem Grund u. wegen der sozialen u.
möglichen rechtlichen Folgen von manischen Episoden u. wegen der
Selbstgefährdung in depressiven Episoden ist Akutbehandlung u.
Rezidivprophylaxe indiziert. (Schmidt, S. 234 ff)
 depressive Phasen im Jugendalter sind schwierig zu diagnostizieren,
da meist sehr kurz, z.T. nur einige Tage lang (Tölle, S. 241)
 Beginn affektiver Psychosen im Jugendalter oft nur retrospektiv zu
bestimmen, da scheinbar unmotivierte Stimmungsschwankungen im
Reifungsalter auch sonst vorkommen (Tölle, S. 241)
 depressive Verstimmung bei Kindern sind fast immer neurotischer Art
od. chronische Depression von Kindern infolge frühkindlicher
Deprivation (Tölle, S. 246)
 melancholische Syndrome im Jugendalter können dem Beginn einer
schizophrenen Psychose vorausgehen (Tölle, S. 246)
 Phasen kürzer u. rascher; häufig rapid cycling, die schlecht auf
Medikamente ansprechen u. entsprechend ausgeprägte soziale Folgen
nach sich ziehen
 häufig ist Stimmung eher gereizt, somat. Störungen
(Appetitverminderung), wohinter sich häufig eine Depression verbirgt
(woher diese Infos?)
47
Prüfungsfragen für Psychopathologie
40.Wie ist die Ätiologie/
Pathogenese von affektiven
Störungen?
41.Was ist eine
schizoaffektive Psychose?
42.Was versteht man unter
Zyklothymia?
43.Wie sieht die
Epidemiologie von
affektiven Störungen aus?
48
 multifaktorielle Ursachen:
 Vulnerabilitätskonzept: anlagebedingte Verletzlichkeit
(Konkordanzraten bei eineiigen Zwillingen 65%, 80% bei bipolaren,
50% bei unipolaren; bei zweieiigen Zwillingen: 20%
 Abnormitäten in der Neurotransmission/Dysbalance verschiedener
Neurotransmitter: Verminderung der Neurotransmitter Noradrenalin
und Serotonin
 PA: abnorme Trauerreaktion, Objektverlust  Introjektion:
Autoaggression, Schuldgefühle (Haß auf verlorenes Liebesobjekt wird
auf eigenes Selbst gerichtet)
 Existentialphilosophie: Sinnverlust
 VT: gelernte Hilflosigkeit, Verstärkerverlust
 kognit. Theorie: depr. Kognitionen/Denkfehler: zu Person/Umwelt/Zukunft
 krit. Lebensereignisse: Tod, Scheidung, Trennung, Wochenbett
 zwischen Schizophrenie u. affektiver Psychose
 Symptome von Depression o./u. Manie u. gleichzeitig od. höchstens
durch einige Tage getrennt u. zusätzlich Symptome von Schizophrenie
Zyklothymia = andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen
Perioden leichter Depression u. leicht gehobener Stimmung  leichte,
chronische Stimmungsschwankungen mit Beginn in der Regel im frühen
Erwachsenenleben (F 34.0)
 Morbidität/durchschnittliches Erkrankungsrisiko: etwas unter 1%
 Frauen : Männer = 2:1 bei Depressionen, bei bipolaren Störungen
gleich
 der größte Teil der Erkrankungen beginnt im 3. od. 4. Lebensjahrzehnt,
der Häufigkeitsgipfel für Ersterkrankungen liegt etwas später als der
bei Schizophrenien; frühestens ab der Vorpubertät, aber in diesem
Alter sehr selten
 eine erste manische Phase tritt in früherem Lebensalter auf als eine
erste depressive
 bipolare Psychosen beginnen früher (zu ca. 20% bereits vor dem 20.
Lebensjahr) als unipolare
48
Prüfungsfragen für Psychopathologie
44. Was ist Dysthymia?
49
Dysthymia = chronische (länger als 2 Jahre dauernde) depressive
Verstimmung leichteren Grades, die nach Schweregrad u. Dauer nicht
die Kriterien für eine leichte rezidivierende depressive Episode erfüllt
(~depressive Neurose/neurotische Depression).
Nach Forschungskriterien ICD-10: mindestens 3 der Symptome meistens,
oft monatelang:
1. verminderter Antrieb od. Aktivität
2. Schlaflosigkeit
3. Verlust des Selbstvertrauens od. Gefühl von Unzulänglichkeit
4. Konzentrationsschwierigkeiten
5. Neigung zum Weinen
6. Verlust des Interesses od. der Freude an Sexualität u. anderen
angenehmen Aktivitäten
7. Gefühl von Hoffnungslosigkeit u. Verzweiflung
8. erkennbares Unvermögen, mit den Routineanforderungen des täglichen
Lebens fertigzuwerden
9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft od. Grübeln über die
Vergangenheit
10. sozialer Rückzug
11. verminderte Gesprächigkeit
 die Pat. haben gewöhnlich dazwischen zusammenhängende Perioden
45.Wie ist die Ätiologie von
Depression?
46.Was ist eine
neurotische Depression?
47.Welche
Differentialdiagnose muß
man bei neurotischer
Depression machen?
von Tagen od. Wochen, in denen sie s. gut fühlen; aufgrund des
jahrelangen Dauerns der leichten depressiven Episoden zieht die
Dysthymia beträchtliches subjektives Leiden u. Beeinträchtigungen
nach s.
 Beginn gewöhnlich im frühen Erwachsenenleben u. Dauer mindestens
mehrere Jahre, manchmal lebenslang; bei Beginn im höheren
Lebensalter häufig nach einer abgrenzbaren depressiven Episode,
nach einem Todesfall od. einer anderen offensichtlichen Belastung
 Lebenszeitprävalenz 2 bis 10% (woher?)
multifaktorielles Bedingungsgefüge:
 genetische Disposition (bei bipolarer höher als bei monopolarer
Depression)
 geschlechtsspezifischer Vulnerabilitätsfaktor bei monopolarer
Depression
 belastende Lebensereignisse (auslösende od. gar ursächliche
Funktion)
 evtl. psychologische Entstehungsbedingungen ähnlich wie bei
Dysthymia/neurotischer Depression (Hypothesen von Psychoanalyse
u. Lerntheorie)
 prämorbide Persönlichkeitsstruktur: Typus melancholicus:
gekennzeichnet durch Haften am Gewohnten, Ordentlichkeit u.
Gewissenhaftigkeit
 biochemisches Korrelat: verminderte Aktivität im Bereich
zentralnervöser noradrenerger u. serotonerger Synapsen (gilt wohl
auch für Dysthymia)
(Möller, S. 205 ff)
neurotische Depression = Dysthymia
 leichte endogene Depression/depressive Episode: bei Dysthymia
fehlen meistens Vitalsymptome, die charakteristisch bei depressiver
Episode sind; Dysthymia ist stärker durch situative Einflüsse
modulierbar, z.B. durch die Gegenwart eines Freundes od. durch
angenehme Betätigung; dysthyme Verstimmung ist meist nicht so
schwer u. führt seltener zu einer bedeutenden Einschränkung der
Alltagsfunktionen (berufliche Leistungsfähigkeit etc.)
 Anpassungsstörung: längere depressive Reaktion (unter 2 Jahre)
 schizophrenes Residuum (negative schizophrene Symptome)
 bei älteren Menschen: Demenz (oft auch depressive Symptome)
49
Prüfungsfragen für Psychopathologie
50
6Neurotische, somatoforme und Belastungsstörungen
50
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1. Was ist der Unterschied
zwischen Neurose u.
Persönlichkeitsstörung?
51
Neurose = psychische Syndrome mit unterschiedlichem
Erscheinungsbild, die durch Störungen der Erlebnis- u.
Konfliktverarbeitung bedingt sind. Im Gegensatz zu den Psychosen
besteht eine ausreichende Realitätskontrolle. Der Leidensdruck ist
meistens sehr groß.
Man unterscheidet zwischen Symptomneurosen, bei denen die
neurotische Störung in aktuellen psychopathologischen Symptomen
zutage tritt, u. Charakterneurosen, bei denen s. die neurotische Störung
in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition darstellt. (Möller, S. 246)
Neurosen sind nicht hirnorganisch bedingt (dieser Faktor kann nur in
bestimmten Fällen die Entstehung begünstigen). Sie sind in Abgrenzung
von Psychosen weniger schwere u. weniger schicksalhaft verlaufende
seelische Störungen, ohne Desintegration der Persönlichkeit u. ohne die
für Psychosen so charakteristische Realitätsbezugsstörung. Anders als
Persönlichkeitsstörungen (Charakterneurosen) äußern s. die meisten
Neurosen in bestimmten klinischen Symptomen. (Tölle, S. 40)
 Neurosen: Symptomneurosen: neurotische Störung äußert s. in
aktuellen psychopathologischen Symptomen
 Persönlichkeitsstörungen: Charakterneurosen: neurotische
Störung stellt s. in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition dar
Die (Symptom-) Neurosen sind häufige Störungen: Prävalenzrate 10%,
unter Einbeziehung leichter Fälle über 20%. Frauen erkranken etwa
doppelt so häufig wie Männer. Häufigkeitsgipfel der Erkrankungen ist im
mittleren Lebensalter.
Klinische Erscheinungsbilder:
 Angstneurose (Angststörung)
 phobische Neurose (Phobische Störung)
 Zwangsneurose (Zwangsstörung)
 depressive Neurose (neurotische Depression/Dysthymia)
 Hypochondrische Neurose (Hypochondrie)
 neurasthenische Neurose (Neurasthenie)
 hysterische Neurose/Konversionsneurose (dissoziative Störung)
 neurotisches Depersonalisationssyndrom
 psychosomatische/somatotoforme Störungen
Es handelt s. hier nur um typologische deskriptive Differenzierungen mit
starker Randunschärfe. Häufig ist es deshalb gar nicht möglich, das
Erscheinungsbild eines Pat. einem dieser Typen zuzuordnen, sondern
man muß zwei od. mehr dieser Typen zur Beschreibung heranziehen.
Differentialdiagnostisch müssen die neurotischen Störungen jeweils
sorgfältig gegenüber gleichartigen klinischen Bildern bei endogenen u.
hirnorganischen Erkrankungen abgegrenzt werden. (Möller, S. 251 ff)
Verlauf von Neurosen:
Neurotische Störungen treten meist im Zusammenhang mit
nachweisbaren situativen Belastungsfaktoren auf, mit Erlebnissen, denen
häufig erst vor dem jeweiligen Hintergrund einer speziellen Lebens- u.
Lerngeschichte der Charakter des Pathogenen zukommt. Das neurotische
Symptom bedeutet nicht nur subjektives Leiden, sondern auch Entlastung
(primärer Krankheitsgewinn) u. hat Konsequenzen, die auch einen
positiven Aspekt haben, z.B. vermehrte Zuwendung u. Befreiung von
Pflichten durch andere (sekundärer Krankheitsgewinn). Beide Arten von
Krankheitsgewinn können zur Symptomfixierung u. Chronifizierung
beitragen.
Neurotische Störungen dauern selten nur Monate, oft dauern sie Jahre.
Chronische Verläufe sind also eher die Regel. Im Rahmen erneuter
Belastungssituationen kann es zu einem erneuten Auftreten der gleichen
od. einer anderen Symptomatik kommen.
günstige Prognose:
 Phobien
 hysterische Neurose
 z.T. depressive Neurose
51
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Wie sieht die
Verhaltenstherapie bei
Neurosen aus?
52
grundsätzlich: zuerst Verhaltensanalyse: Symptomauslöser u.
symptomverstärkende Stimuli werden analysiert u. ein Therapieplan zu
ihrem Abbau aufgestellt, durch den gleichzeitig das symptomatische
Verhalten reduziert wird. Parallel dazu werden Verhaltensdefizite
eliminiert, indem kompetente Verhaltensweisen aufgebaut (u.a. nach
dem Prinzip des operanten Konditionierens) u. geübt werden (in
Rollenspielen nach dem
Prinzip des Lernens am Modell u. in der Realität)  Training sozialer
Kompetenz.
 depressive Neurose: operante positive Verstärkung von Aktivitäten
(Aktivierungsprogramm), Aktivitätstraining (Tagespläne) u. kognitive
Umstrukturierung von irrationalen negativen Kognitionen
 Angstneurose/phobische Neurose: Reizkonfrontation in sensu
od./u. in vivo: systematische Desensibilisierung; Reizüberflutung in
vivo (flooding)
 sozialphobische Neurose: Selbstsicherheitstraining (assertive
training)
 Zwangsneurose: a) bei Zwangshandlungen: Reizkonfrontation in
vivo zur bewußten Auseinandersetzung mit den angstauslösenden
Situationen u. dabei äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionen
zur Verhinderung aufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitige
Reaktionsverhinderung (response prevention) u. b) bei
Zwangsideen/-gedanken,
-befürchtungen u. –impulsen:
kognitive Selbstkontrolle (Gedanken-stop-Training) (nicht so
wirksam), auch Habituationstraining nach bewußter Provokation,
Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, was jeweils
Angstreduktion erzeugt)
(Möller, S. 277 f; Schmidt, S, 185 f)
52
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. a) Was ist ein Konflikt?
b) Was ist eine Konfliktreaktion?
53
a) Ein Konflikt kommt zustande, wenn in einem Menschen zwei
Strebungen von vitaler Bedeutung widersprüchlich bzw. (zeitlich:
gleichzeitig) unvereinbar u. unter einem Entscheidungsdruck
aufkommen.
PA: Konflikte entstehen hauptsächlich zwischen Ich u. Es bzw. zwischen
Über-Ich u. Es. Urkonflikt: Sexualkonflikt (= in weiterem Sinn
zwischenmenschlicher Konflikt).
Zu beachten sind insbesondere folgende Konflikte:
 Bereich des Habens u. Besitzens
 Nähe/Bindung versus Distanz/Trennung
 Autonomie vs. Abhängigkeit
 Macht vs. Unterlegenheit
 Bereich Aggressivität u. Rivalität
(Tölle, S. 41)
Appetenz-Appetenz-Konflikt/Annäherungs-Annäherungs-Konflikt/
Appetenzkonflikt: Zwang zur Entscheidung zwischen zwei gleich
attraktiven Gegebenheiten
Aversions-Aversions-Konflikt/Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt/
Aversionskonflikt: Zwang zur Entscheidung zwischen zwei gleich
unattraktiven Gegebenheiten
Appetenz-Aversions-Konflikt/Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt/
Ambivalenzkonflikt: gleichzeitiges Vorhandensein von gegensätzlichen
Strebungen gegenüber einer Gegebenheit
(Dorsch)
b) Eine Konfliktreaktion ist eine akute u. meist kurzdauernde inadäquate
Reaktion auf einen bestimmten umschriebenen Konflikt mit der Folge
gesundheitlicher Störungen.
≠ Neurose: kompliziertere Entwicklung gesundheitlicher Störungen, die
nicht auf einzelne aktuelle Konflikte zurückzuführen ist, sondern
inadäquate Verarbeitungen von länger anhaltenden Konflikt- u.
Frustrationssituationen, die oft in die Kindheit zurückreichen, zur
Voraussetzung hat.
Kennzeichen von ausgeprägtem neurotischen Konflikterleben: die
Person neigt zu bestimmten, weitgehend festgelegten Einstellungen u.
Verhaltensweisen u. ist wenig in der Lage, den konflikthaften Charakter
der kritischen Lebenssituation als solchen wahrzunehmen, geschweige
denn eine adäquate Konfliktbewältigung in Form der Lösung (Konflikt
bleibt bewußt od. weitgehend bewußt u. wird rational verarbeitet, die
widersprüchlichen Regungen werden im Idealfall in das Gesamterleben
integriert; auch Sublimierung, Verschiebung u.
Phantasiebefriedigungen/Tagträume) od. in Form von einem Kompromiß
zu erreichen. Wenn dann die Konfliktspannung die Tragfähigkeit
übersteigt, kann Entlastung nur durch bestimmte neurotische
Abwehrmaßnahmen (Verdrängung, Widerstand, Rationalisieren, Isolieren,
Reaktionsbildung, Projektion, Introjektion, Konversion, Vermeidung,
Regression) erlangt werden. (Tölle, S. 46 u. 43 ff)
53
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Was ist der Unterschied
zwischen Neurosen im
Kindes- u.
Erwachsenenalter?
54
Neurosen bei Kindern:
1) alterstypische kindliche Neurosen/psychoreaktive
Verhaltensstörungen: Enuresis (Einnässen, F9), Enkopresis
(Einkoten,F9), Mutismus (Störung sozialer Funktionen, F9),
Erziehungsschwierigkeiten u. Verhaltensstörungen (hyperkinetisches
Syndrom, Störungen des Sozialverhaltens, Ticstörungen; alle F9);
Sprachstörungen ( F8) sind primär keine Neurosen, sondern organisch
bedigte funktionelle Störungen.
2) frühkindliche psychoreaktive Fehlentwicklungen/
psychoreaktive Persönlichkeitsstörungen: streng genommen keine
Neurosen, sondern Persönlichkeitsveränderungen u. Behinderung in
der soz. Anpassung, die auf ein schweres u. anhaltendes emotionales
Defizit in den ersten Lebensjahren zurückzuführen sind: frühkindlicher
Hospitalismus/ Deprivationssyndrom/Verlassenheitssyndrom (Spätfolge
der zugrundeliegenden existentiellen Depression/anaklitischen
Depression ist eine tiefgreifende Kontaktstörung  gestörte Bindungsu. Liebesfähigkeit, oft dissoziales Verhalten)
(Tölle, S. 61 ff)
Im Kindesalter kommt es leicht zu umweltbedingten psychoreaktiven
Verhaltensstörungen, die oft größere Intensität, aber auch
wesentlich bessere Rückbildungstendenzen als im
Erwachsenenalter zeigen. Diese Störungen sind oft nicht rein
psychologisch durch ungünstige Umweltfaktoren o.ä. zu erklären,
sondern multikonditional zu erklären: z.B. führen die Symptome einer
minimalen zerebralen Dysfunktion in einem ohnehin problematischen
Umweltmilieu zu einer besonders ungünstigen Interaktion u. damit zur
sekundären Neurotisierung.
Frühkindlicher Hospitalismus, hyperkinetisches Syndrom,
Angsstörungen, Enuresis, Enkopresis, Stottern, depressive Störungen,
Dissozialität, Entwicklungsstörungen, Reifungskrisen/ Pubertätskrisen/
Adoleszentenkrisen (Zwangssymptome, hysterische Reaktionen,
neurasthenisches Versagen, depressive Verstimmungen,
hypochondrische Symptomatik, Derealisations- u.
Depersonalisationssymptomatik, Anorexia nervosa, Bulimia nervosa,
ggf. Suicidalität). (Möller, S. 374 ff)
5. Wo gibt es bei Neurosen
katatone Störungen?
 Kindliche Neurosen/psychoreaktive Verhaltensstörungen sind stark
umweltbedingt, entstehen schneller, haben größere Intensität, aber
auch wesentlich bessere Rückbildungstendenzen als Neurosen im Erwachsenenalter u. sind multikonditional zu erklären.
bei dissoziativen Störungen (hysterische Neurose/Konversionsneurose)
gibt es den dissoziativen Stupor (F 44.2): das Verhalten des Pat. erfüllt
die Kriterien für eine dissoziative Störung u. für einen Stupor.
Symptome des Stupors: beträchtliche Verringerung od. Fehlen
willkürlicher Bewegungen u. der Sprache sowie der normalen Reaktion
auf äußere Reize wie Licht, Geräusche od. Berührung; Pat. liegt od. sitzt
lange Zeit überwiegend bewegungslos. Der normale Muskeltonus, die
aufrechte Haltung u. die Atmung sind erhalten  Pat. schläft nicht u. ist
auch nicht bewußtlos; häufig eingeschränkte Koordination der
Augenbewegungen.
Hinweis auf die psychogene Verursachung durch kurz
vorausgegangenes belastende Ereignisse od. im Vordergrund stehende
interpersonale od. soziale Probleme.
andere Stupori: katatoner Stupor bei Schizophrenie, manischer Stupor
bei Manie mit psychotischen Symptomen, depressiver Stupor bei
schwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen
(katatoner Stupor bei schizoaffektiver Psychose? katatones Syndrom bei
exogenen Psychosen: auch Stupor?)
54
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Konversionssyndrom /
hysterische Neurose /
dissoziative Störungen
1. Was versteht man unter
einer
Konversionsreaktion?
2. Was ist ein
Konversionssyndrom?
Was sind dissoziative
Störungen/
Konversionsstörungen?
55
Konversionsreaktion = Umwandlung eines verdrängten seelischen
Konfliktes in eine körperliche Symptomatik, die den Konflikt in
symbolischer Form zum Ausdruck bringt, mit dem Ziel eines doppelten
Krankheitsgewinns: die Psyche erreicht dadurch eine Triebbefriedigung
u. damit Entlastung von innerer Anspannung (primärer
Krankheitsgewinn), u. der Pat. erhält Zuwendung u. Aufmerksamkeit
durch seine Umwelt (sekundärer Krankheitsgewinn). (Tölle, S. 68 u. 71)
Konversion im weiteren Sinn = Umsetzung eines durch unlösbare
Schwierigkeiten u. Konflikte hervorgerufenen unangenehmen Affkts in
irgeneiner Weise in Symptome. (ICD-10).
Konversionssyndrom/-störung = hysterische Neurose/dissoziative
Störung: geprägt durch psychogene Körperstörungen ohne
organischen Befund; psychogen durch enge zeitliche Verbindung zu
einem traumatisierenden Ereignis, unlösbaren od. unerträglichen
Problemen od. gestörten Beziehungen.
Allgemeines Kennzeichen der verschiedenen Konversions-/dissoziativen
Störungen ist die Dissoziation, der teilweise od. völlige Verlust der
normalen Integration von Wahrnehmung (unmittelbare Empfindungen),
Gedächtnis (Erinnerungen an die Vergangenheit), Bewußtsein
(Identitätsbewußtsein) u. Motorik (Kontrolle von Körperbewegungen).
Konversionssymptome:
motorische hysterische Symptome: Lähmungen, Krämpfe,
choreatiforme Bewegungsstörungen, Tics, psychogene
Stimmlähmung, hysterische Anfälle im Sinn einer Überstreckung der
Wirbelsäule in tonischer Verkrampfung (arc de cercle) od. mit
Zuckungen, rhythmischen Beckenbewegungen o.ä., u.a..
 sensible hysterische Symptome: Parästhesien, Anästhesien u.
Schmerzempfindungen der Haut
 sensorische hysterische Symptome: psychogene Blindheit,
psychogene Taubheit, Einengung des Gesichtsfelds im Sinn
röhrenförmiger u. anderer Skotome
 hysterische Schmerzsymptome: vielfache subjektive
Körperbeschwerden, die praktisch jede Krankheit mitieren können;
Scheinschwangerschaft
 dissoziative hysterische Symptome: Identitätsbewußtseinsstörungen

 teils dramatische Erscheinungsbilder, stark appellativer Charakter der
Störung: fordert Beachtung u. Aufmerksamkeit, beeindruckt u. beeinflußt
das Umfeld
Alle dissoziativen Zustände tendieren dazu, nach einigen Wochen od.
Monaten zu remittieren (nachzulassen), besonders, wenn der Beginn mit
einem traumatischen Lebensereignis verbunden war.
(Möller, S. 266 f)
Frauen sind häufiger betroffen als Männer, kulturelle Abhängigkeit der
Häufigkeit, Erkrankung meist in der Adoleszenz, frühes Erwachsenenalter
 demonstratives Anbieten, Ausdrucksgehalt u. Zweckgerichtetheit, der
Symptomatik sind entscheidend für die Diagnose (Tölle, S. 71)
55
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. Wie ist die Symptomatik?
56
Konversionssymptome:
motorische hysterische Symptome: Lähmungen, Krämpfe,
choreatiforme Bewegungsstörungen, Tics, psychogene
Stimmlähmung, hysterische Anfälle im Sinn einer Überstreckung der
Wirbelsäule in tonischer Verkrampfung (arc de cercle) od. mit
Zuckungen, rhythmischen Beckenbewegungen o.ä., u.a..
 sensible hysterische Symptome: Parästhesien, Anästhesien u.
Schmerzempfindungen der Haut
 sensorische hysterische Symptome: psychogene Blindheit,
psychogene Taubheit, Einengung des Gesichtsfelds im Sinn
röhrenförmiger u. anderer Skotome
 hysterische Schmerzsymptome: vielfache subjektive
Körperbeschwerden, die praktisch jede Krankheit mitieren können;
Scheinschwangerschaft
 dissoziative hysterische Symptome: Identitätsbewußtseinsstörungen

 teils dramatische Erscheinungsbilder, stark appellativer Charakter der
Störung: fordert Beachtung u. Aufmerksamkeit, beeindruckt u. beeinflußt
das Umfeld






4. Wie kann man
Konversionsstörung
„entlarven”?
5. Worin besteht der primäre
u. der sekundäre
Krankheitsgewinn?
 weitere Störungsbilder:
dissoziative Amnesie
dissoziative Fugue (psychogenes Weglaufen)
dissoziativer Stupor
Trance u. Besssenheitszustände
Ganser Syndrom (Vorbeiantworten)
multiple Persönlichkeitsstörung
 fluktuierende/flüchtige Symptomatik; selten chronisch, eher bei
motorischen Symptomen; häufiger treten Konversionssymptome der
gleichen od. verschiedener Art wiederholt auf. Die Symptomprognose ist
also i.a. recht günstig, während die zugrunde liegende neurotische
Fehlhaltung oft über lange Zeit konstant bleibt u. therapeutisch schwer zu
beeinflussen ist. (Tölle, S. 72)
allgemein: demonstratives Anbieten, Ausdrucksgehalt u.
Zweckgerichtetheit, der Symptomatik sind entscheidend für die Diagnose
(Tölle, S. 71)
 psychogene Sensibilitätsstörungen entsprechen in ihrer
Ausbreitung nicht der tatsächlichen zentralen od. peripheren
Innervation (wie bei organisch bedingten Sensibilitätsstörungen),
sondern einer vom Pat. laienhaft vorgestellten Innervation
 hysterische Anfälle verlaufen ohne Bewußtlosigkeit, ohne
Hinstürzen u. Verletzungen u. dauern länger als epileptische Anfälle;
sie sind durch suggestives od. energisches Ansprechen zu
beeinflussen u. leicht an ihrem Ausdruckscharakter erkennbar
 hysterischer Tremor wird durch Zuwendung der Aufmerksamkeit
verstärkt u. durch Abwendung u. Unbeobachtetsein abgeschwächt
od. beendet
 sensorische Symptome sind am inkonsequenten Verhalten des Pat.
schnell zu erkennen
 primär: durch die Bildung der Symptomatik wird eine Befriedigung
verdrängter Triebe u. damit Entlastung (Verringerung der inneren
Anspannung) erreicht
 sekundär: durch größere Aufmerksamkeit, Anerkennung u. Geltung
erreicht der Pat. außerdem eine narzißtische Befriedigung (äußerer
Vorteil, den der Patient nachträglich aus seinen Symptomen zieht) 
keine andere Störung ist so auf Resonanz aus der Umwelt angelegt
wie die Konversionsstörung!!!
(Tölle, S. 71)
56
Prüfungsfragen für Psychopathologie
6. Welche
Erklärungsmodelle gibt es
für die
Konversionsstörungen?
7. Was bedeutet das Wort
„hysterisch”?
8. Wie werden akute
Konversionssymptome
behandelt?
9. Wie kommt wohl ein Kind
dazu, plötzlich blind zu sein
od. taub od. gelähmt?
10. Wie ist der Verlauf von
Konversionsstörungen?
11.Wer hat den Begriff
„Hysterie“ zuerst benutzt?
12.Wie behandelt man
Konversionsstörungen?
57
 PA steht ganz im Vordergrund: unterdrückte sexuelle od. aggressive
Triebregungen od. unbewältigte Konflikte, die zwar ins Unbewußte
verdrängt wurden, deren Dynamik aber erhalten bleibt u. die in eine
körperliche Symptomatik mit symbolischem Ausdrucksgehalt
umgewandelt werden; innerseelische Konflikte werden so quasi in
eine Körpersprache übersetzt; häufig Ausdrucks- od.
Symbolcharakter; Abwehrmechanismen: Verleugnung, Verdrängung,
Verschiebung, Projektion, Identifizierung
 LT: Verhalten wurde in einer angsterzeugenden Situation zufällig
gezeigt u. konnte die Angst aus irgendeinem Grund reduzieren; daher
wird Verhalten jetzt zur Angstvermeidung eingesetzt; Lernen am
Modell kann gehäuftes Auftreten erklären  hysterische Epidemien
 (prämorbide Persönlichkeit: hysterische, wenig differenzierte,
infantile, retardierte Naturen)
 schon bei Hippokrates: hiesterikós: an der Gebärmutter leidend,
Umherschweifen der Gebärmutter im Körper, sexuelles
Unbefriedigtsein
 hauptsächlich zur Bezeichnung konversionsneurotischer Symptome
 wird heute nicht mehr verwendet, weil historisch eher negativ geprägt
akute Konversionssymptome sind möglichst schnell u.
symptomgerichtet zu behandeln u. aufzuheben (bevor sie durch
fortschreitende Konditionierung therapieresistent werden u. bevor
sekundäre organische Schäden auftreten)! Hierzu eignen s.
Suggestivmaßnahmen u. VT-Methoden, auch Hypnose.
allgemein:
 Grundlage: tragfähiger therapeutischer Kontakt
 abhängig von Art, Dauer der Störung u. Persönlichkeitsstruktur:
a) symptomgerichtet, VT: Nichtbeachten (Entzug sozialer Verstärker)
insbesondere bei dramat. Konversionsreaktionen od.
b) konfliktzentriert, PA: aufdeckend, um Symptomen die dynamische
Grundlage zu entziehen
 Kombination mit organisch anmutenden Übungsbehandlung (z.B.
Physiotherapie): Brücke bauen zum Rückzug vom Symptom!
 Entspannungsverfahren
 Beachtung des primären u. sekundären Krankheitsgewinns: nicht
einfach nur wegnehmen, sondern ein neues erstrebenswertes Ziel,
Verbesserung der gesundheitlichen od. psychosozialen Situation,
erarbeiten!
 Modellernen: es hat es vermutlich bei einer anderen Person
beobachtet
 Symptomsprache: Reaktion auf belastendes Ereignis
meist flüchtige Symptome, spontanes Abklingen der Symptome, aber
zugrundeliegendes neurotisches Konflikterleben u. Fehlhaltung bleiben
über lange Zeit konstant u. sind kaum therapeutisch zu beeinflussen
Freud, der hatte ihn von Charcot
 abhängig von Art, Dauer der Störung u. Persönlichkeitsstruktur:
a) symptomgerichtet, VT: Nichtbeachten (Entzug sozialer Verstärker)
insbesondere bei dramat. Konversionsreaktionen od.
b) konfliktzentriert, PA: aufdeckend, um Symptomen die dynamische
Grundlage zu entziehen
 Kombination mit organisch anmutenden Übungsbehandlung (z.B.
Physiotherapie): Brücke bauen zum Rückzug vom Symptom!
 Entspannungsverfahren
(Selbstsicherheitstraining, Kompetenztraining ergänzend bei VT)
Angststörungen
57
Prüfungsfragen für Psychopathologie
1. Was ist Angst?
2. Wo kommt Angst vor?
3. Wie unterscheidet man
neurotische Angst von
normaler Angst?
4. Welche Angststörungen
gibt es?
5. Wie werden
Angststörungen eingeteilt
nach ICD-10?
6. Was ist eine Phobie?
7. Wie sind Phobien
unterteilt?
8. Welche Phobie würden Sie
sich aussuchen?
58
 unangenehm erlebtes Gefühl von Bedrohung
 Angst äußert sich in Form von seelischem Erleben und körperlichen
Symptomen (u. Veränderungen des Verhaltens)
 häufig stehen körperliche Beschwerden im Vordergrund (Schwindel,
Herzklopfen, Durchfall, Harndrang, verminderte Belastbarkeit,
Agitiertheit bis zum Raptus, Hemmung bis zum Stupor)
 häufig ist die dahinterliegende Angst gar nicht bewußt
 Folgen der Angst: Angst vor der Angst, Vermeidungsverhalten,
soziale Isolierung
 behandlungsbedürftige Angst: 10%
 meistens bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern
 normale Angst
 primäre Angststörungen
 sehr häufiges Begleitsymptom im Rahmen anderer körperlicher u.
psychischer Störungen:
 Schizophrenie
 affektive Psychose (Depression)
 Zwangsstörung
 posttraumatische Belastungsstörung
 Persönlichkeitsstörung
 Delir
 Intoxikation mit Kokain, Alkohol, Halluzinogenen etc.; Entzug von
Alkohol, Opiaten etc.
 div. neurol. Erkrankungen
 div. internistische Erkrankungen
 insbesondere Differentialdiagnose zwischen Angst u. Depression!
 normale Angst: Alarmfunktion für den Organismus; löst Aktivitäten zur
Beseitung der bestehenden od. drohenden Gefahr aus
 pathologische Angst: Angstsymptome treten scheinbar grundlos u.
übermäßig auf, od. aber überhaupt nicht (z.B. Manie)
 Angstneurose/generalisierte Angststörung (frei flottierende Angst bis
zu Panik)
 phobische Angst
 Phobien: Agoraphobie (mit u. ohne Panikstörung), soziale Phobien,
spezifische/isolierte Phobien
 Panikstörung
 generalisierte Angststörung
 auf bestimmte Objekte od. Situationen gerichtete, irrationale Furcht
 Vermeidung von phobischer Situation/phobischem Objekt wird
angestrebt
 spezifische/isolierte Phobien: Angst vor best. Objekt od. Situation;
wird nur diagnostiziert, wenn Störung Leiden verursacht; Zoophobie,
Klaustrophobie, Akrophobie (Höhenangst), Examensangst 
 soziale Phobien: Angst vor Situationen, in denen die Person im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht; wird als übertrieben
erlebt, führt i.d.R. zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, häufig
Personen mit niedrigem Selbstwertgefühl; Symptome: Erröten,
Vermeidung von Blickkontakt, Händezittern, Übelkeit
 Agoraphobie (mit u. ohne Panikstörung): Angst, sich an Orten zu
befinden, in denen beim plötzlichen Auftreten von hilflos machenden
oder peinlichen Symptomen eine Flucht nur schwer möglich wäre
(Menschenmengen, öffentliche Plätze, allein Reisen, Reisen mit
weiter Entfernung); Angst vor Schwindel, Ohnmacht, Verlust von
Blasen- od. Darmkontrolle, Herzbeschwerden etc.)
eine, die man nicht mal zu therapieren braucht, weil sich das phobische
Objekt problemlos meiden läßt, ohne daß dadurch das alltägliche Leben
beeinträchtigt wird, z.B. Schlangenphobie
58
Prüfungsfragen für Psychopathologie
9. Was ist eine
Panikstörung?
 Störungen mit wiederholten abgrenzbaren Panikattacken, die

10.Was ist die generalisierte
Angststörung?
11.Wie ist die PA-Erklärung
neurotischer Angst?







12.Wie ist die
lerntheoretische
Erklärung neurotischer
Angst?



13.Wie behandelt man Phobie
am besten?






14.Wie behandelt man
Angstneurosen/generalisi
erte Angststörung?
59






unerwartet u. nicht situationsgebunden sind; mit ausgeprägten
vegetativen Symptomen: Herzklopfen, Hitzewallungen,
Beklemmungsgefühle, Zittern, Schwitzen, Atemnot,
Ohnmachtsgefühle, Angst zu sterben etc.
Sondertyp: Herzphobie: kardiale Symptomatik steht ganz im
Vordergrund (Blutdruckanstieg, Schweißausbruch, Schwindel,
Druckgefühl im Thorax)
generalisierte u. langanhaltende Angst, die nicht nur auf best.
Situationen od. Objekte bezogen ist, d.h., sie ist frei flottierend
Symptome: motorische Spannung, Zittern, Ruhelosigkeit, Atemnot,
Beklemmungsgefühle, Schwitzen, Schwindel, Reizbarkeit etc.
Symptombildung ist der Versuch, konflikthafte Strebungen durch
einen Kompromiß miteinander zu versöhnen u. dadurch das
psychische Gleichgewicht um den Preis neurotischer Konfliktlösung
zu erhalten; mißlingt eine solche Konfliktlösung, wird Angst verspührt
Ich ist nicht stabil, kann mit Signalangst nicht adäquat umgehen,
erlebt real existierenden Konflikt als überfordernd  Regression auf
infantile Ängste  generalisierte Angststörung
Auslösung von Ängsten insbesondere bei Infragestellung von Ichstützenden Mechanismen (drohender Verlust, Trennung etc.)
Aggressionshemmung u. Wendung ins Gegenteil, oft im
Zusammenhang mit Verlustängsten
Phobien: Abwehr der Angst durch Verschiebung u. Projektion einer
ursprünglich intrapsychischen Gefahrenquelle (z.B. sexuelle Konflikte,
verdrängte Phantasien) nach außen; gefürchtet wird dann nicht so
sehr das reale angstauslösende Objekt, sondern die eigentlichen,
unbewußten Phantasien, die sich mit dem Objekt assoziativ
verbinden
klassisches u. operantes Konditionieren
Angstkreis: wahrgenommene körperliche Symptome werden als
Angst gedeutet, diese subjektiv empfundene Gefahr verstärkt das
Angstgefühl, das dann wiederum im Sinne einer Streßreaktion zu
einer Verstärkung körperlicher Symptome beiträgt  Teufelskreis
Erwartungsangst bei Panikstörungen: das völlig unerwartete, nicht
kalkulierbare Auftreten der Panikattacken spielt eine wesentliche
Rolle als Verstärker (intermittierende Verstärkung!!!)
Reizüberflutung (flooding) ist die wirksamste Behandlung: Rasche
u. ausgeprägte Konfrontation mit dem maximal angstauslösenden
Reiz  Angstüberflutung; Pat. wird motiviert, solange in der Situation
zu bleiben, bis die Angst nachläßt. Durch diese Erfahrung kommt es
zur Erschöpfung der Angstreaktion i.S. einer Löschung der Kopplung
von Angstreiz u. Angstreaktion. Das Vermeidungsverhalten des Pat.
wird damit umgangen.
systematische Desensibilisierung in sensu od. in vivo
ärztliches Gespräch: ernst nehmen, aufklären
Entspannungsverfahren
kognitive Therapien
Pharmakotherapie: Benzodiazepine, Antidepressiva (insbesondere
bei Panikstörungen: Langzeitmedikation)
ärztliches Gespräch: ernst nehmen, aufklären
Entspannungsverfahren
kognitive Therapien
eher tiefenpsychologisch orientierte PT: aufdeckende
psychotherapeutische Verfahren  zugrundeliegender Konflikt wird
bearbeitet, wg. häufiger Ich-Schwäche auch stützende Elemente
Soziotherapie
Pharmakotherapie: Benzodiazepine, Antidepressiva (insbesondere
bei Panikstörungen)
 insgesamt ausgesprochene Chronifizierungstendenz
59
Prüfungsfragen für Psychopathologie
15.Wie äußert sich eine
Herzphobie?
16.Worin besteht die größte
Gefahr einer
Konfrontationsbehandlun
g?
17.Wie funktioniert
systematische
Desensibilisierung?
18. Wie ist die Ätiologie von
Angststörungen?
60
 wird unter Panikstörung subsumiert, Panikattacken bis zu 2 Std. mit
Befürchtung des Aussetzens des Herzens, Tod
 kardiale Symptomatik steht ganz im Vordergrund (Blutdruckanstieg,
Schweißausbruch, Schwindel, Druckgefühl im Thorax)
 tritt in unregelmäßigen Intervallen auf
 hauptsächlich bei jungen Erwachsenen (mehr Männer)
 neigt zu chronischem Verlauf
darin, daß man zu früh aufhört; die Kopplung von Reiz u. Reaktion muß
endgültig gelöscht werden; das geht nur, wenn die Angst so lange
ausgehalten wird, bis sie von selbst verschwindet/s. erschöpft
 Analyse der Faktoren, die für das Auftreten der Angst verantwortlich
sind
 Erarbeitung einer Angsthierarchie
 Training von Entspannungstechnik (z.B. progressive Muskelrelaxation
nach Jacobson)
 vorstellungsmäßiges Durcharbeiten der Hierarchie von unten nach
oben in einem konzentrierten u. entspannten Zustand
 dann ggf. in vivo
 psychodynamisch: Angstneurosen u. Phobien sind
Fehlentwicklungen aufgrund ungelöster Konflikte, insbesondere
im Zusammenhang mit Verlustängsten. Aggressionshemmung u.
Wendung ins Gegenteil (Reaktionsbildung) sind für Angstneurotiker
kennzeichnend (statt ursprünglicher Wut u. Ärger Ausdruck von
Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit u. Hilfsbereitschaft). Die
unbewußten Motivationen sind Ängste, die Zuwendung zu verlieren,
alleingelassen zu werden u. das Angewiesensein auf die
Anwesenheit eines anderen. Derartige Anklammerungstendenzen
weisen auf Verunsicherungen in der früheren Kindheit hin:
ausgeprägtes sexuelles u. aggressives Streben bzw. entsprechende
unbewußte Phantasien trat in Kontrast mit einer durch andauernde
Frustrierung bestimmte Atmosphäre von Versagung u. Bedrohung
(„Kas- trationsangst“ als Metapher für das Beschnittenwerden aller
expansiven Entfaltungsmöglichkeiten).
 lerntheoretisch: neurotische Angst wird als Ergebnis einer
klassischen u./od. operanten Konditionierung sowie des ModellLernens (als stellvertretendes Konditionieren: Angst durch
Nachahmung/ Imitation des ängstlichen Verhaltens einer anderen
Person) erklärt.
Kognitiv erscheint sie als Folge eines Mangels an Kontrollmöglichkeiten, die zur Bewältigung von Anforderungen notwendig sind, aber nicht
gelernt wurden; so entstehe eine angsterzeugende Auffassung von der
Welt u. eine Hilflosigkeit i.S. irrationaler Überzeugungen (Ellis).
(Tölle, S. 78)
60
Prüfungsfragen für Psychopathologie
19. Wie ist die Ätiologie von
Phobien?
61
Die Inhalte von Angst/Pobien sind so zahlreich wie die Umweltobjekte u. –
situationen der Menschen. Die Themen der Phobien dürfen nicht mit ihren
Ursprüngen verwechselt werden, sie sind lediglich deren Ersatzobjekte u.
haben z.T. Symbolcharakter. (Tölle, S. 76)

psychodynamisch: Phobien sind Fehlentwicklungen aufgrund
ungelöster Konflikte, insbesondere im Zusammenhang mit
Verlustängsten.
 lerntheoretisch: Insbesondere bei Phobien sind neben der
Konfliktgenese Lernprozesse zu beachten; sie können die
Hauptentstehungsbedingungen bilden (!). Infolge des gestörten
Verhaltens können sekundär Konflikte verstärkt werden bzw.
hinzutreten.
1) a) i.S. der klass. Konditionierung werden Phobien als gelernte
Reaktionen gesehen: ein neutraler Stimulus wird befürchtet, wenn er
mit einem unangenehmen bzw. angsterzeugenden Erlebnis gekoppelt
wird.
1) b) od.: i.S. des Modell-Lernens als stellvertretendes Konditionieren
wird eine Phobie durch die Nachahmung/Imitation des phobischen
Verhaltens einer anderen Person erklärt.
2) Phobien werden durch operante Konditionierung aufrechterhalten:
wenn angsterzeugende Situationen/Orte/Objekte umgangen werden u.
s. hieraus positive Konsequenzen (Angstfreiheit) ergeben, wird Vermeidungsverhalten systematisch aufgebaut u. dadurch der Lebensraum
des Pat. mehr u. mehr eingeengt.
 genetischer Anlagefaktor: prämorbide Persönlichkeitsstruktur:
häufig sensitiv u. übergewissenhaft
(Tölle, S. 78)
Zwangsstörung
1. Was ist Zwang/eine
Zwangsstörung?
Symptomatik?
 wiederholt u. stereotyp sich aufdrängende Gedanken, Handlungen
od. Impulse, die der Betroffene selbst als lästig u. sinnlos empfindet,
die er aber nicht unterdrücken od. unterlassen kann, da sonst
starke Angst u. Spannung entsteht
 Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiv erlebt 
Krankheitseinsicht ( ≠ Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ichsynton und werden als real akzeptiert  keine Krankheitseinsicht
(vgl. Tölle, S. 93)
 durch progrediente Ausbreitung der Zwangssymptomatik können
große Teile des Tagesablaufs für Zwangshandlungen benötigt
werden  Folge: sozialer Rückzug, Isolierung
61
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Welche Zwangssymptome
gibt es?
62
 Zwangsgedanken/-ideen: aufgedrängte, nicht unterdrückbare
Denkinhalte, die entweder selbst als sinnlos od. in ihrer Persistenz u.
Penetranz als unsinnig u. meist als quälend empfunden werden Es
handelt s. oft um aggressive, sexuelle od. obszöne Gedanken, die
Schuldgefühle wecken. Nicht selten muß gleich das Gegenteil
gedacht werden. Häufig muß der Pat. Geschehenes immer wieder
gedanklich rekapitulieren, um s. zu vergewissern, daß er es richtig
gemacht hat (Möller, S. 75 u. 260).
 Zwangsbefürchtungen: eine besondere Art von Zwangsgedanken,
zumeist mit aggressiv schädigendem, obszönen od. anderen Inhalt.
(Möller, S. 260) Sie werden von der Angst bestimmt, es könne
jemandem etwas zustoßen/zugestoßen sein, er könne abstürzen,
überfahren werden etc.. Es geht dabei vor allem um andere
Menschen (z.B. Angehörige), denen etwas passieren könne od.
passiert sei u. der Pat. sei schuld an dem Unglück (pathologische
Schuldgefühle) – weniger um die eigene Person (wie bei den
Phobien). (Tölle, S. 89)
 Zwangsimpulse: Regungen von bevorzugt aggressiver Art, die sich
sehr penetrant einstellen; sie beinhalten insbesondere aggessive
Regungen, die sich auf andere Menschen beziehen, die man
schädigen werde (weniger sich selbst); z.B. Impulse, sich aus dem
Fenster zu stürzen u. dabei dem eigenen Kind etwas antun; mit
einem Messer jemanden verletzen od. gar töten, sobald man es in die
Hand nehme; Obszönes aussprechen etc., also Impulse, Verbotenes
zu wollen, denken od. tun. Der Pat. gibt diesen Impulsen nicht nach,
aber er erlebt s. als unfrei u. bekommt bei seinem meist stark
ausgeprägten ethischen Empfinden zusätzliche Schuldgefühle u.
Ängste (Gewissensangst). (Tölle, S. 89 f). Diese aggressiven
Tendenzen werden vom Pat. häufig durch ausgedehnte abwehrende
Verhaltensweisen verhindert. (Möller, S. 260)
 Zwangshandlungen/-verhalten: in ihrer Art od. Intensität als sinnlos
erkannte u. meist als quälend empfundene, nicht unterdrückbare
Handlungen, meist aufgrund von Zwangsimpulsen od.
Zwangsbefürchtungen. Zwangshandlunhgen werden durch
Kmbination mehrerer Zwänge auch manchmal zu Zwangsritualen
ausgebaut, bei denen die Zwänge in bestimmter Reihenfolge
ausgeführt werden müssen. Viele Zwangshandlungen u. –rituale
haben etwas Magisches: wie mit einem Zauberritus soll etwas
Schlimmes ferngehalten werden. (Möller, S. 81 u. 260) z.B. Zählen,
Ordnung-Machen, Sich-Waschen, Kontrollieren. Der Pat. wehrt s.
erfolglos gegen diese unsinnigen Zwangshandlungen, denn wenn er
sie unterläßt, entsteht Angst (etwas werde verlorengehen, er werde
jem. mit Bakterien infizieren, es werde durch sein Verschulden ein
Unglück eintreten). Diese Angst kann nur durch erneute Angsthandlungen behoben werden, wenigstens vorübergehend. (Tölle, S.
90)
 Zwangssymptome haben die Tendenz, s. auszubreiten!
 komplementäres Verhältnis von Zwang u. Angst: Zwar werden
Angst/Phobie u. Zwang unterschieden: der Gegenstand einer Phobie
kann vermieden werden, während s. Zwang ständig aufdrängt. Aber klinisch hängt Zwang mit der auf bestimmte Objekte od. Situationen fixierten Angst zusammen: Zwang dient der Angstabwehr, zielt auf Absicherung. (Tölle, S. 90)
 enge Verbindung von Zwangssysmptomen, vor allem Zwangsgedanken, u. Depression: Pat. mit einer Zwangsstörung haben oft depressive Symptome, u. Pat. mit einer rezidivierenden depressiven Stö
rung können während der Episoden Zwangsgedanken entwickeln.
(ICD-10; Möller, S. 261 f)
 2/3 der Zwangspat. haben Zwangsgedanken u. -handlungen
62
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. Bei welchen Krankheiten
findet man
Zwangssymptome?
63
 anankastische Persönlichkeitsstörung (vs. anankastische/zwanghafte
Persönlichkeit/-sstruktur  noch im normal-psychologischen Bereich)
 Zwangsstörung (Zwangsneurose, anankastische Neurose)
 neurotische Verläufe mit Angst-, Depressions- od. hypochondrischer
Symptomatik, die erst später zu Zwangsphänomenen führen
(umgekehrt ist es seltener)
 rezidivierende depressive Störung (anankastische Depression)
(zwanghaftes Grübeln)
 Beginn von Schizophrenien (seltener)
 Ticstörungen: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.
160)
 Tourette-Syndrom
 organische psychische Störungen
 organische Hirnerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Epilepsie)
(Zwang wird dranghaft u. weniger ich-fremd erlebt)
 isolierte u. soziale Phobien
 Abhängigkeitssyndrome mit weitem Spektrum unterschiedlicher
Substanzen (Pat. erlebt eine Art Zwang, regelmäßig jedes nur
erreichbare Mittel zu s. zu nehmen u. entwickelt qualvolle Gefühle,
Unruhe od. körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz)
 Eßstörungen (ritualisiertes Eßverhalten)
 Zwang ist eine der häufigsten u. letztlich unspezifischen Reaktionsweisen des Menschen, wie auch Angst u. Depressivität; Zwangsphänomene sind im allgemeinen nicht auf eine Ursache zurückzuführen,
sondern multifaktoriell bedingt (Tölle, S. 91)
63
Prüfungsfragen für Psychopathologie
4. Welche
tiefenpsychologische/psy
chodynamische Erklärung
des Zwangs gibt es?
64
 Persönlichkeitsstruktur ist durch einen ausgeprägten Kontrast





zwischen Es u. Über-Ich gekennzeichnet: Triebspäre u. Gewissen
sind zugleich stark angelegt  strenge Erziehung, rigide
Sauberkeitserziehung, allg. Frustrierung der kindl. Triebbedürfnisse,
vor allem der ödipalen Regungen
Fixierung der Libido auf die anale Phase durch eine Verdrängung
der Libido in der ödipalen Phase
die Regression erscheint entwicklungsgeschichtlich interpretiert als
Rückkehr zum magischen Denken der Kleinkindzeit: die magisch
anmutenden Zwngshandlungen sollen jene Bedrohungen u. Angst
abwehren, die aus nicht eingestandenen u. verdrängten sexuellen u.
aggressiven Impulsen entstanden sind: ängstliche Sorge, jem. zu
verletzen (Messerphobie), verhüllt feindselig-ambivalente Regungen
(Wendung ins Gegenteil/Reaktionsbildung)
Feindseligkeit wendet s. offenbar primär gegen Personen, die s. den
in der Kindheit wirksam gewesenen Triebimpulsen widersetzt hatten;
die aggressiven Impulse waren umso stärker mit Angst besetzt, je
mehr sie s. auf Personen bezogen, die der Pat. gleichzeitig geliebt
hat; dieser Zwiespalt verstärkte die Gewissensangst  manche
Zwangshandlungen verraten den Charakter einer
Selbstbestrafungstendenz angesichts eines überstark
ausgeprägten Über-Ichs, das mit der Zeit die Funktion jener
verbietenden Instanzen übernommen hat, die die normale
Triebentfaltung behindert hatten
Symbolcharakter der Zwangshandlungen (z.B. Waschen):
Zwangsvorstellungen werden durch Zwangshandlungen i.S. eines
sekundären Abwehrvorgangs bekämpft, indem der Zwang auf
Schutzmaßnahmen mit Stellvertreterfunktion übertragen wird; dabei
wird im Gegensatz zu anderen Neurosen die Angst aber nicht
verdrängt, sondern bleibt im Bewußtsein (unbewußt ist jedoch der
zugrundeliegende Konflikt, z.B. ein Sexualkomplex  ambivalent
erlebte sexuelle Verunreinigung); durch Isolierung u. Verschiebung
können die Zwangsvorstellungen u. –handlungen von der Angst
getrennt werden, was aber nicht vollständig gelingt  daher leidet der
Zwangsneurotiker subjektiv besonders stark u. ist oft ernsthaft
depressiv; die zwangsneurotische Abwehr entlastet weniger als die
Konversion!
die Bildung von Zwangssymptomen ist der Versuch, die ausgeprägte
Über-Ich-Strenge u. die als antisozial erlebten Triebwünschen
miteinander zu verbinden  durch inhaltliche u. affektive Isolierung,
Reaktionsbildung, Ungeschehenmachen, Intellektualisierung
(Tölle, S. 92)
Krankheitsausbruch in der Kinderheit, Pubertät od. im Erwachsenenalter,
typisches Erkrankungsalter: 20 Jahre; 1/3 erkrankt unter 15 Jahren
64
Prüfungsfragen für Psychopathologie
5. a) Wie entsteht Zwang bei
Kindern? Gibt es
Übergänge von normalem
kindlichen Verhalten zu
zwanghaftem?
65
a) magisches Denken, repetitives Spielen als normales kindliches
Verhalten kann in (vorübergehendes) zwanghaftes Verhalten
übergehen: bei bestimmten Kindern sind diese Verhaltensweisen
sehr ausgeprägt  Diskussion, ob das Vorläufer eines Zwangs sind
 Frage, ob Diagnose nicht auch zu Stigmatisierung einerseits u.
Verstärkung andererseits führt
passagere Zähl-, Wiederholungs- u. Kontrollzwänge bis ins 7. Lebensjahr bei Vorschulkindern dienen der Sicherung od. – bei
imaginären Folgen der Nichtdurchführung – der Affektbewältigung; sie
bedürfen in der Regen keiner Behandlung u. auch keiner
Beobachtung (Schmidt, S. 185)
b) Wie alt sind die Kinder,
die erkranken?
6. Behandlung von Zwang?
b) anankastisches Verhalten i.S. von Übergenauigkeit zeigen im
Grundschulalter 3% aller Kinder ausgeprägt u. 5% der Kinder u.
Jugendlichen in leichter Form; im Schulalter u. in der Adoleszenz bei
0,5% der Kinder u. Jugendlichen ausgeprägte Zwangssyndrome mit
Bevorzugung der Jungen; oft kombiniert mit depressiven
Symptomen; vor dem 10. Lebensjahr selten; am häufigsten
zwischen 12 u. 14 Jahren, in dieser Zeitspanne ohne
Geschlechtspräferenz (Schmidt, S. 185)
kombinierter Einsatz von
 Psychopharmaka (serotonerge tricyclische Antidepressiva) u.
 Psychotherapie: ärztl. Gespräch, Verhaltenstherapie: 1) Analyse
des Zwangs u. der Situationen, in denen er auftritt; 2) a) bei
Zwangshandlungen: Reizkonfrontation in vivo, stufenweise od. in
Form von Reizüberflutung: bewußte Auseinandersetzung mit den
angstauslösenden Situationen u. dabei äußere Kontrollmaßnahmen
u. Interventionen zur Verhinderung aufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitige Reaktionsverhinderung (response
prevention); b) bei Zwangsideen/-gedanken, - befürchtungen u. –
impulsen: kogn. Therapie: kognitive Selbstkontrolle (GedankenstopTraining) (nicht so wirksam) auch Habituationstraining nach bewußter
Provokation, Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, was
jeweils Angstreduktion erzeugt; Entspannungsverfahren;
Einbeziehung der nächsten Umgebung des Patienten
 Psychopharmaka bei Kindern/Jugendlichen dann, wenn nach
dreimonatiger ambulanter od. vierwöchiger stationärer Psychotherapie
keine Besserung auftritt
7. Systematische
Desensibilisierung bei
Zwängen?
 i.d.R. keine vollständige Heilung, aber verbesserte Kontrolle
bei Zwangshandlungen: stufenweise Reizkonfrontation in vivo zur
bewußten Auseinandersetzung mit den angstauslösenden Situationen u.
dabei äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionen zur Verhinderung
aufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitige Reaktionsverhinderung
(response prevention)
(bei Zwangsideen/-gedanken, - befürchtungen u. Zwangsimpulsen:
kognitive Selbstkontrolle (Gedankenstop-Training), aber nicht so
wirksam; auch Habituationstraining nach bewußter Provokation,
Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, was jeweils Angstreduktion
erzeugt)
(Möller, S. 278; Schmidt, S. 185 f))
65
Prüfungsfragen für Psychopathologie
8. Welche Therapie würden
Sie bei Zwängen
bevorzugen? Medizinische
od. VT?
66
VT, da hierdurch direkte Effekte auf den Zwang u. auch Langzeiteffekte
erzielt werden
(Psychopharmaka wie Tranquilizer, tricyclische Antidepressiva u.
Neuroleptika haben nur einen begrenzten Einfluß auf die
Zwangssymptomatik i.S. eines indirekten Effekts, da sie zwar die
affektive Spannung u. Angst beeinflussen, aber nicht den Zwang
unmittelbar)
hohe Persistenzrate bei Zwängen u. Tendenz zur Ausbreitung der
Symptome, Zwangsrituale prognostisch ungünstig  absolute
Behandlungsindikation; Spontanremission unter 20%; je geringer der
depressive Anteil, desto chronischer der Verlauf; günstige Prognose nur
bei der Hälfte der Störungen, darunter die durch aktuelle sexuelle
Konflikte ausgelösten; bei männlichen Pat. häfiger Einmündung in eine
Persönlichkeitsstörung (Schmidt, S. 185)
Diverses
1. Was ist ein
psychovegetatives
Erschöpfungssyndrom?
2. Wie behandelt man die bei
psychovegetativen
Erschöpfungszuständen
auftretenden vegetativen
Dysregulationen?
3. Bei welchen Krankheiten
= Neurasthenie/neurasthenische Neurose (F 48.0)
Es dominieren Erschöpfbarkeit, Ermüdbarkeit, Stimmungslabilität, ggf.
mit Neigung zu subdepressiven od. apathischen Verstimmungszuständen.
Psychovegetative Störungen verschiedenster Art ergänzen das Bild,
z.B. Schwindel, Kopfdruck, Blutdruckschwankungen, kardiale Störungen,
Verdauungsbeschwerden, Blasenstörungen, Schlafstörungen etc.
Differentialdiagnose: Es handelt s. im Gegensatz zur Hypochondrie nicht
um Krankheitsbefürchtungen, sondern um vegetative
Funktionsstörungen. Das entscheidende Kennzeichen ist der Akzent,
den der Pat. der Ermüdbarkeit u. Schwäche beilegt, u. seine Besorgnis
über erniedrigte geistige u. körperliche Effizienz (≠ somatoforme
Störungen: körperliche Beschwerden u. Beschäftigung mit einer
körperlichen Krankheit).
(Möller, S. 265)
Schwere vegetative Dysfunktionen erfordern zunächst Schonung, Urlaub
od. eine Kur.
Regelmäßig ist Physiotherapie (z.B. Gymnastik, Wassertherapie) indiziert
u. oft wirksamer als Medikamente. Außerdem müssen Überlastungen
nach Möglichkeit abgestellt werden, u. die Lebensweise ist zu
korrigieren: regelmäßiges Essen ohne Eile, Entspannung u.
ausreichender erholsamer Schlaf, Ausgleich durch Sport,
Entspannungsverfahren.
An letzter Stelle stehen Psychopharmaka: können vorübergehend
angebracht sein, z.B. bei hartnäckiger Schlafstörung ein Tranquilizer.
Achtung bei Benzodiazepinen wegen der Abhängigkeitsgefahr!
(Tölle, S. 67 f)
Schizophrenie, Melancholie, Hirnkrankheiten
kommen
hypochondrische
Syndrome vor?
66
Prüfungsfragen für Psychopathologie
67
7Persönlichkeitsstörungen
1. Was versteht man unter
Persönlichkeitsstörunge
n?
Der Begriff „Persönlichkeitsstörungen“ kennzeichnet Persönlichkeiten mit
einer extremen Ausprägung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale, die
im alltäglichen Leben zu Störungen u. Beeiträchtigungen führen. Es
handelt s. dabei um überdauernde, situationsübergreifende
Persönlichkeitseigenschaften. Die Betroffenen leiden entweder an s.
selber, od. die Gesellschaft leidet an ihrer Abnormität. (Möller, S. 289)
Von „Persönlichkeitsstörung“ spricht man, wenn eine
Persönlichkeitsstruktur durch starke Ausprägungen bestimmter Merkmale
so akzentuiert ist, daß s. hieraus ernsthafte Leidenzustände o./u.
Konflikte ergeben. (Tölle, S. 105)
Abnormität in der Gesamtheit einer Person aufgrund von
Entwicklungsstörungen, die in der Kindheit od. Adoleszenz auftreten u.
im Erwachsenenalter andauern. Die gestörten Persönlichkeiten bleiben
meist ihr Leben lang gefährdet für alle möglichen Schierigkeiten mit der
Umwelt sowie für persönliche Krisen. Insbesondere das frühe u. mittlere
Lebensalter macht Störungen in der Beziehung zur Umwelt deutlich,
während es einem Großteil der Pat. gelingt, längerfristig zu einem etwas
erträglichen Arrangement mit der Umwelt zu kommen od. die Beziehungen
zur Umwelt einzuengen u. damit Schwierigkeiten zu vermeiden. (Möller, S.
291 f)
Klinische Erscheinungsbilder:











2. Was ist der Unterschied
zwischen
Persönlichkeitsstörungen u. Neurosen?
3. Was ist eine
anankastische
Persönlichkeitsstörung?
paranoide
schizoide
dissoziale/antisoziale/soziopathische/psychopathische
emotional instabile
impulsive/erregbare/reizbare/aggressive
Borderline
histrionische/hysterische/infantile
anankastische
ängstliche (vermeidende)/sensitive/selbstunsichere
abhängige/asthenische
sonstige: exzentrische, haltlose/haltschwache, narzißtische, passivaggressive, (psycho-)neurotische, unreife
(hyperthyme/zyklothyme: ICD-10: Zyklothymia)
(depressive: ICD-10: Dysthymia)
(gemütskalte)
(querulatorische/fanatische)
Neurose = psychische Syndrome mit unterschiedlichem Erscheinungsbild,
die durch Störungen der Erlebnis- u. Konfliktverarbeitung bei
ausreichender Realitätskontrolle bedingt sind u. meist sehr großen
Leidensdruck verursachen. Man unterscheidet zwischen
Symptomneurosen, bei denen die neurotische Störung in aktuellen
psychopathologischen Symptomen zutage tritt, u.
Charakterneurosen/Persönlichkeitsstörungen, bei denen s. die
neurotische Störung in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition
darstellt. (Möller, S. 246)
 Persönlichkeitsstörungen: Charakterneurosen: neurotische Störung
stellt s. in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition dar
 Neurosen: Symptomneurosen: neurotische Störung äußert s. in
aktuellen psychopathologischen Symptomen
= zwanghafte Persönlichkeit, wird geprägt von Ordnungsliebe,
Gewissenhaftigkeit, Sparsamkeit, Sauberkeitsliebe, Perfektionismus,
Kontrollneigung  starkes Über-Ich (Freud: „analer Charakter“)
67
Prüfungsfragen für Psychopathologie
68
8Diverse Störungen: Eßstörungen, Autismus, Ticstörungen, HKS
Eßstörungen
1. Welche Eßstörungen gibt es?
Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa
 Hitliste von Eßgestörten-Orten: 1. Ballettschulen, 2.
Fitness-Studios, 3. Gymnasien (Oberstufe)
 Eßstörungen sind sehr komplexe Störungen mit
vielfältigen Ursachen
 prädisponierende Faktoren: biolog. Faktoren,
spezifische Entwicklungsaufgaben (Identitätsfindung,
körperlich-seelische Entw.), Persönlichkeitsmerkmale,
Familienstruktur, soziokulturelle Faktoren (z.B.
Schlankheitswahn) 
 auslösende Faktoren: Streß, Belastungen/Konflikte 
 beschleunigende Faktoren: Diät, Gewichtsverlust 
 aufrechterhaltende Faktoren: äußere, kognitive,
affektive, viscerale Verstärkerprozesse, Hungereffekte
 ein sich selbst verstärkender Prozeß, in dem Gefühle der
eigenen Insuffizienz/Minderwertigkeit, Ohnmacht/
Hilflosigkeit, depressive Stimmung u. Gedanken sowie
Probleme in den sozialen Kontakten (starke
Einschränkung!) wichtige Komponenten sind
 Therapie: patientenbezogen u. flexibel, Bausteine aus
verschiedenen Verfahren integrieren; Zwei-PhasenProgramm von Pierloot (1982): 1.Phase
symptomorientiertes Vorgehen, 2.Phase
problemorientiertes Vorgehen. Die psychol.
Untersuchung u. Behandlung muß immer durch
medizinische Untersuchungen (Internist, Zahnarzt etc.)
u. Beobachtung bzw. Behandlung der für Eßstörungen
typischen körperlichen Symptome (Unterkühlung,
Haarausfall, Karies, Anämie, Hautveränderungen,
Störungen von Atmung u. Kreislauf, Hormonstörungen)
ergänzt werden
68
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Wodurch ist die Anorexia nervosa
gekennzeichnet, Symptomatik?
 ausgeprägte Körperschemastörung/








3. Welches Erleben ist vorherrschend?
4. Was ist der Quetelet-Index/BodyMass-Index?
69
Körperwahrnehmungsstörung (Gewicht, Größe, Form);
Pat. fühlt s. zu dick
intensive Angst, zu dick zu sein/werden, selbst bei
Untergewicht
restriktives Diäthalten bis zur völligen
Nahrungverweigerung (Gewicht wird absichtlich mind.
15% unter dem erwarteten Gewicht gehalten), extreme
Gewichtsabnahme bis zur massiven Kachexie
Gewichtsabnahme-Methoden: Vermeidung
hochkalorischer Speisen (auffälliges Eßverhalten),
selbstinduziertes Erbrechen, selbstinduziertes Abführen,
Gebrauch von Appetitzüglern, Laxantien- oder
Diurethika, übertriebene körperliche Aktivitäten
ständige Beschäftigung mit Nahrung, Essen, Gewicht
Störungen der endokrinen Funktion: primäre oder
sekundäre Amenorrhoe (Fehlen der Menstruation);
Libido-verlust
affektive Auffälligkeiten (depressive Symptome, Angst
u. Zwangssymptome)
somatische Symptome: Amenorrhoe, Hyperthermie,
Ödeme, hypotoner Blutdruck, Laguno-Behaarung,
schwere Elektrolytstörungen als Folge des habituellen
Erbrechens
Entwicklungsverzögerung: bei Einsetzen vor der
Pubertät ist Entwicklungsabfolge gehemmt (verspätete
Menarche etc.), kann aber später oft aufgeholt werden
 2 Erkrankungsgipfel: 14. u. 18. Lj.
 1% Erkrankungen
Angst (Gewichtsphobie), zwanghaftes Verhalten (bei
Anorexie), depressives Erleben
Körpergewicht geteilt durch Körpergröße in m2
Anorexie bei < 17,5
69
Prüfungsfragen für Psychopathologie
70
multifaktorielles Modell
5. Wie ist die Atiologie von Anorexie?
prädisponierende Faktoren:
 biologische Vulnerabilität (Konkordanz EZ: 50%)
 Garner:
 individuelle Prädisposition: Störungen der Entwicklung von
Autonomie und Identität, Ablösung wird schuldhaft erlebt,
Gefühl der eigenen Ineffektivität und Wertlosigkeit,
Frauenrolle nicht akzeptieren wollen, Zentralthemen:
Autonomie und Sexualität; angepaßt, leistungsorientiert,
gewissenhaft, gefügig
 familiale Einflüsse: Anpassung und Abgrenzung als
zentraler Konflikt, Verstrickung, Überfürsorglichkeit,
Rigidität, Konfliktvermeidung, Symptomwahl: Regression
auf frühere Eltern-Kind-Interaktion: Konflikt werden im
Kontext der Nahrungsaufnahme ausgetragen
 soziokulturelle Einflüsse: Familienstruktur: Rigidität,
Überbehütung, Konfliktvermeidung

Auslösende Faktoren:
Streß (Stressoren z.B. auch Hänseleien wg. Dicksein)
 Konflikte, familiäre Spannungen etc.
Beschleunigende Faktoren:
 Diät und Gewichtsverlust, Mangelernährung, psychische
Veränderungen, verändertes Eßverhalten
 Hungereffekte: Konzentrationsschwierigkeiten,
Entschlußlosigkeit, Stimmungslabilität, Schlafstörungen,
verändertes Sattheitsgefühl, durch verzögerte
Magenentleerung, Obstipation
Aufrechterhaltende Faktoren:
environmental and cognitiv reinforcement; LT: Verknüpfung
von Körpergewicht und Selbstwertgefühl, Verstärkung durch
die Umwelt, Ziele/Wertvorstellungen ändern sich, Hungern
wird zum sich selbstverstärkenden Selbstläufer, Hungern
entgleitet, Dünnsein ist am Ende der einzige Wert
70
Prüfungsfragen für Psychopathologie
6. Wie ist die Symptomatik von Bulimie?
7. Wie ist die Ätiologie von Bulimie?
8. Wie erfolgt die Therapie der Bulimie?
9. Wie ist der Verlauf bei Anorexie?
71
 Auslöser: innere Spannung, Langeweile, Einsamkeit
 unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln
 Heißhungerattacken: große Mengen hochkalorische
Speisen mit viel Süßem (bis zu 15.000-20.000 kcal)
 Betroffene wissen um die Abnormalität, empfinden i.d.R.
Leidensdruck
 Gefühl des Kontrollverlusts während Eßattacke,
fürchten, aus eigenem Antrieb nicht wieder aufhören zu
können
 intensive Furcht, zu dick zu sein/werden, selbst bei
Untergewicht
 Gewichtsreduktionsmethoden: selbstinduziertes
Erbrechen (von einmal bis 14/15mal), Laxantien-/
Diuretika-Abusus, Fastenkuren, übermäßige körperl.
Aktivität,
 nach Eßattacke depressive Verstimmung,
Schuldgefühle, Selbstvorwürfe
 ständige Beschäftigung mit Nahrung, Essen, Gewicht
 somatische Symptome: Karies!, Halsentzündungen,
Schwellungen der Wangen, Vergrößerung der
Speicheldrüse, Elektrolytstörungen
 2-4%, Dunkelziffer
 tritt etwas später als Anorexie auf
 Gewichtsschwankungen selten lebensbedrohlich
 Differentialdiagnose: (Borderline-)
Persönlichkeitsstörung, depressive Störung, Störungen
des oberen Gastrointestinaltrakts
 siehe Anorexie; warum beim einen Anorexie beim
anderen Bulimie auftritt, ist weitgehend ungeklärt
 individelle Prädisposition: affektive Instabilität,
mangelnde Fähigkeit zur Impulskontrolle
 aufrechterhaltende Bedingungen:
1. längere Fastenzeiten führen zu
2. Heißhungerattacken,
3. körperliche Angstgefühle aufgrund des Überfressens
werden wiederumd durch
4. Erbrechen/Laxanzien entlastet
5. auf die jedoch Schuldgefühle, depressive
Verstimmung u. Hoffnungslosigkeit folgen
6. die mit Fasten u. Diät beantwortet werden
 Problem: geringe Krankheitseinsicht: versteht man die
Dynamik als einen Versuch des Gewinnens von
Autonomie, dann muß man Therapie aus Sicht des
Mädchens als einen Eingriff in ihre Autonomie verstehen
 medizinisch-diätische Therapie
 pycho- u. verhaltenstherapeutische Maßnahmen
 familientherapeutische Maßnahmen
 beratende Elemente (z.B. auch zum Eßverhalten)
 strukturierte Umgebung mit klaren Zielsetzungen
 stationäre Behanldung bei ausgeprägter Erkrankung,
ambulant nur bei kurzer Krankheitsdauer
 keine Möglichkeit zum Erbrechen
 Gewichtsnormalisierung: 60%
 Normalisierung des Eßverhaltens: 44%
 Heilung: 30-50%
 chronifizierter Verlauf: 20%  30-40% lt. Payk
 Mortalitätsraten: 5-10%
 auch atypische Verläufe, Übergänge von einer Anorexie
zu Bulimie
71
Prüfungsfragen für Psychopathologie
10.Wie ist der Verlauf bei Bulimie?
72
 wenig erforscht
 chronisch intermittierende Verläufe über viele Jahre
 Prognose ist wahrscheinlich durch
Behandlungswiderstand, körperliche Komplikationen u.
Suicidgefahr beeinträchtigt
Autismus
Welche beiden Syndrome gibt es bei
tiefgreifenden
Entwicklungsstörungen?
1. Welche Typen unterscheidet man bei
Autismus?
frühkindlicher Autismus (Kanner); autistische Psychopathie
(Asperger-Syndrom)
 frühkindlicher Autismus (Typus Kanner); autistische
Psychopathie (Typus Asperger)
 Begriff geht ursprünglich auf Eugen Bleuler zurück, der
damit ein Merkmal der Schizophrenie zur Kennzeichnung
des Rückzugs von der Welt der Realität in eine
Binnenwelt benannte
72
Prüfungsfragen für Psychopathologie
2. Wie ist die Symptomatik des
frühkindlichen Autimus?
73
1. schwere u. allgemeine Störung, soziale Beziehungen
einzugehen

keine aktives Suchen von Kontakt u. Beziehung
 kein Erwidern von emotionaler Zuwendung, kein
Mitschwingen (emotionale Resonanz)
 kein Einfühlungsvermögen, Erwachsene werden als
Werkzeuge gebraucht
 kein Blickkontakt, das Kind blickt durch mich hindurch
 Lachen oder Weinen aus schwer erkennbaren
Gründen
2. Verzögerungen in der Sprache und der vorsprachlichen
Fähigkeiten
 Sprachentwicklungsstörungen: Verzögerungen,
Echalolie, Neologismen, Sprache als Spielzeug, nicht
als Kommunikationsmittel gebraucht, schrilles
Schreien, stark verspäteter Gebrauch der Ich-Form
 Mangel hinsichtlich des Einsatzes von ....................
3. zwanghafte u. ritualistische Aktivitäten, ausgeprägte
Stereotypien
 repetitives, stereotypes Spielen, zwanghaftes
Manipulieren u. Zweckentfremdung von
Gegenständen
 monotone Aktivitäten
 Veränderungsangst, fehlende Anpassungsfähigkeit,
Abwehr bei Veränderung
 intensive Bindung an Dinge, Lieblingsgegenstände,
abnorm erhöhte Beziehung zur unbelebten Umwelt
 ungewöhnliche u. ausschließliche Beschäftigung mit
Fahrplänen, Busrouten, Zahlen / Leistungsinseln:
isolierte Spitzenleistungen, insbesondere des
Gedächtnisses, insbesondere im visuell-technischen
Bereich  Verengung der Aufmerksamkeit:
Einzelelemente werden ohne den
Gesamtzusammenhang betrachtet)
 Angst vor Geräuschen, vor Lärm
 Auffälligkeiten in der Wahrnehmung:
Selbststimulationen, Autoaggressionen
 Hypermotorik u. Bewegungsstereotypien
 Augenbohren
 Beginn vor dem 30. Lebensmonat
 Intelligenz: IQ häufig im Geistigbehindertenbereich (50%)
 Abgrenzung zu Oligophrenie meist erst bei
Langzeitbeobachtung möglich; es gibt auch normal- u.
hochbegabte Autisten; 40% IQ < 50, 30% IQ ≥ 70
 Jungen: 3-4 mal häufiger
sehr seltene Störung (Prävalenz von 0,004-0,005%,
entspricht der von Blindheit)
73
Prüfungsfragen für Psychopathologie
3. Wie ist die Symptomatik beim Typ
Asperger?
4. Wie ist die Ätiologie des frühkindlichen
Autismus’?
74
Besonderheiten:
 Störung der Beziehungsfähigkeit (Blickkontakt
vorhanden, aber flüchtig), Kontakt deutlich
eingeschränkt, Humorlosigkeit, Mangel an
Einfühlungsvermögen und Distanzlosigkeit, situativ
unangepaßtes Verhalten)  wird häufig erst in der
Schule problematisch
 Sprachentwicklung oft früh, eher auf hohem
grammatikal. Kompetenzniveau, aber Mangel an
kommunikativer Abstimmung auf den Gesprächspartner
 gute Intelligenzleistungen, Originalität
 oft überbordende, sehr irreale Phantasien u.
Vorstellungen
 oft originelle, schwungvolle Zeichnungen
 häufig ausgefallene Sonderinteressen
 Fehldiagnose Hörbehinderung liegt nahe
 ungeschickte Motorik
 zwanghaft-pedantische Züge
 ausgeprägte Knabenwendigkeit: 8:1
 Beginn vor 36. Lebensmonat
 tritt später auf, da die allg. Entw.-funktionen höher
ausgeprägt sind: früher Sprachbeginn, grammatikalisch
hohes Niveau, gute u. oft überdurchschnittl. Intelligenz
Kanner:
 Signalverarbeitung, Wahrnehmungen im akustischen
und optischen Bereich
 keine allgemeine Theorie: ein normal begabter Autist ist
etwas völlig anderes als ein geistig behinderter
 genetische Faktoren: in hohem Maß genetisch bedingt 
Störungen der Mutter-Kind-Beziehung sind sekundär, als
Folge der Unfähigkeit des Kindes, Infos aus
verschiedenen Sinneskanälen zu integrieren (nicht
primär!)
Asperger:
 vererbt, ausgeprägte Knabenwendigkeit, homologe
familienanamnestische Belastung in männlicher Linie
74
Prüfungsfragen für Psychopathologie
5. Wie verläuft die Therapie?
75
Kanner:
 keine spezielle kausale Therapie
 möglichst früh, oft über viele Jahre hinweg
 bei vielen autistischen Kindern müssen zuerst einmal
Stereotypien, Selbstaggressionen od. Wutanfälle
abgebaut werden, bevor erwünschtes Verhalten
aufgebaut werden kann
 symptomatisch orientierte stark strukturierte (
berechenbare Umwelt wichtig!) übende Therapie zum
Aufbau von:
 (Blick-)Kontakt
 Sprache
 Motorik
 soziale Fähigkeiten: Kompetenz- u. Interaktionstraining
zum Aufbau in kleinen Schritten (Abbau von
Imitationsschwächen, Rollenspiele mit Videoaufnahmen)
 Versuch, mit engster Bezugsperson zusammen das
Spektrum des Kindes zu erweitern
 Aufbereitung der Aufgaben in kleinste Übungsschritte
 dann Generalisierung
 Medikamente (Neuroleptika, Fenfluramin) bei affektiven
Spitzen, (Auto-)Aggression
 kontinuierliche Eltern- und Familienarbeit
 oft gute Ansprechbarkeit auf taktiler, kinästhetischer,
musikalischer Ebene
 Prognose insgesamt eher schlecht, weil ein Großteil
auch noch geistig behindert ist
 “Verein zur Hilfe für das autistische Kind” bietet Therapie
und Unterstützung an
Asperger:
6. Wie ist der Verlauf?
7. Wie ist die Prävalenz?
8. Welche Faktoren müssen für die
Prognose berücksichtigt werden?
Ticstörungen
Lehmkuhl blinzelt!
 2/3 bleiben stark behindert (IQ als wichtiges
Vorhersagemerkmal)
 15% (high functioning-Autisten (intellektuell gut bis
hochbegabte)) Entwicklung mit Berufstätigkeit u. sozialer
Integration
 20% (high functioning-Autisten) können im Jugendalter
die Symptomatik reduzieren u. entwickeln relative
Selbständigkeit
 eine signifikante Rate entwickelt später ein Anfallsleiden
 viele müssen als Erwachsene betreut leben; sehr wenige
schaffen es, eine Partnerschaft einzugehen
 gerade high functioning-Autisten leiden unter der ihnen
bewußten Symptomatik
 kein höheres Risiko, psychotisch zu werden
(differentialdiagnostisch: in der Schizophrenie gibt es
autistische Symptome der Abkapselung von der Umwelt)
2-4 pro 10.000 Kinder  sehr selten
 Intelligenz
 Sprachentwicklung
Blinzeltic ( = einfacher motorischerTic)
75
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Was ist ein Tic?
 Unwillkürliche, plötzliche, schnelle, wiederholte, nicht










Welche Formen von Tics kann man
unterscheiden? Einteilung?
76


rhythmische, stereotype Bewegung od. Lautproduktion/
Vokalisation.
motorische Tics: unwillkürliche, plötzliche, schnelle,
wiederholte, nicht-rhythmische, stereotype Bewegung
(zumeist von umschriebenen Muskelgruppen)
vokale Tics: Lautproduktion, die plötzlich einsetzt u.
keinem offensichtlichen Zweck dient.
Beginn meist im Kindergarten- bis Grundschulalter, auf
jeden Fall vor 18. Lj. ( F9 Störungen mit Beginn in
Kindheit/Jugend)
genetisch verankerte Disposition/Vulnerabilität:
multifaktorieller Erbgang, wesentlich häufiger Jungen,
familiäre Häufung
stärker bei Erregung, Anspannung, Streß
nicht im Schlaf
können leicht willkürlich unterdrückt od. produziert
werden
treten oft zusammen mit Zwanghaftigkeit od.
hypochondrischen Symptomen auf
vermutlich kontinuierliches Störungsbild mit einem Pol
der vorübergehenden Ticstörung u. anderem Pol der
kombinierten vokalen u. multiplen motorischen Tics
(Tourette-Syndrom)
10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit eine
vorübergehende Ticstörung!
Differentialdiagnose: Autismus oder
Intelligenzminderung (hier manchmal rhythmische
stereotyp-repetitive Bewegungen, komplexere u.
variablere manierierte Bewegungen),
Zwangshandlungen (deren Ausgestaltung ist eher durch
den Zweck, z.B. ein Objekt in bestimmter Häufigkeit zu
berühren oder umzudrehen, bestimmt als durch die
betroffene Muskelgruppe), Hyperkinetisches Syndrom
(Tics: beschränkt auf kleine Muskelgruppen)
vorübergehende/passagere/akute/transitorische (oft nur
wenige Tage bis Wochen) versus chronische (länger
als 1 Jahr) Formen
einfache/isolierte versus komplexe/multiple/generalisierte Tics (mit Befall mehrerer Körperzonen und evtl.
wechselnden Lokalisationen)
76
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie ist die Symptomatik von Ticstörungen?
77
 Uuwillkürliche Lautproduktionen (vokale Tics) oder
Bewegungen (motorische Tics), die plötzlich einsetzen u.
keinem offensichtlichen Zweck dienen.
 plötzlich einschießend, repetitiv, unregelmäßig, nicht
vom Willen gesteuert, offensichtlich zwecklos,
Bewegungen auf einige umschriebene Muskelgruppen
beschränkt
 Auslösende Faktoren:
- psychosoziale Belastung
- somatische Belastung
 sensorischer Reizzustand
(eine Art “Aura” in Form einer subjektiv spürbaren,
zunehmenden Anspannung)
 Ablauf eines Tics:
Am Anfang steht ein sensorischer Reizzustand, dem
eine motorische/vokale Entladung folgt, die für eine
gewisse Zeit die Spannung auflöst (vgl. Niesen,
Schluckauf); auch im Schlaf möglich (≠ ICD-10) 
Enthemmungsphänomen
 Tics werden durch Spannung verstärkt u. können jedes
Körperteil befallen, tun dies aber in der Regel nur an
solchen, die sonst mit sinnvollen Bewegungen
verbunden sind
 motorische Tics treten früher als vokale Tics auf, breiten
sich vom Gesicht auf den Schultergürtel aus.
Zwangsphänomene sind die späteste Manifestation
 häufige einfache motorische Tics: Blinzeln, Kopfschütteln
oder -werfen, Schulterzucken, Grimassieren;
sonst auch noch: Augenbrauen hochziehen, Beugen/
Schleuderbewegungen von Armen oder Beinen
 häufige komplexe motorische Tics: Sich-selbst-Schlagen, Springen, Hüpfen;
sonst auch noch: Klatschen, Wurfbewegungen, windende
Körperbewegungung
 häufige einfache vokale Tics: Räuspern, Bellen,
Schnüffeln, Zischen;
sonst auch noch: Hüsteln, Pfeifen, Grunzen, Schnalzen
 häufige komplexe vokale Tics: Echolalie (Wiederholung
best. Wörter), Koprolalie (sozial unannehmbare, obzöne
Wörter), Palilalie (Wiederholung eigener Laute und
Wörter)
Diagnostische Zuordnungsregeln:
 vorübergehende Ticstörungen (motorische u. vokale):
Dauer nicht länger als 12 Monate hintereinander, die
motorischen Tics bleiben meist auf das Gesicht
beschränkt
 chronische Ticstörungen (motorische u. vokale):
Dauer länger als 12 Monate hintereinander, bei
motorischen Tics Ausbreitung auf den Schultergürtel
 Tics nehmen mit absteigender Position am Körper in der
Häufigkeit ab, meistens Gesicht
 können durch bewußte Kontrolle zumindest kurzfristig
unterdrückt/reduziert werden
 besonders bei schweren Formen Kombination mit
anderen psychischen Symptomen: hyperkinetische
Symptome (40%), Störungen der Aufmerksamkeit,
Lernstörungen, Angst, depressive Verstimmung,
Zwanghaftigkeit
 häufiges Begleitsymptom bei Tourette-Syndrom:
gestische Echopraxie (Bewegungsimitation)
77
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie ist die Epidemiologie?
Welche Differentialdiagnose?
Wie ist die Abgrenzung Tic - Zwang?
Was sind die häufigsten Tics?
78
 Beginn meist im Kindergarten- bis Grundschulalter (auf
jeden Fall vor 18. Lj.  F9 Störungen mit Beginn in
Kindheit/Jugend), Altersdurchschnitt: 7 Jahre
 90% aller Ticstörungen vor 12. Lj.
 ~8% aller 6-Jährigen, 10% aller 10-/11-Jährigen
 4-5-Jährige: häufigste Tics vorübergehende einfache
motorische Tics: Blinzeln, Kopfschütteln, Grimassieren
 10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit eine
vorübergehende Ticstörung!
 motorische Tics häufiger als vokale
 wesentlich mehr Jungen als Mädchen
 40% der ausgeprägten Syndrome in Kombination mit
Hyperkinetischem Syndrom
 Tourette-Syndrom: Prävalenz von 0,03%
 Hyperkinese (Tics sind auf kleine Muskelgruppen
beschränkt)
 Stereotypien (nicht anfallsartig, häufig komplexere und
variablere Bewegungsabläufe)
 Zwangshandlungen (Abgrenzung schwierig, da häufig
assoziiertes Auftreten von Tics mit Zwanghaftigkeit)
 Intelligenzminderung
 Autismus
 konversionsneurotische Symptome
Zwangshandlungen: Ausgestaltung ist durch den Zweck,
z.B. ein Objekt in bestimmter Häufigkeit zu berühren od.
umzudrehen, bestimmt (u. nicht durch die betroffene
Muskelgruppe wie beim Tic)
am häufigsten vorübergehende einfache motorische
Tics: Blinzeln, Kopfschütteln, Grimassieren (Alter meist 4-5
Jahre)
außerdem häufige andere Tics:
- (vorübergehende) einfache vokale Tics: Räuspern, Bellen,
Schnüffeln, Zischen
- komplexe motorische Tics: Sich-selbst-Schlagen, Springen, Hüpfen
- komplexe vokale Tics: Wiederholung best. Wörter, Kopro
lalie (Wiederholung sozial unannehmbarer, obzöner Wör
ter), Palilalie (Wiederholung eigener Laute u. Wörter)
Welche Umstände gehen einem Tic
voraus?
 10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit eine
vorübergehende Ticstörung!
 Auslösende Faktoren:
- psychosoziale Belastung
- somatische Belastung
 sensorischer Reizzustand
78
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie ist die Behandlung von Tics?
Welche Sonderform gibt es?
Sind Tics nur am Oberkörper?
Wie ist die Ätiologie?
79
 vorübergehende Tics (bei Behandlungsbedarf):
reagieren im Sinn der Streßverminderung auf
Entspannungsverfahren (autogenes Training)
 chronische Tics u. Tourette:
VT-Kombination: Training der Reaktionsumkehr (habit
reversal):
1. Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)
2. Entspannungsverfahren
3. Training inkompatibler Reaktionen (incompating
response) Focussierung auf die automatisiert ablaufenden
Tics und Kontrolle  Symptomverschiebung:
- bei motorischen Tics: motorische Gegenantwort (z.B.
bei Nasentic: Bewegung der Oberlippe einüben)
- bei vokalen Tics: Atemtechnik
4. Kontingenztraining: den neg. Aspekt u. die pos. Folgen de
Symptomverschiebung herausarbeiten, positive
Verstärkung der inkompatiblen
Reaktionen/Gegenantworten
5. Generalisierungstraining
 gute Therapieerfolge bei motivierten u. gut strukturierten
Patienten; aber oft nur passagere Verbesserung  dann
medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika für
durchgreifende Verbesserungen (Nebenwirkungen!)
Tourette-Syndrom (Gilles-de-la-Tourette):
Kombinierte vokale u. multiple motorische Tics
Form, bei der es gegenwärtig oder in der Vergangenheit
multiple motorische Tics u. einen oder mehrere vokale Tics
gibt bzw. gegeben hat, nicht notwendigerweise gleichzeitig.
Gewöhnlich Vorgeschichte motorischer Tics vor Entw.
vokaler. Häufig Verschlechterung der Symptome in
Adoleszenz, meist persistiert die Störung bis ins
Erwachsenenalter  progressive, chronische Verlaufsform.
Tics können für kurze Zeiträume willkürlich unterdrückt
werden.
 vokale Tics: einfache wie Räuspern u. Grunzen,
komplexe wie Echolalie, Palilalie, Koprolalie,
 Verstärkung der Tics durch Streß
 Komorbidität: soziale Schwierigkeiten/Ängste immer,
Zwangsstörung, Hyperaktivität, depressive Störung,
Lern-/Leistungsstörung
Nein, aber überwiegend im Gesicht od. motorische Tics
auch im Schulterbereich, seltener sind auch die Beine
betroffen (Hüpfen, Springen, Körper winden, Beine
beugen/schleudern!)
 Ätiologie ungeklärt, multifaktoriell: genetische (familiäre
Häufung) u. hirnorganische Vulnerabilitäten (Überschuß
an Dopamin in bestimmten neuronalen Kreisen),
psychosoziale Stressoren, ängstlicher Rückzug
 partielle Reifungsverzögerung bei transienten Tics (meist
verknüpft mit Sprachstörungen u. Enkopresis); später
reifende frontale Mechanismen erlauben eine teilweise
(kompensatorische) Kontrolle
 PA: symbolischer Ausdruck von Konflikten, Abfuhr von
aggressiven u. sexuellen Impulsen
 LT: Reaktion, die in einer Spannungssituation zufällig
eine Angstreaktion bewirkt hat u. somit als
triebreduzierende Vermeidungsreaktion fungiert
79
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie ist die Therapie bei Tics?
Welche Probleme gibt es bei der
Therapie?
80
 Aufklärung und Beratung der Eltern, Identifizierung
möglicher Spannungen
 Entspannungsverfahren (autogenes Training) bei
vorübergehenden Tics (bei Behandlungsbedarf):
reagieren im Sinn der Streßverminderung
 hochpotente Neuroleptika (weil cerebrale Störung) bei
 Tourette
 chronischen vokalen und motorischen Tics
 Tics nach Gabe von Stimulantien, die nach Absetzen der
Medikation nicht abgeklungen sind
 Tics, die in Verbindung mit Zwangssymptomen und
autodestruktivem Verhalten (Selbstverletzungen wie Sichselbst-Schlagen, -Beißen) auftreten
 VT-Kombination: Training der Reaktionsumkehr (habit
reversal)
 VT in Form negativer Übung ( = paradoxe
Intervention, Symptomverschreibung): exzessive
Produktion der Symptomatik über lange Phasen (ganze
Therapieeinheiten) hinweg; man geht davon aus, daß es
so zu einer konditionierten Hemmung im Sinne einer
Erschöpfungsreaktion kommt
 auch VT: Nichtbeachtung u. somit Verstärkerentzug,
Selbstkontrolltechniken
 Nebenwirkungen der Neuroleptika
 keine Compliance bei VT, weil negatives Üben
unangenehm ist
 oft Bagatellisierung der Symptome durch Patienten
 oft nur passagere Verbesserungen bei VT-Kombination
Hyperkinetisches Syndrom (HKS)
80
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Was ist HKS?
81
3-6% Prävalenz
Knabenwendig: in Feldstichproben 3:1; in Klinikstichproben
6:1
3 Kardinalsymptome:
1. Aufmerksamkeitsstörungen (Ablenkbarkeit)
2. Impulsivität (kognitiv, motivational, emotional)
3. Hyperaktivität
 deutlich stärker ausgeprägt, als bei durchschnittlichen
Kindern im gleichen Alter bei gleicher Intelligenz
häufig dazu geringe Frustrationstoleranz u. Aggressivität
Komorbidität/Begleit-/sekundäre Symptome:
 oppositionelle/dissoziale Verhaltensstörung: 30-50%
 Lernstörungen: 20-30%
 Angststörungen: 20%
 emotionale Störungen (vor allem depressive): 15%
ICD-10:
 F90.0 Einfach Aufmerksamkeits- und
Hyperaktivitätsstörung (3 Symptome +
situationsübergreifend + Beginn vor dem 6. Lj.)
 F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (3
Symptome + situationsübergreifend + Beginn vor dem 6.
Lj. + aggressive Verhaltensweisen)
 Ätiologie: (fragwürdige psychol. Annahme: Auswirkung
geschlechtsspezifischer Sozialisation) genetische
Disposition, Zusammenhänge zwischen Alkohol- u.
Nikotin-konsum der Mutter in Schwangerschaft u.
Hyperaktivität (vgl. Embryopathie),
Nahrungsmittelallergie. Genetische Erklärung u. AllergieErklärung schließen sich nicht aus (vgl. Studie England
mit extremer Reis-/Truthahndiät): Bei Asthmatikern u.
Neurodermitikern gibt es eine gewisse Häufung der
Hyperaktivität  kann aber auch Folge der allergischen
Erkrankung sein.
 Verlauf:
- Säuglingsalter: sehr hohes Aktivitätsniveau, ungünstige
Konstellation/mangelnde Passung von schwierigem
kindlichen Temperament u. negativ-kontrollierender
Erziehung (vgl. Temperamentforschung von Thomas &
Chess), Gesundheitsprobleme, Entwicklungsverzögerungen
- Vorschulalter: Hyperaktivität (ziellos), geringe Spielintensität u. –dauer, Entwicklungsdefizite, oppositionelles
Verhalten, mindestens 50%-ige Stabilität der Sympto
me von 3 bis 6 Jahren
 Risikofaktoren: hyperkinetische Störung der Eltern,
Nikotin- u./o. Alkoholmißbrauch in Schwangerschaft,
Gesundheitsprobleme der Mutter in Schwangerschaft,
geringes Bildungsniveau der Eltern, überlastete Eltern/
alleinerziehende Elternteile, negativ-kontrollierende
Erziehung (sehr strikt, Mangel an positivem emotionalen
Austausch), inkonsistente Erziehung (Mangel an Regeln/
Kontrolle bzw. Inkonsequenz im Umgang)
81
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Welche Therapie ist bei HKS indiziert?
82
3 therapeutische Zugänge/Interventionen:
1. elternzentriert: Aufklärung u. Beratung, Durchbrechen
des Teufelskreises bei nachgiebigen Eltern  Regeln für
Kinder werden mit den Eltern abgesteckt, diese Regeln
müssen befolgt werden; unmittelbare Konsequenzen, da
HKS-Kinder nicht auf Belohnungsaufschub reagieren;
Eltern-Kind-Therapie
2. patientenzentriert: Aufklärung u. Beratung, Selbstinstruktionstraining zum Aufbau von Spielintensität, TokenSysteme, Selbstkontroll- (-management)Training, social
skills-Training, medikamentöse Behandlung mit Psychostimulantien/Amphetaminen (Captagon, Ritalin), Diät
 Probleme dort behandeln, wo sie auftreten!
3. schulzentiert: Aufklärung u. Beratung, eventuell Interventionen in Schule/Kindergarten
9Therapie
Beschreiben Sie Reizkonfrontation mit
response prevention im Unterschied zu
anderen VT-Methoden!
Was sind Konfrontations- /
Expositionsverfahren?
Was ist exposure?
Was ist response prevention?
Was ist flooding/Reizüberflutung?
wird bei Zwangshandlungen durchgeführt: stufenweise
Reizkonfrontation (systematische Desensibilisierung) in vivo
zur bewußten Auseinandersetzung mit den
angstauslösenden Situationen u. dabei äußere
Kontrollmaßnahmen u. Interventionen zur Verhinderung
aufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitige
Reaktionsverhinderung (response prevention)
Verfahren zur Konfrontation mit Angst; Prinzip der
Konfrontation mit Angst ist exposure: Pat. muß s. der Angst
aussetzen, bewußte Auseinandersetzung mit der
angstauslösenden Situation, Pat. muß in der Situation
bleiben u. Angst aushalten
3 Arten der Konfrontation:
1)gestufte Reizkonfrontation in sensu = systematische Desensibilisierung
2) gestufte Reizkonfrontation in vivo = Habituationstraining
3) massierte Reizkonfrontation = Reizüberflutung/ Angstüberflutung (flooding)
eventuell zusätzlich:
Reaktionsverhinderung (response prevention): Pat. wird
durch äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionen an
Reaktionen/Symptomen auf die Angst gehindert 
gleichzeitige Reaktionsverhinderung
Transparenz des Vorgehens
Phasen der Konfrontationstherapie:
1. Analyse der angstauslösenden Bedingungen u.
Situationen
2. Erklärungsmodell: z.B. Teufelskreis: Angst vor der Angst
3. Konfrontation, Patient muß in der Situation bleiben, bis
die Angst geringer wird, Beendigung erst nach Abnahme
der Angstreaktion; Reaktionsverhinderung vor allem bei
Zwangshandlungen
82
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Was
ist
Desensibilisierung?
1.
systematische
83
Prinzipien:
sukzessive Approximation: langsame Annäherung an
gewünschtes Verhalten
Gegenkonditionierung: Entspannung vs. Angst
Phasen:
1. Analyse der Faktoren, die für das Auftreten der Angst
verantwortlich sind
2. Erarbeitung einer Angsthierarchie
3. Training von Entspannungstechnik (z.B. progressive
Muskelrelaxation nach Jacobson)
4. vorstellungsmäßiges Durcharbeiten der Hierarchie von
unten nach oben in einem konzentrierten u. entspannten
Zustand
Therapiekonzepte bei Angststörungen?
2 Arten:
1) in sensu
2) in vivo (Habituationstraining)
Selbstinstruktionstraining nach Meichenbaum u. Goodman
Ziel: bei Auftreten von Angst sollen angstbewältigende
Selbstinstruktionen zum Einsatz kommen
willentliche Herbeiführung von Ängsten
Ziel: direkte, ehrliche und angemessene Ausdruck von
Gefühlen; Klient soll in die Lage versetzt werden, seine
Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und durchzusetzen
Übung konkreten sozialer Fertigkeiten und Vermittllung
entsprechender Problemlösefähigkeiten
Modellernen, Rollenspiel
s.o.
Therapiekonzepte bei Psychosen?
s.o.
Therapiekonzepte bei Depressionen?
s.o.
Welche kognitiven Verfahren kennen Sie
(zur Angsttherapie)?
Was sind paradoxe Interventionen?
Was ist Selbstbehauptungstraining?
Worum geht es bei Assertiveness- od.
Selbstsicherheitstraining?
Pharmakotherapie
Was ist Lithium? Zusammensetzung?
Lithium-Salz: einwertiges Metall aus der Gruppe der AlkaliMetalle zur Rezidivprophylaxe von manischen u.
schizomanischen Psychosen
83
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Wie wirken Lithiumsalze?
84
Genauer Wirkmechanismus ist unbekannt; es wird
vermutet, daß eine Einflußnahme auf den zellulären
Calcium-Membrantransport erfolgt (Möller).
Neurochemische Beeinflussung von adrenergen,
cholinergen, GABAergen u. peptidergenSystemen,
Stimulation der aminergen Transmission (Dorsch).
antimanisch, rezidivprophylaktische Behandlung manischer
Psychosen u. Manien
undramatische Nebenwirkungen:
 Appetitverlust, Übelkeit, Durst etc.
 Gewichtszunahme, Ödeme (Wassereinlagerungen)
 Zittrigkeit (der Hände)
 Schilddrüsenvergrößerung
Blutkontrollen zur Vermeidung von Überdosierung/
Intoxikation/zu hohem Lithium-Spiegel vor allem in den
Wochen der Einstellungsphase sehr wichtig!!!
Wie kommen diese Krampfanfälle
zustande?
Wie wirken Neuroleptika?
Vergiftungserscheinungen:
 Muskelzuckungen (der Hände)
 Durchfall, Erbrechen
 Abgeschlagenheit/ Schläfrigkeit
 Schwindel
 Delirium
 Krampfanfälle (bis zum Tod!)
ähnlich wie epileptischer Anfall (Gehirn-Unter- oder
Überversorgung)
Neuroleptika = Substanzen, die vor allem psychotische
Denkstörungen, Angst, Erregung u. motorische Unruhe
reduzieren. Wirkung:
 antipsychotisch: bekämpfen psychotische Phänomene
durch Eingriff in zentralnervöse Transmittersysteme:
postsynaptische Dopamin-Rezeptor-Blockade
(Hypothalamus, limbisches System, Basalganglien); wie
sie genau wirken, ist bislang unbekannt;
syndrombezogenes Wirkprofil, keine nosologisch
spezifische Wirksamkeit; neuroleptische Potenz
(hochpotent, mittelpotent u. niedrigpotent) ist abgeleitet
aus der benötigten Menge für eine ausreichende antipsychot. Wirkung
 zentral dämpfend/sedierend: Verlangsamung
 außerdem antiemetisch, anticholinerg, sympatholytisch,
lokalanästhetisch)
1. klassische Neuroleptika:
Effekte vor allem auf die akuten psychot. Symptome (produktive Symptome, Erregung, Unruhe, Insomnie)
- hochpotent (z.B. Haloperidol (Haldol), Fluspirilen (Imap))
- mittelpotent (z.B. Perazin (Taxilan))
- niedrigpotent (z.B. Promethazin (Atosil))
2. atypische Neuroleptika:
stärkere Effekte auf die begleitende Minus-/ Negativsymptomatik, besonders gute extrapyramidalmotorische Verträglichkeit (z.B. Clozapin (Leponex), Risperdon (Risperdal))
84
Prüfungsfragen für Psychopathologie
Welche Nebenwirkungen haben
Neuroleptika?
Was sind die Auswahlkriterien für
Neuroleptika?
Was sind die Zielsymptome bei
Schizophrenien?
Was für eine Wirkung haben Neuroleptika
bei Kindern?
Welche Nebenwirkungen haben
Antidepressiva?
85

extrapyramidalmotorisch: starke extrapyramidale
Nebenwirkungen (z.B. Halsverrenkungen, Zunge-Herausstrecken), Verlangsamung, Frühdiskenisien (frühe
Störungen im geordneten Bewegungsablauf),
Parkinsonoid, Akathisie (Sitzangst, Unfähigkeit, längere
Zeit zu sitzen), Spätdyskinesien (in 15% der Fälle, häufig
irreversibel!)
 hochpotent: sehr stark; niedrig- u. mittelpotent: gering
 psychisch: sedierend  niedrig- u. mittelpotente: stark;
hochpotent: gering
 endokrin: durch Prolaktinanstieg Amenorrhoe
(Menstruatinsstörungen), Galaktorrhoe (Milcheinschuß u.
–absonderung), weibl. Brustbildung bei Männern,
Libidoreduktion
 vegetativ: Tachycardie (Herzrasen),
Kreislaufschwankungen  niedrig- u. mittelpotent: stark;
hochpotent: gering
 Senkung der Krampfschwelle
1. Zielsymptome
2. Wirksamkeit, Medikamenten-Anamnese
3. Compliance
a) Depot: ja/nein
b) Risikokontrolle
4. Nebenwirkungen
a) Alter u. Geschlecht
b) Sedierung ja/nein
c) besondere Umstände (z.B. bekanntes Anfallsleiden)
1. psychotische Akutsymptomatik (produktive Symptome,
Erregung, Unruhe, Insomnie)
2. begleitende Minussymptomatik
3. Katatonie
4. Angst
5. persistierende Minussymptomatik
6. Depression
Tölle:
„Bei schizophrenen Jugendlichen, die anamnestisch
Hinweise auf eine frühkindliche Hirnschädigung od. andere
organische Risikofaktoren bieten, erlebt man nicht selten,
daß sie auf Neuroleptika paradox reagieren, mit
vermehrter Unruhe, Angst u. anderer Symptomatik. Sie
sprechen oft besser auf Benzodiazepine an.“ (S. 223)
Antidepressiva = Substanzen, die die Symptomatik
depressiver Erkrankungen reduzieren, also insbesondere
stimmungsaufhellend wirken.
Substanzgruppen: Trizyklika (klass.), Tetrazyklika, MAOHemmer
Wirkprinzip: Eingriff in zentralnervöse Transmittersysteme
- traditionelle Erklärung: Anreicherung von Noradrenalin
bzw. Serotonin im synaptischen Spalt
- neuere Erklärung: komplizierte Anpassung der Sensibilität
noradrenerger u. serotonerger Rezeptoren im Gehirn, die
insgesamt zu einer Verbesserung der Übertragungsmög
lichkeiten an den Synapsen führen
Nebenwirkungen (klass. trizyklische Antidepressiva!):
 psychisch: sedierend (oft erwünscht!), Getriebenheit u.
Schlaflosigkeit, dysphorische Verstimmungen,
Wesensänderungen (Antriebs- u. Affektinsuffizienz)
 vegetativ: atropinartige Wirkungen (trockene
Schleimhäute, Akkomodationsstörungen, Hyperthermie
etc.), Tachycardie (Herzrasen), arterielle Hypotension (s.
Gesichtsblässe), Magen-Darm-Störungen/Obstipation
(Verstopfung)
 endokrin: Galaktorrhoe (Milcheinschuß/-absonderung)
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Prüfungsfragen für Psychopathologie
10Prognosen
günstige Prognose (+)
vorübergehende Ticstörung (kann Tage od.
Wochen dauern)
Enuresis (gute Heilungschancen)
Schulphobie u. andere spezifische Phoben (gute
Heilungschancen)
Trennungsangst, Geschwisterrivalität
 emotionale Störungen verlaufen kurz,
Schweregrad ist mäßig; reicht nicht für Diagnose
von Neurose od. Psychose)
ungünstige Prognose (-)
Verhaltensstörungen (HKS)
Lernstörungen (chronisch)
Anorexie (5-10% sterben ???)
Autistische Störung
Lebensweise)
(nur
1/3
unabhängige
Rett-Syndrom
(Tod
spätestens
im
4.
Lebensjahrzehnt)
Schizophrenie (die schwerwiegendste Erkrankung)
organische Psychosen (Demenz)
antisoziale Persönlichkeit
somatoforme
Störungen
(eher
längerfristig
verlaufend)
Agoraphobie (Verlauf eher chronisch)
soziale Phobie (Verlauf eher chronisch)
generalisierte
Angststörung
(Verlauf
eher
chronisch)
Zwangsstörung (Verlauf eher chronisch)
Hypochondrische Störungen
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Prüfungsfragen für Psychopathologie
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11Welche Störungen sind häufig/am häufigsten vertreten bei ...
Kindern
Jungen
Mädchen
Männern
Frauen
niedrigem IQ
niedriger sozialer Schicht
 Angststörungen (6-8% der Kinder & Jugendlichen)
 HKS (3:1)
 Verhaltensstörungen (2:1)
 Leserechtschreibstörung 3-4:1
 Autismus (Kanner: 3-4:1; Asperger 8:1)
 Ticstörungen (3:1)
 Enuresis
 Enkopresis 3-4:1
 Zwangsstörungen in Kindheit/Jugend
 Bulimie, Anorexie (nur 5-10 % der Eßgestörten sind Männer)
 Rett-Störung
 antisoziale Persönlichkeitsstörung (3:1)
 Paraphilien/Störungen der Sexualpräferenz (nur Männer)
 Zwangsneurose
 sensitive Persönlichkeitsstörung
 Alkoholabhängigkeit?
Depression, Dysthymia (2:1)
Phobien (außer soziale) 80%
Angstneurosen
Konversionsstörung
Somatisierungsstörung 95%
Persönlichkeitsstörungen ???
Autismus (70% Intelligenzgeminderte, 50% geistig behindert)
Pica
Schizophrenie
geistige Behinderung
HKS
Schizophrenie
Pica
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Prüfungsfragen für Psychopathologie
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12Diverses
1.Welche Erkrankung
würden Sie sich
wünschen
(entsprechend des
Behandlungserfolges u.
emp. Kenntnisse)?
2.Welche Störung
würden Sie Ihrem Kind
wünschen?
3.Wie erfolgt
psychiatrische
Diagnostik bei Kindern
u. Jugendlichen?
4. Wie sieht die
Therapie bei
phobischer Störung im
Kindesalter (z.B.
Phonophobie: Angst vor
Lärm/ Knallen) aus?
 Schlangenphobie
 Anpassungsstörung: kurze depressive Reaktion
 vorübergehende Ticstörung
Intelligenztests, projektive Verfahren (TAT, Family-Relations-Test, PFT,
Rorschach-Test), Jugend-Selbst-Report (Youth Self Report YSR von
Affenbach), Elternfragebogen, Lebensqualität-Fragebogen für Eltern u.
Kinder, Selbst- u. Fremdanamnese, Teacher Report Form (TRF), Child
Behavior Checklist (CBCL, Elternfragebogen), CASCAP-D
VT: 1) funktionale Analyse, klass. konditionierte Angstreaktion, Lernen am
ängstlich-überbehütenden Muttermodell, Bekräftigungslernen.
2) Therapie: nach Erstellung einer Angsthierarchie durch ein
Angstthermometer Expositionsbehandlung zur Desensibilisierung mit vielen
Abstufungen. Expositionen müssen häufig durchgeführt werden, evtl. mit
Hilfe der Eltern als Co-Therapeuten  Vorteil: häufigere Expositionen
möglich.  Aber contra-indiziert bei Ablösungskonflikten!
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