Positionspapier

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Verbandsbeschwerderecht
Grundsätzliches
Konzeption
Normalerweise sind nur Personen berechtigt, sich vor den Verwaltungsinstanzen oder vor
Gericht mittels einer Beschwerde gegen einen Projektentscheid zu wehren, die durch einen
Entscheid direkt betroffen sind und ein schutzwürdiges Interesse geltend machen können.
So ist beispielsweise ein Nachbar als Privater legitimiert, gegen ein Bauvorhaben, das auf
seiner Nachbarparzelle erstellt wird, Beschwerde einzureichen. Wer nicht für sich selbst,
sondern für ein allgemeines ideelles Interesse eintritt, dem fehlt die Legitimation für die
Einreichung einer Beschwerde.
Das
Verbandsbeschwerderecht
durchbricht
diesen
Grundsatz.
Die
Umweltschutzorganisationen haben ein so genanntes selbständiges Beschwerderecht, mit
dem sie ideelle Interessen vertreten. Sie sollen sozusagen Vertreter jener Bevölkerung sein,
die mangels unmittelbarer eigener Betroffenheit nicht zur Beschwerde fähig sind.
Vorkommen
In folgenden Gesetzen ist das Verbandsbeschwerderecht vorgesehen:
•
•
•
•
Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) seit 1966
Umweltschutzgesetz (USG) seit 1983
Fuss- und Wandergesetz (FWG) seit 1985
Gentechnikgesetz (GTG) seit 2003
Die Konflikte entstehen vor allem beim Gebrauch nach Umweltschutzgesetz, weniger beim
Natur- und Heimatschutzgesetz.
Beschwerdeberechtigte
Die zur Beschwerde berechtigten Organisationen werden durch den Bundesrat bezeichnet.
Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein: Die Organisationen müssen sich dem
Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten, rein ideellen
Zwecken widmen; sie müssen seit mehr als zehn Jahren bestehen; sie müssen
gesamtschweizerische Organisationen sein.
In der Zwischenzeit hat der Bundesrat dieses Beschwerderecht 30 Organisationen zuerkannt.
Die wichtigsten sind WWF Schweiz, Pro Natura, Stiftung Landschutz Schweiz,
Verkehrsclub der Schweiz, Greenpeace Schweiz.
Daneben figurieren aber auch eher exotische Organisationen wie beispielsweise der
Rheinaubund, die schweizerische Liga gegen den Lärm, der Verband schweizerischer
Abwasser- und Gewässerschutzfachleute, die schweizerische Greina-Stiftung, Ärztinnen
und Ärzte für Umweltschutz oder der Verein Alpeninitiative.
Anhand dieser Beispiele wird klar, dass die Beschwerdeberechtigung recht locker verteilt
wird.
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Zusammenspiel mit UVP
Laut Umweltschutzgesetz ist das Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen einzig
statthaft gegen Verfügungen der kantonalen oder Bundesbehörden über die Planung,
Errichtung oder Änderung von ortsfesten Anlagen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist.
Eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert einen Bericht, der zu Handen der
Umweltschutzfachstellen der Behörden abgeliefert werden muss. Darin sind beispielsweise
die vorgesehenen Massnahmen zum Schutz der Umwelt und für den Katastrophenfall, die
voraussichtlich verbleibende Belastung der Umwelt sowie die Massnahmen, die eine weitere
Verminderung der Umweltbelastung ermöglichen, und die Kosten dafür, festzuhalten.
In der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV) hat der Bundesrat die
Anlagen, für die eine UVP notwendig ist und das massgebliche Verfahren festgehalten.
Gewisse Anlagen sind unabhängig von ihrer Grösse einer UVP unterstellt, wogegen bei
anderen eine gewisse Mindestgrösse oder ein Schwellenwert überschritten sein muss.
Heute sind 73 Anlagen einer UVP-Pflicht unterstellt. So beispielsweise Parkhäuser und
Parkplätze für mehr als 300 Motorwagen, Bootshafen mit mehr als 100 Bootsplätzen,
Helikopterflugfelder mit mehr als 1000 Flugbewegungen pro Jahr, 300 Meter
Schiessanlagen mit mehr als 15 Scheiben, Luftseilbahnen und Skilifte für die touristische
Erschliessung neuer Skigebiete und neuer Geländekammern in bestehenden Skigebieten
sowie für den Zusammenschluss von Skigebieten, Skipisten mit Terrainveränderungen von
mehr als 2'000 m2, Beschneiungsanlagen, sofern die beschneite Fläche über 5 Hektaren
beträgt, Sportstadien mit ortsfesten Tribünenanlagen für mehr als 20'000 Zuschauer,
Golfplätze mit 9 oder mehr Löchern, Vergnügungsparks mit einer Fläche von mehr als
75'000 m2 oder für eine Kapazität von mehr als 4'000 Besuchern pro Tag sowie
Einkaufszentren mit mehr als 5'000 m2 Verkaufsfläche.
Will man das Verbandsbeschwerderecht zurückdämmen, läge somit ein Schlüssel darin, die
Liste der UVP-pflichtigen Anlagen zu straffen.
Nach dieser Konzeption soll das Verbandsbeschwerderecht funktionieren. Die
Umweltschutzorganisationen fungieren als Anwälte der Natur, die dadurch eine direkte
Stimme in den Verfahren erhält. Soviel zur Theorie. Was ist aus diesen hehren Gründen in
der Praxis geschehen?
Heutige Praxis
Ver- oder Behinderung von Grossinvestitionen
Bekanntlich kommt die Schweizer Wirtschaft nicht vom Fleck. Obwohl ein Aufschwung
mehrfach herbeigeredet und geschrieben wurde, dümpelt das dringend notwendige
Wachstum vor sich hin.
Ein Grund dafür ist in der Blockierung von Grossinvestitionen durch Verbandsbeschwerden
zu sehen, weil nicht getätigte Investitionen in Milliardenhöhe der Schweizer Wirtschaft
fehlen.
Eine Schätzung von Professor Franz Jäger der Hochschule St. Gallen beziffert das blockierte
Bauvolumen in der Schweiz auf 20 bis 25 Milliarden Franken.
Allein die Verantwortlichen des Migros-Genossenschaftsbundes sehen Investitionsvorhaben
von rund einer Milliarde durch Beschwerden der Umweltverbände blockiert.
In Kenntnis des Multiplikatoreffektes, den die Bauwirtschaft für die gesamte schweizerische
Wirtschaft hat, können wir uns heutzutage diese Wirtschafts- und Wachstumsfeindlichkeit
der Umweltschutzorganisationen schlicht und einfach nicht mehr leisten.
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Beträchtliche Zeitverzögerungen und Mehrkosten
Den unrühmlichen Rekord an zeitlicher Verzögerung infolge Blockierung durch
Umweltschutzorganisationen hält zweifelsohne die Hochspannungsleitung Galmiz –
Verbois. Die definitive Baubewilligung erfolgte ganze 35 Jahre nach Gesuchstellung.
Die Electricité Ouest-Suisse (EOS) verlor beim Bau des Wasserkraftwerkes Cleuson
Dixence 3 Jahre, was eine Produktionseinbusse im Wert von 144 Millionen Franken nach
sich zog.
Diese Verzögerungen ergeben sich, weil Verbandsbeschwerden regelmässig aufschiebende
Wirkung haben. Wegen dieser aufschiebenden Wirkung können auch unbestrittene Teile der
Anlage nicht gebaut werden können. Damit wird eine totale Blockade für das beabsichtigte
Bauvorhaben erreicht.
Diese Verzögerungen verursachen oft Kosten, die weder für private noch für öffentliche
Bauherren tragbar sind.
Ein aktuelles Beispiel sind die letzten Sommer erlebten Wirren um den Neubau des
Fussballstadions Zürich im Hinblick auf die EURO 2008.
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass die Baubewilligungen in der Regel später erteilt werden.
Vielfach lediglich ergänzt mit Auflagen, die mehr kosmetischer Natur sind.
Missbräuchliches, ja erpresserisches Verhalten
Heute wird häufig, einem Vetorecht gleich, das Verbandsbeschwerderecht von gewissen
Organisationen dazu missbraucht, rot-grüne Ideen, Lebensweisen und Forderungen an die
Gesellschaft durchzusetzen.
Dies ist aber keinesfalls Sinn und Zweck der Verbandsbeschwerde. Um ihre Forderungen
durchzubringen, haben sie sich, wie alle anderen auch, der politischen Debatte zu bedienen
und demokratische Abstimmungen und Wahlen zu gewinnen.
Dieses durch das aktuelle Verbandsbeschwerderecht geschützte Vorgehen zeitigt bisweilen
widersinnige Folgen. Beispielsweise wird für bestehende Einkaufszentren, die einen Umbau
vornehmen wollen, von den beschwerdeberechtigten Organisationen ein Parkplatzrückbau
verlangt. Leider wird diese Tendenz durch ein neues Bundesgerichtsurteil im
Zusammenhang mit dem Seedammzenter in Pfäffikon noch verstärkt werden, da ein Umbau
die Neubeurteilung der ganzen Anlage zur Folge hat.
Eine beliebte Forderung der Umweltschutzorganisationen ist, parallel zur Forderung nach
Reduktionen der bestehenden Parkplatzangebotes, einen Ausbau der Anbindung an die
öffentlichen Verkehrsmittel zu fordern. Beim Stadion Zürich soll beispielsweise mit einer
neuen Tramlinie ein ganzes Quartier erschlossen werden.
Wachsende Rechtsunsicherheit
Rechtsunsicherheit ist Gift für Investoren. Sollen die hohen Vorausinvestitionen in Form
von Baulanderwerb und Projektierungskosten in Kauf genommen werden, wenn gegen das
Bauvorhaben sowieso aus ideologischen Gründen eine Verbandsbeschwerde droht?
Rechtssicherheit ist aber nicht allein ein Anliegen der Promotoren bzw. Unternehmen,
sondern letztlich ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Standortattraktivität der
Schweiz.
Die Anwendung für Beschwerden der Umweltschutzorganisationen muss deshalb
kontinuierlich eingeschränkt werden.
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UVP-Industrie
Aufgrund dieser Rechtsunsicherheit sowie immer zahlreicher und komplexer werdenden
Gesetzgebungen im Umweltschutzbereich ist quasi eine parastaatliche private
Baubewilligungsindustrie entstanden.
Die Vorwirkung der Verbandsbeschwerde bedingt, dass sich Projektentwickler und
Unternehmer einspracheresistent machen müssen. Sie kaufen spezialisiertes Planungs- und
Rechtskompetenzwissen ein. Beraterfirmen sind die grossen Nutzniesser.
Diese Beraterfirmen sind sowohl auf Seiten der Projektentwickler, der Behörden als auch
der Umweltverbände anzutreffen. So ist ein politisch einflussreicher, vom Staat abhängiger,
neuer Dienstleistungssektor entstanden.
Dass dieser aus eigenen Interesse am Status quo interessiert ist und Richtungskorrekturen
ablehnt, ist wohl nicht zu billigen, aber naheliegend.
Fragen bezüglich Abwägung zwischen den einzelnen öffentlichen Interessen, die
Gewichtung zwischen öffentlichen und privaten Interessen sowie die Beurteilung von
Ermessensentscheiden stellt auch für Baujuristen einen prallvollen Futtertrog dar. Denn je
unbestimmter Gesetze geschrieben sind, umso eher bieten sie Raum für unterschiedliche
Interpretationen.
„Spezialisierung“ einzelner Verbände
Innerhalb der dreissig einspracheberechtigten Organisationen hat man sich mehr oder
weniger offiziell Spezialgebiete zugeschanzt.
So ist der VCS spezialisiert auf verkehrsintensive Vorhaben in städtischen Zentren und
Subzentren.
Andererseits ist es die schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz, die sich auf Fragen
rund um das Bauen ausserhalb der Bauzone konzentriert hat.
Solche Spezialisierungen führen zu Kompetenzzentren. Wissen in Spezialgebieten ist dünn
gesät. Deshalb greifen Behörden oft auf spezialisierte Wissensträger für Studien und
Aufträge zurück. Diese arbeiten häufig für Umweltschutzorganisationen. So können sich
diese Experten selber das Terrain ebnen, um später ihren Auftraggebern bessere
Erfolgsquoten bei ihren Beschwerden zu sichern.
All diese abwegigen Auswüchse des Verbandsbeschwerderechts sind heute, ausser bei den
direkt betroffenen Umweltschutzorganisationen, anerkannt. Interessant ist nun, wie die
verschiedenen Akteure darauf reagieren.
Wie reagiert die Verwaltung?
Weil das Verbandsbeschwerderecht in der öffentlichen Diskussion vermehrt kritisch
beleuchtet wurde, sah sich die Verwaltung veranlasst, Gegensteuer zu geben.
Studie „Wie wirkt das Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen?“
Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) wurde an der
Universität Genf eine Evaluation des Beschwerderechts der Umweltschutzorganisationen
vorgenommen.
In der besagten Studie wird behauptet, nur 1,4% aller Verwaltungsgerichtsbeschwerden
beim Bundesgericht stammten von Umweltschutzorganisationen.
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Damit man zu dieser sagenhaften tiefen Zahl kam, musste ein Kunstgriff erfolgen. Die
Gesamtheit aller eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerden (inklusive Bürgerrecht und
Ausländerrecht, Rechtshilfe und direkte Steuern, die traditionellerweise die Vielzahl der
Fälle ausmachen) der Jahre 1996 bis 1998 wurde zu den Verwaltungsgerichtsbeschwerden
der Umweltschutzorganisationen ins Verhältnis gesetzt.
Dadurch vergleicht man jedoch Äpfel mit Birnen. Aussagekräftig ist selbstverständlich nur,
wenn Gleiches mit Gleichem, das heisst das Total aller Beschwerden in Zusammenhang mit
Umweltschutz
und
Raumplanung
mit
den
Verbandsbeschwerden
der
Umweltschutzorganisationen
verglichen
wird.
So
gerechnet
sind
die
Umweltschutzorganisationen allein für über 18% der Fälle vor Bundesgericht
verantwortlich.
Dabei sind die Fälle vor Bundesgericht nur die Spitze des Eisberges. Alle Verfahren unterer
Instanzen sowie Fälle, bei denen der Bauherr vorzeitig die Flinte ins Korn wirft, wurden
nicht mitgezählt.
Wenn rund ein Fünftel der Fälle den Aktivitäten der Umweltschutzorganisationen
zuzuschreiben ist, deutet dies nicht auf eine zurückhaltende Ausübung des
Beschwerderechts hin. Der erste Rechtfertigungsgrund der Studie, die
Umweltschutzorganisationen würden von ihrem Verbandsbeschwerderecht nur sehr
zurückhaltend Gebrauch machen, erweist sich somit bei näherer Betrachtung als
Ammenmärchen.
Ferner errechnet der vom BUWAL bestellte Bericht für Beschwerden der Umweltverbände
vor Bundesgericht eine Erfolgsquote von 63%, wogegen die Erfolgsrate aller
Verwaltungsgerichtsbeschwerden bei 18,4% liege. Setzt man allerdings auch hier die
richtigen Zahlen zueinander ins Verhältnis, ergibt sich, in Berücksichtigung der hohen
Professionalität der Verbandsbeschwerdeführer und der Rückweisung an die Vorinstanz
aufgrund formeller Fehler, keine markant höhere Erfolgsquote.
Recherchen der NZZ am Sonntag ergaben, dass der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) in den
Jahren 2000-2003 an 12 Verbandsbeschwerden vor Bundesgericht beteiligt war. Nur 3 Fälle
konnte er ganz für sich entscheiden. Auch der zweite Rechtfertigungsgrund der Studie, die
Erfolgsquote der Verbandsbeschwerden sei klar überdurchschnittlich, hält somit einer
näheren Überprüfung nicht stand.
Unweigerlich wird man an den Ausspruch erinnert, keiner Statistik zu trauen, die nicht
selber manipuliert wurde. Oder: Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing.
Empfehlungen für das Verhandeln bei Projekten, die dem Verbandsbeschwerderecht unterliegen
Mit diesen Verhandlungsempfehlungen ist eine Art Verhandlungscharta als Ehrenkodex für
Gesuchsteller und beschwerdeberechtigte Umweltorganisationen von der Verwaltung
entworfen worden.
Bezeichnenderweise geht das UVEK in der Begründung der Verhandlungsempfehlungen
von der Annahme aus, die Ursachen der Investitionsbehinderungen lägen in der
mangelhaften Qualifikation der Gesuchssteller im Verhandeln mit Vertretern der
Umweltverbände.
Mit der Idee, ideell motivierte Beschwerden über einen verhandlungspädagogischen Ansatz
angehen zu wollen, wurde ein falscher Aufhänger gewählt.
Das Beschwerderecht der gesamtschweizerischen Umweltschutzorganisationen ist gegeben,
gegen Verfügung der kantonalen oder Bundesbehörden, sofern eine UVP verlangt wird. Mit
andern Worten ist eine Stufenfolge eingebaut. Der Gesuchsteller holt eine UVP ein, reicht
diese der verfügenden Behörde ein und diese erlässt eine Verfügung. Erst gegen diese
Verfügung kann eine Verbandsbeschwerde eingereicht werden, wenn die zu beurteilenden
Projekte aus Sicht des Umweltrechts vermutete Mängel aufweisen.
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Mit den Verhandlungsempfehlungen wird nun jedoch als Normalfall eine Umkehrung dieses
Systems gefordert. Vorgängig soll der Gesuchssteller mit den Organisationen, die das
Verbandsbeschwerderecht haben, Verhandlungen führen.
Eine solche Entwicklung ist jedoch abzulehnen,
Verbandsbeschwerde dadurch noch viel stärker wird.
da
die
Vorwirkung
der
Die Ursachen der Konflikte und der Rechtsstreitigkeiten erschöpfen sich nicht im Verhalten
der Konfliktparteien, sondern manifestieren sich einerseits in unüberbrückbaren sachlichen
Differenzen und unterschiedlichen Werthaltungen und andererseits im Anspruch der
Umweltverbände auf eine Mitbeteiligung an Investitionsentscheiden, die vom
Gesuchssteller nicht erfüllt werden können.
Verordnungs- und Richtlinienschwemme
Die Gesetzgebung auf dem Gebiete Schutz des ökologischen Gleichgewichts, Schutz des
Bodens, Gewässerschutz, Lufthygiene, Lärmbekämpfung, Strahlenschutz, Abfälle, Schutz
vor nicht ionisierender Strahlung und Gentechnologie im Ausserhumanbereich ist
mittlerweilen so umfangreich geworden, dass damit ein ganzer Band der systematischen
Sammlung des Bundesrechts gefüllt wird.
Sowohl für Investoren, als auch für die anwendenden Behörden erschwert diese Dichte an
relevanten Rechtserlassen eine korrekte Handhabung. Hier den Überblick zu bewahren, fällt
selbst Spezialisten nicht leicht.
Das führt dazu, dass häufig formelle Fehler begangen werden, die dann selbständig mit einer
Verbandsbeschwerde angefochten werden können. Der Schutz der Umwelt wird durch die
Klärung dieser formellen Fragen nicht verbessert. Andrerseits fallen Kosten an, treten
Verzögerungen ein und die Atmosphäre unter den direkt Beteiligten wird grossen
Belastungsproben ausgesetzt.
Wie reagiert die Politik?
Die Politik, die im Wettstreit der Ideen steht und sich immer auch an der Tagesaktualität
orientiert, hat das Problem der Verbandsbeschwerde aufgegriffen.
Radikal mit Abschaffung der Verbandsbeschwerde
Die politischen Aktionen für die Abschaffung der Verbandsbeschwerde auf Bundesebene
kamen bisher ausschliesslich aus den Reihen der SVP. Traditionell ist diese Partei eng mit
dem Baugewerbe verbunden, dass von den Beschwerden materiell besonders betroffen ist.
Unterstützung erhielten die SVP-Initiativen in der Regel aus den Reihen der anderen
bürgerlichen Parteien, wenn auch nicht geschlossen.
Die erste parlamentarische Initiative zur Abschaffung der Verbandsbeschwerde stammte
2000 von Nationalrat Hans Fehr. Sie wurde im Nationalrat mit 102:69 Stimmen abgelehnt.
Im Nachgang zu der von Michael Schumacher beantragten Umzonung im Appenzellischen,
reichte Nationalrat Jakob Freund 2003 die nächste parlamentarische Initiative zur
Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts ein. Mit 96:80 Stimmen wurde auch diese im
Nationalrat abgelehnt.
Hängig ist zurzeit im Nationalrat eine weitere 2004 eingereichte parlamentarische Initiative
von Nationalrat Ernst Schibli, der ebenfalls den Umweltschutzorganisationen das
Beschwerderecht entziehen will.
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Moderat mit Präzisierungen
Ständerat Hans Hofmann wählte einen anderen Weg, indem er mittels einer
parlamentarischen Initiative die Vereinfachung der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie
die
Verhinderung
von
Missbräuchen
durch
eine
Präzisierung
des
Verbandsbeschwerderechtes verlangte.
Nach ihm soll eine UVP nur dann durchgeführt werden, wenn ein Bauvorhaben die
Vorschriften zum Schutz der Umwelt in erheblichem Mass verletzen kann. Zudem sollen im
UVP-Bericht nur jene Angaben erscheinen, die zur Prüfung des Vorhabens nach den
Vorschriften über den Schutz der Umwelt zwingend nötig sind. Auf einen eigentlichen
Umweltverträglichkeitsbericht soll verzichtet werden, falls aufgrund eines summarischen
Berichtes keine erheblichen Auswirkungen zu erwarten sind.
Ferner versucht er das Beschwerderecht von Umweltschutzorganisationen so zu
beschränken, dass nur Entscheide angefochten werden können, die sich auf das
Umweltschutzgesetz oder seine ausführenden Verordnungen stützen. Zudem soll einer
Beschwerde unter bestimmten Voraussetzungen keine aufschiebende Wirkung zuteil
kommen.
Diese parlamentarische Initiative ist im Juni 2003 vom Ständerat ohne Gegenstimme
angenommen worden.
Zeitgeist nutzend mit eidgenössischer Volksinitiative
Im Sog der Wirren um den Neubau des neuen Fussballstadions in Zürich haben
verschiedene FDP-Sektionen am 19. November 2004 eine eidgenössische Volksinitiative
mit dem Titel „Schluss mit der Verhinderungspolitik – mehr Wachstum für die Schweiz!“
eingereicht. Die Unterschriftensammlung dauert bis im Mai 2006.
Mit ihr wird verlangt, dass zumindest für Objekte, die in einem demokratischen
Entscheidungsprozess bewilligt wurden, der Verbandsbeschwerde ein Riegel geschoben
wird. So sollen bei Erlassen, Beschlüssen und Entscheiden, die auf Volksabstimmungen
oder auf Parlamentsentscheide im Bund, im Kanton oder bei Gemeinden zurückgehen, das
Verbandsbeschwerderecht ausgeschlossen sein.
Vernehmlassungsverfahren
Die Rechtskommission des Ständerates war damit beauftragt, die vorher erwähnte
parlamentarische Initiative von Ständerat Hans Hofmann umzusetzen.
Nach der Kommissionsmehrheit war es an der Zeit, dass das Parlament die ganze
Problematik, insbesondere die Verfahrensabläufe sowie den Anwendungsbereich der
Umweltverträglichkeitsprüfungen und des Verbandsbeschwerderechts eingehender
überprüft. Deshalb hat die Kommission einen ausformulierten Vorschlag in die
Vernehmlassung gegeben.
Ihr Ausgangspunkt war allerdings nicht eine Revision des materiellen Umweltrechts,
sondern der Wille, dessen Vollzug im Hinblick auf eine Verfahrensbeschleunigung neu zu
definieren.
Gemacht wurden dabei Vorschläge, die darauf abzielen, die Realisierung der UVPpflichtigen Bauvorhaben zu beschleunigen, ohne dabei an den hohen Umweltstandards in
unserem Lande Abstriche machen zu müssen.
Beispielsweise wird verlangt, die Liste der UVP-pflichtigen Anlagen und deren
Schwellenwerte periodisch zu überprüfen. Dazu sollen die Kriterien auf Gesetzesstufe
verankert sein.
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Auf dem Gebiet der Verbandsbeschwerde soll insbesondere eine verbesserte Koordination
des Umweltrechts mit der Raumplanung erfolgen. Eine Organisation, die es unterlassen hat,
zulässige Rügen gegen einen Nutzungsplan mit Verfügungscharakter zu erheben oder deren
Rügen rechtskräftig abgelehnt wurden, sollen diese Rügen in einem nachfolgenden
Verfahren nicht mehr geltend machen können.
Ferner sollen die Organisationen jährlich über die eingereichten Einsprachen und
Beschwerden sowie über den Stand der Verfahren berichten müssen. Zusätzlich haben sie
ihre Erfolgsrechnung, soweit sie den Umgang mit dem Verbandsbeschwerderecht betrifft,
zu veröffentlichen. Falls eine Beschwerde rechtsmissbräuchlich ist oder wenn der
Gesuchsteller nachweisen kann, dass die Organisation Forderungen für unzulässige
Leistungen stellte, hätte die Behörde nicht auf eine Beschwerde einzutreten. Neu sollen
unterliegende Organisationen ebenfalls für die Verfahrungskosten von Beschwerden bei
Bundesbehörden aufkommen. Ebenfalls soll ein vorzeitiger Baubeginn für jene Anlageteile
zulässig sein, deren Ausführung vom Ausgang des Verfahrens nicht beeinflusst werden
kann.
Die Vorschläge der Kommission gehen grundsätzlich in die richtige Richtung und verdienen
mehrheitlich Unterstützung. Aber sie reichen nicht aus, um die wahren Probleme zu lösen
und die Verbandsbeschwerde der Umweltschutzorganisationen wieder ihrem ursprünglichen
Zweck zuzuführen.
Wo liegen die wahren Probleme?
Wahrung öffentlicher Interessen
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wer in Umweltbelangen die öffentlichen Interessen zu
vertreten hat.
Umweltschutzrecht ist öffentliches Recht. Die Durchsetzung öffentlichen Rechts obliegt
einzig den Behörden. Auf allen drei Staatsgebieten Gemeinde/Kanton/Bund bestehen dafür
spezielle Ämter, die Fachleute engagiert haben. Kompetenz und Kapazität für die
Behandlung von Umweltschutzfragen sind also auf der staatlichen Ebene vorhanden.
Was bedeutet dies für das Verbandsbeschwerderecht der Umweltschutzorganisationen? Es
ist überflüssig. Die Behörden haben dem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen. Die
Delegation an private nicht demokratisch legitimierte Organisationen darf keineswegs zum
Regelfall werden.
Dazu gehört auch die Forderung, dass die Verbandsbeschwerde nicht gegeben ist, wenn bei
Werken öffentlichen Nutzens demokratische Entscheide, sei dies durch Volksabstimmungen
oder sei dies durch parlamentarische Beschlüsse, vorliegen.
Öffentliches Recht
Die Kernfrage hierzu lautet, ob öffentliches Recht verhandelbar ist oder nicht.
Die Antwort ist klarerweise nein.
Wegen der heutigen Ausgestaltung des Beschwerderechts und ihrem Drohpotential der
zeitlichen Verzögerung können Verbände faktisch den Baugesuchsteller dazu zwingen,
Forderungen, für die keine gesetzliche Grundlage besteht, zu erfüllen. Beispiele hierfür sind
die öffentliche Verkehrserschliessung, Parkplatzgebührenerhebung etc.
Soweit sich Forderungen aber nicht auf gesetzliche Verpflichtungen des Umweltschutzes
stützen, sollen sie gar nicht Gegenstand des Verbandsbeschwerderechtes sein können.
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Für die Durchsetzung öffentlich-rechtlich abgestützter Auflagen braucht es demzufolge die
Verbände nicht. Dies ist einzig Aufgabe der gesetzlichen Instanzen.
Interessenabwägung
Das öffentliche Interesse ist heterogen. Umweltschutz ist nur, aber immerhin, ein Teil
davon.
Mit dem Schutz der Umwelt vertreten beschwerdeberechtigte Organisationen nur einen
spezifischen Teil des öffentlichen Interesses. Weil systemwidrig einzig ein Aspekt des
öffentlichen Interesses einen Fürsprecher erhalten hat, entsteht zu Gunsten des
Umweltschutzes ein Übergewicht. Gerade bei grösseren Bauvorhaben konkurrieren
allerdings verschiedene Teilaspekte des öffentlichen Interesses. Zu denken ist etwa an die
Eigentums- oder die Wirtschaftsordnung.
Aus diesem Grunde ist eine Interessenabwägung notwendig. Diese Interessenabwägung hat
zwingend eine demokratisch legitimierte Behörde vorzunehmen. Für die Verbände hat es
bei der Interessenabwägung keinen Platz.
Delegiert man nämlich diese Interessenabwägung an die Verbände, wird damit unzutreffend
suggeriert, die zuständige Behörde sei nicht willens und fähig, eine umfassende Würdigung
aller öffentlicher und privater Interessen vorzunehmen.
Kosten/Nutzenanalyse
Die Auseinandersetzungen um die Verbandsbeschwerde laufen heute vielfach nach dem
Muster Ideologie versus Vernunft.
Was bringt beispielsweise die Beschränkung des privaten Einkaufsverkehrs mittels
Fahrtenmodellen und Parkplatzgebührenerhebung? Diese sind ökologisch bedeutungslos, da
sie kein Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr bringen, sondern lediglich ein Ausweichen
auf andere Einkaufsstandorte bewirken. Vielfach können mit dem öffentlichen Verkehr die
grundlegenden Einkaufsbedürfnisse grosser Teile der Bevölkerung gar nicht abdeckt
werden.
Ein aktuelles Beispiel ist eine Waldrodung im Kanton Graubünden, die aus
Sicherheitsgründen notwendig ist, weil eine enge gefährliche Talabfahrt sicherer gemacht
werden muss. Weniger verletzte Skifahrer stellen einen volkswirtschaftlichen Gewinn dar.
Dieser ist dem ökologischen Nutzen für den Verzicht auf das Fällen der Bäume gegenüber
zu stellen. Damit würde zumindest teilweise die Waffengleichheit wieder hergestellt.
Umweltschutzorganisationen brauchen nicht wie Private einen Legitimationsnachweis zu
erbringen. Auf der anderen Seite könnten sie dazu verpflichtet werden, konkret belegen zu
müssen, welchen konkreten Nutzen die verlangten Umweltschutzmassnahmen nach sich
ziehen. Damit würde nichts anderes gefordert als ein nachhaltiges Verhalten, welches Art.
73 der Bundesverfassung sowieso fordert. Die Nachhaltigkeit hat gleichberechtigt den
Interessen der Wirtschaftlichkeit, der gesellschaftlichen Solidarität und dem Umweltschutz
Rechnung zu tragen.
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Materielles Umweltschutzrecht
Im Bereich des Umweltschutzes spielt das Parlament nur mehr eine untergeordnete Rolle.
Bundesämter der Verwaltung mit unzähligen Verordnungen und Gerichte bezüglich der
Interessenabwägung haben den lead an sich gezogen. Sie sind heute entscheidend.
Das Parlament hat in der Rechtssetzung schwammige Begriffe geschaffen, weshalb
Grauzonen und Schattengebiete entstehen konnten.
Das Parlament muss deshalb das Heft wieder in die Hand nehmen und klarer legiferieren.
Deshalb ist das Umweltschutzrecht materiell neu zu fassen. Zu denken ist etwa an eine
klare, präzise und abschliessende Aufzählung der bundesrechtlichen Aufgaben im USG.
Dadurch würde der Handlungsspielraum des Verbandsbeschwerderechts, seinem
ursprünglichen Zweck entsprechend, zurückgestutzt.
Bern, 11. März 2005
CENTRE PATRONAL Bern
Martin Kuonen
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