Die frechen Vögel vom Boulders Beach Pinguine gehören dahin, wo es kalt ist? Von wegen. Unter der heißen Sonne Südafrikas gehen die Meeresvögel sogar gemeinsam mit Menschen baden Besucher dürfen den steg nicht verlassen, denn der Strand gehört den Vögeln. Die gehen manchmal allerdings auf Erkundungs­tour in den Ort. Damit sie dabei nicht unter die Räder kommen, sind an den Straßen warnschilder aufgestellt 22-23 Den Namen verdanken die Brillenpinguine der zeichnung in ihren Gesichtern. Mit den weißen Rändern und den rosa Flecken um die Augen sehen sie aus, als trügen sie Brillen. Am Boulders Beach – zu Deutsch: Felsenstrand – leben rund 3000 der Meeresvögel S topp! Lass mein Spielzeug in Ruhe!“ Jona­ than brüllt aus Leibeskräften. So schnell er kann, eilt er aus dem Wasser auf den Strand zu. Genau dorthin, wo der Junge seine Sandbackformen liegen gelassen hatte, bevor er baden ging – und wo nun ein Brillenpinguin die bunten Plastikförmchen neugierig beäugt. Eine blaue gefällt dem Vogel offenbar besonders gut. Er schnappt sie mit dem Schnabel, wackelt eilig über den Strand davon und verschwindet mit ihr im Gebüsch. Weg ist die Backform! Wer am Boulders Beach, einem Strand ganz in der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung in Süd­ afri­ka badet, riskiert schon mal sein Spielzeug. Richtig sauer ist deswegen allerdings kein Mensch. Auch Jonathan nicht, denn der Fünfjährige weiß, dass er hier etwas ganz Besonderes erleben kann: Nirgendwo sonst auf der Welt kann man derart dicht an dicht mit Brillenpinguinen im Meer planschen; die Kolonie beim Städtchen Simon’s Town ist dafür berühmt. Auf dem Festland lebende Brillenpinguine sind ohnehin eher selten; nur hier am Kap, am südli­ chen Ende des afrikanischen Kontinents, gibt es sie wieder in größeren Mengen – und auch das nur dank eines besonderen Schutzprojektes. Seit rund zehn Jahren gehören die PinguinStrände bei Simon’s Town zum „Table Moun­tain National Park“, einem großen Naturschutzgebiet. Nur an zwei Stellen dürfen die Menschen die Tiere von Ste­gen aus betrachten. Und nur ein kleiner Strand­abschnitt – Boulders Beach – ist zum Baden freigegeben. Alle anderen Strände und Buchten um Simon’s Town gehören sonst allein den Pinguinen. Versteckt unter Büschen oder zwischen den sanft abgerundeten Felsen am Strand, können die Vögel hier in Ruhe brüten und ihre Jungen großziehen. Dafür sorgt Park-Rangerin Monique Ru­then­berg gemeinsam mit ihren Kollegen. Sie ist sehr stolz auf ihre Arbeit, denn die Kolonie in der Schutzzone wächst: Rund 3000 dieser lustigen Vögel haben sich mittlerweile in der Kolonie angesiedelt. „Vor 25 Jahren hätte sich kein einziger Pinguin hierhergetraut“, erzählt Monique. „Der wäre glatt 22 23 Glino Glino 25.11.2008 16:15:57 Uhr Nur am Strandabschnitt Boulders Beach dürfen Menschen sich den seltenen Vögeln nähern. Fast schon zutraulich hocken sie bei den Badegästen auf den Felsen. Doch Vorsicht: Anfassen ist verboten! Wer ihnen zu dicht auf die Pelle rückt, den kneifen sie schon mal unsanft mit ihren spitzen Schnäbeln verhungert.“ Die Vögel im schwarz-weißen Frack fressen nämlich vor allem Sardinen und Makre­ len, und die gab es am Kap damals kaum noch. Einhei­mische Fischer hatten mit riesigen Netzen so viele davon aus dem Meer gefischt, dass für die Pingui­ne und andere Meerestiere nichts übrig blieb. Erst als die südafrikanische Regierung die Fischerei verbot, erholten sich die Fisch­be­stände. Langsam kehrten auch die ersten Brillen­pinguine ans Kap zurück. Von Jahr zu Jahr wurden es mehr. Sie fanden wieder ausreichend Nahrung und waren in den schmalen, steinigen Buchten bestens vor Feinden geschützt. Robben, Haie und die großen Orcas konnten sie im flachen Wasser nicht angreifen. Zuerst besiedelten die Pinguine die Strände; dann machten sie sich sogar in den Gärten nahe gelege­ ner Wohnhäuser breit. Sie schlüpften einfach durch Löcher in Zäunen, nisteten unter Hecken oder neben Gewächshäusern. So niedlich die kleinen Watschelvögel auch sind – zu Hause wollten die Menschen sie dann doch nicht haben. Also bau­ ten Monique und die anderen Ranger einen Zaun um die Strände. Den Anwohnern blieben ihre Gärten, den Pinguinen die Küste – ausgenommen Boulders Beach. Hier gehen Mensch und Tier gemeinsam ins Wasser. So planschen die gefiederten Gesellen nun neben den Badegästen im flachen Wasser. Berüh­ rungsängste kennen die Brillenpin­guine kaum: Sie trippeln gemütlich über den Strand, um­run­den ausgebreitete Handtücher, ma­chen es sich gern neben den Besuchern auf den Felsen ge­müt­lich. Brät die Sonne allzu sehr, hocken sie sich einfach mit unter aufgespannte Son­nenschir­me. Ist ihnen langweilig, stöbern sie in Handtaschen, klauen Sonnenbrillen – oder eben Spielzeug. Nur Jona­ thans nicht mehr: Der Junge hat sich geschworen, beim nächsten Strandausflug besser aufzupassen. Kirsten Milhahn Viele Brillenpinguinpaare bleiben sich ihr Leben lang treu. Gemeinsam scharren sie eine erdhöhle am Strand, bauen dort ihr Nest, um darin zu brüten: In dem vergleichsweise kühlen Loch sind die Eier vor zu großer Hitze geschützt 24-25 Die heiße Sonne Südafrikas brennt den Vögeln tagsüber ganz schön aufs Gefieder. Wenn sie nicht gerade brüten, halten Brillenpinguine sich daher am liebsten im Wasser auf – so schützen sie sich vor der Hitze Steckbrief: Der schwarz-weiße »Frack« dient den Vögeln als Tarnung: Im Meer können Orcas oder andere Räuber ihren weißen Bauch kaum von der hellen Wasseroberfläche unterscheiden. Feinde aus der Luft sehen meist nur den schwarzen Rücken, der im dunkelblauen Ozean kaum auffällt Brillenpinguine Verbreitungsgebiet Allgemein: Brillenpinguine bevölkern vor allem die den Küsten Südafrikas und Namibias vorgelagerten Inseln. Auf dem Festland sind sie nur an wenigen Stellen zu finden. Nach Schätzungen gibt es insgesamt nur noch rund 70 000 Tiere. Ihr Bestand gilt als gefährdet. Insbesondere machen Öltanker-Unfälle den Vögeln regelmäßig riesige Probleme. Grösse: Sie zählen zu den kleineren der 17 Pinguinarten: Die Meeresvögel werden höchstens 70 Zentimeter groß und wiegen bis zu vier Kilogramm. fortpflanzung und alter: Die Wasservögel brüten das ganze Jahr über. Ihre zwei Eier legen sie unter Felsüberhängen oder in vor der Sonne geschützte Erdlöcher. Die Tiere werden bis zu fünfzehn Jahre alt. Nahrung: Brillenpinguine ernähren sich hauptsächlich von Fisch, etwa Sardinen und Makrelen, und jagen diese gemeinsam im Verbund. 24 25 Glino Glino 25.11.2008 16:15:59 Uhr