N ATU R Widerstandsfähige Meeresbewohner Seesterne Der Seestern gehört zum Stamm der Stachelhäuter. Seinem sternähnlichen Aussehen verdankt das Tier seinen Namen. Es gibt etwa 1600 verschiedene Seesternarten in 31 Familien. Zu finden sind die Tiere ausschliesslich im Meer. Beeindruckend ist neben ihrer besonderen Form auch ihre grosse Widerstandsfähigkeit: Wenn Seesterne einen oder mehrere Arme verlieren, können sie diese einfach wieder nachbilden. (rh) Seesterne sind verwandt mit den Seeigeln, den Seewalzen und den Seegurken. Sie alle besitzen ein Kalkskelett, auch Endoskelett genannt, das stachelförmig aus der Haut herausragen kann. Ausserdem ist für alle Stachelhäuter charakteristisch, dass sie keinen erkennbaren Kopf haben und somit keine Unterscheidung zwischen vorne und hinten möglich ist. Vorkommen In sämtlichen Weltmeeren sind Seesterne in unterschiedlichsten Tiefen zu finden. Zwar halten sich die meisten Tiere im küstennahen Bereich auf, sind aber auch in Korallenriffen weit verbreitet. In 3000 Meter Tiefe sind noch über hundert verschiedene Arten von Seesternen vorhanden. Der Seestern Eremi- caster pacificus kann gar noch in einer Tiefe von rund 7600 Meter leben. Seesterne bevorzugen felsige und sandige Böden. Aber auch auf Seegras fühlen sie sich wohl. Generell halten sie sich fast immer unterhalb der so genannten Ebbelinie auf. Das ist die Grenze, unter die das Meerwasser selbst während der Ebbe nicht fällt. Selten werden die Tiere an Land gespült. Wer einen Seestern am Strand findet, sollte damit rechnen, dass das Tier noch lebt und es wieder ins Meer zurückbringen. Aussehen Charakteristisch für die Seesterne sind fünf Arme, die zu den Spitzen hin gleichmässig schlanker werden und sich um die so genannte Körperscheibe verteilen. Es gibt aber auch Arten mit mehr Armen. Der Sonne­stern zum Beispiel besitzt acht bis vierzehn Arme. Grundsätzlich, je nach Art, kann ein Seestern bis zu fünfzig Arme besitzen. Dabei kann die Zahl der Arme auch innerhalb einer Art ­variieren. Der gewöhnliche Seestern, Asterias rubens, in der Nordsee ist etwa acht bis zwanzig Zentimeter gross. Ein Seestern kann jedoch auch eine Spannweite von 65 Zentimeter haben. Einer der grössten Seesterne ist der Midgardia xanderas mit einem Durchmesser von 135 Zentimeter. Während die Oberseite eines Seesterns meist auffällig gefärbt ist, besitzt die Unterseite in der Regel eine hellere Farbe. Seesterne gibt es in vielen verschiedenen Farben, wie Rot, Bläulich, Violett, Gelb oder Braun. Bei einigen Seesternen dient die Farbgebung, die sich der ihres bevorzugten Untergrunds angepasst hat, zum Schutz vor möglichen Feinden. Trotz ihrer schützenden Stacheln haben Seesterne aber auch Fressfeinde, wie zum Beispiel die Gehäuseschnecken, Fische, Krebse, Garnelen und sogar Artgenossen wie den Sonnestern. Körperbau An der Unterseite der Arme befinden sich zahlreiche Füsschen mit Saugnäpfen, die der Fortbewegung dienen. Dabei streckt sich eine Gruppe der beweglichen Füsse in die gleiche Richtung vor, heftet sich an der Unter- 56 August 2014 NAT UR lage fest und verkürzt sich dann wieder. Bei dieser Verkürzung wird der Körper des Tieres nachgezogen, zwar nicht schnell, aber gewandt und gleichmässig. Ein Seestern kann sich im Allgemeinen rund sechs Zentimeter pro Minute fortbewegen. An der Oberseite des Seesterns sind zahlreiche kleine Knoten und Unebenheiten fühlbar. Diese gehen aus wirbelartig verbundenen Kalkplättchen hervor, die das Hautskelett des Tieres bilden. Da die Plättchen aber trotz der Verbindung gegeneinander verschiebbar sind, behält der Seestern seine Beweglichkeit. Seesterne besitzen keine Augen. An ihren Armen befinden sich jedoch mehrere Lichtsinneszellen, um Helligkeitsunterschiede in ihrer Umgebung wahrnehmen zu können. Die Mundöffnung des Seesterns befindet sich an seiner Unterseite, genau in der Mitte der Körperscheibe. Ernährung Die bevorzugte Beute der Seesterne sind Muscheln. Einige fressen auch Plankton, die meisten ernähren sich neben Muscheln auch von Korallen, Würmern, Seeigeln, kleinen Krebsen, Schnecken und anderen Weichtieren. Um an das Fleisch einer Muschel zu gelangen, versucht der Seestern mit Hilfe seiner Saugnäpfe die beiden Hälften der Muschelschale auseinander zu ziehen, bis die Kräfte der Muschel nachlassen und sie sich öffnet. Dann stülpt der Seestern seinen Magen in die Muschel. Durch seine abgesonderten Verdauungssäfte wird die Muschel betäubt oder getötet, zersetzt und letztendlich gefressen. Ist die Muschel dann genügend vorverdaut, stülpt der Seestern seinen Magen mit dem Nahrungsbrei wieder ein. Kleine Muscheln werden zum Teil auch ganz geschluckt. Seesterne sind beinahe unersättlich. Sie können täglich das Dreifache ihres Körpergewichts fressen, Jungtiere sogar das Zehnfache. Wenn nötig, können sie aber auch wochenlang hungern. Fortpflanzung Die meisten Seesterne sind getrennt geschlechtlich, das heisst, es gibt sowohl Männchen und Weibchen. Aber auch Arten, die zwittrig sind, kommen vor. Diese können sich über einen kurzen Zeitraum hinweg alleine vermehren, da sie sowohl Eizellen als auch Samenzellen produzieren können. Die Männchen geben im Frühjahr ihre Samen zu- sammen mit Botenstoffen ins Wasser ab, wodurch die Weibchen dazu angeregt werden, ihre zwei bis hundert Eier innerhalb weniger Stunden ebenfalls auszustossen. Die herumschwirrenden Eier werden vom Samen befruchtet. Zur Laichzeit rotten sich die Tiere zu grösseren Ansammlungen zusammen, um die Erfolgschancen einer solchen Befruchtung zu vergrössern. Innerhalb kürzester Zeit entwickeln sich Schwimmlarven, die sich später am Boden festhaften und aus denen die Seesterne entstehen. Die Seesternlarven sehen den erwachsenen Seesternen noch nicht sehr ähnlich. Erst nach etwa zwanzig Tagen sind aus den Larven dann fertige Seesterne geworden, die allerdings noch wachsen müssen. Seesterne sind sehr zäh. Wenn sie einen oder mehrere Arme verlieren, können sie diese wieder nachbilden. Aus einem abgeworfenen Seesternarm kann sogar ein neuer Seestern wachsen. Erst bildet sich eine neue Körperscheibe und dann wachsen die fehlenden Arme nach. Die Lebensdauer für einen mit- telgrossen Seestern beträgt etwa sechs bis sieben Jahre. Seesterne und der Mensch Seesterne verfügen über einen bestimmten Handelswert. In gewissen asiatischen Ländern wie China und Japan werden Seesterne gegessen oder Gerichte damit dekoriert. In Dänemark werden Vertreter der Gattung Asterias als Bestandteil von Geflügelfutter verwendet. Auch die Indianer von Britisch-Kolumbien und die alten Ägypter benutzten sie schon als Düngemittel. Einige Firmen verkaufen Seesterne an Sammler und als biologisches Anschauungsmaterial an Schulen. Ebenfalls werden Seesterne gerne als Souvenir gehandelt. Ob als Souvenir, im Aquarium oder als liveEntdeckung beim Tauchen oder Schnorcheln – Seesterne sind für uns positiv behaftet, was auch an ihrem sternenförmigen Aussehen liegt. Sie sind, wenn man so will, Sterne, zum Greifen nahe! August 2014 57