Zeitschrift für Naturforschung / B / 11 (1956) - Max-Planck

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Daf3 der Faktor audi wirksam ist, wenn die Zellen
vorher nicht gewaschen werden, deutet darauf hin,
daß kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Behandlung und der Adsorption des Faktors an
der Zelle besteht.
Herrn Professor Dr. H. F r i e d r i c h - F r e k s a danke
ich für sein förderndes Interesse. Der D e u t s e h e n
F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t bin ich für ein Forschungsstipendium dankbar.
Anm. b. d. Korr.: 5-stdg. Schütteln bei — 4 ° C beeinflußt den Glykolyseinhibitor nicht. Chloroform, Streptokinase und Plasmin (Behringwerke) zerstören den Faktor. Die Tatsache einer Hemmung des Inhibitors durch
Plasmin könnte zur Klärung der Funktion des AktivatorPlasminogen-Plasmin-Systems im menschlichen Serum
(s. u.a. S. M ü l l e r t z , Biochem. J. 61, 424 [1955]) von
Bedeutung sein. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dem
Glykolyseinhibitor wenigstens für den Menschen die Aufgabe als Wachstumsregulator zukommt. Eine ausführliche
Darstellung erfolgt.
Einfluß von HCN auf Furchungsgeschwindigkeit und A t m u n g
der ersten Keimstadien von Triton alpestris
Aus dem Heiligenberg-Institut, Abteilung O. M a n g o 1 d , Heiligenberg (Baden)
Von
HEINZ
TIEDEMANN
und
HILDEGARD
TIEDEMANN
(Z. Naturforschg. 11 b. 666—673 [1956]; eingegangen am 8. Mai 1956)
Herrn Professor R. R ö s s l e zum 80. Geburtstag
gewidmet
Die Atmung von Molcheiern und von Krallenfrosch-Eiern wird in den ersten Furehungsstadien durch 10"3-m. Blausäurelösungen um ca. 75% gehemmt, in den Stadien von der
Gastrula bis zum Schwanzknospen-Stadium um 90% und darüber. Die Furchungsgeschwindigkeit ist bei den mit Blausäure behandelten Keimen verringert. Die Verzögerung der Furchung
setzt IV2—2 Stdn. nach dem Beginn der HCN-Behandlung ein. — Durch anaerobe Glykolyse
gewonnene Energie reicht in keinem Entwicklungsstadium aus, um die durch Atmung gewonnene Energie energetisch zu ersetzen. Die anaerob entstehende Milchsäure ist für die Hemmung der Furchung nicht verantwortlich.
S
auerstoffmangel verzögert die frühembryonale
Entwicklung von Molch- und Hühnchenkeimen
und führt zur Entstehung von Mißbildungen, wie
systematische Untersuchungen von B ü c h n e r und
seinen Mitarbb. ( M a u r a t h , R e h n , R ü b s a a m e n , R o t h w e i l e r , S c h e l l o n g und B ü c h n e r ) zeigten
Die Art der entstehenden Mißbildungen hängt von dem Zeitpunkt ab, zu welchem
der Sauerstoff entzogen wird. Sie ist also phasenspezifisch. Messungen zeigten, daß auch bei äußerlich
normal erscheinenden Tritonlarven, welche sich unter
ungünstigen Bedingungen entwickelten, die einzelnen
Körpermaße in verschieden hohem Grade reduziert
sind ( M a n g o l d und W a e c h t e r ) 7 .
Vor zwei Jahren teilten wir Versudie über die Einwirkung von Blausäure auf die Entwicklung des Alpenmolches mit H. Durch partielle Reduktion der At-
1 F.
- F.
[1955],
; F.
>
Wschr.
4 F.
long,
B ü c h n e r , Klin. Wschr. 26, 38 [1948],
B ü c h n e r , Münchener med. Wschr. 97, 1673
B ü c h n e r , J. M a u r a t h u. H. R e h 11 , Klin.
S. 137 [1946].
B ü c h n e r , H. R ü b s a a m e n u. G. S c h e l Naturwissenschaften 40, 628 [1953].
mung traten je nach der HCN-Konzentration wie
beim Oo-Entzug verschiedengradige Mißbildungen
und Entwicklungs-Verzögerungen auf. Messungen ergaben, daß die Körpermaße ebenso wie bei den
Versuchen von M a n g o l d und W a e c h t e r reduziert waren. Bis zum Ende der Neurulation mit HCN
behandelte Keime vertrugen höchstens eine Konzentration von 0,5 • 10 4 Mol// (Atmungshemmung 3 0 % ) .
Bei dieser Konzentration starben innerhalb von 15 Tagen 5 6 % der Versuchskeime ab. 3 9 % wiesen Mißbildungen auf, erreichten jedoch das Schlüpfalter, 5 %
waren äußerlich normal. Bei höheren HCN-Konzentrationen gingen die Keime im Blastula- oder Gastrulastadium, das sie mit Verzögerung erreichten,
ein.
Wir haben nun untersucht, ob die Entwicklung der
5 H. R ü b s a a m e n , Roux' Arch. Entwicklungsmechan.
Organismen 143, 615 [1948]; 144, 301 [1950].
(i G. S c h e l l o n g ,
Beitr. pathol. Anatom, allg. Pathol. 114, 212 [1954].'
7 O. M a n g o 1 d u. H. W a e c h t e r , Naturwissenschaften 40, 328, 595 [1953],
8 H. T i e d e m a n n u. H. T i e d e m a n n , Z. Naturforschg. 9 b , 371 [1954],
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
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Keime von Triton alpestris während der ersten Furchungssehritte überhaupt nicht gehemmt wird oder ob
die jungen Keime wie die älteren gegen Blausäure
empfindlich sind, wenn auch vielleicht in geringerem
Maße. Außerdem erstreckten sich unsere Untersuchungen auf die Atmung und Glykolvse der Molchkeime,
um die Beziehungen zwischen den Entwicklungsvorgängen und der durch Atmung und Glvkolyse gelieferten Energie zu klären.
Anordnung der Versuche
Die Atmung sowie die Hemmung der Atmung durch
HCN wurden manometrisch in der schon beschriebenen
Weise nach der Methode von K r e b s gemessen. Daneben
wurde bei einigen Versuchen auch die Methode von
R o b b i e 9 [Ca(CN)„ + Ca(OH)., im Einsatz] angewendet. Beide Methoden ergaben innerhalb der Fehlergrenzen gleiche Werte.
Der O.,-Verbrauch wurde außerdem nach der elektrochemischen Methode von T ö d t 1 0 bestimmt. Diese Methode wurde in letzter Zeit in zunehmendem Maße audi
bei biologischen Objekten angewandt. Dabei wird ein
Diffusionsstrom gemessen, welcher der Menge an gelöstem O., proportional ist. Die Meßapparatur bestand aus
einem 15,5 cm3 fassenden Gefäß, in welches eine Platinelektrode (Kathode) und eine Bleielektrode (Anode) mit
Schliffen eingesetzt waren. Die Bleielektrode war durch
ein Diaphragma aus gesintertem Glas von der Untersuchungslösung (dest. Wasser oder
-Phosphatpuffer) abgeschlossen. Der Strom wurde mit einem Multiflex-Galvanometer (Empfindlichkeit 2 • 10"7 A mm) gemessen. Der
Stromkreis wurde bei den längerdauernden Versuchen nur
jeweils zu den Messungen geschlossen. Bei Versuchen
mit HCN-Lösungen erreichte der Strom erst ca. 15 Min.
nach dem Einschalten den Endwert. Dies konnte aber
durdi Verwendung von Goldamalgamelektroden nach
T ö d t 1 1 vermieden werden. — Die Lösungen wurden
mit einem Magnetrührer gerührt. Eine Zerstörung von
Keimen durch zu schnelles Rühren muß vermieden werden, da die Elektroden dann vergiftet werden können.
Zu Beginn der Versuche wurden die Lösungen mit Luft
gesättigt. Sauerstoffärmere Mischungen wurden nicht verwendet, da eine durch HCN bedingte partielle Atmungshemmung z. T. übersehen wird, wenn die zentral gelegenen Gewebebezirke vor der Zugabe von HCN keinen O., mehr erhalten haben.
Zur Messung der anaeroben Glvkolyse wurde die
Milchsäurebildung der mit 10 -3 -m. HCN behandelten
Keime nach verschiedenen Zeiten (1, 2 und 3 Stdn.) bestimmt. Innerhalb der ersten Stdn. steigt die Milchsäureproduktion etwa linear an. Der 1. Stundenwert, der auch
die aerob gebildete Milchsäure enthielt, wurde von den
nach 2 und 3 Stdn. gemessenen Werten abgezogen. Die
9 W. A. R o b b i e , J. cellular comparat. Phvsiol. 27,
181 [1946].
19 F. T ö d t , Angew. Chem. 67, 266 [1955],
11 K. D a m a s c h k e , L. R o t h b ü h r
u. F. T ö d t ,
Z. Naturforschg. 10 b, 215 [1955],
angeführten Werte geben also die anaerobe Glykolyse
in der 2.—3. Stde. nadi Zugabe von HCN an.
Die Milchsäureproduktion wurde in cmm Mildisäure
(1 Mol Milchsäure
22,4 Liter) pro mg Trockengewidit
und Stde. (<?mHCN) berechnet.
Unter Stickstoff (mit < 0 , 0 1 % O J gemessene Werte
für die Glykolyse waren nach 3 Stdn. Incubationsdauer
etwas kleiner als die mit 10":!-m. HCN bestimmten, da
es wegen der geringen Atmung der Keime längere Zeit
dauert, bis der Rest-Sauerstoff aus der Lösung verbraucht
ist und die Glykolyse die volle Höhe erreicht.
Milchsäure wurde nach der Methode von S u m m e r s o n und B a r k e r 1 2 bestimmt. Enteiweißt wurden die
Versuchsansätze (2 cm:! mit je 20 Keimen) nach dem
Homogenisieren entweder durch 10 Min. langes Erhitzen
auf 90° oder mit Natriumwolframat-Schwefelsäure. Das
letzte Verfahren wurde auch von L o h m a n n 13 bei der
Bestimmung von Muskelmilchsäure angewendet. Die
Rüdestände wurden mit Wasser nachgewaschen und die
vereinigten Lösungen auf 4,5 cm3 aufgefüllt. Bei der Bestimmung wurde also sowohl die in den Keimen enthaltene Milchsäure als auch die kleine Menge (s. S. 671) der
durch die Hüllen an das Medium abgegebenen Milchsäure erfaßt.
Die nach dem 2. Enteiweißungs-Verfahren erhaltenen
Werte, welche gegenüber dem ersten Verfahren um 5 bis
10% höher lagen, wurden für die Berechnung von
Q M H C N verwendet.
Die von den Keimen gebildete Mildisäure wurde
außerdem papierchromatographisch identifiziert. (Zweidimensionales Verfahren; Lösungsmittelsystem : Äthanol
: Ammoniak : Wasser / 16 : 1 : 3, 15 Stdn. absteigend;
Äther : Eisessig : Wasser / 14 : 1 : 1, 4 Stdn. aufsteigend,
20° C.)
Das Trockengewidit von 20 Tritonkeimen (enthüllt) beträgt 17,9 mg, von 20 Xenopuskeimen 8,7 mg. 20 Tritonkeime nehmen ohne Hüllen ein Volumen von 60 cmm
ein, 20 Xenopuskeime ein Volumen von 33 cmm.
Atmung und Hemmung der Atmung durdi HCN
Die manometrisch ermittelten Atmungsgrößen für
die ersten Furchungsstadien gehen aus Tab. 1 hervor. Einige Versuche wurden mit Eiern des Krallenfrosches (Xenopus laevis) ausgeführt, die übrigen mit
Eiern des Alpenmolches (Triton alpestris). Die ziemlich große Variation der Qo 2 -Werte (cmm 0 2 / mg
Trockengew. • Stde.) der einzelnen Versuche ist neben
individuellen Schwankungen wahrscheinlich auch dadurch bedingt, daß der Meßfehler bei der geringen
Atmung der jungen Stadien verhältnismäßig groß
ist. Als Mittelwert ergab sich für das 2 — 8 ZellstaI cmmOo
dium von Triton
Eier
des
alpestris
Krallenfrosches,
Qo 2 ( mg-Stde
welche
sich
\
)
=
0,13.
wesentlich
schneller als Molcheier entwickeln, haben in den ent12 J. B. B a r k e r
u. W. H. S u m m e r s o n , J. biol.
Chemistrv 138, 535 [1941],
13 K. L o h m a n n , Biochem. Z. 237, 451 [1931].
100
[ % Od
21
ohne HCN
ohne HCN
100
21
21
21
10-4-m.
HCN
10- 4 -m.
10-3-/,,.
HCN
10-2-m.
HCN
Triton
0.124
0,121
0,116
0,117
0,141
0,152
0,111
0,136
0.128
0,580
2—64—Zellstadien
0,141
0,152
Mittelwert
0,146
0,600
Schwanzknospen-Stadien
0,080
0,086
HCN
alpestris
0,064
0,076
0.082
0,083
0,074
0,255
0,035
0,032
0,036
0,034
0,035
Xenopus laevis
2—64—Zellstadien
Morula
Gastrula-Neurula
0,248
0,347
1,24
0,062
0,071
0,037
Tab. 1. Atmung bei verschiedenen HCN-Konzentrationen und verschiedenem Ü3-Partialdruck (Temp. 25° C),
QUo (cmm Oj/mg Trockengew. • Stde.).
2 - 8 Zellstd. **
Atmungsrest
n
1-10-4-m.
gemessen [°/o]
berechnet* [%]
HCN
57
MO-3-m.
HCN
23
Gastrula-Neurula ***
1 • 10*4
HCN
-m.
53
12
1-10-3-111.
Schwanzknospen-Stadium
1-10-4-m.
HCN
HCN
10,0
44
10,5
1-10-3-m.
HCN
6
7
Tab. 2. Atmungsrest n in % der nicht gehemmten Atmung bei verschiedenen Keim-Stadien von Triton alpestris; gemessene und berechnete Werte.
* Mit den K-Werten der Konzentration 1 • 10 ~4-m. HCN. * * Der Berechnung müssen die mit 100% Oi gemessenen Werte (s. Tab. 1)
zugrunde gelegt werden, da bei unzureichender Oj-Versorgung die HCN-Hemmung teilweise verdeckt wird. * * * Die Werte sind der
Tab. 2 der Arbeit: H. T i e d e m a n n u. H. T i e d e m a n n , Z. Naturforschg. 9 b, 373 [1954], entnommen.
sprechenden Stadien eine etwa doppelt so große Atmung. Bei verschiedenen IICN-Konzentrationen für
die Atmung gemessene Werte gehen ebenfalls aus
Tab. 1 hervor.
Nach W a r b u r g 1 4 gilt für die Hemmung der Atmung die einfache Formel
1-n • CHCN = K. n ist der
nicht gehemmte Teil der Atmung, l-?i der gehemmte
Teil, CIIE.V die Blausäurekonzentration und K die
Dissoziationskonstante. Wenn K bekannt ist, kann die
Atmungshemmung für eine beliebige HCN-Konzentration nach dieser Formel errechnet werden. Gemessene und errechnete Werte für zwei verschiedene
HCN-Konzentrationen und verschiedene Entwicklungsstadien des Alpenmolches enthält Tab. 2.
Wie aus der Tab. 2 hervorgeht, wirkt HCN im GaO. W a r b u r g , Schwermetalle als Wirkungsgruppen von Fermenten, Berlin 1946.
14
strula-, Neurula- und Schwanzknospenstadium stärker hemmend als in den ersten Furchungsstadien. Bei
letzteren beträgt der Atmungsrest unter 10~3-m. HCN
im Durchschnitt 2 3 % , bei ersteren 6—10 Prozent.
Die HCN-Konzentration, welche 5 0 % Hemmung der
Atmung bewirkt, ist für 2 — 8 Zellstadien von Triton
alpestris
etwa 1,3 • 10~4-m., für Schwanzknospen-Sta-
dien 0,8 • 10~4-m.
Durch 10~"'-m. HCN wird die Atmung noch stärker
gehemmt als durch 10 *-m. HCN (s. Tab. 1 bei Xenopus,
2 — 6 4 Zellstadium). Der dem absoluten Wert
nach sehr kleine Atmungsrest beträgt
dann etwa
1 5 % der Gesamtatmung.
Versuche mit noch höheren HCN-Konzentrationen
sind aus methodischen Gründen nicht möglich. Außerdem macht sich bei hohen Konzentrationen die Reaktion der Blausäure mit Intermediärprodukten des
Stoffwechsels (vor allem Keto- und Aldehydsäuren)
störend bemerkbar *.
Ein Versuch mit unbefruchteten Eiern vom Axolotl
zeigte, daß deren Atmung durch 10 ''-m. HCN um ca.
8 0 % gehemmt wird.
Die Wirkung von 10 :1-m. HCN auf die Atmung
von 2—16-Zellstadien haben wir auch nach dem
elektrochemischen Verfahren von T ö d t gemessen.
Wie aus Abb. 1 hervorgeht, ergaben diese Versudie
ebenfalls eine Hemmung
Blausäure.
der Oo-Aufnahme
durch
Die geringere HCN-Hemmung der Atmung der ersten
Furchungsstadien kann dann nicht allein auf eine unvollständige Sättigung der Fermente zurückgeführt werden. Sie könnte vielleicht dadurch bedingt sein, daß in
jungen Keimen ein Teil des Atmungsfermentes eine geringere Affinität zu HCN hat. So ließe es sich auch erklären, daß berechnete und gemessene Werte für die
Atmungshemmung in den frühen Entwicklungsstadien
nicht so gut übereinstimmen wie im Gastrula- und
Schwanzknospen-Stadium (s. Tab. 2).
Wesentlich ist jedenfalls, daß auch die Atmung der unbefruchteten Eier und der ersten Furchungsstadien durch
HCN gehemmt wird.
Um festzustellen, ob die Atmung vom 0 2 -Partialdruck abhängig ist, haben wir die Atmung in reinem
0 2 und in Luft gemessen. F ü r Schwanzknospen-Stadien war die Atmung bei beiden Versuchsanordnungen gleich, für die ersten Furdiungsstadien war sie
jedoch in reinem 0 2 um 1 0 — 2 0 % gesteigert (siehe
Tab. 1).
W i e man berechnen kann 19 , werden Tritoneier bei
einem 0 2 - G e h a l t von 21 % nicht bis zur Keimmitte
Stdn. —
Abi). 1. Oo-Verbraueh von normalen und mit 10"3-m. HCN
behandelten Eiern von Triton alpestris während der
ersten 8 bzw. 15 Stdn. der Entwicklung nach elektrochemischen Messungen. Die Kurven geben die Abnahme
des 0_>-Gehaltes der Lösung an. Oo-Gehalt der Ausgangslösung
100 Prozent.
Unsere Ergebnisse sollen nun mit den Versuchen von
Runnström
an Seeigeleiern verglichen werden.
R u n n s t r ö m 1 5 fand, daß die kleine Atmung der unbefruchteten Seeigeleier durch HCN und durch CO weniger gehemmt wird als die große Atmung der befruchteten Eier und führte dies nach W a r b u r g 15a darauf
zurück, daß bei den unbefruchteten Eiern das Atmungsferment nicht mit Substrat gesättigt ist. Die Formel lautet dann
^ ^" •
= K . e ist der Sättigungsgrad, den
t)
• dem
i
7 i ..,. . Atmung
n u n n s tir o•m
\* erhaltnis
^ der unbefr. Eier
Atmung der befrucht. Eier
gleichsetzte. Diese Anschauung R u n n s t r ö m s hat den
Vorzug, daß sie die beobachteten Tatsachen in einfacher
Weise auf eine einzige Ursache zurückführt.
Bei Molch- und Froscheiern steigt die Atmung nach der
Befruchtung erst im Verlauf mehrerer Tage langsam an.
B o e 11 1 6 - l s hat dabei eine Aktivitätssteigerung der Cytochromoxydase und Bernsteinsäure-Dehydrase nachgewiesen, welche wahrscheinlich durch eine Vermehrung dieser Fermente bedingt ist und den Anstieg der Atmung
erklärt.
* Die Reaktion von HCN mit Diphosphopvridinnucleotid spielt bei der angewandten HCN-Konzentration im
physiologischen p(1-Bereich keine Rolle 18a .
15 J. R u n n s t r ö m , Protoplasma 10, 106 [1930],
15« O. W a r b u r g , Biol. Zbl. 189, 354 [1927],
iß E. J. B o e 11, J. exp. Zoology 100, 331 [1945],
mit 0 2 versorgt, während dies in reinem Oo der Fall
ist. Die Steigerung der Atmung der ersten Furchungsstadien in 1 0 0 % 0 2 kann so erklärt werden.
Bei Gastrula-, Neurula- und Schwanzknospen-Stadien liegen kompliziertere Verhältnisse vor, da die
Struktur der Keime und die unterschiedliche Atmungsgröße für verschiedene
sichtigt werden müssen 8 .
Keimbezirke berück-
Glykolyse
Außer der Atmung wurde auch die aerobe und
anaerobe Glykolyse verschiedener Keimstadien gemessen, um zu ermitteln, wie weit die Glykolyse die
Atmung energetisch vertreten kann.
Aerob enthalten die Keime nur wenig Milchsäure.
Ihre Konzentration ist von den ersten Furdiungsstadien bis zum Schwanzknospen-Stadium annähernd
konstant und beträgt bei Tritonkeimen 0,6—0,9
//Mol/cm3. Bei Xenopuskeimen ist sie etwa doppelt
so hoch. Sowohl Triton- als auch Xenopuskeime haben also keine oder nur eine sehr kleine aerobe Glykolyse. Offenbar reagiert etwa ebensoviel Milchsäure,
wie aus Brenztraubensäure durch Milchsäure-Dehvdrogenase aerob gebildet wird, wieder zurück.
Auch Keime von Rana pipiens haben nur eine sehr geringe aerobe Glykolyse 20 . Ebenso verhalten sich nach
i7 E. J. B o e 11 , Ann. N. Y. Acad. Sei. 49, 773 [1948].
i s E. J. B o e l l in: Analysis of Development, S. 543,
Philadelphia und London 1955.
isa S. P. C o l o w i c k , N. O. K a p l a n u. M. M.
C i o 11 i , J. biol. Chemistrv 191, 447 [1951],
i« E. N. H a r v e v , J. gen. Phvsiol. 11, 469 [1928].
Versuchen, welche W a r b u r g und Mitarbb. 21 ausgeführt haben, Hühner- und Rattenembryonen. In Ringerlösung bilden Rattenembryonen auch aerob Milchsäure.
Die aerobe Glykolyse war jedoch auch bei sehr jungen
Embryonen klein, wenn bei uneröffneter Fruchtblase gemessen wurde. Die bei Säugetier-Embryonen in Ringerlösung auftretende aerobe Glykolyse ist auf eine Schädigung durch das unphysiologische Milieu zurückzuführen. — Molch- und Froschkeime sind für diese Versudie
gut geeignet, da die Messungen ohne Schwierigkeit unter
physiologischen Bedingungen durchgeführt werden können.
F ü r unbehandelte Keime ergibt sich eine diarakte-
D e r Wert für die anaerobe Glykolyse beträgt bei Tri-
reicht hatten (s. Abb. 2, Kurve I). Die weiteren Tei-
tonkeimen im 2 — 8 Zellstadium Q M h c n = 0 , 0 9 — 0 , 1 0 .
Bis zum Blastulastadium steigt der Wert auf 0,18 bis
0,22 an und fällt bis zum
Sdiwanzknospen-Stadium
den Absätze entsprechen dem Zeitpunkt, zu welchem
alle Keime das 2- bzw. 4-Zellstadium erreicht haben.
Die erste Furchung beginnt je nach der Temperatur
5 — 5 V i Stdn. nach der Ablage der Eier. D a die für
einen
Versuch
verwendeten
Eier
innerhalb
einer
Stde. abgelegt worden waren und zur gleichen Zeit
abgelegte Eier sich etwa gleichzeitig teilen 2 2 a , dauerte
es eine Stde., bis alle Eier das 2-Zellstadium
er-
lungsschritte folgten in einem Abstand von IV4 Stdn.
aufeinander.
Um festzustellen, inwieweit die Furchung
durdi
H C N verzögert wird, wurden Tritoneier in 10 3 -m.
wieder etwas ab.
QMhcn
ristische Treppenkurve (s. Abb. 2, Kurve I). Die bei-
ist für Xenopuskeime im Morulastadium
100% 8-Zellstad.
0,16. Die anaerobe Glykolyse steigt während der Entwicklung stärker an als bei Molchkeimen, erreicht im
Gastrulastadium einen Wert von Q M h c n = 0,50 bis
0,60 und fällt dann ebenfalls wieder etwas ab.
Atmung (Qu->) und anaerobe Glykolyse
von Triton
alpestris
(QMhcn)
sind also im 2 — 3 2 Zellstadium
numerisch etwa gleidi groß, im Gastrulastadium ist
die Atmung 2—3-mal größer als die Glykolyse. Bei
Xenopus-Gastrulen
ist die Glykolyse im Verhältnis
zur Atmung etwas größer als bei Triton.
Auf die
energetisdien Verhältnisse soll später in der Besprechung eingegangen werden.
B o e l l , N e e d h a m und R o g e r s 2 2 haben die anaerobe Glykolyse für das ventrale Ectoderm und die
dorsale Urmundlippe von Triton alpestris und Rana temporaria gemessen. Bei Triton alpestris war
für die
dorsale Urmundlippe 0,42, für das ventrale Ectoderm
0,14. Die entsprechenden Werte für Rana temporaria lagen höher (0,63 bzw. 0,21).
C o h e n 2 0 fand bei Rana pipiens sehr hohe Werte für
die anaerobe Glykolyse. In den ersten Furchungsstadien
sind sie 4-mal so groß, im Gastrulastadium etwa doppelt
so groß wie die Atmungsquotienten.
Verzögerung der Furchung durch H C N
Der Ablauf der Furchungsteilungen wurde bei je
20 Eiern des Alpenmolches, die innerhalb einer Stde.
abgelegt worden waren, in Abständen von 15 bis
30 Min. beobachtet. In Abb. 2 ist ein Versuchsbeispiel
dargestellt. Als Abszisse wurde die Zeit seit der Ablage der letzten für diesen Versuch verwendeten Eier
Stdn. nach Eiablage —*•
Abb. 2. Verzögerung der ersten 3 Furchungsteilungen von
Triton alpestris durch 10~3-m. HCN. Beginn der HCNEinwirkung verschieden lange Zeit nach der Eiablage
(Kurven II—IV).
H C N aufgezogen (s. Abb. 2, Kurve II, I I I und IV).
Bei dem in Kurve II dargestellten Versuch wurden
die Keime V2 Stde. vor Beginn des ersten Teilungsschrittes in 10~3-m. H C N gebracht. Schon der erste
Teilungsschritt
ging
langsamer
vonstatten
und
brauchte bis zu seinem Ende 2 Stdn., statt 1 Stde.
wie bei den Kontrollen. Der zweite Teilungsschritt
begann 3 A Stdn. nadi der Kontrolle und war bei Versuchsende erst zu 2/3 beendet. — Bei dem Versuch
der Kurve I I I kamen die Keime unmittelbar vor Beginn der ersten Furchungsteilung in die
HCN-Lö-
sung. Die Keime benötigten 15 Min. mehr, um das
2-Zellstadium zu erreichen, als die Kontrollkeime. D e r
darauf folgende Teilungsschritt war stärker verzögert
und bei Versuchsende noch nidit beendet.
aufgetragen, als Ordinate die Prozentzahl der Keime,
In einer vierten Versuchsreihe (s. Abb. 2, Kurve IV)
welche das 2-, 4- oder 8-Zellstadium erreicht haben.
wurden die Keime unmittelbar nach Beendigung der
2«
A. I. C o h e n , cit. nach L. G. B a r t h u. L. J.
B a r t h , The Energetics of Development. S. 32, New
York 1954.
21 O. W a r b u r g , Über den Stoffwechsel der Tumoren. S. 131, 228, Berlin 1926.
ersten Furchung in die HCN-Lösung gebracht. Diese
22 E. J. B o e l l , J. N e e d h a m
u. V. R o g e r s , Proc.
Roy. Soc. [London], Ser. B 127, 322 [1939],
2 2 a W.
S c h ö n m a n n , Roux' Arch. Entwicklungsmechan. Organismen 138 [1938].
Keime erreichten das 4-Zellstadium zur gleichen
Zeit wie die Kontrollen. Die Verzögerung setzte erst
beim nächsten Teilungsschritt ein.
In anderen Versuchen wurden die Keime IV2 Stdn.
vor der ersten Teilung in 10 3 -m. HCN gebracht. Dadurch wurde der Beginn der ersten Furchung um
1 Stde. verzögert.
Die den behandelten Keimen entsprechenden Kurven folgen zunächst noch den Kontrollkurven. Die
Verzögerung der Furchung setzt also bei der Mehrzahl der Keime erst nach einer Latenzzeit ein (IV2
bis 2 Stdn.). Der weitere Kurvenverlauf ist dann nicht
nur flacher, sondern auch ohne die charakteristischen
Absätze der Kontrollkurven. Dies ist wahrscheinlich
auf eine verschiedene individuelle Empfindlichkeit der
Keime gegen HCN zurückzuführen, welche schon in
f rüheren Versuchen zum Ausdruck kam 7> 8 .
Betrug die HCN-Konzentration nur 10~4 Mol//, so
wurde die Furchung in geringerem Maße als bei der
höheren HCN-Konzentration verzögert. Keime, welche 2 Stdn. vor Beginn der ersten Furchungsteilung
in 10~4-m. Blausäurelösung kamen, erreichten das 8Zellstadium 45 Min. später als die Kontrollen.
Bei längerer Beobachtungsdauer zeigte sich, daß
mit 10~3-m. HCN behandelte Keime meist schon im
32-Zellstadium, welches sie nach etwa doppelt so langer Zeit wie die Kontrollen erreichten, abstarben.
Wirkung von Milchsäurelösungen auf Molchkeime
Die äußere Keimhülle und das Dotterhäutchen sind
für Milchsäure weitgehend undurchlässig, wie Milchsäurebestimmungen an enthüllten und nicht enthüllten
Keimen zeigten. Die anaerob gebildete Milchsäure häuft
sich deshalb in den Keimen an. Um festzustellen, ob dadurch eine Schädigung der Keime und Verzögerung ihrer
Entwicklung herbeigeführt wird, wurden enthüllte Keime
mit Milchsäurelösungen bekannter Konzentration behandelt. 2-Zellstadien entwickelten sich in Milchsäurelösungen
der Konzentration 3,5—4,5 mMol// mindestens 3 Stdn.
im Rhythmus der Kontrollen weiter. Später starben sie
ab. Da von den mit 10 3-m. HCN behandelten ersten
Furchungsstadien pro cm3 Keime und Stde. ca. 100 bis
120 y Milchsäure gebildet werden, wird diese Milchsäurekonzentration nach etwa 3 Stdn. in den Keimen erreicht.
In 10~4-m. HCN-Lösung wird nur etwa V2—V3 soviel
Milchsäure gebildet. Die Entwicklungsverzögerung setzt
bei den mit 10":!-m. HCN behandelten Keimen aber schon
nach D/2 Stdn., bei einer HCN-Konzentration von 10"4
Mol// nach 3—4 Stdn. ein. Es ist also unwahrscheinlich,
daß die in den Keimen sich ansammelnde Milchsäure für
die Entwicklungshemmung der ersten Furchungsstadien
verantwortlich ist. Außerdem ist zu bedenken, daß die
23 L. G. B a r t h u. L. J. B a r t h , The Energetics of
Development, S. 34, New York 1954.
in großem Überschuß von außen auf die Keime einwirkende Milchsäure durdi das „Auswaschen" von Puffersystemen schon bei niedriger Konzentration sdiädigend
wirken könnte. Dagegen könnten sich bei längerer Anaerobiose durch 0.,-Mangel und durch Milchsäure bedingte Schäden überlagern.
Wir haben weiter untersucht, ob während und nach
der Gastrulation durch geringe HCN-Konzentrationen
(0,5 • 10"4-m. und 0,25 • 10~4-m.) verursachte Entwicklungsschäden durch Erhöhung der Milchsäurekonzentration in
den Keimen bedingt sein könnte. Dies ist jedoch nicht der
Fall. Milchsäurebestimmungen ergaben, daß auch nach
mehrtägiger Einwirkung von 0,5 • 10~4-m. und 0,25 • 10 4-m.
HCN die Milchsäurekonzentration in den Keimen keine
Werte erreichte, die schädigend wirken könnten.
Besprechung der Ergebnisse
W7ie unsere Versuche zeigten, wird auch die Atmung der ersten Furdiungsstadien von Triton
alpestris durch HCN gehemmt. Die Atmung ist zu Beginn der Entwicklung gegen HCN jedoch weniger
empfindlich als in den späteren Entwicklungsstadien.
So wird die Cb-Aufnahme der ersten Furchungsstadien durch 10~3-m. HCN um etwa 7 5 % , die der
Schwanzknospen-Stadien um etwa 9 0 % reduziert. Mit
der Hemmung der Atmung durdi HCN geht auch
eine Verzögerung der Furchung einher, die IV2 bis
2 Stdn. nach dem Beginn der HCN-Behandlung einsetzt. Die Atmung ist also für den normalen Verlauf
der Furchung unbedingt erforderlich.
Versuche über die Entwicklung von Froscheiern
unter anaeroben Bedingungen teilten B a r t h 23 ,
B r ä c h e t 2 4 und B a r n e s 2 5 mit. B a r t h fand, daß
die Eier von Rana pipiens sich unter Stickstoff langsamer entwickelten als die unter Luft aufgezogenen
Kontrollen. Die Entwicklung war jedoch nicht verzögert, wenn die Keime sich vom Stadium der mittelzelligen bis feinzelligen Blastula (Stadium 8 — ) bis
zur späten Gastrula (Stadium 11 + ) in Gefäßen befanden, die 9 5 % Stickstoff und 5 % Luft als Gasphase
enthielten, trotzdem die Atmung dann um etwa 7 0 %
gehemmt war.
Da die Keime nicht länger beobachtet wurden, ist
über das Auftreten von Mißbildungen nichts bekannt.
Aus dem letzten Versuch können auch keine Schlüsse
über den Energiebedarf bei der Gastrulation gezogen werden, da die peripher gelegenen Keimbezirke
unvermindert atmen. Anoxämische Bezirke entstehen
nur im Innern der Keime nach Überschreitung der
Grenzdicke der CL-Versorgung. Die Verhältnisse sind
also recht kompliziert und noch nicht zu beurteilen.
24 J. B r ä c h e t . Arch, de Biol. 45, 603 [1934],
25 M. R. B a r n e s , J. exp. Zoology 95, 399 [1944b
B r a c h e t behandelte Eier von Rana
10
:i -m.
fusca
mit
KCN-Lösung. Die Entwicklung wurde ver-
zögert. und die Keime starben im Blastulastadium ab.
Die
5
Hemmung
Stdn.
nach
der
Furchung
Beginn
der
setzte
jedoch
erst
KCN-Behandlung
ein.
/cmm Milchsäure j
mit 1>0_1>5>
/cmmQ*
) aber
1 mg-Stde./
\ mg • Stde.
/
mit 6 — 7 multipliziert werden. Die Rechnung ergibt,
daß bei Tritonkeimen die Glykolyse in keinem Stadium ausreicht, um die Atmung energetisch zu er-
Entwicklung im Blastulastadium zum Stillstand kam.
setzen. Bei Keimen von Rana pipiens sollte die anaerobe Glykolyse die Atmung in den ersten Stdn. der
Bei Froscheiern scheint die Latenzzeit bis zum Be-
Entwicklung energetisch annähernd ersetzen können,
ginn der Furchungsverzögerung also länger zu sein
im Gastrulastadium liefert die Atmung aber auch
bei diesen Keimen mehr Energie als die an-
B a r n e s fand bei Keimen von Rana pipiens,
daß die
und die Entwicklung anaerob etwas weiter zu gehen
als bei den Keimen des Alpenmolches. Vielleicht ist
dies darauf zurückzuführen, daß Froscheier eine im
Verhältnis zur Atmung etwas größere anaerobe Glykolyse haben als Molcheier. In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, daß sowohl Molchkeime als auch Froschkeime in späteren Stadien (Gastrula, Neurula), in welchen die anaerobe Glykolyse
im Verhältnis zur Atmung kleiner wird, gegen HCN
empfindlicher sind als in den ersten
Furchungssta-
dien. Dies spricht dafür, daß in frühen Entwicklungsstadien, in welchen noch keine Gewebe- und Organdifferenzierung stattfindet, die für die Furchung erforderliche Energie teilweise
auch durch Glykolyse ge-
liefert werden kann. Außerdem ist aber zu beachten,
daß die Atmung der ersten Furchungsstadien, wie erwähnt, durch die gleiche HCN-Konzentration etwas
weniger gehemmt wird als die Atmung später Stadien.
Bei einem energetischen Vergleich * von Atmung
und Glykolyse muß berücksichtigt werden, daß diese
als energieliefernde Vorgänge nicht gleichwertig sind.
Sowohl bei der Atmung als auch bei der Glykolyse
dient die freie Energie dazu, anorganisches Phosphat
in energiereiche Nucleosidtriphosphate überzuführen.
Die Ausbeute an „energiereichen" Verbindungen ist
jedodi verschieden.
Bei
der
Glykolyse
werden
pro
Mol
gebildeter
Milchsäure 1,5 Mol A T P gewonnen, wenn Glykogen
abgebaut wird (dies trifft für Molch- und Froschkeime
wahrscheinlich zu) 2 ( i , 1 Mol ATP, wenn freie Glucose
abgebaut wird 1 1 . Bei der oxydativen Phosphorylierung entstehen dagegen nach den übereinstimmenden Ergebnissen verschiedener Messungen
28- 29
pro
Mol verbrauchten ü> maximal 6 — 7 Mol ATP. Um
die nutzbare Energie zu vergleichen, muß Q.\I h c n
* Auf die Bedeutung von Intermediärprodukten, welche
bei Atmung und Glykolyse auftreten, für den Aufbau von
Zellmaterial soll hier nicht eingegangen werden.
-(i S. L o v t r u p , C. R. Trav. Lab. Carlsberg, Ser.
physiol. 28, 371 [1953]; 28. 400 [1953], dort weitere Literatur.
-7 O. W a r b u r g , Wasserstoffübertragende Fermente,
Berlin 1948.
H. A. K r e b s , Biochem. J. 54, 107 [1953].
aerobe Glykolyse. Nadi W a r b u r g reicht auch beim
Rattenembryo die anaerobe Glykolyse nicht aus, um
die durch Atmung gewonnene Energie zu ersetzen
30 .
Wie schon erwähnt wurde, setzt die Verzögerung
der Furchung bei HCN-Behandlung erst nach einer
Latenzzeit
ein (s. S. 671), trotzdem die Hemmung
der Atmung viel schneller die volle Höhe erreicht,
wie sich aus den manometrischen Messungen ergab.
Die Atmung oder zumindest der durch H C N gehemmte Hauptteil der Atmung ist also für den Ablauf der Furchung nicht unmittelbar erforderlich, sondern es sind wahrscheinlich Stoffwechselvorgänge,
welche die Zellteilung vorbereiten, von der Atmung
abhängig.
Hierbei könnte es sich um die Synthese energieübertragender Verbindungen (ATP, Phosphokreatin)
handeln, da die Konzentration von Adenosintriphosphat in den Keimen unter anaeroben Bedingungen
abnimmt 3 ü a . Doch werden wahrscheinlich audi noch
andere von der Atmung abhängige Stoffwechselvorgänge für das Eintreten der Zellteilung notwendig
sein.
Stich31
untersuchte den Einfluß von HCN auf
die Entwicklung des Polychaeten Sabellaria
spinulosa. Er kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Durch
10 :)-m. HCN wird die erste und zweite Reifungsteilung nicht gehemmt, die Weiterentwicklung kam
dann aber vollständig zum Stillstand.
Aus den bisherigen Versuchen kann aber nicht geschlossen werden, daß die Glykolyse die Teilung normaler Zellen besonders fördert. Auch aus den Messungen von O ' C o n n o r 3 2 , der einen linearen Zusammenhang zwischen Glykolyse und Zahl der Mitosen
im Mittelhirn 3 bis 8 Tage alter Hühnerembryonen
-!> J. H. C o p e n h a v e r u. H. A. L a r d y , J. biol.
Chemistry 195, 225 [1952],
•"0 O. W a r b u r g , Naturwissenschaften 42, 401 [1955],
"ca H. T i e d e m a n n , Z. Naturforschg. 9 b, 801
[1954],
si H. S t i c h , Experientia [Basel] 10, 184 [1954].
32 R. S. O ' C o n n o r , Brit. J. exp. Pathol. 31, 390
[1950].
33 M. M. S w a n n in: Recent Development in Cell
Physiology, S. 185, London 1954.
fand, geht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen
Glykolyse und Mitose nicht hervor.
Interessante Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Atmung und Zellteilung an Seeigeleiern teilte S w a n n :i:! mit. Er benutzte Kohlenmonoxyd zur Hemmung der Atmung. CO reagiert mit
dem Ferroeisen der Cytochromoxydase. Die Bindung
ist nur im Licht von Wellenlängen stabil, welches von
dem Komplex nicht absorbiert wird. Durch Kohlenoxyd konnte also eine Hemmung oder Enthemmung
der Atmung herbeigeführt werden, wenn die Seeigeleier mit Licht von geeigneter Wellenlänge bestrahlt
wurden. Die Messungen ergaben, daß schon die erste
Furchung verzögert wurde, wenn die Hemmung nicht
später als 35—40 Min. nach der Befruchtung einsetzte. Wurde die Atmung erst später gehemmt, so
war erst die zweite Furchungsteilung gestört.
Die Arbeit wurde mit Unterstützung der D e u t s c h e n
F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t durchgeführt.
Elektronenmikroskopische Beobachtungen an der Cuticula
des L a u b m o o s e s Physcomitrium acuminatum
Von
LEOPOLD
BAUER
Aus dem Botanischen Institut der Universität München
(Z. Naturforschg. 11 !>, 673—675 [1956]; eingegangen am 24. November 1955)
Herrn Prof. Dr. F r i e cl l Weher
zum 70. Geburtstag
gewidmet
1. Die Cuticeln wurden nach Behandlung der Blattstücke mit 50-proz. Chromsäure gewonnen. Durch die Art der Präparation war es möglich, nicht nur die Cuticeln der Blattoberund -Unterseite, sondern auch die Innen- und Außenseite der Cuticularhäutchen zu unterscheiden.
2. Die Mooscuticula weist einen deutlichen Schichtenbau auf; die äußerste Schicht neigt zu
Rißbildungen und offenbart damit eine geringere Festigkeit. Es werden dafür „Verwitterungs"Erseheinungen verantwortlich gemacht.
3. Die Innenseite der Cuticula trägt flache warzige Erhebungen unbekannter Bedeutung.
4. In keinem Präparat wurden native Perforationen oder Poren gefunden.
I
m Gegensatz zur Zellulosemembran der Pflanzen
ist die Cuticula elektronenoptisch noch sehr unvollkommen untersucht worden. Das mag daran liegen, daß sich die Cuticeln vieler Pflanzen zur elektronenmikroskopischen Durchstrahlung nicht eignen.
Manche Autoren haben sich daher mit Oberflächenabdrücken beholfen b Als gut durchstrahlbar erwiesen sich die zarten Cuticeln von Wasserpflanzen, wie
Helodea, von Nektarien, von Hydropoten 2 und von
vielen Blütenblättern 3 . Im folgenden seien einige
eigene Beobachtungen mitgeteilt, die bereits vor einigen Jahren gemacht wurden *.
Verwendet wurde das Laubmoos
Physcomitrium
acuminatum.
Die Mooscuticeln erschienen besonders
* Die Aufnahmen wurden im Frühjahr 1953 im II.
physikalischen Institut der Universität München gemacht.
Für materielle Unterstützung bin ich Herrn Prof. Dr.
R o l l w a g e n und für freundliche Hilfe am Elektronenmikroskop Herrn Dr. K i n d e r zu großem Dank verpflichtet.
i L. E. M u e l l e r . P. H. C a r r and W. E. L o o m i s , Amer. J. Bot. 41, 593 [1954].
deshalb reizvoll zur Untersuchung, weil sie sehr dünn
sind und deshalb eine gute Durchstrahlbarkeit versprachen; mit lichtmikroskopischen Methoden ist ihr
Vorhandensein nicht immer mit Sicherheit nachzuweisen 4. Andererseits dürfte ihre Beschaffenheit mit
dem bekannten hohen Permeationswiderstand der
Außenwände der Mooszellen im Zusammenhang stehen 5 .
Die Präparation wurde folgendermaßen durchgeführt: Die Blattfläche wurde gemäß Abb. 1 zugeschnitten. Dann kamen die Blattstücke in 50-proz.
Chromsäurelösung 6 , wodurch die Cuticeln nach Zerstörung der Zellulose frei wurden. Sie schwammen
2 F. G e s s n e r u. G. V o l z , Planta 39, 171 [1951];
G. V o l z , Mikroskopie [Wien] 7,251 [1952],
3 G. B r i n g m a n n u. R. K ü h n , Z. Naturforschg.
10 b, 47, 317 [1955].
4 G. K r e s s i n , Diss., Greifswald 1935; W. L o r c h,
Anatomie der Laubmoose. In Handbuch d. Pflanzenanatomie, herausgeg. v. K. L i n s b a u e r , II. Abt., Bd.
VII 2.
5 R. B i e b 1 . Protoplasma 44, 73 [1954],
« U. R ü g e , Flora [Jena] 134, 311 [1940].
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