Diss ETH Nr. 14130 Modulintegriertes Umrichtersystem für die Netzanbindung einer einzelnen grossflächigen Niederspannungs-Solarzelle Abhandlung zur Erlangung des Titels DOKTOR DER TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN der EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZÜRICH vorgelegt von JON RIATSCH Dipl. El.-Ing. ETH geboren am 2. Juli 1966 von Vnà (Ramosch), Graubünden angenommen auf Antrag von Prof. Dr. H. Stemmler, Referent Prof. Dr. T. M. Undeland, Korreferent Prof. Dr. J. W. Kolar, Korreferent 2001 -2- -3- Quista dissertaziun es dedichada a mia amia Martina mia mamma Tina e meis bap Vittorio mias sours Bettina, Anna e Corina -4- -5- Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand in den Jahren 1995-2001 während meiner Tätigkeit als Assistent und als Oberassistent an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich. Herrn Professor Dr. H. Stemmler, der mir die Durchführung dieser spannenden Arbeit ermöglichte, möchte ich an dieser Stelle für seine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit und Unterstützung sowie für die Übernahme des Referates herzlich danken. Besonders danken möchte ich ihm dafür, dass er mir es erlaubt hat, dieses ‘High Risk’-Thema in Angriff zu nehmen. Sein Vertrauen war mir Verpflichtung, ihn dafür auf keinen Fall zu enttäuschen! So entstand mit der Zeit eine Zusammenarbeit, die mir einen vertieften Einblick in viele Bereiche eines modernen Lehr- und Forschungsbetriebes gewährte. Ebenso danke ich Herrn Professor Dr. T. M. Undeland und Herrn Professor Dr. J. W. Kolar für Ihr Interesse an dieser Arbeit und für die freundliche Übernahme des Korreferates. Die Arbeit wurde im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten internationalen Forschungsprojektes durchgeführt. Die Finanzierung des Schweizer Anteils innerhalb des Projektes wurde durch das Bundesamt für Bildung und Wissenschaft sichergestellt. Das breit abgesteckte Projekt bot genügend Platz für zwei eigenständige Arbeiten innerhalb unserer Professur und mir persönlich die sehr schöne Erfahrung einer echten und substantiellen Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Rainer Schmidt über viele Jahre hinweg. Dafür möchte ich mich bei Dir Rainer sehr herzlich bedanken. Ein besonderer Dank gilt ferner allen jetzigen und ehemaligen Mitarbeitern der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik, die durch ihre zahlreichen Anregungen, Ratschläge und in unzähligen fachlichen Diskussionen wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Ein herzliches Dankeschön gebührt auch den über 50 Studenten, die mit viel Begeisterung und oft mit beträchtlichem zeitlichem Einsatz ihre Semesterund Diplomarbeiten im Fachbereich Photovoltaik absolviert haben und mir vor allem beim Hardware-Aufbau sehr behilflich waren. Nicht zuletzt möchte ich mich bei meiner Lebenspartnerin Martina und bei meinen Eltern und Geschwistern für ihre moralische Unterstützung in schwierigen Zeiten bedanken sowie für ihr Verständnis dafür, dass meine Arbeit mich in den letzten Jahren oft stark beansprucht hat. -6- -7- Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1 Einleitung 15 1.1 Europäisches Forschungs-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1.1 Grundidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1.2 Themenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.1.3 Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2 Das photovoltaische Energiesystem 21 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.2 Grundprinzip photovoltaischer Energiesysteme . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.3 Verfügbare Einstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.4 Elektrisch nutzbare Einstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.4.1 Grundsätzliche Funktionsweise der Solarzellen . . . . . . . . . . . . . 25 2.4.2 Solarzellentechnologien und erreichbare Wirkungsgrade . . . . . 27 2.5 Ausbeute photovoltaischer Energiesysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.5.1 Photovoltaisches Flächen- und Energieertrags-Potential . . . . . . 36 2.6 Entwicklungstendenzen in der Photovoltaik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.6.1 Technologische Entwicklung im Bereich der Solarzellen . . . . . 44 2.6.2 Preis- und Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.6.3 Finanzielle Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.6.4 Generelle Entwicklungen im Systembereich . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3 Anlagenaufbau und Funktionsweise 61 3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.2 Funktionsweise der Solarzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 -8- 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.2.1 Das Funktionsprinzip der Solarzelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.2.2 Die Kennlinie und ihre mathematische Beschreibung . . . . . . . . 65 3.2.3 Der Einfluss verschiedener Parameter auf die Kennlinie . . . . . . 69 Aufbau und Betriebsverhalten des Solarmoduls . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.3.1 Parallelschaltung von Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.3.2 Serieschaltung von Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Konventionelle Photovoltaik-Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.4.1 Aufbau und Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.4.2 Charakteristische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Modularer Anlagebau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.1 Photovoltaik-Anlage nach dem String-Konzept . . . . . . . . . . . . . 98 3.5.2 Photovoltaik-Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern. . . 99 3.5.3 Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern . . . . . . . . 102 Stellenwert der einzelnen Anlagentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4 Systemübersicht 107 4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4.2 Einzellen-Solargenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.3 Systemanforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4.3.1 Ertragseinbussen durch Leistungspulsationen . . . . . . . . . . . . . 111 4.4 Umrichterstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4.4.1 Prinzipiell in Frage kommende Umrichterkonzepte . . . . . . . . . 117 4.4.2 Aufbau und Funktionsweise unseres Gesamtumrichters . . . . . 128 4.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5 Wahl der Leistungsbauteile 139 5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.2 Grundanforderungen an den Eingangskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.3 Halbleiterwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.3.1 Diode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.3.2 Bipolartransistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5.3.3 IGBT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5.3.4 Leistungs-MOSFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 -95.4 Wahl der reaktiven Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.4.1 Kondensatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.4.2 Magnetische Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 6 Niederspannungs-Hochsetzstufe 205 6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.2 Schaltungsstruktur und Topologiewahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.2.1 Anforderungen an den Niederspannungs-Hochsetzer . . . . . . . 206 6.2.2 Suche der optimalen Schaltungsstruktur der Hochsetzstufe . . . 207 6.2.3 Beanspruchung der Leistungshalbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 6.2.4 Einfluss der Streuinduktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 6.2.5 Folgerungen für die Wahl der optimalen Schaltungstopologie. 256 6.3 Optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller . . . . . . . . . . . . . . . 257 6.3.1 Aufbau und Funktionsweise des optimierten Hochsetzstellers 257 6.3.2 Wirkungsgrad und Verlustaufteilung des Hochsetzstellers. . . . 261 6.3.3 Energieeinbussen an der Solarzelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 6.3.4 Schaltungsdesign und Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 6.3.5 Optimierungsansätze und ihr Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6.3.6 Redesign des Niederspannungs-Hochsetzstellers . . . . . . . . . . . 283 6.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 7 Gleichspannungs-Wechselrichterstufe 289 7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 7.2 Wirkungsgrad-Messanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 7.2.1 Wirkleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 7.2.2 Wirkungsgradberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 7.3 Wirkungsgradmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 7.3.1 Parametereinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7.4 Optimierung des einphasigen Netzwechselrichters . . . . . . . . . . . . 295 7.4.1 Diodenrückstrom als Mass für die Schaltverluste. . . . . . . . . . . 296 7.4.2 Topologie und Taktung des optimierten Wechselrichters . . . . . 296 7.4.3 Wirkungsgradverlauf des optimierten Wechselrichters . . . . . . 298 7.4.4 Einfluss der Taktfrequenz auf die Gesamtverluste . . . . . . . . . . 299 - 10 7.4.5 Design des Netzwechselrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 7.4.6 Schlussfolgerungen zur Netzwechselrichterstufe . . . . . . . . . . . 300 7.5 Wirkungsgrad des Gesamtumrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 7.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 8 Modulation und Regelung 305 8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 8.2 Regelung des Gesamtsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 8.2.1 Übersicht der Regelungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 8.2.2 Der Kammfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 8.2.3 Die Netzsynchronisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 8.2.4 Die Leistungsfluss-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 8.2.5 Die Maximalleistungs-Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 8.3 Modulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 8.3.1 Funktionsweise der Toleranzband-Regelung . . . . . . . . . . . . . . 334 8.4 Praktische Regler-Implementierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 8.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Lebenslauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 - 11 - Zusammenfassung Obwohl die Photovoltaik mit durchschnittlichen jährlichen Kapazitätssteigerungen von 20 bis 30% bei der Solarmodulherstellung derzeit zu den weltweit am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen zählt, leidet sie immer noch unter den hohen Gestehungskosten. Studien belegen, dass in der Schweiz ein beträchtliches Potential für Photovoltaik existiert. Allein durch Nutzung der gut bis sehr gut geeigneten Gebäudeflächen könnte mit heutiger Technologie über ein Drittel unseres jährlichen Strombedarfes gedeckt werden. Konventionelle netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen bestehen heute meistens aus parallelgeschalteten Seriesträngen von Solarmodulen, die über einen zentralen Wechselrichter ans Netz gekoppelt sind. Diese Anlagen sind aber sehr empfindlich gegenüber Teilabschattungen einzelner Solarzellen und Module, welche bewirken, dass die Generatorleistung einbricht. Besonders in überbautem Gelände mit schwierigen und sich dauernd ändernden Abschattungsverhältnissen versprechen modulare Anlagen mit integrierten Wechselrichtern einen höheren Energieertrag als konventionelle Anlagen. Ihr Merkmal besteht darin, dass jedes Solarmodul über einen eigenen Kleinwechselrichter verfügt, der dafür sorgt, dass das Modul stets in seinem Punkt maximaler Leistung betrieben wird. Der Wechselrichter entkoppelt die Module voneinander, so dass überproportionale Leistungseinbussen aufgrund von Teilabschattungen einzelner Zellen auf das betroffene Modul beschränkt bleiben. Weitere Vorteile der Anlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern sind der hohe Standardisierungsgrad, die hohe Flexibilität und Redundanz, das Kosteneinsparungspotential dank industrieller Massenfertigung in grossen Stückzahlen sowie der deutlich geringere Engineeringbedarf im Vergleich zu den konventionellen Photovoltaik-Anlagen. Mit einem Anteil von 50 bis 70% machen die Solarzellen selbst nach wie vor den Hauptanteil an den Gesamtkosten aus. Mit dem Einzellen-Ansatz wurde deshalb versucht, eine möglichst einfache grossflächige Einzelzelle zu verwenden, die mittels Dünnfilmverfahren in einer Bandfabrikation sehr einfach und kostengünstig hergestellt werden kann. Ein solches Modul mit integriertem Umrichter verhindert darüber hinaus prinzipbedingt überproportionale Leistungseinbussen bei Teilabschattungen auch innerhalb des einzelnen Solarmodules und stellt somit ein optimal schattentolerantes System dar. Die Vorteile des Einzellen-Ansatzes sind aber nur dann nutzbar, falls es gelingt, einen Umrichter zu entwickeln, der in der Lage ist, die bei sehr niedriger Spannung von 1 bis 2V und hohem Strom von bis zu 100 A anfallende Energie mit einem brauchbaren Wirkungsgrad ins Netz einzuspeisen. Diese - 12 Fragestellung bildet den Kern der vorliegenden Arbeit. Der Umrichter besteht im wesentlichen aus einem Hochsetzer und einem Wechselrichter, die durch einen Gleichspannungszwischenkreis miteinander gekoppelt sind. Dabei stellt der Hochsetzer die eigentliche Schlüsselkomponente des gesamten Systems dar. Er setzt die sehr niedrige Eingangsspannung mit einem Wirkungsgrad von über 94% auf das Zwischenkreisspannungsniveau von 340V hoch. Die Vorzüge der Schaltung sind der sehr gute Teillastwirkungsgrad, der nahezu kontinuierliche Eingangsstrom unter Vermeidung jeglicher Drosseln auf der Hochstromseite sowie die nahezu stromlos schaltenden MOSFET-Leistungshalbleiter im Eingangskreis mit seinen hohen Strömen. Das Quasi-Zero-Current-Switching wird dabei nicht durch hohe Stromamplituden im Haupt- oder in einem Zusatzschalter erkauft. Die Kernidee besteht darin, durch Trennung der Schalt- von der Leitfunktion den einen Transistor gezielt für den Schaltbetrieb zu optimieren während der andere auf optimale Durchlasseigenschaften getrimmt wird. Die Regelung des gesamten Leistungsflusses der Hochsetzstufe erfolgt von der Hochspannungsseite her und hält die leistungsbedingte 100Hz -Spannungspulsation des Zwischenkreises vollständig von der Solarzelle fern. Dies gewährleistet eine optimale Energieausbeute. Der eingesetzte Hochfrequenz-Transformator ermöglicht einen kompakten Schaltungsaufbau. Ein weiterer Vorteil des neuen Einzellen-Ansatzes ist die Modulintegration des Umrichters auf die Rückseite jedes Fassadenelementes. Auf der Netzseite würde man im Leistungsbereich von 200W mit einem mit Power-MOSFETs bestückten konventionellen Gleichspannungswechselrichter keine hohen Wirkungsgrade erreichen. Verantwortlich dafür ist die von der Halbleiterstruktur des MOSFETs her unvermeidbare langsame “BodyDrain”-Diode. Die in dieser Arbeit vorgestellte Netzwechselrichtertopologie zeichnet sich durch besonders niedrige Schaltverluste aus und erreicht bei einer Zwischenkreisspannung von 350V und einer Taktfrequenz von 25kHz einen Wirkungsgrad von knapp 97%. Die Modulation der beiden steuerbaren Umrichterstufen wird über analog implementierte Strom-Toleranzband-Regelungen realisiert, so dass die restlichen Regelungsaufgaben auf einem einfachen und billigen Mikrokontroller implementiert werden können. Generell wurde beim Entwurf sämtlicher Leistungsstufen und ihrer Steuer- und Regeleinrichtungen stets auf eine möglichst einfache und effiziente hardwaremässige Umsetzung geachtet. Der in dieser Arbeit entwickelte Umrichter zeigt, dass trotz der sehr geringen Eingangsspannung und des hohen Eingangsstromes ein Gesamtwirkungsgrad zwischen Solarzelle und Netz von über 91% realisierbar ist. Damit konnte die Machbarkeit eines modulintegrierten Umrichtersystems für die Netzanbindung eines einzelligen Solarmoduls aufgezeigt werden. - 13 - Summary Although photovoltaics is one of the fastest growing economy sectors worldwide regarding the average annual growth of 20 to 30% in the production capacity for solar modules, it is still suffering from high generation costs. Surveys claim that there exists a considerable potential for photovoltaics in Switzerland. Utilizing only the well and very well suited building cladding areas with today’s photovoltaic technology over a third of our annual electric energy consumption of 50TWh could be covered. Today, conventional mains coupled photovoltaic generators consist of parallel connected strings of solar modules. They are coupled with the grid via one single large inverter. These plants, however, are very sensitive to partial shadowing of solar cells and modules which may reduce the power yield drastically. Especially in urban areas with difficult and constantly changing shadowing, modular systems with integrated converters are expected to have a greater solar power performance than conventional systems. They are characterised by a small converter for each single solar cell module that guarantees to operate the solar module in its maximum power point. The converter decouples the modules electrically from each other. Hence, super proportional power reductions from partial shadowing of solar cells are restricted to the concerned module. Other advantages of systems with module integrated converters are the high degree of standardisation, the increased flexibility and redundancy, the cost savings potential due to industrial mass production as well as the significantly reduced engineering effort compared to conventional photovoltaic plants. With a share of 50 to 70% the solar cells are still the most expensive system component. Therefore, the single cell approach tries to use a rather simple large area cell that can easily be produced in a continuous flow manufacturing process with today’s thin film technologies. Furthermore, such a module with integrated converter avoids principally super proportional power yield reductions. It represents a pv system with optimum shadowing insensitivity. The advantages of the single cell approach can be utilised only if a converter can be designed which is able to feed the energy produced at a very low voltage of 1 to 2V and a high current of up to 100 A into the mains with a reasonable conversion efficiency. This represents the main subject of this thesis. - 14 The converter consists principally of a boost converter and a voltage source inverter coupled via a dc voltage link. The boost converter is key component of the whole system. It converts the very low input voltage with an efficiency of over 94% to the dc link voltage level of 340V . The main features of the optimized boost circuit are its very good efficiency at part load, its continuous current avoiding high current inductors, and its high current MOSFETs operating at nearly zero current switching conditions. The quasi zero current switching causes no additional current stress either in the main nor in the auxiliary switches. The strategy is to optimize one of the two switches for low conduction losses and the other for low switching losses by separating these two functions. The power flow is controlled on the high voltage side and keeps the pulsating cd link voltage completely away from the solar cell. This guarantees an optimum solar energy yield. The employed high frequency transformer allows a compact power circuit design which facilitates the integration of the converter of the back plane of a facade element. With a conventional inverter stage with power MOSFETs at the mains side a good efficiency could not be reached. This is caused by the slow body drain diode which is inevitably part of every power MOSFET due to its device structure. The mains inverter topology presented in this thesis is characterised by very low switching losses and reaches an efficiency of almost 97% at a switching frequency of 25kHz and a dc link voltage of 350V . The modulation of the two controlled converter stages is implemented using analogue hysteresis type current controllers. The remaining control task can therefore be accomplished by a low cost microcontroller. Generally, the design of all the power stages and controls was conducted by the demand of easy and efficient implementation. The converter system developed in this thesis demonstrates, that an overall efficiency from the solar cell to the mains of more than 91% can be achieved despite the single cell’s high current and low voltage. Hence, the feasibility of a module integrated converter system for a large sized single solar cell could be proved. - 15 - 1 Einleitung Die hier vorliegende Arbeit ist Bestandteil eines grösseren Forschungsprojektes, das von der Europäischen Union und vom Bundesamt für Bildung und Wissenschaft gefördert wurde. Um das einbettende Umfeld dieser Arbeit auszuleuchten, soll das Projekt kurz umrissen werden. 1.1 Europäisches Forschungs-Projekt Das Projekt mit dem Titel: “Single Cell Module Integrated Converter system” (kurz SCMIC ) wurde 1995 innerhalb des 4. Rahmenprogrammes “R&D, JOULE, Non Nuclear Energy, Renewable Energies” der europäischen Union (EU) eingereicht und als eines von lediglich 7.5% bewilligter Gesuche gutgeheissen [2], [7], [10], [11]. Die hohen Herstellungskosten der Solarzellen stellen derzeit eines der Hauptnachteile der Photovoltaik dar. Das SCMIC -Projekt schlägt ein neues netzgekoppeltes System vor, das substantielle Kosteneinsparungen bei der Solarzellenherstellung ermöglichen soll. Das Projekt-Ziel bestand darin, die Machbarkeit des SCMIC -Konzeptes anhand eines Prototyps aufzuzeigen. 1.1.1 Grundidee Das Solarmodul, als Fassadenelement in Gebäudehüllen eingesetzt, besteht nur aus einer einzigen grossflächigen Dünnschicht-Solarzelle. Jedes Modul besitzt ein eigenes Umrichtersystem mit direktem Netzanschluss. Folgende Faktoren senken dabei die Herstellungs- und Energiegestehungskosten: • die Serieschaltung vieler Dünnschicht-Solarzellen zur Erhöhung der Systemspannung entfällt; • eine kontinuierliche Bandproduktion der grossflächigen Solarzelle ist denkbar; • das System ist sehr tolerant gegenüber Teilabschattungen und daher als Fassadenelement in einer Umgebung, in der sich die Einstrahlungsverhältnisse stark ändern, bestens geeignet; • die Anlagengrösse ist durch das modulare Konzept beliebig skalierbar und jederzeit erweiterbar ohne dabei bestehende Anlagenteile ersetzen zu müssen. - 16 - - 17 - • Netzanschluss: mit Vorteil einphasig, 230 [V] / 50 [Hz] 2 • Kompatibles Fassadenelement mit einer Fläche von A = 1…2 [m ] auf Aluminium-Kunststoff-Aluminium Basis 1.1.2 Themenbereiche Eine internationale 10 -köpfige Projektgemeinschaft versuchte zwischen Anfang 1996 und Ende 1998 die Realisierbarkeit der Konzeptidee in verschiedenen Aspekten wie Aufbau des Solargenerators, Gebäudeintegration, Massenproduktion und Umrichtersystem aufzuzeigen. Die an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich gemachten Untersuchungen sollten den Nachweis der Machbarkeit eines Umrichtersystems für das SCMIC -Konzept durch Bau und Optimierung eines Laborprototypen aufzeigen. Um den geforderten Nachweis zu erbringen, waren umfangreiche Untersuchungen notwendig. Sie erfolgten in enger Zusammenarbeit mit Rainer Schmidt und führten zu zwei eigenständigen Dissertationen. Figur 1.1 zeigt die im Rahmen der beiden Dissertationen bearbeiteten Themenbereiche und ihre thematischen Schwergewichte. Das übergeordnete Ziel beider Arbeiten bestand dabei darin, ein möglichst einfaches Gesamtsystem mit einem möglichst hohen Gesamtwirkungsgrad zu finden. Als besonders erschwerend erwiesen sich dabei die niedrige Eingangsspannung und die hohen Eingangsströme des Umrichtersystems sowie der aus Gründen der Zuverlässigkeit und der Lebensdauer notwendige Verzicht auf ElektrolytKondensatoren im Leistungskreis: • Untersuchung des Systemverhaltens Das Ziel der Arbeit von Rainer Schmidt besteht darin, das Systemverhaltens eines netzgekoppelten einphasigen modularen Solarumrichters unter Verzicht von Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis zu untersuchen und zu optimieren [1]. Dazu gehört auch die möglichst ressourcenschonende Implementierung der voneinander abhängigen Regelkreise: Netzsynchronisation, Maximalleistungsregler sowie Zwi- • Synthese eines Umrichters mit möglichst hohem Wirkungsgrad Die Synthese eines solchen Umrichters stellt angesichts der sehr niedrigen Eingangsspannung von lediglich 1 bis 2V und der sehr hohen Eingangsströme von bis zu 150 A das Kernproblem und die eigentliche Herausforderung am einzelligen Systemansatz dar und bildet das Schwergewicht meiner Arbeit. Soviel sei an dieser Stelle bereits vorweggenommen: Der von uns entwickelte Schaltungsprototyp ermöglicht in seiner endgültigen Ausführung, die von der Solarzelle gelieferte Energie mit einem stolzen Gesamtwirkungsgrad von über 91% ins öffentliche Energieversorgungsnetz einzuspeisen! Digitale Regelung Modul Integration Messgrössen Vorschriften Erfassung Normen Spannungs Zwischenkreis Fertigungs Aspekte Ansteuerung Modulation Wechsel richter • Solarzellentechnologie:Amorphe Silizium-Dünnfilm-Technologie als Tandem oder Trippelzelle ausgeführt Solarmodul-Spannung: U = 1…2 [V] Solarmodul-Strom: I = 100…150 [A] Hochsetzer • Leistung: maximal 200 [W] schenkreis-Leistungsflussregler. Im Rahmen meiner Arbeit werden daher die Systemaspekte nur soweit ausgeleuchtet, als sie für das Gesamtverständnis und für die Bestimmung der massgebenden Randbedingungen bei der Umrichtersynthese erforderlich sind. Einheitliche Bezeichnungen mit Rainers Dissertation [1] sollen die Einbindung seiner Schwergewichte ins Gesamtbild vereinfachen. Solarzelle Die wichtigsten Spezifikationen des SCMIC -Konzepts lauten: Gebäude Integration Figur 1.1: Themenbereiche mit Schwergewichten beim Umrichtersystem: Zentraler Berührungspunkt Schwergewicht dieser Arbeit Schwergewicht der Arbeit von Rainer Schmidt - 18 1.1.3 Gliederung der Arbeit Kapitel 1 “Einleitung” vermittelt neben der Grundidee und den wichtigsten Kenngrössen des untersuchten neuen Systemansatzes einen Einblick in das nähere und weitere Umfeld, in dem diese Arbeit eingebettet ist. Kapitel 2 “Das photovoltaische Energiesystem” gibt einen Überblick über die photovoltaische Energieerzeugung und zeigt ihr Potential anhand einiger physikalischer und technischer Eckdaten der verschiedenen SolarzellenTechnologien sowie anhand der in der Schweiz verfügbaren und für Photovoltaik geeigneten Fassaden- und Dachflächen auf. Abgerundet wird das Kapitel mit einigen Überlegungen zur Preis- und Marktentwicklung. Kapitel 3 “Anlagenaufbau und Funktionsweise” behandelt zu Beginn das elektrische Verhalten der Solarzelle und deren Modellbildung. Anschliessend werden die Einflüsse verschiedener Parameter wie Temperatur und Strahlungsstärke auf den Energieertrag quantitativ untersucht. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das Verhalten des Gesamtsystems bei teilbeschattetem Generator gelegt und mögliche Massnahmen zur Verminderung der Energieertragseinbussen aufgezeigt. Die quantitativen Untersuchungen der Ertragseinbussen belegen eindrücklich, dass konventionelle Photovoltaik-Anlagen aufgrund ihrer Solargeneratorstruktur mit sehr vielen in Reihe geschalteten Solarzellen und -modulen äusserst empfindlich gegenüber Teilabschattungen sind. Modular aufgebaute Anlagen sind in dieser Hinsicht im Vergleich dazu deutlich robuster. Das neue Konzept mit den modulintegrierten EinzellenWechselrichtern stellt die konsequente Fortsetzung der Modularisierung im Photovoltaik-Anlagenbau dar und führt zu einem optimal schattentoleranten Gesamtsystem. Kapitel 4 “Systemübersicht” vermittelt zu Beginn die hervorstechendsten Merkmale des neuen einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatzes. Anschliessend wird eine mögliche Realisierungsform eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls präsentiert und die sich daraus ergebenden Auswirkungen aus das Gesamtsystem im allgemeinen und auf den Umrichter im besonderen hergeleitet. Ausgehend von den Systemanforderungen führt ein systematischer Vergleich der verschiedenen prinzipiell in Frage kommenden Umrichterkonzepte zu der von uns realisierten zweistufig steuerbaren Umrichterstruktur mit einphasiger Netzanbindung. Ein mathematisches Modell des Gesamtumrichters bestätigt die Machbarkeit des gewählten Umrichterkonzeptes auf Systemebene unter Vermeidung der aufgrund ihrer unzureichenden Lebensdauer unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis. - 19 Kapitel 5 “Wahl der Leistungsbauteile” setzt sich intensiv mit den konkreten Auswirkungen der sehr niedrigen Eingangspannung und des hohen Eingangsstromes sowie des geforderten wartungsfreien Betriebes auf die Wahl und Dimensionierung der Bauteile auseinander. Zu Beginn werden die Grundanforderungen an den Eingangsstromkreis des Umrichters definiert, gefolgt von den prinzipiellen Überlegungen zur Wahl der Leistungshalbleiter. Das Schwergewicht des Kapitels bildet jedoch die Wahl und Dimensionierung der reaktiven Bauelemente. Entscheidend für die Beurteilung ihrer Einsatzmöglichkeiten sind die Verluste, die Baugrösse und die Kosten. Wie die Ausführungen zeigen werden, dürfen dabei insbesondere bei den induktiven Bauelementen auf der Niederspannungs-Hochstromseite parasitäre Effekte wie Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes nicht ausser Acht gelassen werden. Die in diesem Kapitel erarbeiteten Zusammenhänge bilden nicht nur die Grundlage für die Dimensionierung der einzelnen Schaltungskomponenten, sondern wirken sich auch unmittelbar auf die Wahl und Optimierung der Schaltungstopologie aus. Kapitel 6 “Niederspannungs-Hochsetzstufe” stellt das Hauptkapitel dieser Dissertation dar. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, die bei sehr niedrigen Spannungen von 1…2V und hohen Strömen von über 100 A anfallende Energie des grossflächigen einzelligen Solarmoduls mit einem möglichst guten Wirkungsgrad auf eine Zwischenkreisspannung von 340V hochzusetzen. Auf der Suche nach einer optimalen Schaltungstopologie für die Niederspannungs-Hochsetzstufe werden in einer ersten Phase alle möglichen Schaltungsfamilien gezielt auf ihre Eignung für unseren konkreten Anwendungsfall hin untersucht. Dies erfolgt unter Berücksichtigung aller massgeblichen parasitären Effekte, die in der Praxis beispielsweise zu einer Beschränkung des Spannungsübersetzungsverhältnisses oder zu Überbeanspruchungen der Leistungshalbleiter führen können. Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für die anschliessende Synthese des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers, bei der es uns gelang, viele Vorzüge der einzelnen Schaltungsfamilien in beinahe idealer Weise miteinander zu kombinieren. Das Ergebnis ist ein optimierter Schaltkreis mit Quasi-Zero-Current-Switching mit einem erstaunlichen Wirkungsgrad von über 94%. Im zweiten Teil von Kapitel 6 werden Design und Eigenschaften des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers ausführlich besprochen und die Ergebnisse durch Messungen verifiziert. Kapitel 7 “Gleichspannungs-Wechselrichterstufe” beschäftigt sich mit den Besonderheiten der praktischen Realisierung eines netzgekoppelten 200W Kleinleistungs-Wechselrichters. Durch Optimierung konnte der Wirkungs- - 20 grad des Netzwechselrichters, ohne den Einsatz von CoolMOS und SiliziumCarbid-Dioden, die uns im Rahmen dieser Arbeit leider noch nicht zur Verfügung standen, bis auf knapp 97% gesteigert werden. Um auch kleinste Unterschiede im Wirkungsgrad zuverlässig messen zu können, wurde in einer ersten Phase die Messanordnung analysiert und optimiert. Der daraus entstandene automatisierte Messplatz ermöglichte uns, den Einfluss der verschiedenen Parameter auf den Wirkungsgrad gründlich und systematisch zu erfassen. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für unseren optimierten 200W -Netzwechselrichter. Er zeichnet sich durch seinen ausgezeichneten Wirkungsgrad und die geringsten frequenzabhängigen Verluste aller untersuchten Schaltungstopologien aus. Diese Eigenschaft hat zur Folge, dass sich der Wirkungsgradgewinn unseres optimierten Wechselrichters gegenüber den übrigen Topologien mit zunehmender Taktfrequenz noch vergrössert. Die optimierte Schaltung offenbart damit ein grosses Potential zur Verringerung der Baugrösse der reaktiven Komponenten und zur Erhöhung der Leistungsdichte in Anwendungen, wo dies von Interesse ist. Abschliessend wird, ausgehend von den Wirkungsgradverläufen des NiederspannungsHochsetzstellers und des Gleichspannungs-Wechselrichters, der Gesamtwirkungsgrad des Umrichters berechnet und mit jenem eines NormalspannungsUmrichters verglichen. Kapitel 8 “Modulation und Regelung” vermittelt zu Beginn eine Übersicht über die Regelung des Gesamtsystems. Anschliessend werden mit der Netzsynchronisations-, der Leistungsfluss- und der Maximalleistungs-Regelung die digitalen Regelkreise des Systems der Reihe nach besprochen. Der Kammfilter, der in unserem digitalen Regelungskonzept eine zentrale Rolle spielt, wird ebenfalls ausführlich besprochen. Das Schwergewicht des zweiten Teils dieses Kapitels behandelt die Modulation. Dabei spielen die Toleranzband-Regelungen, welche zugleich die innersten Regelkreise unseres Systems darstellen, eine zentrale Rolle, denn sie entlasten den µ -Controller von der sehr rechenintensiven Berechnung der Schaltfunktionen und bilden somit die Voraussetzung für die Verwendung eines Low-Cost- µ -Controllers mit einer bescheidenen Rechenleistung von 1 MIPS. Eine kurze Beschreibung der implementierten Regler-Plattform schliesst dieses letzte Kapitel ab, welches im wesentlichen eine Zusammenfassung jener Themenbereiche darstellt, die im Rahmen unseres gemeinsamen EU-Projektes von Rainer Schmidt bearbeitet wurden [1]. - 21 - 2 Das photovoltaische Energiesystem 2.1 Einleitung Unter dem Begriff Photovoltaik versteht man die direkte Umwandlung der Sonneneinstrahlung in elektrische Energie. Die Photovoltaik zählt damit zur Gruppe der erneuerbaren Energieträger, welche in der zukünftigen Energieversorgung an Bedeutung gewinnen werden. Zu Beginn dieses Übersichtskapitels wird das Potential des photovoltaischen Energiesystems anhand von ein paar physikalischen und technischen Eckdaten dargelegt. Anschliessend geht es mir darum aufzuzeigen, wo die Photovoltaik zur Zeit steht, in welche Richtungen sie sich entwickeln könnte und welchen Beitrag sie zu einer zukünftigen Energieversorgung leisten kann. 2.2 Grundprinzip photovoltaischer Energiesysteme Solarzellen wandeln die Sonneneinstrahlung direkt in elektrische Energie um, welche an den Klemmen der Zelle als Gleichspannung oder Gleichstrom direkt abgegriffen werden kann. Die anfallende Energie muss in den meisten Anwendungsfällen zuerst umgeformt werden, weil sie nicht den Bedürfnissen der angeschlossenen Verbraucher entspricht. Das nutzbare Potential ist durch die verfügbare Einstrahlung und die für die Energiegewinnung zur Verfügung stehende Oberfläche sowie durch den technischen Wirkungsgrad der gesamten Wirkungskette des Energiesystems beschränkt. 2.3 Verfügbare Einstrahlung Die Sonnenstrahlung besteht aus Lichtstrahlen verschiedener Wellenlängen. Unterhalb des für das menschliche Auge sichtbaren mittleren Wellenlängenbereichs existiert noch der sogenannte Ultraviolett- und oberhalb des sichtbaren Lichts der Infrarot-Bereich. Für den Energieertrag ist sowohl die Intensität I als auch die spektrale Zusammensetzung I ( λ ) der Einstrahlung massgeblich. Figur 2.1 zeigt die Intensität I der Sonnenstrahlung in Abhängigkeit der Wellenlänge λ . AM01 bezeichnet die Strahlungsintensität I ( λ ) vor Eintritt in die Erdatmosphäre, AM1 jene an der Erdoberfläche am Äqua1) AM0, AM1, AM1.5: Die Zahl bezeichnet das Verhältnis zwischen der mittleren Weglänge der Sonnenstrahlung durch die Atmosphäre bezogen auf die kürzeste mögliche Länge, nämlich jene am Äquator. - 23 - tor und AM1.5 die Intensität an Orten mittlerer geographischer Breite wie beispielsweise der Schweiz. abhängig. Welcher Strahlungsanteil bis auf die Erde durchdringt, hängt von der Jahreszeit und der geographischen Breite des Standortes sowie von den lokalen Wetterverhältnissen ab. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Faktor in diesem Zusammenhang stellt die Höhe über Meer dar. Hochalpine Lagen weisen deutlich höhere Globalstrahlungswerte G auf als beispielsweise Orte mit häufigem Nebel wie das schweizerische Mittelland. Die Figuren 2.2 und 2.3 sollen ein Gefühl für die Grössenordnungen vermitteln. In Figur 2.2 erkennt man, wie stark die über ein Jahr gemittelte horizontale Globalstrahlung G in Europa variiert. Im Vergleich zu Skandinavien mit 2 jährlichen Strahlungswerten im Bereich G = [ 950…1000kW ⁄ m ] verfügen demzufolge Photovoltaikanlagen im Mittelmeerraum mit Werten von 2 G = [ 1700…1750kW ⁄ m ] über beinahe doppelt soviel Strahlungsenergie. Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)] - 22 - 2.4 1.6 0.8 0 0 0.4 0.8 1.2 1.6 Wellenlänge λ [µm] 2 2.4 Figur 2.1: Spektrale Zusammensetzung der Einstrahlungsintensität I ( λ ) : I AM0 vor Eintritt in die Erdatmosphäre I AM1.5 auf Meereshöhe in Mitteleuropa Durch Integration der spektralen Strahlungsintensität I ( λ ) erhält man den zeitlichen Verlauf der sogenannten horizontalen Globalstrahlungsstärke G' ( t ) . Sie kann direkt mit einem Pyranometer gemessen werden. ∞ G' AMx ( t ) = ∫ I AMx ( λ, t ) dλ (2.1) 0 Für den erzielbaren Energieertrag in einer interessierenden Zeitspanne T ist die horizontale Globalstrahlung G entscheidend. Sie entspricht dem Integral der Globalstrahlungsstärke G' ( t ) im Zeitintervall T . G gibt direkt die eingestrahlte Energiemenge pro Fläche an. G = ∫ G' ( t ) dt (2.2) T Die Figur 2.1 veranschaulicht sehr schön, wie ein Teil der Strahlung in der Atmosphäre absorbiert wird. Die Absorption ist stark von der Wellenlänge λ Figur 2.2: Verteilung der jährlichen horizontalen Globalstrahlung G in 2 Europa [ kW ⁄ m ] Die Figur 2.3 zeigt neben den Unterschieden bei den Absolutwerten auch die jahreszeitlichen Unterschiede bei der anfallenden Globalstrahlung G für verschiedene Schweizer Standorte. Im Winter, wo die Tage kurz sind und der Sonneneinfallswinkel flach ist, fällt deutlich weniger Energie an als im Sommer. In der Schweiz sind ferner Standorte im Jura, in den Alpen oder im Tessin wegen ihrer klaren Sicht für die photovoltaische Energienutzung deutlich - 25 - besser geeignet als das Mittelland, wo das Wetter im Sommer oft dunstig und im Winter oft neblig ist. Struktur des Systems sowie von der Orientierung des Solargenerators ab. In diesem Kapitel soll in einem ersten Schritt die grundsätzliche Funktionsweise einer Solarzelle erläutert werden. Anschliessend sollen die wichtigsten Technologien mit ihren erzielbaren Wirkungsgraden einander gegenüber gestellt werden. 7 6 2.4.1 5 4 3 2 1 0 Zürich Olten Bern Locarno Mont−Soleil Jungfraujoch Standort Figur 2.3: Horizontale Globalstrahlung G in Zürich, Olten, Bern und Locarno sowie auf dem Mont-Soleil und auf dem Jungfraujoch: über das ganze Jahr gemittelt über den Sommermonat Juli gemittelt über den Wintermonat Dezember gemittelt Die statistische Langzeiterfassung der Einstrahlungsdaten ermöglicht zuverlässige Vorhersagen über die zu erwartende Globalstrahlung G an jedem beliebigen Standort. Nur so lassen sich zuverlässige Angaben zum mittleren Energieertrag gewinnen, welche auch die lokalen Besonderheiten und die unmittelbaren Wetterbedingungen mitberücksichtigen. In der Schweiz sind Ertragsvorhersagen dank Meteonorm2 mit hoher Zuverlässigkeit möglich. Dieses Werkzeug erlaubt, quantitativ verlässliche Aussagen zu treffen über die jährliche Globalstrahlung G und deren Verteilung über das Jahr hinweg. 2.4 Elektrisch nutzbare Einstrahlung Bei gegebener horizontaler Globalstrahlung G hängt der erzielbare Energieertrag in erster Linie von der eingesetzten Solarzellentechnologie, von der 2) Meteonorm: Programm zur Ermittlung der Einstrahlungsdaten beliebiger Standorte in der Schweiz. Grundsätzliche Funktionsweise der Solarzellen Um die Funktionsweise der Solarzelle richtig zu verstehen, müssen wir uns mit ein paar Grundlagen der Halbleitertechnik beschäftigen, denn Solarzellen stellen von ihrem Aufbau her im wesentlichen grossflächige Halbleiterdioden mit lichtexponierter Sperrschicht dar. Die Materialwissenschaft besagt, dass der Energieinhalt E e der Elektronen in einem Festkörper nicht kontinuierlich verteilt ist, sondern in sogenannten Energiebändern verläuft. Zwischen den im Kristallgitter fest gebundenen Elektronen des Valenzbandes und den frei beweglichen Elektronen des Leitungsbandes existiert eine verbotene Zone. Damit ein Elektron vom Valenzband ins Leitungsband gelangen kann, muss es die sogenannte Bandlückenenergie E g überwinden. Energie E p des Photons: Leitungsband Energie [E] Globalstrahlung G pro Tag [kWh/m2] - 24 - Photon hν Loch Ep = h ⋅ ν = h⋅c⁄λ Elektron Eg Ladungsträger-Paarbildung: Valenzband E p ≥ Eg Ep [Ws] Energie des Photons Eg [Ws] Bandlückenenergie h = 6.6261 ⋅ 10 c = 2.9979 ⋅ 10 – 34 8 (2.3) 2 [Ws ] –1 [ ms ] (2.4) Plancksches Wirkungsquantum Lichtgeschwindigkeit Figur 2.4: Energiebänder-Modell des Halbleiters und innerer Photoeffekt Neben der Bandlückenenergie E g des Halbleiters spielt auch dessen Temperatur T für die Elektronen eine wichtige Rolle beim Überwinden der verbo- - 27 - tenen Zone. Steigt die Temperatur T an, so nehmen die Schwingungen der Atome um ihre Gleichgewichtslage im Kristallgitter zu, was dazu führt, dass einige der Valenzbindungen aufbrechen und die frei werdenden Elektronen ins Leitungsband gelangen können. Je höher die Temperatur T und je kleiner die Bandlückenenergie E g ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass einem Elektron der Sprung vom Valenz- ins Leitungsband gelingt. Die Leitfähigkeit des Materials nimmt in diesem Fall zu. Durch Bestrahlung mit genügender Intensität I können die Elektronen ebenfalls aus dem Valenz- ins Leitungsband angehoben werden. An der Stelle im Valenzband, wo sich das herausgebrochene Elektron befand, entsteht ein positiv geladenes Loch. Fällt ein Elektron eines benachbarten Atoms in dieses Loch, so rekombinieren Loch und Elektron und das Loch verschwindet an dieser Stelle. Dabei entsteht aber dort, wo das Elektron für die Rekombination herkommt, ein neues Loch. Durch diesen Vorgang kann sich ein Loch wie ein freies Elektron im Halbleiter bewegen und trägt auf diese Weise ebenfalls zur Leitfähigkeit des Materials bei. Dieser Prozess, welcher in der Solarzelle für die Stromerzeugung genutzt wird, heisst innerer Photoeffekt. Solarzelle zur Energieerzeugung genutzt wird. Die Ausgangslage bildet der idealisiert dargestellte Verlauf der spektralen Intensität I AM1.5 . Die Flächeninhalte A i unter der Intensitätskurve I ( λ ) stellen gemäss Gleichung 2.1 Strahlungsstärken G' dar. An der Stelle λ = λ g stimmt die Energie E p des Photons genau mit der Bandlückenenergie E g überein. Dort, wo die Energie E p des Photons grösser ist als die Bandlückenenergie E g , wird die Energiemenge E g zur Ladungsträger-Paarbildung genutzt. Bei diesem Prozess wird das Photon absorbiert und gibt die Energie E g an das Elektron ab. Die überschüssige Energie E p – E g wird in Wärme umgewandelt. Aus der Figur 2.5 geht klar hervor, dass dieser Vorgang nur im Wellenlängenbereich λ ≤ λ g möglich ist. Im Bereich mit Wellenlängen von λ > λ g genügt die Energie des Photons E p nicht aus, um ein Elektron aus seiner Kristallstruktur herauszulösen und es vom Valenz- ins Leitungsband zu heben. Die Energie des Photons E p kann daher in diesem Wellenlängenbereich auch nicht absorbiert werden. Das Material ist für die Strahlung in diesem Frequenzbereich durchsichtig. Die Bandlückenenergie E g spielt nicht nur bei der zuvor beschriebenen Elektronen-Loch-Paarbildung eine entscheidende Rolle, sondern geht auch direkt in die Leerlaufspannung u sz0 der Solarzelle ein. Die Intensität I der Strahlung bestimmt den Kurzschlussstrom der Solarzelle i sz0 . Anhand der Flächeninhalte der einzelnen Teilflächen von Figur 2.5 kann nun der sogenannte spektrale Wirkungsgrad η s der Solarzelle wie folgt definiert werden: Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)] - 26 - 1.5 1 AA η s = -----------------------------------A A + AW + AD 0.5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 λ = λg 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4 Wellenlänge λ [µm] Der spektrale Wirkungsgrad η s hängt bei gegebener Strahlungsintensität I nur von der Bandlückenenergie E g ab und stellt eine idealisierte theoretische Kenngrösse dar, welche unter praktischen Anwendungsbedingungen nicht erreichbar ist. 2.4.2 Figur 2.5: Energieerzeugung in der Solarzelle durch Energieabsorption: geglättete spektrale Intensität in Äquatornähe I AM1.5 A A absorbierter und strombildender Nutzanteil A W in Wärme umgewandelter Verlustanteil A D nicht absorbierter unwirksamer Strahlungsanteil Figur 2.5 zeigt das Prinzip der spektralen Energieabsorption, welches in der (2.5) Solarzellentechnologien und erreichbare Wirkungsgrade Die Bandlückenenergie E g der Solarzelle hängt vom Halbleitermaterial und von dessen Dotierung ab. Figur 2.6 zeigt den von Rappaport hergeleiteten Zusammenhang zwischen dem theoretisch erreichbaren Wirkungsgrad η th und der Bandlückenenergie E g [15], [16]. Ist E g klein, reicht die Energie E p beinahe bei allen Photonen aus, um ein Elektron-Lochpaar bilden zu können. Die absorbierte Energie pro Elektron E g ist jedoch klein. Ist E g hingegen sehr gross, so können nur wenige Pho- - 28 - - 29 - tonen ein Elektron ins Leitungsband anheben. Jedes erfolgreiche Elektron absorbiert aber bei diesem Vorgang viel Energie. Beide beschriebenen Extrempunkte sind nicht optimal, denn das Wirkungsgrad-Maximum befindet sich dazwischen. • Beschattung durch Frontelektroden Die geringe elektrische Leitfähigkeit des Halbleitermaterials erfordert eine feingliedrige Leiterstruktur für den frontseitigen Stromabgriff. Diese meist lichtundurchlässigen Frontelektroden stellen eine Selbstbeschattung dar und Verringern durch Reduktion der aktiven Zellenfläche den Solarzellen-Wirkungsgrad. 25 20 • Ohmsche Verluste Sowohl im Halbleitermaterial als auch in den Stromabgriffsstrukturen entstehen ohmsche Verluste. 15 0 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 • Temperaturabhängige Verluste Der Wirkungsgrad der Solarzellen nimmt mit steigender Temperatur ab. GaP a−Si CdTe GaAs InP c−Si 10 Ge Theoretischer Wirkungsgrad ηth [%] 30 5 • Reflexionsverluste Ein Teil des einfallenden Lichtes wird an der Solarzellenoberfläche reflektiert. Durch eine optische Antireflexbeschichtung können diese Verluste um einige Prozentpunkte reduziert werden. 1.8 2 2.2 2.4 Bandlückenenergie Eg [eV] Figur 2.6: Theoretischer Solarzellen-Wirkungsgrad η th in Funktion der Bandlückenenergie E g bei einer Temperatur von 25°C Gemäss dem Diagramm von Figur 2.6 weisen Solarzellen aus GalliumArsenid (GaAs), Cadmium-Tellurid (CdTe) aber auch solche aus amorphem Silizium (a-Si) von ihrem theoretisch erreichbaren Wirkungsgrad η th her das höchste Potential auf. Der theoretische Wirkungsgrad η th ist eine wichtige Grösse zur Beurteilung des Potentials und des Entwicklungsstands der verschiedenen SolarzellenTechnologien. Er stellt sozusagen für den Wirkungsgrad jeder Technologie eine Zielgrösse dar, welche diese in ausgereiftem Entwicklungszustand unter idealisierten Bedingungen nahezu erreichen kann. In der Praxis wird dieser theoretische Wirkungsgrad η th noch durch die folgenden prinzipiell unvermeidbaren Effekte weiter reduziert: • Rekombinationsverluste Nicht alle durch den inneren Photoeffekt erzeugten Elektronen-LochPaare entstehen in der Nähe der Raumladungszone, so dass Elektron und Loch durch das elektrische Feld getrennt werden können. Ein Teil von ihnen rekombiniert innert kürzester Zeit. All diese Einflüsse bewirken, dass der praktische Solarzellen-Wirkungsgrad η sz heute teilweise noch deutlich unter den theoretisch möglichen Werten liegt. Die Tabelle 2.1 zeigt, welche Wirkungsgrade η sz heute in der Praxis erreicht werden können. Sie zeigt sehr deutlich, dass man klar zwischen dem Wirkungsgrad von kleinen Laborzellen und jenem der grossflächigen kommerziellen Produkte unterscheiden muss. Dazwischen liegt ein Jahre dauernder nicht zu unterschätzender Technologie-Transferprozess von der kleinen Laborzelle zum grossflächigen Modul. Die in der Tabelle 2.1 dargestellten Verhältnisse gelten für terrestrische Anwendungen. Im Bereich der hocheffizienten Solarzellen, die aufgrund ihrer sehr hohen Kosten vorwiegend für Weltraumanwendungen konzipiert sind, liegen die Wirkungsgrade noch wesentlich höher. In Japan wurde mit einer InGaP-GaAs-In GaAs-Tripelzelle im Jahre 1998 ein WirkungsgradRekordwert von η sz = 33% erreicht [18]. Neben den erwähnten Weltraumanwendungen findet man Gallium-Arsenid-Solarzellen auch in terrestrischen Anwendungen. Oft werden sie in Verbindung mit optischen Konzentratoren eingesetzt. Bei diesen Systemen wird das Sonnenlicht zur Wirkungsgradsteigerung mittels optischer Linsen auf eine meist sehr kleine Solarzellenfläche mit sehr hohem Wirkungsgrad gebündelt. Weil diese Systeme vor allem auf den direkten Strahlungsanteil der Sonne ausgerichtet sind, muss der Linsenapparat dem Sonnenstand nachgeführt werden. Dazu ist eine teure und aufwendige mechanische Infrastruktur erforderlich. - 30 - - 31 - Kommerzielle Zellen Material Technologie Laborzellen Typischer Maximaler Maximaler Wirkungsgrad Wirkungsgrad Wirkungsgrad [%] [%] [%] Monokristallines Silizium 12 - 15 22.7 24.4 Multikristallines Silizium 11 - 14 15.3 19.8 Amorphes Silizium Einzelzelle 6-7 10.2 12.7 Cadmium-Tellurid 7-9 9.2 16 Kupfer-IndiumDiselenid (CIS) 8 - 12 14 20.0 Farbstoffzelle (Graetzel) ----- ----- 11 Mikromorphe Zelle (a-Si/µc-Si Tandem) ----- ----- 11.6 Amorphe Trippel Zelle (a-Si/a-SiGe/a-SiGe) 7-9 13 15.2 Nachfolgend werden die verschiedenen Solarzellen-Technologien und ihre charakteristischen Eigenschaften kurz dargestellt. Kristalline Solarzellen Die Haupteigenschaften der kristallinen Solarzellen, welche heute nach wie vor das Rückgrat der photovoltaischen Energieerzeugung bilden, sind: • hoher Wirkungsgrad • hoher Material- und Energiebedarf • Serieschaltung aufwendig und teuer Tabelle 2.1: Praktisch erzielbare Solarzellen-Wirkungsgrade η sz [17], [18], [19], [20], [21], [22], [29] In Tabelle 2.1 kommt der unterschiedliche Entwicklungsstand der einzelnen Solarzellen-Technologien klar zum Vorschein. Die kristalline Technologie ist die am weitesten ausgereifte Technologie. Sie nimmt eine beherrschende Stellung ein, sowohl in bezug auf den Marktanteil als auch in bezug auf die erzielbaren Wirkungsgrade. Bei den Dünnfilm-Technologien hat sich bisher nur die amorphe Technologie wirklich auf dem Markt etablieren können. Die CIS- und die Cadmium-Tellurid-Technologie befinden sich zur Zeit in der Pilotphase für die Produktion. Erste Produktionsanlagen existieren bereits und die erzielten Ergebnisse sind vielversprechend. Die Farbstoff-Zelle und die mikromorphe Solarzelle, bei der die Schweiz mit dem IMT in Neuenburg an vorderster Front in der Forschung vertreten ist und immer wieder mit weltweit hervorragenden Ergebnissen aufwarten kann, sind noch kaum über den Laborzustand hinausgekommen. Dem Vorteil des guten Wirkungsgrades stehen die Nachteile des hohen Material- und Energiebedarfs sowie der aufwendigen und somit teuren Serieschaltung gegenüber. Die Gründe für den hohen Preis sind also primär in der Fertigung zu suchen. Ausgangspunkt bei der Herstellung von kristallinen Silizium-Solarzellen ist ein p-dotierter Kristallblock, welcher bei hohen Temperaturen gezüchtet werden muss. Dieser wird anschliessend in Scheiben von 200 bis 300 µm Dicke geschnitten. Vor der Dotierung mit den n-wertigen Atomen muss die Oberfläche der Silizium-Waferscheiben poliert und auf ihre endgültige Form zugeschnitten werden. Im Anschluss an den Dotierungsvorgang werden die elektrischen Kontakte auf der Front- und auf der Rückseite angebracht. Dies erfolgt heute meistens im Siebdruckverfahren. Zum Schluss wird die Oberfläche der Zelle mit einer Antireflexschicht versehen, um die Reflexionsverluste der einfallenden Strahlung möglichst gering zu halten. Die Familie der kristallinen Solarzellen unterteilt sich in 2 Hauptgruppen: • monokristalline Solarzellen • multikristalline Solarzellen Bei den monokristallinen Solarzellen bildet beim Kristallblock ein SiliziumEinkristall die Ausgangsbasis für die Zellenfertigung. Dieser Einkristall wird in einem Schmelztiegel in einem sehr arbeits- und energieaufwendigen Prozess gezüchtet. Aufgrund seiner zylindrischen Form sind monokristalline Solarzellen häufig rund, obwohl dies von der Ausnutzung der Modulfläche her nicht optimal ist. Das Zuschneiden auf eine optimalere rechteckige Form ist mit erheblichen Verlusten an hochwertigem Rohmaterial verbunden. Bei den sogenannten poly- oder multikristallinen Solarzellen lässt man die flüssige Siliziumschmelze zu einem Quader erkalten. Dadurch entsteht kein Einkristall, sondern eine multikristalline Struktur. Die unregelmässigere Struktur des Materials führt bei den multikristallinen Solarzellen zu Wir- - 32 - - 33 - kungsgradeinbussen im Bereich einiger Prozente im Vergleich zu den monokristallinen Solarzellen. Diesem Nachteil stehen eine wesentlich einfachere Kristallherstellung mit bedeutend tieferem Energieaufwand und viel geringere Materialverluste beim Zuschneiden der Zellen dank der quadratischen Form des Kristallblocks gegenüber. Im Gegensatz zur kristallinen Wafer-Technologie, bei der die elektrische Serieschaltung aufwendige Arbeitsgänge im Anschluss an die eigentliche Solarzellenfertigung erfordert, kann die Serieschaltung bei den Dünnfilmverfahren in den Herstellungsprozess integriert werden. Das Prinzip der monolythischen Serieschaltung ist in Figur 2.7 dargestellt. Das Material einzelner Schichten kann dabei von einer Technologie zur anderen wechseln. Die kristalline Technologie nimmt dank ihren hohen Wirkungsgraden im Bereich zwischen 11% und 15% auch heute noch eine marktbeherrschende Stellung ein. In den letzten Jahren wurden grosse Anstrengungen unternommen, um die Herstellungsprozesse für mono- und multikristalline Zellen hinsichtlich Material- und Energiebedarf sowie Kosten zu optimieren. Die Energierücklaufzeiten3 betragen zwischen 3 und 6 Jahren. Bei einer Lebensdauer von über 25 Jahren fällt die Energiebilanz kristalliner Solarzellen immer noch sehr positiv aus. Weil die kristalline Solarzellentechnologie bereits sehr ausgereift ist, sind in Zukunft keine Entwicklungs-Quantensprünge, sondern lediglich punktuelle kleinere Verbesserungen zu erwarten. Dünnfilm-Solarzellen Einer der herausragenden Vorteile aller Dünnfilm-Solarzellen gegenüber den kristallinen Solarzellen ist ihr geringer Material- und Energiebedarf bei der Herstellung. Im Gegensatz zu den kristallinen Wafern, die aus mechanischen Stabilitätsgründen wesentlich dicker sind als aufgrund der Lichtabsorption erforderlich wäre, sind die Dünnfilm-Solarzellen nur so dick wie für den Lichteinfang unbedingt erforderlich. Dazu genügen je nach Material hauchdünne Halbleiterschichtdicken zwischen 0.5µm und 5µm . Weitere Vorzüge der Dünnfilmtechnologien sind: • Solarzellen-Bandfabrikation möglich • Elektrische Serieschaltung im Fertigungsprozess integrierbar • Optische Serieschaltung möglich Bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen geht es darum, die dünnen Halbleiterschichten auf ein gewünschtes Trägermaterial abzuscheiden. Das oberste Ziel besteht dabei darin, ein möglichst einfaches, effizientes und für eine industrielle Massenfertigung geeignetes Verfahren zu finden. Das angestrebte Ergebnis ist ein Fertigungsprozess für eine kostengünstige Bandfertigung. 3) Energierücklaufzeit: Zeitspanne, die benötigt wird, um soviel Energie zu produzieren wie für die Herstellung aufgewendet werden musste. Verkapselung Rückseitige Leiterschicht Halbleiterschichten Frontseitige Leiterschicht Substratmaterial Figur 2.7: Monolythische Serieschaltung bei Dünnfilm-Solarzellen In einem ersten Schritt wird die frontseitige Leiterschicht auf das Substratmaterial aufgebracht. Für die Serieschaltung muss diese Leiterschicht als nächstes in Streifen unterteilt werden. In den folgenden Arbeitsgängen wird die eigentliche Solarzelle abgeschieden. Die dazu erforderliche Anzahl Arbeitsschritte hängt sehr stark vom Zellentyp ab. Im Anschluss an die Solarzellenabscheidung müssen die Zellschichten wiederum in einzelne Streifen unterteilt werden. Dies erfolgt je nach Solarzellentyp und Verfahren chemisch oder mittels Laserschneiden. Als nächstes wird die rückseitige Leiterschicht aufgebracht, gefolgt von einem nächsten Teilungsvorgang, um die einzelnen Zellen gegeneinander zu isolieren. Aus Schutz- und Haltbarkeitsgründen wird die gesamte Anordnung am Schluss möglichst luft- und wasserdicht verkapselt. Die optische Serieschaltung ist ein weiterer Vorteil der Dünnfilm-Solarzellen gegenüber den kristallinen Zellen. Darunter versteht man die Serieschaltung von 2 oder 3 pn-Übergängen mit unterschiedlichen Bandlückenenergien E g . Wie Figur 2.8 deutlich zeigt, ermöglicht dies, das Intensitätsspektrum I ( λ ) des einfallenden Sonnenlichtes besser auszunützen und somit den Wirkungsgrad η sz der Solarzelle zu erhöhen. Bei der praktischen Realisierung müssen dazu die einzelnen pn-Übergänge in der Reihenfolge ihrer Bandlückenenergien E g vertikal übereinander geschichtet werden, wobei die Zelle mit der grössten Bandlückenenergie E g auf der lichtexponierten Seite zuvorderst zu stehen kommt. Die vorderste, der Sonne zugewandte Solarzelle mit der Bandlückenenergie E g1 absorbiert die kurzwellige Strahlung. Die langwel- - 35 - ligeren Strahlungsanteile dringen ungehindert durch sie hindurch. Die nachfolgenden Zellen mit ihren geringeren Bandlückenenergien E g2 und E g3 sind aber dafür besorgt, dass ein Grossteil der langwelligen Strahlung ebenfalls zur Strombildung genutzt wird. Die optische Serieschaltung nimmt eine Schlüsselstellung ein bei den heutigen Bestrebungen, den Wirkungsgrad der Dünnfilmsolarzellen substantiell zu erhöhen. Werden 2 pn-Übergänge optisch in Serie geschaltet, spricht die Fachwelt von einer Tandemzelle, im Falle von 3 pn-Übergängen handelt es sich um eine Trippelzelle. sogenannten lichtinduzierten Degradation, welche dazu führt, dass sich der Wirkungsgrad der Solarzellen beträchtlich reduziert, wenn diese erstmals dem Licht ausgesetzt werden. In der Folge stabilisiert sich der Wirkungsgrad η sz auf einem bescheidenen Wert von 6% bis 7%. Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)] - 34 - 1.5 1 0.5 Figur 2.6 zeigt, dass die amorphen Dünnfilmtechnologien ihr theoretisches Wirkungsgrad-Potential bei weitem noch nicht voll ausschöpfen. Der Grund liegt in der im Vergleich zu den kristallinen Technologien sehr viel komplexeren Materialstruktur. Da viele im amorphen Material auftretenden physikalischen Effekte schlicht noch zu wenig erforscht sind, existieren auch keine guten Modelle, welche eine effiziente und zielgerichtete Optimierung des Wirkungsgrades η sz ermöglichen würden. Die verstärkten Forschungsanstrengungen der letzten Jahre im Bereich der Solarzellen scheinen nun erste Früchte zu tragen. So wurden immer neue Materialien, Technologien und Zelltypen im Labor erforscht und optimiert. Aus der riesigen Vielfalt scheinen nun einige vielversprechende Solarzellentypen den Weg in die Pilot- und in die Fertigungsphase zu finden. Darunter befinden sich unter anderen folgende Typen: • Amorphe Silizium-Solarzelle 0 0 0.2 0.4 λg1 λg2 1.2 1.4 λg3 • Cadmium-Tellurid-Solarzelle 1.8 2 2.2 2.4 Wellenlänge λ [µm] Figur 2.8: Verbesserte Nutzung des Intensitätsspektrums I ( λ ) des Sonnenlichtes durch optische Serieschaltung bei einer Trippelzelle: geglättete spektrale Intensität in Äquatornähe I AM1.5 nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g1 nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g2 nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g3 Bei der Herstellung von Dünnfilm-Solarmodulen kann sowohl die Anzahl Solarzellen als auch deren Fläche relativ einfach variiert werden, was zu einer hohen Flexibilität in der Wahl der elektrischen Klemmengrössen des fertigen Solarmoduls führt. Den vielen Vorteilen der Dünnfilmtechnologien steht derzeit noch ein gewichtiger Nachteil gegenüber. Im Wirkungsgrad fielen die DünnfilmSolarzellen bisher gegenüber den kristallinen Zellen deutlich ab. Bei den Solarzellen aus amorphem Silizium (a-Si) liegt ein Hauptgrund dafür in der • Kupfer-Indium-(Gallium)-Diselenid-Solarzelle Im Labor weisen einige der oben aufgeführten Solarzellentypen stabilisierte Solarzellen-Wirkungsgrade η sz von weit über 10% auf. Besonders von der CIS4-Technologie versprechen sich sehr viele Fachleute grosse Fortschritte auf dem Weg zu einer kostengünstigen Solarzelle mit überdurchschnittlichem Wirkungsgrad. Leider werden bei einigen dieser neuen Solarzellen-Technologien giftige Stoffe verwendet. Die Substitution dieser umweltbelastenden Materialien durch unbedenkliche Stoffe wird und muss unbedingt vorangetrieben werden, wenn diese Technologien einen Beitrag zu einer kostengünstigen und umweltfreundlichen Stromerzeugung leisten wollen. Der geringe Material- und Energiebedarf zur Herstellung von DünnfilmSolarzellen und das beachtliche Potential einiger Dünnfilm-Technologien rechtfertigen die hohen Forschungsanstrengungen in diesem Bereich. Mit einer Energierücklaufzeit von weit unter einem Jahr liegen die amorphen Siliziumzellen bereits heute rund einen Faktor 10 unterhalb jener der kristal4) CI(G)S: Kürzel für CuInGaSe2- oder Kupfer-Indium-(Gallium)-(Di)Selenid. - 36 - - 37 - linen Solarzellen. Es ist daher absehbar, dass der Weg zu billigem Photovoltaik-Strom in naher Zukunft über die Dünnfilmtechnik führen wird. Ebenso klar ist hingegen auch, dass diese Technik noch lange nicht ausgereift ist. Position um die Ost-West-Achse darüber hinaus noch von der Jahreszeit abhängig. Am Äquator steht die Sonne zum Frühlings- und Herbstanfang genau senkrecht. Zum Sommeranfang hat sie mit 23.45° und zum Winteranfang mit – 23.45 ° die grösste Abweichung von dieser Position [23]. Für einen optimalen Energieertrag muss die vertikale Lage der Solarzellen in Abhängigkeit von der geographischen Breite und von der Jahreszeit nachgeführt werden. In der Praxis ist dies aber oft aus konstruktiven Gründen oder aus preislichen Überlegungen nicht oder nur bedingt machbar. Stattdessen werden die Solarzellen in Abhängigkeit des Standortes vertikal um einen bestimmten Winkel versetzt montiert. Wie gross der Lagewinkel β für einen maximalen Ertrag zu wählen ist und mit welchen Einbussen gegenüber dem optimalen Fall mit Nachführung der Solarzellen gerechnet werden muss, kann in [1] nachgelesen werden. 2.5 Ausbeute photovoltaischer Energiesysteme In diesem Kapitel soll das technische Potential der Photovoltaik in der Schweiz kurz dargestellt werden. Ausgehend von der verfügbaren Globalstrahlung G soll der erzielbare Energieertrag E pv unter Berücksichtigung des photovoltaischen Flächenbedarfs A pv und der in der Schweiz für dieses Energiesystem zur Verfügung stehenden Flächen berechnet werden. 2.5.1 Photovoltaisches Flächen- und Energieertrags-Potential Die Ausführungen in Kapitel 2.3 zeigen, dass die verfügbare Einstrahlung von sehr vielen Faktoren wie beispielsweise der geographischen Lage, den lokalen Wetterverhältnissen und der Höhe über Meer abhängt. Die sich aufgrund dieser Verhältnisse ergebende mittlere horizontale Globalstrahlung G bildet die Grundlage für die Energieproduktion. Einstrahlung β N α S Figur 2.9: Einfluss der geographischen Breite und der Erdumlaufbahn auf die Einstrahlungsverhältnisse Will man jederzeit die einfallende Strahlung optimal verwerten, so muss die Solarzelle um zwei Achsen nachgeführt werden. Dies rührt einerseits von der elliptischen Erdumlaufbahn um die Sonne und andererseits von der Eigenrotation der Erde her. Aufgrund der Erdrotation müsste die Solarzelle der Tageszeit folgend von Osten nach Westen um die Nord-Süd-Achse nachgeführt werden. Der optimale vertikale Neigungswinkel β hängt, wie in Figur 2.9 ersichtlich, von der geographischen Breite ab. Weil aber die Erdrotationsachse nicht senkrecht zur Erdumlaufbahn verläuft, ist die optimale Wie hoch das Potential der Photovoltaik ist, kann mit folgendem Beispiel sehr anschaulich gezeigt werden: Mit einer Jahressumme an horizontaler 2 Globalstrahlung G = 1100 kWh ⁄ m 5 und einem durchschnittlichen Wirkungsgrad der Photovoltaikanlage von η = 10.5% 6 wäre insgesamt eine Generatorfläche A CH , tot notwendig, um den jährlichen Elektrizitätsbedarf der Schweiz von E CH , tot = 50 TWh 7 nur mittels Photovoltaik zu decken. E CH , tot A CH , tot = ------------------G⋅η (2.6) 12 2 50 ⋅ 10 Wh ⋅ m 6 2 2 - = 433 ⋅ 10 m = 433 km A CH , tot = -----------------------------------------------6 1.1 ⋅ 10 Wh ⋅ 0.105 Die Fläche A CH , tot entspricht in sehr guter Näherung der doppelten Fläche des Neuenburgersees. Dem Problem der Energiespeicherung, aufgrund der tageszeitlich beschränkten und wetterbedingt reduzierten Verfügbarkeit der photovoltaischen Kraftwerke, müsste bereits bei einer Teilsubstitution nuklearer oder fossiler Anlagen durch Photovoltaik grösste Beachtung geschenkt werden. 5) 1000 kWh/m2: Dieser konservative Wert ist auch an photovoltaisch nicht optimalen Standorten im schweizerischen Mittelland problemlos erreichbar. 6) 10.5% Wirkungsgrad für die Gesamtanlage sind heute unter Verwendung der marktbeherrschenden kristallinen Solarzellen gut möglich. 7) Elektrizitätsverbrauch im Jahr 1998 gemäss Statistik des Vereins Schweizerischer Elektrizitätswerke VSE. - 38 - - 39 - Energieertrag E pv ( A ) K E ( A ) = ----------------------------------------------------------------Energieertrag E pv ( A opt ) (2.7) Das photovoltaische Energieertrag-Kriterium K E einer Fläche A gibt den Energieertrag E pv ( A ) dieser Fläche bezogen auf den Ertrag E pv ( A opt ) einer gleich grossen optimal ausgerichteten Fläche A opt am selben Ort an. Auf diese Weise wird jede photovoltaische Nutzfläche A mit einer Ertragskennzahl K E versehen. Ein Ertragskriterium K E = 0.9 bedeutet somit, dass die betroffene Fläche A mindestens 90% des maximalen jährlichen Energieertrages erzielen muss. In Figur 2.10 sind -gestützt auf Bischof und Mühlbauer 1993- die Prozentanteile der Dachflächen in Abhängigkeit der Dachneigung d aufgeführt, die das Mindestertragskriterium K E erfüllen [24]. Die Dachneigung d beträgt bei einem Flachdach 0° und bei einer Fassade 90° . Die Figur 2.10 zeigt deutlich, dass ein sehr hoher Anteil der Flachdächer für eine photovoltaische Nutzung äusserst geeignet wären. Bei den Fassadenflächen8 hingegen liegen aufgrund des ungünstigen Lagewinkels für den Solargenerator prinzipbedingt Energieerträge mit K E > 75% nicht drin. 8) In der Figur 2.10 werden Fassaden als Dachflächen mit 90° Neigung dargestellt. 100 Dachflächenanteil [%] Neue Photovoltaik-Anlagen werden in der Schweiz aufgrund unseres beschränkten Raumangebotes und aus Gründen des Umwelt- und Landschaftsschutzes kaum auf der grünen Wiese installiert werden, sondern vorwiegend im bebauten Gebiet. In den letzten Jahren wurden grosse Anstrengungen unternommen zur Schaffung eines Instrumentariums zur differenzierten Erfassung des Photovoltaik-Potentials im Gebäudepark unter Berücksichtigung technologischer und wirtschaftlicher Faktoren [24], [25]. Als Mass für die photovoltaische Eignung dient der erzielbare Energieertrag. Ausgehend von den Brutto-Nutzflächen, welche alle Dach- und Fassadenflächen des Gebäudeparks umfassen, werden in einem ersten Schritt all jene Flächenanteile subtrahiert, die aus architektonischen, raumplanerischen, technischen oder aus Nutzungskonkurrenz-Gründen für photovoltaische Nutzung ungeeignet sind. Beispiele hierfür sind die Flächen für Türen und Fenster genauso wie alle durch Hindernisse wie Kamine, Bäume oder Nachbarhäuser beschatteten Flächen. Daraus ergibt sich die photovoltaische Netto-Nutzfläche. Weil aber die photovoltaische Eignung dieser Fläche nicht überall gleich ist, musste ein Mass für die solarwirtschaftliche Güte dieser Flächen gefunden werden: 80 60 40 20 0 55 Ertr 65 ags 75 rium K krite E 85 [%] 95 90 80 70 60 50 40 gd igun ne hen 10 0 [%] c hflä Dac 20 30 Figur 2.10: Verteilung der Dachflächen nach ihrem Mindestenergieertrag Der mögliche Beitrag der Photovoltaik zur elektrischen Energieversorgung fällt je nach Region sehr unterschiedlich aus, wie ein energetischer Vergleich zwischen der Stadt Zürich und dem eher ländlich geprägten Kanton Freiburg in Tabelle 2.2 zeigt. Stadt Zürich Elektrisches Photovoltaik-Potential Beitrag Beitrag absolut relativ Kanton Freiburg Beitrag absolut Beitrag relativ Aktueller Strombedarf 2.6 TWh 100% 1.8 TWh 100% Energieproduktion mit bestehender Technologie auf Flächen mit minimalem Ertragskriterium 90% 0.27 TWh 10% 0.56 TWh 33% Energieproduktion mit bestehender Technologie auf Flächen mit minimalem Ertragskriterium 80% 0.44 TWh 16% 0.86 TWh 48% Tabelle 2.2: Photovoltaisch nutzbares elektrisches Energie-Produktionspotential in der Stadt Zürich und im Kanton Freiburg [25] - 40 - - 41 - Vergleicht man den Energieertrag aller Gebäudeflächen im Kanton Freiburg mit gutem ( K E > 80% ) bis sehr gutem ( K E > 90% ) photovoltaischem Ertragspotential mit den entsprechenden Flächen in der Stadt Zürich, so stellt man fest, dass damit im ländlichen Kanton Freiburg knapp die Hälfte des elektrischen Energiebedarfs decken könnte, während man sich in der Stadt Zürich mit einem 3 Mal kleineren Deckungsgrad zufrieden geben muss. Setzt man die für Photovoltaik potentiell zur Verfügung stehenden Flächen aus Tabelle 2.3 in Verbindung zur Bevölkerungsdichte und zum Energieverbrauch, die in Tabelle 2.4 aufgeführt sind, so zeigt sich mit aller Deutlichkeit, warum die Photovoltaik in ländlichen Gebieten einen markant höheren Beitrag zur Strombedarfsabdeckung leisten kann als in städtischer Umgebung. Tabelle 2.4 zeigt, dass die hohe Bevölkerungsdichte und die höhere Energienutzungsintensität der städtischen Gebiete gepaart mit einem tendenziell geringeren Flächenangebot pro Einwohner im Vergleich zu ländlicher Umgebung die hauptsächlichen Gründe dafür sind, dass die Photovoltaik auf dem Land potentiell einen höheren Beitrag zur elektrischen Energieversorgung leisten kann als in der Stadt. Quantitativ zuverlässige Aussagen zum nutzbaren Photovoltaik-Potential des gesamten Gebäudeparks der Schweiz erfordern aufgrund der teilweise stark unterschiedlichen Sonneneinstrahlungs- und Besiedlungsverhältnisse in unserem Land eine detaillierte Analyse unter Berücksichtigung dieser regionalen Unterschiede. In Tabelle 2.5 sind die potentiell für Photovoltaik verfügbaren Dachflächen aufgeführt. Photovoltaisches Flächenpotential Stadt Zürich Kanton Freiburg Flächen mit Ertragskriterium K E ≥ 90% 2.1 km2 5.6 km2 Mindestertragskriterium K Emin Flächen mit Ertragskriterium 80% ≤ K E < 90% 2.7 km2 3.3 km2 Tabelle 2.3: Für Photovoltaik potentiell zur Verfügung stehende Gebäudeflächen in der Stadt Zürich und im Kanton Freiburg Faktoren Stadt Zürich Kanton Freiburg Jährlicher Elektrizitätsabsatz bezogen auf Gebäudegrundfläche 243 kWh/m Verfügbare Gebäudegrundfläche pro EinwohnerIn 30m2/Einwohner 82m2/Einwohner Photovoltaisch geeignete Dachflächen mit minimalem Ertragskriterium K E ≥ 90% bezogen auf Gebäudegrundfläche 0.25m2/1m2 0.30m2/1m2 Jährliche Einstrahlungsenergie auf optimal orientierter Fläche 1167 kWh/m2 1250 kWh/m2 2 99 kWh/m2 Tabelle 2.4: Faktoren für unterschiedlichen elektrischen Energiedeckungsgrad zwischen städtischen und ländlichen Gebieten [25] Photovoltaisches Flächenpotential A pv, pot minimal maximal 0.9 46 km2 84 km2 0.8 95 km2 179 km2 0.7 122 km2 217 km2 0.6 144 km2 248 km2 0.5 203 km2 303 km2 Tabelle 2.5: Abschätzung der für Photovoltaik geeigneten Gebäudeflächen in der Schweiz in Abhängigkeit ihres Energieertrages [24] Die grosse Spanne zwischen dem berechneten minimalen und dem maximalen Flächenpotential A pv, pot kann in Zukunft durch praktische Validierung und statistischen Abgleich der für die Berechnung benötigten Gebäudedaten sicherlich noch wesentlich verringert werden. Mit Hilfe des in Tabelle 2.5 aufgeführten photovoltaischen Flächenpotentials A pv, pot und unter Berücksichtigung des Ertrages E pv all jener Anlagen, die in der Schweiz bereits in Betrieb sind, kann sowohl das Leistungspotential P pv, pot als auch das jährliche Energieertragspotential E pv, pot der Dachflächen in der Schweiz abgeschätzt werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2.6 dargestellt. Bei der Montage der Solarmodule wurden zwei Varianten unterschieden: bei der Flachvariante werden die Module parallel zur Dachfläche befestigt und liegen somit flach auf dem Dach, währenddem sie bei der - 42 - - 43 - Gestellvariante mit optimaler Neigung an einem Gestell befestigt sind. Damit lässt sich unter Inkaufnahme einer kleinen Energie-Ertragseinbusse die aktive Solarzellenfläche A reduzieren. Variante Leistungspotential P pv, pot in GWp Energieertragspotential E pv, pot in TWh K Emin = 0.8 K Emin = 0.5 K Emin = 0.8 K Emin = 0.5 Minimale Flachvariante 13.2 17.6 11.3 14.9 Maximale Flachvariante 18.8 24.9 16.0 21.2 Minimale Gestellvariante 10.2 14.6 8.8 12.4 Maximale Gestellvariante 14.6 20.7 12.4 17.6 Tabelle 2.6: Photovoltaisches Leistungs- und Energieertragspotential der Dachflächen im Gebäudepark der Schweiz [24] Die in Tabelle 2.6 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass in der Schweiz die gut bis sehr gut geeigneten Dachflächen mit einem Ertragskriterium von über K E = 80% ein sehr beachtliches Energieertragspotential von E pv, pot = 16.0 TWh aufweisen. Dies entspricht einem knappen Drittel unseres jährlichen Bedarfs an elektrischer Energie von E CH , tot = 50 TWh . Die Tabelle 2.6 führt aber ebenso deutlich vor Augen, dass die zu installierende Leistung in diesem Fall mit P pv = 18.8 GW einen Spitzenwert aufweist, der beinahe doppelt so hoch ist wie die im Jahr 1998 aufgetretene momentane Elektrizitäts-Verbrauchsspitze im schweizerischen Energieversorgungsnetz von P CH , max = 10.8 GW [26]. Zusammenfassend kann man in bezug auf das Potential der Photovoltaik in der Schweiz folgendes festhalten: • Mit heutiger Technologie ergibt eine installierte Solarzellenfläche von 2 A = 10m in der Schweiz eine Spitzenleistung P max von über 1 kWp und einen durchschnittlichen Jahresertrag von E pv = 850 kWh . • Zur Deckung des gesamten Elektrizitätsbedarfs E CH , tot der Schweiz wäre mit heutiger Solarzellentechnologie mindestens eine Fläche von 2 A CH , tot = 430 km notwendig. Dies entspricht ungefähr der doppelten Fläche des Neuenburgersees. • Der schweizerische Gebäudepark besitzt ein beträchtliches Potential an photovoltaisch nutzbaren Flächen. Allein die Nutzung der gut bis sehr gut geeigneten Gebäudeflächen mit einem minimalen Ertragskriterium von K Emin = 0.8 ergibt ein photovoltaisches Leistungspotential von maximal P pv, pot = 18.8 GW , was einen maximalen Energieertrag von E pv, pot = 16.0 TWh pro Jahr ergibt. Diese Ausführungen zeigen, dass die Photovoltaik bereits mit dem heutigen Stand der Technik ein beträchtliches Potential aufweist und in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur elektrischen Energieversorgung leisten könnte. 2.6 Entwicklungstendenzen in der Photovoltaik Die sehr hohen Herstellungskosten der photovoltaischen Energiesysteme stellen immer noch das Haupthindernis für eine breite Markteinführung der Photovoltaik dar. Der photovoltaisch produzierte Strom ist auf dem freien Markt im Vergleich zu Strom aus Kernkraft oder aus Wasserkraft nicht konkurrenzfähig. In diesem Kapitel werden die Entwicklungstendenzen der Photovoltaik aufgezeigt. Die zukünftige Entwicklung dieser Technik hängt im wesentlichen von folgenden zwei Faktoren ab: • Technologische Entwicklung im Bereich der Schlüsselkomponenten des photovoltaischen Energiesystems. • Preis- und Marktentwicklung für Photovoltaik-Produkte. Im Bereich der technologischen Entwicklung sind mit der Steigerung des Wirkungsgrades einerseits und der Senkung der Herstellungskosten andererseits zwei teilweise widersprüchliche Stossrichtungen erkennbar. Dass die Dünnfilmtechnik zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist hingegen unverkennbar. Seitens der Preis- und Marktentwicklung zeichnen sich langsam die ersten Erfolge ab. Der Photovoltaik-Markt gehört mit jährlichen Steigerungsraten der Solarmodul-Produktionskapazität von 20% bis 30% zu den bedeutenden Zukunftsmärkten. Für die zukünftige Marktentwicklung der Photovoltaik spielen neben dem Preis auch die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. - 44 Technologische Entwicklung im Bereich der Solarzellen Kristalline Solarzellen beherrschen zur Zeit den Markt für Solarzellen. Eine an der Photovoltaik-Weltkonferenz 1998 veröffentlichte Marktanalyse [27] zeigt dies mit einem Marktanteil von 54% für Zellen aus monokristallinem und einem solchen von 26% für Solarzellen aus polykristallinem Silizium mit aller Deutlichkeit. Sollen Solarzellen aber in grossem Stil zur Energiegewinnung eingesetzt werden, so können die bisherigen, auf kristalline Wafer-Technik basierenden Herstellungsverfahren aus folgenden Gründen kaum beibehalten werden: • Materialbedarf • Bedarf an grauer Energie • Herstellungskosten Die Solarzellen-Wafer können aus mechanischen Stabilitätsgründen nicht in Scheiben mit einer Dicke unterhalb 200 bis 300 µm geschnitten werden, obwohl für die Lichtabsorption bereits halb so dicke Silizium-Wafer voll ausreichen würden. Dies hat einen sehr hohen Materialbedarf von ungefähr 10 Tonnen hochreinem Silizium pro installiertes Megawatt zur Folge [28]. Auch in bezug auf den Bedarf an Primärenergie schneiden die kristallinen Zellen mit einem Bedarf von etwa 10 kWh pro installiertes Watt im Vergleich zu den Dünnfilm-Technologien schlecht ab [28]. Hauptverantwortlich dafür ist die sehr energieaufwendige Herstellung des Ausgangsmaterials für die Solarzellenproduktion. Dazu müssen bei hohen Temperaturen SiliziumKristalle gezüchtet werden, woraus dann anschliessend die Waferscheiben geschnitten werden. Diese aufwendigen Herstellungsprozesse, welche grösstenteils der Mikroelektronik entnommen sind, verursachen sehr hohe Herstellungskosten, welche sich letztendlich im hohen Preis der kristallinen Solarzellen niederschlagen. Im Vergleich zu allen anderen Solarzellen-Technologien ist die kristalline Wafertechnik die am weitesten ausgereifte Technik und wird aufgrund ihrer derzeitigen Marktstellung auch in den nächsten Jahren in der praktischen Umsetzung sicher noch die vorherrschende Rolle spielen. In der kristallinen Technologie werden Verbesserungen im Wirkungsgrad nur noch punktuell und in kleinen Schritten erfolgen. Bei den Herstellungskosten sind durch Automatisierung und Optimierung der Produktionsverfahren bedeutende Fortschritte möglich. Die Dünnfilmtechnologien stellen eine vielversprechende Hoffnung für die Zukunft dar, denn sie versprechen in einigen Jahren ähnliche Wirkungsgrade wie die heutigen kristallinen Solarzellen bei deutlich geringerem Materialund Energieaufwand in der Herstellung. Allen Dünnfilm-Verfahren gemeinsam ist der sehr sparsame Umgang mit dem Halbleitermaterial. Im Gegensatz zu den kristallinen Wafern sind die Dünnfilm-Solarzellen mit einer Dicke zwischen 0.5µm und 5µm hauchdünn. Ihre Dicke richtet sich nach dem Absorptionskoeffizienten des Materials und wird nur so dick gewählt, dass ein Grossteil der einfallenden Strahlung im Material absorbiert werden kann. Ein weiterer grosser Vorteil der Dünnfilmtechniken besteht darin, dass die Serieschaltung einzelner Zellen zu einem Modul in den Herstellungsprozess der Solarzellen integriert werden kann. Dadurch lassen sich Solarmodule mit höherer Ausgangsspannung in einem kontinuierlichen Bandprozess herstellen. Diese Eigenschaft ist im Hinblick auf eine kostengünstige industrielle Massenfertigung viel entscheidender als der für die Serieschaltung erforderliche Zusatzaufwand. Von den Dünnfilmtechnologien ist einzig die amorphe Silizium-Technologie mit einem Marktanteil von knapp 15% auf dem Markt etabliert [27]. Ihr grosser Nachteil ist der sehr niedrige Wirkungsgrad bei den kommerziell erhältlichen Modulen. Die Cadmium-Tellurid und die CIS-Technologie, die vom Wirkungsgrad her bessere Ergebnisse verspricht, befindet sich zur Zeit in der Pilotphase oder in der Markteinführungsphase. Tabelle 2.1 zeigt, dass die bisher erreichten Labor-Wirkungsgrade vor allem bei den CIS-Solarzellen mit Spitzenwerten von η sz = 20% äusserst erfreulich sind. Figur 2.11 zeigt aber, dass die erzielbaren Wirkungsgrade in der Massenfertigung immer hinter den entsprechenden Werten der Laborzellen hinterherhinken [18]. Wunsch Labor Wirkungsgrad 2.6.1 - 45 - Realistisches Ziel Pilotanlage Industrie Komplexität Figur 2.11: Wirkungsgrad und Komplexität der Solarzellen in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien Die Komplexität der sehr kleinflächigen Laborzellen muss einerseits im Hin- - 46 - - 47 - blick auf eine kostengünstige Massenfertigung so weit wie möglich reduziert werden, andererseits entstehen bei der Aufskalierung aber auch zusätzlich neue technische Probleme. Die Anzahl der Fehlerstellen und Inhomogenitäten im Halbleiter steigt beispielsweise mit zunehmender Fläche stark an. Betriebsstunden verringert, um sich dann auf einem tieferen Niveau zu stabilisieren. An der Lösung dieses Problems wird zur Zeit weltweit geforscht. Ein vielversprechender Ansatz scheint die an der Universität Neuchâtel entwickelte sogenannte mikromorphe Solarzelle. Es handelt sich dabei um eine Tandemzelle bestehend aus einer amorphen Silizium- und einer mikrokristallinen Silizium-Solarzelle. Dieser Solarzellentyp befindet sich zur Zeit noch im Laborstadium. Die Ergebnisse dort sind sehr ermutigend und könnten den Stellenwert der amorphen Solarzellen-Technologie bereits in naher Zukunft wesentlich steigern. Für den kommerziellen Erfolg der Photovoltaik sind die Energiegestehungskosten EP pv entscheidend. In der Praxis werden zur Zeit zwei Ansätze verfolgt, um dieses Ziel zu erreichen: [ SFr ⁄ Zellenfläche ] EP pv = [ SFr ⁄ Watt ] = ------------------------------------------------------[ Zellenfläche ⁄ Watt ] (2.8) Im Zähler der Gleichung 2.8 steht ein Mass für die Produktionskosten, die Grösse im Nenner hingegen ist umgekehrt proportional zum Wirkungsgrad der Solarzellen. Laut Gleichung 2.8 stellt sich nun bei der Optimierung die Frage, ob die Technologie auf höchste Wirkungsgrade oder auf möglichst tiefe Herstellungskosten getrimmt werden soll. Die Erfahrungen zeigten, dass sich mit der teuren kristallinen Technologie auch die besten Wirkungsgrade erzielen liessen, während all jene Technologien, welche wesentlich tiefere Produktionskosten versprachen, leider auch mit einem sehr bescheidenen Wirkungsgrad aufwarteten [30]. Neueste Laborergebnisse und erste Erfahrungen in der Pilotphase, insbesondere für die CIS-Technologie, versprechen auch für industriell gefertigte Dünnfilm-Solarzellen in Zukunft Wirkungsgrade im Bereich η sz = [ 10..... 15 ]% . An der Substitution des in den CIS-Solarzellen verwendeten umweltschädlichen Cadmiums durch ein unbedenkliches Material wird derzeit ebenfalls geforscht. Sollte dieses Vorhaben gelingen, könnte die CIS-Technologie der Photovoltaik den Weg zu einer kostengünstigen und umweltfreundlichen Stromerzeugung weisen. Eine Verbilligung der photovoltaischen Stromproduktion verspricht auch die Cadmium-Tellurid-Technologie. Ihr Wirkungsgrad liegt zwischen demjenigen der amorphen und jenem der CIS-Solarzellen. Die Vorbehalte in bezug auf die Umweltverträglichkeit der verwendeten Materialien gilt natürlich auch für die Cadmium-Tellurid-Solarzellen. Völlig unbedenklich für die Umwelt ist die amorphe Silizium-Technologie. Silizium ist völlig ungiftig und eines der Elemente, welche in der Erdkruste am allerhäufigsten vorkommen. Versorgungsengpässe sind daher kaum zu befürchten, denn Sand besteht hauptsächlich aus Silizium. Das grosse Problem der amorphen Silizium-Technologie ist die lichtinduzierte Degradation aufgrund des Staebler-Wronski-Effektes. Sie bewirkt, dass sich der Wirkungsgrad η sz der amorphen Solarzellen in den ersten paar Hundert Neben den besprochenen Dünnfilm-Technologien existieren noch weitere Typen von Solarzellen, wie beispielsweise die unter dem Namen GraetzelZellen bekannt gewordenen farbstoffsensitiven nanokristallinen Solarzellen. Es handelt sich dabei um eine elektrochemische Flüssigkeitszelle mit Titandioxid als Elektrolyten und einem Farbstoff zur Verbesserung der Lichtabsorption. Sie befindet sich gegenwärtig noch in einem Entwicklungsstadium, in dem grundlegende Fragen wie jene ihrer Langzeit-Stabilität oder der industriellen Reproduzierbarkeit ihres Herstellungsprozesses untersucht werden. Bis zu ihrem Markteintritt dürften daher noch mindestens 5 bis 10 Jahre vergehen. Das Potential und der gegenwärtige Entwicklungsstand der wichtigsten Dünnfilm-Solarzellen-Typen versprechen in absehbarer Zeit Wirkungsgrade im Bereich der heutigen kristallinen Technologien, allerdings bei wesentlich geringerem Material- und Herstellungsaufwand. 2.6.2 Preis- und Marktentwicklung Für die zukünftige Marktentwicklung der Photovoltaik ist eine Reihe schwer quantifizierbarer Faktoren entscheidend. Die wichtigsten unter ihnen sind: • Preis der Photovoltaik-Anlagen und insbesondere der Solarmodule • Volumen und Marktanteil der Photovoltaik an der elektrischen Energieversorgung • Art, Umfang und Laufzeit von öffentlichen Förderprogrammen • Höhe der Vergütung für ins Energieversorgungsnetz eingespeisten Photovoltaik-Strom • Verfügbarkeit an Kapital bei potentiellen Anlagenbetreibern • Verfügbarkeit an Rohstoffen und Produktionsanlagen zur Herstellung von Solarzellen - 48 - - 49 - • Preisentwicklung der marktbeherrschenden Energieträger Geht man davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen in Zukunft nicht allzu stark ändern werden, wird sich der Markt auch in gleicher Weise wie bisher entwickeln. Unter dieser Annahme lassen sich aufgrund der verfügbaren Daten aus den letzten 10 bis 20 Jahren relativ verlässliche Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung der Photovoltaik machen. Produktionskapazität [MWp /Jahr] Die Figur 2.12 zeigt den Verlauf des weltweiten Umsatzes an PhotovoltaikModulen in MW p pro Jahr [31]. Daraus wird ersichtlich, dass der Markt für Photovoltaik-Module in den letzten 12 Jahren eine durchschnittliche Steigerungsrate von 15% aufweist und dass sich das Wachstum seit 1996 deutlich beschleunigt hat. Bei gleichbleibendem Wachstum von jährlich 15% muss im Jahre 2010 mit einem Solarmodul-Umsatz von etwa 630 MW p gerechnet werden. Dies würde die weltweit installierte Photovoltaik-Gesamtleistung bis zu diesem Zeitpunkt auf über 4000 MW p steigern. Gegenüber dem Stand des Jahres 1995 mit einer weltweit installierten Gesamtleistung von 530 MW p stellt dies eine Steigerung der Energieproduktionskapazität mittels Photovoltaik um 750% in lediglich 15 Jahren dar. Angesichts der Wachstumsbeschleunigung der letzten Jahre kann diese Marktabschätzung als eher vorsichtig bezeichnet werden. 150 125 100 module und die fortlaufende Verbesserung und Rationalisierung der Herstellungsverfahren gerieten auch die Preise für Solarstromanlagen ins Rutschen. Figur 2.13 zeigt den Verlauf der teuerungsbereinigten Preisentwicklung der Gesamtsystemkosten für Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz seit 1988. Photovoltaik−Systempreis [SFr./ Wp ] • Gesetzliche Rahmenbedingungen in den Bereichen Bauwesen, Steuern und Einspeisevorschriften 30 25 20 15 10 5 0 1988 1990 1994 1996 1998 2000 Jahr Figur 2.13: Systemkosten für Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz [32] Aus Figur 2.13 ist ersichtlich, dass sich die Systemkosten pro installiertes Photovoltaik-Watt innerhalb von nur 10 Jahren um den Faktor 3 verringert haben. Die spezifischen Kosten variieren dabei sehr in Abhängigkeit von der Anlagengrösse, wie die in Tabelle 2.7 dargestellten mittleren Systemkosten der durch das Bundesamt für Energie (BfE) in den Jahren 1997 und 1998 geförderten Anlagen in der Schweiz zeigen. Systemgrösse 75 1992 Spezifische Kosten 1-2 kW p 15’470.- SFr. ⁄ kW p 50 2-4 kW p 14’040.- SFr. ⁄ kW p 25 4 - 10 kW p 13’100.- SFr. ⁄ kW p 10 - 50 kW p 12’570.- SFr. ⁄ kW p 50 - 100 kW p 11’960.- SFr. ⁄ kW p 0 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 Jahr Figur 2.12: Weltweiter Photovoltaik-Modul-Umsatz in MWp pro Jahr Durch den starken Ausbau der weltweiten Produktionskapazitäten für Solar- Tabelle 2.7: Mittlere Systemkosten der durch das BfE in den Jahren 1997 und 1998 geförderten Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz [31] - 50 - - 51 - Vorraussetzung für eine wirksame Kostenoptimierung sind möglichst genaue Kenntnisse der Kostenaufteilung innerhalb des Energiesystems. einsparungspotential noch nicht ausgeschöpft. Die vielfältige und innovative BOS-Industrie trug in den letzten Jahren wesentlich dazu bei, dass die Photovoltaik-Anlagen effizienter, zuverlässiger und billiger wurden. Kostenverteilung Typ 1 SFr. ⁄ W p Typ 2 SFr. ⁄ W p Typ 3 SFr. ⁄ W p Systemkomponenten Kostenverteilung Solarmodule ohne Rahmen 5.13 SFr. ⁄ W p Solarmodule mit Rahmen 6.15 6.15 6.15 Wechselrichter 2.92 SFr. ⁄ W p Wechselrichter 2.92 4.89 2.45 Batterie ( 4 kWh ) 1.91 SFr. ⁄ W p --- 2.45 --- Übrige BOS-Komponenten und Installation Übrige BOS-Komponenten und Installation Total 3.64 3.64 3.28 9.96 SFr. ⁄ W p Total 12.71 Systemkomponente Tabelle 2.9: Systemkostenverteilung für Photovoltaik-Fassadenanlagen 17.13 11.88 Tabelle 2.8: Systemkostenverteilung für Photovoltaik-Schrägdachanlagen: Typ 1: Netzgekoppelte Anlage mit zentralem Wechselrichter Typ 2: Inselanlage mit Batterie und zentralem Wechselrichter Typ 3: Netzgekoppelte Anlage mit Modulwechselrichtern [33] Die anfallenden Kosten für ein photovoltaisches Energiesystem hängen sehr stark vom Anlagentyp ab, so dass allgemeingültige Aussagen schwierig sind. In einer Studie der Firma Solarex wurde die Kostenaufteilung für Dach- und Fassadenanlagen untersucht [33]. Für Schrägdachanlagen wurden drei unterschiedliche elektrische Konfigurationen miteinander verglichen: eine netzgekoppelte Anlage mit zentralem Wechselrichter, eine Inselanlage mit Batteriespeicher und zentralem Wechselrichter sowie eine netzgekoppelte Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern. Die spezifischen Kosten für diese drei Fälle sind in Tabelle 2.8 dargestellt, während in Tabelle 2.9 die Werte für kommerzielle Photovoltaik-Fassadenanlagen aufgeführt sind. Die zwei Tabellen 2.8 und 2.9 zeigen, dass die Solarmodule bei netzgekoppelten Anlagen rund die Hälfte der Kosten ausmachen. Bei Inselanlagen fällt ihr Anteil aufgrund des benötigten teuren Energiespeichers geringer aus. Sowohl bei den Solarzellen als auch bei den sogenannten Balance-ofSystem-Komponenten9 des photovoltaischen Energiesystems ist das Kosten- 9) BOS-Komponenten: Die Balance-of-System-Komponenten umfassen ausser den Solarmodulen alle notwendigen Systemkomponenten wie Batterien, Wechselrichter, Kabel, Stecker, Schalter, Steuer- und Regelungsplattform, Modulbefestigungen usw. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik müssen die verschiedenen Anwendungsgebiete und die geographische Verteilung der Nachfrage berücksichtigt werden. Figur 2.14 gibt eine Übersicht über die heutigen Anwendungsgebiete der Photovoltaik. Daraus ist klar ersichtlich, dass die Inselanwendungen gegenüber den netzgekoppelten Anlagen eindeutig überwiegen. 3% 3% 21% 3% 3% 4% 5% 7% 16% 11% 15% 3% Kommunikationssysteme 3% 21% 4% Solar−Home−Systems Konsumer−Leistungsanwendungen 5% Netzgekoppelte Anlagen Wasserpumpsysteme 7% Netzfernes Wohnen Konsumer−Kleinanwendungen Dorfstromversorgungen 16% Korrosionsschutzanlagen 11% Militär/Signalanlagen Sonstige Inselsysteme 12% Figur 2.14: Übersicht der Anwendungsgebiete der Photovoltaik [34] Bei den Inselanlagen bilden die Kommunikationsanwendungen die Hauptanwendung, gefolgt von den verschiedenen Siedlungsanwendungen wie Dorfstromversorgungen, Wasserpumpsystemen und den sogenannten “Solar - 52 - - 53 - Home Systems”. Letztere gewinnen zunehmend an Bedeutung, denn diese Systeme ermöglichen die Grundversorgung mit Elektrizität der über zwei Milliarden Menschen, die heute nach wie vor ohne Strom leben. Im Jahre 1997 wurden weltweit über 200’000 solche Systeme installiert, welche die Menschen mit Elektrizität für Radio, Fernsehen, Licht, Kühlschrank und ein weiteres Elektrogerät versorgen und ihnen somit neue Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten eröffnen. Im Konsumer-Sektor überwiegen die Leistungsanwendungen gegenüber den Kleinanwendungen. Beispiele für Leistungsanwendungen sind Stromversorgungen für Campingwagen, Segelboote und andere Freizeitgeräte, während Solarzellen für Uhren, Taschenrechner usw. unter die Kleinanwendungen fallen. Figur 2.14 zeigt, dass die netzgekoppelten Anlagen mit 12% Marktanteil immer noch eine relativ bescheidene Stellung einnehmen. Der Grund liegt darin, dass die Stromgestehungspreise dieser Anlagen im Vergleich zu den konventionellen Elektrizitätsproduktionsmethoden in Kern-, Kohle-, Gasund Wasserkraftwerken nicht konkurrenzfähig sind. Indien verfügte 1995 mit einem jährlichen Umsatz von rund 9 MW p über den weltweit grössten Photovoltaik-Markt. Grund dafür sind Indiens nahezu ideale Bedingungen: sehr hohe Einstrahlungswerte, gut ausgebildete Fachkräfte, über 100 Millionen Menschen ohne Elektrizitätsversorgung, hohe Nachfrage nach flächendeckenden Kommunikationseinrichtungen. Darüber hinaus trug die grosszügige finanzielle Unterstützung seitens der indischen Regierung auch dazu bei, dass man heute in Indien alle typischen netzfernen Photovoltaik-Systeme vorfindet. Die Aussichten für die Photovoltaik sehen in Indien mit einem erschliessbaren Marktpotential im Gigawatt-Bereich ebenfalls äusserst erfreulich aus. Bei netzfernen Anwendungen sind Investitionen in photovoltaische Inselsysteme bereits heute oft wirtschaftlich rentabler als die Erschliessung dieser weit entlegenen Regionen mit dem Energieversorgungsnetz. Aus diesem Grunde erstaunt die in Figur 2.15 dargestellte Übersicht der wichtigsten Abnehmerländer für Photovoltaik-Module aus dem Jahre 1995 keineswegs. Die wichtigsten Anwendungen in der arabischen Welt sind der kathodische Korrosionsschutz von Pipelines, Akkuladestationen und Stromversorgungen entlegener Dörfer. Dank der hohen Kaufkraft der Kunden werden überdurchschnittlich grosse Anlagen installiert. Die arabische Welt rückte damit in die Spitzengruppe der Abnehmerländer für Photovoltaik-Module vor. Die grössten Zuwachsraten sind in naher Zukunft bei den netzgekoppelten Anlagen zu erwarten. Hauptverantwortlich dafür sind grosse Solarkraftwerksprojekte in der Wüste von Nevada im Leistungsbereich von 250 MW p sowie die vielen öffentlichen Förderprogramme in Mitteleuropa, Japan und in den USA für netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen. 2.6.3 Solarmodulumsatz [MWp /Jahr] 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Ar ab In . S die ta n at e D eu U n S t Sü sch A do la st nd as ie J n O ap ze an an ie C n Sü hin da a fr M ika ex Ka iko rib i W Ita k es lie ta n Br frik as a ilie n 0 Figur 2.15: Wichtigste Abnehmerländer für Photovoltaik-Module [34] Finanzielle Fördermodelle Die Energieversorgung basiert heute hauptsächlich auf Erdöl, Kohle, Gas und Kernkraft. Angesichts der beschränkten Primärenergie-Vorkommen gehört die Förderung erneuerbarer Energiesysteme zu den vordringlichsten gesellschaftlichen Aufgaben, um auch in Zukunft die Energieversorgung sicherstellen zu können. Ohne starkes Engagement der öffentlichen Hand und verschiedenster Organisationen aus dem Umwelt- und Energiesektor sowie einzelner Idealisten für eine saubere, umweltgerechte und nachhaltige Energieversorgung wären sowohl die bisher erzielten als auch die notwendigen künftigen Fortschritte kaum möglich. Die Förderung der Photovoltaik stützt sich auf zwei Säulen. Dank intensiver Unterstützung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sollen alle Schlüsselkomponenten des photovoltaischen Energiesystems technisch und wirtschaftlich optimiert werden. Dies ist ein sehr kosten- und zeitintensiver Vorgang. Hohe Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen können jedoch langfristig nur finanziert werden, wenn sich auf dem Markt mit dem hergestellten Produkt Gewinne erzielen lassen. Die Marktentwicklung ist aus die- - 54 - - 55 - sem Grunde von entscheidender Bedeutung und bildet die zweite Säule in der Förderung der Photovoltaik. Figur 2.16 zeigt die grosse Vielfalt an konkreten Massnahmen zur Markteinführung und Marktentwicklung der Photovoltaik. USA gar ein 1 Million-Dächer-Programm angekündigt, welches bisher aber aufgrund beschränkter Finanzen der US-Administration noch nicht richtig ins Rollen kam. In Europa haben die Niederlande neben Deutschland das zur Zeit ehrgeizigste Photovoltaik-Programm mit dem Ziel, die installierte Leistung bis ins Jahr 2010 auf 250 MW p zu steigern. Dies entspricht im Vergleich zu heute einer Zunahme um mehr als den Faktor 50. Deutschland ist sehr innovativ im Bereich der Solarenergie-Förderung. Das dort neu lancierte 100’000 Dächer-Programm beruht im Gegensatz zu den meisten bisherigen öffentlichen Programmen mit Subventionscharakter auf zinslosen Darlehen während 10 Jahren [31]. Das Ziel, für interessierte Anlagebauer verbilligtes Kapital zur Verfügung zu stellen, verfolgen neben dem Staat auch einige Solargenossenschaften und andere privatrechtliche Organisationen. Das Sponsoring ist vor allem in Schulen und auf öffentlichen Gebäuden weit verbreitet. Die daran beteiligten Unternehmen wollen damit ihr ökologisches Engagement dokumentieren und nutzen diesen Effekt zur eigenen ImagePflege. Der Staat kann auch mittels Steuervergünstigungen Solarenergieförderung betreiben. Dieses Instrument wurde bisher aber nur vereinzelt eingesetzt, indem die Anlagebauer einen Teil ihrer Investitionskosten als Steuerabzüge geltend machen konnten. Massnahmen zur PVMarkteinführung und Marktförderung Investitionsanreize Demonstrationsanlagen Subventionsprogramme Sponsoring Kredite und Anleihen Steuervergünstigungen Energieproduktionsorientierte Massnahmen Vergütungsanreize Grüne Stromtarife Finanzierungsfonds Solarbörsen Gemeinschaftsanlagen Grüne Stromversorger Sonstige Faktoren Politisches Umfeld Information Figur 2.16: Massnahmen zur Markteinführung und zur Marktförderung der Photovoltaik [35] Gemäss Figur 2.16 kann man die Massnahmen zur Markteinführung und Marktförderung in zwei Hauptgruppen unterteilen. Durch Investitionsanreize sollen die Kosten, die ein potentieller Anlagebauer für den Bau seiner Photovoltaik-Anlage selber zu tragen hat, gesenkt und die Machbarkeit der Technologie bewiesen werden. Eine zweite Gruppe umfasst produktionsorientierte Massnahmen mit dem Ziel, den Photovoltaikanteil am gesamten Elektrizitätsmarkt durch Verbesserung der finanziellen Ertragslage und freiwillige Aufwendungen verschiedenster Gruppierungen zu steigern. Staatliche Programme zur Förderung der Photovoltaik haben eine lange Tradition. Hohe Beachtung erlangte das zu Beginn der neunziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland lancierte 1000 Dächer-Programm, in welchem der Bund und die Länder der BRD insgesamt 70% der Anlagenkosten durch Subventionen beisteuerten. Dieses Programm rief viele Nachahmer auf den Plan: in Japan wurde ein nationales 70’000 Dächer-Programm und in den Bei den produktionsorientierten Fördermodellen spielte die Stadt Burgdorf in der Schweiz eine Vorreiterrolle. Seit Beginn des Jahres 1991 garantieren die lokalen industriellen Betriebe den Photovoltaik-Anlagenbetreibern die Abnahme des erzeugten Solarstromes während der gesamten Lebensdauer ihrer Anlagen und während den ersten 12 Betriebsjahren einen Strompreis von 1.- SFr. ⁄ kWh . Die auf dieses Weise entstehenden Mehrkosten für den Photovoltaikstrom werden auf den gesamten Stromverbrauch verteilt, was im Falle von Burgdorf im Jahre 1994 Zusatzkosten von 0.31 Rp. ⁄ kWh verursachte [36]. Das Burgdorfer Modell verfehlte seine Wirkung nicht und kurbelte die Photovoltaik-Investitionen derart stark an, dass die Stadt den im Aktionsprogramm “Energie 2000” des Bundes gesamtschweizerisch angestrebten Anteil photovoltaisch erzeugter Elektrizität von 1 ⁄ 8 % gemessen an der gesamten Elektrizitätsproduktion in der Schweiz bereits im Jahre 1995 erreichte. Burgdorf ist noch heute die Schweizer Stadt mit der höchsten installierten Photovoltaik-Leistung pro Kopf der Wohnbevölkerung. Das Burgdorfer Modell fand in gleicher oder in ähnlicher Form im In- und Ausland viele Nachahmer. In Deutschland hat sich mittlerweile das sogenannte “Aachener Modell” der kostendeckenden Vergütung in über 20 Städten und Gemeinden bewährt. Sie deckt alle Kosten zum Bau und Betrieb der - 56 - - 57 - Photovoltaik-Anlage inklusive die Kapitalbeschaffungskosten. Die zugestandene Rendite entspricht dem langfristigen durchschnittlichen Zinssatz inländischer Wertpapiere und stimmt mit jener Rendite überein, die von der staatlichen deutschen Strompreisaufsicht auch den Stromversorgern für deren Investitionen zugestanden wird. In einem unkündbaren Liefervertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren wird dem Solaranlagenbetreiber vom Netzbetreiber eine über die gesamte Vertragsdauer feste Vergütung des eingespeisten Solarstromes verbindlich zugesagt [41]. Die Höhe der Vergütung wird von einer Kommission, in der alle massgebenden Kreise vertreten sind, unter Berücksichtigung der aktuellen Marktpreise periodisch angepasst. Sie betrug für Anlagen, die bis Ende 1996 ans Netz gingen, 2.01 DM ⁄ kWh , für solche, die bis zum 31. Dezember 1998 ans Netz gingen, 1.89 DM ⁄ kWh und ab dem 1. Januar 1999 1, 76 DM ⁄ kWh . Mit dem Modell der kostendeckenden Vergütung ist der Preis für eingespeisten Solarstrom so hoch, dass sich der Bau und Betrieb von privaten Solaranlagen betriebswirtschaftlich rechnet. Die entstehenden Mehrkosten werden auch hier auf sämtliche Tarifkunden abgewälzt. Die Befürworter dieses Modells begründen diesen Sachverhalt damit, dass die umweltfreundliche Stromerzeugung eine Gemeinschaftsaufgabe aller Stromkunden ist. Banken und andere Finanzinstitute betrachten Investitionen in PhotovoltaikAnlagen immer noch als ein unbekanntes, grosses und unattraktives Risiko. Im Gegensatz dazu stützen sich alle grünen Tarifmodelle auf die Bereitschaft interessierter Kunden, freiwillig höhere Strompreise zur Förderung neuer alternativer und umweltfreundlicher Energiesysteme. Sie leisten durch ihre Mehrzahlungen einen wichtigen Beitrag zur Markteinführung dieser neuen Technologien. Die Solarstrombörse bildet eine besondere Form grüner Stromtarif-Modelle, welche von den Elektrizitätswerken der Stadt Zürich eingeführt wurde und mittlerweile im In- und Ausland Nachahmer gefunden hat. Dort tritt das Elektrizitätswerk als Vermittler auf zwischen den Anlagebesitzern und all jenen Konsumenten, die bereit sind, für Photovoltaik-Strom einen höheren Preis zu bezahlen. In der Stadt Zürich sind dies 2.5 % aller EWZ10-Kunden. Im Umfang der Nachfrage dieser Kundschaft nach Solarstrom schliesst nun das Elektrizitätswerk mit privaten Partnern langjährige Stromlieferverträge ab. Das EWZ tritt also nicht selber als PhotovoltaikStromerzeuger auf, sondern versucht den Strom für seine Kunden möglichst preiswert bei seinen Vertragspartnern einzukaufen. Der harte Konkurrenzkampf unter den Vertragspartnern des EWZ sorgt einerseits dafür, dass die Kosten für Photovoltaik-Strom stetig sinken, schreckt aber andererseits potentielle Investoren davor ab, sich in diesem Sektor zu engagieren. Die 10) EWZ: Elektrizitätswerk der Stadt Zürich. Neben diesen Modellen existiert noch eine Vielzahl von Vereinen und Genossenschaften zur Förderung der Photovoltaik. Ihre Vielfalt in bezug auf Besitzverhältnisse und Aktivitäten ist sehr hoch: so bauen einige dieser Organisationen Gemeinschaftsanlagen, andere sind in der Produktion und im Verkauf grüner Elektrizität spezialisiert und nochmals andere versuchen, die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Photovoltaik zu verbessern. Der grosse Vorteil aller vergütungsorientierten Modelle liegt darin, dass jeder Photovoltaik-Anlagenbetreiber ein sehr grosses Interesse hat, seine Anlage zu warten und sie in einwandfreiem Zustand zu halten, denn nur so kann er möglichst lange von den hohen Vergütungserlösen für den ins Energieversorgungsnetz eingespeisten Strom profitieren. Das politische und gesellschaftliche Umfeld spielt eine wichtige Rolle bei der Einführung und Umsetzung neuer Technologien. Eine nachhaltige Entwicklung der Nachfrage, welche für eine kontinuierliche Marktentwicklung der Photovoltaik unbedingt erforderlich ist, kann ohne günstige gesetzliche Rahmenbedingungen nicht erzielt werden. Die Schweiz steht derzeit im Bereich der Energiepolitik vor neuen Weichenstellungen. In Deutschland ist dies teilweise mit dem Beschluss, aus der Atomenergie auszusteigen, bereits erfolgt. Auch bei der Förderung erneuerbarer Energien hat Deutschland eine Vorreiterrolle inne. So nimmt die Nutzung der Windkraft vor allem in den dafür geeigneten Küstenbereichen stark zu und für Solarstrom werden in der Bundesrepublik seit April dieses Jahres mindestens 99 Pfennige pro kWh vergütet [37]. Die zukunftsweisenden Förderprogramme Deutschlands sind genau so wie die erzielten Erfolge anderer Länder das Ergebnis jahrelanger Bemühungen. Daran beteiligt sind Hochschulen, Forschungsinstitute, eine Vielzahl von Unternehmungen aus dem Bau, Industrie- und Energieversorgungssektor, viele Energie- und Umweltorganisationen sowie einflussreiche Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Beitrag all jener, die durch Information und Demonstration der Machbarkeit photovoltaischer Energiesysteme, dazu beitrugen, dass in den letzten Jahren die Zahl jener stark gestiegen ist, die sich Gedanken über eine nachhaltige ressourcen- und umweltschonende zukünftige Energieversorgung machen und auch bereit sind, in irgend einer Form einen Beitrag in diese Richtung zu leisten. - 58 2.6.4 Generelle Entwicklungen im Systembereich Entscheidend für den erzielbaren Energieertrag von Photovoltaik-Anlagen ist in erster Linie der Wirkungsgrad der Solarmodule und des Umrichters sowie die Ausrichtung, die Beschattung und der Anstellwinkel des Solargenerators. Diese Faktoren definieren die Leistungs-Performance der Solaranlage. Für den finanziellen Ertrag sind jedoch noch weitere Einflussgrössen wie Kauf- und Wartungskosten sowie die Zuverlässigkeit der Anlage von entscheidender Bedeutung. Ein Wechselrichterausfall verursacht beispielsweise bei einer konventionellen Anlage einen 100-prozentigen Produktionsausfall. Die Verfügbarkeit des Wechselrichters geht also ebenso unmittelbar in die Gestehungskosten für Photovoltaik-Strom ein wie beispielsweise die Anschaffungskosten der Anlage. Der Steigerung der Zuverlässigkeit von Solaranlagen muss hohe Beachtung geschenkt werden. Die Standardisierung der technischen Spezifikationen sowie der Prüf- und Produktionsverfahren der Schlüsselkomponenten und insbesondere die Mehrfachnutzung des Solargenerators versprechen weitere Kostensenkungen. Standardisierte Komponenten ermöglichen höhere Stückzahlen, fördern den Wettbewerb unter den Komponentenherstellern und führen somit zu tieferen Kosten pro Einheit. Sie äussert sich ebenfalls im heutigen Trend weg von den Grossanlagen hin zu kleineren modularen Systemen. Eine Mehrfachnutzung lässt sich durch die Gebäudeintegration der Photovoltaik-Anlage erreichen, denn dadurch wird es möglich, den Solargenerator gleichzeitig auch als Gebäudehülle zu verwenden. Auf diese Weise können die Gesamtinvestitionskosten für Gebäudehülle samt Photovoltaik-Anlage gesenkt und die Kosten im Bereich des Balance-of-Systems weiter reduziert werden. Bei einem Kostenanteil von 30 bis 50% an den Gesamtkosten sind auch in Zukunft noch weitere Kostensenkungen in diesem Bereich nötig. Das Ergebnis der Mehrfachnutzung sind Solardächer und Solarfassaden. Neben der technischen Machbarkeit dieses Ansatzes zeigten in den letzten Jahren unzählige Beispiele nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit, dass die Solararchitektur auch sehr hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden kann. 2.7 Zusammenfassung Langfristig werden sich die Energieversorgungssysteme aufgrund der beschränkten fossilen Ressourcen auf erneuerbare Energiequellen abstützen müssen. Photovoltaik-Anlagen, welche das Sonnenlicht direkt in elektrische Energie umwandeln, erfüllen die Anforderungen an eine nachhaltige - 59 umweltverträgliche Energieversorgung und werden aus diesem Grunde in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Das technische Potential der Photovoltaik ist beträchtlich, und mit jährlichen 2 Strahlungswerten von G = [ 950…1400kW ⁄ m ] je nach Standort verfügt die Schweiz im Vergleich zu vielen Gegenden Mitteleuropas auch über gute Rahmenbedingungen. Zur Deckung ihres gesamten Strombedarfs wäre eine 2 Fläche von A CH , tot = 430 km notwendig, was etwa der doppelten Fläche des Neuenburgersees entspricht. Studien belegen ferner, dass der Gebäudepark der Schweiz auch über ein grosses photovoltaisches Potential verfügt. Allein durch Nutzung der gut bis sehr gut geeigneten Gebäudeflächen mit einem Energieertrag von mindestens 80% des am jeweiligen Standort maximal erzielbaren Wertes könnte über ein Drittel unseres jährlichen Strombedarfs von E CH , tot = 50 TWh gedeckt werden. Um aber das technisch nutzbare Potential voll auszuschöpfen, sind vor allem im Bereich der Solarzellen noch grosse Fortschritte notwendig. Kommerziell erhältliche Solarmodule weisen heute einen stabilisierten Wirkungsgrad zwischen 6 und 15% auf. Die kristallinen Solarzellen beherrschen mit ihren guten Wirkungsgraden von 11% bis 15% nach wie vor den Markt. Leider nehmen sie aufgrund ihrer sehr energieintensiven Produktionsverfahren, insbesondere dem Ziehen der Siliziumkristalle zur Waferherstellung, auch in bezug auf die Kosten eine Spitzenstellung ein. Die Dünnfilmtechnologien versprechen starke Material- und Energieeinsparungen bei der Herstellung gegenüber der kristallinen Technologie. Damit lässt sich auch die Energierücklaufzeit11 von ungefähr 4.5 Jahren heutiger Anlagen mit kristallinen Solarzellen um mehr als den Faktor 2 reduzieren. Mit ersten Modulwirkungsgraden im Bereich zwischen 12% und 14% stellt insbesondere die CIS12-Technologie ein grosses Versprechen für die Zukunft dar. Ihr Potential ist aber genauso wie jenes anderer vielversprechender Dünnfilmtechnologien bei weitem noch nicht ausgeschöpft, sondern erfordert weitere Forschungsanstrengungen. Obwohl sich die Kosten für Solarmodule seit 1988 um mehr als den Faktor 3 verringert haben, ist Strom aus Photovoltaik-Anlagen immer noch lediglich 11) Energierücklaufzeit: Zeitspanne, die von einer Photovoltaik-Anlage benötigt wird, um soviel Energie zu produzieren wie für die Herstellung sämtlicher Anlagenteile aufgewendet werden musste. 12) CIS: Kürzel für CuInSe2- oder Kupfer-Indium-(Di)Selenid. - 60 in netzfernen Anwendungen wirtschaftlich rentabel. Es erstaunt daher nicht, dass Indien mit über 100 Millionen Menschen ohne Stromversorgung und die arabische Welt die weltweit grössten Photovoltaik-Märkte darstellen. Energieversorgungen für Kommunikationsanlagen stellen die Hauptanwendung dar, gefolgt von den Dorfstromversorgungen, Wasserpumpsystemen und den sogenannten “Solar Home Systems”, welche die Menschen mit genügend Elektrizität für Radio, Fernsehen, Licht, Kühlschrank und ein weiteres Elektrogerät versorgen. Die höchsten Zuwachsraten werden in den nächsten Jahren bei den netzgekoppelten Anlagen zu erwarten. Dafür sprechen Grossprojekte in der Wüste von Nevada sowie die öffentlichen Förderprogramme für netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen in Mitteleuropa, Japan und in den USA. Die Photovoltaik gehört bereits heute mit jährlichen Zuwachsraten zwischen 20% und 30% weltweit zu den bedeutendsten Wachstumsmärkten. Rechnet man in den nächsten Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum von jährlich 15%, wird die Produktionskapazität für Solarmodule bis ins Jahr 2010 auf ungefähr 630 MW p pro Jahr steigen. Dies würde die weltweit installierte Photovoltaik-Gesamtleistung bis zu diesem Zeitpunkt auf über 4000 MW p steigern. Trotz stolzer Zuwachsraten sieht diese Zahl im Quervergleich mit anderen Energiesystemen immer noch sehr bescheiden aus. Sie entspricht in etwa der Produktionskapazität von 4 Kernkraftwerken. Die getroffene Annahme von 15% Wachstum pro Jahr ist eher konservativ und wurde in den letzten beiden Jahren zum Teil deutlich übertroffen. Setzt sich die bisherige Entwicklung auch im Preisbereich fort, kann mindestens mit Halbierung der Anlagen innerhalb der nächsten 10 Jahre gerechnet werden. Dies würde den Preis für Photovoltaikstrom in Mitteleuropa unter 50 Rp. ⁄ kWh drücken [38]. In sonnenreichen Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien oder im Süden der USA, wo der Strom wegen der höheren Einstrahlung nochmals einen Faktor 2 billiger zu stehen kommt, erreichen die Preise für Solarstrom eine Marke, welche die Photovoltaik zur Deckung der Spitzenlast in der elektrischen Energieversorgung langsam wirtschaftlich interessant erscheinen lässt. Dies würde speziell in den südlichen Ländern Europas sowie etwa in Kalifornien völlig neue Marktdimensionen für die Photovoltaik eröffnen. Solche Investitionen im Gigawattbereich hätten zur Folge, dass die Photovoltaik aus ihrer bisherigen Nischenstellung heraustreten und zur breit angewendeten Grosstechnologie werden würde. Wie lange es bis zu diesem Schritt dauern wird, hängt von sehr vielen schwer quantifizierbaren Faktoren ab und lässt sich zur Zeit nicht vorhersagen. - 61 - 3 Anlagenaufbau und Funktionsweise 3.1 Einleitung Dieses Kapitel gibt einen Überblick über Aufbau und Wirkungsweise von Photovoltaik-Anlagen. Zu Beginn wird die Funktionsweise der Solarzelle beschrieben. Das Schwergewicht liegt dabei in der Beschreibung ihres elektrischen Verhaltens in Abhängigkeit der wichtigsten Betriebsparameter wie Strahlungsstärke G′ und Temperatur T sowie in der mathematischen Modellierung der Solarzellen-Kennlinie. Ausgehend vom elektrischen Verhalten der Solarzelle werden anschliessend Aufbau und Funktionsweise einer konventionellen Photovoltaik-Anlage besprochen. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Verhalten der Anlage, wenn Teile des Generators beschattet sind. Abschattungen können zu überproportional starken Leistungs- und Ertragseinbussen führen und bergen darüber hinaus auch die Gefahr der Zerstörung von Solarmodulen aufgrund thermischer Überlastung und der Ausbildung sogenannter Hot-Spots1. Speziell bei Grossanlagen muss dem Betriebsverhalten bei Teilbeschattung des Solargenerators sowohl aus wirtschaftlichen Überlegungen als auch aus Sicherheitsgründen Beachtung geschenkt werden. Abschattungen lassen sich in der Praxis niemals vollständig verhindern. Laubblätter, Vogelexkremente, sonstiger Schmutz, Teilabdeckung durch Schnee oder Schattenwurf benachbarter Objekte wie Häuser, Bäume oder Berge sind die hauptsächlichen Abschattungsquellen. Wie hoch die dadurch hervorgerufenen Ertragseinbussen sind, hängt natürlich vom Grad der Abschattung, aber auch in starkem Masse von der Struktur der Anlage ab. In diesem Bereich liegt einer der Hauptvorzüge des modulintegrierten Ansatzes gegenüber dem klassischen Photovoltaik-Anlagenbau. Beim modulintegrierten Ansatz verfügt jedes Solarmodul über einen eigenen Umrichter. Dank ihm lässt sich jedes einzelne Modul elektrisch vom Rest des Solargenerators vollständig entkoppeln und individuell im MPP2-Punkt regeln. Dies führt zu einer wesentlichen Steigerung der Schattentoleranz des Gesamtsystems, denn nun wirken sich Teilabschattungen des Solargenera- 1) Hot-Spot: bildet sich dann, wenn in einer einzelnen Solarzelle, die beispielsweise durch ein Laubblatt voll beschattet ist und daher zum Verbraucher wird, ein Grossteil der von den benachbarten Zellen erzeugten Leistung in Wärme umgesetzt wird. 2) MPP: Kürzel für “Maximum-Power-Point”; Die MPP-Regelung sorgt dafür, dass der Solargenerator stets im Punkt mit maximaler Leistungsabgabe betrieben wird. - 62 - - 63 - tors nicht mehr auf das Gesamtsystem aus, sondern beschränken sich auf die betroffenen Solarmodule. Weil die heute kommerziell erhältlichen Module im Innern wiederum aus in Reihe geschalteten Einzelzellen bestehen, treten im Abschattungsfall auch innerhalb eines Einzelmoduls prinzipbedingt diesselben Effekte, wenn auch in einer abgeschwächten Form auf. Vollständig vermeiden lassen sie sich nur durch den Verzicht auf die Serieschaltung der Solarzellen auch innerhalb der einzelnen Module. Der Einzellen- oder SCMIC3- Systemansatz ist demzufolge die logische Konsequenz des Modularisierungstrends im Photovoltaik-Anlagenbau. Seine wesentlichen Merkmale bestehen darin, dass jedes Modul aus einer einzigen grossflächigen Solarzelle besteht und dass jedes Modul über einen eigenen Umrichter verfügt. Dies verleiht den einzelnen Teilflächen des Solargenerators ein Höchstmass an Entkopplung und führt zu einem optimal schattentoleranten System. Darüber hinaus birgt dieser neue Ansatz ein beachtliches Kosteneinsparungspotential. Dazu muss eine vollautomatisierbare Massenfertigung eines standardisierten und direkt ans öffentliche Energieversorgungsnetz anschliessbaren Produktes angestrebt werden. Dies bewirkt nicht nur sinkende Stückpreise, sondern hat auch beträchtliche Einsparungen beim teuren Engineering neuer Photovoltaik-Anlagen zur Folge. Die Beurteilung des praktischen Stellenwertes der verschiedenen AnlagenKonzepte sowie die Spezifikation der Anforderungen an den Solargenerator und an den modulintegrierten Umrichter des SCMIC-Systemansatzes folgen am Schluss dieses Kapitels. die Solarzelle in Flussrichtung betrieben und ist aufgrund ihrer natürlichen Spannungsbegrenzung auf geringe Werte sehr robust. Völlig anders verhält sie sich in Sperrichtung: dort sperrt die Diode bis zu wesentlich höheren negativen Spannungen u sz , ehe der Strom beim Erreichen der Zener- oder Durchbruchsspannung u b rapide ansteigen kann. Wird in diesem Betriebsbereich der Solarzellenstrom i sz nicht von aussen auf kleine Werte begrenzt, kann die Solarzelle durch thermische Überhitzung zerstört werden. 3.2 Funktionsweise der Solarzelle 3.2.1 Das Funktionsprinzip der Solarzelle Gemäss den Ausführungen in Kapitel 2.4.1 wandeln Solarzellen die Sonneneinstrahlung durch spektrale Lichtabsorption direkt in elektrische Energie um. Aus physikalischer Sicht handelt es sich bei den Solarzellen um Halbleiterdioden mit einer sehr grossen lichtexponierten Sperrschicht. Ihr elektrisches Verhalten lässt sich anhand des vereinfachten Ersatzschaltbildes von Figur 3.1 und der in Figur 3.2 dargestellten Kennlinien anschaulich erklären. Die Solarzelle kann durch die Parallelschaltung einer Stromquelle und einer Diode modelliert werden. Der resultierende Strom i sz in der Solarzelle berechnet sich demnach aus der Differenz zwischen dem Photostrom i ph und dem Diodenstrom i d . Bei positiver Spannung u sz wird 3) SCMIC-System: Kürzel für “Single Cell Module Integrated Converter”-System. i sz i ph id i sz u sz u sz Figur 3.1: Symbol und vereinfachtes Ersatzschaltbild der Solarzelle i sz Bestrahlte Zelle (i ph = i ph1 ) Dunkelzelle ( i ph = 0 ) ub id i ph1 u sz Figur 3.2: Kennlinie der Solarzelle im beleuchteten Fall und bei vollständiger Dunkelheit Für die Photovoltaik ist der hellgrau hervorgehobene Bereich von Figur 3.2 mit positiver Spannung u sz und positivem Strom i sz , in dem die Solarzelle elektrische Energie abgibt, besonders wichtig. Trotzdem dürfen bei der Planung und dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen die übrigen Quadranten nie ausser Acht gelassen werden, denn wird eine Anlage auch nur kurzzeitig in diesen Arbeitspunkten betrieben, so führt dies nicht nur zu Ertragseinbussen, sondern kann auch, wie bereits erwähnt, Beschädigungen hervorrufen. - 64 - - 65 - Figur 3.3 zeigt den qualitativen Verlauf der Kennlinien für den Strom i sz und die Leistung p sz an der Solarzelle in Funktion der Spannung u sz sowie die Kennlinienpunkte mit speziellen Eigenschaften wie der Leerlaufpunkt (LL), der Kurzschlusspunkt (KS) und der Punkt maximaler Leistung (MPP). als Generator. Betreibt man sie in Vorwärtsrichtung bei höherer Spannung u sz als der Leerlaufspannung u sz0 , so wird sie genau so zum Verbraucher, wie wenn man sie in Rückwärtsrichtung beansprucht, d.h. mit einer negativen Spannung u sz beaufschlagt. Aufgrund der geringen Spannungswerte u sz ist der Betrieb als Verbraucher in Vorwärtsrichtung zwar unerwünscht aber ungefährlich, weil die anfallende Verlustleistung beschränkt ist. Kritischer wird es beim Betrieb in Rückwärtsrichtung, denn im Bereich des Durchbruchs existiert keine Strombegrenzung. Wird der Strom in diesem Bereich nicht durch geeignete äussere Massnahmen begrenzt, kann die Verlustleistung derart ansteigen, dass die Zelle durch auftretende sogenannte Hot-Spots thermisch zerstört wird. Wie man der u sz p sz – Leistungskennlinie in Figur 3.3 entnehmen kann, weist jede u sz i sz – Solarkennlinie in eindeutig identifizierbares Leistungsmaximum p szMPP auf. In Fachkreisen hat sich dafür die englische Bezeichnung “Maximum Power Point” oder kurz MPP durchgesetzt. Die Spannung u szMPP und der Strom i szMPP im MPP sind aber nicht konstant, sondern eine Funktion der Strahlungsstärke G' , der Zellentemperatur T sowie einiger weiterer Faktoren. Daher muss der an der Solarzelle angeschlossene Verbraucher seinen Arbeitspunkt durch Anpassen seiner Eingangsimpedanz dauernd den sich ändernden Verhältnissen nachführen, um die Energieausbeute zu maximieren. Diesen Nachführvorgang des Arbeitspunktes nennt man “Maximum Power Tracking”. i sz i sz0 i szMPP u sz0 u szMPP ub u sz p sz p szMPP ub KS LL u sz MPP 3.2.2 Die Kennlinie und ihre mathematische Beschreibung Ausgehend von der vereinfachten Solarzellen-Ersatzschaltung von Figur 3.1 gelangt man zu folgender Gleichung für die Solarzelle: u i sz sz ------------- m ⋅ uT –1 = i ph – i d = i ph – i s ⋅ e (3.1) kT u T = -----e mit Figur 3.3: Kennlinien für Strom i sz und Leistung p sz an der Solarzelle: Betrieb der Solarzelle als Erzeuger p sz > 0 Betrieb der Solarzelle als Verbraucher p sz < 0 Zwischen dem Leerlauf- und dem Kurzschlusspunkt arbeitet die Solarzelle (3.2) T m [K] [] k = 1.3807 ⋅ 10 – 23 e = 1.6021 ⋅ 10 – 19 Absolute Temperatur Dioden-Idealitätsfaktor –1 [WsK ] Bolzmann-Konstante [As] Elementarladung - 66 - - 67 - Der Dioden-Idealitätsfaktor m kann prinzipiell einen Wert zwischen 1 und 2 annehmen. Für Siliziumdioden liegt er meist knapp unter 2 [39]. Aus der Gleichung 3.1 folgt durch Einsetzen von i sz = 0 A bzw. u sz = 0V die Leerlaufspannung u sz0 und der Kurzschluss-Strom i sz0 der Solarzelle. Um quantitativ zuverlässige Aussagen über die Energieerträge bei den unterschiedlichsten Beschattungsverhältnissen treffen zu können, reicht die vereinfachte Ersatzschaltung von Figur 3.1 nicht aus. Man gelangt auf diese Weise zum erweiterten Ersatzschaltbild von Figur 3.4, das in PhotovoltaikFachkreisen als Eindioden-Ersatzschaltbild der Solarzelle bezeichnet wird. i sz0 = i sz u SZ = 0 u sz0 = u sz i SZ = 0 = i ph (3.3) i ph = m ⋅ u T ⋅ ln ------- + 1 is (3.4) Gleichung 3.3 zeigt, dass der Kurzschlussstrom i sz0 identisch ist mit dem Photostrom i ph der Solarzelle, welcher in erster Näherung proportional zur Strahlungsstärke G′ ist. Die Temperatur T stellt die zweite sehr wichtige Einflussgrösse in den Solarzellengleichungen 3.1 bis 3.4 dar. Neben der Temperaturspannung u T , die linear mit der Temperatur T zunimmt, steigt insbesondere der Sättigungsstrom der Sperrschicht in Sperrichtung i s sehr stark mit zunehmender Temperatur T an. Als grobe Faustregel gilt, dass der Sperrstrom i s sich bei einer Temperaturerhöhung von 10°C verdoppelt [39]. Eine genauere Beschreibung der Temperaturabhängigkeit des Sättigungsstromes i s liefert folgende Gleichung [47]: 3 is = cs ⋅ T ⋅ e mit Eg – ---------k⋅T –3 (3.5) cs [AK ] Temperaturkoeffizient des Sättigungsstromes Eg [eV] Bandlückenenergie des Halbleitermaterials id • Der Seriewiderstand R s setzt sich im Wesentlichen aus dem Widerstand des Halbleitermaterials, den Kontaktwiderständen sowie dem Widerstand der elektrischen Stromabgriffsstrukturen inklusive Zuleitungen zusammen. Im Gegensatz zum Parallelwiderstand R p wird beim Seriewiderstand R s ein möglichst kleiner Wert angestrebt [23]. Unter Berücksichtigung der Modellerweiterungen gemäss Figur 3.4 gelten für die Kennlinie der Solarzelle folgende Gleichungen: i sz = i ph – i d – i rp (3.6) u d ------------- m ⋅ uT id = is ⋅ e –1 (3.7) u d = u sz + R s ⋅ i sz (3.8) ud i rp = -----Rp (3.9) Setzt man die Gleichungen 3.7 bis 3.9 in die Gleichung 3.6 ein, so gelangt man nach einigen Umformungsschritten zu folgender Kennliniengleichung für das Eindiodenmodell der Solarzelle: Eindioden-Ersatzschaltbild i ph • Mit dem Parallelwiderstand R p werden Kristallfehler, Unzulänglichkeiten in der Dotierung und andere Defekte modelliert. Um die Leistungsverluste in engen Grenzen zu halten, sollte der Widerstand R p möglichst gross sein. i rp Rp Rs ud u +R ⋅i i sz u sz Figur 3.4: Eindioden-Ersatzschaltbild der Solarzelle i sz sz s sz - ---------------------------Rp u sz m ⋅ uT = ------------------ ⋅ i ph – i s ⋅ e – 1 – ------ Rp Rs + R p (3.10) Mit der Gleichung 3.10 des Eindiodenmodells kann das quantitative Verhalten der Solarzelle zwischen Leerlauf- und Kurzschlusspunkt bereits sehr gut beschrieben werden. In jenen Fällen, in denen dies noch nicht ausreicht, - 68 - - 69 - muss im Modell gemäss Figur 3.4 parallel zur bestehenden Diode eine zweite Diode mit unterschiedlichem Sperrstrom i s und unterschiedlichem Diodenidealitätsfaktor m hinzugefügt werden. Auf diese Weise gelangt man zum Zweidiodenmodell der Solarzelle. Für die prinzipiellen Untersuchungen des Quellenverhaltens der Solarzelle im Rahmen dieser Arbeit reicht das Eindiodenmodell aus. der Gleichungen 3.7 und 3.9 sowie unter Berücksichtigung des Erweiterungstermes 3.11 für die Stromquelle i r nach einigen Umformungsschritten zur Gleichung 3.13 für die Kennlinie der Solarzelle: i sz = i ph – i d – i rp – i r (3.12) u Erweiterungsterm für den Betrieb in Sperrichtung i sz Das Eindiodenmodell der Solarzelle ermöglicht, das Verhalten der Solarzelle im ersten Quadranten quantitativ gut zu beschreiben. Um auch den Betrieb in Sperrichtung und insbesondere im Bereich des Durchbruchs modellieren zu können, muss die Schaltung von Figur 3.4 mit einer zusätzlichen Stromquelle wie folgt erweitert werden: mit i ph id i rp Rp ir Rs ud i sz u sz d ------------- ud –n m ⋅ uT 1 = i ph – i s ⋅ e – 1 – u d ⋅ ------ + b ⋅ 1 – ----- Rp u b (3.13) u d = u sz + R s ⋅ i sz Gleichung 3.13 beschreibt den Verlauf der Solarkennlinie i sz ( u sz ) über den gesamten Spannungsbereich u sz und ermöglicht somit, das Betriebsverhalten der Solarzelle in sämtlichen aktiven und passiven Betriebszuständen, die in der Praxis von Bedeutung sind, quantitativ zu erfassen. 3.2.3 Der Einfluss verschiedener Parameter auf die Kennlinie Umwelteinflüsse Figur 3.5: Erweiterung des Eindioden-Ersatzschaltbildes für den Betrieb der Solarzelle im Bereich des Durchbruchs Bei der Quelle i r handelt es sich um eine spannungsgesteuerte Stromquelle. Ihre Gleichung lautet: ud –n i r = b ⋅ u d ⋅ 1 – ----- u b (3.11) Bei einer kristallinen Solarzelle gelten für die in Gleichung 3.11 vorkommenden Grössen folgende Werte [40], [46]: u b = – 18 n = 1.9 b = 2.33 ⋅ 10 –3 [V] Durchbruchspannung [] Lawinendurchbruchexponenten –1 [Ω ] Anpassungsleitwert Ähnlich wie bei der Herleitung der Gleichung 3.10 des Eindiodenmodells der Solarzelle gelangt man, ausgehend von Gleichung 3.12, durch Einsetzen In diesem Kapitel geht es darum, den Einfluss der verschiedenen Parameter wie Strahlungsstärke G′ , Temperatur T usw. auf die Kennlinie der Solarzelle quantitativ zu beschreiben. In der linken Hälfte der Figur 3.6 ist die Abhängigkeit der Strom-Spannungskennlinie der Solarzelle von der Globalstrahlungsstärke G′ dargestellt, während auf der rechten Seite die Leistungskennlinien in Funktion derselben Grössen aufgeführt sind. Wie nicht anders zu erwarten, hängt die Kennlinie der Solarzelle sehr stark von der verfügbaren Strahlungsstärke G′ ab. Dies liegt in erster Linie am Photostrom i ph , welcher sich in sehr guter Näherung direkt proportional zur Strahlungsstärke G′ verhält. Daraus folgt unter Berücksichtigung der Kennliniengleichungen 3.1 und 3.10 des vereinfachten und des erweiterten Ersatzschaltbildes der Solarzelle unmittelbar, dass der Kurzschlussstrom i sz0 der Zelle ebenfalls proportional zur Strahlungsstärke G′ ist. Die u sz i sz – Kurvenschar von Figur 3.6 veranschaulicht darüber hinaus, dass die Abhängigkeit der Leerlaufspannung u sz0 von der Strahlungsstärke G′ im Gegensatz dazu eher gering ist. Dies hat aber zur Folge, dass die Solarzellenspannung u sz beispielsweise in der Dämmerung bereits bei geringen Einstrahlungen hohe Werte erreichen kann. Die MPP-Ortskurven - 70 - - 71 - zeigen, dass die MPP-Spannung u szMPP mit steigender Strahlungsstärke G′ ebenfalls zunimmt. Leistungsreduktion mit zunehmender Temperatur T . Man muss also darauf achten, dass die Solarzellen im Betrieb möglichst kühl bleiben, was in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Zellen selbst erwärmen, wenn sie der Sonne ausgesetzt sind, ein schwieriges Unterfangen darstellt. Die Figur 3.7 führt deutlich vor Augen, wie wichtig einerseits eine gute Standortwahl für die Photovoltaik-Anlage und andererseits eine durchdachte Hinterlüftung der Solarzellen für eine optimale Energieausbeute sind. G’1 2 G’2 = 800 [W/m ] 2.5 2 G’2 2 G’ = 600 [W/m ] 3 G’3 1.5 2 0 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0.9 G’4 0.3 2 G’5 = 200 [W/m ] 0.5 1.2 0.6 G’4 = 400 [W/m ] 1 1.5 G’5 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0 Figur 3.6: Einfluss der Globalstrahlungsstärke G′ auf die Kennlinie einer kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur von T = 25 °C : u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen MPP-Ortskurven Neben der Strahlungsstärke G′ hat auch die Temperatur T einen starken Einfluss auf die Kennlinienform der Solarzelle. Verantwortlich dafür sind, wie bereits erwähnt, die Temperaturabhängigkeit des Sättigungsstromes i s und der Temperaturspannung u T . Ihr Einfluss ist in Figur 3.7 dargestellt. Dabei verhalten sich die Leerlaufspannung u sz0 und der Kurzschlussstrom i sz0 gegenläufig unter dem Einfluss der Temperatur T : • Der Kurzschlussstrom i sz0 nimmt mit zunehmender Temperatur T um etwa 0.1% ⁄ °C zu. Unter konstanten Strahlungsverhältnissen ruft somit eine Temperaturzunahme von 20°C auf 80°C einen Anstieg des Kurzschlussstromes i sz0 um 6% hervor. • Die Leerlaufspannung u sz0 nimmt mit zunehmender Temperatur T um ungefähr 3mV ⁄ °C ab. Eine Solarzelle mit einer Leerlaufspannung von u sz0 = 0.6V bei 20°C erreicht bei 80°C noch eine Leerlaufspannung von u sz0 = 0.42V . Dies stellt eine beträchtliche Spannungseinbusse von 30% dar. Die Abnahme der Leerlaufspannung u sz0 ist also weit grösser als die Zunahme des Kurzschlussstromes i sz0 . Das führt zu einer beträchtlichen 4 2.1 1.8 3 G’ = 1000 [W/m2] 1.5 T = 80 C → o 2 o 60 C 40o C o 20 C 1 o 0 C T = 80o C 60o C → → 0 → → 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 1.2 → 40o C o 20 C 0o C o −20 C → −20o C 0 → 0 0.2 0.9 → 0.4 → 0.6 → 0.3 → 0 0.6 Solarzellenleistung psz [W] 3 Solarzellenstrom isz [A] 1.8 G’1 = 1000 [W/m2] Solarzellenleistung psz [W] Solarzellenstrom isz [A] 3.5 Solarzellenspannung usz [V] Figur 3.7: Einfluss der Temperatur T auf die Kennlinie einer kristallinen Solarzelle bei konstanter Globalstrahlungsstärke G′ : u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen MPP-Ortskurven In der Praxis sind die Strahlungsintensität G′ und die Temperatur T der Solarzellen miteinander gekoppelt. In sehr guter Näherung lässt sich ein linearer Zusammenhang gemäss Gleichung 3.14 finden: T = k GT ⋅ G′ + T U mit T TU G′ (3.14) [K] [K] Solarzellen-Temperatur Umgebungs-Temperatur –2 [Wm ] –1 Globalstrahlungsstärke 2 k GT = [0.03 .. 0.06] [KW m ] Strahlungs-TemperaturKopplungsfaktor - 72 - - 73 - Die Auswirkungen der Kopplung zwischen Temperatur T und Strahlungsstärke G′ auf das Kennlinienfeld der Solarzelle sind in Figur 3.8 dargestellt. über der Umgebungstemperatur T U je nach Grösse des Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktors k GT eine Temperaturerhöhung von 30 bis 60 °C auf. Der Temperaturunterschied ist umso geringer, je geringer die Einstrahlung ist und je besser die Wärmeübergänge zwischen Solarzelle, Solarmodul und Umgebung einerseits sind und je besser die Solarmodule mit einem kühlenden Luftstrom andererseits versorgt werden. Eine Temperaturerhöhung von lediglich 30 °C gegenüber der Umgebungstemperatur T U lässt sich nur bei Anlagen mit sehr guter Hinterlüftung erreichen. In der oberen Bildreihe von Figur 3.8 sind die Kennlinienverläufe für diesen Fall dargestellt. Im Vergleich dazu sind in der unteren Bildreihe die Kennlinienverläufe für einen doppelt so hohen Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktor k GT aufgeführt. Bei voller Einstrahlung führt dies auch zu einer doppelt so hohen Überhöhung der Zellentemperatur T gegenüber der Umgebungstemperatur T U . Strahlungs−Temperatur−Kopplungsfaktor kGT = 0.03 [oC⋅m2/W] 2 Solarzellenstrom isz [A] G’1 = 1 [kW/m2] 3 G’1 2.5 G’2 = 0.8 [kW/m2] 2 2 G’3 = 0.6 [kW/m ] 1.5 2 1 G’4 = 0.4 [kW/m ] G’2 → G’3 → G’4 → G’5 → 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung u [V] sz G’ G’4 2 G’5 G’ 3 0 1.6 1.2 0.8 0.4 → 0.5 G’ = 0.2 [kW/m2] 5 0 G’1 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] Solarzellenleistung psz [W] 4 3.5 Figur 3.8 ist deshalb sehr wichtig, weil sie das Verhalten der Solarzelle als Energiequelle in Abhängigkeit der wichtigsten Umweltfaktoren beschreibt. Aufgrund der dort dargestellten Kennlinienverläufe und Zusammenhänge sollten bei der Planung und dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen folgende Punkte beachtet werden: 0 Strahlungs−Temperatur−Kopplungsfaktor kGT = 0.06 [oC⋅m2/W] 2 Solarzellenstrom isz [A] 3.5 G’1 3 1.6 G’1 G’2 2.5 2 G’2 G’3 G’3 1.5 1 G’4 0.5 G’5 0 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0 → → G’4 → G’5 → G’1 G’4 G’2 G’5 G’3 → 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 1.2 0.8 0.4 Solarzellenleistung psz [W] 4 0 Figur 3.8: Auswirkungen der Strahlungs-Temperatur-Kopplung k GT auf das Kennlinienfeld einer kristallinen Solarzelle: u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 0 [°C] MPP-Ortskurven bei T U = 0 [°C] u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 20 [°C] MPP-Ortskurven bei T U = 20 [°C] u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 40 [°C] MPP-Ortskurven bei T U = 40 [°C] Laut Gleichung 3.14 weisen die Solarzellen bei voller Einstrahlung gegen- • Die Energieausbeute ist dann optimal, wenn die Solarzellen bei einer möglichst geringen Temperatur T betrieben werden. Ein Anstieg der Umgebungstemperatur T U um 40°C hat bei unveränderter Strahlungsstärke G′ eine Leistungseinbusse von 20 bis 40% zur Folge. • Ein geringer Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktor k GT ist aus zwei Gründen besonders wichtig. Einerseits trägt er auf diese Weise zu einer tiefen Solarzellen-Temperatur T bei, andererseits verringert er aber vor allem deren Strahlungsabhängigkeit. Als Folge davon verschiebt sich auch die “Maximum Power Point”-Spannung u szMPP weniger stark, wenn sich die Strahlungsstärke G′ ändert. • Die MPP-Ortskurven zeigen, dass die maximale “Maximum Power Point”-Spannung u szMPP bei mittleren Einstrahlungsverhältnissen erreicht wird. Aufgrund der Strahlungs-Temperatur-Kopplung fallen bei hohen Strahlungsstärken G′ die durch den Temperaturanstieg verursachten Spannungsverluste stärker ins Gewicht als die durch die höhere Strahlungsstärke G′ hervorgerufene Spannungszunahme. Eine enge Streuung der MPP-Spannung u szMPP über den gesamten Arbeitsbereich der Strahlungsstärke G′ ist für die Parallelschaltung von Solarzellen von entscheidender Bedeutung, weil in einer solchen Anordnung alle Zellen mit derselben Spannung u sz betrieben werden. Je geringer die Streuung der - 74 - - 75 - MPP-Spannungen u szMPP ist, desto geringer fallen auch die Anpassungsverluste unter den parallel verschalteten Einheiten aus. Beim Modell C müssen die Ströme der zwei Teilzellen addiert werden, um den resultierenden Strom der abgeschatteten Solarzelle zu erhalten. Aufgrund der verkleinerten Fläche der Teilzellen ändern sich im Vergleich zum Modell B aber auch einige Parameter der Solarzelle wie beispielsweise der Sättigungsstrom i s . Figur 3.9 zeigt den Ausgangspunkt mit der zur Hälfte abgeschatteten Solarzelle sowie die zwei beschriebenen Modelle B und C. Die Verschiebung der MPP-Ortskurven aufgrund unterschiedlicher Umgebungstemperaturen T U wirkt sich aus folgenden Gründen nicht so gravierend aus wie die Arbeitspunktverschiebungen, welche durch Änderungen der Strahlungsstärke G′ hervorgerufen werden: • Die Strahlungsstärke G′ weist im Vergleich zur Zellentemperatur T eine höhere Dynamik auf. Die Strahlungsstärke G′ kann sich an Tagen mit lückenhafter Bewölkung im Sekundenbereich stark ändern, wenn die Wolkenfelder, durch den Wind getrieben, wiederholt für gewisse Zeit die Sonnensicht versperren. A B C • Nennenswerte Änderungen der Solarzellen-Temperatur T verlaufen normalerweise im Minutenbereich. Durch gute thermische Kopplung der Solarzellen und Solarmodule untereinander kann der Temperaturunterschied zwischen den einzelnen Solarzellen so gering gehalten werden, dass die von der Temperaturstreuung verursachten Anpassungsverluste gering gehalten werden. Teilabschattung einer einzelnen Zelle Das Verhalten einer teilbeschatteten Einzelzelle zu beschreiben, ist extrem schwierig, weil die Temperatur T streng genommen nicht über die gesamte Zellenoberfläche gleich ist. Das Berechnen der Temperaturverteilung über die Solarzellenoberfläche in Funktion der Teilabschattung ist aber nicht Gegenstand dieser Arbeit. Im Rahmen dieser Arbeit besteht das Ziel vielmehr darin, ein einfaches Modell zu finden, um das elektrische Verhalten einer teilabgeschatteten Solarzelle quantitativ korrekt zu beschreiben. Ein Blick in die Literatur zeigt, dass dieses Problem bereits vielfach untersucht wurde, so auch von Volker Quaschning in seinem Artikel über den Einfluss von Abschattungen auf die elektrischen Parameter von Solarzellen [48]. Auch er geht von der vereinfachenden Annahme aus, dass die Temperatur T über die gesamte Solarzellenfläche konstant ist. Er stellt sich anschliessend die Frage, wie eine Solarzelle, die zur Hälfte vollständig abgeschattet ist, modelliert werden kann: • Ein denkbares Modell (B) ist die Bildung des Mittelwertes G′ der einfallenden Globalstrahlungsstärke G′ über die abgeschattete Solarzelle. • Exakter wäre in diesem Fall der Ansatz, die Zelle an der Abschattungsgrenze zu teilen und den abgeschatteten Solarzellenteil parallel zum nicht abgeschatteten Teil zu schalten (C). Figur 3.9: Modellierung einer zur Hälfte abgeschatteten Solarzelle: A: Zur Hälfte vollständig abgeschattete Einzelzelle B: Mit Strahlungsstärke-Mittelwert G′ bestrahlte Einzelzelle C: Unterteilte Zelle mit unterschiedlich bestrahlten Teilhälften In Figur 3.10 sind die berechneten Solarkennlinien für die beiden Modelle B und C sowie der relative Stromfehler ∆i sz aufgeführt, den man sich durch das vereinfachte Modell B gegenüber dem exakteren Modell C einhandelt. Als Bezugsgrösse für den relativen Stromfehler ∆i sz dient der Kurzschlussstrom i sz0 der Solarzelle gemäss Modell B. Betrachtet man den Verlauf des relativen Fehlers ∆i sz , so stellt man fest, dass die Kennlinienunterschiede zwischen Modell B und C über zwei Drittel des Spannungsbereiches u sz der Solarzelle vernachlässigbar sind. Der relative Stromfehler ∆i sz beträgt im Kurzschlusspunkt weniger als 1‰ , im MPP rund 1% , und erreicht im Bereich des Leerlaufes der Solarzelle seinen Maximalwert von etwa 5% . Der relative Unterschied in der Leerlaufspannung u sz0 beträgt ebenfalls weniger als 1% . Diese geringfügigen Unterschiede sind sehr erfreulich, denn sie ermöglichen die Verwendung des Globalstrahlungsmittelwertes G′ für die Berechnung der Solarkennlinie bei teilabgeschatteten Solarzellen, ohne dass man dabei nennenswerte Abstriche in der Genauigkeit machen - 76 - - 77 - müsste. Diese Tatsache gilt insbesondere auch für den “Single Cell”-Ansatz, bei dem das Solarmodul aus einer einzigen grossflächigen Solarzelle besteht. Fall reduziert. Ein Beschattungsgrad von B g = 0 ist somit gleichbedeutend mit keiner Beschattung. 5 2.4 4 1.8 3 1.2 2 0.6 0 1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 3.5 0 0.7 Solarzellenspannung usz [V] Figur 3.10: Kennlinien i sz ( u sz ) und relativer Stromfehler ∆i sz für die Modelle B und C einer zur Hälfte abgeschatteten Solarzelle: Kennlinie des vereinfachten Modells B Kennlinie des exakteren Modells C Relativer Stromfehler ∆i sz Für die weiteren Untersuchungen des Energieertrags verschiedener Systemkonfigurationen wird ein Abschattungsgrad B g wie folgt definiert: A sz, d G' B g = ------------- = 1 – ----A sz G' 2 mit A sz, d [m ] 3 1 [kΩ] 1 [Ω] 0.5 [Ω] 1.8 1.5 → Rp = 10 [Ω] 2.5 2 → R = 1 [kΩ] p 1.2 R = 1 [Ω] → p 0.9 1.5 0.2 [Ω] 0.5 [Ω] 1 Rp = 0.2 [Ω] 0.5 0 Rp = 0.1 [Ω] 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0.6 0.3 0.1 [Ω] 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0 Figur 3.11: Einfluss des Parallelwiderstandes R p auf die Kennlinien einer kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur T = 25 [ °C ] 2 und konstanter Strahlungsstärke G′ = 1[kW ⁄ m ] : u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen MPP-Ortskurven (3.15) Abgeschatteter Flächenanteil des Solarzelle 2 10 [Ω] Solarzellenleistung psz [W] 3 Die Kennlinienform hängt nicht nur von den zuletzt besprochenen zeitlich veränderlichen Umweltfaktoren Strahlungsstärke G′ und Umgebungstemperatur T U , sondern auch massgeblich von der Solarzellentechnologie ab. Solarzellenstrom isz [A] 6 Relativer Stromfehler ∆isz [%] Solarzellenstrom isz [A] Technologieeinflüsse 3.6 A sz [m ] G' [Wm ] Mittelwert der Globalstrahlungsstärke der Zelle G' [Wm ] Globalstrahlungsstärke der unbeschatteten Zelle Gesamtfläche der Solarzelle –2 –2 Der Abschattungsgrad B g gibt also unmittelbar an, in welchem Verhältnis sich die mittlere Globalstrahlungsstärke G' gegenüber dem unbeschatteten Zur detaillierten Modellierung des Kennlinienverlaufes wird der Parallelund der Seriewiderstand des erweiterten Ersatzschaltbildes von Figur 3.4 benötigt. Figur 3.11 zeigt den Einfluss des Parallelwiderstandes R p auf die u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen. Der Parallelwiderstand R p wirkt sich umso stärker aus, je höher die Solarzellen-Spannung u sz und je kleiner der Widerstandswert R p ist. Er beeinflusst daher die Kennlinienform vor allem in der Nähe des Leerlaufpunktes. Der Wert des Parallelwiderstandes R p liegt bei den meisten heutigen Solarzellen deutlich über 10Ω , sehr oft sogar im Bereich von 500Ω [23]. Figur 3.12 zeigt die Auswirkungen des Seriewiderstandes R s auf die u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen. Der Seriewiderstand R s verringert die Klemmenspannung u sz mit zunehmendem Strom i sz . Die Neigung der - 78 - - 79 - Kennlinien in der Nähe des Leerlaufpunktes verringert sich also mit steigendem Seriewiderstand R s . Praktische Werte für den Seriewiderstand R s liegen im Bereich weniger mΩ [40]. 2.5 → 10 10 [mΩ] [mΩ] → 1.5 0.2 [Ω] R = 50 [mΩ] → s Rs = 1 [Ω] 0.1 [Ω] → 1 0.2 [Ω] 0.5 [Ω] Rs = =1 1 [Ω] [Ω] R s 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] 0.5 [Ω] 1.8 1.5 1.2 0.9 0.6 0.3 Solarzelle C Rs = 1mΩ, Rp = 100Ω A 2.5 2 Solarzelle B R = 20mΩ, R = 10Ω s p 1.5 → FFB = 71.91 [%] 1 Solarzelle A R = 50mΩ, R = 8Ω s p FFA = 58.11 [%] = 58.11 [%] FFA 0.5 0 → FFC = 82.18 [%] 0 0.1 0.2 → 0.3 uszMPP A uszMPP usz0 0.7 C Solarzellenspannung usz [V] → 0.5 0 → Rs = 10 [mΩ] → 0.1 [Ω] 1 [mΩ] → R = 5 [mΩ] s → 50 [mΩ] 2 1 [mΩ] Solarzellenstrom isz [A] 3 5 [mΩ] Solarzellenleistung psz [W] Solarzellenstrom isz [A] 3.5 isz0 iszMPP iszMPPC 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] Figur 3.13: Einfluss der Parameter R s und R p auf den Kurvenverlauf und auf den Füllfaktor FF sz der Solarkennlinie 0 Tabelle 3.1 zeigt einige typische Kennwerte heutiger Silizium-Solarzellen: Figur 3.12: Einfluss des Seriewiderstandes R s auf die Kennlinien einer kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur T = 25 [ °C ] 2 und konstanter Strahlungsstärke G′ = 1[kW ⁄ m ] : u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen MPP-Ortskurven Eine Solarzelle ist umso idealer, je grösser der Parallelwiderstand R p und je kleiner der Seriewiderstand R s ist. Als Mass für diese Idealität dient in der Photovoltaik der sogenannte Füllfaktor FF sz . Er ist gemäss Gleichung 3.16 definiert und beschreibt, wie stark die Solarkennlinie zwischen Leerlauf- und Kurzschlusspunkt gekrümmt ist. Je höher der Füllfaktor FF sz , desto eckiger ist der Kennlinienverlauf der Solarzelle. p szMPP u szMPP ⋅ i szMPP FF sz = ---------------------- = -------------------------------------u sz0 ⋅ i sz0 u sz0 ⋅ i sz0 (3.16) Figur 3.13 zeigt die Kennlinien von drei Solarzellen mit unterschiedlichem Füllfaktor FF sz . Der Flächeninhalt der markierten Rechtecke entspricht dabei der MPP-Leistung p szMPP . Diese Flächen werden in Bezug gesetzt zum Flächeninhalt des Rechtecks, welcher von der Leerlaufspannung u sz0 und dem Kurzschlussstrom i sz0 aufgespannt wird. Daraus folgt unmittelbar der Füllfaktor FF sz . Solarzellentyp Kenngrösse monokristallin multikristallin amorph tandem amorph trippel Leerlaufspannung u sz0 [V] 0.61 0.59 1.76 2.16 Leerlaufstrom i sz0 [A] 3.3 3.0 0.66 0.51 MPP-Spannung u szMPP [V] 0.49 0.47 1.35 1.5 MPP-Strom i szMPP [A] 3.1 2.7 0.52 0.4 MPP-Leistung p szMPP [W] 1.5 1.3 0.7 0.6 Füllfaktor FF sz [%] 0.75 0.72 0.6 0.55 Tabelle 3.1: Typische Kenngrössen kommerzieller Silizium-Solarzellen 2 bei G' = 1[kW/m ] und T = 25[°C] , [42], [43], [44], [45] - 80 - - 81 - Die Tabelle 3.1 gibt einen guten Überblick über die typischen Kennwerte heutiger kommerzieller Silizium-Solarzellen. Die Werte gelten für eine 2 Solarzelle mit einer Fläche von 1dm . Dies entspricht der Fläche heutiger kristalliner Solarzellen. Die Werte in Tabelle 3.1 für die mono- und die multikristallinen Zellen sind somit sehr gute praktische Richtwerte. Die amorphen Zellen bieten aufgrund der in Figur 2.7 erläuterten monolythischen Serieschaltung grössere Freiheiten bei der Skalierung der Strom- und Span2 nungsachse. So sind mittels Serieschaltung durchaus auch 1dm grosse amorphe Zellen mit höheren Spannungen und entsprechend geringeren Strömen als in Tabelle 3.1 denkbar. Typisch sind die im Vergleich zu den kristallinen Zellen höhere Leerlaufspannung u sz0 und der geringere Füllfaktor FF sz der einzelnen amorphen Tandem- und Trippelzellen. Aus den Angaben in Tabelle 3.1 geht aber deutlich hervor, dass die Kenngrössen und die genaue Kennlinienform sehr stark von der verwendeten Solarzellentechnologie abhängig sind. Figur 3.14 zeigt die Verläufe der Solarkennlinien gemäss Gleichung 3.13 für eine kristalline Solarzelle. Die Grafik auf der linken Seite von Figur 3.14 veranschaulicht, dass der aktive Bereich der Kennlinie im Vergleich zu den zwei passiven Bereichen sehr klein ist. Gefährlich ist vor allem der Betrieb der Solarzelle in der Nähe des Durchbruchs, denn dort steigt die Verlustleistung rapide an und kann zu lokaler Überhitzung oder im schlimmsten Fall gar zur thermischen Zerstörung der Solarzelle führen. In Photovoltaik-Fachkreisen bezeichnet man dieses Phänomen der Erhitzung einzelner als Verbraucher arbeitender Solarzellen als “Hot Spot”-Bildung. Die in der Solarzelle in Wärme umgesetzte Verlustleistung muss von aussen zugeführt werden. In der Regel stammt sie von den benachbarten Zellen. Trotz grosser Anstrengungen, diesen Betriebsfall in der Praxis zu vermeiden, stellt er vermutlich immer noch einen der Hauptgründe für unerklärliche Ertragseinbussen bei einigen neu errichteten Photovoltaik-Anlagen gegenüber den Vorhersagen vor dem Bau dar [48]. Kennlinienverlauf in Sperrrichtung Der Kennlinienverlauf in Sperrrichtung darf aus Gründen der Zuverlässigkeit und des Energieertrages nicht ausser Acht gelassen werden, denn betreibt man die Solarzelle in Sperrrichtung, so wird sie zum Verbraucher. An 4.5 3 Bg = 0 [%] Bg = 0 [%] 20 [%] 40 [%] 60 [%] 0 Bg = 80 [%] 100 [%] Bg = 20 [%] 3.2 Bg = 40 [%] 2.4 Bg = 60 [%] 1.6 Bg = 80 [%] 0.8 → → 1.5 −1.5 −18 −15 −12 −9 −6 −3 0 Solarzellenspannung usz [V] 4 0 Solarzellenstrom isz [A] 6 → → →→ Solarzellenstrom isz [A] 7.5 B = 100 [%] g 3 0 0.2 0.4 0.6 Solarzellenspannung usz [V] −0.8 Figur 3.14: Kennlinien i sz ( u sz ) einer polykristallinen Solarzelle über den gesamten Spannungsbereich u sz für eine Strahlungsstärke von 2 G′ = 1[kW ⁄ m ] beim Abschattungsgrad B g = 0 [ % ] : u sz i sz – Kennlinienscharen MPP-Ortskurven 3.3 Aufbau und Betriebsverhalten des Solarmoduls Die Solarzelle stellt die Basis aller photovoltaischen Energiesysteme dar. Durch Serie- und Parallelschaltung vieler Einzelzellen gelangt man zum Solarmodul als nächstgrösserer Einheit. Das Modul verhält sich nur im Falle homogener Bestrahlung ähnlich wie eine einzelne Zelle. So nimmt im Falle einer gleichmässigen Abschattung des gesamten Moduls dessen Leistung proportional zum Abschattungsgrad B g ab. Vollständig anders verhält es sich hingegen, wenn nur ein Teil des Moduls oder gar nur eine einzelne Zelle abgeschattet wird. Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, dass das Ausmass der Energie-Ertragseinbussen entscheidend davon abhängt, wie die Solarzellen innerhalb eines Moduls miteinander verschaltet sind. 3.3.1 Parallelschaltung von Solarzellen Bei der in Figur 3.15 dargestellten Parallelschaltung von n Solarzellen zu einem Modul liegt über allen Zellen dieselbe Spannung u sz an und die Ströme i sz der Einzelzellen addieren sich zum Modulstrom i sm . Somit gilt: u sm = u sz, 1 = u sz, 2 = u sz, 3 = … = u sz, n (3.17) n i sm = i sz, 1 + i sz, 2 + i sz, 3 + … + i sz, n = ∑ isz, x x=1 (3.18) - 82 - - 83 - Bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen reduziert sich die maximale Energieausbeute der parallel geschalteten Solarzellen gegenüber dem Idealfall, wo jede Einzelzelle in ihrem Punkt maximaler Leistung betrieben wird. Wie sich weisen wird, halten sich diese Einbussen bei der Parallelschaltung im Vergleich zur Serieschaltung in engen Grenzen. Der Grund liegt darin, dass die MPP-Spannung u szMPP einer guten Anlage sich nur geringfügig in Funktion der Globalstrahlungsstärke G′ ändert. Die in der oberen Hälfte von Figur 3.8 und in Figur 3.14 dargestellten MPP-Ortskurvenverläufe untermauern diese Aussage. Weichen die MPP-Spannungen u szMPP der Einzelzellen nur schwach voneinander ab, so handelt man sich mit der durch die Parallelschaltung aufgezwungenen gemeinsamen Spannung u sm keine allzu gravierenden Anpassungsverluste ein. Der gefährlichste Zustand bei der Parallelschaltung von Solarzellen tritt dann auf, wenn eine einzelne Zelle abgeschattet ist und das ganze Modul im Leerlauf ist. Dann arbeiten die bestrahlten Zellen in der Nähe ihres Leerlaufpunktes LL und speisen ihre Leistung in die abgeschattete Zelle ein. Wird die Anzahl parallel geschalteter Solarzellen klein gehalten, so erreichen die Spannungen u sz und Ströme i sz auch in diesem ungünstigsten Betriebsfall nie Werte, die für die Sicherheit des Moduls kritisch werden oder gar zu einem Ausfall des Solarmoduls führen könnten. Die Gefahr der thermischen Zerstörung der Solarzellen durch die Parallelschaltung ist somit gering. der Parallelschaltung verringert sich im Normalbetrieb der Gesamtstrom i sm des Moduls im Abschattungsfall um den Betrag, den die abgeschattete Solarzelle zuvor zum Gesamtstrom i sm beigetragen hatte. Auf die reine Parallelschaltung von Solarzellen innerhalb eines Moduls wird in der Praxis wegen der dabei auftretenden hohen Ströme und den dadurch erforderlichen hohen Kupferquerschnitten, die erforderlich wären, um die Leitungsverluste zu begrenzen, meistens verzichtet. i sz, 1 i sz, 2 u sz, 1 i sz, 3 u sz, 2 i sm i sz, n u sz, 3 u sz, n 3.3.2 Serieschaltung von Solarzellen Die Serieschaltung aller Solarzellen innerhalb eines Moduls stellt in den meisten praktischen Anwendungen den Regelfall dar. Weil aus historischen Gründen die meisten Module auf den Betrieb in Zusammenspiel mit 12VBatterien ausgerichtet waren, hat sich hierfür eine Zellenzahl zwischen 36 und 40 durchgesetzt. Erst in jüngerer Zeit drängen vermehrt auch grössere Module mit 72 oder mehr in Serie geschalteten Solarzellen auf den Markt. Prinzipiell sind aber je nach Anwendungsfall auch Solarmodule mit deutlich mehr genauso wie solche mit sehr wenigen Zellen innerhalb eines Seriestranges denkbar. Die Leistung kommerzieller Module bestehend aus 36 in Serie geschalteten kristallinen Silizium-Solarzellen beträgt heute typischerweise 50W . Der Vorteil der Serieschaltung liegt in der Leistungssteigerung bei gleichbleibendem Strom. So kann die Leistung ohne zusätzliche Ansprüche an die Kabelquerschnitte für die Verdrahtung des Solargenerators gesteigert werden. Figur 3.16 zeigt die Serieschaltung von n Solarzellen zu einem Modul. u sm i sz, n u sz, n i sm u sm i sz, 3 u sz, 3 i sz, 2 u sz, 2 u sm i sz, 1 u sz, 1 i sm Figur 3.15: Parallelschaltung von n Solarzellen innerhalb eines Solarmoduls u sm Sobald das Solarmodul belastet wird, verringert sich seine Spannung u sm und somit auch der negative Strom i sz in der abgeschatteten Solarzelle. Bei i sm Figur 3.16: Serieschaltung von n Solarzellen innerhalb eines Solarmoduls - 84 - - 85 - Bei der Serieschaltung sind alle Zellenströme i sz gleich, während sich die Spannungen u sz der Einzelzellen zur Modulspannung u sm addieren. Im Falle gleichmässiger Einstrahlungsverhältnisse über das gesamte Modul weisen alle Solarzellen dieselbe Kennlinie auf. Dann gelten für die Spannung u sm und den Strom i sm des Solarmoduls folgende Zusammenhänge: i sm = i sz, 1 = i sz, 2 = i sz, 3 = … = i sz, n (3.19) i sm = i sz u sm = n ⋅ u sz (3.21) n u sm = u sz, 1 + u sz, 2 + u sz, 3 + … + u sz, n = ∑ usz, x (3.20) x=1 Alle in Serie geschalteten Solarzellen bilden einen Zellstrang4. Das Betriebsverhalten des Solarzellenstranges hängt massgebend von der Einstrahlungsverteilung ab. Die Gründe dafür liegen einerseits in der elektrischen Kopplung der Einzelzellen durch die Serieschaltung und andererseits in der Abhängigkeit zwischen Solarzellenstrom i sz und Strahlungsstärke G′ . Figur 3.17 zeigt die Verhältnisse für ein Standard-Solarmodul mit 36 in Serie geschalteten Zellen. Bei homogenen Einstrahlungsverhältnissen erfährt die Solarkennlinie i sz ( u sz ) durch die Serieschaltung lediglich eine Streckung längs der Spannungsachse u sz , ihr Füllfaktor FF sz verändert sich aber nicht. In Figur 3.17 erkennt man darüber hinaus, dass die Ausgangsleistung p sz von 36 zur Hälfte abgeschatteten Solarzellen unter homogenen Einstrahlungsverhältnissen gleich hoch ist wie jene von 18 voll bestrahlten Zellen. Inhomogene Einstrahlungsverhältnisse Homogene Einstrahlungsverhältnisse 56 B = 0 [%] g 3 B = 0 [%] g 2.5 48 40 2 Bg = 50 [%] Bg = 50 [%] 32 1.5 24 1 16 ←1 Z ←9 Z 0.5 0 ←2 Z 18 Z→ 36 Zellen → 0 4 8 12 16 20 24 0 Solarzellenspannung usz [V] 8 18 Z Solarzellenleistung psz [W] Solarzellenstrom isz [A] 3.5 36 Zellen 0 4 8 12 16 20 24 Solarzellenspannung usz [V] Figur 3.17: Solarzellen-Serieschaltung in einem Standard-Solarmodul bei einer Temperatur von T = 25 [°C] und einer Strahlungsstärke 2 von G′ = 1[kW ⁄ m ] beim Abschattungsgrad B g = 0 [ % ] : u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei B g = 0 [ % ] u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei B g = 50 [ % ] MPP-Ortskurven bei B g = 0 [ % ] MPP-Ortskurven bei B g = 50 [ % ] 4) Photovoltaik-Fachleute verwenden dafür auch die englische Bezeichnung “String”. Bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen weisen die in Serie geschalteten Zellen eines Seriestranges nicht mehr dieselbe Kennlinie auf. Dies verunmöglicht, alle Zellen eines Seriestranges gleichzeitig in ihrem MPP zu betreiben und führt somit zu den sogenannten Anpassungs- oder MismatchVerlusten. Figur 3.18 zeigt den genauen Mechanismus der Fehlanpassung anhand eines sehr einfachen Beispiels. Dabei gehen wir von der Annahme aus, dass von den 36 seriegeschalteten Solarzellen eine zur Hälfte abgeschattet ist und die restlichen 35 voll bestrahlt sind. Auch bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen gilt, dass der Strom i sz in allen Zellen desselben Seriestranges gleich ist. Gesucht ist die resultierende Modulkennlinie i sm ( u sm ) . Da die Kennlinien i sz ( u sz ) der 35 Zellen mit Abschattungsgrad B g = 0% gleich sind, können ihre Spannungen u sz, A einfach addiert werden und ergeben die Spannung u sz, C . Dieses Zwischenergebnis muss anschliessend mit der Spannung u sz, B der Zelle mit Abschattungsgrad B g = 50% zur resultierenden Modulkennlinie i sm ( u sm ) verknüpft werden. Dies erfolgt, wie Figur 3.18 für die beiden Ströme i sm1 und i sm2 anschaulich zeigt, durch Addition der zwei Teilspannungen u sz, B und u sz, C über den gesamten Strombereich des Solarmoduls. Dabei wird deutlich, dass die abgeschattete Einzelzelle u sz, B für Ströme jenseits ihres Kurzschlusspunktes zum Verbraucher wird. In Figur 3.18 ist dieser Bereich grau hinterlegt. Ein namhafter Anteil der Leistung, welche die voll bestrahlten Zellen produzieren, wird somit umgehend in der abgeschatteten Zelle wieder vernichtet. Beim Strom i sm2 in Figur 3.18 werden beispielsweise in der halb abgeschatteten Zelle 27W in Wärme umgewandelt. Dies stellt mehr - 86 - - 87 - als die Hälfte der von den 35 voll bestrahlten Zellen produzierten Leistung von 46W dar. nichtet werden. Die Zelle erwärmt sich dadurch sehr stark und bildet einen sogenannten Hot-Spot. Tritt diese Konstellation über einen längeren Zeitraum auf, so führt dies unweigerlich zu Schäden und Ausfällen, denn eine 2 einzelne Solarzelle mit einer Fläche von 1dm ist unter normalen Betriebsbedingungen ohne forcierte Kühlmassnahmen nicht in der Lage, solch hohe Verlustleistungen über eine längere Zeitspanne zu ertragen. Weggeschmolzenes Zellmaterial ist ein typisches Zeichen für einen Hot-Spot-Schaden. 1 Zelle mit B = 0 [%] g 4 MPPmax 3 ism2 2 1 MPPsz,C MPP MPPsz,A sz,A 1 Zelle mit Bg = 50 [%] MPPsz,B MPPsm ism1 0 −18 −12 −6 0 6 12 Solarmodulspannung usm [V] 18 24 3 2.5 48 25 [%] 50 [%] 50 [%] 75 [%] 100 [%] 40 32 → 25 [%] 2 56 Bg = 0 [%] → 1.5 24 1 75 [%] 0.5 0 → Die elektrische Verlustleistung in der abgeschatteten Zelle steigt gegen den Kurzschlusspunkt K S sm des Solarmodules hin an und erreicht dort ihr Maximum. Obwohl die Leistung an den Modulklemmen dort 0W beträgt, werden im Innern des Moduls beträchtliche Leistungen umgesetzt, denn in diesem Arbeitspunkt muss die von den 35 aktiven Solarzellen produzierte Leistung von über 46W zu 100% in der zur Hälfte abgeschatteten Zelle ver- [%] BB ==00[%] gg 100 [%] 0 4 8 12 16 20 24 0 Solarmodulspannung usm [V] → Wie stark die Einbussen in unserem Beispiel mit lediglich einer halb abgeschatteten Solarzelle sind, wird erst anhand folgender Überlegung richtig deutlich: Im Vergleich zu idealen Einstrahlungsverhältnissen liegt auf der Eingangsseite des Solarmodules eine um lediglich 1.4% niedrigere mittlere Strahlungsstärke G′ an. Durch die Serieschaltung vermindert sich aber die MPP-Leistung p smMPP des Gesamtmoduls um nicht weniger als 40% . 3.5 → Figur 3.18: Serieschaltung von 35 voll bestrahlten B g = 0 [ % ] und einer zur Hälfte abgeschatteten B g = 50 [ % ] Zelle in einem Standard-Solarmodul mit polykristallinen Solarzellen: Kennlinie einer Einzelzelle mit B g = 0 [ % ] und 50[%] Serieschaltung von 35 Zellen mit B g = 0 [ % ] Serieschaltung von 36 Solarzellen mit B g = 0 [ % ] Serieschaltung von 35 Zellen mit B g = 0 [ % ] und einer Zelle mit B g = 50 [ % ] Die Serieschaltung von Solarzellen verhält sich wie eine Kette. Genau wie dort werden die Eigenschaften der Gesamtanordnung durch das schwächste Glied geprägt. In Figur 3.19 ist der Einfluss der schwächsten Zelle auf die Performance eines Solarmoduls dargestellt. Wir gehen dabei von der Annahme aus, dass das Modul aus 36 in Serie geschalteten monokristallinen Solarzellen desselben Typs bestehe, wie sie in den Solarmodulen M55 von Siemens eingesetzt werden. Von den 36 Zellen sind 35 immer voll bestrahlt. Bei der letzten Solarzelle des Seriestranges nimmt der Beschattungsgrad von B g = 0 [ % ] auf B g = 100 [ % ] zu. 16 8 Solarmodulleistung psm [W] 5 Solarmodulstrom ism [A] Solarmodulstrom ism [A] 6 0 4 8 12 16 20 24 Solarmodulspannung usm [V] Figur 3.19: Einfluss des Abschattungsgrades B g der schwächsten Solarzelle auf das Verhalten der Serieschaltung von insgesamt 36 monokristallinen Zellen innerhalb eines Standard-Solarmoduls, bei dem die restlichen 35 Solarzellen voll bestrahlt sind: u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Moduls MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinie der 35 voll bestrahlten Solarzellen - 88 - - 89 - In Figur 3.19 erkennt man, dass die Beschattung einer einzelnen Solarzelle im Seriestrang sich sowohl auf die Kennlinienform i sm ( u sm ) als auch auf die Leistung p sm ( u sm ) des Solarmoduls sehr stark auswirkt. Dadurch verändert sich auch der Füllfaktor FF sm des Moduls in Funktion der Einstrahlungsverhältnisse. Neben den Leistungseinbussen an sich muss vor allem die ungleichmässige Verteilung der anfallenden Verluste beachtet werden. Sobald die Spannung des Gesamtmoduls kleiner wird als die Spannung der 35 voll bestrahlten Solarzellen, wird die abgeschattete Zelle zum Verbraucher. Besonders kritisch sind dabei jene Fälle, bei denen diese Einzelzelle beispielsweise durch ein Laubblatt beinahe vollständig abgeschattet wird. Tabelle 3.2 zeigt auf, wie überproportional die Leistungseinbussen bei einer einzigen abgeschatteten Solarzelle im Seriestrang sind und wie die abgeschattete Solarzelle mit zunehmenden Abschattungsgrad B g vom Erzeuger zum Verbraucher werden kann. So hat beispielsweise eine Einstrahlungsreduktion von 0.7% eine Leistungseinbusse von beinahe 14% zur Folge und eine Verminderung von knapp 3% auf der Einstrahlungsseite führt mit Einbussen von über 95% praktisch zu einem Totalausfall des Modules. Als Bezugsgrösse für die Beurteilung der Einstrahlungsreduktion und der Leistungseinbusse dient der Fall, in dem alle 36 Solarzellen voll bestrahlt sind. Einstrahlungsund Leistungsverhältnisse Abschattungsgrad B g der 36. Zelle [%] 0 25 50 75 100 Modulleistung p smMPP [W] 54.79 47.15 32.89 16.90 2.27 Leistung der 35 vollbestrahlten Zellen im Modul-MPP [W] 53.26 46.18 32.23 16.65 6.61 Erzeugte p sz > 0 Leistung der abgeschatteten Solarzelle [W] 1.53 0.97 0.66 0.25 -4.34 Einstrahlungsreduktion gegenüber Vollbestrahlung [%] 0 0.7 1.4 2.1 2.8 Leistungseinbusse gegenüber Vollbestrahlung [%] 0 13.94 39.97 69.16 95.86 Tabelle 3.2: Leistungseinbussen und anfallende Verlustleistungen in einem monokristallinen Solarmodul bestehend aus 35 voll bestrahlten und abgeschatteten Solarzellen in Funktion des Abschattungsgrades B g der 36. Zelle Einsatz von Bypass-Dioden und ihre Wirkung Zur Verminderung der überproportionalen Anpassungsverluste innerhalb des Seriestranges bei inhomogener Einstrahlung und vor allem zum Schutz einzelner abgeschatteter Solarzellen vor thermischer Überlastung muss der negative Spannungsbereich der Solarkennlinie verringert werden. Dies erfolgt, wie in Figur 3.20 dargestellt, durch sogenannte Bypass-Dioden antiparallel zu einer einzelnen oder zu einem Teil der in Serie geschalteten Solarzellen. u sz, n u sz, 3 i sz, n u sz, 2 i sz, 3 u Fbp u Fbp u sz, 1 i sz, 2 u Fbp i sz, 1 u Fbp u sm u sz, n u sz, 3 i sz, n A i sm u sz, 2 i sz, 3 u sz, 1 i sz, 2 B i sz, 1 u Fbp u sm i sm Figur 3.20: Bypass-Dioden zur Verringerung der Anpassungsverluste und zur Begrenzung der thermischen Verluste abgeschatteter Solarzellen bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen: A: Bypass-Diode über jede einzelne Solarzelle B: Bypass-Diode über einen Teilstrang seriegeschalteter Zellen Bei homogenen Einstrahlungsverhältnissen sind diese Dioden inaktiv. Im Falle von Teilabschattungen beschränken die Bypass-Dioden die negative Sperrspannung über der Serieanordnung auf ihren eigenen Spannungsabfall in Flussrichtung von typischerweise u Fbp = 0.7V . Dadurch verringert sich auch die elektrische Verlustleistung in der abgeschatteten Solarzelle in - 90 - - 91 - beträchtlichem Masse, denn die abgeschattete Zelle muss im schlimmsten Fall nur noch die von den bestrahlten Solarzellen innerhalb des Teilstranges, welcher von derselben Bypass-Diode abgedeckt wird, gelieferte Leistung absorbieren. Dies begrenzt automatisch auch die Solarzellentemperatur T und verhindert somit die Hot-Spot-Bildung. In Figur 3.21 ist der Einfluss der Bypass-Dioden auf die Solarkennlinie dargestellt. Die technisch optimale Lösung ergibt sich, wenn jede Solarzelle mit einer Bypass-Diode versehen wird. Dadurch entstehen schattentolerante Solarmodule, die optimalen Schutz der Einzelzellen vor thermischer Zerstörung bieten. Untersuchungen belegen ferner, dass Anpassungsverluste bei inhomogener Bestrahlung durch den Einsatz schattentoleranter Solarmodule deutlich niedriger ausfallen als bei konventionellen Modulen [49]. Beitrag zur Nutzleistung. Ihre Leistung wird vollumfänglich in den abgeschatteten Zellen des von der Bypass-Diode umfassten Teilstranges in Form von Wärme vernichtet. Je kleiner also die Anzahl Zellen pro Bypass-Diode ist, desto schneller greift die Spannungsbegrenzung in Sperrrichtung und desto geringer fallen die Anpassungsverluste und die thermische Belastung der abgeschatteten Solarzellen aus. 3 → 6Z 2.5 9Z 2 12 Z 18 Z → → ←11Zelle Zelle ← 2Z 6 Zellen ← 9Z 4Z → 1.5 → ← 1 Z 48 ← 2 Z 40 4Z 32 ← 24 16 0.5 0 → → 12 Z 18 Z 1 → 8 0 4 8 12 16 20 24 0 Solarmodulspannung usm [V] M55 Hersteller Anzahl Zellen pro Modul 56 Solarmodulleistung psm [W] Solarmodulstrom ism [A] 3.5 Solarmodultyp Kenngrösse 0 4 8 12 16 20 24 Solarmodulspannung usm [V] Figur 3.21: Einfluss der Anzahl Solarzellen pro Bypass-Diode auf das Kennlinienfeld eines Solarmodules, bestehend aus der Serieschaltung von 35 voll bestrahlten ( B g = 0% ) Solarzellen und einer Einzelzelle, die zu 75% abgeschattet ist: u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Moduls MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinie ohne Bypass-Diode u sz i sz – und u sz p sz – Modulkennlinie ohne Abschattung Anhand der Figur 3.21 erkennt man deutlich, dass die Spannungsverluste durch Teilabschattung umso geringer ausfallen, je kleiner die Anzahl Solarzellen pro Bypass-Diode ist. Dieses Ergebnis ist einleuchtend, denn bei bestromter Bypass-Diode liefern alle Solarzellen parallel zum Bypass keinen SolarzellenTechnologie BP585 Siemens BP Solar Solar 36 3 ⋅ 12 36 4⋅9 Silizium Silizium mono mono NT51A85E 50-ALF UPM880 Sharp ASE Unisolar 36 4⋅9 36 4⋅9 ---- Silizium mono Silizium Silizium multi amorph MPP-Leistung p smMPP [W] 53 85 85.5 50 22 MPP-Spannung u smMPP [V] 17.4 18 17.4 17.2 15.6 MPP-Strom i smMPP [A] 3.05 4.72 4.91 2.9 1.4 Leerlaufspannung u sm0 [V] 21.7 22.03 22 20.7 22 Kurzschlussstrom i sm0 [A] 3.35 5 5.5 3.2 1.8 Wirkungsgrad η sm [%] 12.5 13.5 13.4 11.5 5.4 120 x 53 97 x 45 119 x 34 36 2 13 Abmessungen [cm x cm] Anzahl Bypass-Dioden 129 x 33 119 x 53 2 2 Tabelle 3.3: Technische Daten ausgewählter kommerzieller Standard-Solarmodule unter Standard Test Conditions (STC) [40] - 92 - - 93 - Der australische Forscher Prof. Green hat aufgezeigt, dass die antiparallele Bypass-Diode halbleitertechnisch direkt in den Produktionsprozess der amorphen Solarzellen integriert werden könnte [54]. Trotzdem konnte sich dieses technisch sehr fortschrittliche Konzept auf dem Markt nicht durchsetzen, wie die erstmals von der Firma Sharp kommerziell produzierten Module der Reihe NT51A85E zeigten. Die Gründe dafür sind gemäss Herstellerangaben vor allem bei den Kosten und der Wirtschaftlichkeit zu suchen. Nicht die technisch optimale Lösung ist gefragt, sondern eine wirtschaftlich umsetzbare. In Tabelle 3.3 sind die technischen Daten einiger ausgewählter Standard-Solarmodule inklusive ihrer Anzahl Bypass-Dioden aufgeführt. Figur 3.22 zeigt aber deutlich, dass sich die Lage des MPP durch den Einsatz von Bypass-Dioden unter gewissen Einstrahlungsbedingungen sehr stark verschiebt und dass bei starker Abschattung der Einzelzelle verschiedene Abschattungsgrade B g zum selben MPP führen können. Dies ist immer dann der Fall, wenn die lokalen Leistungsmaxima im oberen Spannungsbereich nicht über dem Leistungsmaximum P max1 im unteren Bereich der Spannung u sm hinausragen. Sowohl bei den drei monokristallinen als auch beim multikristallinen und beim amorphen Solarmodul sind alle Zellen in Serie geschaltet. Sie sind in Reihen zu je 9 oder 12 Zellen angeordnet. In der Praxis werden die meisten Module aus Kostengründen mit nur 2 Bypass-Dioden ausgestattet, denn diese lassen sich bei einem Standard-Modul mit 36 bis 40 Zellen preiswert in der Anschlussbox einbauen. Damit können die Solarzellen in der Mehrzahl von Abschattungsfällen gegen thermische Überlastung geschützt werden. 56 Bg = 0 [%] 3 25 [%] 2.5 Bg = 0 [%] 25 [%] 48 → 40 → → 2 50 [%] 1.5 60 [%] 1 75 [%] 0.5 90 [%] 90 [%] 100 [%] 100 [%] 0 0 4 8 12 16 20 24 0 Solarmodulspannung usm [V] 50 [%] Pmax1 60 [%] → 32 24 75 [%] 16 8 Solarmodulleistung psm [W] Solarmodulstrom ism [A] 3.5 0 4 8 12 16 20 24 Solarmodulspannung usm [V] Figur 3.22: Kennlinien eines Standard-Solarmoduls mit 36 Solarzellen und 2 Bypass-Dioden über jeweils 18 Zellen. Von den insgesamt 36 monokristallinen Zellen innerhalb des Solarmoduls sind 35 voll bestrahlt ( B g = 0% ), bei der 36. wird der Abschattungsgrad B g schrittweise von 0% auf 100% gesteigert: u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Solarmoduls MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls Die Kennlinien von Figur 3.22 führen sehr deutlich vor Augen, dass sich überproportionale Leistungseinbussen im Abschattungsfall durch den heute kommerziell am weitesten verbreiteten Einsatz von lediglich einer BypassDiode pro 18 seriegeschalteten Zellen nicht vermeiden lassen. 3.4 Konventionelle Photovoltaik-Anlage Wie bereits erwähnt, bestehen die heute kommerziell meistverwendeten Standard-Solarmodule aus jeweils 36 oder 72 in Serie geschalteten Solarzellen mit einer Modul-Nennleistung im Bereich von 50W oder 100W . Daneben existiert eine Vielzahl von Sonderanfertigungen mit Leistungswerten sowohl oberhalb als auch unterhalb dieses Bereichs. Grössere Leistungen lassen sich jedoch nur mittels Parallel- und Serieschaltung sehr vieler Einzelmodule erzielen. Die höheren Spannungen und Ströme machen aber verstärkte Schutzmassnahmen erforderlich. Weil darüber hinaus auch der Energieertrag einer Photovoltaik-Anlage sehr stark von ihrer Struktur abhängt, sollen nachfolgend die wichtigsten Typen von netzgekoppelten Anlagen und ihre Eigenschaften kurz dargelegt werden. 3.4.1 Aufbau und Funktionsweise Bei den netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen gemäss konventioneller Bauweise kennt man 2 praktische Ausführungen. Sie unterscheiden sich in der Art der Serie- und Parallelschaltung der Module innerhalb des Solargenerators. Während der Generator in der ersten Variante aus parallelgeschalteten Seriesträngen besteht, sind die Module in der zweiten Ausführungsart matrixförmig miteinander verschaltet. Solargenerator mit parallelgeschalteten Seriesträngen In dieser Ausführungsart werden die Solarmodule zunächst innerhalb eines Stranges in Serie geschaltet, bis die gewünschte Gleichspannung erreicht ist. Sind grössere Leistungen gefragt, werden anschliessend mehrere identische - 94 - - 95 - Seriestränge parallelgeschaltet. Figur 3.23 zeigt die prinzipielle Struktur einer Photovoltaik-Anlage aus parallelgeschalteten Seriesträngen. des Moduls. Die früher oft eingesetzten Strangdioden zum Schutze des Stranges vor dem Betrieb in Vorwärtsrichtung im Abschattungsfall entfallen heute in den meisten Fällen aufgrund ihrer geringen Schutzwirkung und aufgrund ihres permanenten Spannungsabfalls oder werden durch Sicherungen ersetzt. Aus Wartungsgründen empfiehlt es sich, die einzelnen Stränge mittels Trennschalter an die Genaratorsammelschiene zu koppeln. Im Störungsfall kann so der fehlerhafte Strang vom übrigen Teil des Generators getrennt werden, so dass Fehlersuche und Reparatur den Betrieb der Anlage nur minimal beeinträchtigen. Bypass-Dioden Strangdiode Sicherungen Trennschalter Bei der Verschaltung der Module zum Solargenerator treten prinzipiell dieselben Phänomene auf wie bei der Verschaltung der Solarzellen innerhalb eines einzelnen Modules, denn homogen bestrahlte Solarmodule stellen im wesentlichen nur hochskalierte Solarzellen dar. So erweist sich die Struktur mit den vielen seriegeschalteten Modulen innerhalb eines Seriestranges vor allem bei Teilabschattungen oder bei starker Streuung der Modulleistung als negativ, da in diesen Fällen -wie bei der Serieschaltung der Solarzellen innerhalb des Solarmoduls- mit überproportional grossen Leistungseinbussen gerechnet werden muss. Trennschalter Sammelschiene (+) Sammelschiene (-) (+) Varistor Konventionelle Anlagen nach dem Prinzip parallelgeschalteter Seriestränge decken einen sehr hohen Leistungsbereich von einigen wenigen Kilowatt bis hin zu Megawatt ab. Vor allem bei Grossanlagen mit ihren räumlich weit verteilten Solarmodulfeldern ist ein durchdachtes Erdungs-, Blitzschutz- und Überspannungsschutzkonzept erforderlich. 3 Netzphasen DC Erde (-) Nullleiter AC Schutzerde Figur 3.23: Konventionelle Photovoltaik-Anlage mit einem Solargenerator bestehend aus parallelgeschalteten Seriesträngen Zum Schutze muss jedes Modul mit mindestens einer Bypass-Diode geschützt werden. Meistens erfolgt die Montage direkt in der Anschlussbox Solargenerator mit matrixförmiger Verschaltung der Solarmodule Bei dieser Ausführungsart werden, wie in Figur 3.24 ersichtlich, zunächst Gruppen parallel geschalteter Solarmodule gebildet. Anschliessend werden so viele Gruppen in Serie geschaltet, bis die gewünschte Gleichspannung erreicht ist. Innerhalb jeder Gruppe werden die Solarmodule mittels Strangund Bypass-Dioden gegen thermische Überlastung im Abschattungsfall geschützt. Durch die matrixförmige Vermaschung des Solargenerators werden innere Unsymmetrien teilweise ausgeglichen, so dass der Generator auf fertigungsbedingte Unterschiede in den Modulkennlinien und auf Teilabschattungen weniger empfindlich reagiert als in der Ausführung mit parallelgeschalteten Seriesträngen. Wesentliche Nachteile der matrixförmigen Verschaltung sind die stark erschwerte Fehlersuche sowie die Tatsache, dass im Fehlerfall der gesamte Solargenerator für die Dauer der Fehlersuche und der Reparatur - 96 - - 97 - abgeschaltet werden muss. Darüber hinaus dürfen auch die Spannungsabfälle über den zahlreichen Strangdioden der matrixförmigen Verschaltung nicht ausser Acht gelassen werden, denn sie vermindern den Wirkungsgrad, insbesondere auch bei idealen homogenen Einstrahlungsbedingungen. Dies sind auch die Hauptursachen, weshalb grössere Photovoltaik-Anlagen selten in Matrix-Bauweise erstellt, sondern beinahe durchwegs mit parallelgeschalteten Seriesträngen aufgebaut werden. In Figur 3.24 ist die durch die parallele und serielle Verschaltung der Module entstehende Matrix-Struktur des Solargenerators deutlich sichtbar. 3.4.2 Charakteristische Eigenschaften Die hauptsächlichsten Eigenschaften heutiger konventioneller netzgekoppelter Photovoltaik-Anlagen sind: • Jede Anlage stellt ein Einzelprodukt dar, das für sich gemäss den örtlich vorhandenen technischen Möglichkeiten und gemäss den Wünschen der Bauherrschaft neu geplant, entwickelt und gebaut werden muss. Dies erfordert einen hohen Engineering-Aufwand, der die Anlagen zusätzlich verteuert. • Es existiert nicht für jede Anlagengrösse ein passender Wechselrichter. Dies zwingt die Bauherrschaft entweder die Anlagengrösse zu reduzieren oder den nächstgrösseren verfügbaren Wechselrichter zu verwenden, was wiederum Nachteile in bezug auf den Wirkungsgrad mit sich bringt. Strangdiode • Die Verwendung eines einzelnen zentralen Wechselrichters stellt ein Zuverlässigkeits-Risiko dar, denn der Wechselrichter ist in Bezug auf die Lebensdauer das schwächste Glied des Systems. Aufgrund der fehlenden Redundanz führt ein Umrichterdefekt automatisch zu einem Totalausfall der Anlage, und dies wiederum sehr schnell zu namhaften Energie-Ertragseinbussen. • Aufgrund ihrer Struktur sind konventionelle Photovoltaik-Anlagen sehr empfindlich gegen Teilabschattungen. Trotz sorgfältiger Planung bei der Verschaltung des Solargenerators lassen sich in bebautem Umfeld mit seinen tages- und jahreszeitlich ändernden Einstrahlungsbedingungen überproportionale Einbussen im jährlichen Energieertrag aufgrund von Teilabschattungen des Generators nicht immer verhindern. Bypass-Dioden Sicherung Sammelschiene (+) Sammelschiene (-) Trennschalter (+) Varistor 3 Netzphasen DC Erde (-) • Die allermeisten Komponenten einer konventionellen PhotovoltaikAnlage wie Kabel, Sicherungen, Varistoren, Wechselrichter usw. sind aufgrund ihrer geringen Stückzahl teuer. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass der Überstromschutz auf der Gleichstromseite aufgrund der fehlenden Stromnulldurchgänge aufwendiger und somit auch kostspieliger ist als bei einer Wechselstromanlage vergleichbarer Leistung. Nullleiter AC Schutzerde Figur 3.24: Konventionelle Photovoltaik-Anlage mit einem Solargenerator mit matrixförmig verschalteten Solarmodulen 3.5 Modularer Anlagebau Viele Nachteile konventioneller Photovoltaik-Anlagen können mit einer modularen Anlagenstruktur gemildert oder gar behoben werden. An dieser Stelle sollen die wichtigsten Vertreter modularer Photovoltaik-Anlagen kurz besprochen werden. Technisch unterscheiden sie sich voneinander haupt- - 98 - - 99 - sächlich im Modularisierungsgrad. Weitere Unterschiede sind in der Marktstellung erkennbar, wo bisher erst das String-Konzept Fuss fassen konnte. Neben den Vorteilen im Betriebsverhalten bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen weist der String-Ansatz noch folgende weitere Vorteile gegenüber den konventionellen Photovoltaik-Anlagen auf: 3.5.1 Photovoltaik-Anlage nach dem String-Konzept Beim String-Konzept wird jedem Solarzellen-Seriestrang ein eigener Wechselrichter zugeordnet. Wie Figur 3.25 deutlich zeigt, lassen sich dadurch die einzelnen Stränge vollständig voneinander entkoppeln und damit die Empfindlichkeit des Systems gegenüber Teilabschattungen verringern. • Die Modularität erhöht die Flexibilität im Anlagenbau und erhöht sehr stark die Erweiterbarkeit bestehender Photovoltaik-Anlagen. • Die Redundanz erhöht die Zuverlässigkeit der Anlage, denn bei einem Wechselrichterversagen fällt im Gegensatz zu den konventionellen Anlagen mit ihren zentralen Grosswechselrichtern nicht die gesamte Anlage aus, sondern nur der betroffene Seriestrang. • Durch den Einsatz standardisierter Komponenten für die Montage, die Verkabelung und den Schutz der Anlage weisen Anlagen nach dem String-Konzept bei entsprechenden Stückzahlen ein grosses Kosteneinsparungspotential gegenüber den konventionellen Anlagen mit ihren individuell gefertigten Komponenten auf. DC AC DC AC Heutige kommerzielle String-Umrichter haben eine Nennleistung P n im Bereich von 500W bis 1.5kW und ihre Netzanbindung erfolgt vorwiegend einphasig. Dazu sind 10 bis 30 Standard-Solarmodule zu 50W erforderlich. Bei grösseren Anlagen muss darauf geachtet werden, dass die einzelnen String-Umrichter ausgangsseitig gleichmässig auf die drei Netzphasen verteilt werden. Bei 10 bis 30 in Reihe geschalteten Solarmodulen, die ihrerseits wiederum aus 36 seriegeschalteten Solarzellen bestehen, entsteht rasch eine sehr hohe Anzahl Zellen innerhalb eines Seriestranges. Es erstaunt daher nicht, dass die überproportionalen Leistungseinbussen bei Teilabschattungen des Solargenerators mit dem String-Konzept nur verringert, aber nicht vermieden werden können. DC AC Bypass-Dioden DC AC DC AC 3.5.2 DC AC 3 Netzphasen Seriestrang Nullleiter Schutzerde Figur 3.25: Struktur einer modularen Photovoltaik-Anlage nach dem String-Konzept Photovoltaik-Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern Modulintegrierte Wechselrichter stellen bei Teilabschattungen die weit bessere Lösung dar als konventionelle Photovoltaik-Anlagen oder solche nach dem String-Ansatz. Durch die Modulintegration des Wechselrichters sind alle Solarmodule elektrisch voneinander entkoppelt und können so einzeln geregelt werden. Damit ist es möglich, jedes Modul dauernd in seinem Punkt maximaler Leistung (MPP) zu betreiben. Im Unterschied zum String-Ansatz wird beim modulintegrierten Ansatz die Gleichstromverkabelung des Solargenerators überflüssig. Das Solarmodul liefert an seinem Ausgang direkt eine netzkompatible Wechselspannung. Photovoltaik-Fachkreise sprechen in diesem Zusammenhang auch von sogenannten AC-Solarmodulen. Figur 3.26 zeigt die Struktur einer aus modulintegrierten Wechselrichtern bestehenden Photovoltaik-Anlage. - 100 - - 101 - DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC DC AC Die Baugrösse eines Solargenerators mit modulintegriertem Wechselrichter liegt im Bereich zwischen 50W und 250W . Dazu ist je nach eingesetzter 2 2 Solarzellentechnologie eine Fläche zwischen 0.4m und 2m erforderlich. Dabei können sowohl Standard-Solarmodule als auch Sonderanfertigungen zum Einsatz gelangen. Logischerweise erfolgt die Netzanbindung aufgrund der geringen Leistung praktisch ausschliesslich einphasig. Genau wie bei den Anlagen nach dem String-Konzept muss bei Grossanlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern auf eine möglichst gleichmässige Verteilung der einphasigen Wechselrichterausgänge auf alle 3 Netzphasen geachtet werden. Die bereits beim String-Ansatz erwähnten Vorteile wie hohe Flexibilität und leichte Erweiterbarkeit der Anlage oder hohe Zuverlässigkeit durch Redundanz gelten bei den Photovoltaik-Anlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern noch in verstärktem Masse. Darüber hinaus weisen sie folgende Merkmale auf: • Sowohl der Überspannungs- und Blitzschutz der Anlage als auch der Überstromschutz auf der Gleichspannungsseite werden durch den nicht mehr von aussen zugänglichen Gleichspannungskreis wesentlich erleichtert und können darüber hinaus im Umrichter integriert werden. • Die entfallende Gleichspannungs-Verkabelung verringert nicht nur die Leitungsverluste und den Schutzaufwand auf der Gleichspannungsseite, sondern macht auch speziell geschultes Personal für die Gleichspannungs-Installationen und die Wartung des Solargenerators überflüssig. Im Gegensatz zu konventionellen Solarmodulen sind solche mit integriertem Wechselrichter an ihren Klemmen spannungslos, sofern keine Netzspannung anliegt. Dies erhöht in wesentlichem Masse die Personen-Sicherheit bei der Montage, Wartung und beim Betrieb der Anlage. DC AC 3 Netzphasen Nullleiter Schutzerde Figur 3.26: Struktur einer modularen Photovoltaik-Anlage bestehend aus modulintegrierten Wechselrichtern • Durch den höheren Modularisierungsgrad ist das Kosteneinsparungspotential durch Massenfertigung bei den Photovoltaik-Anlagen mit modulintegriertem Wechselrichter weit höher als bei den Anlagen nach dem String-Ansatz. Gemäss den Gesetzen der “Economy of Volume” halbiert sich der Stückpreis eines industriell gefertigten Massenproduktes bei jeder Verzehnfachung des Produktionsvolumens. Dies ist ein wichtiger Unterschied zu den herkömmlichen Energiesystemen mit deren “Economy of Scale”. Dort werden die Energiegestehungskosten gesenkt, indem die Produktionsanlagen vergrössert werden. • Die Kosten für das Anlagen-Engineering werden auf ein Minimum reduziert, denn das Solarmodul mit integriertem Wechselrichter stellt - 102 ein anschlussfertiges Produkt dar, mit dem der Bauherr oder Architekt eine modulare Photovoltaik-Anlage beliebiger Grösse frei nach seinen Wünschen und Möglichkeiten zusammenstellen kann. Den vielen Vorteilen der Photovoltaik-Anlagen mit modulintegriertem Wechselrichter stehen ein geringfügig niedrigerer Wechselrichter-Wirkungsgrad sowie sehr hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Umrichters gegenüber, denn dieser muss aufgrund seiner schwer zugänglichen Lage auf der Rückseite des Solarmoduls wartungsfrei über die gesamte Lebensdauer der Anlage funktionieren. 3.5.3 Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern Die Energieeinbussen aufgrund inhomogener Einstrahlungsverhältnisse verringern sich von der konventionellen Anlage über jene nach dem StringAnsatz bis hin zum modulintegrierten Wechselrichter-Ansatz fortlaufend. Je höher also der Modularisierungsgrad des Solargenerators ist, desto geringer fallen auch die Ertragseinbussen bei Teilabschattungen aus. Trotz eines Höchstmasses an Entkopplung der Module voneinander können gemäss den Ausführungen in Kapitel 3.3.2 beim modulintegrierten Wechselrichter-Ansatz überproportionale Ertragseinbussen bei Teilabschattungen nicht ausgeschlossen werden, denn das Solarmodul besteht je nach Nennleistung aus einer Serieschaltung von bis zu 180 Solarzellen. Sollen die überproportionalen Einbussen im Teilabschattungsfall eliminiert werden, so muss auf die Serieschaltung auch innerhalb des Solarmodules verzichtet werden. Genau dieses Ziel verfolgt der modulintegrierte Einzellen-Wechselrichter-Ansatz. Er stellt somit die konsequente Fortsetzung des Modularisierungsgedankens im photovoltaischen Anlagenbau dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Solarmodulen mit ihren serieschaltungsbedingten überproportionalen Einbussen verhält sich ein grossflächiges einzelliges Solarmodul im Abschattungsfall wie eine Einzelzelle. Wie die Ausführungen in Kapitel 3.2.3 zeigen, verringert sich bei einer teilabgeschatteten Einzelzelle der Energieertrag E sz genau in dem Masse wie sich die mittlere Globalstrahlungsstärke G′ über der gesamten Solarzellenfläche A sz reduziert. Dies verleiht den Photovoltaik-Anlagen mit Einzellen-Wechselrichtern ein optimales Verhalten bei Teilabschattungen des Solargenerators. Als Spezialfall eines modulintegrierten Wechselrichtersystems besitzt das Einzellen-Wechselrichtersystem natürlich dieselbe Struktur und auch dessen Hauptmerkmale. Im Vergleich zum modulintegrierten Wechselrichter- - 103 Ansatz weist das System mit Einzellen-Wechselrichtern folgende zusätzliche Stärken auf: • Das aus amorphem Silizium bestehende Einzellen-Solarmodul weist im Vergleich zu den konventionellen, meist aus kristallinen Solarzellen bestehenden Standard-Solarmodulen mit ihren unvermeidbaren Zwischenräumen zwischen den einzelnen Zellen weniger inaktive Flächenanteile. • Das Einzellen-Solarmodul besteht -wie der Name besagt- aus einer einzigen grossflächigen amorphen Dünnfilm-Solarzelle. Dadurch wird die in Kapitel 2.4.2 beschriebene monolythische Serieschaltung der Solarzellen überflüssig, was den Produktionsprozess des Solarmodules zusätzlich vereinfacht und somit dazu beiträgt, die Kosten des Gesamtsystems zu senken. All diese Stärken können aber praktisch nur dann genutzt werden, wenn es gelingt, die vom grossflächigen Einzellen-Modul gelieferte Energie mit einem guten Wirkungsgrad ins Netz einzuspeisen. Dies stellt in Anbetracht der niedrigen Ausgangspannung u pv von lediglich 1…2V dc und des hohen Stromes i pv des einzelligen Solarmodules, welcher Werte von über 100 A erreichen kann, sehr hohe Ansprüche an den Umrichter. 3.6 Stellenwert der einzelnen Anlagentypen Konventionelle Photovoltaik-Anlagen Konventionelle Photovoltaik-Anlagen, bestehend aus parallelgeschalteten Seriesträngen, beherrschen auch heute noch den Markt bei den netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen. Sie decken einen sehr weiten Leistungsbereich ab, welcher von den beliebten dachintegrierten 3kW -Anlagen bis hin zu den Grossanlagen auf dem Mont-Soleil mit 500kW oder auf dem Dach der Messe München mit einer Leistung von 1MW reicht. Anlagen nach konventioneller Bauweise werden sich in Zukunft vor allem dort durchsetzen, wo die Einstrahlungsverhältnisse einfach und leicht vorhersehbar sind und wo höhere Leistungen gefragt sein werden. In einzelnen Bereichen werden auch die Grenzen zwischen den einzelnen Konzepten fliessender. So weist etwa die 1MW -Anlage auf dem Dach der Messe München anstelle des charakteristischen zentralen Grosswechselrichters drei parallele kleinere Wechselrichter auf [50]. Die so entstehende Redundanz verringert das Ausfallrisiko und verbessert den Wirkungsgrad der Anlage im Teillastbetrieb. - 104 - - 105 - Photovoltaik-Anlagen nach dem String-Ansatz Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern In bebautem Gebiet mit seinen schwierigen und sich oft ändernden Abschattungsverhältnissen gewinnen die modularen Konzepte aufgrund ihrer geringeren Empfindlichkeit gegenüber Teilabschattungen im Vergleich zu den konventionellen Anlagen immer mehr Marktanteile. Dies verdanken sie vor allem dem Anlagenbau nach dem String-Ansatz, welcher sich in den letzten Jahren auf dem Markt etablieren konnte. Der String-Ansatz ermöglicht, im kommerziellen Anlagenbau den wichtigen Schritt von der massgefertigten Einzelanlage zum standardisierten Produkt in höheren Stückzahlen zu vollziehen. Ein zur Zeit nicht zu unterschätzender Vorteil des String-Ansatzes gegenüber den modulintegrierten Lösungen besteht darin, dass der Wechselrichter genau so wie bei den konventionellen Anlagen vor Witterungseinflüssen geschützt und frei zugänglich im Inneren des Gebäudes plaziert werden kann. Durch die Wartungsmöglichkeit kann eine hohe Verfügbarkeit der Anlage gewährleistet werden, obwohl die Zuverlässigkeit der heutigen Wechselrichter noch hinter jener der Solarmodule hinterherhinkt. Das neue Konzept mit den Einzellen-Wechselrichtern stellt die konsequente Fortsetzung der Modularisierung im Photovoltaik-Anlagenbau dar [2]. Damit werden die durch die Serieschaltung verursachten überproportionalen Ertragseinbussen bei Teilabschattungen des Solargenerators prinzipbedingt eliminiert. Im Vergleich zu den konventionellen Solarmodulen vereinfacht sich der Fertigungsprozess des grossflächigen Solarmodules noch zusätzlich. Damit lassen sich die Stärken des modulintegrierten WechselrichterAnsatzes und jene der amorphen Dünnfilm-Solarzellentechnologien miteinander verbinden. Zur Zeit befindet sich das Konzept noch in der PrototypenPhase, und es existieren demzufolge auch noch keine kommerziell käuflichen, grossflächigen einzelligen Solarmodule. Die Anforderungen an den Umrichter verschärfen sich noch im Vergleich zum modulintegrierten Ansatz mit einem Standard-Solarmodul, denn beim einzelligen Solarmodul fällt die Energie bei sehr niedrigen Spannungen und hohen Strömen an. Wie sich im Rahmen dieser Arbeit aber zeigen wird, kann die Machbarkeit eines modulintegrierten Umrichters mit einem Wirkungsgrad η tot von über 90% für die Netzanbindung des einzelligen Grossmoduls nachgewiesen werden. Photovoltaik-Anlagen mit modulintegriertem Wechselrichter Die meisten Vorteile der Modularisierung wie hohe Zuverlässigkeit durch Redundanz, hohe Kosteneinsparungen durch Standardisierung und hohe Stückzahlen, hohe Flexibilität in der Konzeption, Gestaltung und Erweiterbarkeit der Anlage sowie hohe Schattentoleranz des Systems lassen sich erst mit dem modulintegrierten Ansatz richtig ausschöpfen. Derzeit befinden sich die Photovoltaik-Anlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern für Standard-Solarmodule mehrheitlich in der Prototypen- und in der Markteinführungsphase. Vor allem die hohe Flexibilität bei der Konzeption und der Gestaltung der Anlagen und die geringen technischen Einschränkungen aufgrund der hohen Modularität werden den Architekten in Zukunft völlig neue Möglichkeiten bieten, Photovoltaik-Anlagen in ihre Neubauten zu integrieren, die auch höchsten ästhetischen Anforderungen genügen können. Voraussetzung für den Markterfolg dieses neuartigen Konzeptes bildet nicht nur ein konkurrenzfähiger Preis, sondern das Sicherstellen einer genügend hohen Zuverlässigkeit. Die modulintegrierten Umrichter müssen aufgrund ihrer unzugänglichen Lage während der gesamten Lebensdauer des Solarmoduls von 15 bis 30 Jahren wartungsfrei funktionieren. Unter Berücksichtigung der sehr schwierigen Umweltbedingungen, die beispielsweise bei einer Fassadenanlage vorherrschen, wie sehr tiefe und sehr hohe Temperaturen und vor allem die täglichen Temperaturzyklen, stellt dies sehr hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Umrichters. 3.7 Zusammenfassung Die Kennlinienform der Solarzelle, welche die Basis jedes photovoltaischen Energiesystems bildet, hängt sowohl von der verwendeten Solarzellentechnologie als auch von den vorherrschenden Umweltbedingungen ab. Dazu zählen in erster Linie die Globalstrahlungsstärke G′ und die Temperatur T . Der Leerlaufstrom i sz0 der Solarzelle nimmt direkt proportional zur Globalstrahlungsstärke G′ zu, während sich die Leerlaufspannung u sz0 der Zelle mit steigender Temperatur T verringert. Durch Parallel- und Serieschaltung vieler Einzelzellen kann die Leistung gesteigert werden. Während die Parallelschaltung von Solarzellen keine allzu grossen technischen Schwierigkeiten bereitet, können Teilabschattungen einzelner Solarzellen bei der Serieschaltung überproportionale Ertragseinbussen hervorrufen oder gar zu Ausfällen der abgeschatteten Zellen wegen thermischer Überlastung führen. Durch den Einsatz von BypassDioden können einerseits die Ausfälle weitgehend verhindert, die überproportionalen Einbussen andererseits aber nur gemildert und nicht beseitigt werden. Die Mehrzahl der konventionellen Photovoltaik-Anlagen sind aufgrund ihrer Struktur aus parallelgeschalteten Seriesträngen sehr empfindlich - 106 - - 107 - gegenüber inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen ferner, dass Abschattungen die Hauptursache für den verminderten Energieertrag mehrerer Photovoltaik-Anlagen innerhalb des “1000 Dächer”-Förderprogrammes in Deutschland darstellen [48]. 4 Systemübersicht 4.1 Einleitung Sind Teilabschattungen des Solargenerators zu erwarten, verspricht der modulare Anlagenbau bessere Energieerträge. Man unterscheidet dabei nach steigendem Modularisierungsgrad zwischen dem Anlagenbau nach dem String-Ansatz, demjenigen mit modulintegriertem Wechselrichter und dem Einzellen-Wechselrichter-Ansatz. Während sich der String-Ansatz bereits im Markt etabliert hat und der modulintegrierte Wechselrichter-Ansatz sich in der Markteinführungsphase befindet, hat der Einzellen-WechselrichterAnsatz das Prototypen-Stadium noch nicht verlassen. Forschungsbedarf besteht derzeit vor allem im Bereich des grossflächigen einzelligen Solarmoduls. Die Machbarkeit eines modulintegrierten Umrichters für das EinzellenKonzept konnte erbracht werden. Das hervorstechendste Merkmal des neuen Systems ist das einzellige Solarmodul mit folgenden Merkmalen: Als Spezialfall eines Energiesystems mit modulintegrierten Wechselrichtern verfügt der Einzellen-Ansatz auch über dessen Hauptvorteile wie hoher Standardisierungsgrad, hohe Flexibilität und Redundanz sowie hohes Kosteneinsparungspotential dank Massenfertigung in hohen Stückzahlen und geringer Engineeringbedarf beim Anlagenbau. Durch den prinzipbedingten Wegfall der überproportionalen Ertragseinbussen bei Teilabschattungen stellt der Einzellen-Ansatz ein optimal schattentolerantes Energiesystem dar [2]. Unter schwierigen Umweltbedingungen verspricht es einen höheren Energieertrag trotz des leicht geringeren Wirkungsgrades η tot des Umrichters im Vergleich zu den Grosswechselrichtern der konventionellen Photovoltaik-Anlagen. Die Modularisierung im Photovoltaik-Anlagenbau hat erst begonnen. Aufgrund ihrer vielen Vorteile wird aber der Marktanteil der modularen Energiesysteme in der Photovoltaik in Zukunft sehr stark ansteigen. • Die Serieschaltung der Zellen innerhalb des Solarmoduls entfällt, denn jedes Modul besteht aus einer einzigen grossflächigen Solarzelle. • Kontinuierliche Bandproduktion einer grossflächigen Solarzelle ist denkbar. Die amorphe Dünnfilmtechnologie würde sich dazu ausserordentlich gut eignen. • Keine Anpassungsverluste durch Teilbeschattung am Solargenerator, weil der integrierte Umrichter dafür sorgt, dass jedes Solarmodul im Punkt maximaler Leistung (MPP) betrieben wird. • Solargenerator ist gleichzeitig Bestandteil der Gebäudehülle. Dadurch muss einerseits nicht zusätzliches Land für die Energieerzeugung geopfert werden und andererseits können gleichzeitig die Kosten für die Halterungen der Solarmodule verringert werden. • Durch die Integration des Wechselrichters ins Solarmodul sind die Gleichstromkreise nicht mehr von aussen zugänglich. Dies vereinfacht den Anlagenschutz und erhöht die Sicherheit der Anlage. • Die Anlagengrösse ist beliebig skalierbar und ohne Ersatz bestehender Anlagenteile jederzeit erweiterbar. Dies erhöht die Flexibilität der Architekten und der Anlagenbauer beim Design der Anlage sowie der Bauherren bei nachträglichen Erweiterungen. • Das Solarmodul wird als anschlussfertiges Fassadenelement vertrieben. Damit kann eine Solaranlage ohne jegliches Engineering und ohne besondere Photovoltaik-Fachkenntnisse erstellt und betrieben werden. All diese Eigenschaften verleihen dem neuen Ansatz ein sehr grosses Kostensenkungspotential im Vergleich zu den konventionellen Solaranlagen, die praktisch alle Einzelanfertigungen darstellen. Dies erfordert sehr viel Engineeringaufwand und erhöht aufgrund der teuren Einzelkomponenten die Gesamtkosten des Systems. Der neue modulare Ansatz erlaubt eine rationelle Fertigung aller Komponenten in hohen Stückzahlen, was letztlich eine beträchtliche Senkung der Einzelkosten bewirkt. Weitere Vorteile des modularen Ansatzes sind das praktisch ideale Systemverhalten bei Teilabschattungen sowie die erhöhte Zuverlässigkeit aufgrund der Redundanz. - 108 - 4.2 Einzellen-Solargenerator ∼ 0.5 – 1.5m In einem zweiten Schritt werden die Ursachen und anschliessend die quantitativen Auswirkungen einer pulsierenden Leistung an der Solarzelle untersucht. Die Wahl der Umrichterstruktur hat weitreichende Folgen sowohl auf Energieausbeute als auch auf den Wirkungsgrad und auf den Preis des Gesamtsystems. Aus diesem Grunde wird die Wahl der bestgeeigneten Umrichterstruktur sehr sorgfältig in einem “Top-Down”-Modellierungsprozess vorgenommen. Das prinzipiell am besten geeignete Konzept eines einphasigen Umrichters mit zwei stetig steuerbaren Umrichterstufen lässt sich mit der von uns geforderten wartungsfreien Lebensdauer von mindestens 10 bis 15 Jahren technisch nur realisieren, wenn es gelingt, die auf der Netzseite prinzipbedingt auftretende 100Hz -Leistungspulsation ohne Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren, die unter den SCMIC-Einsatzbedingungen eine zu geringe Lebensdauer aufweisen, von der Solarzelle fernzuhalten. Aus diesem Grunde muss der Frage der kurzzeitigen Energiespeicherung bei der Topologiewahl ebenfalls Beachtung geschenkt werden. A-A ∼ 1 – 2m Grundriss Solarzelle Aufriss A-A StromSammelstreifen StromSammelschienen StromDurchführungen Umrichter ≈ 30 – 50 µm AC-Versorgungsnetzanschluss ≈3–4 mm Eine ausführliche Systembeschreibung der von uns gewählten zweistufigsteuerbaren einphasigen Umrichterstruktur rundet das Kapitel ab. Dabei wird ein allgemeingültiges Modell zur Beschreibung der Spannungs-, Strom- und Leistungsverläufe hergeleitet und anschliessend schrittweise für den uns interessierenden Fall mit konstantem Leistungsfluss auf der Erzeuger- und sinusförmigem Strom auf der Verbraucherseite verfeinert. Die mathematisch hergeleiteten Beziehungen für die pulsierende Zwischenkreisspannung und die Modulationsfunktionen der beiden Umrichterstufen beweisen einerseits die Machbarkeit des einphasigen Umrichtersystems mit einer Leistung von 200W ohne Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis und bilden andererseits die Grundlage für der Realisierung der zugehörigen Steuerung und Regelung des gesamten Umrichtersystems. Witterungsschutz Sammelstreifen + OberflächenAbdeckung 1. PN - Übergang 2. PN - Übergang Metall - Substrat Laminat Amorphe Dünnfilmzelle Metallplatte Polyäthylen Metallplatte + Kommerzielles Verbundmaterial Querschnitt Einzelliges Solarmodul Zu Beginn dieses Kapitels wird eine mögliche Realisierungsform eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls vorgestellt. Anschliessend werden die Auswirkungen eines solchen Solarmoduls auf das Gesamtsystem untersucht und die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Umrichtersystem formuliert. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Energieertragsoptimierung auf der Solarzellenseite gerichtet. - 109 - Figur 4.1: Möglicher Aufbau eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls - 110 - - 111 - In Figur 4.1 ist ein denkbarer Aufbau eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls dargestellt. Bereits heute existieren auf dem Markt Solarzellen mit zwei und drei vertikal übereinander angeordneten PN-Übergängen. Diese sogenannten Tandem- oder Trippelzellen liefern gegenüber einer Zelle mit einem einzigen PN-Übergang eine wesentlich höhere Ausgangsspannung. Da der Solarzellenstrom proportional zur Zellenfläche ist, weist ein einzelli2 ges Solarmodul von 1 bis 2m Fläche sehr niedrige Spannungen von 1 bis 2V und sehr hohe Ströme auf, die je nach Wirkungsgrad der Solarzelle bis zu 100 A und mehr erreichen können. Die Kombination aus niedriger Spannung und hohem Strom wirkt sich in mehrfacher Hinsicht auf Konzept und Systemgestaltung aus. 4.3 Die Rückseite der Solarzelle ist über eine elektrisch leitende Laminatschicht direkt mit der einen Platte des Verbundmaterials verbunden. Die Stromabgriffe auf der Frontseite müssen demzufolge durch das Verbundmaterial hindurchgeführt und mit der zweiten Metallplatte des Verbundmaterials elektrisch kontaktiert werden. Um die Verluste in den Stromzuführungen zum Umrichter möglichst gering zu halten, müssen die Ströme -wie in Figur 4.1 dargestellt- möglichst rasch von der Front- auf die Rückseite des Trägermaterials geleitet werden. Gelingt dies, kann das aus Aluminium-KunststoffAluminium bestende Verbundmaterial selbst als elektrischer Leiter genutzt werden. Dadurch können die Zuleitungsverluste minimal gehalten werden. Eine Serieschaltung der hohen Ströme ist in unserem Fall technisch nicht möglich, denn bereits geringste Spannungen von wenigen 100mV rufen aufgrund der sehr geringen Nutzspannung riesige Wirkungsgradeinbussen hervor. Letztendlich erfordern somit die hohen Ströme und die geringe Nutzspannung am Solarmodul aus Verdrahtungs-, Kontaktierungs- und Verlustüberlegungen zwingend die Modulintegration des Umrichters. Diese Forderungen wirken sich direkt auf die Struktur und auf die Betriebsweise des Systems aus. Vor allem die Forderung nach dauerndem Betrieb der Solarzelle in ihrem MPP stellt hohe Anforderungen an den Umrichter als Gesamtsystem und soll daher anschliessend noch genauer dargelegt werden. Auf der Seite des Solarmoduls stellen die Stromabführung auf der Frontseite der Solarzelle und die Stromdurchführungen auf die Pluspol-Metallplatte des Verbundmaterials die grosse Herausforderung dar. All die Vorteile, die ein solches sehr einfach als Bandfabrikat zu fertigendes einzelliges Solarmodul bietet, lassen sich nur ausschöpfen, wenn es gelingt, die bei 1 bis 2V und Strömen von über 100 A anfallende Energie effizient ins Netz einzuspeisen. Die technische Herausforderung, einen speziell an die besonderen Anforderungen des einzelligen modulintegrierten Umrichtersystems angepassten einfachen und preisgünstigen Umrichter mit möglichst gutem Wirkungsgrad zu entwickeln, ist Gegenstand dieser Arbeit. Systemanforderungen Das Umrichtersystem soll einen möglichst grossen Energieertrag der gesamten Photovoltaik-Anlage sicherstellen. Um dies zu erreichen, ist ein sehr guter Energie-Umwandlungs-Wirkungsgrad unerlässlich. Dies allein reicht aber noch nicht aus, denn der beste Umrichterwirkungsgrad nützt nicht viel, wenn die Solarzelle nicht in ihrem “Maximum Power Point” (MPP) betrieben wird. In bezug auf sein Klemmenverhalten lassen sich somit folgende Forderungen an das Umrichtersystem formulieren: • Konstanter MPP-Betrieb auf der Eingangsseite • Sinusförmiger Strom mit cos ( ϕ ) = 1 auf der Ausgangsseite 4.3.1 Ertragseinbussen durch Leistungspulsationen Wie hoch ist die Energieeinbusse, wenn am Solarmodul der Strom und damit verknüpft die Leistung pulsiert? Die Leistungspulsation am Solargenerator kann einerseits durch die Umrichterstruktur und andererseits aus regelungstechnischen Gründen auftreten. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, quantitative Aussagen zu den zu erwartenden Einbussen zu treffen. Leistungspulsationen als Verursacher von Energieeinbussen Um den Energieertrag einer Solarzelle oder eines Solarmoduls, nachfolgend vereinfachend Erzeuger genannt, zu maximieren, muss gewährleistet sein, dass das nachfolgende Umrichtersystem den Erzeuger stets im MPP E betreibt. Für die nachfolgenden Untersuchungen sollen die im Sekundenbereich erfolgenden “langsamen” Änderungen des MPP E durch die Strahlungsstärke G′ und die Temperatur T sz gegenüber den schnellen Arbeitspunktauslenkungen, die durch das nachgeschaltete Umrichtersystem verursacht werden, vernachlässigt werden. Der MPP E bleibt durch diese Annahme über den Betrachtungszeitraum T nach Gleichung (4.1) konstant: u E, MPP = U E, MPP i E, MPP = I E, MPP p E, MPP = P E, MPP (4.1) - 112 - - 113 - Jeder pulsierende Erzeuger-Leistungsverlauf p E führt, wie aus Figur 4.2 ersichtlich, zu Arbeitspunkt-Bewegungen auf der up -Leistungskennlinie. Die pulsierende Leistung p E erreicht höchstens zu einzelnen Zeitpunkten die maximal mögliche Leistung P E, MPP und liegt sonst immer darunter. Folglich resultiert bei Leistungspulsation eine mittlere Erzeuger-Leistung P E , die unter der MPP E -Leistung P E, MPP liegt. Um den Energieertrag zu maximieren, muss daher eine erzeugerseitige Leistungspulsation so gering wie möglich gehalten werden. dem MPP E am Erzeuger gibt es im wesentlichen drei Gründe für eine pulsierende Leistung p E am Erzeuger: • das “Maximum Power Point Tracking” • Schaltungsoberschwingungen des Umrichters • Unvollständig unterdrückte Netzleistungspulsationen Diese drei Gründe weisen also unterschiedliche Ursachen auf, ihre Wirkung ist aber immer dieselbe: eine Minderung des Energieertrages. iE Umrichtersystem “Maximum Power Point Tracking”-bedingte Leistungspulsationen pE uE pE pE P E, MPP t uE Figur 4.2: Pulsierender Leistungsverlauf p E bei konstanter ui -Solarkennlinie Jeder “Maximum Power Tracking”-Algorithmus, der aktiv auf der Kennlinie den MPP-Punkt sucht, erzeugt im Endeffekt eine Arbeitspunktvariation um den MPP herum. Je nach Verfahren kann dies sporadisch wenige Male pro Minute mit grossen Auslenkungen oder auch kontinuierlich mit geringen Arbeitspunktauslenkungen erfolgen. In beiden Fällen resultiert über die Zeit betrachtet eine ertragsmindernde Leistungspulsation. Ein guter TrackingAlgorithmus versucht die durch ihn verursachte Leistungspulsation auf der Erzeugerseite möglichst gering zu halten. Durch Schaltungsoberschwingungen verursachte Leistungspulsationen Die erzeugerseitige Energieertragseinbusse E Ee soll nach Gleichung (4.2) angesetzt werden. Die Gleichung gilt allgemein sowohl für zeitlich ändernde MPP E -Punkte wie auch für beliebige pulsierenden Erzeuger-Leistungsverläufe p E . Ist nun der MPP E über den Betrachtungszeitraum T konstant und der Verlauf der pulsierenden Leistung p E bezüglich T periodisch, vereinfacht sich (4.2) zur Gleichung (4.3). ∫ pE ⋅ dt T E Ee = 1 – -------------------------------p E, MPP ⋅ dt ∫ (4.2) T Der grosse Vorteil von leistungselektronischen Systemen besteht darin, dass sie durch ihren Schaltbetrieb -abgesehen von einigen Nichtidealitäten- nahezu verlustlos Energie umformen können. Ihr Prinzip beruht dabei darauf, dass nie an einem Leistungshalbleiter gleichzeitig Spannung und Strom anliegt und somit das Produkt dieser beiden Grössen zu jedem Zeitpunkt näherungsweise Null ist. Die Kehrseite des Schaltbetriebes besteht darin, dass dadurch prinzipbedingt Spannungs- und Stromoberschwingungen entstehen. In der Praxis macht dies in den allermeisten Fällen den Einsatz von Filtern unerlässlich. In unserem Fall führen unvollständig unterdrückte Spannungs- und Stromoberschwingungen auf der Erzeugerseite zu Energieertragseinbussen. Unvollständig unterdrückte Netzleistungspulsationen 1 --- p E ⋅ dt T T = 1 – ----------------------P E, MPP ∫ E Ee (4.3) Bei stationären Einstrahlungsverhältnissen und demzufolge gleichbleiben- In diesem Zusammenhang muss man prinzipbedingt zwischen den Systemen mit einphasiger und solchen mit dreiphasiger Netzanbindung unterscheiden: • Einphasige Netzanbindung Alle einphasigen Umrichtertopologien erzeugen am Netzanschlusspunkt eine mit der doppelten Netzfrequenz pulsierende Leistung. Gelingt es dem Umrichter aufgrund seiner Struktur und/oder seiner - 114 - - 115 - Regelung nicht, die am Netzanschlusspunkt entstehende Leistungspulsation von der Erzeugerseite vollständig fernzuhalten, verursacht diese eine Energieertragseinbusse E Ee . • Dreiphasige Netzanbindung Bei symmetrischen Verhältnissen weisen dreiphasige Systeme einen konstanten Leistungsfluss auf der Netzseite auf. Dies ermöglicht, die zu installierenden Filter bei gleicher Leistung gegenüber dem einphasigen Fall stark zu verkleinern. Bei Unsymmetrien in den Netzanschlussspannungen treten aber dadurch bei symmetrischer Stromeinspeisung auch bei dreiphasigen Systemen Leistungspulsationen mit der doppelten Netzfrequenz auf. Gelangen diese wiederum ungehindert auf die Erzeugerseite, so führen auch sie zu Energieertragseinbussen E Ee . Geht man von der maximal zulässigen Netzspannungs-Unsymmetrie gemäss EN50160-Norm [67] aus, so treten bei Nennleistung und symmetrischen Netzströmen immerhin Leistungspulsationen mit der doppelten Netzfrequenz von bis zu 6% der Nennleistung auf. Quantitative Abschätzung der Ertragseinbussen Figur 4.3 zeigt das zur quantitativen Beurteilung der Energieeinbussen E Ee verwendete Modell. Die meisten käuflichen Solarumrichter benötigen auf ihrer Eingangsseite eine Spannungsquellen-Charakteristik. Die Modellierung trägt diesem Umstand durch den Einsatz einer Filter-Kapazität C E als Energiezwischenspeicher Rechnung. Der Umrichter als Verbraucher wird durch eine Laststromquelle modelliert. Der Laststrom i L setzt sich dabei aus einer DC und einer AC -Komponente zusammen. pE uE pL iL 1 CE Î Lac, n I Ldc, n t Figur 4.3: Modell zur quantitativen Beurteilung der Energieertragseinbusse Im Falle, dass der Stromrippel von einer unvollständig unterdrückten Pulsation der Netzleistung herrührt, kann dies wie folgt mathematisch beschrieben werden: i L = I Ldc + i Lac mit i Lac = Î Lac ⋅ sin ( 2ω b ⋅ t ) Für die numerische Simulation werden die Last-Stromamplitude Î Lac , die Filterkapazität C E und die ui -Kennlinie der Solarmoduls vorgegeben. Die Matlab-Simulink-Simulation optimiert nun in einem ersten Schritt den LastGleichstromanteil I Ldc derart, dass der Mittelwert der vom Solarmodul gelieferten Erzeuger-Leistung p E maximal wird. Setzt man anschliessend diesen Mittelwert ins Verhältnis zur MPP E -Leistung P E, MPP , kann die Energieertragseinbusse E Ee leicht ermittelt werden. Um die Ergebnisse besser darstellen zu können, werden die einzelnen Grössen normiert. Die Bezugs-Impedanz Z E, b ist nach (4.5) als Verhältnis aus den Bezugsgrössen Leerlaufspannung U E0, b und Kurzschlussstrom I E0, b definiert. Daraus lässt sich nun die Bezugs-Filter-Kapazität C E, b berechnen. U E0, b 1 Z E, b = --------------- = ----------------------I E0, b ω b ⋅ C E, b und I E0, b 1 C E, b = --------------- ⋅ -----U E0, b ω b (4.4) (4.5) Nun wird auch noch die Filterkapazität C E selbst normiert. Dies erfolgt nach Gleichung (4.6): CE C E, n = -----------C E, b i L, n iE Dabei stellt ω b = 2π ⋅ f b die Netzkreisfrequenz und f b = 50Hz die Netzfrequenz dar. Die AC -Komponente i Lac im Laststrom bewirkt eine Leistungspulsation p L auf der Eingangsseite des Umrichters. Je nach Grösse der Filter-Kapazität C E gelangt ein mehr oder weniger grosser Anteil der Wechselleistung p Lac direkt auf die Erzeugerseite und verursacht dort eine pulsierende Erzeugerleistung p Eac . Der Mittelwert der erzeugerseitigen Leistung p E und der Mittelwert der lastseitigen Leistung p L stimmen stationär bei verlustlos angenommener Kapazität C E überein. (4.6) Figur 4.4 zeigt die Energieertragseinbusse E Ee in Abhängigkeit der FilterKapazität C E, n , des Laststrom-Wechselanteils Î Lac, n und des Füllfaktors FF E der ui -Solarkennlinie. Um die Kurvenscharen für verschiedene Füllfaktoren FF E miteinander vergleichen zu können, wird die Last-Stromamplitude Î Lac, n auf den zum Füllfaktor FF E dazugehörigen BezugsMPP E -Strom I E, MPP nach Gleichung (4.7) ebenfalls normiert: Î Lac Î Lac, n = ---------------------I E, MPP, b mit I E, MPP, b = I E, MPP (4.7) - 116 - - 117 - Die Matlab-Simulink-Simulation trägt diesem Umstand Rechnung und setzt für die tatsächlich verwendete Last-Stromamplitude Î Lac die normierte Last-Stromamplitude Î Lac, n multipliziert mit dem Bezugs- MPP E -Strom I E, MPP, b des entsprechenden Füllfaktors FF E ein. rem Anwendungsfall auf normierte Kapazitätswerte C E, n von maximal 1 bis 2 beschränkt, so dass wir kaum in den Genuss der Dämpfung des Tiefpassfilters kommen. Mit anderen Worten gesagt, bedeutet dies gemäss Figur 4.4 nichts anderes, als dass nur Schaltungen mit sehr geringen Stromoberschwingungen auf ihrer Eingangsseite für uns in Frage kommen. Die Figur 4.4 zeigt uns aber auch, dass der relativ geringe Füllfaktor FF E unserer amorphen Dünnfilm-Solarzelle entgegenkommt, denn bei gleichbleibender Filterkapazität C E, n und Last-Stromamplitude Î Lac, n führt ein hoher Wert des Füllfaktors FF E gegenüber einem niedrigen Wert zu grösseren Energieertragseinbussen E Ee . Die Ergebnisse von Figur 4.4 zeigen, dass sich Anstrengungen zur Reduktion der Oberschwingungen auf der Erzeugerseite sehr stark auszahlen. So bewirkt beispielsweise eine Verringerung der Schwankungsamplitude Î Lac, n des Laststromes um den Faktor 10 eine Reduktion der Energieertragseinbusse E Ee um beinahe einen Faktor 100. Weitere Details sind in [1], Kapitel 3.6, nachzulesen. 0 10 ILac,n=1.0 −1 Energieertragseinbusse EEe 10 −2 10 0.1 −3 4.4 10 −4 10 0.01 −5 10 −6 10 −1 10 0 1 10 10 2 10 Filterkapazität: CE,n Figur 4.4: Energieertragseinbusse E Ee in Funktion der Filterkapazität C E, n und des Erzeuger-Füllfaktors FF E : FF E = 0.5 FF E = 0.6 FF E = 0.7 FF E = 0.8 Die Ergebnisse zeigen die zu erwartende Tiefpass-Filterwirkung der Eingangskapazität C E, n deutlich auf. Die Energieertragseinbusse E Ee fällt dabei umso geringer aus, je grösser die Filterkapazität C E, n gewählt wird. Allerdings wirkt die Filterkapazität C E, n erst ab genügend grossen Kapazitätswerten nachhaltig. Wie sich in Kapitel 6 weisen wird, sind wir in unse- Umrichterstruktur In diesem Kapitel stellt sich in einer ersten Phase die Frage nach dem Aufbau und der Funktionsweise des Leistungsteils unseres gesamten Umrichtersystems. Ausgangslage bildet dabei einerseits die Forderung nach möglichst permanentem Betrieb des Erzeugers in seinem Punkt maximaler Leistung (MPP) und andererseits der gewünschte sinusförmige Netzstrom auf der Ausgangsseite. Im Sinne einer Top-Down-Vorgehensweise geht es darum, zuerst abzuklären, welche Umrichteranordnungen für unseren Anwendungsfall prinzipiell in Frage kommen. Dazu gehören auch die Fragen, ob sich eine ein- oder eine dreiphasige Netzanbindung besser eignet oder wieviele Umrichterstufen mit welchen Eigenschaften zur Lösung der gestellten Anforderungen mindestens erforderlich sind. Der systematische Vergleich der verschiedenen in Frage kommenden Umrichterkonzepte bildet die Grundlage für die Wahl der für unseren Anwendungsfall am besten geeigneten Umrichterstruktur. 4.4.1 Prinzipiell in Frage kommende Umrichterkonzepte Für die nachfolgenden Betrachtungen sind nur die Systemeigenschaften der einzelnen Umrichterstufen von Interesse. Aus diesem Grunde reicht bereits die Modellierung der einzelnen Umrichterstufen als reine Impedanzwandler aus, denn dies erlaubt die Umrichter systemtechnisch zu beschreiben, ohne sich dabei mit schaltungstechnischen Details auseinandersetzen zu müssen. - 118 - - 119 - Modell eines einphasigen Umrichters Für die folgende Betrachtung wird ein einzelner einphasiger Umrichter als kontinuierlicher, leistungserhaltender Impedanzwandler gemäss Figur 4.5 betrachtet. Die Modulationsfunktion m bestimmt zu jedem Zeitpunkt die Impedanzwandlung zwischen den Ein- und den Ausgangsgrössen. 1 Eingang i1 p1 Ausgang m u1 p2 i2 u2 m t –1 1 m t –1 1 Gleichspannungswechselrichter DC/DC Steller mit fixem Übersetzungsverhältnis m –1 DC/DC Steller t mit variablem Übersetzungsverhältnis Figur 4.5: Einphasiger, kontinuierlicher und leistungsinvarianter Impedanzwandler Die Ausgangsspannung u 2 erhält man nach Gleichung (4.8) durch Multiplikation der Eingangsspannung u 1 mit der betragsbegrenzten Modulationsfunktion m . Dadurch wird die Ausgangsspannung u 2 in ihrem Betrag immer kleiner oder gleich dem Betrag der Eingangsspannung u 1 . u2 = m ⋅ u1 i1 = m ⋅ i2 mit –1 ≤ m ≤ 1 (4.8) (4.9) Die Eingangsleistung p 1 = u 1 ⋅ i 1 und die Ausgangsleistung p 2 = u 2 ⋅ i 2 stimmen gemäss den Gleichungen (4.8) und (4.9) zu jedem Zeitpunkt überein. Dies gilt unter der Annahme, dass der Umrichter verlustlos arbeitet und auch kurzzeitig keine Energie zwischenspeichert. Der Zusammenhang zwischen Eingangsstrom i 1 und Ausgangsstrom i 2 und der Modulationsfunktion m ist dann umgekehrt proportional zu jenem zwischen Eingangsspannung u 1 und Ausgangsspannung u 2 . Da der Leistungsfluss in beide Richtungen möglich ist, richtet sich der Begriff “Eingang” und “Ausgang” nicht an die Richtung des Leistungsflusses. u1 u2 2 ----- = ----- ⋅ m i1 i2 (4.10) Gleichung (4.10) gibt die Impedanz am Ausgang u 2 ⁄ i 2 des Wandlers als Funktion der Impedanz u 1 ⁄ i 1 an dessen Eingang und seiner Modulationsfunktion m an. Wie in Figur 4.5 anhand der drei Klassen von Modulationsfunktionen m leicht zu erkennen ist, entscheidet allein die Modulationsfunktion m über die Funktionalität der verschiedenen einphasigen Umrichter: • Betreibt man den Umrichter als Gleichspannungswechselrichter an der Netzspannung u 2 = u N , weist die Modulationsfunktion m beide Vorzeichen auf und ist bei konstanter Umrichter-Eingangsspannung u 1 sinusförmig. Dazu muss die Eingangsspannung u 1 mindestens so gross wie die Netz-Phasenspannungsamplitude û N sein. • Soll die Umrichter-Ausgangsspannung u 2 um ein fixes Verhältnis herabgesetzt werden, erreicht man dies mit einer konstanten Modulationsfunktion m und gelangt so zu einem Tiefsetzsteller mit fixem Übersetzungsverhältnis. Vertauscht man die Ausgangs- und Eingangsseite, wird aus einem Tiefsetz- ein Hochsetzsteller. Den sogenannten Inverswandler erhält man durch Steuerung des Umrichters mit einer Modulationsfunktion mit negativem Vorzeichen. • Besitzt ein Umrichter die Möglichkeit, das Tastverhältnis im laufenden Betrieb zu verändern, so äussert sich dies durch eine variable Modulationsfunktion m . Sowohl der Tiefsetz- als auch der Hochsetzsteller und der Inverswandler können, wenn es ihre Steuerung erlaubt, grundsätzlich auch mit einer variablen Modulationsfunktion betrieben werden. Ist eine Umrichterschaltung intern über einen Hochfrequenz-Transformator mit einem durch das Verhältnis seiner Windungszahlen gegebenen Übersetzungsverhältnis realisiert, kann dieser Sachverhalt durch die Serieschaltung eines zweiten Umrichtermodells mit konstanter Modulationsfunktion in Tiefsetz oder Hochsetzteller-Konfiguration erfolgen. Damit lassen sich auch Sperr- und Durchflusswandler problemlos modellieren. Modell des dreiphasigen Umrichters Analog zum einphasigen Modell kann auch das in Figur 4.6 gezeigte dreiphasige Modell hergeleitet werden. Die Zwischenkreisspannung u 1 , welche die Eingangsspannung des dreiphasigen Umrichters darstellt, wird in zwei identische Teilspannungen u 1 ⁄ 2 unterteilt. Die Impedanzwandlung erfolgt durch die Vorgabe der drei Modulationsfunktionen m a , m b und m c . Der - 120 - - 121 - Ausgang des Umrichters ist in Stern geschaltet. Die Nullpunktspannung u 0 bezeichnet den stromlosen Spannungsabfall zwischen dem Sternpunkt und dem Mittelpunkt der Zwischenkreisspannung u 1 . gangsströme i 2a, b, c aufgrund der Knotenregel im Sternpunkt ebenfalls Null ergibt, gelangt man zur Gleichung (4.12), die den Zusammenhang zwischen dem Eingangsstrom i 1 und den Ausgangsströmen i 2a, b, c beschreibt. Hier zeigt sich der grosse Unterschied gegenüber dem einphasigen Umrichter. Während beim einphasigen Umrichter die Modulationsfunktion m zusammen mit den Eingangsgrössen u 1 , i 1 sowohl Spannungs- und Stromverläufe am Ausgang u 2 , i 2 eindeutig definieren, weicht diese eindeutige Zuordnung beim dreiphasigen Umrichter einer Summe aus den Ausgangsströmen i 2a, b, c gewichtet mit ihren Modulationsfunktionen m a, b, c . Eingang Ausgang p 2a i1 u ----12 u1 ----2 p1 ma mb mc u 2a i 2a u Na i 2b u Nb i 2c u Nc p 2b u 2b p 2c u 2c u0 Figur 4.6: Dreiphasiger, kontinuierlicher und leistungsinvarianter Impedanzwandler als Modell des dreiphasigen Umrichters Die Ansatzgleichungen (4.11) für die Ausgangsspannungen u 2a, b, c sind analog zur einphasigen Modellierung angesetzt. Eine einzelne Ausgangsspannung u 2a, b, c ergibt sich aus der Multiplikation der halben Eingangsspannung u 1 ⁄ 2 mit der entsprechend betragsbegrenzten Modulationsfunktion m a, b, c . Werden rein sinusförmige Modulationsfunktionen m a, b, c verwendet, muss die Eingangsspannung u 1 mindestens die doppelte Netz-Phasenspannungsamplitude û N aufweisen. Der Faktor 2 kann maximal auf den Wert 3 = 1.73 reduziert werden, wenn allen drei Modulationsfunktionen m a, b, c noch geeignete gleichphasige Anteile überlagert werden. Im einfachsten Fall erfolgt dies durch Überlagerung einer dritten Harmonischen, die bei offenem Sternpunkt stromlos über u 0 abfällt. Gültigkeitsbereich der beiden Modelle Das besprochene kontinuierliche und leistungsinvariante Modell ist sowohl für den ein- wie auch den dreiphasigen Umrichter unter den folgenden zwei Gesichtspunkten zulässig: • Die Taktfrequenz des Umrichters liegt ein Mehrfaches über der höchsten zu betrachtenden Frequenzkomponente der Eingangsleistung p 1 . u 2a = m a ⋅ u 1 ⁄ 2 u 2b = m b ⋅ u 1 ⁄ 2 mit – 1 ≤ m a, b, c ≤ 1 u 2c = m c ⋅ u 1 ⁄ 2 (4.11) i 1 = m a ⋅ i 2a + m b ⋅ i 2b + m c ⋅ i 2c (4.12) 1 1 u 0 = --- ⋅ u 1 ⁄ 2 ⋅ ( m a + m b + m c ) – --- ⋅ ( u Na + u Nb + u Nc ) 3 3 (4.13) • Die Verluste des Umrichters sind so gering, dass sich die Leistungen an seinem Ein- und an seinem Ausgang nicht nennenswert unterscheiden, dann gilt also p 1 = p 2 . Die Nullpunktspannung u 0 ergibt sich nach (4.13) aus der Summe der Modulationsfunktionen m a, b, c und der Summe der drei Netz-Phasenspannungen u Na, b, c . Für symmetrische sinusförmige Verhältnisse am Netz stellen sowohl die Netz-Phasenspannungen u Na, b, c als auch die Modulationsfunktionen m a, b, c drei um 120° versetzte Sinuskurven dar. In diesem Fall wird die Nullpunktspannung u 0 zu Null. Berücksichtigt man die Leistungsinvarianz des Umrichters und die Eigenschaft, dass die Summe der drei Aus- Die erste Bedingung ist zwingend, um ein für langsame Vorgänge verzögerungsfreies Verhalten des Umrichters zu gewährleisten. Sind die Umrichterverluste nicht mehr vernachlässigbar, muss die Eingangs- oder die Ausgangsleistung mit einem dem mittleren Wirkungsgrad η entsprechenden Faktor korrigiert werden. Die Richtung des Leistungsflusses bestimmt dann ob die Eingangs- oder die Ausgangsleistung des Umrichters um den Wirkungsgrad η korrigiert werden muss. Bei Umkehr der Energierichtung ändert sich demzufolge auch die Zuordnung des Faktors. Damit sind die parasitären Kapazitäten und Induktivitäten im Innern des Umrichters als Energiespeicher für die zu betrachtenden langsameren Vorgänge vernachlässigbar klein, und die geschalteten Grössen dürfen über ihre Kurzzeitmittelwerte als kontinuierliche Verläufe betrachtet werden. - 122 Weitere Randbedingungen des Systems Darunter fallen insbesondere die aufgrund der Quellencharakteristik erforderlichen Strom- und Spannungsbereiche sowie die Art und Weise der kurzzeitigen Energiespeicherung innerhalb des Gesamtsystems. • Spannungs- und Strombereich Grundlage dafür bilden die in Kapitel 3 hergeleitete Beschreibung des elektrischen Verhaltens des Solargenerators in Abhängigkeit seiner wichtigsten Betriebsparameter wie Strahlungsstärke G′ und Temperatur T . Setzt man die bei tiefster Umgebungstemperatur auftretende Leerlaufspannung ins Verhältnis zu der bei höchster Umgebungstemperatur resultierenden MPP -Spannung, ergibt sich ein sehr weiter relativer Eingangsspannungsbereich u pv des Umrichters von 100 bis 160%. Mit anderen Worten gesagt, bedeutet dies, dass der Umrichter spannungsmässig um mindestens 60% gegenüber der für Netzeinspeisung minimal erforderlichen Eingangsspannung überdimensioniert werden muss, um die Solarzelle unter allen Betriebsbedingungen in ihrem MPP betreiben zu können. Strommässig muss der Umrichter am Eingang so ausgelegt sein, dass er den Strom kontinuierlich verstellen kann von 0 bis 100% seines Kurzschlussstromes i sz0 bei der tiefsten auftretenden Umgebungstemperatur. • Kurzzeitige Energiespeicherung Bei einphasigen netzgekoppelten Photovoltaikanlagen mit sinusförmigen Spannungs- und Stromverläufen am Netzanschlusspunkt entstehen prinzipbedingt pulsierende Leistungen mit doppelter Netzfrequenz. Im dreiphasigen Fall treten Leistungspulsationen nur bei Netzunsymmetrien auf. In allen Fällen pulsiert aber die momentane Leistung einer Phase zwischen 0…200% ihres Mittelwertes. Jede Leistungspulsation auf der Erzeugerseite führt aber gemäss den Ausführungen von Kapitel 4.3.1 zu Energieertragseinbussen E Ee . Der Erzeuger muss für eine maximale Energieausbeute zwingend mit konstanter Leistung betrieben werden. Der Einsatz eines Energiespeichers im System kann den pulsierenden Leistungsanteil kurzzeitig zwischenspeichern und so eine Entkopplung zwischen dem Erzeuger und dem Netz sicherstellen. Die Energiespeicherung kann mittels einer Kapazität oder einer Induktivität erfolgen. Als Energiezwischenspeicher sind Kondensatoren auf Grund ihres deutlich tieferen Preises pro Energie-Inhalt, ihres geringeren Gewichtes und ihres kleineren Volumens eindeutig gegenüber den Induktivitäten vorzuziehen. Aus denselben Gründen verbietet sich auch - 123 der Einsatz eines 50Hz -Transformators am Netzanschlusspunkt. Wir legen aufgrund all dieser Argumente fest, dass die kurzzeitige Energiespeicherung innerhalb des Umrichters im Rahmen dieser Arbeit in einem Kondensator erfolgen soll. Auf den Einsatz eines schweren und klotzigen 50Hz -Transformators soll ebenfalls verzichtet werden. Ist eine Potentialtrennung erforderlich, kann diese sehr viel eleganter mit einem kleinen Hochfrequenztransformator sichergestellt werden. Aufgrund dieser Randbedingungen sind wir nun in der Lage, die prinzipiell in Frage kommenden Umrichter-Anordnungen zur Einspeisung der von der einzelligen modulintegrierten Photovoltaik-Anlage gelieferten Energie ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz anzugeben. In Tabelle 4.1 sind die denkbaren Umrichter-Grundstrukturen ohne 50Hz -Netztransformator und mit einem Kondensator als Energiespeicher aufgeführt. Klasse einphasig dreiphasig Einstufig steuerbar Zweistufig halbsteuerbar Zweistufig steuerbar Tabelle 4.1: Übersicht der möglichen Umrichter-Anordnungen ohne 50Hz Netztransformator und mit einer Kapazität als Energiespeicher Die in Tabelle 4.1 gezeigten einzelnen Umrichterstufen sollen gemäss den in Kapitel 4.4.1 hergeleiteten Modellen als kontinuierliche, leistungsinvariante und über ihre Modulationsfunktionen gesteuerte Impedanzwandler betrachtet werden. Der Netzanschluss kann dabei wie gesehen entweder ein- oder - 124 - - 125 - dreiphasig erfolgen. Steuerbar bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt die Modulationsfunktionen m der beiden Umrichter über ihre Regelung und/oder ihren Modulator verändert werden können. Halbsteuerbar im zweistufigen Konzept bedeutet, dass der erzeugerseitige Umrichter mit einer fest vorgegebenen konstanten Modulationsfunktion m , während der netzseitige mit variablen Modulationsfunktionen betrieben wird. phasigen Anteilen auf die Modulationsfunktionen m a, b, c beziehungsweise 2 ⋅ 2 ⋅ 230 = 650V ohne Injektion gleichphasiger Komponenten. Beim dreiphasigen Umrichter erweist sich vor allem die im Vergleich zur einphasigen Ausführung um den Faktor 1.73 bis 2 höhere Eingangsspannung als grosser Nachteil, denn sie führt zu deutlich höheren Schaltverlusten und somit zu einem geringeren Umrichter-Wirkungsgrad. Hinzu kommen noch die deutlich höheren Umrichterkosten der dreiphasigen Ausführung aufgrund des höheren Aufwandes an Halbleitern, Ansteuerungen, Modulatoren, Regelkreisen und Entkopplungsinduktivitäten. Aus all diesen Gründen ist ein einphasiger Netzanschluss einem dreiphasigen Anschluss bei UmrichterBauleistungen unter 1kW vorzuziehen. Vergleich zwischen einphasigem und dreiphasigem Netzanschluss Charakteristisches Kennzeichen des einphasigen Netzanschlusses ist die zwischen 0 und 200% des Leistungsmittelwertes pulsierende Leistung der netzseiten Umrichterstufe. Ein Energiespeicher, der einen Pulsationsanteil von 100% der Nennleistung aufnehmen kann, ist bei einphasiger Netzanbindung prinzipbedingt erforderlich. Die minimale Eingangsspannung des netzseitigen Gleichspannungswechselrichters beträgt 2 ⋅ 230 = 325V . Erfolgt die Netzanbindung hingegen dreiphasig, addieren sich bei idealen symmetrischen Verhältnissen die drei pulsierenden Phasenleistungen zu einer konstanten Leistung. Dies würde den Einsatz eines Energiespeichers überflüssig machen. Generell können aber, wie in Kapitel 4.3.1 ausgeführt, bei Netzunsymmetrien pulsierende Leistungsanteile entstehen. Nach aktuell gültiger Netznorm [67] dürfen in Europa die SpannungsUnsymmetrien nur so hoch sein, dass die aus der Summe aller drei Netz-Phasenleistungen resultierende Leistungspulsation mit doppelter Netzfrequenz einen Maximalwert von 6% der Nennleistung nicht übersteigt. Gelangt aber eine derartige Leistungspulsation ungehindert an den Solargenerator, sind Energieeinbussen E Ee von ungefähr 3% zu erwarten, was aus Ertragsüberlegungen nicht mehr toleriert werden kann. Es wäre denkbar, die Steuerung und Regelung des netzseitigen dreiphasigen Umrichters so zu modifizieren, dass die Summe der drei pulsierenden Phasenleistungen stets konstant bleibt. Dies stellt aber einerseits hohe Anforderungen an die Netzspannungserfassung, um Leistungsschwankungen im Prozentbereich erfassen und anschliessend ausregeln zu können, und erfordert andererseits Modulationsverfahren, die unsymmetrische Ströme in den einzelnen Phasen zulassen. Aus Kostengründen empfiehlt es sich daher, auch bei dreiphasigem Netzanschluss den sehr viel einfacheren Umrichter mit symmetrischer Stromeinspeisung zusammen mit einem kleinen Energiespeicher einzusetzen, der eine allfällige Leistungspulsation im Prozentbereich aufnehmen kann. Die Eingangsspannung des netzseitigen Gleichspannungswechselrichters beträgt minimal 3 ⋅ 2 ⋅ 230 = 564V bei Injektion von geeigneten gleich- Für unser einzelliges modulintegriertes Umrichtersystem mit einer Nennleistung von 200W sollte daher aus Wirkungsgrad- und Kostenüberlegungen unbedingt eine einphasige Netzanbindung angestrebt werden. Einstufig steuerbarer Ansatz Der einstufige Ansatz setzt eine genügend hohe Erzeugerspannung voraus. Im Falle eines einphasigen Netzanschlusses beträgt die minimal erforderliche MPP -Spannung 325V und bei dreiphasiger Netzanbindung je nach verwendetem Steuerverfahren zwischen 564 und 650V . Aufgrund unseres einzelligen Niederspannungs-Solarmoduls fällt diese Struktur in unserem Anwendungsfall ausser Betracht. Zweistufig halbsteuerbarer Ansatz Der Ansatz ermöglicht gegenüber dem einstufigen Fall, mit einer tieferen Erzeugerspannung zu operieren, da der erste Umrichter als Hochsetzstufe ausgelegt werden kann. Bei Umrichtern ohne Potentialtrennung stellt dabei das technisch minimal einstellbare Tastverhältnis der Leistungshalbleiter und damit in unserem Modell der minimal zulässige Modulationsgrad m in den meisten Fällen die begrenzende Grösse dar. Wird erzeugerseitig eine Umrichterstruktur mit Hochfrequenz-Transformator eingesetzt, so fällt diese Beschränkung wegen des zusätzlichen Freiheitsgrades durch das Übersetzungsverhältnis des Transformators praktisch weg. In diesem Falle lassen sich grosse bis sehr grosse Spannungsübersetzungsverhältnisse zwischen Ein- und Ausgang technisch realisieren. Durch die konstante Modulationsfunktion des erzeugerseitigen Umrichters ist die Zwischenkreisspannung stets ein proportionales Abbild der Erzeugerspannung. Das hohe Verhältnis zwischen der maximalen Erzeuger-Leerlaufspannung zu der minimalen Erzeuger MPP -Spannung von 160% zwingt - 126 - - 127 - uns daher, die netzseitige Umrichterstufe spannungsmässig kräftig überzudimensionieren: Einphasig führt dies im Zwischenkreis zu Maximalspannungen von 553V und dreiphasig gar zu Spitzenwerten von 1.1kV ! Mit Spannungen im kV -Bereich fällt der zweistufig halbgesteuerte dreiphasige Ansatz für unseren Anwendungsfall ebenfalls ausser Betracht. Der grosse Vorteil der zweistufig steuerbaren Anordnung liegt also in der vollständigen Entkopplung der Erzeuger- von der Lastseite. In unserem Fall ist diese Anordnung aufgrund ihrer tiefen minimal zulässigen Erzeugerspannung und -leistung prinzipiell geeignet. Um die Frage beurteilen zu können, ob sich in unserem Anwendungsfall eine einphasige oder eine dreiphasige Netzanbindung besser eignet, müssen wir uns anschliessend noch mit der technischen Realisierung der Energiezwischenspeicherung vertieft auseinandersetzen. Beim einphasigen Fall stellt die Leistungspulsation ein grosses Problem dar, denn die Erzeugerspannung muss wiederum, um Energieertragseinbussen zu vermeiden, möglichst konstant gehalten werden. Die netzseitig zwischen 0 und 200% um ihren Mittelwert pulsierende Leistung muss daher mit einer Kapazität als Energiespeicher entweder erzeugerseitig auf tiefem Spannungsniveau oder zwischen den beiden Umrichterstufen auf hohem Niveau möglichst vollständig gepuffert werden. Weil dies sehr hohe Kapazitätswerte erfordert, die sich nach heutigem Stand der Technik nur mittels Elektrolytkondensatoren realisieren lassen, fällt -wie wir gleich sehen werden- auch der prinzipiell geeignete zweistufig halbsteuerbare einphasige Umrichteransatz für den einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatz ausser Betracht. Zweistufig steuerbarer Ansatz Der zweistufig steuerbare Ansatz weist genau so wie der zweistufig halbsteuerbare Ansatz die günstige Eigenschaft einer tiefen minimalen Erzeugerspannung und -leistung auf. Durch die Steuerbarkeit des erzeugerseitigen Umrichters muss die Zwischenkreisspannung aber kein proportionales Abbild der Erzeugerspannung mehr sein und darf daher beinahe beliebig pulsieren. Die Steuerbarkeit des erzeugerseitigen Umrichters ermöglicht auch bei pulsierender Zwischenkreisspannung jederzeit eine konstante Erzeugerspannung und ermöglicht somit, den Erzeuger permanent in seinem MPP zu betreiben. Der netzseitige Umrichter gibt einphasig und auch bei dreiphasig, unsymmetrischen Verhältnissen eine pulsierende Leistung ins Netz ab. Dieser Wechselanteil in der Leistung führt zu einem Auf- und Entladen des Energiespeichers im Zwischenkreis. Wie stark sich dabei die Spannung über der Kapazität verändert, ist eine Dimensionierungsfrage. Je kleiner man die Kapazität wählt, desto heftiger pulsiert der Zwischenkreis. Analog zum Wechselanteil der Netzleistung kann eine durch den “Maximum Power Tracker” erzeugte geringe Wechselkomponente auf der Erzeugerseite mit beliebiger Frequenz im Zwischenkreis isoliert und somit vom Netz ferngehalten werden. Die resultierende Pulsation im Zwischenkreis entsteht durch Überlagerung der netzseitigen 100Hz -Wechselleistung und der in der Regel sehr viel kleineren trackingbedingten Eingangs-Wechselleistung. Vergleich zwischen Folien- und Elektrolyt-Kondensatoren Elektrolyt-Kondensatoren stellen bezüglich der Lebensdauer verglichen mit anderen Bauelementen eines Umrichters die Schwachstelle dar. Die Alterung von Elektrolyt-Kondensatoren beschleunigt sich -wie wir in Kapitel 5.4 noch sehen werden- sehr stark mit steigenden Betriebstemperaturen und mit zunehmender Strombelastung. In unserem Fall können aber auf der Hinterseite eines Fassadenelementes oder auf der Unterseite eines auf dem Dach montierten Solarmoduls problemlos Temperaturen von über 80°C auftreten. Die Lebensdauer von aktuellen “Long Life”-Elektrolyt-Kondensatoren beträgt gemäss Herstellerangaben [65] bei den in unserer Anwendung vorherrschenden Temperaturen höchstens 25000 Stunden. Gehen wir davon aus, dass die Kondensatoren während mindestens 4000 der insgesamt 8760 Stunden eines Jahres unter Spannung stehen, erreichen also die ElektrolytKondensatoren eine maximale Lebensdauer von 6 bis 7 Jahren. Ist der Umrichter an einem einfach zugänglichen Ort installiert, können die Kondensatoren problemlos im Rahmen von Wartungsarbeiten von Zeit zu Zeit ersetzt werden. Weil dies aber bei unserem modulintegrierten Umrichtersystem nicht möglich ist und trotzdem wartungsfreie Betriebszeiten von mehr als 10 Jahren gefordert werden, muss folgerichtig auf den Einsatz von Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis vollständig verzichtet werden. Weicht man auf Folienkondensatoren [66] aus, so gewinnt man ein Vielfaches an Lebensdauer und kann dadurch die angestrebte wartungsfreie Zeit des modulintegrierten Ansatzes prinzipiell erreichen. Werden nur Folienkondensatoren im Leistungskreis eingesetzt, muss man aber gegenüber den Elektrolyt-Kondensatoren bei vernünftigem Kosten- und Bauteilaufwand etwa 10 bis 50 mal geringere Kapazitätswerte in Kauf nehmen. In der Darstellung von Figur 4.4 können mit Folienkondensatoren noch normierte Kapazitätswerte bis C n = 2 mit vertretbarem Aufwand realisiert werden. Grössere Energiespeicher setzen gemäss derzeitigem Stand der Technik noch sinnvollerweise die Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren voraus. - 128 - - 129 - Die Frage nach der einphasigen oder dreiphasigen Netzanbindung lässt sich damit auch beantworten. Gelingt es, die einphasige Netzleistungspulsation ohne Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren regelungstechnisch in den Griff zu bekommen, stellt die einphasige Lösung sowohl in Bezug auf den Wirkungsgrad als auch in Bezug auf den Aufwand und die Kosten die optimale Lösung dar. Andernfalls muss wohl oder übel auf die zweistufig steuerbare dreiphasige Umrichter-Anordnung zurückgegriffen werden. Energieversorgungsnetz kompatiblen sinusförmigen 50Hz -Netzstrom i 2 . Der in Figur 4.7 zu sehende Umrichter 1 stellt somit einen Hochsetzsteller dar, während es sich beim Umrichter 2 um einen Wechselrichter handelt. Um die Strom-, Spannungs- und Leistungsverhältnisse untersuchen zu können, greifen wir wiederum auf das in Kapitel 4.4.1 hergeleitete einphasige Modell unseres kontinuierlich steuerbaren leistungsinvarianten Impedanzwandlers zurück. Weil die nachfolgenden Ausführungen sich nicht auf unseren Fall mit einer Solarzelle als Quelle und dem Netz als Verbraucher beschränken, werden die Gleichungen in der allgemeinen Form für einen beliebigen Erzeuger und Verbraucher hergeleitet: Aufbau und Funktionsweise unseres Gesamtumrichters Für die weitere Umrichterentwicklung gehen wir von einer Tandem- oder Trippelzelle auf der Erzeugerseite und von einem einphasigen Netzanschluss aus. Die elektrischen Umrichter-Kenndaten lauten: Erzeuger 4.4.2 iE pE mE uE • Einphasiger 230V ⁄ 50Hz -Netzanschluss Von der Struktur her gehen wir nachfolgend von dem in Figur 4.7 gezeigten Umrichtersystem mit zwei steuerbaren Umrichterstufen ohne 50Hz -Netztransformator aus. uC i 2C C i2 Umrichter 2 Umrichter 1 p1 C i VC p VC pV mV iC iV uV Figur 4.8: Allgemeines Modell für beliebigen Erzeuger und Verbraucher • Eingangsstrom: I 1 = 100 – 150 A u1 i EC Spannungs-Zwischenkreis • Eingangsspannung: U 1 = 1 – 2V i 1C p EC uC • Nennleistung: P 1 = 200W i1 Verbraucher-Umrichter Eingang Ausgang Erzeuger-Umrichter Ausgang Eingang Verbraucher Dank intensiven Anstrengungen gelang es uns, die angestrebte einphasige Lösung technisch zu realisieren, so dass wir uns in der Folge auf die zweistufig steuerbare Umrichter-Anordnung mit einphasiger Netzanbindung konzentrieren können. p2 u2 Die als Impedanzwandler arbeitenden Umrichter werden durch Gleichung (4.14) beschrieben. Der Energiespeicher C im Spannungs-Zwischenkreis gehorcht der bekannten Differentialgleichung (4.15) des Kondensators. Die vorausgesetzte Leistungsinvarianz der Umrichter äussert sich unmittelbar im Gleichungssystem (4.16). Für die nachfolgenden Betrachtungen setzen wir sowohl für den Erzeuger als auch für den Verbraucher stationäre Verhältnisse voraus. Erzeuger-Umrichter uE = mE ⋅ uC i EC = m E ⋅ i E Figur 4.7: Struktur des modulintegrierten Umrichtersystems Die von der Solarzelle auf sehr tiefem Spannungsniveau u 1 gelieferte Energie muss in einer ersten Umrichterstufe mindestens auf gleichgerichtetem Netzspannungsniveau hochgesetzt werden. Eine zweite Umrichterstufe erzeugt anschliessend aus der Zwischenkreisspannung u C einen mit dem iC = C ⋅ –1 ≤ mE ≤ 1 du C dt p EC = p E = u E ⋅ i E p VC = p V = u V ⋅ i V Verbraucher-Umrichter uV = mV ⋅ uC i VC = m V ⋅ i V – 1 ≤ m V ≤ 1 (4.14) Zwischenkreis-Kapazität (4.15) Leistungserhaltung (4.16) - 130 - - 131 - Die Leistung p C der Zwischenkreiskapazität C berechnet sich aus der Leistungsdifferenz der erzeuger- und der verbraucherseitigen Leistungen p EC und p VC : funktion F ( t ) und der Integrations-Konstanten K zusammensetzt. Ist die Zwischenkreisspannung u C zu jedem Zeitpunkt t grösser als die momentanen Beträge der Erzeuger-Spannung u E und der Verbraucher-Spannung u V , so ist die im Ansatzgleichungssystem (4.14) geforderte Begrenzung der beiden Modulationsfunktionen m E und m V stets gewährleistet. Dadurch ergeben sich bezüglich der Konstanten K zwei weitere in Gleichung (4.21) formulierte Randbedingungen, die eingehalten werden müssen. p C = u C ⋅ i C = p EC – p VC (4.17) Setzt man nun die Eigenschaft der Leistungsinvarianz aus Gleichung (4.16) in Gleichung (4.17) ein, gelangt man zur Differentialgleichung (4.18): C ⋅ uC ⋅ du C = uE ⋅ iE – uV ⋅ iV dt Der Term links des Gleichheitszeichens von Gleichung (4.18) entspricht 0.5 2 Mal der Ableitung von u C . Durch Integration der Gleichung (4.18) gelangt man somit zum unbestimmten Integral von Gleichung (4.19): 2 uC 2 = ---- ⋅ ( u E ⋅ i E – u V ⋅ i V ) dt = F ( t ) + K C ∫ (4.19) Aus der Stammfunktion F ( t ) ergibt sich zusammen mit der Integrations2 konstanten K das Quadrat der Zwischenkreis-Spannung u C . Die Zwischenkreis-Stammfunktion F ( t ) kann aus der Leistungsdifferenz der beiden Umrichter p E – p V und dem Zwischenkreis-Kapazitätswert C wie folgt berechnet werden: uC = F(t) + K mit K ≥ – F ( t ) für ∀t F ( t ) + K ≥ uE uC = (4.18) (4.20) Als hinreichende Bedingung für die Existenz einer reellen Lösung der Differentialgleichung (4.18) für beliebige stationäre, periodische Kurvenverläufe der Umrichterleistungen p E und p V genügt es, dass die beiden Umrichterleistungen in ihren Mittelwerten übereinstimmen, also p E = p V . Die Periodendauer der Erzeuger- und Verbraucher-Grössen dürfen dabei verschieden sein. Daraus folgt, dass die mittlere Leistung p C der Kapazität C zu Null werden muss. Die Stammfunktion F ( t ) wird nun zu einer mittelwertfreien Wechselgrösse, die bei begrenzter Erzeuger- und Verbraucher-Leistung p E und p V ebenfalls begrenzt bleibt. Ein reelle Lösung für die ZwischenkreisSpannung u C existiert nach Gleichung (4.20) dann, wenn die Konstante K positiv und betragsmässig immer grösser oder mindestens gleich gross wie der negativste Wert der Stammfunktion F ( t ) gewählt wird. Daraus ergibt sich nach Gleichung (4.20) eine pulsierende Zwischenkreisspannung u C , welche sich ganz allgemein aus der zeitlich variablen Stamm- F ( t ) + K ≥ uV und u C = für ∀t (4.21) Die Modulationsfunktionen m E und m V der beiden Umrichter können ganz allgemein bei gegebener Erzeuger-Spannung u E und Verbraucher-Spannung u V nach Gleichung (4.22) bestimmt werden: uE m E = ------------------------F (t) + K uV und m V = ------------------------F (t) + K (4.22) Die Konstante K muss nun mindestens so gross gewählt werden, dass keine der Ungleichungen in (4.14), (4.20) und (4.21) verletzt wird. Durch Quadrieren von Gleichung (4.21) gelangt man zu folgenden Ungleichungen: 2 K ≥ uE – F ( t ) 2 und K ≥ u V – F ( t ) für ∀t (4.23) Ein Vergleich der Ergebnisse von (4.23) mit Ungleichung (4.20) zeigt, dass die Ungleichungen in (4.23) strenger sind. Das Quadrat der Erzeuger-Span2 2 nung u E und Verbraucher-Spannung u V erhöhen den Minimalwert gegenüber der reinen negativen Stammfunktion – F ( t ) aus Ungleichung (4.20). Welche Ungleichung aus (4.23) stärker ins Gewicht fällt, muss anhand der Kurvenverläufe der Erzeuger- und der Verbrauchergrössen getroffen werden und kann nicht allgemeingültig formuliert werden. Sind auf der Erzeuger- und Verbraucherseite die Spannungen u E , u V und die Ströme i E , i V bestimmt oder aufgeprägt, folgt nach Festlegung der minimal notwendigen Konstanten K und Berechnung der Stammfunktion F ( t ) unmittelbar die Zwischenkreisspannung u C . Die Ströme i EC , i VC und i C können anschliessend aus den Ansatzgleichungen (4.14) bestimmt werden. Die Ergebnisse dieses allgemeingültigen Modells zeigen, dass eine ideale Entkopplung der Kurvenverläufe von zwei stationär arbeitenden einphasigen Systemen mit unterschiedlichen momentanen Leistungen über die in Figur 4.8 gezeigte Anordnung aus zwei steuerbaren Umrichterstufen mit einer - 132 - - 133 - Zwischenkreiskapazität C stets möglich ist, wenn folgende Punkte eingehalten werden: Verbraucherseite charakterisieren und das idealisierte 230V ⁄ 50Hz -Stromversorgungsnetz modellieren. Der eingespeiste Strom i V soll gleichfrequent und ebenfalls sinusförmig sein. Die Phasenlage ϕ V des Verbraucher-Stromes i V kann gegenüber der Verbraucher-Spannung u V gemäss Gleichung beliebig vorgegeben (4.24) werden. Da der Verbraucher sich ebenfalls im stationären Zustand befindet, sind neben der Verbraucher-Kreisfrequenz ω V auch die Verbraucher-Spannungsamplitude Û V und die Verbraucher-Stromamplitude Î V konstant. • Die Leistungsmittelwerte der beiden Teilsysteme p E und p V müssen übereinstimmen, damit eine pulsierende Zwischenkreis-Spannung u C entstehen kann. • Die Zwischenkreis-Spannung u C muss zu jedem Zeitpunkt die höchste Spannung in der Anordnung sein. • Das Mass der Zwischenkreis-Spannungspulsation hängt von der momentanen Leistungsdifferenz p E – p V der beiden Teilsysteme, der Grösse der Zwischenkreis-Kapazität C und von der Wahl der Konstanten K ab. • Die Konstante K darf einen aus den Ungleichungen resultierenden Minimalwert nicht unterschreiten. Sie darf aber beliebig grösser gemacht werden. Im praktischen Betrieb muss diese Grösse geregelt werden. Das heisst, die Kapazität C muss im Mittel auf einer genügend hohen Spannung gehalten werden. Nachdem wir bisher die Verhältnisse für eine allgemeingültige Anordnung bestehend aus zwei stetig steuerbaren Umrichterstufen mit einem beliebigen Erzeuger und Verbraucher beschrieben haben, wollen wir uns nun dem in Figur 4.9 gezeigten und für unseren Anwendungsfall massgebenden Sonderfall mit einer konstanten Erzeugerspannung U E und einer sinusförmigen Verbraucherspannung U V zuwenden: Erzeuger-Umrichter Ausgang Eingang iE uE pE mE p EC uC i EC Verbraucher-Umrichter Eingang Ausgang C i VC iC p VC mV pV iV uV Figur 4.9: Umrichtermodell für den Sonderfall konstanter Erzeugerspannung u E und sinusförmiger Verbraucherspannung u V Auf der Erzeugerseite weist nicht nur die Spannung U E einen konstanten Verlauf auf, sondern auch der Strom I E und die Leistung P E . Eine Sinus-Wechselspannungsquelle u V mit der Kreisfrequenz ω V soll die Durch die getroffenen Annahmen bezüglich der Kurvenform der Erzeugerund Verbraucher-Ströme und -Spannungen können die Gleichungen (4.14) bis (4.16) wie folgt neu geschrieben werden: Erzeuger Verbraucher uE = U E u V = Û V ⋅ sin ( ω V ⋅ t ) iE = I E i V = Î V ⋅ sin ( ω V ⋅ t + ϕ V ) pE = PE = U E ⋅ I E p V = Ŝ V ⋅ [ cos ( ϕ V ) – cos ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) ] 0 ≤ U E ≤ Û V – 90 ≤ ϕ V ≤ 90 [° ] mit (4.24) Û V ⋅ Î V S V = -----------------2 Von der Erzeuger-Spannung U E wird vorausgesetzt, dass sie positiv und kleiner oder gleich der Verbraucher-Spannungsamplitude Û V ist. Eine geeignete Leistungsfluss-Regelung sorgt dafür, dass die mittlere ErzeugerLeistung P E und die mittlere Verbraucherleistung p V stets gleich gross gehalten werden. Die Gleichgewichtsbedingung für den stationären Betrieb folgt unmittelbar aus den Gleichungen für P E und S V in (4.24) und ist in Gleichung (4.25) formuliert: P E = S V ⋅ cos ( ϕ V ) Gleichgewicht der mittleren Leistungen (4.25) Nun sind wir in der Lage aus den Gleichungen (4.19), (4.24) und (4.25) die Stammfunktion F ( t ) zu bestimmen. Sie lautet: SV F ( t ) = ---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) ωV ⋅ C (4.26) Durch Wahl einer genügend grossen Konstante K kann aus Gleichung (4.20) zusammen mit der in Gleichung (4.26) dargestellten Stammfunktion F ( t ) - 134 - - 135 - die Zwischenkreisspannung u C bestimmt werden. Das Ergebnis ist in Gleichung (4.27) zu sehen. Während die Stammfunktion F ( t ) dabei proportional auf die Verbraucher-Scheinleistung S V und umgekehrt proportional auf die Zwischenkreiskapazität C reagiert, verzerrt die Wurzeloperation die Ergebnisse bei der Zwischenkreisspannung u C nichtlinear. verhältnisse sowie der erforderlichen Modulationsfunktionen bei konstanter Leistung am Erzeuger und sinusförmigem Strom am Netz. (4.27) Bildet man nun separat auf der Erzeuger- und Verbraucherseite den Quotienten aus dem entsprechenden vorgegebenen Spannungsverlauf U E und u V und der Zwischenkreisspannung u C nach Gleichung (4.22), erhält man direkt die für die Umrichtersteuerung notwendigen Modulationsfunktionen m E und m V : Û V ⋅ sin ( ω V ⋅ t ) m V = ------------------------------------------------------------------------------SV ---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K ωV ⋅ C m2 i 2C pC uC C i2 400 200 0 200 −200 t [ms] u1 [V] 20 0 t [ms] 100 500 6 0 20 t [ms] 0 uc [V] i1 [A] u2 [V] 425 325 274 0 2 0 t [ms] 0 −325 0 20 0 m1 t [ms] 20 800 Figur 4.10 vermittelt einen Eindruck der Strom-, Spannungs- und Leistungs- t [ms] 20 t [ms] 20 m2 1 425 Anhand des nun hergeleiteten Modells sind wir nun in der Lage, das koordinierte Zusammenspiel zwischen der Hochsetzer- und der Wechselrichterstufe unseres Umrichtersystems mathematisch exakt zu beschreiben. Eine kurze Darstellung des in unserer Anwendung massgeblichen Betriebsfalles konstanter Leistung an der Solarzelle und sinusförmig ohmschen Stromes auf der Netzseite rundet die Systemübersicht im Rahmen dieser Arbeit ab. Für weitere Details sei auf Rainers Arbeit [1] verwiesen. In Kapitel 5 seiner Dissertation werden die Verhältnisse am pulsierenden Zwischenkreis sehr eingehend und systematisch besprochen. So wird dort insbesondere der Einfluss der Zwischenkreiskapazität C und der Phasenlage ϕ V des Netzstromes auf das Spannungs- und Strompulsationsband im Zwischenkreis sowie die Bestimmung des minimal erforderlichen Wertes der Integrationskonstante K in Abhängigkeit Zwischenkreiskapazität C , der Erzeugerspannung U E und der Phasenlage ϕ V des Verbraucherstromes i V ausführlich besprochen. 0 ucmin,cmittel,cmax [V] 1 20 i2 [A] 1.3 353 (4.28) u2 p2 [VA] 200 0 p2 pc [VA] p1 [VA] 400 0 UE m E = ------------------------------------------------------------------------------SV ---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K ωV ⋅ C p1 u1 i 1C Umrichter 2 SV ---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K ωV ⋅ C Umrichter 1 uC = m1 i1 0 274 0 t [ms] 0 0 20 0 12 C [µF] 350 0 0 100 f [Hz] 300 0 uc [V] m1 1 −1 60 m2 1 0 0 100 f [Hz] 300 0 0 100 f [Hz] 300 Figur 4.10: Leistungsverläufe, Spannungsverläufe, Modulationsfunktionen und Spektren auf der Solarzellenseite (links), im Zwischenkreis (mitte) und auf der Netzseite (rechts) Im stationären Betrieb müssen die beiden Leistungsmittelwerte auf der Solarzellen- und auf der Netzseite übereinstimmen. Ihre momentane Leistungsdifferenz wird durch die Zwischenkreiskapazität C aufgenommen be- - 136 - - 137 - ziehungsweise abgegeben. Der Spannungsverlauf u C an der Zwischenkreiskapazität C pulsiert bei einer Eingangsleistung von 200W und bei Verwendung einer Kapazität von 12µF , die sich in unserem Anwendungsfall noch ohne Verwendung eines Elektrolyt-Kondensators technisch realisieren lässt, sehr kräftig zwischen 274V und 425V . Die in Figur 4.10 ebenfalls dargestellte Abhängigkeit zwischen der Pulsationsbandbreite [ U Cmin …U Cmax ] der Zwischenkreisspannung u C vom Wert der Zwischenkreiskapazität C zeigt, dass die Spannungsschwankungen bei weiterer Reduktion des Kapazitätswertes sehr schnell auf nicht mehr beherrschbare Werte ansteigen, denn bereits ein Spitzenwert von 425V stellt bei einer Sperrspannung der verwendeten Halbleiter von 500V sehr hohe Anforderungen an die Dynamik der Regelung des Gesamtsystems. Genaueres dazu folgt zusammen mit der Erzeugung der Modulationsfunktionen m 1 und m 2 in Kapitel 8. Kondensatoren einzusetzen nur durch Verwendung von Schaltungen mit kontinuierlichem Eingangsstrom effizient begrenzt werden können. 4.5 Zusammenfassung Beim neuen einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatz besteht jedes Solarmodul aus einer einzigen grossflächigen amorphen DünnfilmSolarzelle. Der vollständige Verzicht auf die sonst übliche Serieschaltung mehrerer Solarzellen innerhalb eines Moduls und die Modulintegration des Umrichters verleihen dem System ein optimal schattentolerantes Verhalten. Besonders in der Schweiz, wo neue Photovoltaik-Anlagen aufgrund der beschränkten frei bebaubaren Flächen zunehmend gebäudeintegriert auf Dächern und an Fassaden erstellt werden, sind schattentolerante Systeme zur Verhinderung von grossen Ertragseinbussen bei Teilabschattung des Solargenerators besonders wichtig. Neben dem stark vereinfachten Herstellungsprozess bietet vor allem die Modularisierung des Systems viele Vorteile. Beliebig skalierbare Anlagengrösse und hohe Flexibilität bei nachträglichen Erweiterungen und Änderungen zählen genau so dazu wie das hohe Kostensenkungspotential durch Massenfertigung eines standardisierten Produktes in hohen Stückzahlen. Von der Umrichterseite stellen die Klemmengrössen eines grossflächigen einzelligen Solarmodules mit einer Nutzspannung von weniger als 2V und einem Strom von über 100 A eine grosse Herausforderung dar. Um die Energieausbeute zu maximieren, muss das Solarmodul möglichst dauernd im Punkt maximaler Leistung (MPP) betrieben werden. Quantitative Untersuchungen der Ertragseinbussen haben ergeben, dass die Einbussen unter den vorliegenden Rahmenbedingen unserer Anwendung und ohne Elektrolyt- Bei der Wahl der grundsätzlichen Umrichterstruktur schwang letztendlich der zweistufig steuerbare Umrichter mit einphasigem Netzanschluss obenaus. Er besteht aus einer Hochsetzer- und einer Wechselrichterstufe, die beide stetig steuerbar sind. Diese Schaltungsstruktur weist viele Vorzüge auf. Dazu zählt einerseits der einphasige Netzanschluss, welcher im Vergleich zu einer dreiphasigen Netzanbindung einerseits weniger Aufwand erfordert und andererseits aufgrund der geringeren Systemspannungen einen höheren Wirkungsgrad verspricht. Da beim einphasigen Lösungsansatz auf den Einsatz von Elektrolyt-Kondensatoren, die aufgrund ihrer ungenügenden Lebensdauer für unsere Anwendung nicht in Frage kommen, verzichtet werden muss, mussten die Auswirkungen der mit 100Hz pulsierende Netzleistung auf die verschiedenen Systemgrössen genau untersucht werden. Dazu wurde auf Systemebene ein genaues Modell des Umrichter mittels kontinuierlichen leistungsinvarianten Impedanzwandlern erstellt und anschliessend für unseren Anwendungsfall ausgewertet. Die Ergebnisse bestätigen bei einer Leistung von 200W die Machbarkeit des zweistufig steuerbaren Umrichterkonzeptes mit einphasigem Netzanschluss auf Systemebene auch ohne Verwendung der unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis. Damit wurden auf Systemebene die Voraussetzungen geschaffen, damit wir uns in der Folge den Detailfragen der Realisierung und Optimierung der einzelnen Umrichterstufen und ihrer Komponenten zuwenden können. - 138 - - 139 - 5 Wahl der Leistungsbauteile 5.1 Einleitung Der hohe Strom i pv des grossflächigen Einzellen-Moduls, der Werte von 100 A und mehr erreichen kann, wirkt sich sehr stark auf die Wahl der Bauteile des Eingangskreises der Hochsetzstufe aus. Zu Beginn werden daher die Grundanforderungen an den Eingangskreis beschrieben. Anschliessend wird eingehend auf die Folgerungen der niedrigen Eingangsspannung u pv und des hohen Eingangsstromes i pv für die einzelnen Bauteile des Niederspannungs-Hochstrom-Kreises des Umrichters eingegangen. Wie sich dort zeigen wird, ist der diesbezügliche Spielraum sehr eng und die erzielbaren Wirkungsgrade hängen massgeblich von einer optimal auf die ausserordentlich harten Anforderungen unseres Anwendungsfalles angepassten Wahl der Bauteile und der Schaltungstopologie ab. Eine ausführliche Analyse der Nichtidealitäten und der verschiedenen parasitären Eigenschaften der einzelnen Bauteile bildet daher die Grundlage für die in den nächsten Kapiteln erfolgende Synthese und Optimierung des modulintegrierten Niederspannungsumrichters. 5.2 Grundanforderungen an den Eingangskreis Aufgrund der sehr geringen Nutzspannung u pv muss im Eingangskreis vor allem darauf geachtet werden, dass die Bauteile einen möglichst geringen Spannungsabfall erzeugen. Dies wirkt sich sowohl auf die Bauteilwahl als auch auf die Struktur des Eingangskreises und folglich unmittelbar auf die Wahl der optimalen Schaltungstopologie aus. In diesem Kapitel werden wir uns mit der Wahl und Optimierung der Bauteile befassen. Dabei wird uns das Ziel, möglichst geringe Spannungsabfälle zu gewähren, leiten. 5.3 Halbleiterwahl Tabelle 5.1 zeigt das Schaltsymbol, das Ausgangskennlinienfeld und die Ersatzschaltung in Durchlassrichtung all jener Halbleiter, die auf der Niederspannungsseite von ihren elektrischen Daten her in Frage kommen. 5.3.1 Diode Dioden für die geforderten hohen Ströme von über 100 A sind technisch kein - 140 Schaltsymbol - 141 - Ausgangskennlinienfeld A A i AK i AK i AK ∆i 10 A u AK ∆u R B = ----∆i uF u AK K C i CE i CE 15 A A B iB iB = 3 A iB = 2 A uF RB E i CE i CE u GE 15 A u CE iG uF – 25 V C uGE = 15V uGE = 10V uGE = 3V i DS i DS A B u GS uGS = 15V uGS = 10V uGS –u F – 1.5 V S u CE E u DS G u GS UF RB 15 A iG i CE u CE 2.5V E D u CE u CE 2.5V E G UF iB = 1 A – 25 V C i CE C u CE B C iB 2.5V = 3V D i DS R DS einem Seriewiderstand R B modelliert werden. Die geringsten Spannungsabfälle u AK weisen Schottky-Dioden mit einer Schleusenspannung u F von 200…300mV und einem differentiellen Widerstand R B von 1…3mΩ . Der Spannungsabfall u AK über dem Element berechnet sich wie folgt: u AK = u F + R B ⋅ i AK (5.1) Dies ergibt bei einem Strom i AK von 100 A einen Spannungsabfall u AK von 300…600mV . Setzt man diesen Spannungsabfall in Bezug zu den 1…2V Nutzspannung, so sieht man, dass eine einzige Diode im Hochstrompfad die verfügbare Spannung um 15 bis 60% verringert. Damit folgt aus Wirkungsgradgründen unmittelbar, dass der Eingangskreis keine Dioden mit langer Leitdauer enthalten darf. RB u AK 1.5V K u GE UF ∆u – 25 V 10mA u BE Ersatzschaltung u DS u DS S Tabelle 5.1: Verfügbare Leistungshalbleiter samt Ausgangskennlinienfeld und Ersatzschaltbild in Durchlassrichtung beim Betrieb als leistungselektronisches Bauelement 5.3.2 In der Mitte der zweiten Reihe von Figur 5.1 ist das Ausgangskennlinienfeld des Bipolartransistors aufgeführt. Mit dem Basisstrom i B kann der Spannungsabfall u CE , den der Transistor dem Strom i CE im Lastkreis entgegensetzt, stetig verändert werden. Im Gegensatz zur Signalverarbeitung sind für den in der Leistungselektronik angewendeten Schaltbetrieb nur der Betrieb in der Sättigung (Punkt A) und in der Quasisättigung (Punkt B) von praktischem Interesse. In der Sättigung weist der Bipolartransistor den kleinstmöglichen Spannungsabfall u CE auf. Der Preis dafür sind verlängerte Ausschaltzeiten und somit höhere Schaltverluste im Vergleich zum Betrieb in der Quasisättigung. Von seinem Durchlassverhalten her verhält sich der Bipolartransistor in der Sättigung ähnlich wie die Diode. Genau wie dort setzt sich der Spannungsabfall u CE über dem Element aus der Summe der inneren Sättigungsspannung u F und dem Spannungsabfall über dem Kollektorbahnwiderstand R B zusammen. Weil der Kollektorbahnwiderstand R B in der Regel sehr klein ist, weist die Kennlinie im Sättigungsbereich eine sehr hohe Steilheit auf, so dass der Spannungsabfall u CE nur in geringem Masse vom Laststrom i CE abhängt. Das verleiht der Kennlinie im Durchlassbereich ihre typische Sättigungscharakteristik. In unserem Fall erweist sich genau diese Eigenschaft als schwerwiegender Nachteil, denn wie bei der Diode führt dies in Anbetracht der geringen Nutzspannung u pv zu prozentual sehr hohen Spannungsabfällen und somit auch zu hohen Verlusten. Aus diesem Grunde fällt der Bipolartransistor für den Eingangskreis ausser Betracht. 5.3.3 Problem. Ihr Durchlassverhalten kann mit einer Spannungsquelle u F und Bipolartransistor IGBT Der Insulated Gate Bipolar Transistor -kurz IGBT- besteht auf der Steuer- - 142 - - 143 - seite aus einem Feldeffekt- und auf der Lastseite aus einem Bipolartransistor und kombiniert damit die Vorteile von MOSFET und Bipolartransistor. Dank seiner Spannungssteuerung kann die benötigte Ansteuerleistung im Vergleich zum Bipolartransistor deutlich verringert werden. Das AusgangsKennlinienfeld des IGBT weist aufgrund seiner bipolaren Ausgangsstufe dieselbe Sättigungs-Charakteristik auf wie jenes des Bipolartransistors. Der IGBT kommt aus diesem Grunde für den Niederspannungs-Hochstrom-Teil der Hochsetzstufe ebenfalls nicht in Frage. so gering wie möglich zu halten, empfiehlt es sich sowohl die Schalter- als auch die Dioden-Funktion im Eingangskreis mit MOSFETs zu realisieren. 5.3.4 Leistungs-MOSFET Wie der IGBT ist auch der Leistungs-Feldeffekttransistor -kurz MOSFETspannungsgesteuert. Das Bauteil kann somit über die Steuerspannung u GS mit geringem Leistungsaufwand stetig durchgesteuert werden. Im Normalbetrieb als Leistungshalbleiter ist nur der ohmsche Bereich (A) des Ausgangskennlinienfeldes von Interesse. Im sogenannten Abschnürbereich (B), in dem sich der Transistor wie eine gesteuerte Stromquelle verhält, würde er aufgrund der hohen Verlustleistung zerstört. Im ohmschen Bereich verhält sich der MOSFET wie ein stetig steuerbarer Widerstand. Mit zunehmender Steuerspannung u GS sinkt der Durchlasswiderstand R DS im Ausgangskreis des Leistungshalbleiters. Durch Parallelschaltung mehrerer MOSFETs kann der resultierende Widerstand weiter gesenkt werden. Dank dem positiven Temperaturkoeffizienten des Widerstandes R DS teilen sich die Ströme bei der Parallelschaltung automatisch so auf, dass keiner der einzelnen Transistoren überlastet wird. Aufgrund seines Aufbaus enthält der MOSFET prinzipbedingt eine antiparallele Diode und kann demzufolge in Rückwärtsrichtung keine Spannung aufnehmen. Seine ohmsche Durchlasscharakteristik behält er aber auch bei negativem Laststrom i DS bei. Dies ermöglicht, den Spannungsabfall u DS über dem Bauteil bei negativem Strom i DS bis zum Erreichen der Schleusenspannung u F der antiparallelen Diode durch Einschalten des Transistors zu verringern. Dadurch können herkömmliche Dioden mit ihrer unerwünschten Schleusenspannung u F von einigen 100mV überall dort, wo extrem niedrige Durchflussspannungen gefragt sind, durch niederohmige in Rückwärtsrichtung betriebene MOSFET-Transistoren ersetzt werden. Bei ElektronikSpeisungen mit niedriger Ausgangsspannung und hohen Strömen wird dieses sogenannte synchrone Gleichrichter-Prinzip bereits heute in grossem Stil angewendet. Von den Durchlasseigenschaften her eignet sich von allen heute verfügbaren Leistungshalbleitern einzig der MOSFET für die Anforderungen des Eingangskreises des Niederspannungs-Hochsetzers. Um die Spannungsabfälle Der Durchlasswiderstand R DS des MOSFETs im eingeschalteten Zustand ist eines der Schlüsselparameter für die Machbarkeit des NiederspannungsHochsetzers. Er setzt sich aus mehreren Einzelwiderständen zusammen, die jedoch für Niederspannungs- und Hochspannungstransistoren unterschiedlich ins Gewicht fallen. Neben den Widerständen sind vor allem die aufbaubedingten Kapazitäten bei der konkreten Beurteilung und Auswahl des Leistungshalbleiters entscheidend, denn während die Widerstände für die Durchlasseigenschaften bestimmend sind, prägen die Kapazitäten das dynamische Verhalten. In der Figur 5.1 sind die wichtigsten Komponenten des MOSFET-Ersatzschaltbildes und ihre Anordnung im Schnittbild eines NKanal-Transistors dargestellt [52]. G Poly Si S C GS D Si O 2 Al Si O 2 R Epi RG C GD RK nC DS R Epi n+ D C GD n+ p C DS G RG RK C GS S Figur 5.1: Schnittbild und Ersatzschaltung eines N-Kanal-Transistors mit Zuordnung der wichtigsten Teilwiderstände und Kapazitäten zur Transistorstruktur Beim N-Kanal-Transistor dient das n+ -Substrat als Trägermaterial. Darüber schliesst sich eine n- -Epitaxieschicht an. Ihre Dicke und Dotierung hängen unmittelbar von der geforderten Sperrspannung ab. Im obersten Teil der Epitaxieschicht sind die p -Wannen mit den n+ -“Source”-Zonen eingebettet. Das darüberliegende Gate aus n+ -Polysilizium ist vollständig von isolierendem Siliziumdioxid umgeben. Die Sourcemetallisierung aus Aluminium überdeckt die gesamte Struktur und schaltet die einzelnen Transistorzellen des Halbleiterchips parallel. - 144 - - 145 - Der Epitaxiewiderstand R Epi ist sehr eng mit der Drain-Source-Durchbruchspannung U DS ( DB ) verknüpft, da beide von der Dicke, der Dotierung und allenfalls von der Struktur der Epitaxieschicht abhängen. Für eine aktive 2 Chipfläche von 1cm gilt nach [52] folgender Zusammenhang: ringsten Widerstandswert weisen einen typischen Durchlasswiderstand von R DS = 5…10mΩ und eine Sperrspannung von U DSS = 20…30V auf. 2.5 (5.2) Der konstante Faktor k 1 berücksichtigt die Beweglichkeit der Ladungsträger für n-Silizium, dessen maximal zulässige Feldstärke sowie die Dotierung und Raumladungszonenweite. Die in den Datenblättern von MOSFET-Transistoren spezifizierte Sperrspannung U DSS liegt in der Regel etwa 10% unter der in Gleichung (5.2) aufgeführten Durchbruchspannung U DS ( DB ) , da die Hersteller Material- und Fertigungstoleranzen berücksichtigen müssen. Die Gleichung (5.2) zeigt, dass der Epitaxiewiderstand R Epi mit steigender Sperrspannung U DSS rasch ansteigt. Für höher sperrende Bauelemente wird er somit ausschlaggebend und liefert den Hauptbeitrag zu dem Durchlasswiderstand R DS . Bei den Niederspannungs-Transistoren mit Sperrspannungen U DSS unter 100V dominiert der Kanalwiderstand R K gegenüber dem Epitaxiewiderstand R Epi . Er kann durch Erhöhen der Packungsdichte der Zellen und der Kanalweiten verringert werden. Heutzutage sind MOSFETs mit Durchlasswiderständen von R DS = 5 …10mΩ im Standardgehäuse TO-220 erhältlich. Bei derartig kleinen Widerstandswerten gewinnen die Substrat-, Source-, Gehäuse-, Bonddraht- und Metallisierungswiderstände genau so wie die Kontaktierungs- und Übergangswiderstände an den Lötstellen sehr stark an Bedeutung. Je kleiner und kompakter die Gehäuse bei gleicher Chipfläche sind, desto besser sind auch die elektrischen Eigenschaften des Bauteils, denn kurze Bonddrähte und Anschlüsse verringern nicht nur den Durchlasswiderstand, sondern auch die unerwünschten Streuinduktivitäten. Neueste Gehäusetechniken, bei denen auf die Bonddrähte verzichtet werden kann, versprechen daher weitere substantielle Verbesserungen des Durchlassverhaltens der Niederspannungs-MOSFETs. Um das Potential für tiefe Durchlasswiderstände voll ausschöpfen zu können, muss der Transistor samt Gehäuse und Kontaktierung mit den restlichen Schaltungskomponenten als Ganzes optimiert werden. Darüber hinaus muss die Schaltungswahl auf möglichst geringe Anforderungen an die Sperrspannung U DSS des MOSFETs ausgerichtet werden, denn je tiefer dessen Spannungsklasse ist, desto geringer fällt der Durchlasswiderstand R DS des Transistors aus. Die zur Zeit kommerziell erhältlichen MOSFETs mit dem ge- 12 Eingangskapazität C iss : 10 Kapazität C [nF] R Epi = k 1 ⋅ U DS ( DB ) Die Eignung eines Halbleiterbauteils für eine konkrete Anwendung wird nicht nur durch seine Durchlasseigenschaften bestimmt, sondern auch massgeblich durch sein Schaltverhalten. Im Falle des MOSFETs sind die Kapazitäten zwischen Gate-Source C GS , Gate-Drain C GD und Drain-Source C DS hauptverantwortlich für das dynamische Verhalten beim Ein- und Ausschalten des Bauelements. Da sie bei jedem Ein- und Ausschaltvorgang des Transistors umgeladen werden müssen, haben sie massgeblichen Einfluss auf die Schaltgeschwindigkeit und auf die Schaltverluste. Die im Ersatzschaltbild von Figur 5.1 angegebenen Kapazitäten sind nicht einzeln messbar. In den Datenblättern werden daher die folgenden verknüpften Grössen angegeben: C iss ≈ C GS + C GD 8 Ciss 6 4 Coss 2 Crss 0 0 5 10 15 20 25 30 Durchlassspannung UDS [V] Ausgangskapazität C oss : C oss ≈ C DS + C GD Rückwirkungskapazität C rss : C rss ≈ C GD Figur 5.2: Spannungsabhängigkeit der Kapazitäten eines Power-MOSFETs (IRL3803: U DSS = 30V , R DS = 6mΩ , I DSmax = 140 A ) Für das Schaltverhalten ist die Spannungsabhängigkeit der Gate-Drain- oder auch “Miller”-Kapazität C GD sehr wichtig. Sie führt dazu, dass die Kapazität im Verlaufe des Einschaltvorganges bei abnehmender Drain-SourceSpannung u DS stark ansteigt. Dies erhöht die notwendige Ansteuerleistung und bewirkt ferner, dass sich die anfänglich sehr steile Spannungsflanke über dem Transistor im Verlaufe des Schaltvorganges abflacht. Dies verlängert die Dauer des Schaltvorganges und führt letztendlich zu höheren Schaltverlusten. In bezug auf die kapazitiven Verluste ist aber die niedrige Nutzspannung u pv unseres Anwendungsfalles von Vorteil, so dass die zur Senkung - 146 - - 147 - der Durchlassverluste erforderliche Parallelschaltung vieler MOSEFT-Transistoren nicht mit unzulässig hohen Schaltverlusten verbunden ist. 5.4 Wahl der reaktiven Komponenten Die hohen Ströme i pv und die niedrigen Spannungen u pv wirken sich auch unmittelbar auf die kapazitiven und magnetischen Komponenten aus. Entscheidend für die Beurteilung der Einsatzmöglichkeiten sind die Verluste, die Baugrösse und die Kosten. 5.4.1 Kondensatoren Üblicherweise werden in DC/DC-Stellern zur Filterung gepulster Eingangsoder Ausgangsströme Elektrolytkondensatoren eingesetzt. Sie weisen im Vergleich zu Folienkondensatoren höhere Kapazitätswerte auf. Figur 5.3 zeigt anhand eines rein kapazitiven Stromfilters, dass die im Kondensator anfallende mittlere Verlustleistung P Cv durch seine Strombelastung I Ceff und seinen inneren Seriewiderstand R ESR bestimmt wird. du C ( t ) i C ( t ) = C ⋅ ---------------dt Das folgende Beispiel soll den Einfluss der Strombelastung auf den Mittelwert der Verlustleistung P Cv im Kondensator veranschaulichen. Dabei gehen wir von der Annahme aus, dass der Eingangsstrom i 1 in der kapazitiven Filteranordnung von Figur 5.3 ideal geglättet und somit konstant ist. Anordnung A i2 2 p Cv ( t ) = R ESR ⋅ i C ( t ) iC C R ESR u CC u CR uC i1 i1 I d1 t i2 Iˆ2 T1 T1 Iˆ2 I d1 I d1 t ∫ P Cv = R ESR ⋅ I Ceff (5.3) iC T iC T1 I d1 ∫ Der Seriewiderstand R ESR sinkt mit steigender Kapazität C und Baugrösse des Kondensators und liegt bei kommerziellen Elektrolytkondensatoren für Spannungen bis 100V im Bereich zwischen 20 und 100mΩ . Bei einem Stromrippel von wenigen Ampères ist normalerweise der Spannungsabfall u CR über dem Seriewiderstand R ESR so klein, dass er gegenüber der Spannung u CC über der Kapazität C vernachlässigt werden kann. Dann gilt zwischen dem Strom i C und der Spannung u C die bekannte Gleichung: t T2 T (5.4) Figur 5.3: Ersatzschaltung zur Berechnung der momentanen und mittleren Verlustleistung eines kapazitiven Stromfilters I d1 -Iˆ 2 I d1 -Iˆ 2 uC T1 I d1 t T 2 t T 1 1 2 = --- p Cv ( t ) dt = R ESR ⋅ --- i C ( t ) dt T T T t i2 Mittlere Verlustleistung P Cv : P Cv Anordnung B I d1 Momentane Verlustleistung p Cv ( t ) : i1 (5.5) T1 T uC ∆u pp U dc T1 ∆u pp U dc t T t T Figur 5.4: Spannungs- und Stromverläufe eines kapazitiven Stromfilters bei starker (Anordnung A) und bei schwacher (Anordnung B) Strombelastung In Figur 5.4 sind die Spannungs- und Stromverläufe am idealen kapazitiven Filter dargestellt. Bei konstantem Eingangsstrom i 1 = I d1 richtet sich die Strombelastung des Kondensators nach der Kurvenform des Ausgangsstro- - 148 - - 149 - 2 (5.6) Dabei stellt F p einen von der Stromkurvenform abhängigen Verlustfaktor dar. Analog dazu kann man einen Stromformfaktor F i definieren, welcher dem Verhältnis zwischen Effektivwert I Ceff des Kondensatorstromes i C und dem linearen Mittelwert I d1 des Eingangsstromes i 1 entspricht. Die graphischen Kurvenverläufe von F i und F p in Abhängigkeit der Pulsweite T 1 ⁄ T sind in der untersten Zeile von Tabelle 5.2 dargestellt. Sie zeigen, dass sowohl der Stromformfaktor F i als auch der Verlustfaktor F p mit sinkender Pulsweite T 1 ⁄ T in der Anordnung A mit ihren pulsförmigen Strömen sehr rasch ansteigen. Dies führt gemäss Gleichung (5.6) zu einem starken Anstieg der Verluste P Cv . Für die Stromform mit geringerer Welligkeit von Anordnung B hingegen verlaufen F i und F p viel flacher. Wie hoch die Verlustreduktion ausfällt, soll anhand der vier Punkte A bis D von Tabelle 5.2 aufgezeigt werden. Für die Berechnung nehmen wir eine mittlere Kondensatorspannung U dc von 2V , einen konstanten Eingangsstrom I d1 von 100 A und einen Seriewiderstand R ESR von 2mΩ an. Ein solcher Widerstandswert kann mit heutiger Eingangsstrom i 1 ( t ) : i 1 ( t ) = I d1 = konst (5.7) Ausgangsstrom i 2 ( t ) : ∫ (5.9) T ∫ (5.10) T + T1 I d2 = I d1 = ---------------- ⋅ Iˆ2 2T Kondensatorstrom i C ( t ) : ∫ 1 I d2 = --- ⋅ i 2 ( t ) dt T T T1 I d2 = I d1 = ------ ⋅ Iˆ2 T 1 2 --- ⋅ i C ( t ) dt T (5.8) Ausgangsstrom i 2 ( t ) : 1 I d2 = --- ⋅ i 2 ( t ) dt T I Ceff = i 1 ( t ) = I d1 = konst Kondensatorstrom i C ( t ) : (5.11) 1 2 --- ⋅ i C ( t ) dt T ∫ I Ceff = T (5.12) T ( T – T 1 ) ( T + 3T 1 ) I Ceff = I d1 ⋅ ---------------------------------------------2 3(T + T 1) T I Ceff = I d1 ⋅ ------ – 1 T1 Mittlere Kondensatorverluste P Cv : Mittlere Kondensatorverluste P Cv : 2 ( T – T 1 ) ( T + 3T 1 ) P Cv ∼ I d1 ⋅ --------------------------------------------2 3(T + T 1) 2 T P Cv ∼ I d1 ⋅ ------ – 1 T1 Einfluss der Pulsweite a = T 1 ⁄ T : Einfluss der Pulsweite a = T 1 ⁄ T : 2 2 B 1.5 Fi Fp A 1 0.5 0 1.5 1 0.5 0 0.25 0.5 0.75 1 Relative Pulsweite T1 / T 0 2 2 1.5 1.5 1 1 Fi 0.5 C D 0.5 Fp 0 0 C D 0.25 0.5 0.75 1 Relative Pulsweite T1 / T Faktor Fi = ICeff / Id1 2 P Cv = R ESR ⋅ I Ceff = R ESR ⋅ I d1 ⋅ F p Eingangsstrom i 1 ( t ) : Faktor Fp = PCv / RESR ⋅ I 2d1 Die folgenden quantitativen Überlegungen sollen einen Eindruck vermitteln, wie wichtig es in unserem Anwendungsfall ist, einen möglichst geringen Effektivwert I Ceff des Kondensatorstromes i C anzustreben. Die im Kondensator anfallenden Verluste P Cv berechnen sich nach Gleichung (5.4) wie folgt: Anordnung B Faktor Fi = ICeff / Id1 Die Verluste verlaufen gemäss Gleichung (5.4) proportional zum quadratischen Mittelwert des Stromes i C . Tabelle 5.2 zeigt anhand der zwei Beispiele von Figur 5.4 den Einfluss der Stromkurvenform i C ( t ) auf den Effektivwert I Ceff und somit auf die Verluste P Cv im Filterkondensator. Für den Vergleich gehen wir von der Annahme aus, dass der lineare Mittelwert des Stromes I d1 , der Spannung U dc und somit auch jener der Leistung P d1 am Eingang des kapazitiven Filters in beiden Anordnungen identisch ist. Da der Mittelwert I dc des Kondensatorstromes i C unter stationären Bedingungen Null ist, stimmen die Mittelwerte I d1 und I d2 der Ströme i 1 und i 2 ebenfalls überein. Anordnung A Faktor Fp = PCv / RESR ⋅ I 2d1 mes i 2 . Auf der linken Seite von Figur 5.4 sind die Verhältnisse für einen pulsförmigen Strom i 2 mit dementsprechend hoher Strombelastung für den Kondensator aufgeführt, während auf der rechten Seite die Spannungen und Ströme bei geringer Welligkeit des Ausgangsstromes i 2 zu sehen sind. 0 Tabelle 5.2: Einfluss der Stromkurvenform auf die Kondensatorverluste - 150 - - 151 - Technik mittels Parallelschaltung von etwa 10 Elektrolyt-Kondensatoren mit einem Durchmesser zwischen 15 und 25mm und einer Höhe von 30 bis 40mm realisiert werden. Auf diese Weise gelangt man zu folgenden Zahlenwerten für den Effektivwert I Ceff des Stromes und für die Verluste P Cv im Kondensator. Neben dem Seriewiderstand des Kondensators dürfen die Strombelastbarkeit und die Lebensdauer in der Praxis nicht ausser Acht gelassen werden. Beide Grössen nehmen mit zunehmender Umgebungstemperatur T U stark ab. Die Hersteller spezifizieren -wie in Figur 5.5 dargestellt- eine sogenannte Brauchbarkeitsdauer D B in Funktion der Umgebungstemperatur T U und der Wechselstrombelastung I AC . Sie bezeichnet die Zeitspanne bis zum Erreichen eines vorgegebenen Ausfallsatzes von beispielsweise 0.5%, wobei der Ausfallsatz das Verhältnis der ausgefallenen Bauelemente zu ihrer Gesamtzahl darstellt. 173.21 60 C 57.74 6.67 D 12.99 0.34 Tabelle 5.3: Strom-Effektivwert I Ceff und mittlere Verluste P Cv im FilterKondensator bei einem Seriewiderstand R ESR = 2mΩ und einem Eingangsstrom-Mittelwert I d1 = 100 A Im Arbeitspunkt A beträgt die Pulsweite a = 50% und der Kondensator wird mit positiven und negativen rechtecksförmigen Strompulsen mit der Amplitude I d1 belastet. In diesem Fall stimmen der lineare Mittelwert I d1 und der Effektivwert I Ceff überein. Bei einer Eingangsleistung von P d1 = 200W fallen die Kondensatorverluste P Cv = 20W bereits stark ins Gewicht. Mit sinkender Pulsweite a steigen die Verluste dramatisch an, wie Arbeitspunkt B deutlich zeigt. Gegenüber Punkt A hat sich dort die Pulsweite a halbiert, während sich die Verluste im gleichen Atemzug verdreifacht haben. Im Arbeitspunkt B werden auf diese Weise 30% der Eingangsleistung P d1 bereits im Eingangsfilter vernichtet. Bereits viel besser sieht die Lage im Punkt C aus, in welchem der Strom dreiecksförmig verläuft. Dank dem deutlich geringeren Effektivwert I Ceff des Kondensatorstromes i C betragen dort die Verluste nur noch P Cv = 6.67W . Optimale Verhältnisse herrschen im Arbeitspunkt D vor. Die Pulsweite a beträgt dort 95% und führt zu einem -abgesehen von kurzen Einbrüchensehr gut geglätteten Laststrom i 2 . Als Folge der sehr geringen Strombelastung sinken die Verluste P Cv im Kondensator auf unter 0.5W . Solche Tastverhältnisse a sind bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz durchaus denkbar. Bei einer Periodendauer von T = 40µs weisen die Stromeinbrüche eine Dauer von T – T 1 = 2µs auf. Diese Zeitspanne reicht beispielsweise für einen Kommutierungsvorgang des Stromes von einem Schalter zum nächsten vollkommen aus. 3 IACmax, 40oC Thermisch unzulässiger 2.5 Betriebsbereich 2 1.5 IACmax, 85o 1 0.5 0 40 50 60 70 80 o Umgebungstemperatur TU [ C ] 8′000 8′000 B 10′000 10′000 hh 20 25′000 25′000 hh 100 50′000 50′000 hh A 100′000 100′000 hh Verluste P Cv in [ W ] 250′000 250′000 hh Effektivwert I Ceff in [ A ] Strombelastung IAC / IAC, 85 oC [ ] Arbeitspunkt 90 Figur 5.5: Zulässige Strombelastung I AC und Brauchbarkeitsdauer D B eines Aluminium-Elektrolyt-Kondensators für erhöhte Anforderungen in Funktion der Umgebungstemperatur T U (Siemens: Baureihe B 41336; Rundbecher-Bauform, LL-Typ) Die Figur 5.5 zeigt, dass die maximal zulässige Strombelastung I AC des Kondensators bei einer Erhöhung der Umgebungstemperatur T U von 40°C auf 85°C beinahe um einen Faktor 3 verringert werden muss. Die Angaben in Figur 5.5 gelten für Dauerbetrieb bei Nennspannung. Bei einer niedrigeren Betriebsspannung lässt sich sowohl der Wechselstrom I AC als auch die Brauchbarkeitsdauer D B steigern. In unserem Anwendungsfall wird ein 15 bis 20 Jahre dauernder wartungsfreier Betrieb bei zeitweilig sehr hohen Umgebungstemperaturen T U von bis zu 85°C gefordert. Aus Figur 5.5 geht aber deutlich hervor, dass dies kaum oder dann nur mit deutlich überdimensionierten Kondensatoren zu erreichen ist, denn dazu sind Brauchbarkeitsdauern D B von mindestens 60’000 Stunden erforderlich. - 152 - - 153 - Wie die nachfolgende Figur 5.6 zeigt, muss beim Einsatz von Folienkondensatoren zu Filterzwecken am Eingang der Niederspannungs-Hochsetzstufe nicht in erster Linie aus Verlustüberlegungen ein möglichst geringer Effektivwert I Ceff angestrebt werden, sondern wegen des Spannungsrippels ∆u pp . Für pulsförmige Ströme gemäss Anordnung A in Figur 5.4 berechnet sich dieser wie folgt: T 1 ∆u pp = ---- ⋅ C T I d1 1 - ⋅ (T – T 1) ∫ iC ( t ) dt = ---C- ⋅ ∫ I d1 dt = -----C T1 (5.13) T1 Für die Stromkurvenform mit geringerer Welligkeit von Anordnung B ergibt die Berechnung folgendes Ergebnis: 2 T2 ∆u pp 1 = ---- ⋅ C 2 T – T1 --------------------4T 1 0 2 4T 1 2 I d1 T – T 1 ∆u pp = ------- ⋅ ---------------------C 4T Anordnung A (5.15) I d1 T – T1 ∆u pp ∆u pp ′ = ------------ = ------------------ ⋅ ---------------------- Anordnung B U dc ⋅ C 4T U dc (5.16) 2 2 In Figur 5.6 ist der Verlauf des relativen Spannungsrippels ∆u pp ′ in Funktion der Kapazität C für die Arbeitspunkte A bis D von Tabelle 5.2 sowie für einen zusätzlichen Punkt E gemäss Anordnung B mit nur halb so langen Einbrüchen wie im Arbeitspunkt D graphisch dargestellt. Wie von den Systemanforderungen aus Kapitel 4 her bekannt ist, sollte der relative Spannungsrippel ∆u pp ′ nicht mehr als ± 5% betragen, da andernfalls der Anpassungswirkungsgrad η AP aufgrund zu grosser Arbeitspunktbewegungen sehr stark sinkt. 50 Anordnung A Anordnung B 40 a = 0 [%] 30 ← a = 25 [%] → ← ← a = 95 [%] ← a = 97.5 [%] 0 0.05 0.1 1 a = 50 [%] 20 10 10 50 Kapazität C des Filter−Kondensators [mF] ⋅ t + 1 dt ∫ iC ( t ) dt = ---C- ⋅ ∫ I d1 ⋅ – T---------------------2 2 –T 0 I d1 ∆u pp ∆u pp ′ = ------------ = ------------------ ⋅ ( T – T 1 ) U dc ⋅ C U dc Relativer Spannungsrippel ∆upp [%] Die Zuverlässigkeit und somit auch die Brauchbarkeitsdauer D B des Filters kann durch den Verzicht auf Elektrolyt-Kondensatoren wesentlich erhöht werden. Folienkondensatoren kennen im Gegensatz zu den Elkos das Problem des Austrocknens nicht, sind aber auch in ihrer Kapazität auf deutlich geringere Werte beschränkt. Bei der Firma Arcotronics sind heute Folienkondensatoren mit Kapazitäten C von 10µF bis 60µF , Seriewiderständen R ESR zwischen 2.5mΩ und 6mΩ und Strombelastungen I ACeff bei 70°C Umgebungstemperatur T U und 100kHz Taktfrequenz f T im Bereich von 7 A bis 22 A kommerziell erhältlich. Die Baugrössen der Kondensatoren variieren in der Breite zwischen 18mm und 35mm , in der Länge zwischen 32mm und 57.5mm und in der Höhe zwischen 33mm und 50mm . Durch Parallelschaltung kann der Kapazitätswert C wohl gesteigert werden, für Werte über 0.5…1mF lässt sich aber der Aufwand weder aus Platz- noch aus Kostengründen rechtfertigen. (5.14) Setzt man die Ergebnisse von Gleichung (5.13) und (5.14) ins Verhältnis zur mittleren Eingangsspannung u pv = U dc , so gelangt man zu folgenden Ausdrücken für den relativen Spannungsrippel ∆u pp ′ : Figur 5.6: Relativer Spannungsrippel ∆u pp ′ über dem Filter-Kondensator in Funktion von seiner Kapazität C bei einer mittleren Eingangsspannung U dc von 2V , einem mittleren Eingangsstrom I d1 von 100 A und einer Periodendauer T von 40µs : Ströme nach Anordnung A mit Pulsweite a = T 1 ⁄ T Ströme nach Anordnung B mit Pulsweite a = T 1 ⁄ T Grenzkurve für relativen Spannungsrippel ∆u pp ′ ≤ ± 5% In der vorangehenden Figur 5.6 ist jener Bereich grau markiert, welcher - 154 - - 155 - noch mit parallel geschalteten Folienkondensatoren abgedeckt werden kann und in dem der relative Spannungsrippel ∆u pp ′ noch innerhalb der geforderten Grenzen von ± 5% liegt. Die Kurvenverläufe von Figur 5.6 zeigen, dass Folienkondensatoren bei einer Taktfrequenz f = 1 ⁄ T von 25kHz nur im Falle sehr geringer Welligkeit des Kondensatorstromes i C ausreichen, um die geforderte Filterwirkung zu erzielen, denn die Stromkurve D mit ihren 2µs langen Stromeinbrüchen und die Kurve E mit solchen von lediglich 1µs Dauer sind die einzigen Stromkurvenformen aus Anordnung A und B, welche die grau hinterlegte Fläche schneiden. Wicklungen besteht. Die Dimensionierung der magnetischen Bauteile muss sich natürlich auf die physikalischen Zusammenhänge abstützen. Die dazu benötigten Grundgleichungen zur Beschreibung des elektrischen und magnetischen Verhaltens sollen deshalb in den folgenden Abschnitten im Hinblick auf unseren Anwendungsfall kurz aufbereitet werden. Zusammenfassend können wir festhalten, dass Elektrolyt-Kondensatoren sich aufgrund ihrer reduzierten Zuverlässigkeit und Strombelastbarkeit unter hohen Umgebungstemperaturen nur sehr beschränkt als kapazitive Filterkomponenten für unseren Anwendungsfall eignen. Durch die Verwendung von Folienkondensatoren sind aber nur kleine Kapazitäten realisierbar. Um in diesem Fall sowohl den Spannungsrippel ∆u pp als auch die Verluste P Vc im Filterkondensator auf wenige Prozent zu beschränken, muss auf der Eingangsseite der Niederspannungs-Hochsetzstufe eine Stromkurvenform mit möglichst geringer Welligkeit und minimalem Effektivwert I Ceff angestrebt werden. 5.4.2 Magnetische Bauteile Die niedrige Spannung u pv und vor allem der hohe Strom i pv auf der Eingangsseite des Niederspannungs-Hochsetzers wirken sich sehr stark auf die Grösse und die Kosten der magnetischen Bauteile aus. Dabei muss zwischen Drosseln und Transformatoren unterschieden werden, denn obwohl es sich bei beiden um magnetische Bauteile handelt, gibt es bei der Funktionsweise und Dimensionierung einen gewichtigen Unterschied. Verwendet man den Transformator als Durchflusswandler, so wird im Transformator praktisch keine Energie zwischengespeichert und die magnetische Feldstärke H hängt dann einzig vom sogenannten Magnetisierungsstrom i m ab. Im Gegensatz dazu wird das H -Feld bei der Drossel direkt durch den Laststrom bestimmt. Dies kann im Falle grosser Lastströme zu grossen, schweren und somit sehr teuren Drosseln führen. Dieses unterschiedliche Verhalten von Drossel und Transformator soll nun unter den besonderen Bedingungen des EinzellenAnsatzes ausgeleuchtet werden. Figur 5.7 zeigt die grundsätzliche Anordnung des magnetischen Kreises, welcher im wesentlichen aus einem Kern und einer bestimmten Anzahl A Fe A WF N2 N1 φ i1 H Fe i2 u1 u2 HL BL lL B Fe N1 N2 Figur 5.7: Einfache Anordnung des magnetischen Kreises bei einem Zweiwicklungs-Transformator mit den dazugehörigen geometrischen, magnetischen und elektrischen Kenngrössen Für die Herleitung der magnetischen Grundgleichungen treffen wir folgende Annahmen: • Die Feldverteilung sowohl der magnetischen Feldstärke H als auch der magnetischen Induktion B ist homogen über die gesamte Querschnittsfläche A Fe des Kernes. • Die Feldlinien überqueren den Luftspalt auf dem kürzesten Weg, so dass keine nennenswerten Streufelder vorliegen. • Alle magnetischen und elektrischen Grössen sind zeitlich veränderlich. Durchflutungsgesetz Das Durchflutungsgesetz besagt, dass das Umlaufintegral der magnetischen Feldstärke H entlang eines geschlossenen Linienzuges s genau der Summe aller Ströme i entspricht, welche die vom Linienzug s aufgespannte Fläche durchsetzen. In seiner Integralform lautet das Durchflutungsgesetz somit: - 156 θ = ∫ H ⋅ ds = s ∑ N n ⋅ in - 157 - (5.17) n Für die in Figur 5.7 dargestellte Anordnung verläuft der Vektor der magnetischen Feldstärke H parallel zum geschlossenen Linienzug der Länge l Fe im Kern und der Länge l L im Luftspalt. Das Durchflutungsgesetz (5.17) kann dann wie folgt geschrieben werden: θ = H Fe ⋅ l Fe + H L ⋅ l L = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2 (5.18) Die magnetische Feldstärke H erzeugt sowohl innerhalb des Kernes als auch im Luftspalt einen magnetischen Fluss φ . Die magnetischen Flusslinien weisen keinen Anfang und kein Ende auf, sondern bilden geschlossene Linien. Für die Anordnung von Figur 5.7 gilt insbesondere, dass der Fluss im Kern φ Fe und jener im Luftspalt φ L gleich gross sind. Die allgemeine Regel zur Berechnung des magnetischen Flusses φ durch eine bestimmte Querschnittsfläche A lautet: φ = ∫ B ⋅ dA Die genaue Form der Hysterese hängt in sehr komplexer Weise von den magnetischen Eigenschaften des Materials, von der Vorgeschichte sowie von vielen anderen Parametern wie Temperatur, magnetischem Aussteuerungsgrad und Frequenz, mit der das Material magnetisiert und entmagnetisiert wird. Je nach Anwendungsfall sind wiederum andere, der sehr vielfältigen Eigenschaften der magnetischen Werkstoffe gefragt. Auf der linken Seite von Figur 5.8 ist die B-H-Charakteristik bei einem Transformator und bei einem Dauermagneten dargestellt, während auf der rechten Seite mögliche Hystereseverläufe für eine Drossel zu sehen sind. Die hartmagnetischen Werkstoffe zeichnen sich durch eine breite Hysteresekurve und eine hohe Remanenzinduktion B rem aus. Damit lassen sich wirksame Dauermagnete fertigen. Da der Flächeninhalt der Hysteresekurve ein direktes Mass für die Kernverluste darstellt, kommen hartmagnetische Werkstoffe als Kernmaterialien für Transformatoren und Drosseln nicht in Frage. In solchen Fällen werden weichmagnetische Werkstoffe mit einer möglichst schlanken Hysterese bevorzugt. Wie aus Figur 5.8 deutlich hervorgeht, hängt der Flächeninhalt der Hysterese und somit auch die im Kern anfallende Verlustleistung sehr stark von der Frequenz f ab, mit welcher der Kern ummagnetisiert wird. Je höher die Frequenz f ist, desto höher fallen auch die Kernverluste aus. (5.19) A Der Vektor d A steht dabei senkrecht auf die vom Magentfeld durchdrungene Fläche A . In Figur 5.7 stehen die Querschnittsflächen A Fe und A L senkrecht zur magnetischen Induktion B im Kern und im Luftspalt. Gleichung (5.19) lässt sich dann wie folgt schreiben: φ = B Fe ⋅ A Fe = B L ⋅ A L B sat B rem B B B sat ∆B Hc ∆B B rem H H= H (5.20) Der Zusammenhang zwischen der magnetischen Feldstärke H und der magnetischen Induktion B ist stark nichtlinear und hängt sehr stark vom verwendeten Kernmaterial ab. Figur 5.8 zeigt einige typische Verläufe zwischen B und H . Erstes typisches Merkmal ist die Sättigungscharakteristik, welche sich darin äussert, dass der Induktionszuwachs dB bei höheren Feldstärken H immer geringer wird und schliesslich gänzlich erlahmt. Ein weiteres Merkmal bildet die Tatsache, dass beim Auf- und beim Entmagnetisieren des Kernmaterials, also bei wachsender und bei sinkender magnetischer Feldstärke H unterschiedliche Magnetisierungskurven durchlaufen werden. Diese Erscheinung wird in Fachkreisen Hysterese genannt. Figur 5.8: B-H-Charakteristik magnetischer Werkstoffe bei Dauermagneten und Transformatoren (links) sowie bei Drosseln (rechts): Hartmagnetischer Werkstoff Weichmagnetisches Material bei der Frequenz f = 20kHz Weichmagnetisches Material bei der Frequenz f = 1kHz Für die Beschreibung des magnetischen und elektrischen Verhaltens von Drosseln und Transformatoren ist der exakte Hystereseverlauf nicht immer erforderlich. Oft genügt bereits die in Figur 5.9 dargestellte sogenannte Magnetisierungskurve B ( H ) , die den nichtlinearen Zusammenhang zwi- - 158 - - 159 - schen H und B über den gesamten magnetischen Aussteuerungsbereich beschreibt. Formal lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt ansetzen: B Fe = µ ⋅ H Fe = µ 0 ⋅ µ r ⋅ H Fe (5.21) Fe mit µ 0 = 4π ⋅ 10 –7 –1 –1 [VsA m ] Permeabilität des Vakuums Im Gegensatz zur Permeabilität µ 0 des Vakuums, welche eine Konstante darstellt, handelt es sich bei der sogenannten relativen Permeabilität µ r um einen von der Feldstärke H abhängigen dimensionslosen Faktor, welcher ein direktes Mass für die Steilheit der Magnetisierungskurve ist. Innerhalb des linearen Bereiches der Magnetisierungskurve ist µ r ebenfalls konstant. N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2 H L = -------------------------------------l Fe --------- + l L µr (5.24) Fe Damit lässt sich der magnetische Fluss φ in Funktion der Permeabilität µ , der Durchflutung θ = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2 sowie der Geometriefaktoren wie Querschnitt A Fe und mittlere Feldlinienlängen l Fe und l L anschreiben: N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2 φ = µ 0 ⋅ µ r ⋅ H Fe ⋅ A Fe = ------------------------------------------------------------Fe l Fe lL ---------------------------------- + -------------------µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe µ 0 ⋅ A Fe (5.25) Fe Gleichung (5.25) lässt sich wie folgt umformen: B sat1 B sat1 B B B sat2 B sat2 B sat3 B sat3 H H H sat3 H sat2 H sat1 Figur 5.9: Approximation der Hysterese magnetischer Werkstoffe (links) durch ihre Magnetisierungskurve (rechts) Da die relative Permeabilität µ r der Luft den Wert 1 hat, gilt für den Zusammenhang zwischen Feldstärke H und Induktion B im Luftspalt folgende Gleichung: BL = µ ⋅ H L = µ0 ⋅ H L (5.22) Setzt man die Gleichungen (5.20), (5.21) und (5.22) in die Gleichung (5.18) ein, so gelangt man unter der Annahme, dass die Querschnittsfläche des Kernes A Fe mit derjenigen A L des Luftspaltes übereinstimmt, zu folgenden Gleichungen für die magnetische Feldstärke H im Kern und im Luftspalt: N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2 H Fe = -------------------------------------l Fe + µ r ⋅ l L Fe (5.23) N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2 N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2 φ = --------------------------------------------------------------------------- = -------------------------------------lL l Fe l Fe ---------------------------------- ⋅ 1 + µ r ⋅ ------- --------------------------------- Fe µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe l Fe µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe Fe mit µr eff (5.26) eff µr Fe = -----------------------------[ ] Effektiv wirksame Permeabilität µ r eff lL 1 + µ r ⋅ ------Fe l Fe Mit der effektiv wirksamen Permeabilität µ r eff kann der Zusammenhang zwischen magnetischer Feldstärke H und Induktion B für den gesamten magnetischen Kreis wie folgt formuliert werden: B = µ0 ⋅ µr eff ⋅H (5.27) Anhand von Gleichung (5.26) wird die Wirkung des Luftspaltes sichtbar: Er verringert die relative Permeabilität µ r des Kernmaterials. Dieser Effekt Fe wird als Scherung des magnetischen Kreises bezeichnet. Figur 5.10 zeigt deutlich auf, wie sich die Scherung auf die Magnetisierungskurve auswirkt. Sie bewirkt eine Streckung in Richtung der magnetischen Feldstärke-Achse H . Die Scherung ist bei gegebenen Kernabmessungen umso stärker, je höher die relative Permeabilität µ r des Kernmaterials und Fe je grösser der Luftspalt l L ist. Da die Sättigungsinduktion B sat durch den Luftspalt nicht beeinträchtigt wird, verschiebt sich durch die geringere Stei- - 160 - - 161 lungsflüsse φ . Bei homogenen Feldverhältnissen im Innern einer langen Spule mit der Querschnittfläche A kann das Induktionsgesetz auch in der Form (5.30) geschrieben werden. B l L ⁄ l Fe = 4 ⋅ 10 l L ⁄ l Fe = 2 ⋅ 10 –4 –4 = 0.4 ‰ B sat = 0.2 ‰ l L ⁄ l Fe = 0 φ H H sat2 B H sat1 Figur 5.10: Einfluss des Verhältnisses zwischen Luftspaltlänge l L und mittlerer Feldlinienlänge l Fe im Kern auf die Steigung der Magnetisierungskurve B ( H ) und auf die Sättigungsfeldstärke H sat eines Leistungsferrites mit einer relativen Permeabilität µ r Fe von 5000 gung der Magnetisierungskurve jener Punkt, an welchem der Kern in die Sättigung geht, zu höheren magnetischen Feldstärken H hin. Durch Einsetzen der effektiv wirksamen Permeabilität µ r eff in die Gleichung (5.27) kann die Feldstärke H sat im Knickpunkt der Sättigungskurve berechnet werden. lL B sat - ⋅ 1 + µ r ⋅ ------- H sat = ------------------ Fe l µ0 ⋅ µr Fe Induktionsgesetz H sat3 (5.28) i1 dφ dψ u 1 = N 1 ⋅ ------ = ------dt dt (5.29) dB u 1 = N 1 ⋅ A ⋅ ------dt (5.30) u1 N1 Querschnittsfläche A Figur 5.11: Induktionsgesetz bei einer Spule mit Windungszahl N 1 Besteht der magnetische Kreis der Drossel wie in Figur 5.7 aus einem Kernmaterial mit Luftspalt, so kann ausgehend von Gleichung (5.26) mit N 2 = 0 die Flussverkettung ψ wie folgt berechnet werden: ψ = Fe N 1 ⋅ i 1 ⋅ µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe eff N 1 ⋅ φ = N 1 ⋅ -----------------------------------------------------l Fe 2 Induktionsgesetz Neben dem Durchflutungsgesetz gibt es mit dem Induktionsgesetz ein weiteres Grundgesetz zur Beschreibung magnetischer Bauelemente. Das Induktionsgesetz erlaubt, einen Zusammenhang zwischen dem magnetischen Fluss φ und den an einer Drossel oder an einem Transformator auftretenden Spannungen u herzustellen. Zur Veranschaulichung des Prinzips gehen wir von der in Figur 5.11 gezeigten sehr einfachen Wicklungsanordnung einer Spule mit Windungszahl N 1 und der Querschnittsfläche A aus. Gemäss Gleichung (5.29), die das Induktionsgesetz in seiner allgemeinen Form darstellt, ist die in der Spule induzierte Spannung u 1 proportional zur Windungszahl N 1 und zur Änderung des magnetischen Flusses φ . Darin bezeichnet ψ den Gesamtfluss, die sogenannte Flussverkettung. Liegen die einzelnen Wicklungen genügend nahe beeinander oder wird die magnetische Induktion B durch ein hochpermeables Kernmaterial gut gebündelt, werden die einzelnen Wicklungen alle vom gleichen Fluss φ durchsetzt. In diesem Fall berechnet sich die Flussverkettung ψ , als Summe der einzelnen Wick- = 2 µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe eff Fe ------------------------------------------------ ⋅ i1 ⋅ i 1 = ----------------------------------------------l Fe lL l Fe ⋅ 1 + µ r ⋅ ------ Fe l Fe (5.31) Anhand von Gleichung (5.31) und dem Induktionsgesetz (5.29) kann nun unmittelbar auf die Induktivität L der Drossel geschlossen werden: 2 µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe di 1 ! di 1 dψ Fe - ⋅ ------- = L ⋅ ------u 1 = ------- = ----------------------------------------------lL dt dt dt l Fe ⋅ 1 + µ r ⋅ ------- Fe l Fe 2 µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe Fe L = ----------------------------------------------lL l Fe ⋅ 1 + µ r ⋅ ------ Fe l Fe (5.32) - 162 - - 163 - Die Gleichungen (5.31) und (5.32) zeigen, dass einerseits die Induktivität L durch Einfügen eines Luftspaltes l L in den magnetischen Kreis verringert wird und andererseits die Flussverkettung ψ einer Spule allein durch den eigenen Wicklungsstrom i 1 bestimmt ist: ψ = L ⋅ i1 (5.33) Verringert man somit die Induktivität L , sind höhere Ströme i 1 möglich ohne das Kernmaterial in die Sättigung zu treiben. Die Gleichungen (5.32) und (5.33) bestätigen somit die Aussage, dass sich durch Vergrössern des Luftspaltes der Sättigungspunkt zu höheren Strömen i 1 und somit zu höheren magnetischen Feldstärken H hin verschiebt. Betrachten wir die in Figur 5.7 gezeigte Anordnung eines ZweiwicklungsTransformators, so setzt sich die Flussverkettung ψ 1 und ψ 2 in der Primärund in der Sekundärwicklung des Transformators aus jeweils zwei Anteilen zusammen: ψ 1 = ψ 11 + ψ 12 ψ 2 = ψ 21 + ψ 22 (5.34) In Analogie zur Gleichung (5.33) tragen beim Transformator sowohl der primärseitige als auch der sekundärseitige Strom zur Flussverkettung in den einzelnen Wicklungen bei: ψ 1 = L 11 ⋅ i 1 + L 12 ⋅ i 2 ψ 2 = L 21 ⋅ i 1 + L 22 ⋅ i 2 (5.35) Die Zuordnung der einzelnen Summanden in den Gleichungen (5.34) und (5.35) kann anhand des in Figur 5.12 gezeigten Modells des Magnetkreises und den darin vorkommenden magnetischen Flüssen φ erfolgen. Ähnlich wie der elektrische Leiter, der den Strom durch seinen sehr geringen Widerstand führt, stellen die hochpermeablen Kernmaterialien einen sehr guten Leiter für die magnetischen Feldflüsse φ dar. Bei idealer Kopplung zwischen den zwei Wicklungen ist der Fluss in beiden Wicklungen gleich gross. Dann gilt φ = φ 1 = φ 2 = φ h und die beiden Streuflüsse φ σ1 und φ σ2 , welche jeweils nur mit der eigenen Wicklung, nicht aber mit der Gegenwicklung gekoppelt sind, sind Null. i1 i2 φh P u1 P φ1 N1 N1 φ σ2 φ σ1 S N2 φ2 S u2 N2 φh Figur 5.12: Magnetkreis und Flüsse φ eines Zweiwicklungs-Transformators: φ 1 , φ 2 Primär- und sekundärseitiger Wicklungsfluss φh Koppel- oder Hauptfluss φ σ1 , φ σ2 Primär- und sekundärseitiger Streufluss In der in Figur 5.12 gezeigten Anordnung sind die primär- und die sekundärseitige Wicklung des Transformators gegensinnig gewickelt. Die beiden Wicklungen mit den Windungszahlen N 1 und N 2 sind über den Hauptfluss φ h magnetisch miteinander gekoppelt. In der Literatur findet man daher dafür auch häufig die Bezeichnung Koppelfluss. Es ist technisch unmöglich, Transformatoren ohne Streuung zu bauen. Je nach Anwendung ist dies auch gar nicht erwünscht. Im Vergleich zum Hauptfluss φ h liegen die Streuflüsse φ σ1 und φ σ2 normalerweise im Prozentbereich. Die Summe des Haupt- und des Streuflusses ergibt jeweils den Gesamtfluss φ 1 oder φ 2 in der Primärbzw. in der Sekundärwicklung: φ 1 = φ h + φ σ1 φ 2 = φ h + φ σ2 (5.36) Vergleicht man die beiden ersten Gleichungen der Gleichungssysteme (5.34) und (5.36) unter Berücksichtigung der Beziehung ψ 1 = N 1 ⋅ φ 1 zwischen dem magnetischen Fluss und der Flussverkettung, so folgt, dass einerseits die Flussverkettung ψ 11 nur vom Strom i 1 abhängt und somit dem Streuanteil N 1 ⋅ φ σ1 entspricht, während andererseits die Flussverkettung ψ 12 von beiden Wicklungsströmen i 1 und i 2 abhängig ist und somit dem vom Hauptfluss φ h gebildeten Flussverkettungsanteil N 1 ⋅ φ h entspricht. Man gelangt auf diese Weise zu folgendem Gleichungssystem: - 164 - - 165 - ψ 1 = ψ 11 + ψ 12 = N 1 ⋅ φ σ1 + N 1 ⋅ φ h (5.37) ψ 2 = ψ 21 + ψ 22 = N 2 ⋅ φ h + N 2 ⋅ φ σ2 Durch Umformung des Gleichungssystems (5.35) kann die Zuordnung der Summanden vorgenommen und somit die in Figur 5.13 dargestellte Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators hergeleitet werden: ψ 1 = ( L 11 – L 12 ) ⋅ i 1 + L 12 ⋅ ( i 1 + i 2 ) = L σ1 ⋅ i 1 + L h ⋅ ( i 1 + i 2 ) ψ 2 = L 21 ⋅ ( i 1 + i 2 ) + ( L 22 – L 12 ) ⋅ i 2 = L h ⋅ ( i 1 + i 2 ) + L σ2 (5.38) ⋅ i2 Dabei bezeichnet L σ1 die primärseitige und L σ2 die sekundärseitige Streuinduktivität und L h die Hauptinduktivität. Bei diesem Modell muss beachtet werden, dass es nur für lineare Verhältnisse gilt, das heisst nur so lange das Kernmaterial nicht in die Sättigung geht. Ferner muss man sich stets darüber im Klaren sein, dass es sich dabei um ein Modell handelt, denn ein Transformator kann in den wenigsten Fällen durch drei Induktivitäten praktisch realisiert werden. Gründe dafür sind die fehlende Potentialtrennung und die Tatsache, dass die Streuinduktivitäten L σ1 = L 11 – L 12 und L σ2 = L 22 – L 12 auch negativ werden können. L σ1 L σ2 i1 u1 L 11 – L 12 i2 Lh im u2 i2 L 12 u2 Bei idealer Kopplung werden die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 zu Null. Wendet man dann das Induktionsgesetz auf das Gleichungssystem (5.37) an, so folgt: dφ h dψ 2 u 2 = ---------- = N 2 ⋅ --------dt dt (5.40) Zur Berechnung des Stromübersetzungsverhältnisses müssen wir auf Gleichung (5.26) zurückgreifen. Daraus lässt der Durchflutungsbedarf θ h des Transformators berechnen: l Fe θ h = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2 = φ h ⋅ ---------------------------------µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe (5.41) eff Bei einem Kern ohne Luftspalt wird der Durchflutungsbedarf θ h bei idealer magnetischer Leitfähigkeit µ r → ∞ des Kernmateriales aufgrund von eff Gleichung (5.41) zu Null: θh = l Fe lim φ h ⋅ ---------------------------------- = 0 µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe µr → ∞ eff eff (5.42) N2 i1 ---- = – ------N1 i2 (5.43) im Figur 5.13: Galvanisch gekoppelte Ersatzschaltungen eines verlustlosen Transformators dφ h dψ 1 u 1 = ---------- = N 1 ⋅ --------dt dt u1 N1 ----- = ------u2 N2 Dies ergibt folgendes Stromübersetzungsverhältnis: L 22 – L 12 i1 u1 Daraus ergibt sich unmittelbar, dass die Spannungsübersetzung zwischen dem Eingang und dem Ausgang des Transformators bei idealer Kopplung allein vom Verhältnis der Windungszahlen N 1 und N 2 abhängt und somit unabhängig von der Belastung des Bauteils ist: (5.39) Ein derartiges Bauelement wird als idealer Transformator bezeichnet. Der ideale Transformator stellt im Grunde gesehen ein reines Übertragungsglied dar, welches die Spannungen mit dem Verhältnis der Windungszahlen, die Ströme mit dem negativ reziproken Verhältnis und die Impedanzen mit dem Quadrat des Verhältnisses der Windungszahlen N 1 und N 2 transformiert. Im Ersatzschaltbild des Transformators wird die zur Magnetisierung des Kernes benötigte Durchflutung θ h durch den sogenannten Magnetisierungsstrom i m modelliert. Wie in Figur 5.13 zu sehen, fliesst i m durch Hauptinduktivität L h . Beim idealen Transformator wird der Magnetisierungsstrom i m aufgrund von Gleichung (5.42) zu Null. Im Vergleich zum idealen Transformator müssen beim realen Transformator neben der nichtidealen Kopplung und der zur Magnetisierung benötigten - 166 - - 167 - Durchflutung noch die auftretenden Verluste berücksichtigt werden. Bei den magnetischen Bauteilen können im Kern und in den Wicklungen zwei Verlustquellen lokalisiert werden. Die Kernverluste P K sind in erster Näherung proportional zur Frequenz f und zum Quadrat der Wicklungsspannungen u 1 und u 2 und werden durch den Widerstand R Fe angenähert. Die in den Wicklungen des Transformators entstehenden ohmschen Verluste P W werden durch die Wicklungswiderstände R W 1 und R W 2 modelliert. als und anschliessend durch Einbezug der Streuung schrittweise erweitert und so zur Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators gelangt. Die Hauptinduktivität L h kann dabei entweder primär- oder sekundärseitig dargestellt werden. Je nach Anwendungsfall wird der einen oder der anderen Darstellungsart von Figur 5.14a) der Vorzug gegeben. Beide Darstellungen sind aber einander äquivalent. Zur Festlegung der Spannungspolarität werden die Wicklungsanfänge bei gleichem Wicklungssinn durch Punkte gekennzeichnet. a) L σ1 i1 u1 L σ2 L σ1 i2 L h1 N1 N2 i1 u2 i2 u1 N1 N2 L h2 IdealerTransformator IdealerTransformator RW 1 L σ1 L σ2 RW 1 i1 In vielen Fällen vereinfacht sich die Schaltungsanalyse oder -synthese durch Verwendung eines galvanisch gekoppelten Modells des Transformators. In diesem Fall müssen entweder die sekundärseitigen Grössen auf die Primärseite oder die primärseitigen auf die Sekundärseite umgerechnet werden. In der in Figur 5.14c) dargestellten, auf die Primärseite bezogenen Ersatzschaltung des realen Transformators berechnen sich die bezogenen Grössen wie folgt: i2 R Fe u1 c) RW 1 L h1 N1 N2 L σ2 ′ L σ1 u2 RW 1 ′ i2 ′ i1 u1 u2 i m2 i m1 b) Ausgehend von der Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators gelangt man unter Berücksichtigung der Kern- und der Wicklungsverluste zur in Figur 5.14b) gezeigten Ersatzschaltung des realen Transformators. L σ2 R Fe L h1 u2 ′ Figur 5.14: Ersatzschaltungen eines Zweiwicklungs-Transformators: a) Verlustloser Transformator mit primärseitiger (links) oder sekundärseitiger (rechts) Hauptinduktivität b) Realer Transformator mit primärseitiger Hauptinduktivität c) Auf die Primärseite bezogene galvanisch gekoppelte Ersatzschaltung des realen Transformators Figur 5.14a) zeigt, wie man ausgehend vom idealen Transformator das Modell zuerst durch Berücksichtigung der Magnetisierung des Kernmateri- N1 u 2 ′ = ------- ⋅ u 2 N2 N1 2 L σ2 ′ = ------- ⋅ L σ2 N 2 N2 i 2 ′ = ------- ⋅ i 2 N1 N1 2 R W 2 ′ = ------- ⋅ R W 2 N 2 (5.44) Die einzelnen Parameter in der Ersatzschaltung des Transformators nach Figur 5.14 sind stark von den elektrischen Kenngrössen sowie von der Bauform des Transformators abhängig. Die Streuungen L σ1 und L σ2 und die Wicklungswiderstände R W 1 und R W 2 beispielsweise verändern sich sehr stark in Funktion des Leiterquerschnittes sowie in Abhängigkeit der Anordnung und Geometrie der Wicklungen. Für die Kernverluste ist das verwendete Kernmaterial, die Frequenz sowie der Induktionshub entscheidend. Die Eigenschaften und der erzielbare Wirkungsgrad hängen massgeblich von den Nichtidealitäten wie Streuung, Wicklungs- und Kernverluste des Transformators ab, insbesondere in unserem konkreten Anwendungsfall mit seiner aussergewöhnlich niedrigen Eingangsspannung u pv und dem sehr hohen Eingangsstrom i pv . Wir kommen daher nicht umhin, uns noch eingehend mit den material- und aufbaubedingten Eigenschaften der magnetischen Bauteile zu befassen. - 168 Praktische Realisierung von Drosseln und Transformatoren Magnetische Werkstoffe nehmen in vielen technischen Anwendungen eine Schlüsselstellung ein. Für den Bau von Transformatoren und Drosseln sind weichmagnetische Werkstoffe mit möglichst schmaler Hysteresekurve und möglichst hoher Permeabilität µ und Sättigungsinduktion B sat gefragt. Magnetische Werkstoffe, die diesen Anforderungen genügen, lassen sich in drei Hauptgruppen unterteilen: - 169 Permeabilität µ als auch eine höhere Sättigungsinduktion B sat auf. Sie erlaubt im Vergleich zu den Ferriten Umrichterschaltungen mit geringeren Taktfrequenzen zu realisieren. Tabelle 5.4 gibt einen Überblick über die wichtigsten Kenngrössen einiger magnetischer Werkstoffe. SättigungsCurieLeitfähig- FrequenzInduktion Temperatur keit Bereich –1 B sat [ T ] T Cu [ °C ] σ [( Ωm ) ] f [ kHz ] Werkstoff • Ferromagnetische Werkstoffe • Ferrimagnetische Werkstoffe (Ferrite) • Amorphe nanokristalline Werkstoffe Die magnetischen Eigenschaften all dieser Materialien sind temperaturabhängig. So nimmt die Sättigungsinduktion B sat beispielsweise mit steigender Temperatur ab. Oberhalb der sogenannten Curie-Temperatur T Cu verlieren sie gar ihre magnetischen Eigenschaften. Soll das Material als magnetischer Werkstoff genutzt werden, so muss gewährleistet sein, dass seine Betriebstemperatur die Curie-Temperatur T Cu nicht überschreitet. Zu den ferromagnetischen Werkstoffen gehören neben Eisen und Nickel auch Kobalt sowie Legierungen aus Silizium, Eisen, Platin und Chrom wie auch solche aus Kupfer, Mangan und Aluminium. Typische Merkmale dieser Werkstoffe sind ihre sehr hohe Permeabilität µ und Sättigungsinduktion B sat aber auch ihre gute Leitfähigkeit σ . Wie sich bei der Herleitung der Kernverluste weisen wird, muss der zulässige Frequenzbereich der ferromagnetischen Werkstoffe aufgrund ihrer hohen Leitfähigkeit σ auf wenige 100Hz beschränkt werden [56]. Im Gegensatz zu den ferromagnetischen Werkstoffen zeichnen sich Ferrite durch eine deutlich niedrigere Leitfähigkeit σ aus. Bei diesen magnetischen Werkstoffen handelt es sich um polykristalline Materialien bestehend aus Eisenoxid-Verbindungen mit anderen Metalloxiden. Ihre geringe Leitfähigkeit σ führt zu deutlich geringeren Wirbelstromverlusten und ermöglicht, sie auch bei Anwendungen mit wesentlich höheren Frequenzen einzusetzen. Mangan-Zink-Ferrite können bis zu einigen MHz , Nickel-Zink-Ferrite gar bis zu einigen hundert MHz verwendet werden. Im übrigen verhalten sie sich wie ferromagnetische Stoffe, haben jedoch niedrigere Sättigungsinduktionen B sat und niedrigere Curie-Temperaturen T Cu . Die dritte Gruppe magnetischer Werkstoffe sind die amorphen nanokristallinen Materialien. Sie weisen im Vergleich zu ferromagnetischen Materialien nur geringfügig kleinere Sättigungsinduktionen B sat aber deutlich geringere Leitfähigkeiten σ . Gegenüber den Ferriten weisen sie sowohl eine höhere Ferromagnetisch Reines Eisen 1.5 Siliziumeisen 2.0 770 750 10 ⋅ 10 6 2.5 ⋅ 10 6 Nickeleisen 0.8 400 1.6 ⋅ 10 6 Kobalteisen 2.35 950 3.0 ⋅ 10 6 Mangan-Zink 0.4 >130 1 Nickel-Zink 0.3 >130 1.2 600 0.05 - 0.5 0.05 - 0.5 0.05 - 0.5 0.05 - 0.5 Ferrit 5.0 ⋅ 10 50 ⋅ 10 –5 3 300 ⋅ 10 3 Amorph-nanokristallin Vitroperm 500F 84 200 Tabelle 5.4: Typische Kenngrössen einiger weichmagnetischer Werkstoffe für Transformator- und Drosselkerne [53], [56], [59], [60] In den magnetischen Komponenten wie Transformatoren und Drosseln lassen sich prinzipiell folgende zwei Verlustquellen identifizieren: • Wicklungsverluste P W • Kernverluste P K Bei den Wicklungsverlusten handelt es sich um rein ohmsche Verluste in den Wicklungen. Sie lassen sich nach folgender Regel berechnen: P W = R W ⋅ I Weff 2 (5.45) Dabei stellt R W den Wicklungswiderstand und I Weff den Effektivwert des Wicklungsstromes i W dar. Der Widerstandswert R W kann in erster Nähe- - 170 - - 171 - rung über die Länge l W und den Querschnitt A W des Wicklungsdrahtes wie folgt ermittelt werden: sind, anhand des einfachen Beispiels eines runden langen Leiters erarbeitet werden. lW R W = ρ Cu ⋅ -------AW mit ρ Cu = 1.7 ⋅ 10 (5.46) –8 [ Ωm ] Spezifischer elektrischer Widerstand des Kupfers Bei genauerem Hinsehen ist der Widerstandswert von R W nicht konstant, sondern sowohl eine Funktion der geometrischen Leiteranordnung als auch der Betriebsfrequenz f des magnetischen Bauteils. Der Grund für diesen Sachverhalt liegt in der Stromverdrängung im elektrischen Leiter aufgrund des Skin- und des Proximity-Effekts. Je grösser die Arbeitsfrequenz f und je grösser die Wicklungsströme sind, desto gravierender können sich diese Effekte auswirken. Im einzelnen versteht man darunter: • Skin-Effekt Aufgrund des eigenen elektrischen Wechselfeldes E im stromdurchflossenen elektrischen Leiter wird der Strom an den Rand des Leiters verdrängt. Durch die so entstandene inhomogene Stromverteilung trägt nicht der gesamte Leiterquerschnitt A W in gleichem Masse zum Stromfluss bei, sondern es entstehen entlang der Leiterhülle Bereiche mit sehr hoher Stromdichte j . Daher rührt auch der Name “Skin-” oder auf deutsch “Haut-Effekt” her. Dies führt letztendlich zu einem höheren ohmschen Widerstand im stromführenden Leiter und damit zu höheren Leistungsverlusten. • Proximity-Effekt Beim Proximity-Effekt kommen dieselben Effekte zum Zuge wie beim Skin-Effekt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Stromverdrängung nicht durch das eigene elektrische Wechselfeld E hervorgerufen wird, sondern durch jenes benachbarter stromführender Leiter. Ähnlich wie beim Skin-Effekt deutet auch hier der Name bereits auf das Phänomen hin. Physikalisch liegen dem Skin- und dem Proximity-Effekt die Maxwell’schen Gleichungen zugrunde. Sie beschreiben in allgemeingültiger Form den Zusammenhang zwischen der Stromdichte j , der elektrischen Feldstärke E sowie der magnetischen Feldstärke H und Induktion B . Nachfolgend sollen die Zusammenhänge, soweit sie für das Verständnis des Skin-Effektes nötig Damit in einem realen Leiter ein Strom fliessen kann, muss gemäss ohmschem Gesetz eine Spannung angelegt werden. Die folgende Gleichung zeigt das ohmsche Gesetz in allgemeiner Form: j = σ⋅E (5.47) Dabei stellt j die Stromdichte, E die elektrische Feldstärke und σ die spezifische elektrische Leitfähigkeit dar. Die dabei auftretenden Feldstärken E sind aufgrund der hohen Leitfähigkeit σ der elektrischen Leitermaterialien sehr klein. Die Stromdichte j und das angelegte Feld E sind gemäss Gleichung (5.47) proportional und zeigen in dieselbe Richtung. Fliesst also im Leiter ein Wechselstrom i , so stellen auch die Stromdichte j und das angelegte elektrische Feld E Wechselgrössen dar. E, j E i , ji H, B H, B E i , ji Figur 5.15: Verkettung der elektrischen und magnetischen Felder aufgrund der Maxwell’schen Gleichungen Wie Figur 5.15 zeigt, erzeugt das angelegte elektrische Wechselfeld E ein induziertes magnetisches Wechselfeld H . Das elektrische und das magnetische Feld stehen dabei vektoriell senkrecht zueinander. Das magnetische Feld H erzeugt seinerseits wiederum ein induziertes elektrisches Feld E i . Grundlage dafür bildet die nachfolgend aufgeführte zweite Maxwell’sche Gleichung [57]. dB rot E i = – ------dt (5.48) - 172 - - 173 - In unserem Beispiel des runden Leiters heben sich mit Ausnahme der Komponenten in Leiterrichtung alle übrigen Komponenten des induzierten elektrischen Feldes E i gegenseitig auf. Die Gleichung (5.48) vereinfacht sich somit zu: rende magnetische Feldstärke H bei zunehmender Frequenz f des elektrischen Wechselfeldes E . dB E i = – ------dt H (r ) (5.49) A B C D E F E(r ) A Gemäss dem ohmschen Gesetz ruft das induzierte elektrische Feld E i genau wie das angelegte Feld E eine zur Feldstärke E i proportionale Stromdichte j i hervor, welche Wirbelstromdichte genannt wird. Dementsprechend wird die induzierte Feldstärke E i auch elektrischer Wirbelfeldvektor genannt. In Figur 5.16 sind die Auswirkungen der Maxwell’schen Gleichungen im runden elektrischen Leiter bei zeitlich veränderlichen Strömen dargestellt. Das induzierte elektrische Wirbelfeld E i unterstützt das angelegte Feld E am Leiterrand und schwächt das angelegte elektrische Feld E im Innern des Leiters. B C D r E F AW r d⁄2 Induzierte elektrische Wirbelfelder Induziertes elektrisches Wechselfeld Induziertes magnetisches Feld Ei H Ei E Ei Angelegtes elektrisches Wechselfeld E Angelegtes elektrisches Wechselfeld Figur 5.16: Elektrische Feldverteilung als Ursache der Stromverdrängung in einem elektrischen Leiter mit kreisrundem Querschnitt Figur 5.17 zeigt auf der linken Seite den prinzipiellen Verlauf der resultierenden elektrischen Feldstärke E und auf der rechten Seite die dazugehö- d⁄2 Figur 5.17: Resultierende elektrische Feldstärke E und magnetische Feldstärke H bei Stromverdrängung: Verteilung E ( r ) bei Gleichstrom ( A ) Verteilung E ( r ) mit steigender Stromfrequenz f ( B → F ) Verteilung H ( r ) bei Gleichstrom ( A ) Verteilung H ( r ) mit steigender Stromfrequenz f ( B → F ) Aus der Gleichung (5.47) für das ohmsche Gesetz folgt direkt, dass der qualitative Verlauf der Stromdichte j mit dem Verlauf der elektrischen Feldstärke E übereinstimmt. Der Verlauf der Kurve F in Figur 5.17 zeigt deutlich auf, dass der Stromtransport bei sehr hohen Wechselstromfrequenzen f (Mikrowellen) beinahe nur noch in der Aussenhaut des Drahtes verläuft. Da der Strom im Innern des Leiters in solchen Fällen praktisch Null ist, drängt sich aus Materialspargründen entweder eine Verringerung des Leiterradius r oder die Verwendung von Hohlleitern auf. Aus den Kurvenverläufen von Figur 5.17 wird ebenfalls ersichtlich, dass sich bei Stromverdrängung der Stromfluss dort konzentriert, wo die magnetische Feldstärke H betragsmässig am grössten ist. Nur im Falle von Gleichstrom liegt eine homogene elektrische Feldverteilung über dem gesamten Leiterquerschnitt - 174 - - 175 - vor. Das ergibt einerseits eine ebenfalls homogene Stromverteilung und führt andererseits dazu, dass die magnetische Feldstärke H im Innern des Leiters linear mit dem Radius r ansteigt. Figur 5.19 vermittelt ein Gefühl für die Grössenordnungen der Eindringtiefe δ bei einem runden Kupferleiter für verschiedene Frequenzen f : Bei starker Stromverdrängung ist die Berechnung des Wicklungswiderstandes R W nach Gleichung (5.46) nicht mehr zulässig, da der Hauptanteil des Stromes mit zunehmender Stromverdrängung immer mehr an den Rand des Leiters gedrängt wird. Dies hat zur Folge, dass der innere Teil eines massiven Leiterdrahtes bei Stromverdrängung elektrisch und magnetisch nicht ausgenutzt wird und somit praktisch nichts zum Stromfluss beitragen kann. In der Praxis definiert man daher eine äquivalente Leiterschichtdicke δ . In der Literatur wird dafür auch oft der Begriff Eindringtiefe verwendet. Für die Berechnung des Wicklungswiderstandes R W ~ bei Wechselstrom reduziert sich durch den Skin-Effekt der nutzbare Leiterquerschnitt A W ~ gegenüber dem vollen Querschnitt A W bei Gleichstrom -wie in Figur 5.18 dargestelltauf einen Ring der Breite δ entlang der Drahthülle. Dies führt bei Wechselstrombelastung zu einem Anstieg des Wicklungswiderstandes R W ~ gegenüber dem Gleichstromwiderstand R W . Die für die quantitative Bestimmung des Widerstandswertes R W ~ erforderliche Eindringtiefe δ kann gemäss [57] wie folgt angegeben werden. 2 -------------------------------- = ω ⋅ µ0 ⋅ µr ⋅ σ δ = 1 ---------------------------------------π ⋅ f ⋅ µ0 ⋅ µr ⋅ σ (5.50) Mit Hilfe der Gleichung (5.50) und der Angaben in Figur 5.18 lässt sich der wirksame Wechselstromwiderstand R W ~ leicht berechnen: Wechselstromwicklungswiderstand R W ~ : lW R W ~ = ρ Cu ⋅ ----------AW ~ (5.51) Wirksamer Querschnitt A W ~ : δ π 2 2 A W ~ = --- ⋅ ( d – d 1 ) 4 d1 d A W ~ = πδ ⋅ ( d – δ ) (5.52) Figur 5.18: Berechnung des Wicklungswiderstandes bei Stromverdrängung f = 0Hz 50Hz 1kHz δ 25kHz 50kHz 100kHz 1MHz Frequenz f Leitfähigkeit σ δ = 0mm 9.3mm 2.1mm 0.42mm 0.30mm 0.21mm 0.07mm Figur 5.19: Eindringtiefe δ in Funktion der Stromfrequenz f bei einem runden Kupferleiter Zu den Ergebnissen von Figur 5.19 gelangt man durch Auswerten der Gleichung (5.50) unter Verwendung von µ r = 1 und σ Cu = 5.8 ⋅ 10 7 [ ( Ωm ) –1 ] für Kupfer. Gleichung (5.50) und Figur 5.19 zeigen, dass die Eindringtiefe δ mit zunehmender Leitfähigkeit σ des Materials und mit steigender Frequenz f des Stromes abnehmen. Figur 5.20 zeigt die anhand der Gleichungen (5.52), (5.51) und (5.50) berechnete Abhängigkeit des wirksamen Wicklungswiderstandes R W ~ bei Wechselstrombelastung von der Frequenz f und von der Leitergeometrie. Die Diagramme von Figur 5.20 sind für verschiedene Leiterdurchmesser d so aufgetragen, dass die mittlere Stromdichte j im Leiter in allen Fällen stets 2 im praktisch zulässigen Bereich [ 2…10 ] A ⁄ mm liegt. In der oberen Reihe von Figur 5.20 ist der Wechselstromwiderstand R W ~ für eine 100 A -Hochstrom-Wicklung dargestellt, während unten rechts die Verhältnisse für eine Niederstrom-Wicklung dargestellt sind. Die Diagramme zeigen, dass der Skin-Effekt bei gegebenem Leiterstrom I dc umso früher einsetzt, je kleiner die Stromdichte j gewählt wird. Der Grund liegt darin, dass der Drahtdurchmesser d mit steigender Stromdichte abnimmt und die Stromverdrängung somit erst bei höheren Frequenzen f einsetzt. Die grösseren Leiterabmessungen sind auch dafür verantwortlich, dass sich der Skin-Effekt bei Leitungen für Ströme im kA -Bereich bereits bei der Netzfrequenz f N von 50Hz bemerkbar macht. - 176 - - 177 - dc lw=100 [cm]; j =10 [A/mm2] 2 j = 5 [A/mm ] 20 j = 2 [A/mm ] 2 j = 5 [A/mm ] → → j = 2 [A/mm2] 10 2 → 2 lw=10 [cm]; j =10 [A/mm ] → 15 2 j = 5 [A/mm ] j = 2 [A/mm2] → 2 2.5 lw=10 [cm]; j =10 [A/mm2] → 5 1.5 1 0.5 →→ → Wicklungswiderstand RW∼ [mΩ] 25 gleichbar mit dem Gleichstromwiderstand R W einer Wicklung mit identischem Querschnitt und zehnfacher Windungszahl. = 100 [A] 0 102 103 104 105 Stromfrequenz f [Hz] 106 Wicklungswiderstand RW∼ [mΩ] Hochstrom−Wicklung mit I 0 102 103 104 105 Stromfrequenz f [Hz] 106 ∞ PW = Niederstrom−Wicklung mit Idc = 1 [A] 3 lw=1 [m]; j =10 [A/mm2] 2 2.5 j = 5 [A/mm ] → 2 j = 2 [A/mm ] 2 mit: → I dc d = 2 ⋅ ---------π⋅ j → 1 δ = ---------------------------------- ∧ δ ≤ d --- 2 π ⋅ f ⋅ µ 0 ⋅ σ Cu 1.5 1 0.5 102 103 104 105 Stromfrequenz f [Hz] ∑ RW ~x ⋅ I 2x + 1 2 (5.53) x=0 Wicklungswiderstand RW∼ [Ω] lW R W ~ = ---------------------------------------------π ⋅ σ Cu ⋅ δ ⋅ ( d – δ ) Die vergrösserte Darstellung der kurzen Hochstrom-Wicklung oben rechts in Figur 5.20 zeigt, dass bei einer Taktfrequenz f von 25kHz bereits die Grundschwingung vom Skin-Effekt betroffen ist. Der Wechselstromwiderstand R W ~ ist bei dieser Frequenz f je nach Stromdichte j zwei- bis dreimal grösser als bei Gleichstrom, weist aber bei 25kHz einen Widerstandswert R W ~ von weniger als 0.5mΩ auf. Bei einer rechtecksförmigen Stromform kommen im Spektrum alle ungeraden Vielfachen der Grundfrequenz f vor. Ihre Amplituden I n nehmen dabei umgekehrt proportional zur Ordnungszahl n ab. Die Wicklungsverluste P W berechnen sich danach wie folgt: 0 106 Figur 5.20: Frequenzabhängigkeit des Wicklungswiderstandes R W ~ verschieden langer Wicklungen für hohe Ströme (oben) und für kleine Ströme (unten) und bei verschiedenen Stromdichten j In bezug auf unseren Niederspannungs-Umrichter muss dem Skin-Effekt vor allem bei magnetischen Komponenten auf der Niederspannungsseite besondere Beachtung geschenkt werden. Die Diagramme in der oberen Reihe von Figur 5.20 zeigen, dass der Skin-Effekt bei einer 100 A -Wicklung ab einer Frequenz f von 1kHz einsetzt. Um den Wechselstromwiderstand R W ~ in akzeptablem Rahmen zu halten, ist es besonders wichtig, dass die Wicklung so kurz wie möglich ist. Der Wechselstromwiderstand R W ~ einer einzelnen Wicklung von ungefähr 10cm Länge ist bei der Frequenz f von 1MHz ver- wobei I n die n-te Harmonische des Stromes und R W ~n den Wechselstromwiderstand bei der n-fachen Grundfrequenz f darstellt. Die ohmschen Verluste der 3. Harmonischen berechnen sich beispielsweise durch Multiplikation des Wechselstromwiderstandes R W ~3 bei der dreifachen Grundfrequenz f mit dem Quadrat der 3. Stromharmonischen I 3 . Bei rechtecksförmigem Strom hat das Quadrat der 3. Harmonischen noch 1 ⁄ 9 und jenes der 5. Harmonischen noch 1 ⁄ 25 des Gewichtes der Grundschwingung. Das Diagramm oben rechts von Figur 5.20 zeigt, dass die Wechselstromwiderstände der 3. und der 5. Stromharmonischen bei einer einzelnen Windung immer noch weniger als 1mΩ betragen. Die Kurvenverläufe im unteren Bild von Figur 5.20 zeigen, dass der SkinEffekt bei der Niederstrom-Wicklung mit einer Grundsschwingungsfrequenz f von 25kHz im Gegensatz zur Hochstrom-Wicklung sowohl für die Grundschwingung als auch für die 3. und 5. Harmonische des Stromes kein nennenswertes Problem darstellt. Die Gründe dafür sind wiederum im geringen Drahtdurchmesser d zu suchen. Ganz generell lässt sich sagen, dass der Skin-Effekt durch Verwendung sehr dünner Leiterquerschnitte wesentlich entschärft werden kann. Sind aufgrund des zu führenden Stromes grosse Querschnitte erforderlich, so verwendet man nicht einen einzelnen dicken Kupferleiter, sondern ein Drahtgeflecht, das im Innern aus sehr vielen dünnen Drähten besteht. Solche Leiter werden - 178 - - 179 - aufgrund ihrer stark verbesserten Eigenschaften bei hohen Frequenzen f Hochfrequenzlitzen genannt. Da die einzelnen Leiter einer Wicklung innerhalb des Wickelkörpers sehr nahe beieinander liegen, kommt neben dem Skin- auch der Proximity-Effekt zum tragen. Darunter versteht man Stromverdrängungserscheinungen, die durch das magnetische Feld H benachbarter Leiter hervorgerufen werden. Wie die Kurvenverläufe in Figur 5.17 zeigen, nimmt die magnetische Feldstärke H bei homogener Stromverteilung innerhalb des Leiters linear mit dem Radius r zu. Ausserhalb des Leiters sinkt die Amplitude umgekehrt proportional zum Radius r ab. Liegen nun die Leiter sehr eng beieinander, so klingt das Magnetfeld H des einen Leiters aufgrund des fehlenden Abstandes zum Nachbarleiter nicht ab, sondern durchdringt ihn. Figur 5.21 zeigt die so entstehenden resultierenden Verläufe der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des Wickelfensters A WF sowie die Verlustleistungsdichte p W in den einzelnen Windungen bei einer Drossel sowohl für den Fall geringer Stromverdrängung als auch bei starker Stromverdrängung ( δ « d ) . Bitte beachten Sie bei der Beurteilung der Zusammenhänge von Figur 5.21 die logarithmische Skalierung bei der Verlustleitungsdichte p W . Ohne Berücksichtigung des Proximity-Effektes würde aufgrund des SkinEffektes -in Übereinstimmung mit Figur 5.17- ein exakt symmetrisches Stromverteilungsprofil j innerhalb des Wicklungsleiters der Drossel entstehen. Unter Mitberücksichtigung des Proximity-Effektes verschiebt sich jedoch das Stromverteilungsprofil j in Richtung der höheren magnetischen Feldstärken H W . Die auf diese Weise hervorgerufene Stromverdrängung macht sich aus zwei Gründen in der Verlustleistungsdichte p W und damit auch bei den gesamten Drosselverlusten besonders gravierend bemerkbar: erstens nehmen die durch den Skin- und den Proximity-Effekt induzierten elektrischen Wirbelfelder E i gemäss Gleichung (5.49) proportional zur Ableitung der magnetischen Feldstärke H W zu und zweitens sind die so entstehenden Wirbelstromverluste im Wicklungsleiter mit dem Quadrat der Feldstärke E i innerhalb des Leiters verknüpft. Sollen die ohmschen Verluste P W in den Wicklungen minimiert werden, muss demzufolge eine möglichst gleichmässige Verteilung der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des Wicklungsfensters A WF angestrebt werden. Bei einer Drossel lässt sich aber aufgrund des Durchflutungsgesetzes nichts am in Figur 5.21 deutlich zu sehenden prinzipiellen Anstieg der magnetischen Feldstärke H W ändern. Um Stromverdrängungseffekte aufgrund des Proximity-Effektes soweit wie möglich zu vermeiden, sollten daher genau gleich wie beim Skin-Effekt die δ>d δ<d A WF HW HW ~12 i ~12 i ~8 i ~8 i ~4 i ~4 i 0 x 0 pW pW ~ 100 ~ 100 ~ 10 ~ 10 0 x x 0 x Figur 5.21: Schematische Darstellung der Wicklungsanordnung und prinzipieller Verlauf der magnetischen Feldstärke H W sowie der Leistungsdichte p W im Wicklungsfenster A WF einer Drossel [58] Wicklungen nicht aus einem einzelnen Kupferleiter, sondern aus HF-Litze oder aus gegenseitig isolierten Leiterfolien bestehen. Durch Verdrillen der Hochfrequenzlitze kommt jeder einzelne Draht der Litze abwechselnd auf der Innen- und auf der Aussenseite der Wicklungslage zu liegen. Dadurch lassen sich die durch den Proximity-Effekt hervorgerufenen Wirbelstromverluste in der Drosselwicklung stark mildern. Im Gegensatz zur Drossel kann beim Transformator der Spitzenwert der magnetischen Feldstärke H W im Wicklungsfenster durch Verschachtelung - 180 - - 181 - der Primär- und der Sekundärwicklung reduziert werden, denn die Durchflutung der Sekundärwicklung θ 2 ist von ihrem Vorzeichen her derjenigen der Primärwicklung θ 1 entgegengesetzt. Durch Verringerung der magnetischen Feldstärke H W können die Auswirkungen des Proximity-Effektes auf die Verlustleistungsdichte p W abgeschwächt werden, was letztendlich zu niedrigeren Wicklungsverlusten P W führt. In Verbindung mit den bereits erwähnten Massnahmen, wie der Verwendung von dünnen Leiterfolien oder HF-Litzen, besitzt somit der Transformator im Vergleich zur Drossel ein höheres Optimierungspotential bei den ohmschen Wicklungsverlusten. Figur 5.22 zeigt auf der linken Seite den Verlauf der magnetischen Feldstärke H W im Wicklungsfenster A W sowie der Verlustleistungsdichte p W in den Wicklungen bei einem Transformator mit konzentrierten Wicklungen, während auf der rechten Seite dieselben Grössen für einen Transformator mit verschachtelten Wicklungen aufgeführt sind. A WF HW HW N 1 ⋅ i1 ~1 ~2 ⁄ 3 ~1 ⁄ 3 0 ~-1 ⁄ 3 N ⋅i 1 1 N 2 ⋅ i2 1 --- ⋅ N ⋅ i 1 1 3 0 x 1 – --- ⋅ N 1 ⋅ i 1 3 pW pW ~ 100 ~ 100 ~ 10 ~ 10 0 x 0 x x Figur 5.22: Schematische Darstellung der Wicklungsanordnung und prinzipieller Verlauf der magnetischen Feldstärke H W sowie der Leistungsdichte p W im Wicklungsfenster A WF eines Transformators mit konzentrierten und eines mit verschachtelten Wicklungen Weil die Wirbelstromverluste proportional zum Quadrat der magnetischen Feldstärke H W sind, verringern sie sich bei einer Halbierung der Feldstärke H W auf 1 ⁄ 4 , bei einer Reduktion von H W auf ein Viertel betragen sie gar nur noch 1 ⁄ 16 ihres ursprünglichen Wertes. Die Wicklungsverluste P W können also durch immer feinere Verschachtelung der Primär- und der Sekundärwicklung -im Extremfall bis die einzelnen Wicklungspakete aus einer einzigen Wicklungslage bestehen- verringert werden. Dies erfolgt aber nicht ohne Inkaufnahme einiger Nachteile. Die Herstellung fein verschachtelter Wicklungen ist aufwendig und teuer, die unerwünschte parasitäre Koppelkapazität zwischen der Primär- und der Sekundärwicklung steigt proportional zur Anzahl Wicklungspakete und die Anforderungen an die Isolation steigen. Der zusätzliche Isolationsaufwand beansprucht Platz und verringert somit die aktive Kupferfläche und den Kupferfüllfaktor, was wiederum zu einer Erhöhung der Wicklungsverluste P W und zu einer Verringerung der Leistungsdichte des Transformators führt. Das Optimum für die Verschachtelungstiefe muss aus diesem Grunde von Fall zu Fall einzeln ermittelt werden. Mit Hilfe der beschriebenen Verfahren können zuverlässige Abschätzungen der anfallenden Wicklungsverluste P W für einfache Wicklungsanordnungen erstellt werden. Die sehr gute Übereinstimmung der Abschätzungen mit den Verlustmessungen an den magnetischen Bauteilen unserer Laboraufbauten bestätigen diese Aussage. Exakte Berechnungen der Feldverläufe für komplexe Wicklungsanordnungen erfordern den Einsatz von “Finite-Elemente”Feldberechnungsverfahren und sind nicht Gegenstand dieser Arbeit. Der magnetische Feldverlauf H W im Wicklungsfenster A W ist nicht nur für Wicklungsverluste P W von grosser Bedeutung, sondern insbesonders auch für die primär- und sekundärseitig messbaren Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 . Sie lassen sich über die im Wicklungsvolumen V W gespeicherte magnetische Energie E W wie folgt definieren: 1 1 1 2 2 E W = --- ⋅ L σ12 ⋅ i 1 = --- ⋅ L σ21 ⋅ i 2 = --- ⋅ 2 2 2 ∫ ∫ ∫ BW ⋅ H W dV VW (5.54) - 182 - - 183 - Die Messanordnung zur Ermittlung der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 ist in Tabelle 5.5 dargestellt. Die Messung erfolgt jeweils durch Anlegen einer sinusförmigen Spannung u ~ an eine Wicklung und gleichzeitigem Kurzschliessen der restlichen Wicklungen. Über die gemessene Impedanz Z kann nach folgender Tabelle auf den Wert der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 geschlossen werden. l P S hW N1 Streuinduktivität L σ12 U1 I1 U1 Z 12 = ------I1 I2 U2 = 0 U2 = 0 1 = -----------------jωL σ12 Streuinduktivität L σ21 U1 = 0 I1 U2 Z 21 = ------I2 x I2 U1 = 0 θ (5.55) Nach dem Durchflutungsgesetz (5.17) folgt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die magnetische Feldstärke H Fe im Kern gegenüber jener H W im Wicklungsfenster A WF vernachlässigt werden kann, die Gleichung: (5.56) lW HW H W m ax 1 = -----------------jωL σ21 Unter der Annahme, dass die Zwischenräume zwischen den einzelnen Wicklungslagen und zwischen Wicklung und Kern gegenüber der Wicklungsbreite vernachlässigt werden können, gilt für die vom Linienzug l eingeschlossene Durchflutung θ l folgende Näherung: bW lW θ m ax Nachfolgend soll die Streuinduktivität L σ12 für die in der linken Hälfte von Figur 5.22 dargestellte Wicklungsanordnung berechnet werden. Die für die Berechnung notwendigen geometrischen Abmessungen sowie der Verlauf der magnetischen Feldstärke H W sind in Figur 5.23 aufgeführt. bW x θ l ( x ) = N 1 ⋅ i 1 ⋅ -------------- für 0 ≤ x ≤ ------bW ⁄ 2 2 A WF bW U2 Tabelle 5.5: Messanordnung zur Ermittlung der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 eines Zweiwicklungs-Transformators θl ( x ) ≈ H W ( x ) ⋅ hW N2 N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2 0 bw ⁄ 2 x 0 bw bw ⁄ 2 x bw Figur 5.23: Wicklungsanordnung sowie Verlauf der Durchflutung θ ( x ) und der magnetischen Feldstärke H W ( x ) im Wicklungsfenster A WF bei einem Zweiwicklungs-Transformator mit konzentrierten Wicklungen Mit Hilfe der Gleichungen (5.55) und (5.56) kann die magnetische Feldstärke H W im Wicklungsfenster in Funktion des Stromes i 1 , der Windungszahl N 1 sowie der Kernabmessungen angegeben werden: 2 ⋅ N 1 ⋅ i1 bW H W ( x ) = ----------------------- ⋅ x für 0 ≤ x ≤ ------2 bW ⋅ hW (5.57) Analog folgt für den Bereich der Sekundärwicklung: 2 ⋅ N 1 ⋅ i1 bW x H W ( x ) = ----------------------- ⋅ 1 – ------- für ------- ≤ x ≤ b W 2 hW bW (5.58) Mit den Ergebnissen (5.57) und (5.58) kann nun das Dreifachintegral von Gleichung (5.54) ausgewertet werden. Die Windungslänge l Wx , welche exakt genommen eine Funktion ihrer Lage x ist, wird der Einfachheit halber - 184 - - 185 - durch die mittlere Windungslänge l W approximiert. Darüber hinaus gilt für die relative Permeabilität im Wicklungsfenster µ r ≈ 1 . Auf diese Weise gelangt man zu folgendem Ergebnis für Gleichung (5.54): P S P N N 1 ------- bW 1 1 2 E W = --- ⋅ L σ12 ⋅ i 1 ≈ --- ⋅ µ 0 ⋅ h W ⋅ l W ⋅ 2 2 ∫ 2 H W ( x ) dx N 1 ------- 2 bW ⁄ 2 ∫ 0 2 2 ⋅ N 1 ⋅ i1 2 ----------------------- ⋅ x dx bW ⋅ hW θ 2 2 (5.60) µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW L σ12 ≈ -----------------------------------------3 ⋅ hW (5.61) Ausgehend von Gleichung (5.60) und unter Berücksichtigung des Durchflutungsgleichgewichts N 1 ⋅ i 1 = N 2 ⋅ i 2 gelangt man zu folgendem Ergebnis für die Streuinduktivität L σ21 : 2 µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW L σ21 ≈ -----------------------------------------3 ⋅ hW (5.62) Durch Verschachtelung der Primär- und der Sekundärwicklung des Transformators verringert sich auch der Wert der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 . Um dies zu veranschaulichen, wurden nach dem gleichen Verfahren wie beim Transformator mit konzentrierten Wicklungen nach Figur 5.23 die Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 für die zwei in Figur 5.24 gezeigten Wicklungsanordnungen berechnet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.6 zusammengestellt und bestätigen, dass die Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 umso geringer ausfallen, je feiner die Primär- und die Sekundärwicklung des Transformators miteinander verschachtelt sind. N 1 ------- N N 1 ------- N N 1 ------- 2 ---2 2 2 ---2 4 bW A θ WF 1 0.75 N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2 0.5 N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2 0.5 0.25 0 2 P bW 0.25 Durch Erweitern der Gleichung (5.60) folgt unmittelbar für die Streuung: S 4 0.75 2 P hW 1 µ0 ⋅ N 1 ⋅ i1 ⋅ bW ⋅ lW ≈ -----------------------------------------------------6 ⋅ hW S hW (5.59) 0 1 ≈ --- ⋅ µ 0 ⋅ h W ⋅ l W ⋅ 2 ⋅ 2 P – 0.25 1 --- b 2 w x 0 bw – 0.25 – 0.5 – 0.5 – 0.75 – 0.75 –1 –1 x 1 --- b 2 w bw Figur 5.24: Verringerung der Durchflutung θ im Wicklungsfenster A W durch Verschachtelung der primär- und sekundärseitigen Wicklungen Anordnung Streuinduktivität L σ12 Streuinduktivität L σ21 2 2 2 2 Figur 5.24 links µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW L σ12 ≈ ------------------------------------------ L σ21 ≈ -----------------------------------------12 ⋅ h W 12 ⋅ h W Figur 5.24 rechts µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW L σ12 ≈ ------------------------------------------ L σ21 ≈ -----------------------------------------48 ⋅ h W 48 ⋅ h W Tabelle 5.6: Approximation der in Tabelle 5.5 definierten Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 der Wicklungsanordnungen von Figur 5.24 Anhand der Gleichungen (5.61), (5.62) und der Ergebnisse von Tabelle 5.6 - 186 - - 187 - kann die folgende allgemein gültige Formel für die Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 bei verschachtelten Wicklungen hergeleitet werden. Wirbelstromverluste P Kw sind umso grösser, je höher die Leitfähigkeit σ Fe des Kernmaterials ist. Aufgrund der hohen Leitfähigkeit σ Fe des Kernmaterials stellen die Wirbelstromverluste P Kw vor allem bei den ferromagnetischen Materialien ein grosses Problem dar, welches zumindest teilweise durch Laminierung des Kernes -wie auf der rechten Seite von Figur 5.25 dargestellt- entschärft werden kann. So aufgebaute Kerne bestehen aus vielen sehr dünnen und gegenseitig isolierten Eisenblechen. Dadurch können der effektiv wirksame Widerstand ρ Fe des Kernes erhöht und die Wirbelströme j i verringert werden. Die Wirbelstromverluste P Kw können gemäss [83] wie folgt approximiert werden: 2 µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW L σ12 ≈ -----------------------------------------2 3 ⋅ m ⋅ hW 2 µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW L σ21 ≈ -----------------------------------------2 3 ⋅ m ⋅ hW (5.63) Dabei stellt m die Anzahl Übergänge zwischen den einzelnen Windungspaketen der Primär- und der Sekundärwicklungen dar. Die Kernverluste P K stellen neben den Wicklungsverlusten P W die zweite Verlustquelle in den magnetischen Bauteilen dar. Sie bestehen im wesentlichen aus den folgenden zwei Komponenten: • Wirbelstromverluste P Kw • Hystereseverluste P Kh Die Ursache der Wirbelstromverluste P Kw liegt in der in Figur 5.15 dargestellten Verkettung der elektrischen und magnetischen Felder aufgrund der Maxwell’schen Gleichungen. Das magnetische Wechselfeld H Fe im Kern induziert gemäss Gleichung (5.49) elektrische Wirbelfelder E i , welche dem ohmschen Gesetz von Gleichung (5.47) folgend die unmittelbare Ursache der Wirbelströme j i darstellen. φ φ H Fe H Fe Ei Ei ji ji H Fe H Fe Figur 5.25: Entstehung und Minimierung der Wirbelströme j i im Kern von Drosseln und Transformatoren Figur 5.25 verdeutlicht nochmals den Zusammenhang zwischen dem magnetischen Feld H Fe und Fluss φ Fe im Kern und den induzierten Wirbelfeldern E i und Wirbelströmen j i . Die Wirbelströme j i und somit auch die 2 2 2 d ⋅ ω ⋅ B̂ ⋅ V Fe P Kw ≈ ----------------------------------------24 ⋅ ρ Fe (5.64) Dabei stellen d die Dicke und ρ Fe den spezifischen Widerstand der Eisenbleche dar, während V Fe das Gesamtvolumen des Kernes, B̂ den Scheitelwert der magnetischen Induktion und ω deren Kreisfrequenz bezeichnen. Zur Vergrösserung des spezifischen Widerstandes ρ Fe wird zur Herstellung der Eisenbleche nicht reines Eisen, sondern eine Legierung mit einem zweiten Material mit geringerer Leitfähigkeit σ Fe verwendet. Sind aber von der Anwendung her Frequenzen f im kHz -Bereich gefragt, muss man sich auf Kernwerkstoffe mit hohem spezifischen Widerstand ρ Fe beschränken. Tabelle 5.4 zeigt sehr eindrücklich, dass Ferrite im Vergleich zu allen anderen magnetischen Werkstoffen in dieser Beziehung unerreicht sind. Dank ihrem sehr hohen spezifischen Widerstand ρ Fe sind die Wirbelstromverluste P Kw auch bei höchsten Frequenzen f so gering, dass sie gegenüber den Hystereseverlusten P Kh vernachlässigt werden können, Dies macht die Ferritwerkstoffe zum bevorzugten Kernmaterial bei hohen Frequenzen f . Die Hystereseverluste P Kh entstehen durch Umpolen der Molekularmagnete im Kernmaterial aufgrund des angelegten magnetischen Wechselfeldes H Fe . Der Magnetisierungs- und Entmagnetisierungsvorgang des Kernes verläuft entlang der bekannten Hysteresekurven, die ein wesentliches Merkmal der verschiedenen Kernwerkstoffe bilden. Wie die Figur 5.8 zeigt, sind die Hystereseverluste P Wh proportional zum Flächeninhalt der Hysterese. Genau genommen stellt der Flächeninhalt innerhalb der Hysteresekurve die pro Ummagnetisierungszyklus anfallende Energie E h dar. Sie stellt die Energie dar, die dem magnetischen Feld H Fe pro Umlauf entnommen und in Wärme umgewandelt wird. - 188 - - 189 - B max Eh = ∫ H ⋅ dB (5.65) B min Ausgehend von der Energie E h lassen sich die Hystereseverluste P Kh durch Multiplikation mit der Ummagnetisierungsfrequenz f sehr einfach ermitteln. P Wh = E h ⋅ f (5.66) In der praktischen Anwendung ist es letztendlich nicht massgebend, welchen Anteil die Hystereseverluste P Kh und welchen Anteil die Wirbelstromverluste P Kw zu den gesamten Kernverlusten P K beisteuern. Die Hersteller von magnetischen Werkstoffen geben daher meist die gesamten Kernverluste P K in geschlossener Form über das folgende empirische Steinmetz-Gesetz an. P K′ = k ⋅ f 1+x ⋅ ∆B 2+y (5.67) mit 0 ≤ x ≤ 1 und 0 ≤ y ≤ 1 Dabei bezeichnen P K′ die spezifische Kernverlustleistung bezogen auf das Kernvolumen V K , ∆B den in Figur 5.8 dargestellten Wechselanteil der magnetischen Induktion B im Kern und f die Frequenz, mit welcher der Kern ummagnetisiert wird. Die Koeffizienten k , x und y charakterisieren die einzelnen Magnetwerkstoffe und sind von der Temperatur, vom Material und von der Kernform abhängig. Zur Veranschaulichung soll an dieser Stelle die Gleichung (5.67) sowohl für einen Leistungsferrit (3F3) als auch für einen amorphen nanokristallinen Kern (Vitroperm 500) ausgewertet werden. 3 –6 ⋅ f [ kHz ] 1.3 ⋅ ∆B [ mT ] 2.5 3 –6 ⋅ f [ kHz ] 1.8 ⋅ ∆B [ mT ] 2.1 P K′ [ mW ⁄ cm ] = 1.5 ⋅ 10 P K′ [ mW ⁄ cm ] = 0.9 ⋅ 10 Ferrit Amorph Anhand dieser zwei Gleichungen erkennt man die Stärken der einzelnen Werkstoffe auf den ersten Blick: Die Ferrite sind am besten geeignet bei hohen bis sehr hohen Frequenzen f und geringen Induktionswerten ∆B , während die Stärken der amorphen nanokristallinen Werkstoffe bei mittleren Frequenzen f und hohen Induktionswerten ∆B am besten zum Zug kommen. Die zwei in Tabelle 5.7 aufgeführten Zahlenbeispiele belegen diesen Sachverhalt: Magnetische Beanspruchung Spezifische Kernverluste P K′ 3 in [ mW ⁄ cm ] Ferrit (3F3) Vitroperm 500 f = 10kHz ; ∆B = 200mT 16.9 3.9 f = 200kHz ; ∆B = 20mT 2.6 6.7 Tabelle 5.7: Vergleich der spezifischen Kernverluste P K′ eines Leistungsferrits (3F3) und eines amorphen nanokristallinen Kernwerkstoffes (Vitroperm) in unterschiedlichen Anwendungsfällen Die Gleichung (5.67) bietet eine gute Hilfe bei der grundsätzlichen Wahl des Kernmaterials. Aufgrund der sehr vielfältigen Eigenschaften der Magnetmaterialien und der Wechselwirkung zwischen Frequenz f , Induktionshub ∆B und Temperatur T werden bei den Magnetwerkstoffen für Leistungsanwendungen die spezifischen Gesamtkernverluste P K′ in den jeweiligen Datenblättern in Funktion der genannten Grössen explizit angegeben. Zuverlässige Abschätzungen der Kernverluste P K sind im Einzelfall nur in Kenntnis des exakten Materials und der Grösse des Kernes sowie der genauen Betriebsparameter f , ∆B , T und unter Verwendung der Graphiken in den jeweiligen Datenblättern der Hersteller möglich. Grundlagen für den Baugrössenvergleich Transformator - Drossel Nach der Aufbereitung der Grundlagen für die Dimensionierung der magnetischen Bauteile sind wir nun in der Lage, einen sauberen Vergleich zwischen der Baugrösse eines Transformators und einer Drossel durchzuführen. Die Basis dieses Vergleichs bildet die identische magnetische Belastung des Kernes und übereinstimmende Strombelastungen der Wicklungen von Transformator und Drossel. Konkret erfolgt der Vergleich bei identischem Kernquerschnitt A Fe , Wicklungsfenster A WF , Stromdichte-Effektivwert J eff in den Wicklungen sowie bei identischer Betriebsfrequenz f und übereinstimmendem Induktionsmaximum B̂ im Kernmaterial. Zuerst wird ein Mass für die Baugrösse der Drossel hergeleitet. Anschliessend wird dieser mit jenem des Transformators verglichen. Weil die Baugrösse von der Spannungs- und Stromkurvenform abhängt, sind einige Fallunterscheidungen nötig. Ausgehend von der Anordnung von Figur 5.26 sollen die Induktivität L und die zulässige Strombelastung Î L , bzw. I Leff in Funktion der magnetischen Kenndaten sowie der Kernabmessungen angegeben werden. - 190 - - 191 - Geometrische Kenngrössen der Drossel L : A Ku A WF φ A WF Wicklungsfensterfläche A Fe Kernquerschnittsfläche A Ku Windungsquerschnittsfläche k Ku Kupfer-Füllfaktor N Windungszahl L ⋅ Î L ⋅ I Leff = k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe 2 Auch bei voll bewickeltem Wicklungsfenster ist nie die gesamte Querschnittsfläche A WF mit Kupfer gefüllt. Wie hoch der tatsächliche Anteil ist, wird durch den Kupfer-Füllfaktor k Ku angegeben und hängt einerseits vom verwendeten Windungsleiter und seinen Abmessungen und andererseits vor allem von der erforderlichen Isolationsspannung der Wicklung ab. Bei Verwendung von Hochfrequenzlitzen sind Füllfaktoren von 30 bis 60% keine Seltenheit. Für die Anordnung von Figur 5.26 gilt: 2 ⋅ k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe (5.73) Die Gleichungen (5.72) und (5.73) bilden die Basis für die Auslegung der Drossel, denn sie setzen ihre Induktivität L sowie den Spitzenwert Î L und den Effektivwert I Leff ihres Stromes i L in Beziehung zu den Materialparametern J eff und B̂ Fe sowie zu den Formparametern k Ku , A WF und A Fe . Analog zur Vorgehensweise bei der Drossel sollen nun auch beim Transformator die elektrischen Parameter in Bezug zu den Material- und Formparametern gesetzt werden. Im Gegensatz zur Drossel verfügt der Transformator über mindestens 2 Wicklungen. Figur 5.27 zeigt schematisch die Anordnung der zwei Wicklungen innerhalb des Wicklungsfensters A WF . (5.68) k Ku ⋅ A WF ⋅ -----------------------N (5.69) Da der in Gleichung (5.70) dargestellte Zusammenhang zwischen Flussverkettung ψ und dem Strom i L in der Induktivität L auch für ihre jeweiligen Spitzenwerte gilt, gelangt man unter Berücksichtigung von Gleichung (5.20) zu Gleichung (5.71): ψ ( t ) = N ⋅ φ ( t ) = L ⋅ iL ( t ) (5.70) L ⋅ Î L = N ⋅ φ̂ = N ⋅ B̂ Fe ⋅ A Fe (5.71) Durch Multiplikation der Gleichungen (5.69) und (5.71) gelangt man zur A WF1 A Ku1 φ Bei gegebenem Effektivwert J eff der Stromdichte in den Kupferwindungen berechnet sich der Effektivwert I Leff des Wicklungsstromes i L ( t ) unter Berücksichtigung von Gleichung (5.68) wie folgt: I Leff = J eff ⋅ A Ku = J eff (5.72) Bei sinusförmigem Strom i L kann man Gleichung (5.72) wie folgt schreiben: L ⋅ Î L = Figur 5.26: Schematische Anordnung eines voll bewickelten Drosselkernes N ⋅ A Ku A WF = -----------------k Ku gewünschten Kenngrösse für die Drossel-Baugrösse, die sowohl der magnetischen als auch der ohmschen Beanspruchung des Bauteils Rechnung trägt. A Ku2 A WF2 Aufteilung des Wicklungsfensters A WF : A WF = A WF1 + A WF2 (5.74) N 1 ⋅ A Ku1 A WF1 = -----------------------k Ku1 (5.75) N 2 ⋅ A Ku2 A WF2 = -----------------------k Ku2 (5.76) Figur 5.27: Schematische Anordnung eines voll bewickelten Kernes eines Zweiwicklungs-Transformators Durch Einsetzen der Gleichungen (5.75) und (5.76) in die Gleichung (5.74) gelangt man unter der Annahme, dass die Kupfer-Füllfaktoren k Ku1 und k Ku2 der beiden Wicklungen übereinstimmen, zu folgendem Ergebnis: 1 A WF = -------- ⋅ ( N 1 ⋅ A Ku1 + N 2 ⋅ A Ku2 ) k Ku (5.77) - 192 - - 193 - Nimmt man ferner an, dass die Stromdichte j Ku1 in der Primärwicklung mit jener j Ku2 in der Sekundärwicklung übereinstimmt, so folgt unter Beachtung des Durchflutungsgleichgewichts zwischen Primär- und Sekundärwicklung unmittelbar: (5.78) Die Gleichungen (5.77) und (5.78) erlauben nun, die Kupferquerschnitte A Ku1 und A Ku2 der beiden Wicklungen des Transformators sehr einfach zu ermitteln. k Ku ⋅ A WF A Ku1 = -----------------------2 ⋅ N1 A Ku2 k Ku ⋅ A WF = -----------------------2 ⋅ N2 0 u1 ( t ) 1 --- T 2 t T – Û 1 – B̂ B ( t ) = B̂ Fe ⋅ sin ( ωt ) (5.82) u 1 ( t ) = Û 1 ⋅ cos ( ωt ) (5.83) mit: Û 1 = N 1 ⋅ A Fe ⋅ ω ⋅ B̂ Fe 2⋅π ω = ---------- = 2 ⋅ π ⋅ f T (5.79) Aus Figur 5.28 folgt für die Amplitude Û 1 und den Effektivwert U 1eff der Spannung u 1 : (5.80) Als nächstes müssen die Effektivwerte der Spannungen und Ströme von Gleichung (5.80) berechnet werden. Zwischen der Spannung u 1 an der Primärwicklung des Transformators und der magnetischen Induktion B in seinem Kern gilt gemäss dem Induktionsgesetz der Zusammenhang nach Gleichung (5.81): dψ 1 ( t ) dφ 1 ( t ) dB ( t ) u 1 ( t ) = ----------------- = N 1 ⋅ ---------------- = N 1 ⋅ A Fe ⋅ -------------dt dt dt Û 1 B(t ) Figur 5.28: Zusammenhang zwischen der Spannung u 1 ( t ) und der magnetischen Induktion B ( t ) bei sinusförmiger Aussteuerung Die Scheinleistung S stellt das klassische Mass zur Beurteilung der Baugrösse eines Transformators dar. In ihrer allgemeinsten Form wird sie in Funktion ihrer Wicklungsspannungen u 1 , u 2 und ihrer Wicklungsströme i 1 , i 2 wie folgt definiert: S = U 1eff ⋅ I 1eff = U 2eff ⋅ I 2eff B̂ (5.81) Für die nachfolgenden Betrachtungen müssen Annahmen über die Kurvenform der elektrischen Klemmengrössen u 1 und i 1 sowie der magnetischen Induktion B im Kern des Transformators getroffen werden. In Figur 5.28 sind die Verhältnisse für sinusförmige Kurvenverläufe dargestellt. Die Gleichung (5.83) folgt dabei unmittelbar aus den Gleichungen (5.81) und (5.82). Û 1 = 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe U 1eff = 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe (5.84) Für den Effektivwert I 1eff des Stromes i 1 gilt analog zur Gleichung (5.69) und unter Verwendung von Gleichung (5.79): k Ku ⋅ A WF I 1eff = J 1eff ⋅ A Ku1 = J eff ⋅ A Ku1 = J eff ⋅ -----------------------2 ⋅ N1 (5.85) Mit Hilfe der Gleichungen (5.84) und (5.85) kann nun die Scheinleistung S des Transformators berechnet werden. π S = U 1eff ⋅ I 1eff = ------- ⋅ f ⋅ 2 k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe i1 A Ku1 N2 ---- = ------------ = ------i2 A Ku2 N1 Induktion B ( t ) und Spannung u 1 ( t ) : (5.86) y Genau wie die Gleichung (5.72) für die Drossel stellt die Gleichung (5.86) den grundlegenden Zusammenhang zwischen den elektrischen Grössen und den Material- und Formparametern für den Transformator bei sinusförmigem Betrieb her. Vergleicht man die Gleichungen (5.72) und (5.86), so stellt man fest, dass der Term y in Gleichung (5.86) mit dem Ausdruck auf der rechten Seite der - 194 - - 195 - Gleichung (5.73) übereinstimmt. Dies erlaubt auf äusserst einfache Art und Weise, die Baugrösse des Transformators in bezug zu jener der Drossel zu setzen. gelangt man zur Scheinleistung S des Transformators bei rechtecksförmigem Spannungsverlauf u 1 . S = U 1eff ⋅ I 1eff = 2 ⋅ f ⋅ k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe π S = U 1eff ⋅ I 1eff = ------- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff 2 Die Gleichung (5.87) gilt bei sinusförmiger Beanspruchung des Transformators. In DC-DC-Wandlern wird der Transformator aber häufig mit rechtecksförmigen Spannungen betrieben. Daher soll an dieser Stelle der Zusammenhang nach Gleichung (5.87) auch für jene wichtige Betriebsart hergeleitet werden. Ausgangspunkt bilden wiederum die Gleichung (5.81) sowie die in Figur 5.29 dargestellten Kurvenverläufe der Spannung u 1 und der magnetischen Induktion B . B̂ Û 1 0 – Û 1 – B̂ ψ̂ 1 = N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe B( t ) ∼ ψ1( t ) 1 --- T 2 (5.88) T ⁄2 u1 ( t ) ∆ψ 1 = t ∫ T Û 1 dt = Û 1 ⋅ --2 (5.89) 0 T (5.92) (5.87) ∆ψ 1 ψ̂ 1 = ---------2 (5.90) In diesem Fall ändert sich auch die Formel (5.87) für den Baugrössenvergleich zwischen der Drossel und dem Transformator. Die Scheinleistung S beträgt in diesem Fall: S = U 1eff ⋅ I 1eff = 2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff (5.93) Diese Ausführungen verdeutlichen, dass die erforderliche Bauleistung der magnetischen Bauteile nicht nur von der zu übertragenden Leistung, sondern auch massgeblich von den Strom- und Spannungskurvenformen am Bauteil abhängt. In Figur 5.31 sind die Ergebnisse des elektrischen Bauleistungsvergleichs zwischen Drossel und Transformator für verschiedene Strom- und Spannungskurvenformen in einer abschliessenden Übersicht zu sehen. Anhand der elektrischen Scheinleistung S können nun die geometrische Baugrösse und das Volumen der verschiedenen magnetischen Bauteile leicht ermittelt werden. Um einen Volumen- und Gewichtsvergleich anstellen zu können, reicht es aus, die Wachstumsgesetze von Transformatoren und Drosseln zu kennen. Aus diesem Grunde sollen sie an dieser Stelle kurz hergeleitet werden. Figur 5.29: Zusammenhang zwischen der Spannung u 1 ( t ) , der magnetischen Flussverkettung ψ 1 ( t ) und der magnetischen Induktion B ( t ) des Transformators bei rechtecksförmigen Spannungsverläufen A WF A Fe x⋅h Mit Hilfe der Gleichungen (5.88) bis (5.90) können nun auch für den Fall rechtecksförmiger Spannungsverläufe die Amplitude Û 1 und der Effektivwert U 1eff der Spannung u 1 in Funktion der Frequenz f sowie der geometrischen und magnetischen Kernparameter angegeben werden. Man beachte, dass die Amplitude Û 1 und der Effektivwert U 1eff bei rechtecksförmiger Spannungsform u 1 übereinstimmen. Û 1 = U 1eff = 4 ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe h x⋅b b l x⋅l Figur 5.30: Wachstumsgesetze bei der Skalierung magnetischer Bauteile (5.91) Durch Einsetzen der Gleichungen (5.85) und (5.91) in die Gleichung (5.80) Die Gleichungen (5.72) und (5.86) zeigen, dass die Bauleistung S eines magnetischen Bauteils bei gegebenem Material und bei gegebener Betriebs- - 196 - Û 1 Transformator i1 ( t ) u1 ( t ) Û 1 Î 1 0 - 197 - Î 1 T 2T t 0 – Î 1 – Î 1 – Û 1 – Û 1 iL ( t ) T 2T t Transformator i1 ( t ) u1 ( t ) 0 T t 2T 4 S∼x ; 3 Vm ∼ x ; Mm ∼ x 3 (5.94) Verknüpft man diese drei Ausdrücke miteinander, so erhält man die Gesetzmässigkeit des Wachstums der induktiven Bauteile in Funktion ihrer Scheinleistung S : Û 1 ⋅ Î 1 π 2 S = ---------------- = --- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L 2 2 V m ∼ Mm ∼ S Û 1 Î 1 Transformator i1 ( t ) u1 ( t ) Î 1 T 2T t 0 – Î 1 – Î 1 – Û 1 – Û 1 iL ( t ) T T t 2T Drossel Drossel Î L 0 iL ( t ) – Î L Û 1 ⋅ Î 1 π S = ---------------- = ------- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff 2 2 0 t 2T Î L – Î L Û 1 T Drossel Drossel Î L 0 Transformator i1 ( t ) u1 ( t ) frequenz f durch die Grösse seines Wickelfensters A WF und seines Kernquerschnittes A Fe bestimmt ist. Skaliert man nun alle Abmessungen eines magnetischen Bauteils, wie in Figur 5.30 dargestellt, um den Faktor x , so nehmen sowohl die Fläche A Fe seines Kernquerschnittes als auch jene A WF 2 seines Wicklungsfensters jeweils um den Faktor x zu. Die Scheinleistung S des Bauteiles steigt gemäss den Gleichungen (5.72) und (5.86) demzufolge 4 mit dem Faktor x . Das Volumen V m und das Gewicht M m nehmen jedoch 3 lediglich mit dem Faktor x zu. Man gelangt auf diese Weise zu den folgenden Proportionalitäten für die Scheinleistung S , das Volumen V m und das Gewicht M m des Bauteiles in Funktion des Skalierungsfaktors x seiner Abmessungen: 2T iL ( t ) Î L t – Î L S = Û 1 ⋅ Î 1 = 2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff 0 T t 2T – Î L S = Û 1 ⋅ Î 1 = 2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L 3⁄4 (5.95) Das hergeleitete Mass für die Baugrösse der magnetischen Bauteile versetzt uns nun in die Lage, die Eignung von Drosseln und Transformatoren für unseren konkreten Fall des modulintegrierten Umrichtersystems mit seiner Niederspannungs-Hochstromsolarzelle als Quelle genau beurteilen zu können. Wir gehen dabei von den in Tabelle 5.8 aufgeführten elektrischen Kenndaten aus: Kenngrösse Solarzellenseite Netzseite Spannungsamplitude Û pv = 1…2 [ V ] Stromamplitude Î pv = 0…100 [ A ] Î n = 0…1.3 [ A ] Frequenz f pv = 0 [ Hz ] f n = 50 [ Hz ] Û n = 2 ⋅ 230 [ V ] 2 Figur 5.31: Die Scheinleistung S als Mass für die elektrische Baugrösse von Drosseln und Transformatoren bei verschiedenen Stromund Spannungskurvenformen Tabelle 5.8: Elektrische Kenndaten des Niederspannungs-Umrichtersystems Nachfolgend sollen die einzelnen magnetischen Komponenten in bezug auf ihre Eigenschaften und auf ihre Verwendungsmöglichkeiten in unserem konkreten Anwendungsfall des modulintegrierten Niederspannungsumrichters beurteilt werden. - 198 - - 199 - Der Transformator Drossel Der Transformator bietet die beste Möglichkeit, die sehr niedrige Eingangsspannung u pv auf Netzspannungsniveau hochzusetzen. Gemäss den Gleichungen (5.84) und (5.91) nimmt der Scheitelwert B̂ der magnetischen Induktion B bei gegebener Spannungsamplitude Û 1 umgekehrt proportional zur Frequenz f ab. Belässt man den Scheitelwert B̂ der Induktion B konstant, so können durch Erhöhen der Frequenz f der Kernquerschnitt A Fe und somit das Kernvolumen V Fe verringert werden. Setzt man die Betriebsfrequenz f -wie in unserem Anwendungsfall mit f = 25kHz - genügend hoch an, erhält man ein kompaktes Bauteil mit sehr hoher Leistungsdichte. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Vorteil dieser Wahl liegt darin, dass der Umrichter völlig lautlos arbeitet, da das menschliche Ohr Frequenzen f über 20kHz nicht mehr wahrnehmen kann. Um eine optimale Energieausbeute auf der Solarzellenseite gewährleisten zu können, müssen an der Solarzelle sowohl die Spannung u pv als auch der Strom i pv eine möglichst geringe Welligkeit aufweisen. Dies kann, wie bereits zuvor in diesem Kapitel gezeigt wurde, durch Glättung der Spannung u pv mit einem Filterkondensator C sichergestellt werden. Prinzipiell ist aber auch eine Glättung des Stromes i pv denkbar. Mit welchen Folgen bezüglich Aufwand und Baugrösse dies verbunden wäre, soll anhand der nachfolgenden Ausführungen aufgezeigt werden. Bei allen Durchflusswandler-Schaltungen mit symmetrischer Aussteuerung wird der Transformator nicht mit einer mittelwertbehafteten Grösse belastet. Weil die primärseitige und die sekundärseitige Durchflutung θ unterschiedliches Vorzeichen aufweisen, kompensieren sich im Kern die beiden Flüsse φ 1 und φ 2 weitgehend. Auf diese Weise trägt nicht der gesamte Eingangsstrom i 1 zur Magnetisierung des Kernes bei, sondern nur der sogenannte Magnetisierungsstrom i m , welcher in unserem Fall etwa bei 2% des Eingangsstromes i 1 liegt. Dies erlaubt eine optimale magnetische Ausnutzung des Bauteils. Bei rechtecksförmigem Spannungsverlauf u 1 beträgt die Scheinleistung S gemäss Figur 5.31: S = Û 1 ⋅ Î 1 = Û pv ⋅ Î pv = 200 [ VA ] Für unsere Untersuchungen gehen wir von der in Figur 5.32 gezeigten Anordnung aus. Wir wollen dabei annehmen, dass die Eingangsspannung u L1 des Filters ideal geglättet ist und dass sich auf seiner Ausgangseite eine leistungselektronische Schaltung befindet, die eine rechtecksblockförmige Spannung u L2 erzeugt. Unter diesen Annahmen können nun mit Hilfe der Zusammenhänge von Figur 5.31 und 5.32 sowie unter Berücksichtigung des Wachstumsgesetzes der magnetischen Bauteile (5.95) die wichtigsten Kenngrössen der Glättungsdrossel L in Funktion der Eingangsspannung u L1 und des relativen Stromrippels ∆i pp ′ berechnet werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.9 aufgeführt. Vorgaben U d1 [ V ] (5.96) Auch bezüglich der Wicklungsverluste P W schneidet bei gleicher Stromdichte J eff im Gleichstromfall der Transformator im Vergleich zur Drossel besser ab. Der Grund liegt darin, dass beim Transformator die magnetischen Feldstärkespitzen Ĥ W im Wicklungsfenster A WF durch Verschachtelung der Primär- und der Sekundärwicklung verringert werden können. Dadurch können die Auswirkungen der Stromverdrängung aufgrund des ProximityEffektes abgeschwächt und somit auch die ohmschen Wicklungsverluste P W reduziert werden. Bei sorgfältiger Wahl des Kupferquerschnittes und der Wicklungsanordnung können für den wirksamen Wechselstromwiderstand R W ~ der 100 A -Hochstromwicklung bei 25kHz trotz Stromverdrängung durch den Skin- und den Proximity-Effekt Widerstandswerte von unter 0.5mΩ erzielt werden. Ergebende Drossel-Kenngrössen bei f = 25kHz ∆i pp ′ [%] L Î L [ A ] I Leff [ A ] S [ VA ] V m′ [ ] 1 40 [ µH ] 100.5 100.00 20100 31.7 5 8 [ µH ] 102.5 100.01 4100 9.63 10 4 [ µH ] 105 100.04 2101 5.84 20 2 [ µH ] 110 100.17 1102 3.6 100 0.4 [ µH ] 150 104.08 312 1.4 200 0.2 [ µH ] 200 115.47 231 1.11 2 Tabelle 5.9: Induktivitätswert L , Spitzenwert Î L und Effektivwert I Leff des Stromes i L sowie elektrische Scheinleistung S und relative geometrische Baugrösse V m′ der Glättungsdrossel L in Funktion des Mittelwertes U dc der Eingangsspannung u L1 sowie des zulässigen relativen Stromrippels ∆i pp ′ - 200 - Induktives Stromfilter: Der relative Stromrippel ∆i pp ′ und die relative geometrische Baugrösse V m′ von Tabelle 5.9 sind dabei wie folgt definiert: Eingangsspannung u L1 : u L1 ( t ) = U d1 = konst L iL (5.97) Ausgangsspannung u L2 ( t ) : uL u L1 - 201 - u L2 1 U d2 = --- ⋅ u L2 ( t ) dt T ∫ T T – T1 U d2 = ---------------- ⋅ Û L2 T Spannungs- und Stromverläufe: U d2 = ( 1 – a ) ⋅ Û L2 u L1 (5.98) T1 mit a = ------ = T 1 ⋅ f T U d1 t u L2 Stromwelligkeit ∆i pp : T1 1 ∆i pp = --- ⋅ L Û L2 U d1 t T uL T1 U1 U1 ∆i pp = ------- ⋅ T 1 = ----------- ⋅ a (5.99) L f ⋅L Stromspitzenwert Î L : U d1 t U d1 -Û L2 T1 ∆i pp Î L I dc (5.100) Vm V m ′ = --------------------Vm (5.102) Trafo Als Bezugsgrösse für die relative Baugrösse V m′ dient die Grösse V m Trafo des mit rechteckförmiger Spannung u 1 bei gleicher Frequenz f und identischen elektrischen Nenngrössen für die Spannung u 1 und den Strom i 1 betriebenen Hochfrequenz-Transformators, welcher -wie bereits erwähntdas magnetische Bauelement optimal ausnutzt. Gemäss Gleichung (5.96) weist ein solcher HF-Trafo eine Scheinleistung S = 200VA auf. Aufgrund der Proportionalität zwischen dem Volumen V m und dem Gewicht M m der magnetischen Bauteile stimmt das relative Gewicht M m′ mit der relativen geometrischen Baugrösse V m′ überein. Der grau hinterlegte Bereich von Tabelle 5.9 kennzeichnet jenen Bereich der Stromwelligkeit ∆i pp , der von den Ertragseinbussen auf der Solarzellenseite her noch zulässig ist. Als Faustregel gilt, dass die Ertragseinbussen bei kleinen Arbeitspunktbewegungen um dem MPP herum etwa halb so hoch sind wie der relative Stromrippel ∆i pp ′ . Steigt dieser also über 5% an, sinkt der Anpassungswirkungsgrad auf unzulässig tiefe Werte ab. Die Ergebnisse von Tabelle 5.9 zeigen eindrücklich wie teuer eine Induktivität auf der Hochstromseite zu stehen kommt: Im Vergleich zu einem bei gleicher Spannung u pv und gleichem Strom i pv betriebenen Transformator ist eine mindestens 20 Mal höhere Scheinleistung S und das Zehnfache Volumen V m und Gewicht M m erforderlich. Die Ergebnisse in Tabelle 5.9 veranschaulichen, dass vertretbare Drosselgrössen nur zu haben sind, wenn grosse Rippelströme ∆i pp in Kauf genommen werden. In unserem Anwendungsfall ist dies jedoch aufgrund der Quellencharakteristik der Solarzelle nicht zulässig. Aus diesem Grunde muss von einer induktiven Stromfilterung auf der Niederspannungs-Hochstromseite unseres Umrichters abgesehen werden. Stromeffektivwert I Leff : t T ∆i pp Î L = I dc + ----------2 U d1 Î L = I dc + ------------------ ⋅ a 2⋅ f ⋅L T iL ∫ uL ( t ) dt T1 ∆i pp ∆i pp ′ = ----------I dc I Leff = 1 2 --- ⋅ i L ( t ) dt T ∫ 5.5 (5.101) T Figur 5.32: Ersatzschaltung, Dimensionierungs-Grundlagen sowie Spannungs- und Stromverläufe eines induktiven Stromfilters Zusammenfassung Der hohe Strom i pv und die sehr niedrige Spannung u pv des grossflächigen Einzellen-Moduls erfordert eine äusserst sorgfältige Bauteilwahl im Niederspannungs-Hochstromteil des Umrichters. Weil bereits geringste Spannungsabfälle dramatische Wirkungsgradeinbussen hervorrufen, kommen als - 202 - - 203 - Leistungshalbleiter einzig Feldeffekttransistoren in Frage. Aufgrund ihrer ohmschen Durchlasseigenschaften kann der Widerstand R DS im eingeschalteten Zustand durch Parallelschaltung mehrerer MOSFET-Transistoren genügend weit verringert werden. Beim Transformator lassen sich die Auswirkungen des Skin- und des Proximity-Effektes auf den Wirkungsgrad durch Verschachtelung der primär- und der sekundärseitigen Wicklungen stark entschärfen. Dadurch lässt sich eine gleichmässigere Verteilung der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des Wicklungsfensters erreichen, was unmittelbar zu einer Verringerung der ohmschen Wicklungsverluste P W und der Streuung L σ führt. Im Vergleich zur Drossel ist die magnetische Beanspruchung des Kernmaterials ebenfalls sehr viel geringer. In Verbindung mit einem sorgfältigen, den Anwendungsbedingungen optimal angepassten Design kann somit ein sehr kompakter Transformator hoher Leistungsdichte gefertigt werden. Wie sich noch später weisen wird, ist dies besonders wichtig, denn in unserem Anwendungsfall ist ein Hochfrequenz-Transformator mit möglichst geringem primärseitigem Wicklungswiderstand R W und mit minimaler Streuung L σ unentbehrlich. Die Wirkung kapazitiver Filter ist auf der Niederspannungsseite sehr beschränkt. Die hohen Ströme und die niedrigen Spannungen erfordern sehr grosse Kapazitätswerte, um kleine Spannungsrippel zu gewährleisten, denn bereits Spannungsschwankungen von unter 100mV führen in unserem Anwendungsfall zu unzulässigen Ertragseinbussen an der Solarzelle. Unter den äusserst harten Einsatzbedingungen des modulintegrierten Umrichters mit seinen täglichen Temperaturzyklen und Spitzentemperaturen von über 80°C nimmt die Lebensdauer und die zulässige Strombelastbarkeit von Elektrolyt-Kondensatoren verglichen zum Fall konstanter Umgebungstemperatur von 25°C stark ab. Ferner schlagen bei hoher Strombelastung die aufgrund des Seriewiderstandes R ESR des Elektrolyt-Kondensators entstehenden Verluste beim Wirkungsgrad ebenfalls stark negativ zu Buche. Verzichtet man aus all diesen Gründen auf den Einsatz von ElektrolytKondensatoren, sind nur noch Filter mit geringen Kapazitätswerten und demzufolge auch nur mit beschränkter Filterwirkung realisierbar. Bei den magnetischen Bauteilen muss klar zwischen Transformatoren und Drosseln unterschieden werden. In den Wicklungen der Drosseln stellt die Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes ein sehr grosses Problem dar. Verantwortlich dafür ist der grosse Eingangsstrom i pv , welcher zwangsläufig zu hohen magnetischen Feldstärken führt und somit grosse Leiterabmessungen erforderlich macht. Die Folge davon sind sehr hohe Wicklungsverluste P W , welche den Wirkungsgrad drastisch verschlechtern. Neben der Wicklungs- ist bei der Drossel aufgrund der sehr hohen Gleichstromvormagnetisierung auch die Kernbeanspruchung wesentlich grösser als beim Transformator, bei dem der Kern lediglich durch den im Vergleich zum gesamten Strom i pv im Prozentbereich liegenden Magnetisierungsstrom i m belastet wird. All diese Gründe führen letztendlich dazu, dass die Scheinleistung S einer 25kHz -Hochfrequenz-Drossel, welche die Filteranforderungen des einzelligen modulintegrierten Umrichtersystems erfüllt, mindestens 20 Mal und das Volumen V m und Gewicht M m mindestens 10 Mal grösser ist als bei einem Hochfrequenz-Transformator mit denselben elektrischen Eingangsgrössen u pv und i pv und derselben Betriebsfrequenz f . Die Verwendung einer Filterdrossel auf der NiederspannungsHochstromseite fällt damit aufgrund ihrer Baugrösse und ihres Gewichtes und somit letzten Endes auch aus Kostengründen ausser Betracht. - 204 - - 205 - 6 Niederspannungs-Hochsetzstufe 6.1 Einleitung Die Niederspannungs-Hochsetzstufe stellt das Kernelement des Umrichters dar. Das Hauptproblem besteht darin, die sehr niedrige Spannung u pv des einzelligen Solarmoduls von 1…2V mit einem möglichst guten Wirkungsgrad η HS auf eine Zwischenkreisspannung u dc von 340V hochzusetzen, damit die nachgeschaltete Wechselrichterstufe die anfallende Solarenergie ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz Energieversorgungsnetz einspeisen kann. Der hohe Strom i pv des grossflächigen Einzellen-Moduls, der Werte von 100 A und mehr erreichen kann, wirkt sich nicht nur sehr stark auf die Bauteile aus, sondern bestimmt auch massgeblich die Wahl der zulässigen Schaltungstopologien für den Niederspannungs-Hochstrombereich des Umrichters. Die optimierte Niederspannungs-Hochsetzer-Schaltung stellt das Ergebnis ausgedehnter Topologieuntersuchungen dar. Nach der Beschreibung des Aufbaus und der Funktionsweise der Schaltung folgt eine ausführliche Wirkungsgradanalyse mit einer Aufteilung der Verluste in Funktion der wichtigsten Schaltungsparameter. Messungen an einem ersten SchaltungsPrototypen bestätigen, dass Wirkungsgrade η HS von über 90% für die Hochsetzstufe trotz der sehr niedrigen Eingangsspannung u pv durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Ein Redesign des Niederspannungsteils rundet das Kapitel ab. Dabei wurde einerseits der Wirkungsgrad des Niederspannungs-Hochsetzers nochmals beträchtlich gesteigert und andererseits besonderen Wert darauf gelegt, dass auch der Leistungsteil auf der Niederspannungsseite mit den bewährten Herstellungsverfahren für elektronische Leiterplatten gefertigt werden kann. In ihrer endgültigen Ausführung erreicht die Hochsetzstufe einen stolzen EuroWirkungsgrad η HS von 94.7% ! 6.2 Schaltungsstruktur und Topologiewahl In diesem Kapitel geht es darum, in einem ersten Schritt die Grundanforderungen an den Eingangskreis des Hochsetzers zu definieren, um anschliessend eine an die aussergewöhnlichen Anforderungen optimal angepasste Niederspannungs-Hochsetzstufe entwickeln zu können. Dabei geht es zuerst darum, aus der Vielzahl prinzipiell in Frage kommender Hochsetzerschaltungen systematisch all jene Schaltungs-Topologien auszuscheiden, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften für die niedrigen Eingangsspannun- - 206 - - 207 - gen u pv und die hohen Eingangsströme i pv ungeeignet sind. Die Grundlagen zu den einzelnen Bauteilen und ihren Eigenschaften und Verlusten wurden in Kapitel 5 erarbeitet. 6.2.1 der hohen Strombelastung im Eingangskreis sehr sperrig und teuer werden. Ein kapazitiver Filter erweist sich bei den niedrigen Spannungen und hohen Strömen als wenig wirkungsvoll. Die Hochsetzer-Schaltung muss aus diesem Grunde prinzipbedingt bereits einen kontinuierlichen und möglichst gut geglätteten Eingangsstrom i 1 aufweisen. Anforderungen an den Niederspannungs-Hochsetzer In der Systemübersicht von Kapitel 4 wurden die Anforderungen an den Gesamtumrichter hergeleitet und definiert. Daraus lassen sich folgende Hauptanforderungen für die Niederspannungs-Hochsetzstufe ableiten: • Hochsetzen der sehr niedrigen Solarzellenspannung u pv von 1…2V auf das Zwischenkreisniveau u zk von durchschnittlich 340V mit möglichst gutem Wirkungsgrad. • Bezug eines möglichst gut geglätteten kontinuierlichen SolarzellenStromes i pv , um Leistungspulsationen, welche zu unerwünschten Energieertragseinbussen führen, von der Solarzelle fernzuhalten. Aus Kosten- und Wirkungsgradüberlegungen muss bei einem Leistungsniveau von 200W eine einphasige Netzanbindung angestrebt werden. Dies ist, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, unter Vermeidung von Elektrolyt-Kondensatoren wegen ihrer verminderten Zuverlässigkeit und Lebensdauer nur durch Inkaufnahme einer stark pulsierenden Zwischenkreisspannung u zk möglich. Zusammen mit der sehr niedrigen Quellenimpedanz verschärft dies zusätzlich die Anforderungen an die Hochsetzstufe wie folgt: • Die Hochsetzstufe muss eine kontinuierliche Variation des Übersetzungsverhältnisses u pv ⁄ u zk zwischen der Eingangsspannung u pv und der Zwischenkreisspannung u zk ermöglichen, um die pulsierende Zwischenkreisspannung u zk von der Solarzelle fernzuhalten. Auf diese Weise ist es möglich, die Solarzelle dauernd im Punkt maximaler Leistung zu betreiben und damit einen optimalen Energieertrag zu erzielen. • Als Leistungshalbleiter kommen auf der Niederspannungsseite aufgrund ihrer ohmschen Durchlasscharakteristik nur Power-MOSFETs in Frage. Sie weisen im Gegensatz zu IGBTs oder Dioden keinen Flussspannungsabfall auf, der in unserem Anwendungsfall unzulässig hohe Durchlassverluste hervorrufen würde, die den gesamten UmrichterWirkungsgrad zunichte machen würden. Beim MOSFET hingegen können durch Vergrössern der Anzahl parallel geschalteter Leistungshalbleiter die Durchlassverluste stark verringert werden. • Die Filterung der Eingangsgrössen des Niederspannungs-Hochsetzers ist aufgrund der sehr kleinen Nutzspannung u pv und des sehr hohen Eingangsstromes i pv äusserst schwierig. Eine Drossel würde aufgrund 6.2.2 Suche der optimalen Schaltungsstruktur der Hochsetzstufe Bei der Suche der optimalen Schaltungsstruktur geht es darum, aus der Fülle möglicher Schaltungen systematisch all jene auszuscheiden, die aufgrund einer oder mehrerer Eigenschaften die zuvor beschriebenen Anforderungen nicht oder nur in ungenügendem Masse erfüllen. Im einzelnen handelt es sich dabei um folgende Schaltungsfamilien: Schaltungen mit Halbbrücken- oder Brückenstruktur Zu dieser Gruppe gehören neben der klassischen Gleichspannungswechselrichterbrücke -oder kurz Gleichspannungswechselrichter genannt- auch der Eintakt- und der Gegentaktdurchflusswandler. Die Figuren 6.1 bis 6.3 zeigen die Grundschaltungen mit den Schaltmustern der Leistungshalbleiter sowie die dazugehörigen Spannungs- und Stromverläufe. Im Gegensatz zum Gleichspannungswechselrichter kann der Leistungsfluss beim Eintakt- und beim Gegentaktdurchflusswandler nur in eine Richtung erfolgen. Der Wechselrichter stellt die universellste Schaltung dar. Sein Verhalten wird wesentlich durch die Taktung bestimmt. Prinzipiell unterscheidet man zwischen der Grundfrequenztaktung, bei der die Taktperiodendauer T T mit der Grundfrequenzperiode T übereinstimmt und der sogenannten Zwischentaktung, bei der die Taktperiode T T in der Regel wesentlich kleiner ist als jene der Grundschwingung der erzeugten Wechselspannung. Die Zwischentaktung kann dazu verwendet werden, um die Oberschwingungen der erzeugten Wechselrichterausgangsspannung und somit auch jene des wechselspannungsseitigen Stromes zu verringern. Wir werden uns diese Eigenschaft des Wechselrichters auf der Netzseite zunutze machen. Beim Hochsetzsteller hingegen wäre dies jedoch mit einem gravierenden Nachteil verbunden. Der Grund liegt darin, dass die Baugrösse des Transformators bei gegebener Leistung mit sinkender Frequenz f zunimmt. Die Zwischentaktung hat somit bei einer bestimmten Taktfrequenz f T der Leistungshalbleiter eine geringere Grundschwingungsfrequenz f der Wechselrichterausgangsgrössen zur Folge, welche wiederum die Baugrösse des Hochfrequenz-Transformators vergrössert. Um die Baugrösse des Transformators minimal zu halten, muss - 208 - - 209 - der Gleichspannungswechselrichter in Figur 6.1 daher mit Grundfrequenztaktung betrieben werden. Durch versetzte Taktung der beiden Wechselrichterzweige von Figur 6.1 kann die Pulsbreite der Spannung u p am Eingang des Transformators und damit auch das Übersetzungsverhältnis u pv ⁄ u zk des gesamten Hochsetzers variiert werden. Die Wechselrichterschaltung nach Figur 6.1 ermöglicht eine optimale Nutzung des Transformators. In unserem Anwendungsfall ist sie trotzdem aus folgenden Gründen ungeeignet: i pv i in S1 S3 u pv S2 ip up is ii us u zk S4 • Der Bauteilaufwand ist sehr hoch, wenn man berücksichtigt, dass die einzelnen Schalter S 1 bis S 4 selbst wiederum aus der Parallelschaltung mehrer Leistungstransistoren bestehen, um die erforderlichen tiefen Durchlasswiderstände zu erreichen. • An der primärseitigen Stromführung sind immer zwei der vier Schalter beteiligt. Dies wiegt in unserem Fall, wo minimale Spannungsabfälle gefragt sind, besonders schwer. S1 t S2 • Der pulsförmige Eingangsstrom i in kann aufgrund der Impedanzverhältnisse nur ungenügend gefiltert werden. t S3 t S4 t up t T1 T i in t ip t im ii t ∆ i pp t Figur 6.1: Einphasiger Gleichspannungswechselrichter mit HochfrequenzTransformator: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe Trotz des nur halb so grossen Leistungshalbleiteraufwandes im Vergleich zur Wechselrichterschaltung, kommt für unsere Anwendung auch der in Figur 6.2 dargestellte Eintakt-Durchflusswandler nicht in Frage, denn bei ihm sind ebenfalls immer zwei Schalter an der primärseitigen Stromführung beteiligt. Wie der Name Eintakt-Durchflusswandler bereits besagt, wird pro Periode nur während eines der drei Taktintervalle A , B , C Energie von der Eingangs- zur Ausgangsseite transferiert. Dieser Eintaktbetrieb verschärft noch das Problem der gepulsten Eingangsstöme i in gegenüber der Wechselrichterschaltung von Figur 6.1 und führt nicht zuletzt zu einer ungenügenden Nutzung des Transformators, der nur unipolar magnetisiert wird. Darüber hinaus ist die Frequenz der gleichgerichteten Ausgangsspannung des Hochfrequenz-Transformators bei gleicher Taktfrequenz f T der Leistungstransistoren nur halb so hoch wie bei der Schaltung nach Figur 6.1. Dadurch steigt auch der erforderliche Filteraufwand zur Glättung des Ausgangsstromes i i . Der in Figur 6.3 gezeigte Gegentakt-Durchflusswandler scheint auf den ersten Blick eine sehr gute Lösung darzustellen, denn er besitzt viele der genannten Nachteile des Eintakt-Durchflusswandlers und der Wechselrichterbrücke nicht. So liegt auf der Niederspannungs-Hochstromseite immer nur ein Schalter im Strompfad, und auch der hochfrequent betriebene Transformator wird bipolar ausgesteuert. Die gleichgerichtete Ausgangsspannung des Hochfrequenz-Transformators weist, verglichen mit jener des EintaktDurchflusswandlers, genau wie bei der Wechselrichterbrücke die zweifache - 210 - - 211 - Pulszahl auf. Die Schaltung verspricht somit minimale Spannungsabfälle auf der Niederspannungs-Hochstromseite sowie eine optimale Nutzung des Transformators bei vertretbarem ausgangsseitigem Filteraufwand. i pv i in1 S1 ip C1 i pv i in up u pv S1 u pv ip is up us is ii us u zk ii C2 u zk i in2 S 2 S1 S2 t S2 S 1, S 2 t T1 t T1 up up T T t t i in 1 i in A B C A B t t i in 2 ip t t ip im ii ∆ i pp t t t Figur 6.2: Eintakt-Durchflusswandler: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe im ii Dass der Gegentakt-Durchflusswandler trotzdem nicht in Frage kommt, liegt hauptsächlich daran, dass am Transformator jeweils nur die halbe Eingangsspannung u pv anliegt. Bei gleicher Leistung auf der Eingangsseite werden die Wicklungsströme i in1 und i in2 demzufolge im Vergleich zur Wechsel- t ∆ i pp t Figur 6.3: Gegentakt-Durchflusswandler: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe - 212 - - 213 - richterbrücke nach Figur 6.1 doppelt so hoch. Dies ist aufgrund der sehr hohen Stromamplituden des Eingangsstromes i pv unzulässig, denn dadurch würden die Wicklungsverluste dramatisch ansteigen. Ein weiteres Problem liegt im kapazitiven Mittelpunkt auf der Solarzellenseite. Der Mittelwert der pulsförmigen Wicklungsströme i in1 und i in2 stimmt mit dem Eingangsstrom i pv überein. Ihr Wechselanteil fliesst aber voll über die Kondensatoren C 1 beziehungsweise C 2 . In Anbetracht der sehr hohen Werte von i pv und des nicht zu vernachlässigenden Seriewiderstandes der Kondensatoren würde dies einerseits die Parallelschaltung sehr vieler Kondensatoren erfordern und andererseits trotzdem zu sehr hohen Leistungsverlusten führen. Aus Kosten- und Wirkungsgradüberlegungen fällt damit auch der Gegentakt-Durchflusswandler ausser Betracht. der Spannung u L über der Induktivität L für stationäre Verhältnisse Null ist. Anschaulich lässt sich Gleichung (6.1) sehr einfach mit dem Gleichgewicht der in Figur 6.4 grau gekennzeichneten positiven und negativen Spannungszeitflächen über der Drossel L erklären: U pv ⋅ T 1 + ( U pv – U zk ) ⋅ ( T – T 1 ) = 0 (6.2) Daraus lässt sich das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Hochsetzstellers in Funktion des Tastverhältnisses a des Leistungstransistors S 1 wie folgt berechnen: U zk 1 M = --------- = -----------U pv 1–a T1 a = -----T mit (6.3) Schaltungen ohne galvanische Trennung Wie aus Kapitel 4 bekannt, ist von den Systemanforderungen des einzelligen modulintegrierten Umrichteransatzes her eine Potentialtrennung zwischen der Solarzelle und dem Netzanschluss nicht erforderlich. Weil Schaltungen ohne galvanische Trennung in der Regel einfacher und billiger sind, lohnt es sich zu überlegen, ob und allenfalls unter welchen Bedingungen eine solche Lösung für unsere Anwendung in Frage käme. Wir tun dies anhand des in Figur 6.4 gezeigten Hochsetzstellers. Dabei wollen wir vorerst der Einfachheit halber annehmen, dass sowohl die Eingangsspannung u pv als auch die Ausgangsspannung u zk ideal geglättet sind und dass alle Bauteile verlustfrei arbeiten. Unter diesen Voraussetzungen gelangt man bei genügender Belastung am Ausgang des Hochsetzstellers zu den in Figur 6.4 dargestellten Kurvenverläufen für Spannung und Strom. Weil der Drosselstrom i L -wie in Figur 6.4 zu sehen- zu keiner Zeit innerhalb der Taktperiode T zu Null wird, spricht man im vorliegenden Fall von kontinuierlicher Stromführung. Sinkt der Mittelwert i dL des Stromes i L unter den Wert ∆i Lpp ⁄ 2 , beginnt der Strom i L zu lücken und man gelangt zur diskontinuierlichen Stromführung, welche ein typisches Merkmal von Schwachlast ist. Unter stationären Bedingungen stimmt der Strom i L in der Induktivität L zu Beginn und am Ende einer Taktperiode T überein. Mathematisch lässt sich dies wie folgt formulieren: 1 ∆i L = --- u L ( t ) dt = 0 L ∫ i pv L iL uL u pv C1 D uD S1 uS C2 u zk S1 t T1 uS T u zk t uL u pv t u pv - u zk iL ∆ i pp (6.1) T Gleichung (6.1) bedeutet nichts anderes als, dass der lineare Mittelwert I dL t Figur 6.4: Idealer Hochsetzsteller: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe - 214 - - 215 - Gleichung (6.3) zeigt, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des idealen Hochsetzstellers bei kontinuierlicher Stromführung in der Induktivität L nur vom Tastverhältnis a des Transistors S 1 abhängt. Ihr graphischer Verlauf ist in Figur 6.6 dargestellt und zeigt, dass M für Tastverhältnisse in der Nähe von a = 1 sehr rasch ansteigt. Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung der Schaltung nach Figur 6.5 ermittelt und für stationäre Betriebsbedingungen ausgewertet werden. Konkret bedeutet dies, dass der Strom i L und die Spannung u C jeweils zu Beginn und am Ende einer Taktperiode T des Stellers übereinstimmen. Anschaulich gilt dann neben dem Spannungszeitflächengleichgewicht für die Induktivität L auch das Stromzeitflächengleichgewicht für die Kapazität C 2 . Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass sowohl die Spannung u L als auch der Strom i C mittelwertfrei sind. Nach einer längeren Rechnung gelangt man zu folgendem Ergebnis für das Spannungsübersetzungsverhältnis M des in Figur 6.5 gezeigten Hochsetzstellers: i pv u pv C1 L RL uL uR iL D RC L S1 uS uR C R C2 iC u zk uC iR Figur 6.5: Modellerweiterung des belasteten Hochsetzstellers zur Erfassung der Verluste in der Drossel L und in der Ausgangskapazität C 2 Für die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M muss das 2 R ( R + RC ) ( 1 – a ) U zk 1 M = --------- = ------------ ⋅ -----------------------------------------------------------------------------------------------21–a U pv 2 RL ( R + RC ) + R RC ( 1 – a ) + R ( 1 – a ) In Wirklichkeit wird das Spannungsübersetzungsverhältnis M einerseits durch die technisch realisierbare minimale und maximale Pulsdauer T 1 und andererseits durch die Strombelastung des Stellers begrenzt. Ist beispielsweise ein Übersetzungsverhältnis von M = 200 gefordert, beträgt das Tastverhältnis a = 99.5% . Bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz ist der Leistungstransistor S 1 demzufolge pro Taktperiode 39.8µs lang eingeschaltet und während lediglich 200ns ausgeschaltet. Je nach Leistungsniveau und eingesetzter Schaltertechnologie lassen sich solch kurze Pulsdauern gar nicht mehr technisch realisieren. Solche Probleme werden meistens noch von Schwierigkeiten bei der messtechnischen Auflösung und Verarbeitung von Tastverhältnisunterschieden im Promillebereich begleitet. Um die Abhängigkeit des Spannungsübersetzungsverhältnisses M von der Belastung des Hochsetzstellers zu veranschaulichen, muss das Modell des idealen Stellers von Figur 6.4 erweitert werden. Im Modell von Figur 6.5 werden die in Wirklichkeit unvermeidbaren Verluste in der Induktivität L und in der Ausgangskapazität C 2 mit den Widerständen R L und R C berücksichtigt. Die Belastung des Hochsetzstellers wird durch den Lastwiderstand R bestimmt. Der Einfachheit halber werden alle restlichen Bauteile weiterhin als verlustlos und die Eingangsspannung u pv als konstant angenommen. Unter diesen Voraussetzungen fallen in der Kapazität C 1 auch keine Verluste an. ideal Korrekturfaktor (6.4) Die Gleichung (6.4) zeigt, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des verlustbehafteten Hochsetzstellers von Figur 6.5 sich aus demjenigen nach Gleichung (6.3) für den idealen Hochsetzsteller und einem Korrekturfaktor zusammensetzt. Wie Figur 6.6 deutlich aufzeigt, hängt das technisch erreichbare Spannungsübersetzungsverhältnis M massgeblich von der Güte der verwendeten Bauteile ab. Die parasitären Widerstände R L und R C liegen im Normalfall im Prozent- und bei sorgfältiger Bauteilwahl im Promillebereich des Lastwiderstandes R bei Vollast. In Figur 6.6 entspricht das den hellbzw. dunkelgrau gekennzeichneten Flächen. Vergleicht man den Verlauf der Übertragungskennlinien des realen verlustbehafteten Stellers mit jener des idealen verlustlosen Stellers, so erkennt man, dass sich der Einfluss des Korrekturfaktors von Gleichung (6.4) erst bei höheren Tastverhältnissen a richtig bemerkbar macht. Er sorgt dafür, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des realen Hochsetzstellers im Gegensatz zum idealen Hochsetzsteller zu Null wird, wenn das Tastverhältnis a gegen Eins strebt. Dies ist auch aus einem anderen Blickwinkel sehr einleuchtend, denn im Extremfall mit Tastverhältnis a = 1 und dauernd eingeschaltetem Transistor S 1 wird ja die Diode D nicht mehr bestromt und somit gelangt auch keine Energie mehr in den Lastkreis u zk . In diesem Fall wird -sofern die Bauteile nicht aufgrund der auftretenden sehr grossen Ströme im Eingangskreis des Hochsetzstellers zerstört werden- die gesamte von der Quelle u pv gelieferte Energie im parasitären Widerstand R L der eingangsseitigen Drossel L vernichtet. - 216 - Pmax = 246 [W] ideal: RL = RC = 0Ω → 80 100 = 124 [W] → 60 70 80 Tastverhältnis a [%] → 60 P = 4.8 [W] → 40 90 100 82 → Pmax = 0.5 [W] 20 dass der in unserem Anwendungsfall geforderte riesige Spannungshub von über 400 mit einem einfachen Hochsetzsteller trotz sorgfältigster Bauteilauswahl und -optimierung technisch nicht realisierbar ist. Natürlich existieren auch galvanisch gekoppelte Hochsetzstellertopologien mit höherem Übersetzungsverhältnis M als der bisher besprochene Hochsetzsteller nach Figur 6.4 und 6.5. Sie weisen aber alle an anderer Stelle Nachteile auf, die sich in unserem Anwendungsfall als gravierend erweisen. So auch der in Figur 6.7 gezeigte Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung, der stellvertretend für diese Schaltungsgruppe kurz besprochen werden soll. → 50 = 25 [W] max real: R = R = 1°/oo ⋅ R L C 80 P max Pmax = 4.8 [W] 20 0 40 max Pmax = 50 [W] 60 40 P → 120 Spannungsübersetzung M 100 → → Spannungsübersetzung M 120 - 217 - 85 87 90 93 0 96 100 Tastverhältnis a [%] Figur 6.6: Spannungsübersetzungsverhältnis M und übertragbare Leistung P max des realen Hochsetzstellers nach Figur 6.5 in Funktion der parasitären Widerstände R L und R C bei einer Eingangsspannung U pv von 1V und einem Lastwiderstand R von 10Ω : R L = R C = 0Ω bzw. idealer Hochsetzsteller R L = R C = 0.5Ω bzw. R L = R C = 1 ° ⁄ o ⋅ R R L = R C = 50mΩ bzw. R L = R C = 1 ° ⁄ oo ⋅ R R L = R C = 10mΩ R L = R C = 5mΩ bzw. R L = R C = 0.1 ° ⁄ oo ⋅ R R L = R C = 2mΩ R L = R C = 1mΩ bzw. R L = R C = 0.02 ° ⁄ oo ⋅ R Die Figur 6.6 bestätigt, dass die Niederspannungs-Hochsetzstufe die Knacknuss des Gesamtsystems darstellt. Während für Tastverhältnisse unter 80% keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem idealen und dem realen Spannungsübersetzungsverhältnis M vorhanden sind, wird die Performance des Hochsetzstellers bei höheren Tastverhältnissen a entscheidend durch die parasitären Effekte bestimmt. Sie begrenzen -wie Figur 6.6 deutlich vor Augen führt- sowohl die erzielbare maximale Spannungsübersetzung M als auch die maximal übertragbare Leistung P max . Durch sorgfältige Wahl und Optimierung der Schaltungsbauteile lassen sich problemlos Spannungsübersetzungen von bis zu 20 erreichen. Um aber in die Nähe unserer Zielvorgaben zu gelangen, wären nach Figur 6.6 Verbesserungen bei den Widerständen R L und R C um etwa 2 Zehnerpotenzen erforderlich. Drosseln und Kondensatoren mit parasitären Widerständen von weniger als 1mΩ sind aufgrund der Ausführungen von Kapitel 5.4 bei den geforderten Spannungen und Strömen unserer Anwendung kaum realisierbar. Dies macht deutlich, i pv L i L1 N1 u pv C1 i L2 N2 D iR uD u L1 C2 R u zk uS S1 S1 t T1 uS u zk ⋅ N 1 + u pv ⋅ N 2 -------------------------------------------------N1 + N2 T t u L1 u pv t N1 ( u pv - u zk ) ⋅ -------------------- N1 + N2 i L1 ∆ i pp I pv t i L2 t Figur 6.7: Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung: Schaltkreis, Schaltmuster sowie Spannungs- und Stromverläufe - 218 - - 219 - Durch die Anzapfung der Drossel ist während des Magnetisierungsvorganges nicht mehr ihre volle Induktivität L wirksam. Auf diese Weise kann der Magnetisierungsvorgang im Vergleich zum herkömmlichen Hochsetzsteller beschleunigt werden. Gemäss Gleichung (5.32) berechnet sich die während des Einschaltintervalles T 1 wirksame Induktivität L 1 wie folgt: Weise können die Durchlassverluste gesenkt und der Wirkungsgrad des Hochsetzstellers verbessert werden. 2 N1 L 1 = L ⋅ -------------------- N 1 + N 2 ∫ U pv dt T1 + ∫ N1 ( U pv – U zk ) ⋅ -------------------- dt N1 + N2 = 0 (6.6) T – T1 Aus Gleichung (6.6) lässt sich das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Hochsetzstellers mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7 berechnen: U zk 1+a⋅n M = --------- = ------------------U pv 1–a Kenngrösse ohne Drosselanzapfung (nach Figur 6.4) mit Drosselanzapfung (nach Figur 6.7) Spannungsübersetzung M U zk 1 M = --------- = -----------U pv 1–a U zk 1+a⋅n M = --------- = ------------------U pv 1–a Sperrspannung am Transistor S 1 U zk U zk + n ⋅ U pv -------------------------------n+1 Sperrspannung an der Diode D U zk – ( U zk + n ⋅ U pv ) (6.5) Die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M zwischen der Eingangsspannung u pv und der Ausgangsspannung u zk erfolgt wiederum über das Spannungszeitflächengleichgewicht an der Drossel L . Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Entmagnetisierungsintervall nicht mehr die volle Differenzspannung ( u pv – u zk ) anliegt, lässt sich Gleichung (6.1) nun wie folgt schreiben: 1 ∆i L1 = ----- ⋅ L1 Hochsetzsteller mit T1 a = ------ und T N2 n = ------N1 (6.7) Weil das Wicklungsverhältnis n in Gleichung (6.7) immer ≥ 0 ist, führt die Anzapfung der Drossel L über den gesamten Aussteuerungsbereich des Stellers zu einer Steigerung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M im Vergleich zu dem in Figur 6.4 dargestellten Hochsetzsteller. Wie die Spannungsverläufe in Figur 6.7 zeigen, verändert sich durch die Drosselanzapfung auch die Belastung der einzelnen Schaltungsbauteile. Tabelle 6.1 zeigt eine Gegenüberstellung der wichtigsten Kenngrössen der beiden besprochenen Hochsetzstellerschaltungen. Unter Berücksichtigung, dass n stets positiv und U pv stets kleiner als U zk ist, folgt aus Tabelle 6.1 unmittelbar, dass die Anzapfung der Drossel L die Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1 im Sperrzustand verringert, jene der Diode D aber im Gegenzug erhöht. Die Verringerung der Spannungsbeanspruchung des Leistungstransistors S 1 ist deshalb so wichtig, weil sie die Verwendung niederohmigerer MOSFET-Leistungstransistoren ermöglicht. Auf diese Art und Tabelle 6.1: Vergleich des Spannungsübersetzungsverhältnisses M und der maximalen Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1 und der Diode D zwischen der Hochsetzerschaltung mit und jener ohne Drosselanzapfung ( a = ( T 1 ⁄ T ) , n = N 2 ⁄ N 1 ) Neben all diesen erwünschten Eigenschaften zeigt Figur 6.7 anhand des Stromverlaufes i L1 auch den schwerwiegenden Nachteil des Hochsetzstellers mit Drosselanzapfung auf. Aufgrund der Anzapfung der Drossel L weist der Eingangsstrom i L1 -wie in Figur 6.7 unschwer zu erkennen- Unstetigkeitsstellen auf. Sie sind eine direkte Folge der Energieerhaltung im Magnetfeld unmittelbar vor und nach dem Schaltvorgang des Hochsetzstellers. Die im Magnetfeld gespeicherte Energie E L berechnet sich wie folgt: 1 2 E L = --- ⋅ L 1 ⋅ i L1 2 1 2 E L = --- ⋅ L ⋅ i L2 2 im Intervall T 1 (6.8) im Intervall ( T – T 1 ) Im Umschaltzeitpunkt stimmen die beiden Gleichungen (6.8) überein. Unter Berücksichtigung von Gleichung (6.5) gelangt man damit unmittelbar zu folgendem Ausdruck: N1 i L2 = i L1 ⋅ -------------------N1 + N2 (6.9) - 220 - - 221 - Im Entmagnetisierungsintervall ( T – T 1 ) stimmen der Eingangsstrom i L1 und der Ausgangsstrom i L2 überein. Liegt die Anzapfung beispielsweise in der Mitte der Drossel L , so verdoppelt sich der Eingangsstrom i L1 laut Gleichung (6.9) bei jedem Einschaltvorgang des Transistors S 1 und halbiert sich wiederum bei jedem Ausschaltvorgang von S 1 . Die Auswirkungen sind in Figur 6.7 deutlich zu sehen: der Rippel ∆i pp des Eingangsstromes i L1 ist im Vergleich zum Hochsetzsteller ohne Drosselanzapfung deutlich höher. Aufgrund der in Kapitel 4.3 beschriebenen Systemanforderungen und unter Berücksichtigung der sehr beschränkten kapazitiven Filtermöglichkeiten auf der Solarzellenseite fällt somit auch der Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7 für unseren Anwendungsfall ausser Betracht. i pv i L1 L1 u L1 u pv i L2 uC S1 C1 C iC uS L2 iR u L2 uD D C2 u zk R iD iS S1 t Schaltungen mit kapazitivem Energietransfer T1 Das besondere Merkmal dieser Schaltungsfamilie mit dem Cuk- und dem SEPIC-Konverter als ihre bekanntesten Vertreter ist ihr Kondensator in Längsrichtung. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Schaltungen liegt der Kondensator -wie wir noch sehen werden- somit voll im Energiefluss und man spricht daher folgerichtig von kapazitivem Energietransfer. Figur 6.8 zeigt die Cuk-Konverter-Schaltung und ihre wichtigsten Stromund Spannungsverläufe unter der Anname, dass die Kapazitäten C , C 1 und C 2 so gross sind, dass die taktfrequenten Schwankungen der Spannungen u pv , u C und u zk vernachlässigt werden können. Der grosse Vorteil des CukKonverters liegt darin, dass sowohl der Eingangsstrom i L1 als auch der Ausgangsstrom i L2 einen kontinuierlichen Verlauf aufweisen. Dadurch ist es möglich, den Cuk-Konverter von Figur 6.8 ohne zusätzliche Ein- oder Ausgangsstromfilter zu betreiben. Das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk-Konverters kann anhand der in Figur 6.8 gezeigten Spannungsverläufe und der Tatsache, dass die Drosselspannungen u L1 und u L2 unter stationären Bedingungen mittelwertfrei sind, sehr einfach berechnet werden. In diesem Fall stimmen der lineare Mittelwert der Transistorspannung u S mit der Eingangsspannung u pv und jener der Diodenspannung u D mit der Ausgangsspannung u zk überein. Der Mittelwert der Spannung u C über den Längskondensator C beträgt somit: U C = U pv – U zk uS T u pv - u zk t u L1 u pv t u zk ∆ i L 1 pp i L1 I pv t u L2 u pv t u zk i L2 ∆ i L 2 pp IR t iC i L1 – i L2 t iS (6.10) Diese Spannung liegt bei kontinuierlichem Stromfluss in den beiden Induktivitäten L 1 und L 2 im Sperrzustand über dem Leistungstransistor S 1 an. Weil ihr Mittelwert -wie bereits erklärt- mit der Eingangsspannung U pv t Figur 6.8: Cuk-Konverter: Schaltkreis, Schaltmuster sowie Spannungs- und Stromverläufe - 222 - - 223 - übereinstimmt, folgt somit nach kurzer Umrechnung das gewünschte Übersetzungsverhältnis M zwischen der Eingangs- und der Ausgangsspannung in Funktion des Tastverhältnisses a des Leistungstransistors S 1 : U zk a M = --------- = – -----------1–a U pv mit T1 a = -----T a) L1 i pv u pv Das negative Vorzeichen in Gleichung (6.11) kommt daher, dass Ein- und Ausgangsspannung des Cuk-Konverters umgekehrte Polarität aufweisen. Figur 6.9a) zeigt den Cuk-Konverter mit gekoppelter Eingangs- und Ausgangsinduktivität. Zwei gekoppelte Induktivitäten stellen von ihrem Prinzip her aber nichts anderes als einen Transformator dar. Aus diesem Grunde kann man den Cuk-Konverter auch in der in Figur 6.9b) gezeigten Form darstellen. Unter Vernachlässigung der taktfrequenten Spannungsschwankungen über den Kapazitäten C , C 1 und C 2 gelten die in Figur 6.8 gezeigten Spannungsverläufe am Cuk-Konverter nach wie vor. Figur 6.9c) weist nochmals darauf hin, dass die zeitlichen Verläufe der Spannungen u L1 und u L2 übereinstimmen. Diese Tatsache ermöglicht uns, ausgehend von Figur 6.9b), das Phänomen der Rippelauslöschung sehr einfach zu untersuchen. Wir verwenden dazu das in Kapitel 5.4.2 hergeleitete Ersatzschaltbild des verlustlosen Transformators. Wie bereits mehrfach erwähnt, stimmt die Eingangsspannung u L1 des verlustlosen Transformators von in Figur 6.10a) mit der Ausgangsspannung u L2 überein. Sollen nun die Stromoberschwingungen i L2OS auf der Ausgangsseite zu Null werden, muss die Spannung u Lσ2 über der sekundärseitigen Streuinduktivität L σ2 dauernd Null sein. Man gelangt somit zum vereinfachten Ersatzschaltbild nach Figur 6.10b). Daraus lässt sich unmittelbar die Bedingung für die Rippelfreiheit des Ausgangsstromes i L2 ermitteln: N2 L σ1 = L h ⋅ ------- – 1 N1 (6.12) uS i pv u L2 uD D i L1 u L1 iR C2 u zk R iD iS b) L2 i L2 uC S1 C1 C iC u L1 (6.11) Der Cuk-Konverter weist eine für unseren Anwendungsfall äusserst vielversprechende Eigenschaft auf: durch Kopplung der beiden Induktivitäten L 1 und L 2 ist es möglich, den Stromrippel auf der Eingangs- oder auf der Ausgangsseite zu verringern oder gar vollständig zu unterdrücken. Weil diese Eigenschaft insbesondere auf der Niederspannungs-Hochstromseite von sehr hohem Nutzen wäre, wollen wir dieses Phänomen nachfolgend genauer unter die Lupe nehmen. i L1 i L2 N1 N2 iR u L2 iC C u pv C1 C2 uS S1 uC uD iD iS c) D u zk R S1 t T1 uS T u pv - u zk u L1 u pv t t u zk u L2 u pv t u zk Figur 6.9: Cuk-Konverter mit gekoppelten Induktivitäten zur Verringerung der Stromwelligkeit: Schaltung, Schaltmuster und Spannungsverläufe am Transistor und an den gekoppelten Induktivitäten - 224 - - 225 - Sollen hingegen die Stromoberschwingungen i L1OS auf der Eingangsseite beseitigt werden, muss die Spannung u Lσ1 dauernd zu Null gemacht werden. In diesem Fall gelangt man zu der in Figur 6.10c) dargestellten Ersatzschaltung, welche zu folgender Bedingung für die Rippelauslöschung beim Eingangsstrom i L1 führt: N2 2 N1 L σ2 = L h ⋅ ------- ⋅ ------- – 1 N 1 N 2 a) (6.13) L σ1 i L1 u L1 u Lσ1 In der Praxis ist es bei einem Transformator äusserst schwierig, ein genau definiertes Verhältnis zwischen der primär- oder der sekundärseitigen Streuinduktivität und der Hauptinduktivität zu erzielen. Aus diesem Grunde wird an dessen Stelle oft ein Transformator mit möglichst idealer Kopplung eingesetzt und die für die Rippelauslöschung erforderliche Streuung durch eine externe diskrete Induktivität realisiert. L σ2 Lh u1 N1 N2 u2 u Lσ2 Rippelauslöschung i L2 Kenngrösse u L2 im IdealerTransformator b) • Der Rippelstrom auf der Eingangs- und auf der Ausgangsseite kann nicht gleichzeitig ausgelöscht werden. Für N 2 ⁄ N 1 < 1 kann der Stromrippel des Eingangsstromes i L1 und für N 2 ⁄ N 1 > 1 jener des Ausgangsstromes i L2 zu Null gemacht werden. Bedingung für Rippelauslöschung auf der Eingangsseite auf der Ausgangsseite N2 2 N1 L σ2 = L h ⋅ ------- ⋅ ------- – 1 N 1 N 2 N2 L σ1 = L h ⋅ ------- – 1 N1 L σ1 i L1 uL i L1 u Lσ1 Lh i L1 u N Lh ----1- = ------1 = -------------------uL N2 L h + L σ1 ∆i pp I pv N2 L h ⋅ ------ N 1 i L2 u Lσ2 i L2 t t uL Figur 6.10: Rippelauslöschung beim Cuk-Konverter nach Figur 6.9: a) Verlustloses Modell der gekoppelten Induktivitäten L 1 und L 2 b) Ersatzschaltung für ausgangsseitige Rippelauslöschung c) Ersatzschaltung für eingangsseitige Rippelauslöschung Die Gleichungen (6.12) und (6.13) lassen folgende Schlüsse zu: • Das Prinzip der Rippelauslöschung beruht darauf, dass die Hauptinduktivität L h und die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 des Transformators in einem genau definierten Verhältnis zueinander stehen. T uL di L1 ---------- = --------------------dt L h + L σ1 di L1 ---------- = 0 dt N2 2 L h ⋅ ------ N 1 N2 u1 ′ ------- = ------ = --------------------------------------uL N1 N2 2 L h ⋅ ------ + L σ2 N 1 ∆i pp I pv Eingangsstrom L σ2 2 T1 = 0 T c) N2 u 1 ′ = u L ⋅ -----N1 N1 u 1 = u L ⋅ -----N2 i L1 i L2 T1 i L2 ∆i pp IR IR ∆i pp = 0 t Ausgangsstrom T uL di L2 ---------- = ----------------------------------------dt N2 2 L h ⋅ ------- + L σ2 N 1 t T di L2 ---------- = 0 dt Tabelle 6.2: Bedingungen für Rippelauslöschung beim Cuk-Konverter und dazugehörige Stromverläufe - 226 - - 227 - Der in Tabelle 6.2 gezeigten positiven Eigenschaft der Rippelauslöschung stehen leider auch beim Cuk-Konverter einige Nachteile gegenüber. Betrachtet man nun die Induktivität L in Figur 6.11a) als Ersatzschaltung des Transformators des Cuk-Konverters mit Potentialtrennung nach Figur 6.11b), so trifft diese Forderung L > L 1, L 2 zu. Vergleicht man beispielsweise die Gleichungen (6.3) und (6.11), so stellt man fest, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk-Konverters bei gleichem Tastverhältnis a kleiner ist als jenes des Hochsetzstellers. Das Problem des beschränkten Übersetzungsverhältnisses verschärft sich somit noch im Vergleich zum Hochsetzsteller. Es lässt sich durch die in Figur 6.11 dargestellte Ausführung des Cuk-Konverters mit Potentialtrennung lösen. a) i pv i L1 i C A CA L1 u L1 u pv u CA i pv i L1 L1 L C 1 S1 iS uL u CA uS N 1 L2 iR U CA = U pv u L2 D uD C2 R u zk u CB i L2 C B i CB N2 D (6.14) U CB = – U zk Damit lässt sich die Spannungsbeanspruchung des Leistungstransistors S 1 im ausgeschalteten Zustand wie folgt berechnen: iD im i CA C A u L1 u pv u CB uS C 1 S1 iS b) CB i i CB L2 Da der qualitative Verlauf der Spannungen und Ströme des potentialgetrennten Cuk-Konverters nach Figur 6.11b) mit jenen des bereits besprochenen Cuk-Konverters ohne galvanische Trennung nach Figur 6.8 weitgehend übereinstimmt, soll an dieser Stelle lediglich auf die wichtigsten Unterschiede hingewiesen werden. Unter stationären Betriebsbedingungen ist der Mittelwert der Spannungen über der Induktivität L oder über dem Transformator Null. Daraus folgt unmittelbar für die Mittelwerte der Spannungen über den Kondensatoren C A und C B von Figur 6.11: L2 N1 u S = U pv – ------- ⋅ U zk N2 iR Unter Berücksichtigung von Gleichung (6.15) ergibt sich folgendes Spannungsübersetzungsverhältnis M für den potentialgetrennten Cuk-Konverter: u L2 uD C2 (6.15) R u zk iD Figur 6.11: Potentialgetrennter Cuk-Konverter: a) Herleitung aus dem Cuk-Konverter ohne Potentialtrennung b) Potentialgetrennte Ausführung des Cuk-Konverters Bei der Herleitung des potentialgetrennten Cuk-Konverters gehen wir vom herkömmlichen Cuk-Konverter nach Figur 6.8 aus. Zuerst teilen wir den Längskondensator C des Cuk-Konverters so auf die zwei Kondensatoren C A und C B auf, dass ihre Gesamtkapazität C unverändert bleibt. Anschliessend fügen wir -wie in Figur 6.11a) gezeigt- die Induktivität L ein. Ist ihr Wert verglichen mit den restlichen Induktivitäten L 1 und L 2 des Konverters sehr gross, verändert sich dadurch das Verhalten der Schaltung kaum. N2 U zk a M = --------- = – ------------ ⋅ ------1 – a N1 U pv mit T1 a = -----T (6.16) Gleichung (6.16) bestätigt, dass die in unserer Anwendung geforderte riesige Spannungsübersetzung mit der Wahl eines genügend grossen Windungszahlverhältnisses N 2 ⁄ N 1 realisiert werden kann. Bei hohen Windungszahlverhältnissen sinkt gemäss Gleichung (6.15) durch die Potentialtrennung auch die Spannungsbelastung des Transistors S 1 sehr stark. Leider hat aber auch diese Medaille ihre Kehrseite: der Transformator übersetzt die sekundärseitigen Ströme mit dem umkehrten Verhältnis der Windungszahlen auf die Primärseite. Dies wirkt sich sowohl auf den Kondensator C A als auch auf den Transistor S 1 negativ aus. Im leitenden Zustand beträgt der Strom in S 1 : N2 i S = i L1 + ------- ⋅ i L2 N1 (6.17) - 228 - - 229 - Zur Überwindung des Spannungshubs sind hohe Werte für das Windungszahlverhältnis N 2 ⁄ N 1 notwendig. Die Kehrseite davon wird anhand von Gleichung (6.17) augenfällig: die Strombelastung des Transistors S 1 steigt bei hohen Werten von N 2 ⁄ N 1 sehr stark an. Eine derartig starke Zunahme der Strombelastung kann unter Berücksichtigung des ohnehin bereits sehr grossen Eingangsstromes i pv der einzelligen Niederspannungs-Solarzelle nicht hingenommen werden, denn eine Verdoppelung des Schalterstromes i S hat beispielsweise aufgrund der ohmschen Kennlinie des eingesetzten Leistungstransistors bereits die vierfachen Durchlassverluste zur Folge. Die hohe Strombelastung stellt nicht nur für den Leistungstransistor, sondern auch für den Längskondensator, welcher sich voll im Leistungspfad des Konverters befindet, ein unüberwindbares Problem dar. Mit der Potentialtrennung steigt aufgrund des Windungszahlverhältnisses N 2 ⁄ N 1 auch die Strombelastung i CA der primärseitigen Längskapazität C A im Vergleich zu dem in Figur 6.8 gezeigten Strom i C weiter an. täten des SEPIC-Konverters im stationären Betrieb folgt unmittelbar für den Mittelwert der Spannung u C über der Längskapazität C : Das Problem der sehr hohen Strombelastung der Leistungshalbleiter und des Längskondensators tritt auch bei dem in Figur 6.12 dargestellten SEPICKonverter auf. SEPIC steht dabei für “Single Ended Primary Inductance Converter”. Er kann aus dem Cuk-Konverter durch Vertauschen der Diode D und der Ausgangsinduktivität L 2 hergeleitet werden. Im Gegensatz zu dem in Figur 6.8 gezeigten Cuk-Konverter weisen die Eingangsspannung u pv und die Ausgangsspannung u zk beim SEPIC-Konverter dieselbe Polarität auf. Diesem Vorteil steht aber der Nachteil des pulsierenden Ausgangsstromes i D des SEPIC-Konverters gegenüber. i pv L1 i L1 u L1 u pv C1 C iC iD D uC S1 iS uS u L2 C2 R u zk i L2 Figur 6.12: Schaltkreis des SEPIC-Konverters Die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M des SEPICKonverters erfolgt in gleicher Art und Weise wie beim Cuk-Konverter. Aufgrund der Mittelwertfreiheit der Spannungen u L1 und u L2 an den Induktivi- (6.18) Bei kontinuierlicher Stromführung i L1 und i L2 in den Induktivitäten L 1 und L 2 liegt somit im Sperrzustand folgende Spannung am Transistor S 1 an: u S = U pv + U zk (6.19) In eingeschaltetem Zustand werden die Diode und der Transistor des SEPICKonverters genau wie jene des in Figur 6.8 gezeigten Cuk-Konverters mit der Summe des Eingangs- und des Ausgangsstromes belastet. Darüber hinaus stimmt auch ihre Spannungsbeanspruchung überein. Dies folgt unmittelbar aus den Gleichungen (6.10) und (6.19) unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Polarität der Ausgangsspannung zwischen Cuk- und SEPIC-Konverter. Da der Mittelwert der Spannung u S über dem Leistungstransistor S 1 mit jenem der Eingangsspannung u pv übereinstimmt, kann das Spannungsübersetzungsverhältnis M des SEPIC-Konverters -ausgehend von Gleichung (6.19)- sehr einfach berechnet werden: 1 U pv = --- ⋅ ( U pv + U zk ) ⋅ ( T – T 1 ) T (6.20) Durch Umformen der Gleichung (6.20) gelangt man für das Spannungsübersetzungsverhältnis M des SEPIC-Konverters zu folgendem Ergebnis: U zk a M = --------- = -----------U pv 1–a iR uD L2 U C = U pv mit T1 a = -----T (6.21) Die Gleichungen (6.11) und (6.21) zeigen, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk- und des SEPIC-Konverters betragsmässig übereinstimmen. Leider kommen beide Schaltungen für unseren speziellen Anwendungsfall aufgrund der zu hohen Strombelastungen der Leistungshalbleiter und des Seriekondensators C nicht in Frage. Die sehr hohen Ströme in S 1 , D und in C haben zur Folge, dass die Verluste in diesen Schaltungskomponenten trotz des sehr hohen Bauteil- und Kostenaufwandes keinen annehmbaren Wirkungsgrad zulassen. Aus diesem Grunde fallen auch alle restlichen Umrichterschaltungen mit kapazitivem Energietransfer für unseren Anwendungsfall ausser Betracht. - 230 - - 231 - Sperrwandler Der in Figur 6.13 gezeigte Sperrwandler ist eine der am weitesten verbreiteten Grundschaltungen der Leistungselektronik im Leistungsbereich unter 100W . Ihr Hauptvorteil ist ihre Einfachheit, insbesondere die Notwendigkeit eines einzigen magnetischen Bauteils auch im Falle, dass eine galvanische Trennung zwischen Eingang und Ausgang oder mehrere Ausgänge auf unterschiedlichen Spannungs- und Potentialniveaus gefordert sind. Figur 6.13a) zeigt die Grundschaltung des Sperrwandlers, während in Figur 6.13b) seine auf die Primärseite bezogene galvanisch gekoppelte Ersatzschaltung zu sehen ist. Die Umkehr der Spannungspolarität des Ausgangskreises beruht dabei auf dem unterschiedlichen Wicklungssinn der Primärund der Sekundärwicklung des Sperrwandlers. Anhand der in Figur 6.13c) und d) dargestellten Strom- und Spannungsverläufe ist die Funktionsweise des Sperrwandlers ersichtlich. Solange der Leistungstransistor S 1 leitet, liegt die Quellenspannung u pv an der primärseitigen Wicklung des Transformators an. Die Ausgangsspannung des Transformators beträgt dann: N2 N2 u 2 = – ------- ⋅ u 1 = – ------- ⋅ u pv N1 N1 (6.22) i pv u pv b) i1 i2 u1 N1 N2 uS S1 i pv (6.23) u1 u pv Lh ∫ T1 U pv ⋅ T 1 U pv dt = φ 0 + -------------------N1 uS Dabei bezeichnet φ 0 den Fluss zu Beginn des Einschaltintervalles T 1 . Unterbricht man den primärseitigen Stromfluss i 1 durch Ausschalten des i2 ′ D C2′ u zk ′ iR′ d) S1 t uS u pv u pv T1 T2 t uS T T2 T1 T u max t u pv t u1 t u pv - u zk ′ - u zk ′ i1 I max i1 I max I pv u zk R R′ uD ′ S1 c) t I pv t i2 IR (6.24) C2 C1 u1 Aufgrund der negativen Spannung u D sperrt die Diode D im Taktintervall T 1 und die Sekundärwicklung des Transformators ist somit inaktiv. Die anliegende positive Spannung u 1 = u pv führt dazu, dass die Magnetisierung des Kerns und somit auch der Strom i 1 in der Primärwicklung linear mit der Zeit ansteigen. Am Ende des Einschaltintervalles T 1 des Transistors erreicht der magnetische Fluss φ seinen Maximalwert φ max : u2 uD i1 u max N2 u D = – ------- ⋅ u pv + u zk N1 iR D C1 S1 Damit kann unmittelbar die Spannung u D über der sekundärseitigen Diode D berechnet werden: ψ 1max 1 φ max = --------------- = φ 0 + ------- ⋅ N1 N1 a) t i2 t IR t Figur 6.13: a) Grundschaltung des Sperrwandlers b) Potentialgebundene Ersatzschaltung des Sperrwandlers c) Spannungen und Ströme bei lückender Stromführung d) Spannungen und Ströme bei kontinuierlicher Stromführung - 232 - - 233 - Transistors S 1 , so wird durch die im Kern gespeicherte magnetische Energie in der Primärwicklung des Transformators eine negative und in der Sekundärwicklung eine positive Spannung induziert. Sobald u 2 den Wert der Ausgangsspannung u zk erreicht, beginnt die Diode D zu leiten. Dadurch wechseln die Spannungen u 1 und u 2 am Sperrwandler ihre Polarität, und der Fluss φ in seinem Kern baut sich gemäss folgender Gleichung wieder ab: Die Kurvenverläufe der Ströme i 1 und i 2 in Figur 6.13 zeigen bereits einen der Nachteile des Sperrwandlers: sowohl der Eingangs- als auch der Ausgangsstrom sind pulsförmig. Dies erfordert einerseits einen höheren Filterund EMV-Aufwand und vergrössert andererseits bei gegebenem Mittelwert I pv des Solarzellenstromes i pv den Schalterstrom i S im Vergleich zum Hochsetzsteller mit seinem kontinuierlichen Eingangsstrom. Besonders auf der Eingangsseite mit ihren hohen Strömen wirkt sich das in unserem Anwendungsfall sehr nachteilig aus. U zk ⋅ t ψ 2max 1 φ = --------------- = φ max – ------- ⋅ U zk dτ = φ max – --------------N2 N2 N2 ∫ (6.25) t Der Abbau des magnetischen Flusses φ dauert gemäss Gleichung (6.25) umso länger, je geringer die Ausgangsspannung U zk ist. Unter stationären Bedingungen stimmt der Fluss φ zu Beginn und am Ende eines Taktintervalles T überein. Wenn φ innerhalb des Ausschaltintervalles ( T – T 1 ) bis auf Null abgebaut wird, liegt der in Figur 6.13c) gezeigte Fall lückender oder diskontinuierlicher Stromführung, andernfalls der in Figur 6.13d) dargestellte kontinuierliche Fall vor. Die negative Spannung u 1 = – U zk ′ im Entmagnetisierungsintervall T 2 des Sperrwandlers erhöht die Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1 im ausgeschalteten Zustand: N1 U max = U pv – u 1 = U pv + U zk ′ = U pv + ------- ⋅ U zk N2 (6.26) Die im Magnetfeld gespeicherte Energie kann auch anhand des primär- oder sekundärseitigen Stromes wie folgt angegeben werden: 1 2 E 1 = --- ⋅ L 1 ⋅ i 1 2 1 2 E 2 = --- ⋅ L 2 ⋅ i 2 2 für für i1 ≥ 0 (6.27) i2 ≥ 0 Aufgrund der Energieerhaltung im Magnetfeld gilt zum Schaltzeitpunkt des Leistungstransistors jeweils E 1 = E 2 . Unter Berücksichtigung von Gleichung (5.32) folgt daraus der Zusammenhang zwischen den Strömen i 1 und i 2 im Umschaltzeitpunkt des Schalters S 1 in Figur 6.13c) und d): N2 i 1 = ------- ⋅ i 2 N1 (6.28) Für die magnetische Dimensionierung des Kernes ist der Spitzenstrom I max des Sperrwandlers massgebend. Für die ohmschen Verluste in den Wicklungen und in den Leistungstransistoren ist hingegen der Effektivwert I eff des Stromes entscheidend. Die übertragene Leistung schliesslich richtet sich nach dem linearen Mittelwert I pv des Solarzellenstromes i pv . Um die Baugrösse des Transformatorkernes und die ohmschen Verluste im Eingangskreis so gering wie möglich zu halten, müssen demzufolge die Verhältnisse I max ⁄ I und I eff ⁄ I minimiert werden. Vergleicht man die Stromverläufe in Figur 6.13c) und d) unter diesem Aspekt, fällt der diskontinuierliche Betrieb für unsere Anwendung ausser Betracht, denn die trapezförmigen Ströme bei kontinuierlicher Stromführung weisen bei gleichem Mittelwert I pv einen wesentlich niedrigeren Effektivwert I eff und Spitzenwert I max als die im lückenden Betrieb auftretenden dreiecksförmigen Ströme. Der Mittelwert der Spannung u S über dem Transistor S 1 stimmt stationär mit der Eingangsspannung U pv überein. Das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Sperrwandlers bei kontinuierlicher Stromführung lässt sich daher sehr einfach anhand von Figur 6.13d) durch Mittelung der Spannung über dem Transistor S 1 berechnen. Nach einigen Umformungsschritten folgt somit: N2 U zk a M = --------- = ------------ ⋅ ------1 – a N1 U pv mit T1 a = -----T (6.29) Gleichung (6.29) zeigt, dass der Sperrwandler sehr gut geeignet ist, um hohe Spannungsübersetzungsverhältnisse M zu erzielen. Der Hauptanteil des geforderten Spannungshubs kann dabei über das Verhältnis N 2 ⁄ N 1 der Windungszahlen des Transformators erreicht werden. Durch Verstellen des Tastverhältnisses a des Transistors S 1 kann, wenn dies von der Anwendung her erforderlich ist, die zeitliche Variation von M sichergestellt werden. Aufgrund dieser für unseren Anwendungsfall sehr positiven Eigenschaften lohnt - 234 - - 235 - sich eine genaue Prüfung der Verwendbarkeit des Sperrwandlers als Niederspannungs-Hochsetzstufe. Dazu müssen einerseits die parasitären Effekte und Nichtidealitäten mitberücksichtigt und andererseits muss bei den Nachteilen geprüft werden, ob diese prinzipbedingt sind oder ob sie sich durch geringfügige Schaltungsänderungen mildern oder gar beseitigen lassen. und Mittelwert sowie zwischen Spitzenwert und Mittelwert aufweisen. Die damit verbundenen Nachteile sind bestens bekannt: höhere Bauleistung der Sperrwandlertransformatoren und steigende ohmsche Verluste gegenüber dem Fall mit kontinuierlichem Eingangsstrom. Das Problem des pulsierenden Eingangsstromes beispielsweise kann durch Parallelschaltung mehrerer Sperrwandler und durch zeitliche Versetzung ihrer Eingangsströme, wie Figur 6.14 zeigt, gemildert aber nicht beseitigt werden. Der Rippel des Summenstromes i 1 wird dadurch wohl geringer, die Massnahmen reichen aber insgesamt nicht aus, um die verbleibende Restwelligkeit von i 1 unter den gegebenen Impedanzverhältnissen unserer Anwendung durch einen kapazitiven Filter von der Solarzelle fernzuhalten. a) i1 b) i 1a i 1b i 1c ∆i 1 pp i 1b ∆i 1 pp i 1c t T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 i 1a i 1b i 1c ∆i 1 pp t i1 T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 i 1a i 1b i 1c T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 i 1a i 1b i 1c T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 ∆i 1 pp I pv I pv i1 i 1a I pv I pv i1 i1 t T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 i 1a i 1b i 1c ∆i 1 pp t i1 ∆i 1 pp I pv I pv t T ⁄3 T ⁄3 T ⁄3 t Figur 6.14: Eingangsstrom-Rippelreduktion durch Parallelschaltung von drei versetzt getakteten Sperrwandlern: a) bei diskontinuierlicher oder lückender Stromführung b) bei kontinuierlicher Stromführung Die Kurvenverläufe von Figur 6.14 zeigen einerseits, dass der Rippel des Summenstromes i 1 sehr stark vom Tastverhältnis a der einzelnen Wandler abhängt und andererseits, dass die einzelnen Wandlerströme i 1a , i 1b und i 1c insbesondere bei diskontinuierlicher Stromführung nach wie vor aufgrund ihres gepulsten Charakters ein ungünstiges Verhältnis zwischen Effektivwert Die Hauptschwierigkeit beim Sperrwandler liegt jedoch im Design des Transformators, der sowohl die Funktion der Potentialtrennung als auch jene der Energiezwischenspeicherung wahrnimmt. Aus diesem Grunde spricht man in diesem Zusammenhang oft von einem Speichertransformator. Er unterscheidet sich damit grundlegend von den üblichen sogenannten Durchflusstransformatoren, bei denen die eingangsseitig hineinfliessende Leistung im Idealfall vollständig und verzögerungsfrei am Ausgang des Transformators wieder abgegeben wird. Beim Transformator des Sperrwandlers handelt es sich im Prinzip um eine Drossel mit zwei Wicklungen, die nie gleichzeitig bestromt sind. Dies wird dann besonders deutlich, wenn man den Transformator des Sperrwandlers -wie in Figur 6.13b) gezeigt- durch sein galvanisch gekoppeltes streuungsfreies Ersatzschaltbild ersetzt. Über die Primärwicklung wird der Kern jeweils aufmagnetisiert und über die Sekundärwicklung anschliessend wieder entmagnetisiert. Aufgrund dieser Tatsachen gelten auch all die in Kapitel 5.4.2 aufgeführten Grenzen und Schwierigkeiten bei der praktischen Realisierung einer Drossel im Niederspannungs-Hochstromteil unseres Umrichters für den Transformator des Sperrwandlers. Namentlich zu erwähnen gilt es dabei die Nachteile bezüglich der Baugrösse und der erhöhten Wicklungsverluste aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes. Wie wir in Kapitel 6.2.4 sehen werden, stellt auch die Streuung des Transformators ein grosses Problem dar. Sie ist beim Speichertransformator des Sperrwandlers prinzipbedingt grösser als bei einem Durchflusswandler. Die Ursachen dafür liegen in der Dimensionierung des Kernmaterials. Einerseits wird der Transformatorkern beim Sperrwandler nur unipolar magnetisiert, was bereits einen grösseren Kernquerschnitt im Vergleich zu einem Durchflusstransformator gleicher Leistung erfordert. Andererseits muss, um die zulässige Sättigungsinduktion B sat des Kernmaterials trotz hoher Wicklungsströme nicht zu überschreiten, -wie in Figur 5.10 und Gleichung (5.28) gezeigt- ein Kern mit relativ grossem Luftspalt verwendet werden. Weil der magnetische Fluss φ im Bereich des Luftspaltes dadurch weniger gut gebündelt wird, vergrössern sich damit auch die Streuflüsse innerhalb des Transformators, was unmittelbar eine Vergrösserung der Streuinduktivitäten des Transformators bewirkt. All die genannten Nachteile führen letztendlich dazu, dass auch der Sperrwandler für unseren konkreten Anwendungsfall ausser Betracht fällt. - 236 - - 237 - Resonanz- und Quasiresonanzwandler Um die Vorzüge dieser Schaltungsfamilien verstehen zu können, müssen wir uns etwas eingehender mit den Schaltvorgängen in leistungselektronischen Systemen befassen. Wir tun dies anhand des in Figur 6.15 gezeigten Tiefsetzstellers. Der Einfachheit halber wollen wir dabei annehmen, dass sowohl die Eingangsspannung u 1 als auch der Ausgangsstrom i 2 des Stellers ideal gefiltert sind. Sie werden daher mit einer idealen Spannungs- bzw. Stromquelle modelliert. gekennzeichneten Übergänge während des Ein- und des Ausschaltvorganges des Leistungstransistors S 1 etwas genauer unter die Lupe, so gelangt man zu den in Figur 6.16 dargestellten qualitativen Kurvenverläufen: u S, i S U1 I2 Einschalten Ausschalten iS iS uS u1 S1 uS D u2 i2 t pS S1 t t T1 uS T U1 t iS Figur 6.16: Typische Strom- und Spannungskurvenverläufe sowie die daraus resultierende Schaltverlustleistung p S während des Ein- und des Ausschaltvorganges des Transistors S 1 beim hart schaltetenden Tiefsetzsteller nach Figur 6.15 I2 t u2 U1 t Figur 6.15: Idealer Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster, Spannung u 2 sowie Strom- und Spannungsverlauf am Transistor S 1 In Wirklichkeit können die Spannungen und Ströme beim Schalten der Leistungshalbleiter nicht sprungartig ändern. Dies liegt einerseits an den parasitären Eigenschaften der Halbleiter selbst wie beispielsweise den Sperrschichtkapazitäten oder aber auch an den prinzipbedingt nicht zu vermeidenden Zuleitungsinduktivitäten zwischen den einzelnen Schaltungskomponenten aufgrund der Schaltungsausdehnung. Nimmt man die in Figur 6.15 grau Aufgrund der in endlicher Zeit erfolgenden Schaltvorgänge fliesst während des Ein- und des Ausschaltintervalles des Transistors S 1 Strom durch das Element, während gleichzeitig Spannung darüber anliegt. Dadurch entstehen -wie in Figur 6.16 deutlich sichtbar wird- kurzzeitig sehr hohe Verlustleistungen, die proportional mit der Schaltfrequenz f T des Leistungstransistors ansteigen. Die in Figur 6.16 zu sehende Überstromspitze während des Einschaltvorganges des Transistors S 1 wird durch den beim Ausräumen der Minoritätsladungsträger in der Freilaufdiode D fliessenden Inversstrom verursacht. Die Einschaltverluste werden also massgeblich durch das Ausschaltverhalten der beteiligten Freilaufdiode bestimmt! Um die Einschaltverluste des Transistors minimal zu halten, muss eine schnelle Diode mit möglichst geringer Speicherladung Q rr verwendet werden. Trotzdem lassen sich Überspannung beim Ausschalten des Transistors S 1 nie vollständig vermeiden. Die Überspannungen rühren hauptsächlich von den bauteil- und aufbaubedingten parasitären Induktivitäten der Leistungsstromkreise her. - 238 - - 239 - In der Entwicklung moderner hochfrequent getakteter Umrichtersysteme werden grosse Anstrengungen unternommen, um die Schaltverluste zu verringern, denn der Vorteil tieferer Schaltverluste kann auf vielfältigste Art und Weise genutzt werden: Erstens kann er dazu genutzt werden, den Wirkungsgrad der Umrichterstufe zu verbessern, zweitens kann er aber auch dazu dienen, die Baugrösse und das Gewicht des Umrichters durch Erhöhen der Schaltfrequenz zu verringern und damit dessen Leistungsdichte zu erhöhen, denn das Abführen der anfallenden Verluste stellt bei den hochkompakten Umrichtersystemen oft ein begrenzendes Problem dar. Nicht zuletzt trägt die verringerte Bauteilbelastung aufgrund niedrigerer Schaltverluste auch dazu bei, die Zuverlässigkeit des Umrichters zu steigern. Löst man die Differentialgleichung (6.30) unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen i S ( t = t 1 ) = I 2 und u 2 ( t = t 1 ) = 0 auf, so folgt für den Strom i S und die Spannung u 2 im Intervall T 2 : Die Grundidee der Resonanzwandler zielt darauf ab, die Schaltverluste im Vergleich zu den herkömmlichen Umrichtern mit sogenannt harter Kommutierung erheblich zu reduzieren. Nach welchem Prinzip dies erfolgt, veranschaulicht Figur 6.17 anhand des resonanten Tiefsetzstellers. Die Eingangsspannung u 1 und der Ausgangsstrom i 2 seien der Einfachheit halber wie beim hart kommutierten Tiefsetzsteller von Figur 6.15 ideal geglättet und demzufolge konstant. Die Resonanzwandler nutzen und verstärken die prinzipbedingt unvermeidbaren parasitären Induktivitäten und Kapazitäten in leistungselektronischen Schaltungen durch Hinzufügen diskreter Resonanzbauteile. Beim resonanten Tiefsetzsteller von Figur 6.17 sind dies die Resonanzkapazität C r und die Resonanzinduktivität L r sowie aufgrund der geforderten Sperrfähigkeit des Schalters S 1 in Rückwärtsrichtung die Diode D S . Diese Zusatzkomponenten versetzen nun den Tiefsetzsteller in die Lage, praktisch verlustlos zu schalten. Wie dies im Einzelnen funktioniert, soll anhand des Schaltmusters sowie des Spannungs- und Stromverlaufes von Figur 6.17 nachfolgend kurz dargestellt werden: Das Intervall T 2 dauert so lange, bis der Schalterstrom i S auf Null abgeklungen ist. Im Anschluss daran kann der Transistor S 1 innerhalb des im Schaltmuster von Figur 6.17 grau markierten Intervalls stromlos und somit wiederum verlustlos ausgeschaltet werden. Damit dies möglich ist, muss gemäss Gleichung (6.31) der Ausgangsstrom I 2 kleiner sein als die Amplitude U 1 ⁄ Z r der resonanten Stromschwingung, da der Strom i S andernfalls nie zu Null werden würde. • Zum Zeitpunkt t 0 wird der Transistor S 1 eingeschaltet. Aufgrund der Induktivität L r in Serie zum Transistor erfolgt dieser Vorgang sowohl spannungs- als auch stromlos, was zur Folge hat, dass keine Einschaltverluste in S 1 auftreten. Im Intervall T 1 steigt der Strom i S linear an. • Zum Zeitpunkt t 1 erreicht der Strom i S den Wert des Laststromes i 2 und die Diode D beginnt zu sperren. Auch dieser Schaltvorgang erfolgt spannungs- und stromlos. Im Intervall T 2 gilt folgende Gleichung: t di S 1 U 1 = u L + u 2 = L r ⋅ ------- + ------ ⋅ ( i S – I 2 ) dt dt C r ∫ t1 (6.30) U1 i S = I 2 + ------- ⋅ sin ( ω ( t – t 1 ) ) Zr (6.31) u 2 = U 1 ⋅ [ 1 – cos ( ω ( t – t 1 ) ) ] (6.32) mit Z r = L r ⁄ C r und ω = 1 ⁄ 1 ⁄ L r C r • Im Intervall T 3 wird die Resonanzkapazität C r über den Laststrom i 2 entladen. Bei konstantem Ausgangsstrom I 2 nimmt somit die Spannung u 2 linear bis auf Null ab. • Der Einschaltvorgang der Diode D zum Zeitpunkt t 3 erfolgt aufgrund der Spannung u 2 = 0V wiederum nahezu ohne Schaltverluste. Das Freilaufintervall T 4 dauert so lange, bis mit dem erneuten Einschalten des Transistors S 1 der nächste Resonanzzyklus eingeleitet wird. Auch in bezug auf die Regelung verhält sich der resonante Tiefsetzsteller nach Figur 6.17 völlig anders als die in Figur 6.15 gezeigte, hart geschaltete Ausführung. Während der Leistungsfluss beim konventionellen Steller mittels Pulsweitenmodulation der Ausgangsspannung u 2 erfolgt, stellt beim Resonanzwandler von Figur 6.17 die Dauer der Freilaufphase T 4 die Regelgrösse dar. Je nach Leistungsbedarf vergrössert oder verkleinert sich somit die Taktperiode T des Resonanzwandlers. Die Regelung führt so zu einer Frequenzmodulation der Spannungen und Ströme des Umrichters. Die grosse Stärke der Resonanzwandler liegt darin, dass ihre Leistungshalbleiter strom- oder spannungslos ein- und ausschalten. In der Fachliteratur haben sich dafür die englischen Kurzbezeichnungen ZVS für “Zero Voltage Switching” und ZCS für “Zero Current Switching” etabliert. - 240 - - 241 - iS u1 S1 DS uS Lr Cr uL D u2 i2 S1 t iS I 2 max U1 ⁄ Z r I2 t u2 t0 t1 t2 t3 t4 2U 1 U1 t T1 T2 T3 T4 T Figur 6.17: Resonanter Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster sowie Verlauf des Transistorstromes i S und der Ausgangsspannung u 2 Die Nachteile der Resonanzwandler sind in Figur 6.17 ebenfalls deutlich zu sehen: neben dem erhöhten Bauteilaufwand fallen in diesem Zusammenhang vor allem die sehr grossen Spannungs- und Stromüberhöhungen im Vergleich zu den Kurvenverläufen des hart kommutierten Tiefsetzstellers von Figur 6.15 ins Gewicht. Der Spitzenwert der Spannung u 2 ist mit 2U 1 genau doppelt so hoch und jener I 2max des Schalterstromes i S ist sogar mehr als doppelt so hoch wie I 2 . Aus diesem Grunde fallen die Resonanzwandler in unserem Anwendungsfall mit seinen ohnehin bereits sehr hohen Strombelastungen auf der Solarzellenseite ausser Betracht. Die Idee, die Schaltverluste durch ZVS oder ZCS deutlich gegenüber dem Fall harter Kommutierung zu verringern, ist aber äusserst verlockend und darf daher nicht voreilig verworfen werden. Ferner ist das zuvor beschrie- bene Problem der sehr hohen Spitzenbelastungen der Schaltungsbauteile in den Resonanzwandlern nicht neu. In der Fachliteratur sind daher auch unzählige Schaltungsvorschläge und Steuerverfahren zu finden, die zum Ziel haben, genau diesen schwerwiegenden Nachteil der Resonanzwandler zu beseitigen. Wie ein derartiger Lösungsansatz aussehen kann, ist in Figur 6.18 wiederum am Beispiel eines Tiefsetzstellers zu sehen. Der dort gezeigte Steller wird in Fachkreisen “Zero Voltage Transition PWM Buck Converter with Baby-Buck” genannt [61]. Dies kommt daher, dass das aus S A , D A und L r bestehende Hilfsnetzwerk, um den Hauptschalter S 1 spannungslos einschalten zu können, selbst einen kleineren Tiefsetzsteller darstellt. Nach dem Einschalten des Hilfstransistors S A sorgen die Resonanzelemente L r und C r dafür, dass die Spannung u S über dem Hauptschalter auf Null abklingt. Im Anschluss daran kann der Hauptschalter S 1 im grau gekennzeichneten Intervall von Figur 6.18 spannungslos einschalten. Weil die Spannung u S dank der Resonanzkapazität C r sich darüber hinaus nicht sprungartig ändern kann, schaltet der Haupttransistor S 1 zudem auch spannungslos aus. Die Kurvenverläufe in Figur 6.18 zeigen, dass der quasiresonante Tiefsetzsteller mit Ausnahme des Stromes i Lr keine nennenswerten Spannungs- und Stromüberhöhungen gegenüber der in Figur 6.15 gezeigten hart schaltenden Ausführung aufweist. Darüber weist der quasiresonante Tiefsetzsteller von Figur 6.18 noch weitere Vorzüge gegenüber dem reinen Resonanzwandler von Figur 6.17 auf: • Da sich die Resonanzinduktivität L r nicht im Lastkreis befindet, verursacht sie aufgrund ihrer geringeren Strombelastung auch weniger ohmsche Verluste. • Das Schalten unter ZVS-Bedingungen ist sowohl für den Hauptschalter S 1 als auch für die Diode D lastunabhängig. • Der Wandler kann mit konstanter Taktfrequenz f T betrieben werden. Dadurch erfolgt auch die Regelung wieder mittels PWM, was vor allem bei der Filterauslegung grosse Vorteile gegenüber der Frequenzmodulation der Resonanzwandler mit sich bringt. Die Stärke der Quasiresonanzwandler liegt also darin, dass sie die Vorteile der hart kommutierenden Wandler und jene der Resonanzwandler vereinen. Ihr Nachteil liegt im erhöhten Bauteil- und Steuerungsaufwand für das sanfte Schalten unter ZVS- oder ZCS-Bedingungen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kunst bei der Schaltungssynthese also darin besteht, mit möglichst geringem Zusatzaufwand strom- und spannungslos schalten zu können und damit in den Genuss sehr niedriger Schaltverluste zu kommen. - 242 - - 243 6.2.3 Cr Die Ausführungen von Kapitel 6.2.2 zeigen, dass der erreichbare Wirkungsgrad der Niederspannungs-Hochsetzstellers wesentlich von der Spannungsund Strombelastung der Komponenten im Eingangskreis abhängt. Das Produkt der maximalen Sperrspannungsbeanspruchung U Smax und des zu führenden Spitzenstromes I Smax kann somit als Mass für die Beanspruchung eines Leistungshalbleiter in einem Umrichter herangezogen werden, wobei insbesondere die Ausnutzung der Bauleistung P S = U Smax ⋅ I Smax des Leistungshalbleiters S im Verhältnis zur Ausgangsleistung interessiert. Für den Hochsetzsteller führt dies zu folgender Gleichung: iS S Lr uS u1 i Lr SA u SA DA D u2 Beanspruchung der Leistungshalbleiter i2 iD P zk P zk -------- = ---------------------------------PS U Smax ⋅ I Smax S1 (6.33) t T1 SA T t uS U1 iS t I2 t u SA U1 i Lr t I2 u2 t U1 iD t I2 t Figur 6.18: Quasi resonanter Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster sowie die wichtigsten Spannungs- und Stromverläufe Den in Gleichung (6.33) angegebenen Quotienten der Bauleistung P S und der in den Zwischenkreis gelieferten Ausgangsleistung P zk des Hochsetzstellers bezeichnet man als “Ausnutzung des Leistungstransistors” oder als “Silicon Utilization”; der Kehrwert P S ⁄ P zk wird “Switch Stress Factor” genannt. Beide Grössen stellen ein wichtiges Kriterium für die Bewertung von Umrichterschaltungen dar. Für die Berechnung der Transistorausnutzung der in Kapitel 6.2.2 besprochenen Grundschaltungen wollen wir von kontinuierlicher Stromführung bei einer Ausgangsleistung P zk und einer konstanten Ausgangsspannung U zk ausgehen. Die schaltfrequenten Schwankungen ∆i der Ströme in den Induktivitäten bzw. ∆u der Spannungen über den Kondensatoren werden dabei vernachlässigt. Das Tastverhältnis a wird so gewählt, dass bei variabler Eingangsspannung U pv stets derselbe Wert U zk für die Ausgangsspannung resultiert. Mit Hilfe der Definition (6.33) sowie der in Kapitel 6.2.2 hergeleiteten Spannungsübersetzungsverhältnisse M = U zk ⁄ U pv der verschiedenen Grundschaltungen folgen nach einigen Umformungsschritten die in Tabelle 6.3 gezeigten Zusammenhänge für die Transistorausnutzung P zk ⁄ P S in Funktion des Tastverhältnisses a und des Wicklungsverhältnisses n beim Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung. Die in Figur 6.19 graphisch dargestellten Ergebnisse von Tabelle 6.3 zeigen, dass die Transistorausnutzung des Sperrwandlers, des SEPIC-Konverters und der verschiedenen Cuk-Konverter-Ausführungen mit einem Maximalwert von 25% sehr niedrig ist. Beim Hochsetzsteller nach Figur 6.4 nimmt die Transistorausnutzung linear mit steigendem Tastverhältnis a ab. Bei einer Drosselanzapfung ist die Ausnutzung des Transistors im Vergleich zum Schaltung - 245 TransistorAusnutzung Aussteuerungsbereich P zk ⁄ P S [ a min …a max ] Nr. Name 1) Gleichspannungswechselrichter 2) Gegentaktdurchflusswandler 3) Eintaktdurchflusswandler a 4) Hochsetzsteller 1–a 5) Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung 1 + an ( 1 – a ) ⋅ --------------1+n 6) Cuk-Konverter 7) SEPIC-Konverter 8) Sperrwandler 2a 0 ≤ a ≤ 0.5 0≤a≤1 n≥0 a ⋅ (1 – a) Tabelle 6.3: Transistorausnutzung der in Kapitel 6.2.2 besprochenen Grundschaltungen in Funktion des Tastverhältnisses a = T 1 ⁄ T und des Wicklungsverhältnisses n = N 1 ⁄ N 2 Fall ohne Anzapfung immer geringer und nimmt vor allem bei kleinen Tastverhältnissen a mit steigendem Wicklungsverhältnis n sehr stark ab. In unserem Anwendungsfall sind bei den Schaltungen Nr. 5 bis 8 aufgrund des geforderten Spannungsübersetzungsverhältnisses M hohe bis sehr hohe Tastverhältnisse a erforderlich. Leider ist gemäss Figur 6.19 bei all diesen Schaltungen genau dort die Ausnutzung der Halbleiter am geringsten! Diese Tatsache ist auch intuitiv sehr einleuchtend, wie folgendes Beispiel des Hochsetzstellers veranschaulicht: Die elektrischen Grössen an den Eingangsklemmen betragen U pv = 1.5V und I pv = 100 A . Wir wollen nun annehmen, dass der Hochsetzsteller die so anfallenden 150W auf U zk = 300V hochsetzt. Der Transistor des Stellers muss nun in diesem Fall sowohl für den sehr hohen Eingangsstrom I pv als auch für die hohe Ausgangsspannung U zk dimensioniert werden. Die Folge davon ist, dass ein Transistor mit einer Bauleistung von P S = 30kVA erforderlich ist, um bescheidene 150W hochzusetzen! Dies verursacht einerseits sehr hohe Bauteilkosten und wirkt sich andererseits gravierend auf den Wirkungsgrad aus, denn aufgrund der erforderlichen hohen Sperrspannung U Smax ist man gezwungen, Transistoren mit vergleichsweise hohen Durchlasswiderständen R DS einzusetzen, was unmittelbar zu hohen Durchlassverlusten führt. Transistor−Ausnutzung Pzk / Ps [%] - 244 - 100 80 n = 0.5 60 n=1 n=2 40 20 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Tastverhältnis a [%] Figur 6.19: Transistorausnutzung für die in Tabelle 6.3 aufgeführten Grundschaltungen in Abhängigkeit des Tastverhältnisses a : Hochsetzsteller nach Figur 6.4 - Gleichspannungswechselrichter nach Figur 6.1 - Gegentaktdurchflusswandler nach Figur 6.3 Eintaktdurchflusswandler nach Figur 6.2 - Cuk-Konverter nach Figur 6.8 - Potentialgetrennter Cuk-Konverter nach Figur 6.11 - SEPIC-Konverter nach Figur 6.12 - Sperrwandler nach Figur 6.13 Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7 in Abhängigkeit des Wicklungsverhältnisses n Figur 6.19 zeigt, dass sich mit dem Gleichspannungswechselrichter und dem Gegentaktdurchflusswandler auch bei höheren Tastverhältnissen a wesentlich höhere Transistorausnutzungen erzielen lassen. Dies kommt daher, dass das erforderliche Spannungsübersetzungsverhältnis M hauptsächlich durch das Windungszahlverhältis N 2 ⁄ N 1 des Hochfrequenztransformators erreicht wird. Mit dem Tastverhältnis a muss lediglich die vom Systemverhalten her geforderte Regelbarkeit des Spannungsübersetzungsverhältnisses M gewährleistet werden. Darüber hinaus bewahrt der HF-Transformator die primärseitigen Leistungshalbleiter vor der hohen Ausgangsspannung u zk der Hochsetzstufe. Wie Figur 6.19 zeigt, ist die Transistorausnutzung bei Vollaussteuerung am höchsten. Dann wird der HF-Transformator mit rechtecksblockförmigen Strömen i p und i s betrieben. - 246 6.2.4 - 247 - Einfluss der Streuinduktivität Das Schaltverhalten leistungselektronischer Umrichter wird nicht nur durch die Leistungshalbleiter selbst, sondern in erheblichem Masse auch durch die in den Lastkreisen wirksamen parasitären Induktivitäten bestimmt. Um die Schaltverluste in den Leistungshalbleitern so gering wie möglich zu halten, müssen möglichst kurze Schaltvorgänge angestrebt werden. Dies wiederum ist technisch nur bei einem niederinduktiven Schaltungsaufbau möglich, denn andernfalls würden in den Zuleitungsinduktivitäten zum Schaltelement aufgrund der sehr steilen Stromflanken derart hohe Spannungen induziert, dass der Leistungshalbleiter selbst aufgrund von Überspannungen zerstört würde. Im modernen leistungselektronischen Schaltungsdesign und Anlagebau trägt man diesem äusserst wichtigen Umstand durch grossflächige sandwichartige Leiterführung, die zu einem sehr induktivitätsarmen Schaltungsaufbau führt, Rechnung. Die Ausführungen in Kapitel 6.2.2 und 6.2.3 zeigen, dass das in unserer Anwendung erforderliche sehr grosse Spannungsübersetzungsverhältnis M nur durch Verwendung eines Transformators realisiert werden kann. a) b) L σl S 1 L σl S 1 L σ1 S3 L σ1 Lh S2 ip S2 c) L σl Lh ip S4 d) S1 L h L σ2 L σl L σ1 L σ1 ip Lh S2 ip iS ′ S1 Figur 6.20: Für den Schaltvorgang wirksame parasitäre Induktivitäten u zk ′ Wie gross die für den Schaltvorgang wirksamen parasitären Induktivitäten sind, hängt entscheidend von der verwendeten Schaltungstopologie ab. Bei den Topologien in Figur 6.20a) bis c) wird die in der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 des Transformators gespeicherte Energie wieder in die Versorgung zurückgespeist. Für den Kommutierungsvorgang sind daher nur die vom Schaltungslayout herrührenden grau markierten parasitären Induktivitäten L σl der Zuleitungen zwischen dem Filterkondensator und den einzelnen Leistungstransistoren und Freilaufdioden entscheidend. Für ein optimales Schaltverhalten muss der Konverter im grau markierten Bereich möglichst niederinduktiv und kompakt aufgebaut werden. Völlig anders verhält es sich bei dem in Figur 6.20d) gezeigten Sperrwandler. Aufgrund des fehlenden Freilaufpfades für den primärseitigen Strom i p muss im Ausschaltzeitpunkt des Transistors S 1 der Strom von der primärauf die sekundärseitige Transformatorwicklung kommutieren. Dies ist jedoch aufgrund der nichtidealen Kopplung bei einem realen Transformator nur für die Energieanteile des beide Wicklungen umfassenden Hauptflusses φ h möglich. Die in den Streufeldern gespeicherte Energie wird hingegen vernichtet. Für den in Figur 6.20d) gezeigten Sperrwandler bedeutet dies, dass es nicht mehr ausreicht, nur die layoutbedingten parasitären Induktivitäten L σl für die Modellierung und Berechnung der Kommutierungsvorgänge zu verwenden, sondern dass die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 , welche im Normalfall ein Vielfaches der parasitären Induktivitäten L σl betragen, mitberücksichtigt werden müssen. Da einerseits die Schaltungsstrukturen nach Figur 6.20a) bis c) -wie bereits in Kapitel 6.2.2 ausführlich gezeigt- aufgrund des hohen Eingangsstromes i pv und der gleichzeitig äusserst niedrigen Eingangsspannung u pv unseres Anwendungsfalles für den gesuchten optimalen Hochsetzsteller leider alle nicht in Frage kommen und andererseits die in Figur 6.20d) gezeigte Schaltung der Forderung nach möglichst minimaler Anzahl Bauteile im Eingangskreis in beinahe perfekter Weise entspricht, lohnt es sich, den Einfluss der Transformatorstreuung auf den Eingangskreis des Hochsetzstellers genau unter die Lupe zu nehmen. Gute Kenntnisse ihrer Auswirkungen auf die Schaltverluste und auf die Beanspruchung der Leistungstransistoren im Niederspannungs-Hochstromteil sind für die Synthese und das Design eines optimierten Hochsetzstellers ohnehin unerlässlich. Wie kritisch der Einfluss der Streuung des Transformators bei den in unserer Anwendung vorherrschenden Strom- und Spannungsverhältnissen auf den - 248 - - 249 - Hochsetzsteller ist, kann anhand eines sehr einfachen Beispiels aufgezeigt werden. Dabei wird das Betriebsverhalten eines Sperrwandlers mit “Normalspannungs”-Versorgung verglichen mit jenem eines Wandlers mit “Niederspannungs-Hochstrom”-Versorgung. Tabelle 6.4 zeigt das für die Simulation mit dem Netzwerk-Simulationsprogramm SABER verwendete Schaltungsnetzwerk samt seinen genauen Schaltungsparametern. Um einen fairen Vergleich zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, dass die Ausgangsspannung U zk , die Eingangsleistung P pv sowie der primärseitige Streufaktor L σ1 ⁄ L h für beide Fälle identisch gewählt wurden. Zu den in Tabelle 6.4 aufgeführten Schaltungsparametern muss folgendes bemerkt werden: während bei der Normalspannungsausführung ein Durchlasswiderstand von R DS = 0.2Ω mit Leistungstransistoren, die dem heutigen Stand der Technik entsprechen, problemlos erreichbar ist, müssen im Niederspannungsfall beinahe 10 der heute niederohmigsten auf dem Markt erhältlichen MOSFETs parallelgeschaltet werden, um einen Widerstandswert von R DS = 0.5mΩ zu erzielen. Ferner muss beachtet werden, dass ein Streufaktor von lediglich 1% in Anbetracht des erforderlichen Transformatorkerns mit Luftspalt beim Sperrwandler ein sehr niedriger Wert darstellt. i pv u1 Lh N 1 N2 u2 i2 u zk 1: n u Lσ L σ1 u pv iS uS S RE CE u CE R DS Gemeinsame Randbedingungen P pv = 200W U zk = 340V L σ1 ⁄ L h = 1% Normalspannung: U pv = 100V Niederspannung: U pv = 2V R DS = 0.2Ω C E = 20nF R DS = 0.5mΩ C E = 2µF L h = 1mH R E = 60Ω L h = 10µH R E = 0.5Ω L σ1 = 100nH n = 100 L σ1 = 10µH n = 2 Tabelle 6.4: Netzwerk und Parameter des Sperrwandlers für die Schaltungssimulation mit dem SABER-Netzwerksimulator Anhand der in Figur 6.21 gezeigten Ergebnisse des Schaltungsvergleichs wird deutlich, dass der Wirkungsgrad η HS des Sperrwandlers im Niederspannungs-Hochstromfall mit 81% trotz all dieser Anstrengungen im Vergleich zu den 92% der Normalspannungsausführung dramatisch abfällt! Eine wesentliche Ursache dieses enttäuschenden Ergebnisses ist in Figur 6.21 ebenfalls ersichtlich: Bei identischem Streufaktor L σ1 ⁄ L h fallen die schaltbedingten Überspannungen aufgrund des sehr hohen Stromes i pv im Niederspannungsfall weit gravierender ins Gewicht als bei höherer Versorgungsspannung U pv und haben exzessive Schaltverluste zur Folge. Die riesigen Überspannungen, die ein Mehrfaches der normalerweise im Betrieb auftretenden Sperrspannung betragen, verunmöglichen sogar den Einsatz der niedrigsten MOSFET-Spannungsreihe, was mit einem höheren Durchlasswiderstand R DS bei den Transistoren erkauft werden muss. Dies wiederum wirkt sich in unserer Anwendung mit ihrem sehr grossen Eingangsstrom i pv verheerend auf den Wirkungsgrad aus. In Figur 6.21 ist ferner noch eine weitere Besonderheit des Niederspannungs-Sperrwandlers erkennbar: Aufgrund der sehr niedrigen Eingangsspannung u pv dauert es trotz der sehr kleinen Streuinduktivität L σ1 nach einem Einschaltvorgang des Transistors S 1 jeweils sehr lange, bis der primärseitige Strom i S1 den Wert n ⋅ i 2 erreicht, um von der Sekundär- wieder auf die Primärseite des Sperrwandlers zu kommutieren. Dies hat zur Folge, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Wandlers auch bei kontinuierlichem Stromfluss im Transformator lastabhängig ist. Figur 6.21 zeigt, dass sich das Verhalten einer bestens bekannten Schaltung wie jener des Sperrwandlers unter den speziellen Anforderungen unseres Anwendungsfalles teilweise drastisch ändern kann. Dies erfordert eine kritische Überprüfung jedes einzelnen Entwicklungsschrittes, denn mit der ersten fachlichen Einschätzung liegt man aufgrund der aussergewöhnlichen Randbedingungen oft daneben. Die Untersuchung der Sensitivität einer - 250 Normalspannung upv = 100V Spannungen u1, us und uCE Spannungen u1, us und uCE 24 720% 100 16 8 → 0 −100 Spannung [V] → → 32 → Spannung [V] 40 33% 200 −200 Simulationsergebnisse für den Niederspannungs-Hochstrom-Sperrwandler unterstreichen den sehr starken Einfluss der Eingangsspannung u pv und der Streuinduktivität L σ1 auf den Wirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers. Niederspannung upv = 2V 400 300 - 251 - 0 0 20 40 60 0 20 40 Zeit [µs] Zeit [µs] Ströme ipv und is Ströme ipv und is 8 −8 60 160 4 80 40 0 Strom [A] Strom [A] 120 0 −40 −4 0 20 40 Zeit [µs] Wirkungsgrad ηHS = 92% 60 0 20 40 −80 60 Zeit [µs] Wirkungsgrad ηHS = 81% Figur 6.21: Strom- und Spannungsverläufe und erzielbarer Wirkungsgrad eines Sperrwandlers mit einer 100V -Spannungsquelle (links) und eines mit einer Niederspannungs-Hochstrom-Quelle (rechts): Wandlerspannung u 1 (oben), Eingangsstrom i pv (unten) Schalterspannung u S (oben), Schalterstrom i S (unten) Spannung u CE am Entlastungskondensator C E Schaltung bezüglich einzelnen Parameteränderungen eignet sich in solchen Situationen jeweils sehr gut, um ein Gefühl für die vorherrschenden Verhältnisse zu gewinnen. Die in Figur 6.22 dargestellten, mit SABER gewonnenen Auch die in Figur 6.22 gezeigten Ergebnisse wurden unter den Randbedingungen einer konstanten mittleren Eingangsleistung P pv = 200W und einer konstanten Ausgangsspannung U zk = 340V ermittelt. Für alle nicht explizit in Figur 6.22 angegebenen Parameter gelten die Tabelle 6.4 aufgeführten Zahlenwerte. Die untersten drei Bildreihen von Figur 6.22 zeigen die Auswirkungen der Kombination aus sehr niedriger Eingangsspannung u pv und sehr hohem Eingangsstrom i pv auf die Funktionsweise des Sperrwandlers deutlich auf: Sobald der Leistungstransistor S ausschaltet, steigt die Spannung u S aufgrund der in der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 gespeicherten Energie sehr stark an. Ohne Gegenmassnahmen würde dies sofort zur Zerstörung des Transistors aufgrund von Überspannung führen. Eine Möglichkeit, um dies zu verhindern, stellt die in Tabelle 6.4 gezeigte sogenannte RCD -Beschaltung des Leistungstransistors dar, bei der die im Ausschaltzeitpunkt in L σ1 gespeicherte Energie über die Diode D in den Entlastungskondensator C E abgeleitet wird. In unserem Niederspannungs-Hochstrom-Fall fällt die in C E gespeicherte Energie aufgrund des sehr hohen Stromes i pv auch bei minimaler Streuung L σ1 bereits sehr stark ins Gewicht und lädt den Kondensator C E bis weit über das normale Sperrspannungsniveau des Transistors S gemäss Gleichung (6.26) auf. Dies führt einerseits zu sehr hohen Ausschaltverlusten und zu einer sehr hohen Spannungsbeanspruchung des Transistors und hat andererseits zur Folge, dass der Hauptanteil der im Kondensator C E gespeicherten Energie bei ausgeschaltetem Schalter S wieder an die Quelle oder über den Wandler an die Last abgegeben wird. Der verbleibende Rest wird nach dem Wiedereinschalten von S im Widerstand R E und im MOSFET vernichtet. Insgesamt führt die beschriebene primärseitige Leistungspendelung zu höheren Verlusten in allen beteiligten Schaltungsbauteilen und verringert somit den Wirkungsgrad des Hochsetzstellers. Figur 6.22 zeigt, dass der erzielbare Wirkungsgrad η HS sehr stark von der Eingangsspannung u pv und der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 des Transformators abhängt. Verringert man beispielsweise die Spannung u pv von 2V auf 1V , so stürzt der Wirkungsgrad η HS von 81% auf 37% ab! Verändert man die Streuinduktivität, ausgehend von L σ1 = 150nH , um ± 100nH , so verändert sich dadurch auch der Wirkungsgrad η HS um volle - 252 - - 253 - u Lσ1 = 100nH, CE = 2µF Upv = 1.5V, Lσ1 = 100nH Upv = 1.5V, CE = 2µF us [V] 50 30 10 −10 − + 10% . Aufgrund der konstanten Ausgangsspannung U zk stellt der Ausgangsstrom i 2 ein direktes Mass für den Wirkungsgrad η HS dar, denn die in der dritten Reihe von Figur 6.22 dargestellten Stromzeitflächen stellen die pro Taktperiode an den Zwischenkreis gelieferten Ladungsmengen dar. Je grösser diese Stromzeitflächen sind, desto grösser ist somit auch der Wirkungsgrad η HS des Stellers. 160 Die Spannungsverläufe u s am Schalter und u CE am Entlastungskondensator zeigen, dass die Ausschaltüberspannungen sehr stark mit dem Strom i S im Ausschaltzeitpunkt und mit der Streuinduktivität L σ1 ansteigen. Sie können wohl, wie die dritte Spalte von Figur 6.22 zeigt, durch Vergrössern der Kapazität C E des Entlastungskondensators verringert werden, allerdings erfolgt dies auf Kosten des Wirkungsgrades η HS . Die Ursache dafür ist ebenfalls in der dritten Spalte von Figur 6.22 zu sehen: Durch starkes Vergrössern der Kapazität C E , vergrössert sich auch die Entladeszeitkonstante R E ⋅ C E des Entlastungsnetzwerkes derart, dass das Ausschaltintervall des Transistors S nicht mehr ausreicht, um die im Kondensator gespeicherte Energie bis auf das Spannungsniveau nach Gleichung (6.26) in den Eingangs- bzw. den Ausgangskreis des Sperrwandlers umschwingen zu lassen. Dadurch vergrössert sich die nach dem Wiedereinschalten des Transistors S zu vernichtende Energiemenge. Die Folge davon sind höhere Einschaltverluste im MOSFET und ein drastisch sinkender Wirkungsgrad η HS der gesamten Umrichterstufe. is [A] 120 80 40 0 u1 [V] 2 0 −2 −4 2 i2 [A] 1.5 us = 2.0V 1 1.5V 0.5 → → 1.0V 0 Lσ1 = 50nH 150nH → → CCE = 1µF → 250nH 4µF → → → 16µF → ipv [A] 180 120 60 0 −60 uCE [V] 60 40 20 0 0 10 20 30 Zeit [µs] Upv = 1.0V: ηHS = 37% Upv = 1.5V: ηHS = 59% = 2.0V: ηHS = 81% pv U 40 0 10 20 30 Zeit [µs] 40 0 Lσ1 = 50nH: ηHS = 65% 10 20 30 Zeit [µs] 40 CCE = 1µF: ηHS = 59% L CCE = 4µF: ηHS = 59% Lσ1 = 250nH: ηHS = 45% C = 150nH: ηHS = 55% σ1 CE = 16µF: ηHS = 53% Figur 6.22: Niederspannungs-Hochstrom-Sperrwandler von Tabelle 6.4: Linke Spalte: Variation der Eingangsspannung u pv Mittlere Spalte: Variation der Streuinduktivität L σ1 Rechte Spalte: Variation des Entlastungskapazität C E Die bisherigen Ausführungen bestätigen die zentrale Bedeutung der Streuung des Transformators für die Performance unseres NiederspannungsHochstrom-Umrichters. Um gute bis sehr gute Wirkungsgrade zu erzielen, ist eine möglichst niedrige Streuinduktivität absolut unerlässlich. Dies wiederum lässt sich technisch nur mit einem Transformatorkern ohne Luftspalt realisieren. Die unmittelbare Folge davon besteht darin, dass in unserem Anwendungsfall des modulintegrierten Einzellen-Wechselrichters nur eine Durchflusswandlerschaltung als Niederspannungs-Hochsetzsteller in Frage kommt. Neben dem in der Sperrwanderschaltung von Tabelle 6.4 verwendeten RCD -Beschaltungsnetzwerk zur Begrenzung der Ausschaltüberspannungen am MOSFET existieren noch weitere Lösungsansätze. Figur 6.23 zeigt mit dem Kappglied eine mögliche Alternative zu dem in der SABER-Simulation verwendeten RCD -Entlastungsnetzwerk. Wie die Bezeichnung Kappglied bereits besagt, begrenzt oder “kappt” dieses Netzwerk die Spannung u S über - 254 - - 255 - dem zu schützenden Schalter S . Im Gegensatz zum RCD -Netzwerk kann die im Kappglied zwischengespeicherte Energie nicht mehr in den Eingangsstromkreis zurückfliessen, sondern wird entweder in einem Lastwiderstand R L vernichtet oder mittels eines zusätzlichen DC/DC-Wandlers weiterverarbeitet. Dementsprechend spricht man je nachdem, ob die Energie des Kappgliedes genutzt wird oder nicht, von einem aktiven oder von einem passiven Kappglied. müssen. Ein weiterer Vorteil des aktiven Kappgliedes besteht natürlich darin, dass die in der Kapazität C E enthaltene Energie nicht vernichtet, sondern weiterverwendet wird. So könnte sie beispielsweise -wie in Figur 6.23 gezeigt- über den DC/DC-Wandler in den Zwischenkreis gespeist werden. Natürlich wirkt sich dies auch vorteilhaft auf den Wirkungsgrad aus. Bedenkt man aber, dass bei dem in der SABER-Simulation von Figur 6.22 verwendeten RCD -Entlastungsnetzwerk der Hauptanteil der in der Entlastungskapazität C E gespeicherten Energie ebenfalls bereits entweder in die speisende Quelle oder in den Ausgangsstromkreis zurückfliesst, so sind auch durch Verwendung eines aktiven Kappgliedes keine Wirkungsgradwunder zu erwarten. Ferner gilt es auch den beträchtlichen Zusatzaufwand zu bedenken, der für die wenigen Wirkungsgradprozente betrieben werden muss, denn beim DC/DC-Wandler des aktiven Kappgliedes handelt es sich -abgesehen von der im Vergleich zum Hauptwandler geringeren Leistung- um eine komplette Umrichterstufe samt Regelung, Modulation, Ansteuerung und allen dazu erforderlichen Zusatzeinrichtungen wie Speisungen, Messdatenerfassungen usw. a) b) iS uS S DC iS CE RL u CE uS S u CE CE C zk DC Figur 6.23: Das Kappglied als Alternative zum RCD -Entlastungsnetzwerk: a) passive Ausführung mit Energievernichtung in R L b) aktive Ausführung mit Energierückgewinnung In unserem Anwendungsfall ist die Dimensionierung eines über den gesamten Betriebsbereich des Sperrwandlers wirksamen passiven Kappgliedes aufgrund der sehr grossen Schwankungen des abzuschaltenden Stromes i S schwierig, denn einerseits muss dessen Lastwiderstand R L genügend niederohmig sein, um bei hohen Schalterströmen i S die Spannung u S wirksam begrenzen zu können, andererseits muss aber R L hochohmig genug sein, um den Entlastungskondensator C E bei Schwachlast nicht innerhalb des Ausschaltintervalles des Transistors S bis unter die Spannungsschwelle nach Gleichung (6.26) zu entladen, denn dann würde die Diode des Kappgliedes leitend, und ein Teil der im Transformator gespeicherten Energie im Widerstand R L vernichtet! In der aktiven Ausführung kann die Spannung u CE am Kappglied durch die Regelung des nachgeschalteten Wandlers jederzeit auf dem gewünschten Wert gehalten werden. Der grosse Vorteil des Kappgliedes gegenüber dem RCD -Entlastungsnetzwerk liegt darin, dass die Kapazität C E wesentlich grösser gewählt werden kann. Dadurch kann eine wirksamere Ausschaltentlastung sichergestellt werden, ohne dabei -wie wir bei der RCD -Entlastung in Figur 6.22 gesehen haben- erhöhte Einschaltverluste in Kauf nehmen zu Weit wirksamer und kostengünstiger als die bisher beschriebenen Beschaltungsnetzwerke wäre ein “Zero-Current-Switching (ZCS)” oder ein “ZeroVoltage-Switching” (ZVS). Darunter fallen alle Schaltungen, bei denen der Strom (ZCS) oder die Spannung (ZVS) über dem Schaltelement bereits vor dem Schaltvorgang zu Null gemacht wird. Wie in Kapitel 6.2.2 gezeigt wurde, haben auch diese Verfahren ihren Preis. So fallen die reinen Resonanzwandler aufgrund ihrer sehr niedrigen Transistorausnutzungen und aufgrund der unzumutbaren resonanzbedingten Stromüberhöhungen ausser Betracht. Völlig anders präsentiert sich die Angelegenheit bei den sogenannten Quasiresonanzwandlern, bei denen die Spannung oder der Strom über dem Schaltelement erst kurz vor dem Schaltvorgang durch Aktivieren eines Hilfsnetzwerkes zu Null gemacht wird. In der restlichen Zeit der Taktperiode weisen aber sowohl die Spannung als auch der Strom einen sehr ähnlichen Verlauf wie beim entsprechenden hart geschalteten Umrichter auf. Dadurch sind im Vergleich zu den Resonanzwandlern eine weit bessere Ausnutzung der Leistungshalbleiter und geringere Strombelastungen realisierbar. In den Genuss dieser Vorteile kommt man allerdings nur durch zusätzlichen Schaltungsaufwand für das resonante Hilfsnetzwerk, welches das quasiresonante Schalten unter ZCS- oder unter ZVS-Bedingungen erst ermöglicht. Das Ziel bei der Synthese eines optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers muss also möglichst darin bestehen, einen Hochsetzsteller mit quasiresonantem Schaltverhalten zu finden, ohne dafür einen grossen zusätzlichen schaltungs- - 256 technischen Aufwand betreiben zu müssen. Dies gilt insbesondere für die Niederspannungs-Hochstromseite, wo dies aufgrund der hohen Ströme und der sehr niedrigen Spannungen mit beträchtlichen Anstrengungen verbunden ist. 6.2.5 Folgerungen für die Wahl der optimalen Schaltungstopologie Die in Kapitel 5 dargestellten Auswirkungen der von der einzelligen Solarzelle gelieferten sehr niedrigen Spannung u pv und des sehr hohen Stromes i pv auf die einzelnen Umrichterbauteile sowie die bei der ausführlichen Analyse und Suche der optimalen Schaltungstopologie in den Kapiteln 6.2.1 bis 6.2.4 gewonnenen Erkenntnisse in bezug auf den Einfluss der Schaltungsstruktur sowie einzelner Schlüsselparameter auf die Performance und auf den Wirkungsgrad versetzen uns nun in die Lage, die in Kapitel 6.2.1 definierten Anforderungen an die Synthese eines für unseren Anwendungsfall mit seinen aussergewöhnlichen elektrischen Kenngrössen optimal geeigneten Niederspannungs-Hochsetzstellers wie folgt zu präzisieren: • Das riesige Spannungsübersetzungsverhältnis zwischen der Eingangsspannung u pv und der Zwischenkreisspannung u zk kann nur mit einem Transformator überwunden werden. Aus Platz-, Gewichts-, und Kostengründen muss dabei unbedingt ein Hochfrequenz-Transformator verwendet werden. - 257 - 6.3 Optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller 6.3.1 Aufbau und Funktionsweise des optimierten Hochsetzstellers Die in der Figur 6.24 gezeigte Schaltung ermöglicht, das Übersetzungsverhältnis M zwischen Eingangs- u pv und Ausgangsspannung u zk fortlaufend und mit nahezu kontinuierlicher Stromführung i in auf ihrer Eingangsseite anzupassen. Dadurch wird es möglich, dem Solarmodul bereits mit einer relativ kleinen Filterkapazität C in einen nahezu konstanten Strom i pv zu entziehen. Die Niederspannungs-Hochsetzsteller-Topologie von Figur 6.24 erfüllt somit all die in Kapitel 4.3 aufgeführten Systemanforderungen. Darüber hinaus zeichnet sie sich auch bei Eingangs-Spannungen von unter 2V und Strömen von bis zu 100 A durch einen exzellenten Wirkungsgrad von teilweise weit über 90% aus [6], [7], [70], [73]. Trotzdem ist das Potential des Niederspannungs-Hochsetzstellers noch nicht ausgeschöpft, denn dafür wäre ein vollintegriertes Schaltungsdesign unter Verwendung der allerneuesten Errungenschaften aus dem Bereich der Leistungshalbleitertechnologien wie Silizium-Carbid-Schottky-Dioden und CoolMOS-Transistoren erforderlich. Ein derartig hoher Entwicklungsaufwand rechtfertigt sich aber nur bei einer industriellen Massenfertigung einer Umrichterschaltung und sprengte daher den Rahmen dieser Arbeit. • Der Niederspannungs-Hochstromkreis auf der Eingangsseite des Hochsetzstellers muss auf minimale Spannungsabfälle optimiert werden und darf daher nur aus einer Transformatorwicklung und einem MOSFETLeistungstransistor bestehen. • Um die Spannungsbeanspruchung und die Schaltverluste der mit hohen Strömen belasteten primärseitigen Leistungshalbleiter so gering wie möglich zu halten, muss der Transformator auf minimale Streuung getrimmt werden. Dies erfordert eine Durchflusswandlertopologie mit einem Transformator ohne Luftspalt. • In bezug auf die Schaltverluste und auf den Wirkungsgrad wäre ein Hochsetzsteller mit quasiresonantem Schaltverhalten ohne grossen zusätzlichen Bauteilaufwand auf der Niederspannungs-Hochstromseite optimal. Das Ergebnis der langwierigen und oft von Rückschlägen gekennzeichneten Schaltungssynthese, in welcher versucht wurde, möglichst all die genannten Forderungen unter einen Hut bringen, ist der im nachfolgenden Kapitel 6.3 beschriebene optimierte Niederspannungs-Hochsetzsteller. i pv u pv is i in us i SA S A DA LS ii i zk C zk u zk ub SB u in S1 S2 Figur 6.24: Schaltkreis des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers mit Quasi-Zero-Current-Switching Nachfolgend sollen zuerst die Funktionsweise und anschliessend die Hauptvorzüge des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24 besprochen werden. Anhand der in Figur 6.25 gezeigten Schaltmuster der - 258 Leistungstransistoren sowie der unmittelbar darunter angeordneten Stromund Spannungsverläufe des Niederspannungs-Hochsetzstellers kann seine Funktionsweise sehr gut erkannt und beschrieben werden: • Die Schalter S1 und S2 auf der Niederspannungsseite arbeiten im vollen Gegentaktbetrieb. Dadurch zieht der Hochsetzsteller, abgesehen von den normalerweise sehr kurzen Kommutierungseinbrüchen ∆t S , einen nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom i in . • Der riesige Spannungshub M = u zk ⁄ u pv wird in zwei Schritten überwunden. Weil S1 und S2 stets im vollen Gegentaktbetrieb arbeiten, wird das Spannungsübersetzungsverhältnis zwischen u pv und u b im wesentlichen nur durch das Verhältnis n 2 ⁄ n 1 der Windungszahlen des Hochfrequenztransformators bestimmt. In unserem Fall hängt der erzielbare Spannungshub auch stark von den Spannungsabfällen im Eingangskreis des Hochsetzstellers ab, welche ihrerseits wiederum von der Strombelastung abhängig sind. In erster Näherung wird aber die Spannung zwischen u pv und u b etwa um den Faktor 100 hochgesetzt. • Die kontinuierliche Spannungsanpassung erfolgt anschliessend in einem zweiten Schritt mit dem aus der Induktivität L S , dem Schalter S B und der Diode gebildeten Hochsetzsteller. Der Schalter S B taktet asynchron zur Gegentaktstufe und ermöglicht, den Strom i i in der Induktivität L S und somit auch den Eingangsstrom i pv des gesamten Niederspannungs-Hochsetzstellers zu regeln. • Der Schalter S A dient als Kommutierungshilfe für die Schalter S 1 und S 2 . Die Kommutierungshilfe wird immer kurz vor dem Umschaltvorgang der Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 betätigt. Durch Anlegen der Zwischenkreisspannung u zk an die Sekundärseite des Transformators wird dieser negativ vorgespannt. Dies führt dazu, dass der Sekundärstrom i S bis auf Null abklingt, was ermöglicht, die Transistoren S 1 und S 2 nahezu stromlos zu schalten (ZCS), denn statt des Eingangsstromes i in von bis zu über 100 A muss lediglich der sehr viel kleinere Magnetisierungsstrom des Transformators aktiv abgeschaltet werden. Bei den Kurvenverläufen von Figur 6.25 gilt es zu beachten, dass die Dauer ∆t S der Kommutierungseinbrüche aus Gründen der Übersichtlichkeit übertrieben gross dargestellt sind, denn bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz betragen die maximal 2µs langen Einbrüche ∆t S weniger als 5% der gesamten Periodendauer T = 40µs . Dasselbe gilt für die Schwankungsbreite ∆i pp des Eingangsstromes i in . In Wirklichkeit ist der Drosselstrom i i nahezu ideal geglättet und somit in sehr guter Näherung konstant. - 259 S1 t S2 t SA t SB t i in ∆t s ∆ i pp t us t is ∆ i pp t ub t i SA ii ∆ i pp t t Figur 6.25: Schaltmuster mit Spannungs- und Stromverläufen des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24 Unser optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller von Figur 6.24 zeichnet sich durch folgende Vorzüge aus: • Bezug eines nahezu kontinuierlichen Eingangsstromes i in ohne Glättungsdrossel auf der Niederspannungs-Hochstromseite, welche aufgrund des hohen Stromes sehr sperrig und teuer würde. • Durch die nahezu rechtecksförmige primärseitige Stromkurvenform erreicht man mit einem Wert P zk ⁄ P S von nahezu 50% eine sehr gute Ausnutzung der primärseitigen Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 . Dass der Wert nicht zwischen 50 und 100% liegt, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Transistoren S 1 und S 2 -abgesehen von den unver- - 260 - - 261 - meidbaren Ausschaltüberspannungen- im Sperrzustand mit der doppelten Eingangsspannung u pv belastet werden, was aber angesichts der sehr niedrigen Spannungen u pv am Ausgang unseres einzelligen Solarmoduls von völlig untergeordneter Bedeutung ist. untergeordnete Rolle. Der Kommutierungshilfe-Transistor S B selbst führt gemäss Figur 6.25 nur während der halben Dauer der ohnehin bereits sehr kurzen Kommutierungsintervalle Strom. Weil er darüber hinaus sekundärseitig angeordnet ist, weist er zudem eine im Vergleich zu dem Solarzellenstrom i pv sehr kleine Stromamplitude auf. Dies hat zur Folge, dass die Durchlassverluste beim Zusatzschalter S A vernachlässigt werden können. Die Kommutierungshilfe S A setzt uns nun in die Lage, die beiden Hochstrom-Schalter S 1 und S 2 durch Parallelschaltung sehr vieler Transistoren auf ihr Durchlassverhalten und den Zusatzschalter S A im gleichen Atemzug durch Verwendung eines etwas hochohmigeren Transistors mit kleineren parasitären Kapazitäten auf sein Schaltverhalten hin zu optimieren. • Viel wichtiger für die spannungsmässige Dimensionierung der primärseitigen Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 sind, wie wir in Figur 6.22 gesehen haben, möglichst geringe Ausschaltüberspannungen über S 1 und S 2 . Dies wird in unserer Schaltung dank zwei Faktoren sichergestellt. Dazu zählt erstens die Minimierung der Streuinduktivität des Transformators und zweitens das praktisch nahezu stromlose Schalten der Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 . • Das Quasi ZCS-Schaltverhalten der Hochstrom-Schalter S 1 und S 2 wird dank der sekundärseitigen Kommutierungshilfe S A sichergestellt. Seine Anordnung auf der Sekundärseite und ausserhalb des Hauptstromkreises bringt viele Vorteile mit sich. Durch die geringe Strombelastung kann dieser Zusatztransistor S A sehr klein dimensioniert werden. In unserem Fall aber viel entscheidender ist die Tatsache, dass damit die Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 ohne zusätzlichen Schaltungsaufwand auf der Niederspannungs-Hochstromseite in den Genuss aller Quasi-ZCS-Schaltvorteile kommen. Dank der Kommutierungshilfe S A lassen sich damit die Schaltverluste im Hochstromteil des Hochsetzstellers praktisch beseitigen und der Wirkungsgrad η HS des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers wesentlich steigern. • Die sekundärseitige Hochsetzsteller ermöglicht durch stetige Anpassung des Spannungsübersetzungsverhältnisses u zk ⁄ u b über das Tastverhältnis des Transistors S B den Strom i i und damit den Leistungsfluss p pv an der Solarzelle derart zu regeln, dass die leistungsbedingten Spannungspulsationen u zk im Zwischenkreis vollständig von der Solarzelle ferngehalten werden können. • Die Kommutierungshilfe ermöglicht, Durchlass- und Schaltverluste des Niederspannungs-Hochstromteils getrennt voneinander zu optimieren. Dies ist in der Leistungselektronik ein einzigartiger Vorteil, denn normalerweise muss man bei der Reduktion der Durchlassverluste durch Erhöhung der Anzahl parallel geschalteter Transistoren im Gegenzug immer höhere Schaltverluste aufgrund der damit verbundenen Vergrösserung der parasitären Kapazitäten in Kauf nehmen. In unserem Fall schalten aber die Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 dank der Kommutierungshilfe S A nahezu stromlos. Die Schaltverluste spielen daher auf der Eingangsseite unter normalen Betriebsbedingungen eine völlig Der optimierte Niederspannungs-Hochsetzsteller erfüllt damit von seinem Konzept her alle an den Hochsetzsteller gestellten Anforderungen in vorzüglicher Art und Weise. Die nachfolgenden Ausführungen werden diesen Sachverhalt rechnerisch und messtechnisch bestätigen. In einem ersten Schritt werden dazu mittels eines Verlustmodells die Hauptverlustquellen des Stellers lokalisiert und der Einfluss einiger Schlüsselparameter auf die Performance der Schaltung untersucht. Anschliessend wird anhand eines ersten Hardware-Prototypen der Funktionsnachweis des entworfenen Hochsetzstellers und die Bestätigung der berechneten Wirkungsgrade erbracht. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für das Redesign des Hochsetzstellers, in das wichtige fertigungstechnische Aspekte ebenfalls einfliessen werden. 6.3.2 Wirkungsgrad und Verlustaufteilung des Hochsetzstellers Für die Optimierung der Schaltung sind genaue Kenntnisse der wichtigsten Verlustmechanismen und der hauptsächlichsten Verlustquellen unerlässlich. Grundlage für diese Untersuchungen bildet das in Figur 6.26 dargestellte einfache Verlustmodell des Hochsetzstellers. Darin sind mit Ausnahme der Schaltverluste alle wichtigen Verlustquellen berücksichtigt. Die Vernachlässigung der Schaltverluste ist auf der Niederspannungsseite aufgrund der sanften und beinahe stromlosen Schaltvorgänge problemlos möglich. Einzig beim sekundärseitigen Hochsetzsteller werden -wie sich später auch anhand der Messungen am Hardware-Prototypen bestätigen wird- die auf diese Weise berechneten Verluste etwas zu niedrig ausfallen. Aufgrund ihrer untergeordneten Bedeutung für den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungshochsetzstellers ist diese Modellvereinfachung aber zulässig. - 262 - - 263 Auswirkungen von S A auf die gleichgerichtete Spannung u b und damit auch auf das Tastverhältnis a des Leistungstransistors S B werden hingegen -wie der in Figur 6.26 dargestellte Verlauf der Spannung u b zeigt- berücksichtigt. i zk i pv 1 --- ⋅ i p n ip i in ui Rm u pv R ESR uF RL uF n ⋅ ui D id ub u zk R DS RS R in uF iin ub ∆t S ∆t S uzk n ⋅ ui I pv U zk = 340V R ESR = 5mΩ R S = 1.5Ω ∆t S = 1.5µs R in = 2mΩ R L = 1Ω T = 40µs R m = 4Ω R DS = 0.8Ω U pv = 1.5V I pv = 100 A U F = 1.2V Tabelle 6.5: Grundparameter des Verlustmodells von Figur 6.26 t T ⁄2 Ausgehend von dem in Figur 6.26 dargestellten Verlustmodell kann nun die Verlustaufteilung innerhalb des Niederspannungs-Hochsetzstellers anhand einer Leistungsflussberechnung von der Eingangs- zur Ausgangsseite berechnet werden. Falls nichts besonderes vermerkt wird, erfolgt die Berechnung unter Verwendung der in Tabelle 6.5 aufgeführten Parametergrössen: t T ⁄2 Figur 6.26: Verlustmodell des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers Im Modell von Figur 6.26 wird die Solarzelle durch die Stromquelle i pv dargestellt. Der Eingangsstrom i in des Hochsetzstellers weist die in Figur 6.26 gezeigte Kurvenform auf, und sein linearer Mittelwert stimmt mit i pv überein. Die Verluste des kapazitiven Eingangsfilters werden durch den seriellen Ersatzwiderstand R ESR des Kondensators und die Kernverluste durch den magnetischen Ersatzwiderstand R m dargestellt. All die restlichen ohmschen Verluste im Niederspannungsteil wie Wicklungsverluste, Zuleitungsverluste, Kontaktierungsverluste oder Durchlassverluste der Transistoren werden mit dem Widerstand R in modelliert. Auf der Sekundärseite werden die Wicklungsverluste im Transformator durch R S und jene in der Induktivität des Hochsetzstellers mit R L erfasst, während die Verluste in den Dioden des Gleichrichters und in jener des Hochsetzstellers durch ihren Flussspannungsabfall U F dargestellt werden. Den Leitverluste im Transistor des Hochsetzstellers trägt der Durchlasswiderstand R DS Rechnung, während die Leitverluste der Kommutierungshilfe S A aufgrund ihrer sehr kurzen Stromleitdauer vernachlässigt werden. Die Als erstes interessiert uns, welcher Anteil der von der Solarzelle gelieferten Leistung p pv bereits im Niederspannungs- Hochstromteil des Hochsetzstellers verloren geht. Wir definieren zu diesem Zweck einen Wirkungsgrad η in für die Eingangsstufe des Hochsetzstellers wie folgt: ui ( t ) ⋅ i p ( t ) p iT ( t ) 1 1 η in = --- ⋅ --------------- dt = --- ⋅ --------------------------------- dt T u pv ( t ) ⋅ i pv ( t ) T p pv ( t ) ∫ T ∫ (6.34) T Dabei bezeichnet die Leistung p iT die vom Transformator von der Primärauf die Sekundärseite übertragene Leistung. Figur 6.27 zeigt den Einfluss des Gesamtwiderstandes R in des Eingangsstromkreises des optimierten Niederspannungs-Hochssetzstellers sowie der Eingangsspannung u pv und des Eingangsstromes i pv auf den Wirkungsgrad η in des Niederspannungsteils. In der oberen Bildreihe von Figur 6.27 wird die zentrale Bedeutung des Widerstandes R in deutlich sichtbar. Der Widerstandswert ist dabei umso wichtiger je höher der Solarzellenstrom i pv ist. Bei einem Strom von 100 A und einer Spannung von 1.5V wird beispielsweise bereits bei einem minimalen Gesamtwiderstand R in von 5mΩ mehr als die Hälfte der Eingangsleistung p pv im Eingangskreis vernichtet! In der unteren Bildreihe ist der Einfluss der Eingangsspannung u pv , des Eingangs- - 264 - - 265 - stromes i pv sowie der Eingangsleistung p pv auf den Wirkungsgrad η in bei konstant gehaltenem Widerstand R in = 2mΩ aufgetragen. Wie man leicht erkennen kann, ist es umso schwieriger einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, je niedriger die Eingangsspannung u pv ist und je höher der Eingangsstrom i pv und die zu übertragende Leistung p pv sind. Abschliessend kann man festhalten, dass die Güte des Eingangskreises entscheidend für die gesamte Performance der Schaltung ist. Niederspannungs-Hochsetzstellers, so stellt man fest, dass die Verluste sehr stark vom Strom i pv und mit Ausnahme jener des Transformators kaum von der Spannung u pv abhängen. Dies liegt an der dominierenden Stellung der ohmschen Verluste im System. Rin = 2mΩ; upv = 2.0V PR,Total PR,Total 25 PR,S1 S2 PR,S1 S2 25 20 PR,Trafo PR,Trafo 20 15 PR,Hochsetzer PR,Hochsetzer → upv=1.5V upv=1.0V 20 upv=1.5V → 0 → upv=1.0V upv=0.5V 80 upv=0.5V 1 2 3 4 Widerstand Rin [mΩ] 5 0 Widerstand Rin = 2mΩ 1 2 3 4 Widerstand Rin [mΩ] Wirkungsgrad ηin [%] 5 0 0 20 40 60 80 Eingangsstrom ipv [A] 100 0 15 10 5 20 40 60 80 Eingangsstrom ipv [A] 0 100 75 Figur 6.28: Berechnete Verlustaufteilung innerhalb des NiederspannungsHochsetzstellers in Funktion des Eingangsstromes i pv beim Gesamtwiderstand R in und der Eingangsspannung u pv Widerstand Rin = 2mΩ 100 100 → 90 upv=2.5V 80 → ← → ← → ← u =2.0V pv 70 u =1.5V pv ← → ← upv=1.0V 60 0 80 ppv=50W ppv=100W ppv=150W p =200W pv ppv=250W u =0.5V pv 50 5 20 40 60 Eingangsstrom i 80 [A] pv 100 0.5 60 40 20 Wirkungsgrad ηin [%] 0 85 10 → → 40 90 → upv=2.0V PR,Cin → upv=2.0V → PR,Cin → → → 60 95 → → → → → 80 Wirkungsgrad ηin [%] 100 → Wirkungsgrad ηin [%] 100 30 Verlustleistung PR [W] Eingangsstrom ipv = 20A Verlustleistung PR [W] Eingangsstrom ipv = 100A → Rin = 2mΩ; upv = 0.5V 30 0 1 1.5 2 2.5 Eingangsspannung u [V] pv Figur 6.27: Einfluss der Spannung u pv , des Stromes i pv und des Eingangswiderstandes R in auf den Wirkungsgrad des Eingangskreises des Niederspannungs-Hochsetzstellers Betrachtet man die in Figur 6.28 gezeigte Verlustaufteilung innerhalb des Obwohl die Verluste sich kaum in Funktion der Spannung u pv ändern, spielt diese beim Wirkungsgrad eine sehr wichtige Rolle. Ihr Einfluss wird richtig sichtbar, wenn man die Ergebnisse der beiden Diagramme von Figur 6.28 in Funktion der Eingangsleistung p pv aufzeichnet. Man gelangt auf diese Weise zu Figur 6.29, welche deutlich vor Augen führt, dass sich die relativen Verluste aufgrund der linear mit der Spannung u pv ansteigenden Leistung p pv sehr stark mit der Spannung u pv ändern. So unterscheidet sich beispielsweise die absolute Verlustleistung des Niederspannungs-Hochsetzstellers gemäss Figur 6.29 bei u pv = 0.5V und I pv = 100 A nicht merklich von jener bei u pv = 2.0V und I pv = 100 A . Weil aber die Eingangsleistung p pv im einen Fall 50W und im anderen Fall 200W beträgt, machen die relativen Verluste im einen Fall 60% und im anderen lediglich 15% aus. Die Figuren 6.28 und 6.29 bestätigen, dass die Verluste im Hochsetzsteller in erster Linie vom Eingangsstrom i pv abhängig sind. Darüber hinaus zeigen sie, dass der Transformator und die primärseitigen MOSFET-Transistoren - 266 - - 267 zunehmender Leistung. Der Grund ist, wie bereits erklärt, sehr einfach: Weil die ohmschen Verluste quadratisch mit dem Strom i pv zunehmen, während die Leistung p pv bei konstanter Eingangsspannung u pv nur linear mit dem Strom i pv steigt, verschlechtert sich das Verhältnis der Nutz- zur Verlustleistung zu höheren Leistungen p pv hin. 30 upv = 0.5V upv = 2.0V 20 15 Widerstand Rin = 2mΩ Widerstand Rin = 0.5mΩ die Hauptverlustquellen darstellen. Bei der Optimierung muss also das Hauptaugenmerk auf diese beiden Komponenten gerichtet werden, um einen möglichst hohen Gesamtwirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers zu erzielen. Der Wirkungsgrad η HS ist mit den in Figur 6.24 gewählten Bezeichnungen wie folgt definiert: u zk ( t ) ⋅ i zk ( t ) 1 η HS = --- ⋅ --------------------------------- dt T u pv ( t ) ⋅ i pv ( t ) ∫ (6.35) T Für die in Figur 6.30 gezeigten Wirkungsgradberechnungen wurde die Ausgangsspannung u zk des Niederspannungs-Hochsetzstellers durch Verändern des Tastverhältnisses a des sekundärseitigen Transistors S B konstant auf 340V gehalten. Wie stark der Wirkungsgrad η HS widerstandsabhängig ist, verdeutlicht in Figur 6.30 der charakteristische Wirkungsgradabfall mit 0 40 80 → → → → 120 160 Eingangsleistung ppv [W] 200 0 40 80 120 160 2.0V 1.75V 70 1.25V 60 50 → → ← 1.0V 70 90 80 upv = 0.5V Figur 6.29: Berechnete Verlustaufteilung innerhalb des NiederspannungsHochsetzstellers für R in = 2mΩ in Funktion der Leistung p pv : Eingangsspannung u pv = 0.5V Eingangsspannung u pv = 2.0V Gesamtverluste P R, Total Verluste in den primärseitigen Transistoren P R, S1 S2 Transformatorverluste P R, Trafo Verluste im sekundärseitigen Hochsetzer P R, Hochsetzer Verluste in der eingangsseitigen Filterkapazität P R, Cin 80 2.0V 200 1.75V 180 → 160 → 80 100 120 140 Eingangsleistung ppv [W] 1.5V 60 1.25V 40 → 20 1.0V 0 90 upv = 0.5V 0 Wirkungsgrad ηHS [%] 5 → 100 → 100 60 Wirkungsgrad ηHS [%] 10 1.5V Verlustleistung PR [W] 25 50 200 Eingangsleistung ppv [W] Figur 6.30: Berechneter Gesamtwirkungsgrad η HS des in Figur 6.24 dargestellten optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers Die in Figur 6.30 gezeigten Wirkungsgradverläufe unterstreichen einerseits die Schlüsselrolle des im Eingangskreis wirksamen Widerstandes R in für den Wirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers, zeigen aber andererseits auch deutlich auf, dass bei einem Widerstand von R in = 0.5mΩ auch für sehr niedrige Eingangsspannungen u pv von lediglich 1 – 2V über nahezu den gesamten Betriebsbereich des Niederspannungs-Hochsetzstellers Wirkungsgrade η HS von weit über 90% möglich sind. Sehr gute Wirkungsgrade erfordern also einen Gesamtwiderstand R in im Eingangskreis des Niederspannungs-Hochsetzstellers von weit unter einem Milliohm! Wenn man bedenkt, dass die besten heute verfügbaren MOSFETTransistoren bereits einen spezifizierten Durchlasswiderstand von 6mΩ aufweisen, sieht man erstens wie hochgesteckt das Ziel ist und zweitens, dass es nur mittels Parallelschaltung der Transistoren auf der NiederspannungsHochstromseite realisierbar ist. - 268 6.3.3 - 269 - Energieeinbussen an der Solarzelle Die zu optimierende Grösse unseres photovoltaischen Energiesystems ist der jährliche Energieertrag. Dafür ist neben dem reinen EnergieumwandlungsWirkungsgrad η e des Umrichters, der sich aus dem Produkt des Wirkungsgrades η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers und η WR des Netzwechselrichters zusammensetzt, auch der nachfolgend definierte Anpassungswirkungsgrad η A entscheidend: p sm η a = ------------------p smMPP nung u sz0 = 2.2V , einem Kurzschlussstrom i sz0 = 125 A und einem Füll2 faktor FF sz = 55% bei einer Einstrahlung von G' = 1[kW/m ] aus. Die sich daraus ergebenden Solarkennlinien in Funktion der Einstrahlung G' sind zusammen mit der charakteristischen Kurvenform des Eingangsstromes i in ebenfalls in Figur 6.31 zu sehen. Bei kleiner Kapazität C in führen die kommutierungsbedingten Schwankungen von i in zu Arbeitspunktauslenkungen um den MPP-Punkt herum. Die so entstehenden Ertragseinbussen sind -wie in Figur 6.31 zu sehen- bei voller Einstrahlung G' am grössten, weil dort auch die Abweichungen vom MPP am heftigsten sind. (6.36) Dabei stellt p sm die tatsächlich vom Solarmodul abgegebene und p smMPP ihre maximal mögliche Leistung dar. Für die Verringerung des Anpassungswirkungsgrades η A sind im wesentlichen zwei Erscheinungen verantwortlich: eine statische und eine dynamische. Die statische Komponente gibt an, wie gut der Maximalleistungsregler den Punkt maximaler Leistung unter stationären Einstrahlungsbedingungen findet. Sie hängt vom Maximum-PowerTracking-Algorithmus und von der Genauigkeit der Mess- und Signalverarbeitungskette ab sowie von den Oberschwingungen der Spannung u pv und des Stromes i pv an der Solarzelle ab. Die dynamische Komponente gibt an, wie schnell und genau der Maximalleistungsregler auf Einstrahlungsänderungen reagieren kann. Sie hängt im wesentlichen vom gewählten TrackingAlgorithmus und seinen Regeleigenschaften ab. Ein idealer MaximumPower-Tracker ist also in der Lage, Einstrahlungsänderungen abweichungsund verzögerungsfrei zu folgen. In unserem Fall stellt sich vor allem bei der statischen Komponente des Anpassungswirkungsgrades die Frage, inwieweit sich die Kommutierungseinbrüche im Eingangsstrom i in nach Figur 6.25 in Kombination mit den beschränkten kapazitiven Filterungsmöglichkeiten an der Solarzelle negativ auf den Anpassungswirkungsgrad η a auswirken. Diese Frage lässt sich, da uns leider kein funktionsfähiges Niederspannungs-Solarmodul von 200W Leistung zur Verfügung steht, quantitativ nur mittels Simulation ermitteln. Aus diesem Grunde wurde das in Figur 6.31 gezeigte Modell in MatlabSimulink implementiert. Das einzellige Niederspannungs-Solarmodul wurde dabei mit dem in Figur 3.4 gezeigten Eindiodenersatzschaltbild modelliert. Im einzelligen Fall stimmen die Spannungen und Ströme u pv und i pv unseres Quellenmodells mit den Zellengrössen u sz und i sz überein. Für die Simulation gehen wir von einer Trippelzelle mit einer Leerlaufspan- i i sz0 i pv pv G′ = 1000W ⁄ m 500W ⁄ m 2 200W ⁄ m 2 i in i in 2 MPP u pv u sz0 C in ∆t S di ⁄ dt I1 u pv t Modell T ⁄2 Figur 6.31: Modell für die Ermittlung des Anpassungswirkungsgrades η a unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers aufgrund der Spannungs- und Strompulsationen am Solarmodul Am Eingangsstrom i in können die Taktperiode T des Hochsetzstellers, die Flankensteilheit di ⁄ dt der Kommutierungseinbrüche sowie die Amplitude I 1 vorgegeben werden. In der Simulation wird bei gegebener Einstrahlung G' , Taktperiode T , Flankensteilheit di ⁄ dt und Filterkapazität C in die Amplitude I 1 des Stromes i in so lange verändert, bis die von der Solarzelle in einer Taktperiode T gelieferte Leistung p pv = u pv ⋅ i pv maximal wird. Daraus lässt sich unmittelbar die Leistungseinbusse gegenüber der MPPLeistung und damit auch der Anpassungswirkungsgrad η a berechnen. Bei den in Figur 6.32 gezeigten Simulationsergebnissen wurden kolonnenweise für drei unterschiedliche Stromsteilheiten di ⁄ dt im Kommutierungsintervall ∆t S die Spannungen, Ströme und Leistungen sowie der sich daraus ergebende Anpassungswirkungsgrad η a an der Solarzelle berechnet. Für die gewählten Stromsteilheiten di ⁄ dt ergeben sich bei einer Stromamplitude von I 1 = 125 A Kommutierungseinbrüche ∆t S von 1µs , 2µs und 5µs Länge. Die Grösse der Filterkapazität C in stellt in jeder Kolonne die zweite variierte Parametergrösse dar. - 270 di/dt = 25A/µs - 271 - di/dt = 62.5A/µs Die Ergebnisse von Figur 6.32 zeigen, dass ohne Filterkapazität C in je nach Stromsteilheit di ⁄ dt mit fehlanpassungsbedingten Ertragseinbussen zwischen knapp 2% und knapp 8% zu rechnen ist. Bei dem von uns realisierten optimierten Niederspannungs-Hochsetzsteller sind die Kommutierungseinbrüche ∆t S dank der sehr geringen Streuinduktivität L σ nur knapp über 1µs lang. Gemäss den Simulationen von Figur 6.32 genügt unter solchen Umständen bereits eine sehr kleine Filterkapazität C in von unter 200µF , um die anpassungsbedingten Ertragseinbussen auch bei voller Einstrahlung auf unter 0.3% zu beschränken. di/dt = 125A/µs 125 iin [A] 100 75 50 25 0 125 ipv [A] 100 Abschliessend können wir folgendes festhalten: Die Simulationsergebnisse von Figur 6.32 bestätigen, dass dank dem nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom i in unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers bereits eine sehr kleine Filterkapazität C in ausreicht, um an unserem einzelligen Solarmodul einen ausgezeichneten Anpassungswirkungsgrad η a von über 99.5% erzielen zu können. 75 50 25 0 2.4 upv [V] 2.1 6.3.4 1.8 1.5 1.2 165 132 ppv [W] Schaltungsdesign und Messergebnisse Mit einem ersten Schaltungsprototypen konnte die Machbarkeit einer Niederspannungs-Hochsetzstufe für 1 – 2V Eingangsspannung und bis zu 100 A Eingangsstrom nachgewiesen werden. In Figur 6.33 ist der Hochstromteil des Hochsetzstellers zu sehen. Das Schaltungsdesign dieses ersten Laborprototypen ist gekennzeichnet durch eine Leiteranordnung in SandwichBauweise. Die Stromzuführungen bestehen dabei -wie in Figur 6.33 deutlich zu sehen ist- aus zwei Kupferplatten. 99 66 33 0 0 10 20 30 Zeit [µs] 40 Cin = 0µF: ηa = 92.1% C = 36µF: η = 92.4% in a C = 180µF: η = 95.0% in a Cin = 720µF: ηa = 99.3% 0 10 20 30 Zeit [µs] 40 Cin = 0µF: ηa = 96.9% C = 36µF: η = 97.3% in a C = 180µF: η = 99.0% in a Cin = 720µF: ηa = 99.9% 0 10 20 30 Zeit [µs] 40 Cin = 0µF: ηa = 98.4% C = 36µF: η = 98.9% in a C = 180µF: η = 99.7% in a Cin = 720µF: ηa = 100% Figur 6.32: Strom-, Spannungs- und Leistungsverläufe sowie Anpassungswirkungsgrad η a an der Solarzelle in Funktion der Kapazität C in und der Stromsteilheit di ⁄ dt : C in = 0µF C in = 180µF C in = 16µF C in = 720µF MPP-Grössen (Strom, Spannung bzw. Leistung) Figur 6.33: Niederohmsch-niederinduktiver Eingangsstromkreis des ersten Laborprototypen des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24 - 272 - - 273 - Die in Figur 6.33 gezeigte Leiteranordnung in Sandwich-Bauweise ermöglicht, den Eingangsstromkreis des Umrichters sehr niederohmsch und niederinduktiv zu realisieren. Auf ihrer Unterseite sind die Leistungshalbleiter der Schalter S 1 und S 2 sichtbar. Sie bestehen aus je 4 parallel geschalteten MOSFETs des Typs IRL3803 von “International Rectifier” und weisen einen spezifizierten maximalen Duchlasswiderstand von R DS = 6mΩ auf [62]. Der Hochfrequenztransformator ist in Planarbauweise ausgeführt. Die in Figur 6.33 ebenfalls deutlich zu sehenden Elektrolytkondensatoren werden lediglich zur Entkopplung des Hochsetzstellers vom verwendeten Netzgerät zur Speisung der Testschaltung benötigt, da uns im Rahmen dieser Arbeit leider noch kein einzelliges Solarmodul mit den geforderten elektrischen Kenngrössen zur Verfügung stand [70], [73]. P1 ------ 2 • Die Verschachtelung der Wicklung reduziert die magnetische Feldstärke H W im Wicklungsfenster und reduziert so sowohl die Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes als auch die Streuung des Transformators. • Die primärseitigen Hochstromwicklungen, die eine sehr hohe Stromtragfähigkeit aufweisen müssen, sind mittels Lammellenleitern aufgebaut und bestehen aus einer einzigen Windung. Die Lammellierung verringert die Stromverdrängung. Mit der Beschränkung auf eine einzelne Wicklung auf der Niederspannungsseite kann ihre Länge minimal und ihr Querschnitt innerhalb des zur Verfügung stehenden Wicklungsfensters A W maximal gemacht werden. All diese Massnahmen ermöglichen letztendlich einen wirksamen Wicklungswiderstand von weit unter 1mΩ . Die Scheinleistung S des in Figur 6.34 gezeigten Planartransformators beträgt 200VA und seine Grundschwingungsfrequenz ist f T = 25kHz . Dabei P2 S --2 P1 ------ 2 HW x HW Planartransformator In der Planarbauweise bestehen die einzelnen Transformatorwicklungen nicht wie bei herkömmlichen Transformatoren aus bewickeltem Draht, sondern aus Leiterplatinen. Dank ihrer flachen Struktur können sehr hohe Kupferfüllfaktoren und eine sehr enge magnetische Kopplung erzielt werden. Figur 6.34 zeigt den eingesetzten Planartransformator, die Anordnung seiner Wicklungen sowie den Verlauf der Feldstärke innerhalb des Wicklungsfensters bei dem ein Grossteil der in Kapitel 5.4.2 beschriebenen Massnahmen zur Verringerung der Streuung und des Skin- und Proximity-Effektes verwirklicht sind: S --2 x Figur 6.34: Planartransformator samt Wicklungsanordnung und Verlauf der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des Wicklungsfensters Ersatzschaltung: Wicklungswiderstände: R1 R 1 = 0.2mΩ ; R 2 = 1.9Ω 1 R2 I1 4 N1 U1 2 N2 U2 5 N1 3 U1 L 1 = --------ωI 1 U2 L 2 = --------ωI 2 R1 Streuinduktivität: U2 L σ21 = --------ωI 2 Wicklungsinduktivitäten: I2 = 10µH I2 = 0 = 23mH I1 = 0 Windungszahlen: = 64µH U1 = 0 N 1 = 1 ; N 2 = 96 Tabelle 6.6: Technische Daten des Planartransformators von Figur 6.34 - 274 - - 275 - bezeichnen P 1 und P 2 die beiden primärseitigen und S die sekundärseitige Wicklung des Transformators. Figur 6.34 zeigt darüber hinaus, wie sich der magnetische Feldstärkeverlauf H W innerhalb des Wicklungsfensters ändert je nachdem, welche der beiden Primärwicklungen bestromt ist. Wirkungsgrad η e mit seiner starken Gewichtung der Verhältnisse bei Teillast berücksichtigt diesen wichtigen Umstand sehr gut und liefert daher eine aussagekräftige Kenngrösse zur Beurteilung einer Wirkungsgradkennlinie eines Solarumrichters. Aus diesem Grunde verwenden wir ihn fortan als wichtigste Kenngrösse für die Beurteilung der gemessenen Wirkungsgrade. Der Hochfrequenz-Planartransformator von Figur 6.34 wurde gemäss unserer Spezifikationen durch die auf dem Gebiet der magnetischen Planarbauelemente spezialisierte israelische Firma Payton gefertigt. Seine genauen Kenndaten sind in der Tabelle 6.6 dargestellt. Bemerkenswert sind dabei vor allem der sehr geringe Widerstand R 1 der zwei primärseitigen Hochstromwicklungen sowie die äusserst geringe Streuung L σ21 ⁄ L 2 von lediglich 0.28%! Die primärseitige Streuinduktivität L σ12 fehlt in Tabelle 6.6. Der Grund dafür liegt darin, dass uns eine zuverlässige Bestimmung von L σ12 aufgrund ihres sehr geringen Wertes messtechnisch nicht möglich war. Euro-Wirkungsgrad als Kenngrösse Photovoltaik-Anlagen arbeiten aus Witterungsgründen häufig im Teillastbetrieb. Bei der Optimierung des Umrichters sollte man diesen Umstand unbedingt beachten, denn im Gegensatz zu vielen anderen Anwendungen kommt es bei einem Photovoltaik-Umrichter nicht in erster Linie darauf an, einen besonders hohen Wirkungsgrad bei Vollast, sondern einen möglichst hohen Wirkungsgrad über einen möglichst weiten Teillast-Betriebsbereich zu erreichen. Eine optimale Wirkungsgradkurve eines Solarumrichters steigt somit sehr schnell an, weist bei Teillast ein flaches Optimum auf und sinkt gegen den Vollastpunkt hin leicht ab. Der in Figur 6.35 definierte sogenannte Euro- Punkte und Gewichtung [%] Euro−Wirkungsgrad ηe Definition: 100 η e = 0.03 ⋅ η 05 + 75 0.06 ⋅ η 10 + 50 0.13 ⋅ η 20 + 25 0.10 ⋅ η 30 + 0 0.48 ⋅ η 50 + 5 10 20 30 50 Leistung [%] 100 Gemessene Kurvenverläufe am ersten Laborprototypen Das nachfolgende KO-Bild dokumentiert die gemessenen Spannungs- und Stromverläufe am ersten Laborprototypen [73]. Darauf erkennt man, dass die Spannungen und Ströme im Unterschied zu den in Figur 6.25 gezeigten idealisierten Kurvenverläufen in Realität von einer hochfrequenten Schwingung, welche von dem aus Transformatorstreuung L σ und Sperrschichtkapazität C S der sekundärseitigen Gleichrichterdioden gebildeten Serieschwingkreis herrührt, überlagert sind. Weil sie die Funktionsweise der Schaltung in keinerlei Art und Weise beeinträchtigen, werden wir auch nicht näher darauf eingehen. Arbeitspunkt: U pv = 1.5V I pv = 50 A U zk = 340V Ch1: Ch2: Ch3: Ch4: Spannung über S 1 Spannung über S 2 Spannung u b [ 200V ⁄ Div ] Strom i S [ 50 A ⁄ Div ] Figur 6.36: Gemessene Spannnungen und Ströme am ersten Prototypen des Niederspannungs-Hochsetzstellers [73] In Figur 6.36 erkennt man ferner die Grundschwingungsfrequenz f T von 25kHz des Hochsetzstellers. Dies hat einerseits den Vorteil, dass der Umrichter völlig lautlos arbeitet, und andererseits können die reaktiven Komponenten auf diese Weise klein gehalten werden. 0.20 ⋅ η 100 (6.37) Figur 6.35: Definition und Gewichtung der einzelnen WirkungsgradKennlinienpunkte beim Euro-Wirkungsgrad η e Gemessener Wirkungsgrad des ersten Laborprototypen Die Messungen von Figur 6.37 erfolgten bei konstanter Ausgangsspannung U zk = 340V . Die Eingangsspannung U pv wurde zwischen 1 und 2V vari- - 277 - iert. Die primärseitigen Leistungstransistoren S 1 und S 2 wurden mit einer konstanten Taktfrequenz f T von 25kHz und die Kommutierungshilfe S A demzufolge ebenfalls mit einer konstanten Taktfrequenz f T von 50kHz betrieben, während der Leistungstransistor S B des sekundärseitigen Hochsetzstellers aufgrund des toleranzbandgeregelten Stromes i i mit einer zwischen f Tmin = 25kHz und f Tmax = 38kHz variierenden Taktfrequenz f T arbeitete. Dies erfordert bei einer Toleranzbreite von 100mA , was einer relativen Schwankungsbreite von etwa ± 4% der Nennstromamplitude von i i entspricht, einen Induktivitätswert L S von 17mH . Aus Verträglichkeitsgründen muss das Schwankungsband [ f Tmin … f Tmax ] der Taktfrequenz f T von S B zwingend oberhalb der Hörschwelle liegen, denn summende oder gar pfeifende Solarfassaden wären absolut inakzeptabel. der Ausgangsspannung u zk am ersten Prototypen des NiederspannungsHochsetzstellers zu. Die dort dargestellten Ergebnisse zeigen, dass auch die Zwischenkreisspannung u zk beträchtlichen Einfluss auf den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers hat. Das Diagramm auf der linken Seite von Figur 6.38 zeigt den Normalfall, bei dem folgendes gilt: • Höhere Zwischenkreisspannungen u zk führen in den sekundärseitigen Gleichrichterdioden ebenfalls zu höheren Schaltverlusten. → 2.0V → 1.75V = = = = = 90.3% 88.9% 87.2% 84.6% 80.8% 50 75 100 125 150 175 200 Eingangsleistung ppv [W] Figur 6.37: Gemessener Gesamtwirkungsgrad des ersten NiederspannungsHochsetzsteller-Prototypen bei einer konstanten Zwischenkreisspannung von U zk = 340V Die Messergebnisse von Figur 6.37 stimmen im Bereich zwischen 20 und 100% der Nennleistung, in dem die ohmschen Verluste eine vorherrschende Rolle spielen, sehr gut mit den in Figur 6.30 berechneten Werten für einen Eingangswiderstand R in von 2mΩ überein [7], [73]. Im untersten Leistungsbereich müsste das Verlustmodell verfeinert werden, da in diesem Bereich neben den ohmschen auch die restlichen Verlustmechanismen mitberücksicht werden müssen, um zuverlässige Wirkungsgrad-Vorhersagen treffen zu können. Sehr interessante Aufschlüsse lässt auch die in Figur 6.38 gezeigte Variation Eingangsspannung upv = 1V Eingangsspannung upv = 2V 90 95 85 92 80 89 75 86 70 83 65 0 20 40 60 80 Eingangsstrom ipv [A] 100 0 20 40 60 80 Wirkungsgrad ηHS [%] 25 ηe ηe ηe ηe ηe Wirkungsgrad ηHS [%] 0 1.5V 60 1.25V 70 → 80 → 90 50 • Mit steigender Spannung u zk sinkt die Entmagnetisierungsdauer der Glättungsinduktivität L S . Dies führt bei unveränderter Toleranzbandbreite zu einer Erhöhung der Taktfrequenz f T des sekundärseitigen Hochsetzstellers und somit in Verbindung mit den höheren zu schaltenden Spannungen auch zu höheren Schaltverlusten. Dies hat zur Folge, dass sich der Gesamtwirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers mit sinkender Zwischenkreisspannung u zk verbessert. 100 upv = 1.0V → Gesamtwirkungsgrad ηHS [%] - 276 - 80 100 Eingangsstrom ipv [A] Figur 6.38: Einfluss der Spannung U zk auf den gemessenen Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers: U zk = 220V U zk = 430V U zk = 340V Äusserst interessant ist der im rechten Diagramm von Figur 6.38 sichtbare Einbruch im Wirkungsgradverlauf des Niederspannungs-Hochsetzstellers, wenn sich die Eingangsspannung u pv am oberen Ende und die Ausgangs- - 278 spannung u zk gleichzeitig am unteren Ende ihres Spannungsbereiches befinden. Im Gegensatz zu der zuvor festgehaltenen Regel, dass der Gesamtwirkungsgrad η HS mit sinkender Zwischenkreisspannung u zk ansteigt, sinkt die Wirkungsgradkurve für U zk = 220V mit zunehmendem Strom i pv sogar noch unter jene für eine Zwischenkreisspannung von U zk = 340V ab. Der Grund dafür ist in der reduzierten Wirksamkeit der Kommutierungshilfe S A für diesen Betriebsfall zu suchen, denn bei 2V Eingangsspannung und 220V Zwischenkreisspannung liegt diese nur geringfügig über der Spannung u b am Gleichrichterausgang. Der geringe Spannungsunterschied zwischen u b und u zk hat sehr flache Stromflanken im Kommutierungsintervall ∆t S der primärseitigen Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 zur Folge, was letztlich dazu führt, dass die MOSFET-Leistungstransistoren S 1 und S 2 -insbesondere bei hohem Eingangsstrom i pv - nicht mehr unter Quasi-ZCS-Bedingungen schalten können, sondern den Löwenanteil des durch sie fliessenden Stromes i in aktiv über das Gate ausschalten müssen. Die Schaltverluste in den mit hohen Strömen belasteten primärseitigen Leistungshalbleitern S 1 und S 2 steigen dadurch sehr stark an, und als Folge davon fällt der Wirkungsgrad η HS ebenso stark ab. Die Ausführungen des letzten Abschnittes zeigen einerseits, wie wirksam das im Rahmen dieser Arbeit vorgestellte neue Schaltungsprinzip ist, um unter Quasi-ZCS-Bedingungen schalten zu können, und lassen andererseits folgende Schlüsse zu: • Den besten Gesamtwirkungsgrad erreicht man, wenn das Spannungsniveau der Zwischenkreisspannung u zk so tief wie möglich gewählt wird. • Das Übersetzungsverhältnis des Hochfrequenztransformators muss sehr sorgfältig auf den Eingangsspannungsbereich des Hochsetzstellers abgestimmt werden, um eine optimale Funktionsweise der Kommutierungshilfe und damit das Schalten unter “Quasi-ZCS”-Bedingungen über den gesamten Betriebsbereich des optimierten NiederspannungsHochsetzstellers gewährleisten zu können. • Variiert sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangsspannung des Niederspannungs-Hochsetzstellers sehr stark, sollte die Dauer ∆t S des Kommutierungsintervalles in Funktion des Eingangsstromes i pv und des Spannungsübersetzungsverhältnisses M = u zk ⁄ u pv im Betrieb eingestellt werden, denn nur so lassen sich über den gesamten Betriebsbereich Quasi-ZCS-Schaltbedingungen und nahezu vernachlässigbare Schaltverluste auf der Niederspannungs-Hochstromseite gewährleisten. - 279 Gemessene Verlustaufteilung Figur 6.39 zeigt die gemessene Verlustaufteilung an dem in Figur 6.33 gezeigten ersten Laborprototypen des Niederspannungs-Hochsetzstellers. i pv u pv is i in us i SA S A DA LS ii i zk C zk u zk ub SB u in S1 S2 Boost stage Hochsetzer 11% Remainder Rest Upv = 1.5V Ipv = 100A Udc = 340V 5% Transistoren S1 S2 Transistors S1,S2 Gleichrichter Rectifier 8%8% 40% Kommutierhilfe Transistor SA 3%3% Trafo Transformator 24% 24% Kondensator Cin Copper C Input Kupfer-Layer 6% 6% layers 3% 3% Figur 6.39: Gemessene Verlustaufteilung beim ersten Hardware-Prototypen des Niederspannungs-Hochsetzers [73] Aufgrund des in Figur 6.33 gezeigten sehr kompakten niederinduktiven Aufbaus der Hochsetzerstufe ist es nicht möglich, die Verluste jedes Bauteils gesondert zu messen. Deshalb mussten die messtechnisch nicht abgreifbaren Grössen aus den verfügbaren Grössen rekonstruiert werden. Dies ist auch der Grund, weshalb 5% der anfallenden Verluste keinem Bauteil zugeordnet werden konnte und als Rest in der Verlustverteilung von Figur 6.39 erscheint. - 280 Im Hinblick auf die Optimierung des Wirkungsgrades η HS beim Redesign des Niederspannungs-Hochsetzstellers sind genaue Kenntnisse der Verlustaufteilung unerlässlich. Figur 6.39 verdeutlicht, dass die NiederspannungsHochstrom-Transistoren den Löwenanteil zu den Verlusten des gesamten optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers beisteuern, gefolgt von dem 25kHz -Hochfrequenztransformator, dem sekundärseitigen Hochsetzsteller und dem Diodengleichrichter. Diese Erkenntnisse und die gewonnenen Erfahrungen im Umgang mit den aussergewöhnlichen Randbedingungen unserer Fragestellung bilden neben dem Nachweis der Machbarkeit eines Niederspannungs-Hochsetzstellers mit über 90% Wirkungsgrad den Hauptnutzen des ersten Laborprototypen und setzen uns nun in die Lage, den Niederspannungs-Hochsetzsteller beim Redesign in vielfältiger Hinsicht gezielt verbessern zu können. 6.3.5 Optimierungsansätze und ihr Potential Das Redesign stützt sich auf die gewonnenen Erfahrungen bei der Synthese, beim Aufbau und bei der Charakterisierung des ersten Laborprototypen. Die Anstrengungen im Hinblick auf das Redesign der Leistungsstufe zielen hauptsächlich auf eine Steigerung des Wirkungsgrades sowie auf das Finden eines Schaltungsdesigns ab, das den Anforderungen einer Massenfertigung gerecht wird. - 281 zeigt- den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers sehr deutlich zu steigern. • Hochfrequenztransformator Der in Figur 6.34 gezeigte Planartransformator des ersten Prototypen ist bereits Ergebnis eines langen Optimierungsprozesses. Abgesehen von den Wicklungswiderständen und vom Preis lässt er daher technisch auch kaum Wünsche offen. Aus diesem Grunde wurde mit einem Ringtransformator eine preisgünstigere Alternative auf ihre Tauglichkeit hin untersucht. Um die Wicklungswiderstände so gering wie möglich zu halten, wurden seine Transformatorwicklungen mit Hochfrequenzlitze gewickelt, denn durch Verwendung von Hochfrequenzlitzen kann der Einfluss des Skin- und des Proximity-Effektes in den Wicklungen und damit auch der wirksame Wicklungswiderstand verringert werden. • Gleichrichter Die Verluste im sekundärseitigen Diodengleichrichter können durch Verwendung eines Synchrongleichrichters verringert werden. Dabei werden unter Ausnutzung der in Kapitel 5.3 beschriebenen Leitfähigkeit des MOSFETs in Rückwärtsrichtung die Gleichrichterdioden wie folgt durch synchron getaktete MOSFET-Transistoren ersetzt: S D1 D1 Wirkungsgradoptimierung Bei der Wirkungsgradoptimierung stellen die in Figur 6.39 gezeigten Hauptverlustquellen das primäre Optimierungsziel dar, wobei ihr Potential sehr unterschiedlich ist. Nachfolgend sollen daher die einzelnen Massnahmen kurz dargestellt werden: • Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 Die Verluste in den Transistoren S 1 und S 2 können durch Erhöhung der Anzahl parallel geschalteter MOSFETs verringert werden. Aufgrund des Schaltens unter Quasi-ZCS-Bedingungen dank der sekundärseitig angeordneten Kommutierungshilfe S A erfolgt dies -abgesehen vom leicht höheren Aufwand und Ansteuerungsenergiebedarf- praktisch ohne irgendwelche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Aus diesem Grunde wurde die Anzahl parallel geschalteter Leistungstransistoren pro Schalter S 1 oder S 2 beim Redesign von 4 auf 12 erhöht. Dies erlaubt, den Gesamtwiderstand R in im NiederspannungsHochstromkreis auf Werte von 0.5mΩ zu verringern und damit -wie ein Vergleich des linken mit dem rechten Diagramm von Figur 6.30 us ub D2 S D3 D3 D4 ub us S D2 S D4 Figur 6.40: Synchron-Gleichrichter: Ersatz der Gleichrichterdioden durch synchron getaktete MOSFET-Leistungstransistoren Durch Verwendung des in Figur 6.40 gezeigten Synchrongleichrichters können die Flussspannungsabfälle im Gleichrichter stark reduziert und somit der Wirkungsgrad erheblich verbessert werden. Dies trifft umso mehr zu, falls ein Leistungstransistor aus der neuen CoolMOS-Reihe, von Siemens eingesetzt wird, denn CoolMOS-Transistoren weisen aufgrund höher dotierter Kolonnen in der Epitaxieschicht einen um den Faktor 5 geringeren Durchlasswiderstand R DS bei gleicher Chipfläche - 282 - - 283 - und um den Faktor 2 kleinere Schaltverluste bei gleichem R DS als herkömmliche Standard-MOSFET-Transistoren [63]. • Sekundärseitiger Hochsetzsteller Die Verluste im sekundärseitigen Hochsetzsteller können ebenfalls durch den Einsatz von CoolMOS-Leistungstransistoren in Verbindung mit Silizium-Carbid-Dioden, welche derzeit von Infineon angekündigt werden, sehr stark reduziert werden. Wenn die 600V ⁄ 6 A -SiliziumCarbid-Schottky-Dioden das halten, was die Datenblätter ankündigen, erlauben sie, aufgrund ihres praktisch inexistenten Rückwärtserholstromes die Schaltverluste in der Diode D A selbst und vor allem die Einschaltverluste im beteiligten Leistungstransistor S B des sekundärseitigen Hochsetzstellers dramatisch zu reduzieren [64]. Zusammen mit dem im Vergleich zu den in unseren Laborprototypen verwendeten Standard-Leistungstransistoren wesentlich niedrigeren R DS der CoolMOS-Transistoren liegt eine Verringerung der Gesamtverluste im sekundärseitigen Hochsetzstellers um den Faktor 2 sicherlich und um den Faktor 3 wahrscheinlich drin. Dies allein führt je nach Arbeitspunkt zu einer Steigerung des Gesamtwirkungsgrades η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers um 1 bis 2%. Mit Ausnahme der CoolMOS-Transistoren und der Silizium-Carbid-Dioden, die uns leider im Rahmen dieser Arbeit noch nicht zur Verfügung standen, wurden alle in diesem Kapitel beschriebenen Massnahmen zur Wirkungsgradsteigerung bei dem im Rahmen eines Redesigns aufgebauten Niederspannungs-Hochsetzstellers der zweiten Generation umgesetzt. Optimierung im Hinblick auf eine Massenfertigung Die aufwendigen Handbearbeitungsschritte zur Herstellung des in Figur 6.33 gezeigten ersten Laborprototypen sind für eine Massenfertigung völlig ungeeignet. Aus diesem Grunde wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Hightech-Leiterplattenhersteller Optiprint AG nach Lösungen gesucht, die den Anforderungen einer Massenfertigung in hohen Stückzahlen gerecht werden. Die Ergebnisse dieser Anstrengungen sind äusserst erfreulich: • Mit leichten Modifikationen des Ätzverfahrens ist es möglich, auch den Niederspannungs-Hochstromteil des Umrichters mittels Ätzverfahren herzustellen. Im Vergleich zur konventionellen Leiterplattenherstellung müssen aufgrund der 0.8mm dicken Kupferlayer die minimal zulässigen Strukturabmessungen sowie die Anzahl Bearbeitungsschritte beim Belichtungs- und Ätzprozess erhöht werden. Alle übrigen Prozess- schritte, die dazu erforderlichen Designwerkzeuge sowie die benötigte Infrastruktur zur Herstellung, Prüfung und Bestückung der Printplatten können von der konventionellen Leiterplattenherstellung übernommen werden. Dies macht aufwendige und teure Handbearbeitungsschritte bei der Fertigung des Niederspannungs-Hochsetzstellers überflüssig. • Die Verwendung von SMD-Gehäuseformen für die Leistungsbauteile auf der Niederspannungs-Hochstromseite ermöglicht, die Ausdehnung der Schaltung zu reduzieren und somit den gesamten Schaltungsaufbau noch niederohmiger und niederinduktiver zu gestalten. • Die Kontaktierung der Bauteile auf der Niederspannungs-HochstromLeiterplatte kann in einem Reflow-Ofen erfolgen, muss aber aufgrund der sehr grossen Wärmekapazität der 0.8mm dicken Kupferlayer sehr sorgfältig erfolgen, da sonst die Halbleiter überhitzt und zerstört werden können. Die Bestückung unserer Niederspannungs-Hochsetzsteller der zweiten Generation hat uns gezeigt, dass keine Schäden zu erwarten sind, falls die von den Halbleiterherstellern vorgeschriebenen Temperaturprofile strikte eingehalten werden. Die im Rahmen des Redesigns gewonnenen Erfahrungen im Fertigungs- und Bestückungsbereich sind im Hinblick auf eine Massenfertigung des gesamten Umrichtersystems sehr wertvoll, denn sie zeigen, dass trotz der geforderten sehr hohen Stromtragfähigkeit auf der Eingangsseite des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers prinzipiell der gesamte Umrichter als Massenprodukt vollautomatisch gefertigt, bestückt und getestet werden kann. Dies ist äusserst wichtig, um die sich durch die Gesetze der “Economy of Volume” bietenden Preisvorteile voll ausschöpfen zu können. Damit konnte auch die Machbarkeit einer rationellen Fertigung des gesamten Umrichtersystems erbracht werden. 6.3.6 Redesign des Niederspannungs-Hochsetzstellers Die Figuren 6.41 und 6.42 zeigen das Ergebnis des Redesigns des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers, welcher unter Berücksichtigung der in Kapitel 6.3.5 genannten Massnahmen zur Wirkungsgradoptimierung sowie der Anforderungen an eine rationelle Massenfertigung erfolgte. Die beiden Laborprototypen der zweiten Generation unterscheiden sich im wesentlichen nur durch ihren Hochfrequenz-Transformator. In der Anordnung von Figur 6.41 wurde der hochwertige Planartransformator des ersten Laborprototypen wiederverwendet, während in jener von Figur 6.42 ein preiswerterer Ringkerntransformator eingesetzt wurde. - 284 - - 285 - 100 Die Figuren 6.41 und 6.42 zeigen, dass einerseits bei der Ausführung mit Planartransformator lediglich 4 von den insgesamt 24 NiederspannungsHochstrom-Transistoren auf der oberen Seite der Leiterplatte angeordnet sind, während sich andererseits die Transistoren bei der Schaltung mit Ringkerntransformator je zur Hälfte zwischen Ober- und Unterseite aufteilen. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass aufgrund des ausserordentlich guten Gesamtwirkungsgrades η HS der in Figur 6.41 und 6.42 gezeigten Niederspannungs-Hochsetzsteller der 2. Generation in beiden Fällen so wenig Verlustleistung anfällt, dass die Leistungstransistoren gar keinen Kühlkörper mehr benötigen, um die Verlustwärme abzuführen. In Figur 6.42 → → → 1.75V 2.0V 80 0 25 1.25V → upv = 1.0V 85 ηe ηe ηe ηe ηe = = = = = 94.7% 94.3% 93.6% 92.8% 91.6% ηe ηe ηe ηe ηe = = = = = 94.4% 93.9% 93.3% 92.5% 91.2% 50 75 100 125 150 175 200 Eingangsleistung ppv [W] 100 → → → 1.75V 2.0V upv = 1.0V 85 80 0 25 1.25V → → 90 1.5V 95 75 Figur 6.42: Eingangsstromkreis des Laborprototypen der 2. Generation des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24 in der Ausführung mit Ringkerntransformator → 90 1.5V 95 75 Gesamtwirkungsgrad ηHS [%] Figur 6.41: Eingangsstromkreis des Laborprototypen der 2. Generation des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24 in der Ausführung mit Planartransformator Gesamtwirkungsgrad ηHS [%] ist überdies die in Kapitel 6.3.5 erwähnte Hochfrequenzlitze bei den Primärwicklungen des Ringkerntranformators sehr gut erkennbar. 50 75 100 125 150 175 200 Eingangsleistung ppv [W] Figur 6.43: Gemessener Gesamtwirkungsgrad an den NiederspannungsHochsetzsteller-Prototypen der zweiten Generation bei einer konstanten Ausgangsspannung von U zk = 340V : oben: Ausführung mit Planartransformator nach Figur 6.41 unten: Ausführung mit Ringkerntransformator nach Figur 6.42 Die in Figur 6.43 gezeigten Messergebnisse bestätigen unsere Erwartungshaltung in bezug auf den Gesamtwirkungsgrad η HS des NiederspannungsHochsetzstellers der 2. Generation. Dank den in Kapitel 6.3.5 besprochenen Massnahmen konnte η HS im Vergleich zum ersten Laborprototypen nochmals beträchtlich gesteigert werden und erreicht im günstigsten Fall einen stolzen Euro-Wirkungsgrad η e von 94.7%. Erfreulicherweise fällt der Euro- - 286 - - 287 - Wirkungsgrad η e der Ausführung mit dem Ringkerntransformator im Vergleich zu jener mit dem Planartransformator nur unwesentlich ab. In den Wirkungsgradverläufen sind hingegen einige bemerkenswerte Unterschiede erkennbar. So fällt beispielsweise der etwas höhere Wirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers mit Ringkerntransformator bei voller Leistung p pv auf. Dies rührt hauptsächlich von den leicht geringeren Wicklungswiderständen aufgrund der verwendeten Hochfrequenzlitze her, die sich insbesondere bei hohem Eingangsstrom i pv positiv bemerkbar machen. Bei Teillast macht die geringere Streuung des Planartransformators diesen Vorteil des Ringkerntransformators wieder mehr als wett, so dass die Anordnung mit dem Planartransformator wirkungsgradmässig dort wieder obenausschwingt. nung zwingend erforderlich ist, ist der zweite Schlüsselparameter des Hochsetzstellers. Ausgedehnte Simulationen haben ergeben, dass die Schaltverluste ohne spezielle Vorkehrungen auch bei minimaler Streuung ein nicht tolerierbares Mass erreichen. Der Grund ist einerseits im sehr hohen Eingangsstrom i pv und andererseits in den sehr beschränkten kapazitiven Filterungsmöglichkeiten zu suchen. Dieses Problem lässt sich in unserem Fall nur mittels “Zero-Voltage”- oder “Zero-Current-Switching” effizient lösen. Das Ziel besteht dabei darin, die Halbleiter entweder spannungs- oder stromlos zu schalten. Dadurch können die Schaltverluste deutlich verringert werden. Abschliessend bleibt mir nur noch die Feststellung, dass die Ergebnisse von Figur 6.43 mit einem Spitzenwert von η e = 94.7% meine zu Beginn der Arbeit erträumten Hoffnungen in bezug auf den erzielbaren Gesamtwirkungsgrad η HS des von mir zu bauenden Niederspannungs-Hochsetzstellers bei weitem übertroffen haben! 6.4 Zusammenfassung Der in diesem Kapitel vorgestellte Niederspannungs-Hochsetzsteller stellt das Kernelement des gesamten Umrichters dar und ermöglicht, sehr niedrige Spannung u pv von lediglich 1…2V und hohe Ströme i pv von über 100 A mit einem erstaunlichen Wirkungsgrad von 91 bis 95% auf ein Zwischenkreisspannungsniveau u zk = 340V hochzusetzen. Mit einer nachgeschalteten Wechselrichterstufe kann somit die von einem einzelligen Solarmodul gelieferte elektrische Leistung mit einem Gesamtwirkungsgrad von über 90% ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz eingespeist werden. Ein derartig hoher Wirkungsgrad ist nur möglich dank unserem optimal an die besonderen Anforderungen angepassten neuen Schaltungskonzept sowie sorgfältiger Optimierung der Leistungskreise und sämtlicher Bauteile unter Berücksichtigung ihrer Nichtidealitäten wie beispielsweise parasitäre Induktivitäten und Kapazitäten oder Stromverdrängungseffekte aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes. Der erzielbare Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers hängt hauptsächlich vom resultierenden Widerstand R in des Eingangskreises ab. Technisch lässt sich dies nur mittels Parallelschaltung sehr vieler MOSFET-Leistungstransistoren erreichen. Die Streuung des Hochfrequenztransformators, welcher aufgrund des riesigen Spannungshubs zwischen Eingangs- und Zwischenkreisspan- In unserem Fall ist für das Schalten der Hochstrom-MOSFETs unter “ZeroCurrent-Switching”-Bedingungen lediglich ein zusätzlicher Transistor erforderlich. Das besonders Elegante an dieser sehr einfachen und daher leicht umsetzbaren Lösung besteht darin, dass dieser Transistor sekundärseitig und ausserhalb des Lastkreises angeordnet ist. Dies ermöglicht eine Aufgabenteilung zwischen den Hochstrom-Leistungstransistoren auf der Niederspannungsseite und dem Kommutierungshilfetransistor. Während letzterer auf Schaltbetrieb getrimmt wird, können die Durchlasseigenschaften der primärseitigen Schalter mittels Parallelschaltung vieler MOSFETs verbessert werden. Ein weiterer Vorzug unseres Niederspannungs-Hochsetzstellers besteht darin, dass er ohne Glättungsdrossel auf der Niederspannungsseite, welche wegen des dort fliessenden sehr hohen Stromes sperrig und teuer würde, einen nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom aufweist. Neben dem Wirkungsgrad richteten wir beim Redesign unser Augenmerk insbesondere auf verschiedene Fertigungsaspekte, denn ohne eine vollautomatische Fertigung, Bestückung und Endprüfung des gesamten Umrichtersystems lässt sich das Kostensenkungspotential des neuen EinzellenWechselrichter-Ansatzes nicht voll ausschöpfen. In enger Zusammenarbeit mit einem High-Tech-Leiterplattenhersteller wurde ein Hochsetzsteller entwickelt, bei dem sich auch die 0.8mm dicken Leiterplatten auf der Hochstromseite mittels Ätztechnik fertigen lassen. Die NiederspannungsHochsetzsteller der 2. Generation können somit prinzipiell ohne teure und aufwendige Handbearbeitungsschritte gefertigt werden. Das Schwergewicht dieses Kapitels lag in der Analyse der vielen denkbaren Schaltungskonzepte und ihrer hauptsächlichen Verlustmechanismen sowie in der Synthese einer neuen Schaltungstopologie, welche optimal an die besonderen Anforderungen unseres Anwendungsfalles angepasst ist. Die - 288 Ergebnisse dieser Arbeit sind daher nicht an die heute verfügbaren Bauteile und Leistungshalbleiter gekoppelt. Trotz des vorzüglichen Gesamtwirkungsgrades von 94.7% unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers der 2. Generation sind durch die zu erwartenden Fortschritte im Bereich der Leistungshalbleiter und der magnetischen Bauteile weitere Wirkungsgradsteigerungen in den nächsten Jahren absehbar. Ein erster Schritt in diese Richtung wird dank der neuen “CoolMos”-Transistorreihe und der in Kürze für kleine Leistungen verfügbaren Silizium-Carbid-Schottky-Dioden von Siemens möglich sein. Dadurch lassen sich in unserem Fall beispielsweise die Verluste des sekundärseitig angeordneten Hochsetzstellers nochmals mindestens um den Faktor 2 reduzieren, was -je nach Arbeitspunkt- den Gesamtwirkungsgrad des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24 um weitere 1 bis 2% steigert. - 289 - 7 Gleichspannungs-Wechselrichterstufe 7.1 Einleitung Gleichphasige Wechselrichterschaltungen gehören heutzutage im mittleren Leistungsbereich von wenigen kW bis zu einigen MW zu den am weitesten verbreiteten leistungselektronischen Schaltungen überhaupt. Von daher erwarteten wir auf der Wechselrichterseite auch keine nennenswerten Schwierigkeiten. Die ersten Messungen belehrten uns aber nach den sehr erfreulichen Ergebnissen beim Niederspannungs-Hochsetzsteller mit enttäuschenden Wirkungsgraden von wenig über 90% eines Besseren. Die nachfolgenden Untersuchungen ergaben, dass die Verhältnisse im Leistungsbereich von 200W sich teilweise grundlegend von jenen im kW -Bereich und darüber unterscheiden. Dies machte eine genaue Untersuchung und Optimierung des Wirkungsgrades auch für den Wechselrichter unerlässlich. Bevor wir uns aber den Wirkungsgraduntersuchungen zuwenden konnten, mussten wir uns zuerst eingehend mit der Messtechnik beschäftigen, um die zur Bestimmung des Wirkungsgrades erforderlichen Verlustleistungen von wenigen Prozent genau und reproduzierbar messen zu können. Anschliessend wurde der Einfluss verschiedener Halbleiter-Parameter und ihrer Taktung für verschiedene Grundschaltungen untersucht. In einem nächsten Schritt wurden die hauptsächlichen Verlustquellen lokalisiert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten uns, den Wirkungsgrad des netzseitigen Wechselrichters ebenfalls markant zu steigern. In seiner endgültigen Fassung erreicht unser optimierter Netzwechselrichter mittlerweile einen Wirkungsgrad von 96.8%! Abschliessend wurde der Gesamtwirkungsgrad unseres optimierten Niederspannungs-Umrichters von der Quelle mit ihren 1 bis 2V Spannung und Strömen von über 100 A bis ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz mit dem Wirkungsgrad eines Umrichters für NormalspannungsSolarzellen verglichen. Erstaunlicherweise fällt dabei der NiederspannungsUmrichter wirkungsgradmässig keineswegs ab, so dass sein Hauptnachteil nicht in erster Linie beim Wirkungsgrad, sondern beim höheren Bauteil- und Herstellungsaufwand zu suchen ist. - 290 - Wirkungsgrad-Messanordnung Im Gegensatz zum konstanten Leistungsfluss beim Niederspannungs-Hochsetzsteller pulsiert beim Netzwechselrichter die Leistung mit der doppelten Netzfrequenz. Dies erschwert die zuverlässige Bestimmung des Wirkungsgrades auf der Wechselrichterseite. Um quantitativ verlässliche Wirkungsgrad-Aussagen zu erhalten, wurde daher zu Beginn der Wirkungsgraduntersuchungen am Netzwechselrichter das nachfolgend vorgestellte Verfahren zur Messung und Berechnung des Wirkungsgrades entwickelt. 7.2.1 Wirkleistungsmessung Figur 7.1 zeigt die Messanordnung für die Wirkungsgradmessungen am 200W -Netzwechselrichter. Um die Messgenauigkeit der Wirkleistungen P 1 und P 2 zu erhöhen, werden die Wirkungsgradmessungen bei konstantem Tastverhältnis am Wechselrichter durchgeführt und die Messanordnung um die Kapazitäten C 1 und C 2 erweitert. Somit erhält man auch beim Wechselrichter sowohl auf der Eingangs- als auf der Ausgangsseite DC-Grössen. p1 pV = • Der Wirkungsgrad ist in jedem Arbeitspunkt definiert als: η dc = P 2 ⁄ P 1 p2 + i2 i1 A B u1 C1 C L C2 u2 D RL • Die Leistungsvariation erfolgt über den Lastwiderstand RL • Die Eingangsspannung und die Taktfrequenz werden konstant gehalten sen. Der Wirkungsgrad des Netzwechselrichters bei entsprechender Netzstromamplitude kann anschliessend aus den 20 Einzelmessungen mit Hilfe der Gleichung (7.1) berechnet werden. Wirkungsgradberechnung Die uns interessierende Grösse bleibt aber selbstverständlich der Wirkungsgrad bei sinusförmiger, ohmscher Stromeinspeisung ins 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz. Aus diesem Grunde wird eine Sinus-Viertelwelle in 20 Abschnitte unterteilt und in jedem dieser Abschnitte beim entsprechenden Tastverhältnis des Wechselrichters mit der in Figur 7.1 gezeigten Messanordnung die Eingangsleistung P 1n und die Ausgangsleistung P 2n gemes- 75 20 50 ∑ P2n 25 η = -------------------- 0 0 n=1 20 22.5 45 Winkel [o] 67.5 90 (7.1) ∑ P1n n=1 Figur 7.2: Wirkungsgradberechnung für sinusförmigen Netzstrom aus insgesamt 20 Einzelmessungen unter DC-Bedingungen Mit Hilfe der in Kapitel 7.2.1 und 7.2.2 beschriebenen Schritte ist es möglich, auch für den netzseitigen Wechselrichter die bekannten Wirkungsgradkurven in Funktion der Eingangleistung zu ermitteln. Ausgehend von der Wirkungsgradkurve lässt sich anschliessend in einem weiteren Schritt gemäss der in Kapitel 6.3.4 aufgeführten Definition auch für den Netzwechselrichter der Euro-Wirkungsgrad η e als wichtigste Kenngrösse berechnen: η e = 0.03 ⋅ η 05 + 0.06 ⋅ η 10 + 0.13 ⋅ η 20 + 0.10 ⋅ η 30 + 0.48 ⋅ η 50 + 0.20 ⋅ η 100 Figur 7.1: Wirkungsgrad-Messanordnung für den Netzwechselrichter 7.2.2 Die Unterteilung einer Sinusviertelwelle in 20 Klassen bildet den Wirkungsgrad für Sinusstromeinspeisung nach: 100 Tastverhältnis [%] 7.2 - 291 - 7.3 (7.2) Wirkungsgradmessungen Im Anschluss an die Festlegung des Wirkungsgrad-Messverfahrens wurde eine erste Wechselrichter-Testreihe aufgebaut und ausgemessen. Bei der Schaltung A handelt es sich um einen mit MOSFET-Transistoren bestückten Wechselrichter, während Schaltung B zusätzlich noch mit schnellen antiparallelen Epitaxialdioden und Schaltung C schliesslich mit IGBT-Transistoren und schnellen antiparallelen Epitaxialdioden bestückt wurden. Dank unse- 250 250 200 200 150 150 100 100 50 50 00 70 0.7 75 0.75 80 0.8 85 0.85 0.9 90 0.95 95 1 100 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] 250 250 70 0.7 00 75 0.75 80 0.8 50 50 100 100 150 150 e 200 200 η =91.1% e ηe=87.0% η =91.8% e η =86.3% 85 0.85 0.9 90 1 100 250 250 150 150 70 0.7 00 75 0.75 80 0.8 85 0.85 0.9 90 1 100 0.95 95 50 50 100 100 MOSFET-WR Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] e 200 200 η =91.0% e ηe=91.4% η =91.7% e η =93.2% Taktungseinfluss Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] Ausgehend von der bekannten Dreipunkttaktung -auch versetzte Taktung genannt- des einphasigen Wechselrichters haben wir eine modifizierte Taktsequenz mit identischer Wechselrichter-Ausgangsspannung untersucht. Dabei wurden in Abhängigkeit der Stromrichtung nur die stromführenden Transistoren auch wirklich getaktet. Wie Figur 7.3 zeigt, lohnt sich bei Schaltung C diese modifizierte Taktsequenz, während bei A und B die Verbesserungen im Teillastbetrieb durch starke Einbussen im höheren Leistungsbereich wieder zunichte gemacht werden. Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] ηe=95.6% η =95.9% e ηe=96.0% ηe=95.1% ηe=94.9% C A Es wurden Halbleiter mit vergleichbaren Grunddaten, aber von verschiedenen Herstellern eingesetzt. Erstaunlicherweise ruft dies sowohl in Schaltung A als auch in Schaltung B sehr hohe Wirkungsgradunterschiede hervor. Je nach Fabrikat sind also die MOSFET-Transistoren mehr oder weniger geeignet für den Betrieb in der Brückenstruktur. Werden dieselben Transistoren hingegen in einem Hochsetzsteller im Zusammenspiel mit einer schnellen Epitaxialdiode eingesetzt, sehen die Ergebnisse wiederum anders aus. Im Gegensatz zu den Schaltungen mit MOSFET-Transistoren ist bei der mit IGBT-Transistoren und Epitaxialdioden bestückten Schaltung C der Einfluss der Halbleiterstreuung gering. 0.95 95 Halbleiterstreuung B In einem ersten Schritt wurde der Einfluss der Halbleiterstreuung, ihrer Taktung und jener der Totzeit zwischen dem Aus- und dem Einschaltimpuls der beiden Schalter im Wechselrichter-Brückenzweig am reinen MOSFETWechselrichter (Schaltung A ), am MOSFET-Wechselrichter mit antiparallelen Epitaxialdioden (Schaltung B ) und am IGBT-Wechselrichter mit antiparallelen Epitaxialdioden (Schaltung C ) untersucht. Die gemessenen Wirkungsgradverläufe sind in Figur 7.3 und 7.4 dargestellt. Figur 7.3 zeigt den Einfluss der Halbleiterstreuung auf den Wirkungsgrad mit und ohne modifizierter Taktsequenz, währenddem in Figur 7.4 jener der Totzeit zu sehen ist. MOSFET-WR mit Epitaxialdioden Parametereinflüsse Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] 7.3.1 Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] rem vollautomatisierten softwaremässig gesteuerten Messablauf konnten in sehr kurzer Zeit sehr viele Messreihen durchgeführt und somit die unterschiedlichsten Einflüsse effizient untersucht und erfasst werden [77]. - 293 - IGBT-WR mit Epitaxialdioden - 292 - Figur 7.3: Einfluss der Halbleiterstreuung bei Dreipunkttaktung ohne und mit modifizierter Taktsequenz 50 50 100 100 150 150 200 200 250 250 Folgerungen Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] 250 250 00 70 0.7 75 0.75 80 0.8 0.9 90 85 0.85 0.95 95 1 100 50 50 100 100 150 150 200 200 ηe=88.2% η =91.8% e ηe=92.3% B Im Leistungsbereich von 200W haben unsere Messungen an den Wechselrichterschaltungen A bis C ergeben, dass: Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] 100 100 50 50 00 70 0.7 75 0.75 80 0.8 0.9 90 85 0.85 0.95 95 1 100 • die langsame Body-Drain-Diode des MOSFET-Transistors hohe Verluste während der Kommutierung im Brückenzweig verursacht. • das Problem mit der langsamen Body-Drain-Diode sich nicht durch Hinzufügen zusätzlicher schneller Epitaxialdioden antiparallel zu den MOSFETs lösen lässt, denn diese zusätzlichen Dioden wirken gar kontraproduktiv und vergrössern die Verluste. • der IGBT für direkt netzgekoppelte Anwendungen sogar im Leistungsbereich von 200W ein ernsthafter Konkurrent der Standard-MOSFETs als Schaltelement ist. Einzig die neuen CoolMOS-Transistoren, die uns im Rahmen dieser Arbeit noch nicht zur Verfügung standen, versprechen, sich bezüglich dem Wirkungsgrad nach oben abzuheben. 250 250 200 200 150 150 A ηe=93.7% η =93.2% e ηe=92.7% Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] MOSFET-WR mit Epitaxialdioden Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] MOSFET-WR In einer dritten grossen Messreihe wurde der Einfluss der Totzeit beim Kommutieren der beiden Transistoren im selben Brückenzweig ermittelt. Im Vergleich zur Halbleiterstreuung und zum Einfluss der zuvor beschriebenen Taktsequenz bewirken Totzeitänderungen in Schaltung A und B geringe Wirkungsgradänderungen, während in Schaltung C hingegen grössere Schwankungen auftreten. Eine grosse Totzeit wirkt sich bei kleiner Leistung positiv auf den Wirkungsgrad aus, während zu höheren Leistungen hin eine möglichst kleine Totzeit angestrebt werden sollte. Dies stimmt mit dem überein, was die Erfahrungen bei den Wechselrichtern höherer Leistung besagen. 00 70 0.7 75 0.75 80 0.8 0.9 90 85 0.85 0.95 95 1 100 Totzeit Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung [W] ηe=94.5% η =95.1% e ηe=95.5% - 295 - C IGBT-WR mit Epitaxialdioden - 294 - Wirkungsgrad [%] Wirkungsgrad ηeη [%] Figur 7.4: Wirkungsgrad bei kleiner, mittlerer und grosser Totzeit im schaltenden Brückenzweig 7.4 Optimierung des einphasigen Netzwechselrichters Ausgehend von den Messungen an den Schaltungen A , B und C haben wir als erstes versucht, die Verlustmechanismen besser zu verstehen und ein Mass oder einen Indikator für den Wirkungsgrad η e zu finden. Mit dem Diodenrückstrom, welcher während des Kommutierungsvorganges innerhalb des Brückenzweiges fliesst, konnte auch ein zuverlässiges Mass für den Wirkungsgrad lokalisiert werden. Die Anstrengungen bei der Schaltungsoptimierung waren demzufolge darauf ausgerichtet, die während des Kommutierungsvorganges fliessenden Querströme innerhalb des Brückenzweigs zu minimieren. - 296 7.4.1 - 297 - Diodenrückstrom als Mass für die Schaltverluste Bei einem netzgekoppelten Wechselrichter mit einer Nennleistung von 200W wirkt sich die Diodenrückstromspitze deshalb so gravierend auf die Schaltverluste und damit auch auf den Wirkungsgrad aus, weil sie ein Vielfaches der Netzstromamplitude erreicht. Die in Figur gezeigten Messergebnisse bestätigen, dass der Rückstrom in der Schaltung B mit einem Spitzenwert von beinahe 12 A rund das Zehnfache der Netzstromamplitude bei Vollast erreicht. Die Diodenrückstromspitze stellt daher das zuverlässigste Mass für die Schaltverluste im Netzwechselrichter dar. Die KO-Bilder von Figur bestätigen, dass je kleiner diese Stromspitze ist, desto höher ist auch der Wirkungsgrad des Umrichters. Die Umladeverluste der Sperrschichtkapazitäten der Leistungshalbleiter sind rund 3 bis 10 mal kleiner als die Rückstromverluste und spielen daher für unsere weiteren Optimierungsanstrengungen eine untergeordnete Rolle. MOSFETs S 1 und S 3 bestromt werden. Bei der Schaltungstopologie von Figur 7.6 gilt es zu beachten, dass sie für unseren Anwendungsfall mit cos ( ϕ ) = 1 optimiert ist. Sind auch andere Phasenlagen des Netzstromes gefordert, müssen auch die unteren Schalter S 2 und S 4 des Brückenzweiges mit Seriedioden versehen werden. S1 D S1 D E1 S 3 D E3 D S3 L U zk iN uN u WR S2 D E2 S 4 D E4 S1 Ch4: 10mV ≡ 2 A CH 4: 10mV ≡ 2 A 1 0 t S2 1 0 Schaltung A : hohes he Schaltung B: niedriges he Figur 7.5: Der Diodenrückstrom als wichtigstes Mass für den Wirkungsgrad t S3 1 0 t S4 1 7.4.2 Topologie und Taktung des optimierten Wechselrichters Verantwortlich für das sehr enttäuschende Abschneiden des mit MOSFETTransistoren bestückten Wechselrichters ist die von der Halbleiterstruktur des MOSFETs her unvermeidbare langsame Body-Drain-Diode. Die Schaltungsoptimierung muss daher darauf abzielen, diese Diode nicht zu bestromen. Bei unserer optimierten Topologie von Figur 7.6 werden nicht mehr die langsamen Body-Drain-Dioden der MOSFET-Transistoren an der Kommutierung beteiligt, sondern die rund 10 Mal schnelleren Epitaxialdioden D Ei . Die Seriedioden D S1 und D S3 verhindern, dass die Body-Drain-Dioden der 0 t u WR U dc t – U dc Figur 7.6: Topologie und Taktung des optimierten Netz-Wechselrichters - 298 - - 299 - Die in Figur 7.6 gezeigte Taktungsstrategie gilt ebenfalls nur bei ohmschsinusförmigem Netzstrom i N . Werden andere Phasenwinkel ϕ des Netzstromes gefordert, muss in den Intervallen, wo die Wechselrichterausgangsspannung u WR und der Netzstrom unterschiedliches Vorzeichen aufweisen, einer der beiden oberen Schalter S 1 oder S 3 an Stelle des diagonal dazu angeordneten unteren Schalters S 2 und S 4 hochfrequent betrieben werden. Der grosse Vorteil der in Figur 7.6 dargestellten Taktungsvariante besteht darin, dass abwechselnd jeweils nur ein MOSFET-Transistor und eine schnelle Epitaxialdiode hochfrequent takten und alle restlichen Elemente lediglich im 50Hz -Rhythmus schalten. Dadurch lassen sich die Schaltverluste im gesamten auf ein absolutes Minimum beschränken. Ein weiterer Vorteil der nach Figur 7.6 betriebenen optimierten Wechselrichterschaltung besteht darin, dass die bei ohmsch-sinusförmigem Netzstrom i N niederfrequent taktetenden oberen MOSFETs S 1 und S 3 auf optimale Durchlasseigenschaften und die zeitweise hochfrequent arbeitenden unteren beiden Transistoren S 2 und S 4 auf möglichst geringe Schaltverluste getrimmt werden können. Wirkungsgradverlauf des optimierten Wechselrichters Figur 7.7 zeigt die gemessenen Wirkungsgradverläufe unseres optimierten Netzwechselrichters nach Figur 7.6. Für die nachfolgenden Untersuchungen versehen wir ihn mit dem Schaltungsbuchstaben D . • Die bauteilbedingte Wirkungsgrad-Streuung ist sehr gering. Dies deutet darauf hin, dass die Vorteile primär in der Struktur und nicht in der Bauteilwahl liegen. • Die Schaltung ist optimal auf die Anforderungen eines 200W -Netzwechselrichters ausgerichtet und erreicht bestückt mit Standard-MOSFET-Transistoren und schnellen Epitaxialdioden einen Spitzenwert beim Euro-Wirkungsgrad η e von 96.8%. 7.4.4 Einfluss der Taktfrequenz auf die Gesamtverluste Wie erwartet, nehmen bei allen Schaltungen die Verluste bei gleichbleibender Netzstromamplitude in sehr guter Näherung linear mit der Taktfrequenz f T zu. Wie stark die Gesamtverluste jedoch absolut in Abhängigkeit von der Frequenz zunehmen, variiert je nach Schaltungstopologie sehr stark: • Bereits ab einer mittleren Taktfrequenz von ungefähr 20kHz überwiegen die Schalt- gegenüber den Leitverlusten. • Die Frequenzabhängigkeit der Verluste ist bei unserer optimierten Wechselrichterschaltung D am geringsten. Dies führt zu starken Verbesserungen im Wirkungsgrad gegenüber den Schaltungen A und C , falls beispielsweise zur Verringerung der Baugrösse der reaktiven Schaltungskomponenten und zur Erhöhung der Leistungsdichte die Taktfrequenz erhöht werden soll. 0.95 95 0.9 90 η =96.3% e η =96.6% e ηe=96.7% ηe=96.7% ηe=96.8% ηe=96.8% η =96.7% e ηe=96.8% η =96.8% 0.85 85 80 0.8 75 0.75 e 70 0.7 0 0 50 50 100 150 100 150 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung P [W] 200 200 250 250 Verluste bezogen auf 200W [%] Wirkungsgrad Wirkungsgrad ηη[%] e [%] 1001 • Die Wirkungsgradkurven verlaufen alle sehr flach und weisen bereits ab 5% Nennleistung Werte von über 91% auf. Verluste bezogen auf 200W [%] 7.4.3 Die Messergebnisse von Figur 7.7 lassen folgende Schlussfolgerungen zu: 15 15 A 10 10 C D 55 Schaltung A Schaltung C Schaltung D 00 10 10 15 15 20 20 25 25 30 35 30 35 Taktfrequenz [kHz] 40 40 45 45 50 50 Taktfrequenz [kHz] Figur 7.7: Gemessene Wirkungsgradverläufe des optimierten einphasigen 200W -Netzwechselrichters nach Figur 7.6 Figur 7.8: Gemessener Wirkungsgrad des optimierten Netzwechselrichters nach Figur 7.6 in Funktion der Taktfrequenz f T - 300 - - 301 - Die Messergebnisse von Figur 7.8 zeigen deutlich auf, dass die Vorteile unserer optimierten Netzwechselrichterschaltung umso stärker zum Tragen kommen, je höher die Taktfrequenz f T ist. Die Schaltung besitzt also überall dort, wo aufgrund enger Platzverhältnisse möglichst kompakte Lösungen mit sehr hoher Leistungsdichte gefragt sind, ein sehr hohes Potential. stungsbereich die beste Wirkungsgrad-Performance. Damit konnte nachgewiesen werden, dass auf der Netzseite auch bei 200W Nennleistung ein sehr guter Euro-Wirkungsgrad η e von 96.8% erreichbar ist. Besonders wichtig für die praktische Umsetzung ist dabei die Tatsache, dass dieses Ergebnis mit einer nur leicht modifizierten Vollbrückenkonfiguration und daher mit relativ geringem Zusatzaufwand erzielt werden konnte. 7.4.5 Design des Netzwechselrichters Figur 7.9 zeigt den Prototypen unseres optimierten 200W -Netzwechselrichters. Auf dem Kühlkörper sind dabei die Leistungshalbleiter gut zu erkennen. Das Design ist dabei so gestaltet, dass der Kühlkörper in einer endgültigen Ausführung entfallen könnte und das Solarmodul selbst zur Wärmeabführung genutzt werden würde. In Figur 7.9 sind ferner noch die netzseitige Entkopplungsinduktivität, die Strommessung, die aus Folienkondensatoren aufgebaute Zwischenkreisinduktivität sowie die Steuerungsund Leistungsanschlüsse zu erkennen. A B C D ? O ? O Wirkungsgrad Wirkungsgrad ηη [%] e [%] 1001 95 0.95 90 0.9 D 85 0.85 C 80 0.8 A B 75 0.75 ηe=93.2% ηe=91.8% ηe=96.0% ηe=96.8% 70 0.7 0 0 Figur 7.9: Optimierter 200W -Netzwechselrichter mit Zwischenkreiskapazität und netzseitiger Entkopplungsinduktivität 7.4.6 Schlussfolgerungen zur Netzwechselrichterstufe In Figur 7.10 sind nochmals jeweils die besten Wirkungsgradkurven der untersuchten Schaltungsanordnungen A bis D in einer Übersicht zu sehen. Alle Messungen erfolgten mit einer Eingangsspannung von U zk = 350V , einer Taktfrequenz von f T = 25kHz , einer einheitlichen Schaltflankensteilheit von du ⁄ dt = 3kV ⁄ ms und einer Dreipunkt-Taktsequenz. Die Ergebnisse von Figur 7.10 zeigen, dass die Unterschiede im Euro-Wirkungsgrad η e zwischen den einzelnen Schaltungsvarianten des Wechselrichters mit einer Schwankungsbandbreite von insgesamt 5% beträchtlich sind. Unser optimierter Netzwechselrichter zeigt dabei über den gesamten Lei- 50 50 100 150 100 150 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung P [W] 200 200 250 250 Figur 7.10: Gemessener Wirkungsgrad der verschiedenen einphasigen Netzwechselrichter Trotz des mit einem Wert von 96.8% bereits sehr guten Euro-Wirkungsgrades unseres optimierten Netzwechselrichters sind mit den in Kürze verfügbaren CoolMOS-Transistoren zusammen mit Silizium-Carbid-SchottkyDioden noch weitere Wirkungsgradsteigerungen zu erwarten. 7.5 Wirkungsgrad des Gesamtumrichters Der Gesamtumrichter besteht, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, aus der Serieschaltung der Hochsetzsteller- und der Wechselrichterichterstufe. Der Gesamtwirkungsgrad berechnet sich daher aus dem Produkt der Einzelwirkungsgradkurven. Figur 7.11 zeigt den Vergleich zwischen unserem Nieder- 50 100 150 50 100 150 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung P [W] 50 100 150 50 100 150 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung P [W] 200 200 75 75 80 80 85 85 90 90 95 95 100 100 spannungs- und mehreren Normalspannungsumrichtern gleicher Leistung. Dazu wurden als Referenz drei Hochsetzstufen für 50V und 4 A am Eingang der Hochsetzstufe aufgebaut, jeweils optimiert und ausgemessen [78], [79]. Die Messergebnisse zeigten, dass der Sperrwandler im Vergleich zum Hochsetzsteller und zum Durchflusswandler wirkungsgradmässig deutlich schlechter abschneidet. In Figur 7.11 beschränken wir uns aus diesem Grunde auf einen Vergleich unseres Niederspannungsumrichters mit einem Normalspannungsumrichter mit der klassischen Hochsetzsteller-Schaltung oder dem Gegentakt-Durchflusswandler als Hochsetzstufe. In allen Fällen von Figur 7.11 wird auf der Netzseite unser optimierter Netzwechselrichter mit seinem Euro-Wirkungsgrad von ηe = 96.8% eingesetzt. Weiter sind die Wirkungsgradkennlinie der entsprechenden Hochsetzstufe sowie jene des Gesamtumrichters mit den entsprechenden Euro-Wirkungsgraden in Figur 7.11 zu erkennen. Beim Niederspannungsumrichter wurde zwischen den gemessenen Verläufen des ersten Hochsetzsteller-Prototypen (ηe = 90.3%) und des zweiten (ηe = 94.7%) und den sich daraus ergebenden Gesamtwirkungsgraden (ηe = 87.5% und ηe = 91.7%) unterschieden. Die Diagramme in Figur 7.11 verdeutlichen: • Die Potentialtrennung zwischen Solarzellenseite- und Netzseite erkauft man sich mit einem um etwa 2% geringeren Euro-Wirkungsgrad η e . • Im Vergleich zum Normalspannungsumrichter mit galvanischer Trennung sind mit dem Niederspannungsumrichter ähnliche Wirkungsgrade möglich. Der wesentliche Unterschied liegt im etwa 30% höheren Schaltungsaufwand. 75 75 80 80 85 85 90 90 95 95 100 100 50 100 150 50 100 150 Eingangsleistung P [W] Eingangsleistung P [W] 70 70 0 ηηee==96.8% 96.8% ηe = 96.4% ηe = 93.3% ? ? upv ? udc? D e Wirkungsgrad [%] Wirkungsgradη ηe [%] Normalspannungs-Umrichter (ohne galvanische Trennung) 200 200 upv 70 70 0 ηηee==96.8% 96.8% ηe = 94.7% ηe = 90.3% ηe = 91.7% ηe = 87.5% ? ? ? ? udc D e Wirkungsgrad [%] Wirkungsgradη ηe [%] Niederspannungs-Umrichter (mit galvanischer Trennung) 70 70 0 ηηee==96.8% 96.8% ηe = 94.5% ηe = 91.5% 75 75 80 80 85 85 90 90 95 95 ? ? 100 100 ? ? upv e udc D 200 200 - 303 - Wirkungsgrad [%] Wirkungsgradη ηe [%] Normalspannungs-Umrichter (mit galvanischer Trennung) - 302 - Figur 7.11: Wirkungsgradvergleich des Niederspannungs- mit Normalspannungsumrichter Mit einem Gesamtwirkungsgrad von der einzelligen Niederspannungssolarzelle bis ins Netz von 91.7% konnte damit die Machbarkeit eines Umrichters für den einzelligen modulintegrierten Umrichteransatz deutlich nachgewiesen werden. 7.6 Zusammenfassung Eine genaue Untersuchung und Optimierung des Wirkungsgrades ist auch für die netzseitige Wechselrichterstufe unerlässlich, um gute bis sehr gute Ergebnisse erzielen zu können. In einer ersten Phase wurde der Einfluss verschiedener Parameter auf den Wirkungsgrad untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Einfluss der Halbleiterstreuung, der Taktung sowie der Totzeit wäh- - 304 rend der Kommutierung innerhalb des Brückenzweiges sehr stark von der Schaltung abhängig und schwierig vorauszusagen ist. In einem nächsten Schritt wurde daher versucht, ein allgemeingültiges Mass für den Wirkungsgrad des Wechselrichters zu finden. Dabei erwies sich der Diodenrückstrom innerhalb der Brückenzweige des Wechselrichters als sehr guter Indikator für den Wirkungsgrad, welcher uns fortan ermöglichte, den Wirkungsgrad des Netzwechselrichters gezielt zu optimieren. Durch leichte Modifikationen in der Brückenstruktur, in der Bestückung sowie in der Taktung des Wechselrichters gelang es uns, mit Standard-MOSFET-Transistoren und schnellen Epitaxialdioden einen optimierten Netzwechselrichter mit einem stolzen Euro-Wirkungsgrad von η e = 96.8% zu entwickeln. Aufgrund seiner sehr kleinen frequenzproportionalen Verluste weist der optimierte Netzwechselrichter darüber hinaus ein sehr grosses Potential zur Verringerung der Baugrösse der reaktiven Komponenten und somit auch zur Steigerung der Leistungsdichte auf. Der abschliessende Vergleich des Gesamtwirkungsgrades unseres optimierten Niederspannungs-Umrichters mit dem Wirkungsgrad eines Umrichters für Normalspannungs-Solarzellen zeigt, dass die erreichbaren Wirkungsgrade vergleichbar sind. Der einzige Nachteil besteht dabei in einem auf Einzelstückbasis berechneten Zusatzaufwand für den Umrichter von etwa 30%. Dieses zu Beginn der Arbeit von Fachleuten kaum für möglich gehaltene Wirkungsgrad-Ergebnis eröffnet nicht nur im Bereich der Photovoltaik neue Lösungsansätze, sondern auch in all jenen Bereichen, wo Quellen mit niedriger Spannung und hohem Strom eingesetzt werden. Dazu zählen auch die Brennstoffzellen, die zur Zeit eine der grössten Zukunftshoffnungen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Verminderung des Schadstoffausstosses im Bereich des motorisierten Privatverkehrs und im Bereich der Heiz- und Warmwasseraufbereitungssysteme für Ein- und Mehrfamilienhäuser darstellen. - 305 - 8 Modulation und Regelung 8.1 Einleitung In diesem Kapitel soll gezeigt werden, wie sich die verschiedenen Regelkreise des einphasigen Umrichtersystems mit pulsierendem Zwischenkreis implementieren lassen, so dass ein einfacher µ -Controller eingesetzt werden kann. Dieses Kapitel stellt dabei eine Zusammenfassung jener Bereiche dar, die im Rahmen unseres gemeinsamen EU-Forschungsprojektes schwergewichtig von Rainer Schmidt untersucht wurden. Für weitere Details zur Modulation und Regelung des modulintegrierten Umrichtersystems sei daher auf seine Dissertation [1] verwiesen. Zu Beginn des vorliegenden Kapitels werden die Regelungsaufgaben in einer Übersicht dargestellt und definiert und der in den digitalen Regelkreisen immer wiederkehrende Kammfilter ausführlich beschrieben. Anschliessend werden die verschiedenen digital implementierten Regelkreise und ihre Aufgaben der Reihe nach vorgestellt: • Die Netzsynchronisation stellt die zeitliche Basis sowie die netzfrequenzelastische Funktionsweise der zentral eingesetzen Kammfilter für alle weiteren Regelkreise sicher. Unsere implementierte Netzsynchronisation kann Netzstörungen verschiedenster Arten innerhalb eines Abtastschrittes erkennen und den Inselbetrieb wirkungsvoll verhindern. • Die Leistungsflussregelung sorgt für den Gleichgewichtszustand im Zwischenkreis. Sie wurde dahingehend optimiert, dass die Zwischenkreisspannung bei dynamischen Vorgängen möglichst tief gehalten werden kann. • Die Suche des MPP wurde sehr elegant in den Zwischenkreis verlegt. Die Zwischenkreisspannung trägt die Information, ob man sich im MPP befindet und in welche Richtung man sich bewegen muss, um in den MPP zu gelangen. Es wird gezeigt, wie man die Maximalleistungs-Regelung auslegen muss, damit die Arbeitspunkt-Information gewonnen werden kann und dabei die anderen Regelkreise nicht beeinträchtigt werden. Im Anschluss an die digitalen Regelkreise werden im Modulationskapitel die Strom-Toleranzbandregler der beiden Umrichterstufen besprochen. Sie erfüllen neben ihrer Funktion als Stromregler auch noch automatisch jene - 306 - - 307 - des Modulators. Sie bilden zusammen mit einem ausgeklügelten Gesamtregelungskonzept die Grundlage, um einen Low-Cost- µ -Controller einsetzen zu können. Die AD - und DA -Wandler bilden die Schnittstelle zwischen dem digitalen und dem analogen Teil des Umrichtersystems. Die AD -Wandler übernehmen dabei die Digitalisierung, während die analogen Stromsollwerte i E, s und i V , s der Toleranzband-Regelungen durch die DA -Wandler erzeugt werden. Das Kapitel wird mit der Vorstellung der von uns entwickelten Reglerplattform und ihrer wichtigsten Kenndaten abgerundet. 8.2 Regelung des Gesamtsystems 8.2.1 Übersicht der Regelungsaufgaben Erzeuger Umrichter pE uE iE uC sE Verbraucher Umrichter Figur 8.1 gibt das Zusammenspiel der Regelkreise ℜ des Gesamtsystems in einer Übersicht wieder. Dunkel hinterlegt sind der Leistungskreis zusammen mit den zwei analogen Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS . Hell hinterlegt sind die digitalen Regelkreise Netzsynchronisation- ℜ NS , Leistungsfluss- ℜ LF und Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . C uC Erzeuger Toleranzband Regelung ℜ ES uN iV D uN Verbraucher Toleranzband Regelung ℜ VS i E, s iV , s A A Maximal Leistungs Regelung ℜ ML rE D vV D A A Leistungs Fluss Regelung ℜ LF Netz Synchronisations Regelung ℜ NS Die analog arbeitenden Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS sind die schnellsten Regelkreise des Umrichtersystems und können sehr kostensparend mit Operationsverstärkern, Komparatoren und einigen logischen Gattern aufgebaut werden. Sie erhalten ihre im Vergleich zu den Schaltvorgängen langsam ändernden Sollwertsignale i s über jeweils einen DA -Wandlerkanal von einem einfachen Low-Cost- µ -Controller. Die Funktionsweise und die Kenngrössen der Toleranzband-Regelungen werden ausführlich im Modulationskapitel dargelegt. Auf Grund ihrer sehr schnellen Regelgeschwindigkeit sind sie für die übergeordneten digitalen Regelkreise als kontinuierlich zu betrachten. Leistungsflussregelung pV sV Toleranzband-Regelungen rV Figur 8.1: Übersicht unseres zweistufigen Umrichtersystem mit seinen analogen und digitalen Regelkreisen ℜ D Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF legt den Sollwert i V , s für die Verbraucher-Toleranzband-Regelung ℜ VS fest. Die Leistungsverhältnisse im pulsierenden Zwischenkreis sind durch die beiden Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS bestimmt. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF führt den VerbraucherStrom-Sollwert i V , s aufgrund der gemessenen Zwischenkreisspannung u C so nach, dass die Zwischenkreisspannung u C im Mittel um ihren minimal möglichen Wert herum pulsiert. Sie bestimmt zuerst den Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s , der anschliessend mit dem in Phase zur Netzspannung u N liegenden Einheitssinus, dem Verbraucher-Referenzsignal r V multipliziert wird. Ein Leistungsüberschuss im Zwischenkreis führt zu einer erhöhten Zwischenkreisspannung u C und veranlasst den Regelkreis ℜ LF seinen Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s zu vergrössern. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF versucht, die in den Zwischenkreis gelieferte Leistung der Erzeugerseite p E so schnell wie möglich als sinusförmige mit 100Hz pulsierende Leistung p V ins Netz einzuspeisen. Gibt die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML noch ein geeignetes Verbraucher-Strom-Vorsteuersignal v V ab, kann die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF auf Sprünge der Eingangsleistung p E schnell reagieren und den entsprechenden Verbraucher-Strom-Sollwert i V , s rascher einstellen. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF stellt den schnellsten digitalen Regelkreis dar. - 308 Die Maximalleistungs-Regelung Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML gibt den Strom-Sollwert i E, s für die Erzeuger-Toleranzband-Regelung ℜ ES vor und bestimmt zusammen mit der aktuellen Solarkennlinie die Erzeugerleistung p E . Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF speist die in den Zwischenkreis gelieferte Leistung sinusförmig ins Netz ein. Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML benötigt das Referenzsignal r E , um den Punkt der maximalen Leistung MPP E der aktuellen Solarkennlinie zu finden. Durch Kenntnis des mittleren Strom-Sollwertes i Edc, s kann die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML sehr einfach das Verbraucher-Strom-Vorsteuersignal v V für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF liefern. Die Ausregelungszeit des Regelkreises ℜ ML erstreckt sich über mehrere Netzperioden, womit dieser im Vergleich zur Leistungsflussregelung ℜ LF einen langsamen Regelkreis darstellt. - 309 Figur 8.2 zeigt den Aufbau und die Funktionsweise des Kammfilters. Man kann sich ein Kammfilter als Schieberegister der Länge N zusammen mit einem Addierer vorstellen. Die Länge N muss gradzahlig sein. Der Inhalt des Schieberegisters wird zu jedem Abtastzeitpunkt n ⋅ T A um eine Position nach rechts verschoben. Der älteste Abtastwert fällt somit aus dem Schieberegister heraus, gleichzeitig wird der aktuelle Abtastwert am anderen Ende ins Register aufgenommen. Der Filterausgang y berechnet sich durch simple Addition sämtlicher Registerwerte und anschliessender Normierung mit der Filterlänge 1 ⁄ N . t k = 2 k = 1 8.2.2 Der Kammfilter Weil Kammfilter im digitalen Teil unserer Regelkreise von zentraler Bedeutung sind, soll ihre Wirkungsweise an dieser Stelle etwas genauer dargestellt und erläutert werden. Sollen die Vielfachen n ⋅ f s einer bestimmten Signalfrequenz f s aus einem periodischen Signal s herausgefiltert werden, so gelingt dies mit einem Kammfilter besonders elegant. Der Kammfilter, auch “Moving-Average-Filter” genannt, geht von einem äquidistant abgetasteten Signal s aus und kann sehr einfach auf einem µ -Controller implementiert werden. k nicht ganzzahlig: y ≠ s Σ Die Netzsynchronisations-Regelung Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS erfüllt mehrere Funktionen. Primär stellt sie jedoch einen netzsynchronen Einheitssinus, das VerbraucherReferenzsignal r V für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF zur Verfügung. Sie liefert aber auch das bezüglich der Netzfrequenz untersynchrone Referenzsignal r E für die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . Beim Einschalten des Gesamtsystems muss zuerst die Netzsynchronisation ℜ NS einrasten, bevor die weiteren Regelkreise aktiviert werden dürfen. Ist sie einmal eingerastet, muss sie dauernd überprüfen, ob an den Anschlussklemmen ein störungsfreies Netz vorliegt. Im Fall einer Störung soll der Regelkreis raschmöglichst reagieren und die Energieeinspeisung ins Netz umgehend unterbinden. Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS ist im Vergleich zur LeistungsflussRegelung ℜ LF träge, sie ist aber immer noch deutlich schneller als die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . k ganzzahlig: y = s s 1 --8 TA y k = 1.6 k = 0.8 Figur 8.2: Links: Aufbau des Kammfilters mit Länge N = 8 Rechts: Verschiede Signalfrequenzen im Kammfilter Der Kammfilter ist durch seine Abtastfrequenz f A und Länge N bestimmt. Gehorcht die Frequenz f s eines periodischen Signals s der Gleichung (8.1), ist der Filterausgang stationär y = s und gibt somit den Mittelwert wieder. k f s = ---- ⋅ f A wobei k = 1, 2, 3, … und N = geradzahlig N (8.1) In Figur 8.2 rechts erkennt man gut, dass der Kammfilter immer dann Null liefert, wenn eine ganzzahlige Periodenzahl k des Signals s im Schieberegister untergebracht werden kann. Die Impulsantwort y impuls des Kammfilters kann man sich bildlich als den durch das Schieberegister wandernden Signalimpuls s impuls vorstellen. Durch die gleichgewichteten Additionen wird der Filterausgang y impuls während N Abtastwerten konstant und danach Null. Die Impulsantwort hat somit eine endliche Länge. Damit gehört der Kammfilter zur Klasse der “Finite Impulse Response” (kurz FIR ) -Filter. Die Schrittantwort y schritt ist eine bei Null beginnende lineare Rampe, die nach N Abtastwerten ihren Endwert, nämlich die Schritthöhe, erreicht hat und danach konstant bleibt. - 310 - - 311 - Die z -Übertragungsfunktion des Kammfilters G KF ( z ) kann nach Gleichung (8.2) angegeben werden1 [80]. Amplitudengang 0 10 N–1 ∑z n=0 –n –N 1 1–z = ---- ⋅ ---------------N 1 – z–1 (8.2) Den Frequenzgang G KF ( f ) findet man durch Auswertung der z -Übertragungsfunktion G KF ( z ) von Gleichung (8.2) entlang des Einheitskreises in der z -Ebene. Abgesehen von der Zeitverzögerung um ( N – 1 ) ⋅ T A ⁄ 2 ergibt dies gemäss Gleichung (8.3) einen reellen Ausdruck: |GKF(f)| und |GTP1(f)| 1 G KF ( z ) = ---- ⋅ N −1 10 −2 10 −3 – j ⋅ 2πf ⋅ T A ( N – 1 ) ⁄ 2 sin ( 2πf ⋅ T A ⋅ N ⁄ 2 ) e G KF ( f ) = ----------------------------------------------- ⋅ -------------------------------------------------N sin ( 2πf ⋅ T A ⁄ 2 ) (8.3) Der in Figur 8.3 dunkel dargestellte Frequenzgang des Kammfilters G KF ( f ) verläuft periodisch mit der Abtastfrequenz f A und ist spiegelsymmetrisch zur halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 . In Figur 8.3 wurde nur die erste Periode des Frequenzganges G KF ( f ) dargestellt. Erwartungsgemäss besitzt der Amplitudengang Nulldurchgänge bei allen Vielfachen von f A ⁄ N = 50Hz . Der Phasengang verläuft stückweise linear und besitzt eine konstante Gruppenlaufzeit τ g , die der Gleichung (8.4) gehorcht [81]. Diese Eigenschaft konstanter Gruppenlaufzeit τ g hat die wünschenswerte Auswirkung, dass die gegenseitigen Abstände der Nulldurchgänge der Signalverläufe s am Filterausgang y erhalten bleiben. Sie weisen jedoch gegenüber dem Originalsignal s eine der Gruppenlaufzeit entsprechende konstante Zeitverzögerung τ g auf. N–1 τ g = ------------- ⋅ T A 2 (8.4) Die ideale Unterdrückung aller Harmonischen eines Signales s bei Vielfachen der Frequenz f = f A ⁄ N stellt für das Regelungs-Kapitel die Haupteigenschaft des Kammfilters dar. Das generelle Tiefpass-Verhalten der Enveloppe des Amplitudenganges des Kammfilters kann durch den in Gleichung (8.5) angegeben kontinuierlichen 1) Die Ordnung n des Kammfilters beträgt n = N – 1 . arg(GKF(f)), arg(GTP1(f)) [o] 10 Phasengang 180 0 −180 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 Frequenz f [Hz] Figur 8.3: Frequenzgang des Kammfilters G KF ( f ) für eine Filterlänge von N = 12 und eine Abtastfrequenz von f A = 600Hz : G KF ( f ) Kammfilter: G TP1 ( f ) Approximation: Filter erster Ordnung G TP1 bis hin zur halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 approximiert werden. Diese Approximation erleichtert die Reglerauslegungen beträchtlich, da sie den Kammfilter mit seiner hohen Ordnung durch ein einfaches Filter erster Ordnung ersetzt. Die 3dB -Knickfrequenz f TP1, k ist proportional zur Abtastfrequenz f A und zur Länge N des Kammfilters. Sie beträgt f TP1, k = f A ⁄ ( N ⋅ π ) und liegt um den Faktor π unterhalb der ersten Nullstelle des Kammfilters G KF ( f ) . 1 G TP1 ( f ) = -----------------------------------------TA ⋅ N 1 + j2πf ⋅ ---------------2 wobei 0≤ f ≤ fA⁄2 (8.5) In Figur 8.3 ist die Enveloppen-Approximation G TP1 des Kammfilters durch den Tiefpassfilter nach Gleichung (8.5) ebenfalls eingezeichnet. Die Abwei- - 312 - - 313 - chung bei tiefen Frequenzen ist gering. Sie nimmt für höhere Frequenzen allmählich zu und beträgt bei der halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 exakt π ⁄ 2 ≈ 4dB . Die Ergebnisse von Figur 8.3 zeigen aber auch, dass die Approximation nur für den Amplituden-, nicht aber für den Phasengang gilt. spannungsperiode ermöglichen. Nur die exakte synchrone Abtastung kann die Unterdrückung der Harmonischen eines in den Regelkreisen eingesetzten Kammfilters genügend genau gewährleisten. Einerseits muss die Netzsynchronisation ℜ NS nach Figur 8.1 die Referenzsignale r E und r V für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF und die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML bereitstellen. Andererseits müssen auch die Ausgabezeitpunkte der Stützwerte, die über die DA -Wandler zu den analogen Strom-Sollwerten i E, s und i V , s umgeformt werden, in genügend hoher Abfolge sichergestellt werden. Darüber hinaus muss der Regelkreis ℜ NS selbstverständlich erkennen, ob er synchronisiert ist und darf erst dann den Energiefluss im Leistungsteil durch die Regelkreise ℜ LF und ℜ ML freigeben. Bei Netzstörungen oder Inselbetriebsbildung soll die Energieeinspeisung ins Netz umgehend unterbrochen werden. Sobald die Störung aber wieder vorbei ist, muss selbstständig eine Neu-Synchronisation eingeleitet werden. Die Implementation des Kammfilters kann auf dem µ -Controller sehr elegant bewerkstelligt werden. Anstatt bei jedem Abtastzeitpunkt alle bisherigen Stützwerte im Registerspeicher um eine Position zu verschieben und anschliessend N Additionen vorzunehmen, arbeitet man mit einem Ringspeicher und Zeiger auf die Position des ältesten und aktuellen Stützwertes. Vom bisherigen Filterwert subtrahiert man in jedem Abtastschritt jeweils den ältesten Stützwert und addiert anschliessend den aktuellen Stützwert dazu. Dann verschiebt man beide Zeiger um eine Position. Die Skalierung am Kammfilterausgang sollte bei genügender Wortbreite der Rechnereinheit vermieden werden. Sie wird zweckmässig erst nach der letzten Rechenoperation des Regelkreises vorgenommen. Dadurch verliert man nicht an Auflösung in den üblichen “fixed point”-Rechenwerken der µ -Controller. Die Berechnung des Kammfilters beschränkt sich somit unabhängig von seiner Länge N auf eine Subtraktion, eine Addition und etwas Zeigerarithmetik für den Ringspeicher. Die Messsignal-Auflösung wird in unserem Fall durch die AD -Wandlung mit ihrer 8 -Bit-Wortbreite bestimmt. Der Kammfilterausgang benötigt unter der Voraussetzung einer verlustfreien Signaldarstellung bei maximal 32 Stützwerten eine Wortbreite von höchstens 13 -Bit. Führt man die Additionen und Subtraktionen mit einer Genauigkeit von 16 -Bit durch, kann das numerische Rundungsrauschen des niederwertigsten Bits vernachlässigt werden. Der Kammfilter erhöht, wenn auf seine direkte Ausgangsskalierung verzichtet wird, die ursprüngliche 8 -Bit Amplitudenauflösung von DC Signal-Komponenten um zusätzliche log 2 ( N ) Bits und ermöglicht somit eine höhere stationäre Regelgenauigkeit. Die grössere Wortbreite der 12 Bit- DA -Wandler verglichen mit den 8 -Bit- AD -Wandlern sorgen dafür, dass die auf diese Weise gewonnene erhöhte DC -Genauigkeit auch an das Stellglied weitergegeben wird und in den Leistungsteil einfliessen kann. 8.2.3 Die Netzsynchronisation Ziel der Netzsynchronisation Die Netzsynchronisation ℜ NS soll im stationären Betrieb die exakte synchrone Abtastung aller gemessenen Signale mit 12 -Stützwerten2 pro Netz- Konzeptionelle Umsetzung der Netzsynchronisation Die Netzspannungs-Synchronisation erreicht man grundsätzlich, indem man den nächst folgenden Abtastzeitpunkt zeitlich etwas vor- oder zurückversetzt. Dies führt zu einer variablen, von der Netzfrequenz f N abhängigen Abtastzeit T A . Das Netzsynchronisations-Konzept ist zusammen mit der gesamten zeitlichen Programmabfolge in Figur 8.4 dargestellt [71]. Aus Rechnersicht benötigt man für die Realisierung des Konzeptes von Figur 8.4 eine genügend fein abgestufte Zeitbasis, die parallel zum Programmablauf arbeitet und zu einem frei programmierbaren Zeitpunkt eine Interrupt-Routine aufrufen kann. Innerhalb der Interrupt-Routine werden dann die AD -Wandlungen, die Stützwertausgaben und die verschiedenen Reglerberechnungen ℜ in der in Figur 8.4 gezeigten Abfolge abgearbeitet. Der von uns eingesetzte µ -Controller besitzt einen parallel zum Rechenwerk arbeitenden programmierbaren Vorwärtszähler, der mit einer fixen Zählerfrequenz von f Z = 750kHz betrieben wird3. Erreicht der interne Zähler2) Die 12 -fache Unterteilung einer Netzperiode ergibt sich aus der benötigten Rechenzeit aller Regelkreise ℜ innerhalb eines Abtastschrittes T A von knapp 1.3 [ms] und der Forderung, dass die Netzsynchronisation sowohl bei einer Netzfrequenz von f N = 50 [Hz] als auch bei einer von f N = 60 [Hz] funktionieren soll. 3) Im stationären Betrieb beträgt die Abtastzeit T A = 1 ⁄ ( 12 ⋅ 50Hz ) = 1.67ms . Dadurch ergibt sich ein Zählerendwert von 1250 . Die ganzzahlige Variation dieses Endwertes ermöglicht eine sehr feine Anpassung der Abtastzeit T A . - 314 - - 315 - stand Z Z den im vorherigen Zyklus berechneten Endwert Z ZE , wird eine Interrupt-Routine ausgelöst und parallel dazu die erste AD -Wandlung vorgenommen. Der Zähler Z Z beginnt wieder bei Null vorwärts zu zählen. Die Interrupt-Routine beginnt nach der Messwerterfassung mit der zweiten AD Wandlung und kümmert sich um die Stützwertausgabe. Dann folgen die Reglerberechnungen ℜ . Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS liefert dabei den passenden Zählerendwert Z ZE für den nachfolgenden Abtastzeitpunkt. Alle Reglerberechnungen ℜ müssen mit genügendem Respektabstand vor Erreichen des nächsten Abtastzeitpunktes abgeschlossen sein. steht, der die beiden Messgrössen hintereinander wandelt. Die Verzögerung bei der Erfassung der zweiten Messgrösse, der Zwischenkreisspannung u C , beträgt weniger als 30µs . Die Abtastung der Netzspannung u N als erste Messgrösse erfolgt hingegen verzögerungsfrei exakt zum voraus berechneten Abtastzeitpunkt. Für die Ausgabe der Stützwerte des verbraucherseitigen Stromsollwertes i V , s wird das Abtastintervall T A nochmals in 8 äquidistante Teilstücke unterteilt. Dies ermöglicht eine quasi-kontinuierliche Stützwertausgabe mit 4.8kHz . Zwei ineinandergeschachtelte Interrupt-Routinen stellen den in Figur 8.4 gezeigten Programm-Ablauf sicher. Die Stützwertausgabe des Verbraucherstrom-Sollwertes i V , s besitzt ebenfalls eine konstante Verzögerung von knapp 30 [µs] gegenüber dem achtfach unterteilten, synchronen Abtastzeitpunkt. Für die langsam ablaufenden Vorgänge der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML genügt eine Ausgaberate des erzeugerseitigen Strom-Sollwert i E, s von 600Hz . Die Verzögerung von weniger als 60µs gegenüber dem synchronen Abtastzeitpunkt ist dabei vernachlässigbar. uC TA Messgrössen uN t ℜ NS ℜ LF ℜ ML Struktur der Netzsynchronisations-Regelung TA i E, s Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS ist gemäss Figur 8.5 aufgebaut und soll nun anschliessend etwas genauer erläutert werden. Die Drift-Konstante D hat vorerst noch den Wert Null. TA ⁄ 8 Stellgrössen iV , s AD -Wandlung DA -Wandlung uN uC iV , s i E, s t iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s Interrupt Routine 1 Abtastung Phasen Diskriminator Kammfilter uN D y PD 12 Σ ℜ NS ℜ LF D Regler T A0 A sin cos y KF PI TA 12 Routine 2 ℜ ML y ST cos Sinus-Tabelle Nächster Abtastzeitpunkt Figur 8.4: Zeitliche Abfolge der Regelaufgaben, Messgrössenabtastung und Stellgrössenausgabe bei stationärem Betrieb Figur 8.5: Struktur der Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS In Figur 8.4 erkennt man im obersten Diagramm eine geringe konstante Verschiebung bei der Erfassung der zweiten Messgrösse gegenüber dem Abtastzeitpunkt. Sie resultiert dadurch, dass nur ein AD -Wandler zur Verfügung In der Sinus-Tabelle mit 12 Einträgen sind die Stützwerte einer im Abstand von 30° abgetasteten Einheits-Sinusschwingung abgelegt. Für jeden Abtastschritt und der damit verbunden Reglerberechnung wird ein einzelner Stütz- - 316 - - 317 - wert an der aktuellen Zeigerposition ausgelesen. Nach der Reglerberechnung wird der Zeiger um eine Position nach rechts verschoben und am Ende der Tabelle wieder auf den ersten Eintrag zurückgesetzt. Mit zwei Zeigern, die jeweils um 12 ⁄ 4 = 3 Positionen verschoben sind, kann man so beispielsweise gleichzeitig einen “Sinus” und einen “Cosinus” auslesen4. Nullstellen bei Vielfachen von f A ⁄ N = 50Hz . Für gleichfrequente Signale f 1 = f 2 liefert er den DC -Anteil aus Gleichung (8.7) und unterdrückt den AC -Anteil mit doppelter Frequenz durch seine zweite Nullstelle im Amplitudengang ideal. Gegenüber einem Tiefpass mit einer Eckfrequenz in der Nähe von 0Hz 5 ist die Sprungantwort des Filters massiv kürzer und lässt einen sehr viel schnelleren Regelkreis zu. Die nächste Abtastung erfolgt, ausgehend von der aktuellen Abtastung, nach Ablauf der durch die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS berechneten Zeitspanne T A . Das Rechenwerk setzt dazu einen zu T A proportionalen ganzzahligen Zählerendwert Z ZE . Als Phasendiskriminator dient ein Multiplikator. Er bildet das Produkt zwischen der abgetasteten Netzspannung u N und dem mittels Speicher-Tabelle erzeugten internen sinusförmigen Signal y ST cos . Das Produkt gehorcht allgemein den Gleichungen (8.6) und (8.7). x 1 = X̂ 1 ⋅ sin ( 2π ⋅ f 1 ⋅ t ) x 2 = X̂ 2 ⋅ sin ( 2π ⋅ f 2 ⋅ t + ϕ 2 ) y PD = x 1 ⋅ x 2 ϕ PD = 2π ⋅ ( f 2 – f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 wobei (8.6) 1 1 y PD = --- ⋅ cos ( 2π ⋅ ( f 2 – f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 ) – --- ⋅ cos ( 2π ⋅ ( f 2 + f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 ) 2 2 1 y PD = --- ⋅ [ cos ( ϕ PD ) – cos ( 2π ⋅ ( f 2 + f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 ) ] 2 (8.7) Aus der Sicht des Signales x 2 nimmt bei f 1 < f 2 der Phasenunterschied ϕ PD gegenüber dem “langsameren” Signal x 1 linear zur Zeit t zu. Umgekehrtes gilt für den Fall f 1 > f 2 und somit für ein “schnelleres” Signal x 1 . Durch diese Eigenschaft besitzt die Strecke hinsichtlich der Phaseninformation ϕ PD integrales Verhalten. Erst für gleichfrequente Signale f 1 = f 2 wird die Phasenlage ϕ PD in Gleichung (8.6) unabhängig von der Zeit t und nimmt den konstanten Wert ϕ 2 an. Der Kammfilter weist eine Länge von N = 12 auf. Im stationären, synchronisierten Betrieb beträgt seine Abtastfrequenz f A = 600Hz . Der Amplitudengang des Kammfilters hat gemäss den Erkenntnissen von Figur 8.3 seine 4) Die tatsächlich programmierte Tabelle enthält 12 ⋅ 8 = 96 Einträge, die für die Stützwertausgabe des Verbraucher-Sollstrom i V , s benötigt werden. Der in Figur 8.5 dargestellte Regelkreis liest daher nur jeden 8 -ten Wert aus. Durch die unipolare Messsignal-Aufbereitung besitzt die Netzspannung u N einen nicht genau kompensierbaren DC -Anteil. Zusammen mit dem internen mittelwertfreien Signal y ST cos entsteht somit im Produkt y PD eine 50Hz -Komponente, die aber bei stationärem Betrieb durch die erste Nullstelle des Amplitudenganges des Kammfilters ideal weggefiltert wird. Bei verzerrter Netzspannung u N entstehen weitere Vielfache von 50Hz am Kammfiltereingang y PD . Mit Ausnahme der Vielfachen von 600Hz werden all diese Komponenten durch die Nullstellen des Kammfilters unterdrückt. Die Vielfachen der 12. -ten Harmonischen fliessen als DC -Grössen in den Filterausgang mit ein und bewirken, sofern die Netzspannung überhaupt einen genügend grossen Anteil dieser Frequenzkomponenten besitzt, durch Aliasing einen bleibenden Phasenfehler, der in der Praxis aufgrund seines sehr kleinen Wertes von weniger als 0.1° vernachlässigt werden kann. Denkbare Abhilfen für dieses Phänomen wären entweder eine höhere Abtastfrequenz f A oder eine sehr scharfe Begrenzung der analogen Signalbandbreite der Netzspannung u N vor der AD -Wandlung. Der Regler ist als einfacher PI -Regler ausgeführt, der -wie Figur 8.5 zeigtdie Abweichung zur Grundabtastzeit T A0 = ( 1 ⁄ ( 50 ⋅ 12 ) )s beisteuert. Durch das integrale Verhalten der Strecke würde allein schon der P -Anteil des Reglers die stationäre Frequenzgleichheit zwischen der Netzspannung u N und dem internen Signal y ST cos bewerkstelligen. Jedoch würde ein konstanter vom Einschwingvorgang abhängiger Phasenunterschied ϕ PD verbleiben. Durch den I -Anteil wird der Phasenunterschied ϕ PD auf Null geregelt. Im synchronisierten Betrieb hat das zur Folge, dass das interne Signal y ST cos gegenüber der Netzspannung u N cosinusförmig verläuft, denn nur so ist der Mittelwert aus dem Produkt eines gleichfrequenten Sinusund eines Cosinus-Signales Null. Aus der Speicher-Tabelle kann aber jeder- 5) Die Eckfrequenz des Tiefpasses muss sehr tief gewählt werden, um den mit der doppelten Netzfrequenz entstehenden Pulsationsanteil aus y PD genügend dämpfen zu können. - 318 zeit durch einen um drei Positionen versetzten Zeiger ein Sinuswert y ST sin , der exakt in Phase zur Netzspannung u N ist, ausgelesen werden. Netzstörungen und Inselbetrieb Bei netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen geht man vom Vorhandensein eines genügend stabilen und leistungsfähigen Netzes aus, das jederzeit die photovoltaisch produzierte Energie aufnehmen kann. Sollte das Netz die anfallende Leistung aufgrund einer Störung nicht mehr abnehmen können, so muss das einzelne Umrichtersystem den Leistungsfluss raschmöglichst unterbinden. Im folgenden werden vier unterschiedliche Mechanismen beschrieben, die eine Netzstörung erkennen lassen, welche alle vier in unserem Laborumrichter auch implementiert wurden: • Ausrasten des Kammfilters Bricht der Kammfilterausgang y KF im eingerasteten, netzsynchronen Zustand aus einem Ausrast-Toleranzband aus, ist eine Änderung der Netzspannung u N aufgetreten. Das im Vergleich zum Einrasten weiter gefasste Ausrast-Toleranzband ermöglicht somit dem Regelkreis, ungestört langsamen Änderungen der Netzfrequenz f N nachzufahren. Erst das Verlassen des breiteren Ausrast-Toleranzbandes signalisiert mit einer Verzögerung von höchstens einem Abtastschritt T A = 1.67ms die aufgetretene Netzstörung. • Netzspannungs-Sprung Ein Netzspannungssprung ∆u N kann aus Sicht der Netzsynchronisation einfach und beinahe verzögerungsfrei als Störung erkannt werden, sofern dieser genügend gross ist. Im eingerasteten störungslosen Zustand stimmt der Tabellen-Stützwert y ST sin mit dem abgetasteten Netzspannungs-Wert u N auf etwa ± 10% überein. Die Schwankungsbreite ist durch den gemäss den Netznormen zulässigen Schwankungsbereich der Spannungsamplitude Û N sowie durch allfällig vorhandene Verzerrungen der Netzspannung bestimmt. Liegt ein abgetasteter Netzspannungs-Wert u N ausserhalb des auf den Tabellen-Stützwert y ST sin bezogenen ± 10% -Toleranzbandes, liegt demzufolge ebenfalls eine Netzstörung vor. Der Rechner kann auf diese Weise innerhalb eines Abtastwertes auf einen genügend grossen Spannungssprung ∆u N > 10% reagieren und den Leistungsfluss sofort unterbrechen. • Änderung der Netzimpedanz Hat sich die Netzimpedanz Z N , ohne einen Spannungssprung ∆u N zu provozieren, kontinuierlich so geändert, dass die Erzeugerleistung p E - 319 nicht in vollem Umfang ins Netz eingespeist werden kann, so verunmöglicht dies der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF , den Zwischenkreis im Mittel auf konstantem Niveau zu halten. Die Zwischenkreisspannung u C driftet somit mehr oder weniger schnell nach oben davon. Der zwingend zu realisierende Überspannungsschutz im Zwischenkreis spricht in diesem Fall an und unterbindet umgehend den Leistungsfluss. • Inselbetrieb Inselbetrieb entsteht dann, wenn das Netz wegfällt und gleichzeitig die mittlere Leistung der am Anschlusspunkt hängenden Verbraucher mit der Erzeugerleistung Σ p E der am Netz parallelgeschalteten Umrichtersysteme übereinstimmt. Darüber hinaus muss der Übergang zum Inselbetrieb zum Zeitpunkt des Netzausfalles zwingend ohne Verzerrung der Netzanschluss-Spannung u N erfolgen6. In diesem wohl äusserst selten auftretenden Fall versagen alle drei bisher vorgestellten DetektionsMechanismen. Die Drift-Konstante D in der NetzsynchronisationsRegelung ℜ NS von Figur 8.5 sorgt in diesem Fall für Abhilfe. Setzt man D auf einen geringen negativen Wert, so nimmt bei Fehlen der prägenden Frequenz f N des Netzes die Abtastzeit T A linear mit der Zeit zu, was ein Absinken der Frequenz des Inselnetzes zur Folge hat. Unterschreitet diese Frequenz im Inselbetrieb einen unteren Schwellwert von beispielsweise 45Hz , so kann eindeutig auf die verbotene Inselnetzbildung geschlossen und die Umrichter umgehend abgeschaltet werden. Die Drift-Konstante D erzeugt im Normalbetrieb am Netz einen bleibenden nacheilenden konstanten Phasenfehler in der synchronen Abtastung. Wählt man die Drift-Konstante D etwas grösser als das numerische Rauschen des Rechenwerkes, bleibt der Phasenfehler unter 0.2° und somit vernachlässigbar. Um im Inselbetrieb die von uns gesetzte untere Frequenzschwelle von 45Hz zu erreichen, werden auf diese Weise rund 2s benötigt. Soll diese Zeitspanne verkürzt werden, muss die Drift-Konstante D betragsmässig vergrössert werden. Im Gegenzug muss aber dafür im stationären Betrieb ein grösserer nicht linear zunehmender Phasenfehler bei der Abtastung in Kauf genommen werden. 6) Hat der Übergang vom netzgeführten Betrieb in den Inselbetrieb eine Störung der Netzspannung u N zur Folge, greift sofort einer der drei vorher beschriebenen Mechanismen ein. - 320 8.2.4 Die Leistungsfluss-Regelung Ziel der Leistungsfluss-Regelung Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF soll nach Figur 8.1 den Verbraucherstrom-Sollwert i V , s aufgrund der gemessenen Zwischenkreisspannung u C derart nachführen, dass die Erzeugerleistung p E im Mittel ins Netz eingespeist wird. Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML gibt indirekt über den Erzeugerstrom-Sollwert i E, s die in den Zwischenkreis hineinfliessende Erzeugerleistung p E als Vorsteuersignal v V vor. Die in dieser Arbeit gezeigte Leistungsfluss-Regelung ℜ LF speist den Verbraucher-Strom i V , s sinusförmig und in Phase zur Netzspannung u N ins 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz ein [77]. Die Zwischenkreiskapazität C ist für den Volllastfall ausgelegt. An die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF werden im Wesentlichen zwei Forderungen gestellt: • Die Zwischenkreisspannung u C soll für einen beliebigen dynamischen Verlauf der Erzeugerleistung p E zwischen Null und Volllast einen im voraus festgelegten Maximalwert u Clim, n nie überschreiten. • Der ins Netz eingespeiste Verbraucherstrom i V soll im stationären Betrieb einen sinusförmigen Verlauf mit konstanter Amplitude Î V und gleicher Phasenlage wie die Netzspannung u N besitzen. Die erste Forderung dient zur Auslegung der Spannungsfestigkeit der Umrichter. Die Ansprechschwelle u Clim des Überspannungs-Schutzes im Zwischenkreis soll nur wenig über dem bei Volllast regulär auftretenden Maximalwert u Cmax liegen. Diese Forderung kann erst im Zusammenspiel mit der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML beurteilt werden und wird daher später nochmals aufgegriffen. Die zweite Forderung ermöglicht einen netzfreundlichen Betrieb. Die bei einer mittleren Taktfrequenz von rund f SVd = 25kHz entstehenden Verbraucherstrom-Oberschwingungen i V , OS der Toleranzband-Regelung ℜ VS sind im relevanten Regelungs-Frequenzbereich vernachlässigbar klein. Struktur der Leistungsfluss-Regelung Die für den Regelvorgang massgebende Gleichung aus Kapitel 4.4 sei hier nochmals als Gleichung (8.8) in Erinnerung gerufen, denn die Struktur der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF von Figur 8.6 folgt unmittelbar aus dieser Gleichung, die nicht nur im stationären Fall, sondern auch für dynamische - 321 Vorgänge gültig ist. Die Zwischenkreisspannung u C ist zu jedem Zeitpunkt durch das Integral der Leistungsdifferenz p E – p V bestimmt. Die Berechnung des minimal notwendigen Wertes der Integrationskonstante K sowie der Entzerrungskonstante E werden an dieser Stelle als bekannt vorausgesetzt. Details dazu sind in [1] zu finden. 2 2 u C = ---- ⋅ ( u E ⋅ i E – u V ⋅ i V ) dt = F ( t ) + K C ∫ (8.8) Die Regelabweichung y RA wird erst nach quadrieren der Zwischenkreisspannung u C gebildet. Sie liefert nach Gleichung (8.8) die “dynamische” Stammfunktion F ( t ) . Regelabweichung uC x Kammfilter Entzerrung 2 y RA 24 Regler yE Σ Vorsteuerung vV î V , s StützwertAusgabe iV , s PI y KF K E sin 96 rV Sinus-Tabelle Figur 8.6: Struktur der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF : Mit f A = 600Hz abgearbeitete Funktionsblöcke Mit f A = 4.8kHz abgearbeitete Funktionsblöcke Der Kammfilter wird so ausgelegt, dass eine Nullstelle seines Amplitudenganges sicher bei 100Hz zu liegen kommt. Die durch die Einphasigkeit hervorgerufene verbraucherseitige Leistungspulsation kann auf diese Weise ideal unterdrückt werden. Vielfache von 50Hz -Komponenten können in der 2 quadrierten Zwischenkreisspannung u C dann entstehen, wenn entweder der Verbraucherstrom i V einen geringen DC -Anteil besitzt oder die Netzspannung u N verzerrt ist. Legt man die Nullstellen des Amplitudenganges des Kammfilters auf Vielfache von 50Hz , werden all diese “Dreckeffekte” ideal herausgefiltert. Einzig Vielfache der Abtastfrequenz von 600Hz beziehungsweise Vielfache der 12. -ten Harmonischen der Netzspannung u N verursachen am Ausgang des Kammfilters DC -Komponenten und führen zu - 322 - - 323 - einer Verfälschung der Konstanten K . Allerdings geschieht dies höchstens im Promille-Bereich und darf daher problemlos vernachlässigt werden. blattangaben des Solargenerators und berechnet nach Gleichung (8.11) den Faktor k vst der Vorsteuerung, so ist dieser Wert lediglich als ein erster Schätzwert zu verstehen. Unser Kammfilter hat die Länge N = 24 und eliminiert nach Gleichung (8.1) sogar alle Vielfachen von 25Hz der “dynamischen” Stammfunktion y RA = F ( t ) . Auf diese Weise werden auch die geringen durch die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML erzeugten 25Hz -Vielfachen der Zwischenkreisspannung u C vom Eingang des PI -Reglers ferngehalten und erscheinen demzufolge auch nicht an dessen Ausgang. Damit wird rasch ersichtlich, dass im stationären Betrieb die zu Beginn des Kapitels 8.2.4 aufgestellte zweite Forderung bereits zur Hälfte erfüllt ist und die Verbraucherstrom-Amplitude den geforderten konstanten Verlauf î V = Î V besitzt. Der PI -Regler ist in der Lage, allfällige Ungenauigkeiten des vorgesteuerten Verbraucher-Stromamplituden-Sollwertes v V aufzufangen und stationär auszuregeln. Die Summe aus Reglerausgang und Vorsteuerungssignal liefert den momentanen Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s . Der I -Anteil im Regler sorgt für den im stationären Betrieb notwendigen konstanten Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s = Î V , s , der die Zwischenkreisspannung u C pulsieren lässt. Die Vorsteuerung erlaubt es, den PI -Regler schneller auszulegen und den Regelvorgang somit “idealer” durchzuführen. Im Punkt maximaler Leistung des Erzeugers, dem MPP gilt unter Vernachlässigung der Umrichterverluste Gleichung (8.9) und demzufolge auch die in Gleichung (8.10) formulierte Proportionalität. Dass die Verbraucher-Stromamplitude î V proportional zum Erzeugerstrom im MPP ist, gilt natürlich auch für die im µ -Controller erzeugten Strom-Sollwerte nach Gleichung (8.11): û N ⋅ î V u E, MPP ⋅ i E, MPP = ---------------2 (8.9) u E, MPP î V = i E, MPP ⋅ 2 ⋅ -----------------û N (8.10) u E, MPP î V , s = i Edc, s ⋅ k vst mit k vst = 2 ⋅ -----------------û N (8.11) Wie bereits mehrfach gehört, variiert die MPP -Spannung am Erzeuger mit wechselnder Temperatur und Strahlungsstärke beträchtlich. Ebenso ist die Netzspannungsamplitude û N nicht immer konstant. Nimmt man die Daten- Arbeiten die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML und die LeistungsflussRegelung ℜ LF stationär, kann der Rechner unmittelbar das Verhältnis der beiden tatsächlichen Strom-Sollwerte î V , s ⁄ i Edc, s berechnen und so den mit Unsicherheit behafteten Startwert der Vorsteuerung k vst durch einen aktuellen, weit genaueren Wert überschreiben. In diesem aktuellen Wert k vst sind darüber hinaus auch alle aufgetretenen alters- oder temperaturbedingten Parameteränderungen und -unsicherheiten sowie die leistungsabhängigen Wirkungsgrade η E und η V der zwei Umrichterstufen unseres Systems bereits berücksichtigt. Die Stationarität der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF ist dann gegeben, wenn sich der Kammfilterausgang y KF dauernd innerhalb eines Null-Toleranzbandes bewegt. Man kann hier analog zum Einrastmechanismus der Netzsynchronisation ℜ NS mit einem Einrastzähler verfahren, um sicherzustellen, dass sich der Kammfilterausgang y KF bereits genügend lang innerhalb des geforderten Toleranzbandes befindet und die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF somit stationär arbeitet. Ein ähnliches Kriterium gilt auch, wie später noch gezeigt werden wird, bei der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . Im Falle, dass beide Regelkreise ihre Stationaritätskriterien erfüllen, kann dann der Rechner die Vorsteuerungskonstante k vst gemäss Gleichung (8.10) quasi adaptiv nachführen. Die Ausgabe des Sollwertes übernimmt die Netzsynchronisation ℜ NS . Dazu wird der zuletzt berechnete Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s mit dem Stützwert aus der fein unterteilten Sinus-Tabelle multipliziert und über den DA -Wandler in ein analoges Signal umgewandelt. Man erhält so den quasi-kontinuierlichen Sollwert i V , s , den die Toleranzband-Regelung ℜ VS schliesslich zur Modulation des Verbraucher-Umrichters benötigt. Die Ausgabe der Stützwerte erfolgt gegenüber der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF 8 mal häufiger -also mit f A = 4.8kHz - und benötigt somit eine 96 Einträge umfassende Sinus-Tabelle. Wie alle Regelkreise verläuft auch die Ausgabe absolut synchron zur Netzspannung u N . Die hohe Ausgaberate erzeugt einen mit vernachlässigbar geringen Stufen versehenen VerbraucherstromSollwert i V , s . Die verbleibende Reststufigkeit des DA -Ausgangsignales kann mit einem einfachen Tiefpassfilter ohne nennenswerte Phasenverschiebung der 50kHz -Grundschwingung herausgefiltert werden. - 324 8.2.5 Die Maximalleistungs-Regelung Ziel der Maximalleistungs-Regelung Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML soll den Erzeuger-Solargenerator möglichst dauernd im Punkt maximaler Leistung MPP E halten und den Arbeitspunkt des Solargenerators bei sich ändernden Strahlungsstärken oder Temperaturen dem Punkt maximaler Leistung MPP E dynamisch nachführen. Ferner soll der Umrichter unter beliebigen Strahlungsstärke-Profilen derart betrieben werden, dass die Zwischenkreisspannung u C einen vorgegebenen Maximalwert u Clim nie überschreitet. Erfolgt die Regelung durch aktive Suche des Punktes maximaler Leistung, so ist das System unabhängig von sämtlichen Parameter-Variationen des Solargenerators, die durch Einstrahlung, Temperatur, Solarzellentyp und Alterung verursacht werden. Wie hoch die während eines Jahres bei gegebenen Umweltverhältnissen erzielbare maximale Energieausbeute ist, hängt in einem solchen Fall einerseits sehr stark vom Wirkungsgrad der einzelnen Umrichterstufen, andererseits aber auch massgeblich von der Güte der Maximalleistungs-Regelung des Systems ab, denn eine schlechte MPP -Regelung kann die gesamten Anstrengungen bei der Wirkungsgradoptimierung der Umrichterstufen wieder zunichte machen! Maximalleistungs-Indikator Die Stellgrösse der Maximalleistungs-Regelung ist nach Figur 8.1 der Erzeugerstrom-Sollwert i E, s . Betrachtet man die ui -Kennlinie des Erzeugers in Figur 8.7, so erkennt man, dass sich der Arbeitspunkt des Solargenerators bei zu grossem Erzeugerstrom-Sollwert i E, s > i E, MPP zum Kurzschlusspunkt KS hin verschiebt. Ein zu geringer Erzeugerstrom-Sollwert i E, s < i E, MPP verschiebt ihn hingegen zum Leerlaufpunkt LL hin. In beiden Fällen ist die vom Solargenerator gelieferte Leistung p E kleiner als die maximal mögliche MPP -Leistung p E, MPP für den Erzeugerstrom-Sollwert i E, s = i E, MPP . Gäbe es ein Indikator-Signal y IS , das solange einen negativen Wert y IS < 0 besitzt, wie der Arbeitspunkt des Erzeugers links vom MPP E liegt und dessen Vorzeichen hingegen positiv y IS > 0 werden lässt bei einem Arbeitspunkt rechts vom MPP E , so könnte man mit Hilfe eines I -Reglers für den Erzeugerstrom-Sollwert i E, s den Umrichter zuverlässig und dauernd im MPP E betreiben. In diesem Fall würde der Integrator seinen Ausgang bei einem Erzeuger-Arbeitspunkt links vom MPP E zurücknehmen und im - 325 Gegensatz dazu bei einem Arbeitspunkt rechts vom MPP E vergrössern. Im Gleichgewichtsfall verharrt der Integrator bei i E, s = i E, MPP , da dort das Indikator-Signal den Wert y IS = 0 besitzt. iE KS i Eac MPP E t LL pE p Eac uE MPP E t LL KS Links vom MPP E Im MPP E uE Rechts vom MPP E Figur 8.7: Auswirkung eines überlagerten Strom-Testsignales i Eac auf die Erzeuger-Wechselleistung p Eac Figur 8.7 zeigt anschaulich die Wirkung eines sinusförmigen kleinen StromTestsignales i Eac , das dem DC -Arbeitspunkt des Erzeugerstromes i Edc überlagert wird: • Arbeitspunkt links vom MPP E Befindet sich der Arbeitspunkt links vom MPP E also i Edc > i E, MPP , bewirkt eine kleine Stromzunahme eine Bewegung in Richtung des Kurzschlusspunktes KS . Eine Stromabnahme führt zu einem Ausschlag in Richtung des Leerlaufpunktes LL . Die durch das Strom-Testsignal i Eac erzeugte Wechselleistung p Eac verläuft in diesem Fall gegenphasig zu i Eac und weist je nach Arbeitspunkt und Amplitude î Eac des Testsignales mehr oder weniger grosse Verzerrungen auf. • Arbeitspunkt rechts vom MPP E Liegt der Arbeitspunkt rechts vom MPP E also i Edc < i E, MPP , führt eine Stromzunahme zu einem Ausschlag in Richtung des Kurzschluss- - 326 - - 327 - punktes KS , und eine Stromabnahme bewirkt eine Auslenkung hin zum Leerlaufpunkt LL . Diesmal verlaufen der Wechselanteil der Leistung p Eac und das Strom-Testsignal i Eac gleichphasig. Bedingt durch die gekrümmte Kennlinie des Solargenerators erfolgt auch in diesem Fall eine Verzerrung der Wechselleistung p Eac . • Arbeitspunkt im MPP E Liegt der Arbeitspunkt im MPP E , weist die entstehende Wechselleistung p Eac gegenüber dem Strom-Testsignal i Eac eine Frequenzverdopplung auf. Die Frequenzverdopplung kommt dadurch zustande, dass links vom MPP E bei Stromzunahme die Wechselleistung p Eac abnimmt, während rechts vom MPP E dieselbe Stromzunahme die Wechselleistung ansteigen lässt. Sobald man den Arbeitspunkt i Edc in die Nähe des MPP E legt, fährt man folglich beide “Flanken” der up Kennlinie ab. Anstiegszeit von T I > 10s . Das heisst, dass der Punkt maximaler Leistung im ungünstigsten Fall nach etwa 10 Sekunden gefunden ist. Zu einem späteren Zeitpunkt wird noch gezeigt werden, wie die Anstiegzeit T I durch den Einsatz eines Kammfilters deutlich verringert und die MPP -Suche dadurch stark beschleunigt werden kann. p Eac 25 T I > --------------------f TP-40dB (8.12) Legt man die Frequenz des Strom-Testsignales auf f TS = 25Hz fest und setzt einen einfachen Tiefpassfilter zweiter Ordnung ein, muss seine Knickfrequenz bei 2.5Hz angesetzt werden. Damit ergibt sich eine Integrator- y PD y IS i Edc Links vom MPP E Im MPP E Rechts vom MPP E Überlagert man dem Solarzellenstrom ein Testsignal, so muss man auf der Solarzellenseite eine Energieeinbusse hinnehmen. Bei einem SolarzellenFüllfaktor von FF E = 0.7 beträgt die Energieeinbusse bei einer StromTestsignal-Amplitude von î Eac ⁄ i E, MPP = 0.1 knapp 3 % . Wertet man die Phasenbeziehung zwischen dem Strom-Testsignal i Eac und der Erzeuger-Wechselleistung p Eac nach Figur 8.8 aus, erhält man das gewünschte Indikator-Signal y IS . Die Phaseninformation wird dabei durch Multiplikation des Strom-Testsignales i Eac und der Erzeuger-Wechselleistung p Eac ermittelt. Anschliessend wird ein möglichst idealer Tiefpassfilter benötigt, um den störenden Pulsationsanteil des Produktes zu unterdrücken und den die Phaseninformation y IS beinhalteten DC -Anteil von y PD an den Integrator weiterzureichen. Die Frequenz f TP-40dB , bei der die Dämpfung des Tiefpassfilters mindestens 40dB beträgt, bestimmt die Anstiegszeit T I des Integrators von Null auf den maximal auftretenden Erzeuger-Kurzschluss-Strom i E0max . Hält man sich an die empirisch ermittelte Ungleichung (8.12), wird der nichtlineare Regelkreis von Figur 8.8 stabil arbeiten. i Eac Maximalleistungs Indikator p Eac y PD Tiefpass Filter Regler I y IS i Edc iE Testsignal i Eac i Eac Figur 8.8: Maximalleistungs-Indikator mit nachgeschaltetem Regler Analog zur Darstellung von Figur 8.7 kann man sich überlegen, was geschehen würde, wenn man anstelle des Strom-Testsignales i Eac ein SpannungsTestsignal u Eac verwenden und dieses einer Arbeitspunkt-Spannung u Edc überlagern würde. Die Auswertung der Phaseninformation bei SpannungsPrägung könnte ebenfalls mit dem in Figur 8.8 gezeigten Phasendiskriminator erfolgen, wobei bei Spannungs-Prägung die Multiplikation der Wechselleistung p Eac mit dem negativen Spannungs-Testsignal – u Eac erfolgen müsste. - 328 - - 329 - Gewinnung des Indikatorsignales ohne Leistungsmessung Erzeuger-Umrichter In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, wie das Indikator-Signal y IS rein aus der Zwischenkreisspannung u C gewonnen werden kann, was eine hochauflösende Leistungsmessung am Erzeuger überflüssig macht. Dies führt im Falle unseres Kleinleistungssystems zu nicht zu vernachlässigenden Kosteneinsparungen. Ferner wird die Frage geklärt, wie sich die informationsrelevante Erzeuger-Wechselleistung p Eac in der Zwischenkreisspannung u C niederschlägt und somit das für die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML benötigte Indikator-Signal y SI aus u C extrahiert werden kann. Verbraucher-Umrichter p E = p Edc + p Eac p V = p Vdc + p Vac pC mE mV uC C iE iV ℜ ES ℜ VS i E, s = i Edc, s + i Eac, s 2 2 u C, n = ------ ( p Eac, n – p Vac, n ) dt = F n ( t ) + K n Cn ∫ Fn(t ) + K n 0.5 0 10 20 30 40 0 2 1 0 2 1 0 0 (8.14) Figur 8.9 zeigt in der Mitte die stationären Verläufe der Leistungen an einer Testsignal-Amplitude von î Eac, n = 0.05 ⋅ i E, MPP, n unter Volllast G' n = 1 und einer Frequenz des Strom-Testsignales von f TS = 25Hz für die drei Fälle links, rechts und im MPP E . Der Arbeitspunkt links und rechts vom MPP E wurde so gewählt, dass die Erzeuger- DC -Leistung jeweils 95% der Links 0.5 0 1 Im MPPE 0 1 1 0.5 0 1 Rechts 0.5 1 Verbraucher−Leistung pV,n 0 1 0 0.5 0 10 20 30 40 Zeit t [ms] 0 10 20 30 40 Spektrale Zusammensetzung der Zwischenkreis−Spannung uC,n Amplitude Somit fliesst die Differenz der beiden Wechselleistungen p Eac und p Vac nach den Gleichungen aus Kapitel 4.4.2 in die Zwischenkreisspannung u C ein. Gleichung (8.14) gibt den Zusammenhang unter Berücksichtigung des Gleichgewichtes in normierter Form wieder: u C, n = 0.5 (8.13) Phase [o] p C = p Eac – p Vac 2 Zwischenkreis−Spannung uC,n Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF sorgt nun dafür, dass im Mittel Gleichgewicht herrscht und die Leistung p C in der Zwischenkreiskapazität C zu einer Wechselgrösse nach Gleichung (8.13) wird: Zeitliche Verläufe der Leistungen 1 Erzeuger−Leistung pE,n Gibt man der Erzeugerstrom-Regelung einen Sollwert i E, s vor, der sich nach Figur 8.9 aus einem DC -Anteil i Edc, s und dem Sinus-Testsignal i Eac, s zusammensetzt, wird die Erzeugerleistung p E je nach Arbeitspunkt des Solargenerators den qualitativ in Figur 8.7 oder 8.8 gezeigten Wechselanteil p Eac besitzen. Dies erfolgt unter der Voraussetzung, dass die erzeugerseitige Stromregelung den Sollwert mit dem Kurzzeitmittelwert des Istwertes in Einklang bringen kann. Damit fliesst eine streng genommen nicht mehr 100% konstante Erzeugerleistung p E in den Zwischenkreis. iV , s 0.25 0.2 0.15 0.1 0.05 0 1 0.5 0 180 90 0 −90 −180 0 25 50 75 100 125 150 175 200 Frequenz [Hz] Figur 8.9: Leistungsverteilung im Umrichter-System: p E, n u C, n Zeitverläufe: Arbeitspunkt: links im MPP E pV , n rechts - 330 - - 331 - Leistung p E, MPP, n beträgt. Das Strom-Testsignal i Eac, s selbst führt im MPP E bei einem Solarzellen-Füllfaktor von FF E = 0.65 zu einer verschmerzbaren Energieeinbusse von E Ee = 0.5% . Von der ins Netz eingespeisten Wechselleistung p Vac wurde hier vorausgesetzt, dass ihre spektrale Zusammensetzung nur aus einer 100Hz -Komponente besteht. Falle eines Erzeuger-Arbeitspunktes im Kurzschlussbereich i Edc, s > i E, MPP eine Absenkung der Zwischenkreisspannung u C, n stattfindet. Umgekehrt findet im Leerlaufbereich i Edc, s < i E, MPP eine Anhebung statt. Im MPP E liegt der Mittelwert der Zwischenkreisspannung u C, n praktisch auf dem gleichen Niveau, wie wenn man den Solargenerator im MPP E ohne StromTestsignal i Eac, s = 0 betreiben würde. In Figur 8.9 sind in der obersten Reihe der Diagramme mit den Zeitverläufen die Verhältnisse für einen Arbeitspunkt links vom MPP E zu sehen. Darin ist deutlich zu erkennen, dass beim Maximalwert des Erzeugerstrom-Sollwertes zum Zeitpunkt t = 10 [ms] die Erzeuger-Kennlinie bereits sehr kräftig in Richtung des Kurzschlusspunktes KS ausgefahren wird. Die Erzeugerleistung p E, n besitzt eine gut sichtbare Absenkung in der ersten Halbwelle des Strom-Testsignales i Eac, s . Die Gegenphasigkeit der Erzeuger-Wechselleistung p Eac, n zum Strom-Testsignal i Eac, s bestätigt sich hier, wenn auch mit deutlichen Verzerrungen. Im Vergleich zu den beiden restlichen in Figur 8.9 dargestellten Verläufen der normierten Zwischenkreisspannung u C, n ist in diesem Arbeitspunkt die entstehende mittlere Zwischenkreisspannung u C, n tiefer, obschon die Konstante K n in Gleichung (8.14) in allen drei Fällen identisch ist. In der mittleren Reihe befindet sich der Arbeitspunkt im MPP E des Solargenerators. In diesem Fall ist die Welligkeit der Erzeugerleistung p Eac, n in Figur 8.9 von blossem Auge aus nicht mehr auszumachen, da die damit verbundene Energieeinbusse mit E Ee = 0.5% zu gering ist. Für den in der untersten Diagrammreihe dargestellten Arbeitspunkt rechts vom MPP E kann man hingegen den gleichphasig, wenig verzerrten Verlauf der Erzeuger-Wechselspannung p Eac, n wiederum von Auge noch erkennen. Die Zwischenkreisspannung u C, n liegt dort im Vergleich zu den anderen zwei Fällen auf höherem Niveau. Die spektrale Zusammensetzung der Zwischenkreisspannung u C, n ist im untersten Teil der Figur 8.9 zu sehen und besteht aus Frequenzkomponenten mit Vielfachen von f = n ⋅ 25Hz . Im vorliegenden Fall mit maximaler Strahlungsstärke G' n = 1 tritt aufgrund der Leistungspulsation neben dem DC -Anteil eine sehr starke 100Hz -Komponente in Erscheinung. Die Nichtlinearität der Wurzeloperation aus Gleichung (8.14) schlägt sich am deutlichsten in den drei unterschiedlichen DC -Komponenten nieder7. Das hat zur Folge, dass bei gleichbleibender Integrationskonstante K n im 7) Bei geringeren Strahlungsstärken G' n < 1 kommt die Nichtlinearität weniger stark zum Ausdruck. Der hier gezeigte Volllastbetrieb stellt somit den “worst case” Fall dar. Die Phaseninformation des MPP E -Indikatorsignales steckt somit in der 25Hz -Komponente der Zwischenkreisspannung u C, n . Darin findet durch die Integralbildung der Leistungsdifferenz p E – p V generell eine Phasendrehung um – 90° statt. Links vom MPP E beträgt die Phasenlage im Vergleich zum Strom-Testsignal i Eac +90° , während im Leerlaufbereich eine Phasendrehung von – 90° stattfindet. Der Phasenunterschied von 180° , welcher sich durch ein unterschiedliches Vorzeichen bemerkbar macht, bleibt somit auch in der Zwischenkreisspannung u C, n erhalten. Die Frequenz f TS des Strom-Testsignales muss in unserem konkreten Anwendungsfall so gewählt werden, dass im Zwischenkreis die Phaseninformation des MPP E -Indikatorsignales nicht von der Netzseite her beeinflusst wird. Strom- und oder Spannungsverzerrungen des Netzes führen in der Wechselleistung p Vac im allgemeinen zu Vielfachen von f = n ⋅ 50Hz . Die Wurzeloperation fächert diese Komponenten in der Zwischenkreisspannung u C, n immer weiter zu höheren Frequenzharmonischen hin auf. Somit fallen alle Vielfachen f = n ⋅ 50Hz der Netzfrequenz als mögliche Frequenzen für das Strom-Testsignal i Eac, s ausser Betracht. Damit sich die Verbraucher-Wechselleistung p Vac tatsächlich nur aus Vielfachen f = n ⋅ 50Hz der Netzfrequenz zusammensetzt, muss zwingend im stationären Betrieb ein konstanter Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s vorausgesetzt werden. Für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF bedeutet dies, dass im dort eingesetzten Kammfilter alle in der Zwischenkreisspannung u C, n vorhandenen Vielfachen der Strom-Testsignal-Frequenz n ⋅ f ST ideal unterdrückt werden müssen. Der zur Netzfrequenz synchron laufende Kammfilter ermöglicht die ideale Unterdrückung von 50Hz -Harmonischen aber nur in seinen Amplitudengang-Nullstellen. Daraus folgt unmittelbar, dass nur noch Subharmonische der Netzfrequenz f N für die Frequenz f TS des Strom-Testsignales nach Gleichung (8.15) in Frage kommen: f TS = ( 50 ⁄ n ) Hz wobei n ≥ 2 (8.15) - 332 - - 333 - Der Kammfilter muss dann in seiner Länge so angepasst werden, dass seine Nulldurchgänge im Amplitudengang bei Vielfachen der Strom-Testsignalfrequenz f = n ⋅ f TS zu liegen kommen8. Phasen Diskriminator uC Je tiefer man die Frequenz des Strom-Testsignales f TS wählt, desto länger brauchen der Phasendiskriminator und der Tiefpassfilter aus Figur 8.8 zur Bestimmung des Indikator-Signales y IS und desto langsamer muss demzufolge auch der den Arbeitspunkt beisteuernde I -Regler eingestellt werden. Jede weitere Halbierung der Strom-Testsignalfrequenz f TS bringt darüber hinaus auch eine Verdoppelung der Länge N der eingesetzten Kammfilter mit sich. Aus diesem Grunde wurde die Strom-Testsignalfrequenz in unserem Anwendungsfall auf f TS = 25Hz festgelegt. r E-cos Struktur der Maximalleistungs-Regelung Die Struktur der in Figur 8.10 dargestellten Maximalleistungs-Regelung ℜ ML geht unmittelbar aus dem Prinzipbild von Figur 8.8 und der zuletzt beschriebenen Gewinnung des Indikatorsignales y IS aus der Zwischenkreisspannung u C hervor. Die Frequenz f TS des benötigten Strom-Testsignales i Eac, s beträgt f TS = 25Hz . 8) Bei einer Abtastfrequenz von f A = 600 [Hz] und einer Strom-Testsignalfrequenz von f TS = 25 [Hz] beträgt die Länge des Kammfilters N = 24 . Regler 24 Σ I sin – cos 24 y IS Sinus-Tabelle i Edc, s i E, s î Eac, s r Esin i Eac, s Figur 8.10: Struktur der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML Verbesserung der Sensitivität des Indikator-Signales Der Rechner ist in der Lage, eine mit der Stromamplitude des VerbraucherSollwertes î V , s gewichtete sinusförmige 100Hz -Schwingung auf einem weiteren in Figur 8.1 nicht eingezeichneten DA -Wandlerkanal auszugeben. Damit kann man mit einem zweiten parallel zur bisherigen Zwischenkreisspannungsmessung aufgebauten analogen Signalverarbeitungskanal die Sensitivität des Indikator-Signales y IS beträchtlich verbessern, indem man die aus spektraler Sicht dominierende 100Hz -Komponente aus der gemessenen Zwischenkreisspannung u C durch die analog ausgeführte Subtraktion der nachgebildeten 100Hz -Schwingung kompensiert oder im Idealfall sogar vollständig wegfiltert. Der DC -Anteil der Spannung u C kann über eine AC -Kopplung ebenfalls leicht eliminiert werden. Das auf diese Weise gewonnene neue analoge Signal kann dann optimal auf den Eingangsspannungsbereich eines weiteren AD -Kanales skaliert werden und steht dann der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML als Wechselgrösse mit massiv vergrösserter Auflösung und stark verminderter 100Hz -Komponente zur Verfügung. y PD Kammfilter Der Kammfilter von Figur 8.10 erfüllt die Anforderungen bezüglich idealer Unterdrückung der Harmonischen der Testsignalfrequenz n ⋅ f TS sowie aller Vielfachen der Netzfrequenz n ⋅ 50 [Hz] hervorragend. Dadurch kann der Integrator merklich schneller als beim Einsatz eines üblichen Tiefpassfilters eingestellt werden. Damit jedoch die unterlagerte LeistungsflussRegelung ℜ LF im Vergleich zur Maximalleistungs-Regelung ℜ ML genügend schnell ist und vor allem die Zwischenkreisspannung u C stets innerhalb der vorgeschriebenen Eckwerte bleibt, wird in unserem konkreten Anwendungsfall des modulintegrierten Umrichtersystems die Integration und die damit verbundene Leistungszufuhr in den Zwischenkreis auf eine Anstiegszeit von rund 1 bis 2s begrenzt. Der Phasendiskriminator berücksichtigt die Drehung der Phasenlagen in der Zwischenkreisspannung u C , indem er subsynchron zur Netzfrequenz f N über die Sinus-Tabelle einen negativen Cosinus-Stützwert r E-cos bezieht. Der Sinus-Stützwert r Esin wird mit der bisher benutzten Amplitude î Eac, s gewichtet und bildet zusammen mit dem Integratorausgang î Edc, s den Strom-Sollwert i E, s der ErzeugerToleranzband-Regelung ℜ ES . 8.3 Modulation Wie bereits in der regelungstechnischen Gesamtübersicht unseres zweistufigen Umrichtersystems mit seinen digitalen und analogen Regelkreisen von Figur 8.1 sichtbar ist, bestehen sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der Verbraucherseite die innersten Regelkreise aus analogen ToleranzbandRegelungen. - 334 - - 335 - Der Vorteil des Toleranzband-Reglers besteht darin, das er gleichzeitig sowohl Stromregelkreis als auch Umrichtermodulator ist. Für die ressourcenschonende Realisierung unseres modulintegrierten Umrichteransatzes ist dies besonders wichtig, denn damit kann der µ -Controller von der sehr rechenintensiven Berechnung der Schaltfunktionen der einzelnen Umrichterstufen befreit werden. Damit bilden die Toleranzband-Regelungen in unserem Fall letztlich die Voraussetzung für die Verwendung eines LowCost- µ -Controllers. Erzeuger- und Verbraucher-Leistungsregelung Wird auf der Erzeugerseite der Strom i E des Solargenerators auf einen konstanten Wert I E geregelt, so hat dies über die Solarkennlinie eine konstante Erzeugerspannung U E zur Folge. Damit wird die Erzeugerleistung ebenfalls konstant p E = P E . Regelt man den Verbraucherstrom i V bezüglich seiner Amplitude Î V und Phasenlage ϕ V gegenüber der aufgeprägten sinusförmigen Spannung u V des Energieversorgungsnetzes, ist die Verbraucherleistung p V ebenfalls bestimmt. Der Verlauf der Zwischenkreisspannung u C hängt einerseits von der Dimensionierung der Zwischenkreiskapazität C und der Konstanten K und andererseits von der momentanen Leistungsdifferenz p E – p V zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite ab. Bei geregeltem Erzeugerstrom i E und Verbraucherstrom i V ergibt sich somit die Zwischenkreisspannung u C quasi von selbst. Bisher wurde stets davon ausgegangen, dass die Erzeugergrössen konstant und die Verbrauchergrössen sinusförmig sind. Alle Betrachtungen setzten dabei stationäre Verhältnisse voraus. Diese Annahmen können in der Praxis nur dann eingehalten werden, wenn entsprechende Regelkreise implementiert werden. Wie die Figur 8.11 zeigt, stellen die Toleranzband-Regler dabei die innersten und damit auch die schnellsten Regelkreise unseres Systems dar. Im Falle des einzelligen modulintegrierten Umrichters handelt es sich bei den zu regelnden Strömen einerseits um den Netzstrom und andererseits um den Drosselstrom auf der Sekundärseite des optimierten NiederspannungsHochsetzstellers von Figur 6.24. Für die nachfolgenden systemtechnischen Betrachtungen verwenden wir dafür in Übereinstimmung mit den Bezeichnungen in Rainer Schmidts Arbeit [1] auf der Solargenerator- oder Erzeugerseite das Symbol i E und auf der Netz- oder Verbraucherseite das Symbol i V . In Figur 8.11 produzieren die Erzeuger- und Verbraucher-Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS die Modulationsfunktion m E und m V des entsprechenden Umrichters derart, dass die gewünschten Ströme fliessen können. Nebst den beiden Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS benötigt das System noch eine in der Figur 8.11 nicht gezeigte übergeordnete Leistungsfluss-Regelung ℜ LF , welche die beiden Strom-Sollwerte i E, s und i V , s so aufeinander abstimmt, dass das geforderte mittlere Leistungsgleichgewicht erfüllt wird. Als Regelgrösse dient der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF die Zwischenkreisspannung u C , die im Mittel auf einem durch die Konstante K vorgegebenen Niveau gehalten werden muss. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF wurde bereits ausführlich in Kapitel 8.2.4 behandelt. Für die folgenden Untersuchungen wollen wir daher davon ausgehen, dass die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF dafür sorgt, dass das mittlere Leistungsgleichgewicht immer hergestellt ist. 8.3.1 Funktionsweise der Toleranzband-Regelung Erzeuger-Umrichter iE pE mE uC Verbraucher-Umrichter C iV pV mV uE uV iE iV ℜ ES i E, s Geschaltete Umrichter ℜ VS iV , s Figur 8.11: Indirekte Erzeuger- und Verbraucher-Leistungsregelung durch die erzeuger- und verbraucherseitige Toleranzbandregler Nun soll der Übergang zu geschalteten Grössen vollzogen werden. Die Umrichter sind, ohne weiter auf ihren inneren Aufbau einzugehen, abstrakt durch die Umschalter nach Figur 8.12 modellierbar, welche erlauben, den jeweiligen Abgriff des Umschalters entweder mit dem positiven oder mit dem negativen Spannungspol zu verbinden. Anstelle der kontinuierlichen Modulationsfunktionen m E und m V treten bei den geschalteten Umrichtern die zeitdiskreten Schaltfunktionen s E und s V . Der in Figur 8.12 gezeigte Erzeuger-Umrichter entspricht beim einzelligen modulintegrierten Umrichtersystem schaltungstechnisch dem sekundärseitigen Hochsetzsteller unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers. Sein Eingangsstrom i E entspricht damit dem Strom i i in der Induktivität L S - 336 - - 337 - unseres Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24. Der gesamte Niederspannungsteil des Hochsetzstellers stellt regelungstechnisch lediglich ein Verstärkungsglied dar und kann daher für die folgenden Überlegungen vernachlässigt werden. Auf der Verbraucherseite ist die Analogie zwischen Modell und realem Wechselrichter eindeutig, so dass wir an dieser Stelle ebenfalls nicht näher darauf einzugehen brauchen. verwenden. Der Wertebereich der Dreipunkt-Schaltfunktion s Vd schliesst gegenüber dem Wertebereich der Zweipunkt-Schaltfunktion s Vz noch den Wert Null mit ein. Die Umschalter der Umrichter werden durch ihre zweiwertigen { 0, 1 } Umschaltfunktionen us E , us Va und us Vb angesteuert. Die Schalterstellung in Figur 8.12 entspricht der Position für den Wert 1 der besagten Umschaltfunktionen. Der Erzeuger-Umrichter wird mit einem Umschalter S E aufgebaut. Die Umschaltfunktion us E entspricht der invertierten Schaltfunktion s E . Beim Verbraucher-Umrichter werden mit S Va und S Vb zwei Umschalter benötigt. Die dreiwertige Schaltfunktion s V wird dabei gemäss Tabelle 8.1 auf die zwei Umschaltfunktionen us Va und us Vb abgebildet. Für das Nullniveau der Schaltfunktion s V ergeben sich dabei zwei mögliche Schaltzustände. Erzeuger-Umrichter iE CE Verbraucher-Umrichter LE uE S Va uC SE LV iV C uN S Vb sE us E us Va us Vb Erzeugung der Schalt- und Umschaltfunktionen Verknüpft man die Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS aus Figur 8.11 mit den durch die Schaltfunktion gesteuerten Umrichtern aus Figur 8.12 und setzt dabei Hysterese-Komparatoren ein, gelangt man zu den beiden in Figur 8.13 dargestellten Toleranzband-Regelungen. sV Figur 8.12: Modellierung des erzeuger- und des verbraucherseitigen Umrichters als geschaltetes System Die Schalt- und Umschaltfunktionen sind gemäss Tabelle 8.1 definiert und können nur diskrete Werte annehmen. Der Wertebereich der ErzeugerSchaltfunktion beträgt s E = { 0, 1 } . Beim Verbraucher kann man entweder Zwei- s Vz = { – 1, 1 } oder Dreipunkt-Schaltfunktionen s Vd = { – 1, 0, 1 } Erzeuger Schaltfunktion s E = { 0, 1 } Verbraucher Zweipunkt Dreipunkt s V , z = { – 1, 1 } s V , z = { – 1, 0, 1 } Umschaltfunktion us E = { 0, 1 } us Va = { 0, 1 } und us Vb = { 0, 1 } Zuordnung sE us E 1 0 0 1 sV us Va us Vb 1 1 0 0 1 1 0 0 0 –1 0 1 Tabelle 8.1: Festlegung der Schalt- Umschaltfunktionen und Zuordnungen Die Toleranzband-Regelung ist gleichzeitig Stromregelkreis und Umrichtermodulator. Sie hält den zu regelnden Strom i innerhalb eines symmetrischen Strom-Toleranzbandes der Breite δ um den Sollwert i s herum. Stösst der Strom-Istwert i an die obere Toleranzbandgrenze i s + δ ⁄ 2 , wird ein Umschaltvorgang derart ausgelöst, dass das Vorzeichen der Spannung u L über der Induktivität L negativ wird und folglich ein negatives di ⁄ dt bewirkt. Der Strom strebt aus diesem Grund in Richtung der unteren Toleranzbandgrenze i s – δ ⁄ 2 und löst beim Erreichen dieser Grenze einen erneuten Umschaltvorgang aus, der diesmal zu einer positiven Spannung u L über der Induktivität L führt. Dies bewirkt wiederum eine Stromumkehr in Richtung der oberen Toleranzbandgrenze i s + δ ⁄ 2 . Figur 8.13 zeigt oben die durch Umschalter modellierten Umrichter und in der Mitte eine mögliche Realisation der Toleranzband-Regelung ℜ ES und ℜ VS . Der verbraucherseitige Umrichter wird mit einer dreiwertigen Schaltfunktion s Vd = { – 1, 0, 1 } betrieben. Die dazugehörigen qualitativen Kurvenverläufe wurden unter der Annahme einer konstanten und genügend hohen Zwischenkreisspannung u C ermittelt. Der Erzeuger-Sollwert i E, s ist konstant und der Verbraucher-Sollwert i V , s ist sinusförmig und in Phase zur Netzspannung u N . Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass das mittlere Leistungsgleichgewicht im Zwischenkreis ebenfalls erfüllt ist. - 338 Erzeuger-Umrichter CE iE LE uE u LE S E - 339 Verbraucher-Umrichter S Va LV iV u LV uN C uC S Vb iE δE δV + ∆ us E us Vb sE i E, s ℜ ES s Vd Hysterese us Va iV δV iV , s 1 0 Erzeuger−Toleranzband−Regler Verbraucher−Toleranzband−Regler 0 usVa 0 usVb usE iE [A] und sE ℜ VS δ --2 iV [A] und sVd –δ ------ 0 2 0 5 10 15 Zeit t [ms] 20 25 0 5 10 15 Zeit t [ms] 20 Der Hysterese-Komparator ist das zentrale Element des Modulators. Die Soll-Istwert-Differenz i s – i des zu regelnden Stroms i stellt dabei sein Eingangssignal dar. Dazu muss der Strom-Istwert i s so breitbandig erfasst werden, dass die Stromoberschwingungen innerhalb des Toleranzbandes noch gut aufgelöst werden können. Der Komparator erzeugt aus der Soll-IstwertDifferenz i s – i an seinem Ausgang ein zweiwertiges Logiksignal { 0, 1 } . Das Ausgangssignal ändert seinen Zustand nicht, solange sich das Eingangssignal innerhalb des symmetrischen Toleranzbands δ befindet. Das Ausgangssignal speichert damit sozusagen den letzten Toleranzband-Anschlag. Bei der Erzeuger-Toleranzband-Regelung von Figur 8.13 ist in der Schalterposition S E = 0 der positive Stromanstieg +di E ⁄ dt proportional zur treibenden Erzeugerspannung u LE = u E . Die Spannung u E bestimmt also wie rasch einem positiven Strom-Sollwert-Sprung i E, s gefolgt werden kann. Der negative Stromanstieg – di E ⁄ dt erfolgt in der Schalterposition S E = 1 mit der treibenden Spannung u LE = u E – u C und bestimmt auf diese Weise die Dynamik für einen negativen Strom-Sollwertsprung i E, s . Eine hinreichende Bedingung für eine in der Schalterstellung S E = 0 positiv treibende Spannung u LE > 0 und eine in Schalterstellung S E = 0 negativ treibende Spannung u LE < 0 stellt die Ungleichung (8.16) dar: 0 < mE < 1 wobei uE m E = -----uC und uE > 0 (8.16) Im Falle unseres optimierten Netzwechselrichters nach Figur 7.6 erzeugt eine einfache Logik ausgehend von der Schaltfunktion s Vd oder den Umschaltfunktionen us Va und us Vb in Abhängigkeit des Vorzeichens des NetzStromes i V die Schaltmuster für die einzelnen Leistungshalbleiter S 1 bis S 4 gemäss der in Figur 7.6 dargestellten Taktungsstrategie. Auf diese Weise ist es möglich, jeweils nur einen Transistor und eine antiparallele Diode des netzseitigen Wechselrichters hochfrequent takten zu müssen und so die Wechselrichter-Schaltverluste auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. 25 Figur 8.13: Aufbau und Funktionsweise der Toleranzband-Regelung: links: Erzeuger rechts: Verbraucher iE iV Strom: i E zu i E, s i V zu i V , s Abweichung: sE s Vd dreipunkt Schaltfunktion: us E us Va us Vb Umschaltfunktion: Dreipunkt-Toleranzband-Regelung Die in Figur 8.13 dargestellte Verbraucher-Toleranzband-Regelung in Dreipunkt-Schaltung zeigt augenfällige Unterschiede zwischen den Umschaltfunktionen us Va und us Vb . Die Umschaltfunktion us Vb legt dabei das Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd fest und taktet daher nur einmal pro Netzperiode. Der schnell taktende Umschalter S Va wird durch den Komparator mit der inneren Hysterese δ V angesteuert. - 340 - - 341 - Figur 8.14 zeigt ergänzende Details des Dreipunkt-Betriebes und insbesondere den Umschaltvorgang des vorzeichenerzeugenden Komparators mit seiner äusseren Hysterese δ V + ∆ , welche zwingend grösser als die innere Hysterese δ V gewählt werden muss. Der Unterschied zwischen äusserer und innerer Toleranzbandbreite ∆ kann theoretisch beliebig klein gemacht werden. In der Praxis muss in der Regel das äussere Toleranzband 10…50 % breiter als das innere gewählt werden, um ein Prellen des Umschaltsignales us Vb zu verhindern. Der Einfachheit halber wurde in Figur 8.14 die äussere Toleranzbandbreite δ V + ∆ um 50 % grösser als die innere Toleranzbandbreite δ V gewählt. Bei positivem Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd , also us Vb = 0 , bewirkt das Nullniveau s Vd = 0 solange eine Stromabnahme di V ⁄ dt < 0 als die oberschwingungstreibende Spannung u LE, OS über der Induktivität L E noch negativ ist. Nimmt während dem Anliegen eines solchen Nullniveaus die Netzspannung u N genügend ab, so wechselt die Spannung u LE, OS ihr negatives Vorzeichen und lässt somit den Strom wieder ansteigen di V ⁄ dt > 0 . Dieser Zeitpunkt ist in Figur 8.14 mit einem Kreis markiert. Der Strom stösst dann wirkungslos an dieselbe innere Toleranzbandgrenze wie beim letzten Anschlag an und nimmt weiterhin zu. Erreicht der Strom schliesslich die äussere Toleranzbandgrenze, kippt der Komparator der Umschalterfunktion us Vb und ermöglicht auf diese Weise ein negatives Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd und der Spannung u LE, OS . Der Strom wird nach kurzer Zeit die entgegengesetzte innere Toleranzbandgrenze erreichen und dann wiederum für die Dauer einer Halbwelle innerhalb des inneren Toleranzbandes geführt. Charakteristisch für die Dreipunkt-Toleranzband-Regelung ist das zweifache Anstossen an der inneren Toleranzbandgrenze, bevor die Schaltfunktion s Vd ihr Vorzeichen ändert. Dies kann einen geringen Gleichanteil des Strom-Istwerts i V nach sich ziehen und dadurch zu einer Abweichung der Strom-Istwert-Grundschwingung i V , GS gegenüber dem Sollwert i V , s führen. Die Erzeugung der Schaltfunktion s Vd gemäss der Strategie von Figur 8.13 ist mit dem Nachteil behaftet, dass die Schaltverluste hauptsächlich im hochfrequent getakteten Umschalter oder Brückenzweig S Va anfallen und somit die beiden Brückenzweige S Va und S Vb des Netzwechselrichters thermisch unterschiedlich belastet werden. Durch Einfügen einer logischen Zwischenstufe kann, ausgehend von den Umschaltfunktionen us Va und us Vb analog zur Erzeugung der Taktsequenz von Figur 7.6 dafür gesorgt werden, dass bei unveränderter Schaltfunktion s Vd die beiden Brückenzweige jeweils abwechselnd während einer halben Netzperiode hochfrequent takten und somit thermisch gleichmässig belastet werden. uLE,OS [V] sV Analog zur Ungleichung (8.16) stellt die Ungleichung (8.17) eine hinreichende Bedingung dafür dar, dass der Strom i V bis auf die in Figur 8.14 beschriebenen kurzen Intervalle bei der Vorzeichenumkehr der Schaltfunktion s Vd dauernd im inneren Toleranzband δ V gehalten werden kann. iV − iV,s [A] –1 < mV < 1 wobei gilt di V , s uV m V = ------ und u V = u N + L V ⋅ dt uC 0 2.5 5 7.5 10 12.5 15 17.5 20 22.5 (8.17) (8.18) 25 Zeit t [ms] Zweipunkt-Toleranzband-Regelung Figur 8.14: Umschaltfunktion: us Va Umschaltfunktion: us Vb Dreipunkt-Schaltfunktion: s Vd Oberschwingungstreibende Spannung: u LS, OS i V – i V , s im inneren und äusseren Toleranzband Figur 8.15 zeigt die Verbraucher-Toleranzband-Regelung in ZweipunktSchaltung. Die beiden Umschalter S Va und S Vb takten dabei stets im Gegentakt. Durch den reinen Gegentaktbetrieb kann nur noch die zweiwertige Schaltfunktion s Vz = { – 1, 1 } entstehen. Es fällt auf, dass sich in dieser - 342 - - 343 - Betriebsart bei unveränderter Toleranzbandbreite δ V und identisch gewählten Spannungsverhältnissen die Anzahl der Schaltvorgänge gegenüber dem in Figur 8.13 gezeigten Dreipunkt-Betrieb sichtbar erhöht hat. Verbraucher−Toleranzband−Regler Verbraucher-Umrichter C u LV i Vi V uuNN 0 S Vb us Vb δV iV usVa us Va ℜ VS iV , s usVb s Vz Figur 8.16 zeigt qualitativ den Stromverlauf i V für den Fall einer um 5 % zu tief gewählten Zwischenkreisspannung u C . Die Toleranzband-Regelung kann in den dunkel hinterlegten Flächen den Strom nicht mehr innerhalb des Toleranzbandes führen. Dies hat, wie Figur 8.16 deutlich aufzeigt, massive Toleranzband-Verletzungen zur Folge, die zu niederfrequenten Verzerrungen des Verbraucher-Stromes i V führen. Da die Verzerrung stets gegen die NullLinie gerichtet sind, nimmt im Störungsfall die Strombelastung der Leistungshalbleiter ab und stellt daher aus Umrichtersicht keinen gefährlichen und somit unbedingt zu vermeidenden Betriebsfall dar. Die niederfrequenten Stromverzerrungen am Netz können aber nur dann in Kauf genommen werden, wenn sie durch Extremsituationen der übergeordneten Regelfunktionen, die ein kurzzeitiges Absenken der Zwischenkreisspannung u C zur Folge haben, ausgelöst werden und nur von kurzer Dauer sind. Die VerbraucherModulationsfunktion m V hat, solange die Verzerrungen andauern den Wert m V = 1 und verletzt somit die Ungleichung (8.17). 0 5 10 15 Zeit t [ms] 20 25 Figur 8.15: Funktionsweise der Zweipunkt-Toleranzband-Regelung: iV Strom: i V zu i V , s Abweichung: s Vz zweipunkt Schaltfunktion: us Va us Vb Umschaltfunktion: Die in Figur 8.15 festgestellte Erhöhung der Schaltfrequenz ist verständlich, da durch das fehlende Nullniveau der Schaltfunktion s Vz jeweils bei einer der zwei Flanken eines Taktintervalles die Stromsteilheiten di V ⁄ dt durch die um den Betrag der Zwischenkreisspannung u C erhöhte treibende Spannung u LE über der Entkopplungsinduktivität L E stark ansteigen. Dies hat unmittelbar zur Folge, dass der Umschalter S Vb ebenfalls hochfrequent und nicht mehr im 50Hz -Rhythmus wie bei der Dreipunkt-Regelung taktet. Die gesamten Schaltverluste der Zweipunkt-Toleranzband-Regelung fallen, wie in [1] gezeigt wird, auf diese Weise knapp viermal so hoch aus wie bei der Dreipunkt-Toleranzband-Regelung. Strom iV [A] uC LV iV [A] und sVz S Va Übersteuerung der Toleranzband-Regelung 0 0 2.5 5 7.5 10 12.5 15 17.5 20 22.5 25 Zeit t [ms] Figur 8.16: Kurzzeitig übersteuerte Verbraucher-Toleranzband-Regelung: Verbraucher-Strom: Istwert i V Sollwert: i V , s Toleranzband Toleranzband-Verletzungen Folgerungen zur Toleranzbandregelung Das Regelverhalten der Toleranzband-Regelung ist äussert robust und stellt darüber hinaus noch das schnellste Stromregelverfahren für den einzelnen Umrichter dar. Sobald sich der Strom ausserhalb des Toleranzbandes befindet, wird der Umrichter so geschaltet, dass er sich mit maximaler Geschwindigkeit wieder ins Band zurückbewegt. Damit arbeitet die Modulation auch für schnelle dynamische Regler-Sollwert-Änderungen korrekt. Spannungsverzerrungen am Erzeuger und insbesondere der pulsierende Zwischenkreis - 344 - - 345 - oder auch eine verzerrte Netzspannung beeinträchtigen die Funktionsweise und Regelgüte der Toleranzband-Regelung nicht, sofern sie nicht, wie in Figur 8.16 gezeigt, übersteuert wird. In unserem konkreten Anwendungsfall des modulintegrierten Umrichters ist vor allem die Eigenschaft des Toleranzbandreglers besonders wertvoll, dass er seine Modulationsfunktionen m E und m V selbst erzeugt. Dies ist angesichts komplizierten Modulationsfunktionen m E und m V , die sich aufgrund der pulsierenden Zwischenkreisspannung u C ergeben, sehr hilfreich. Figur 8.17 zeigt qualitativ die Kurvenverläufe am Erzeuger- und am Verbraucher-Umrichter bei sehr tiefer Taktfrequenz f T . Anstelle der in der obersten Bildreihe gezeigten komplizierten Modulationsfunktionen m E und m V muss der µ -Controller -wie in der mittleren Bildreihe dargestellt- auf der Erzeugerseite lediglich einen konstanten und auf der Verbraucherseite einen rein sinusförmigen Strom-Sollwert ausgeben. 0 −1 −1 0 0 0 0 10 15 Zeit t [ms] 20 25 0 5 10 15 20 sVd und mV 0 5 Die Regler-Plattform soll vom Konzept her billig und sparsam im Eigenverbrauch sein. Figur 8.18 zeigt unseren auf einem Low-Cost- µ -Controller basierenden Prototypen [74]. Alle beschriebenen Regelverfahren wurden unter der Randbedingung eines niedrigen Rechenleistungsbedarfs und der damit verbundenen tiefen Abtastfrequenz entworfen. iV und iV,s [A] 1 0 Praktische Regler-Implementierung Verbraucher 1 iV − iV,s [A] iE − iE,s [A] iE und iE,s [A] sE und mE Erzeuger 8.4 25 Zeit t [ms] Figur 8.17: Automatische Erzeugung der Modulationsfunktionen m E und m V durch die Toleranzband-Regler ℜ ES und ℜ VS : Schaltfunktion: s Modulationsfunktion: m Strom-Sollwert: i s Strom-Istwert: i Abweichung zwischen Schalt- und Modulationsfunktion Stromoberschwingungen: i - i s Figur 8.18: Low-Cost-Regler-Plattform des gesamten einphasigen modulintegrierten Umrichtersystems In SMD-Ausführung sind in Abbild 8.18 im vorderen Teil auf wenigen Quadratzentimetern Fläche die analogen Signalaufbereitungen und die beiden Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS zu sehen. Der Low-Cost- µ -Controller ist hinten links zusammen mit dem Programmspeicher-EPROM und dem Taktgenerator auszumachen. Es handelt sich dabei um den 80C196KB12- µ -Controller von Intel mit einer bescheidenen Rechenleistung von etwa 1 MIPS . Der µ -Controller verfügt über einen integrierten 8 -kanaligen 10 -Bit- AD -Wandler und steuert über seine serielle Schnittstelle den externen 4 -kanaligen 12 -Bit- DA -Wandler im “Maxim”Baustein an. - 346 - - 347 - Der grösste Baustein ist ein programmierbarer Logikbaustein mit 84 Makrozellen. Er wurde gewählt, um verschiedene Feinheiten der ToleranzbandRegelung wie Lückbetrieb, minimale und maximale Pulsweiten und Schutzfunktionen bequem programmieren und optimieren zu können. In einer für die industrielle Massenfertigung bestimmten Version könnte dieser mit Abstand teuerste Baustein durch einige einfache Logikgatter ersetzt werden. Der Leistungsfluss-Regelung gelingt es auch ohne die Verwendung der aufgrund ihrer unzureichenden Lebensdauer unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im Zwischenkreis, das labile Gleichgewicht im Zwischenkreis zu kontrollieren. Die maximal auftretende Zwischenkreisspannung ist verglichen mit der Netzspannungsamplitude um den Faktor 1.4 höher. Vergleicht man dies mit dem regulär auftretenden Maximalwert der Zwischenkreispulsation bei Vollast, welcher auch bereits 1.3 Mal höher als die Amplitude der Netzspannung ist, beträgt die für dynamische Vorgänge benötigte Reserve weniger als 7.5% . Alle für diesen Regelkreis benötigten Informationen werden ebenfalls einzig aus der gemessenen Zwischenkreisspannung gewonnen. Der Eigenverbrauch der Reglerplattform beträgt etwa 350mW . Eine einzige 5V -Speisung genügt bereits zur Versorgung aller Komponenten. Ohne den programmierbaren MACH-Logikbaustein beträgt der Eigenverbrauch der Reglerplattform von 8.18 noch knapp 200mW . Dieser könnte ohne weiteres durch den Einsatz eines moderneren, auf niedrigen Verbrauch getrimmten µ -Controllers noch auf unter 100mW gesenkt werden. 8.5 Zusammenfassung Alle Regelfunktionen können prinzipiell zusammen mit ihren Schutz- und Ablaufsteuerungen auf einem Low-Cost- µ -Controller mit einer stationären Abtastfrequenz von 600Hz implementiert werden. Alle Regelfunktionen sind durch den geschickten Einsatz von verschachtelten Kammfiltern sehr effizient und ressourcenfreundlich realisiert. Die Netzsynchronisation erreicht im ungünstigsten Fall nach 0.5s ihren stationären Zustand und liefert die benötigten Referenzsignale prinzipbedingt verzerrungsfrei. Sie erkennt rasche Netzstörungen und Impedanzwechsel innerhalb eines einzigen Abtastschrittes und “schleichende” Vorgänge bei Inselnetzbildung nach spätestens 2s . Der “Maximum-Power-Point”-Regelkreis ist so schnell, dass er im Alltagsbetrieb quasi ideal dem Einstrahlungsprofil folgen kann. Seine Struktur und Implementierung besitzt ferner einige sehr gewichtige Vorteile: • Der regelungstechnisch kritische Kurzschluss-Fall des Erzeugers kann ohne Strom-, Spannungs- oder Leistungsmessung am Erzeuger per Software detektiert werden. • Alle für die “Maximum-Power-Point”-Regelung notwendigen Informationen werden aus der gemessenen Zwischenkreisspannung entnommen, was eine hochauflösende Leistungsmessung am Solargenerator hinfällig macht. • Die Energieeinbusse durch das “Maximum-Power-Point”-Testsignal am Erzeuger beträgt bei Vollast weniger als 0.5% . Die hochdynamische Toleranzband-Regelung ermöglicht selbst bei Einschwingvorgängen im Zwischenkreis eine praktisch ideale Entkopplung der Wechselleistungen von Erzeuger und Verbraucher. Durch die automatische Erzeugung der Modulationsfunktionen für den Erzeuger un den Verbraucher, die aufgrund der pulsierenden Zwischenkreisspannung sehr kompliziert sind, entlasten die Toleranzbandregler den µ -Controller derart, dass ein Low-Cost- µ -Controller mit der bescheidenen Rechenleistung von 1 MIPS eingesetzt werden kann. Der gesamte Eigenverbrauch der Reglerplattform beträgt nur etwa 350mW . - 348 - - 349 - Literaturverzeichnis [1] R. Schmidt: “Systemverhalten einer zweistufigen Konverter-Anordnung für den modularen Anlagebau”; Diss. ETH Nr. 14105, Zürich, 2001 [2] M. Wüest, P. Toggweiler, J. Riatsch: “Single Cell Converter System”; 1st World Conference and Exhibition on Photovoltaic Solar Energy Conversion, Waikoloa, Hawaii, 1994 [3] R. Schmidt, F. Jenni, J. Riatsch: “Control of an Optimized Converter for Modular Solar Power Generation”; 20th International Conference on Industrial Electronics, Control and Instrumentation, Bologna, 1994 [4] R. Schmidt, J. Riatsch, U. 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Juli 1966 Geboren in Scuol, Graubünden 1973 - 1979 Primarschule in Ramosch, Graubünden 1979 - 1981 Sekundarschule in Ramosch, Graubünden 1981 - 1986 Kantonsschule in Chur, Graubünden Abschluss mit Matura Typ C 1986 - 1992 Studium an der Abteilung für Elektrotechnik der ETH Zürich Abschluss mit Diplom als Dipl. El.-Ing. ETH 1992 - 1999 Wissenschaftlicher Assistent für Unterricht und Forschung bei Prof. Dr. H. Stemmler an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich 2000- 2001 Wissenschaftlicher Oberassistent für Unterricht und Forschung an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich zuerst bei Prof. Dr. H. Stemmler, dann bei Prof. Dr. J. W. Kolar 1995 - 2000 Lehrauftrag im Kernfach Leistungselektronik an der Abteilung für Elektrotechnik der ETH Zürich 1997 - 1999 Dozent für Digitaltechnik an der Technikerschule für Telekommunikation in Winterthur 1999 - 2000 Dozent für Leistungselektronik und elektrische Maschinen an der Fachhochschule der italienischen Schweiz (SUPSI) in Manno 1999 - 2001 Verantwortlicher für das Personal- und Finanzwesen der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich 1995 - 2001 Forschungsarbeit auf dem Gebiet der modulintegrierten Niederspannungs-Umrichter für photovoltaische Energiesysteme, abgeschlossen mit der vorliegenden Dissertation