36. Spielzeit - 2015/2016 2. KONZERT Freitag, 20. November 2015 um 19.30 Uhr Samstag, 21. November 2015 um 16.30 Uhr Orchesterkonzert Festkonzerte anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Ensembles Prisma Wien PROGRAMM Ludwig van Beethoven (1770 - 1827) Violinkonzert D-Dur op. 61 Allegro ma non troppo Larghetto Rondo: Allegro PAUSE 2. Symphonie D-Dur op. 36 (gewidmet dem Fürsten Carl von Lichnowsky) Adagio molto/Allegro con brio Larghetto Scherzo: Allegro - Trio Allegro molto AUSFÜHRENDE Ensemble Prisma Wien Leitung und Solovioline: Thomas Fheodoroff Preis des Programms: € 1,40 ÜBER DIE AUSFÜHRENDEN KÜNSTLER DES HEUTIGEN KONZERTS Das Ensemble Prisma steht für Spielfreude, Wahrhaftigkeit und Vision in der Musik und spielt herausragende Musik aller Stilepochen in variablen Besetzungen und mit dem jeweils historischen Instrumentarium. Der Reiz des erhöhten künstlerischen Anspruchs an jedes einzelne Ensemblemitglied ist durch die Idee einer vergrößerten Kammermusik gegeben. Die mitwirkenden Musiker sind dem Gründer und Leiter des Ensembles Thomas Fheodoroff als Kammermusik- oder Orchesterpartner, bzw. als Lehrer oder Schüler langjährig bekannt. Durch diese Wurzeln ist eine gemeinsame musikalische und stilistische Annäherung an die jeweilige Musik - gleich einem gemeinsamen „Dialekt“ gewährleistet. Prism a trat unter Thomas Fheodoroff erstmals im Jahr 2004 bei den Laxenburger Schlosskonzerten auf und war und ist u.a. bei der Styriarte, beim Wiener Osterklang, beim Carinthischen Sommer, sowie im Wiener Musikverein und Konzerthaus zu Gast. Die Bandbreite und Flexibilität des Ensembles im Hinblick auf Repertoire, Besetzungsstärken und Instrumentarium ist enorm und reicht von Monteverdi bis zu zeitgenössischer Musik. Es sind herausragende Musikerpersönlichkeiten, die sich zum Ensemblespiel treffen und die eine langjährige freundschaftliche und musikalische Beziehung zu Thomas Fheodoroff verbindet. Denn Musik vereint Menschen, sie überwindet Grenzen und Barrieren. Genau das wollen die Musiker an ihr Publikum weitergeben. Diese gewachsene Formation stellt sich in ihrer elften Saison nun erstmals jener Herausforderung, die schon in der Keimlegung als wichtiges Ziel definiert wurde: dem symphonischen Schaffen Ludwig van Beethovens. Mit dem heutigen Konzert feiert das Ensemble auch sein zehnjähriges Bestehen! Die Arbeit des Ensembles ist mittlerweile auch auf Tonträgern dokumentiert - einerseits eine Einspielung von drei Concerti für Blockflöte von Antonio Vivaldi und Piazzollas Histoire du Tango (diese CD erhielt neben vielen herausragenden Kritiken auch den Pasticcio-Preis von Ö1 und dem „Falter“), sowie ein Live-Mitschnitt mit dem großen Oktett D 803 von Franz Schubert auf Originalinstrumenten. Näheres auf: http://ensemble-prisma.jimdo.com Das Betätigungsfeld von Thomas Fheodoroff ist vielfältig: solistische Auftritte, Kammermusik, Orchesterleitung als Dirigent und Konzertmeister mit Musik aus fünf Jahrhunderten, auf dem jeweiligen (historischen) Instrumentarium aufgeführt, machen ihn zu einem international gefragten Künstler seiner Generation. Neben der Schwerpunktarbeit mit dem eigenen Ensemble Prisma Wien führen ihn Einladungen als Solist und Leiter sowie als Kammermusiker in nahezu alle Länder Europas, in den Nahen Osten, nach Japan, in die USA, außerdem zu wichtigen europäischen Festivals wie der Styriarte, dem Carinthischen Sommer, dem Rheingau-Musikfestival und den Händelfestspielen in Halle. Fheodoroff gab Solokonzerte und Kammermusikabende u.a. im Wiener Musikverein und Konzerthaus. Seit 25 Jahren ist er Mitglied des Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt, daneben zählten langjährige Konzertmeistertätigkeiten und solistische Konzerte mit den Orchestern Wiener Akademie, Münchner Kammerorchester, Barockorchester und Hofkapelle Stuttgart zu seinen Verpflichtungen. Seine Erfahrungen und sein Wissen gibt Thomas Fheodoroff als Professor für Violine an der Wiener Musikuniversität und auf Meisterkursen an junge Menschen weiter. Unter den Projekten, die der Künstler immer wieder realisiert hat, sind die Aufführungen der sechs Sonaten und Partiten für Violine solo von J.S. Bach besonders hervorzuheben. Im Zusammenhang damit entstand auch eine CD-Gesamteinspielung. Thomas Fheodoroff spielt eine Violine von Nicolaus Gagliano aus dem Jahr 1747 (private Leihgabe) und verwendet einen Bogen von Francois Peccatte (um 1845). ZUM PROGRAMM DES HEUTIGEN KONZERTS Bei Betrachtung der Musikgeschichte der letzten drei Jahrhunderte erweist sich das Wirken Ludwig van Beethovens als Angelpunkt einer langfristigen Entwicklung: Er hat einerseits den nach dem Tode Bachs - von Gluck, Haydn und Mozart zur höchsten Blüte geführten klassischen Stil erweitert und ausgebaut und andererseits entscheidende Leitlinien für das musikalische Schaffen des kommenden 19. Jahrhunderts vorgezeichnet. Das leidenschaftliche Gefühlsleben, das ihn als Menschen kennzeichnet, findet sich auch in seinen manchmal Riesenmaße annehmenden Werken, wodurch sie oft persönlicher auf uns wirken als die seiner Vorgänger. Die Familie Beethoven stammte aus den Niederlanden. Der Großvater war zunächst Mitglied und dann Kapellmeister der kurfürstlichen Hofkapelle Bonn, sein Sohn, Beethovens Vater, stand als Tenorist ebenfalls in kurfürstlichen Diensten, und bereits im Alter von dreizehn Jahren wurde auch Sohn Ludwig als Bratschist und Cembalist in die Hofkapelle aufgenommen. Mit 17 Jahren schickte ihn sein Landesherr und Förderer, Graf Ferdinand von Waldstein, zu Mozart in die damalige Musikmetropole Wien. Um den betrüblichen Verhältnissen daheim zu entrinnen (Tod der Mutter, Vater Trinker), kehrte er dorthin für immer zurück. Mit Hilfe von Empfehlungsschreiben rheinischer Adeliger (zum Teil mit dem Wiener Adel verwandt) und aufgrund der Art, wie er seine Kompositionen auf dem Klavier vortrug, erregte er große Bewunderung. Sein späterer Schüler Carl Cerny berichtet: „Sein Spiel zeichnet sich durch eine ungeheure Kraft, Charakteristik, unerhörte Bravour und Geläufigkeit aus.“ Mit großzügiger Unterstützung des musikbegeisterten Wiener Adels betrieb er intensive Studien bei Joseph Haydn, Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri. Als Pianist und Klavierlehrer konnte er schon bald einigermaßen für seinen Lebensunterhalt sorgen. Finanzielle Unterstützung fand er aber darüber hinaus bei adeligen (später auch bürgerlichen) Gönnern, die ihm ein festes jährliches Gehalt garantierten und ihm so die Entfaltung als freischaffender Komponist ermöglichten. Der besseren Übersichtlichkeit halber werden Beethovens Werke in der Regel in drei Schaffensphasen gegliedert. Als „früh“ bezeichnet man alle Kompositionen, die bis kurz nach der Jahrhundertwende entstanden sind, in jener Zeit, in der Beethoven nach tastenden Versuchen zum eigenen Stil findet, der sich gleichwohl hörbar an zeitgenössischen Vorbildern (Haydn und Mozart vor allem) orientiert. Hierher gehören die beiden ersten Sinfonien, die ersten drei Klavierkonzerte und die beiden Violinromanzen. Beethovens Violinkonzert D-Dur, op. 61, entstand während der außergewöhnlich fruchtbaren mittleren Schaffensperiode im Jahr 1806 innerhalb kurzer Zeit. Es bedeutet einen energischen Schritt fort von der Tradition des 18. Jahrhunderts und öffnet die Tür weit ins 19. Jahrhundert. In seiner formalen Architektur und in seinem geistigen Gehalt hat es symphonisches Format. Das homogene Zusammenwirken von Soloinstrument und Orchester, die beide am musikalischen Geschehen in gleichem Maße beteiligt sind, tritt schon beim ersten Solo-Einsatz in Erscheinung. Hier steigt die Solovioline in den Schritten des gebrochenen Septakkords mit den technisch schwierigen Oktavvorhalten gleichsam schwerelos und quasi improvisierend organisch aus dem Tutti der Streicher empor und ergreift sodann die Initiative. Der Kopfsatz ist vielgestaltig und zeichnet sich durch seine eher epische Grundhaltung aus, die weitgehend auf Dramatik und Leidenschaftlichkeit verzichtet. Haupt- und Seitenthema weisen große Nähe zueinander auf, die sich in ihrer eher lyrischen Grundhaltung äußert. Bereits in der Exposition werden eine Reihe weiterer mehr oder weniger verwandter Themen ausgebreitet, deren Verknüpfung die Basis für das Geschehen in der Durchführung darstellt. Ein typisches Kennzeichen dieses monumentalen und gleichzeitig in klassischer Ausgewogenheit in sich ruhenden Satzes ist die Kunstfertigkeit der Figurationen, mit denen der Part der Solovioline ausgestattet ist. Nach der Solo-Kadenz stimmt der Solist noch ein letztes Mal ganz zart das Hauptthema an. Das Larghetto mutet insgesamt wie eine Meditation an und ist „von überirdischer Reinheit der Empfindung erfüllt“ (R. Kloiber). Sein dreimal motivisch ansetzendes und sich zum großen melodischen Bogen weitendes Thema erklingt zuerst in den gedämpften Streichern; dann intonieren es die Hörner fortgeführt von der Klarinette, schließlich erscheint es im Fagott und noch einmal im Streichersatz, während die Solo-Violine es phantasievoll umspielt. Insgesamt handelt es sich um einen Variationssatz über zwei Themen, wobei das 1. Thema dem Orchester und das 2. Thema der Sologeige zugeteilt ist. Der meditative Tonfall verstärkt sich zum Ende des Satzes hin immer mehr. Auf eine abschließende Variation des Themas der Solovioline folgt eine kurze Satz-Coda. Aus dem letzten Fermatenakkord entwickelt sich über eine aus wenigen Takten bestehende Kadenz, unmittelbar folgend, wie eine Befreiung, der Beginn des Finalsatzes. Es ist dies ein zu dem Vorhergehenden stark kontrastierendes Rondo von frischem musikalischem Schwung, das von dem mitreißend lebenslustigen Tanzthema im 6/8-Takt lebt. Dessen Motorik leitet sich aus den fast durchgehenden Achteln ab, wodurch auch das musikalische Geschehen immer wieder aufs Neue in Gang gesetzt wird. Beethovens 2. Symphonie ist in den Jahren 1801/02 entstanden. Ausgearbeitet hat Beethoven das Werk hauptsächlich während des Sommers 1802 in Heiligenstadt. Im Oktober wurde die Komposition kurz nach der Niederschrift des „Heiligenstädter Testaments“ abgeschlossen. In diesem Brief an seine Brüder Carl und Johann bringt der 32-Jährige bekanntlich seine Verzweiflung über die fortschreitende Ertaubung und gesellschaftliche Isolation sowie den nahe geglaubten Tod zum Ausdruck. Von der depressiven Gefühlswelt dieses Dokuments ist in dieser Symphonie nichts spürbar. Im Gegenteil! Das mit der überschäumenden Kraft jugendlichen Elans gestaltete Werk stellt in seiner frischen, musikantischen Haltung eine der liebenswürdigsten und diesseitigsten Schöpfungen des Meisters dar. Darüber hinaus offenbart es einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung von Beethovens symphonischem Stil und zeigt in wesentlich höherem Maß als die Erste ein Eigenprofil. Während letztere stilistisch Haydn nahesteht, ist die 2. Symphonie in ihrer teils anmutigen, kapriziösen Thematik mehr dem Geist Mozarts verbunden. So führt gleich die bedeutsame Einleitung einen musikalischen Gedanken in phantasiereicher Gestaltung durch: rhythmisch subtil abgestuft in kleinsten Zwischenwerten, mit Trillerfiguren und schwirrenden Tonleitermotiven ausgeziert und zwischendurch auch in mächtiger Punktierung im Tutti auftrumpfend, dann wieder in Mollregionen ausweichend und Triolenund Sechzehntel-Linien gegeneinander führend. Darauf folgt ein Allegro von sprudelnder Vitalität, bei dem selbst das gesangliche 2. Thema einen beschwingten und heiteren Charakter hat. Im ersten Teil der Durchführung durchlaufen zunächst die motivischen Bestandteile des Hauptthemas dynamische, harmonische und auch kontrapunktische Verwicklungen. Der zweite Teil der Durchführung beschäftigt sich mit dem Fanfarenthema des Seitensatzes. Bemerkenswert ist die gewichtige Behandlung der Satz-Coda. Der zweite Satz, Larghetto, mit seinen vier kantablen Themen bildet den weit ausschwingenden Ruhepunkt der Sinfonie.. Die überraschende melodische Vielfalt der Exposition wird in der Durchführung, voll harmonischer Trübungen, in ungemein farbiger Weise durch emotionale Höhen und Tiefen geführt. Als humorvoll-behäbiger Abgesang endet dieser Satz, der als einer populärsten Beethovens gilt. Der 3. Satz wurde hier von Beethoven erstmals als Scherzo bezeichnet. Das schnelle ganztaktige Hauptthema ist ein ungemein geistreiches Spiel mit einem Drei-Ton-Motiv, das sich unversehens zu periodischer Themenbildung fügt. Mit genialer Phantasie wird das Motiv taktweise auf verschiedene Oktaven und Instrumentengruppen verteilt. Im Trio wird dem eine wiegende Tanzweise gegenübergestellt. Das Finale ist ein hochvirtuoses Orchesterstück, in dem der Komponist insofern neue Wege geht als er in dem Sonatensatzgebilde mit starken Rondo-Zügen drei Themen statt der üblichen zwei aufstellt. Diese werden äußerst fesselnd verarbeitet. In seinem musikantischen Schwung hat der Satz ein kapriziöses Gepräge, weshalb ihn Berlioz als das „zweite Scherzo“ dieser Symphonie bezeichnet hat. An verschiedenen Stellen treten, wie schon im Larghetto, so auch in der Coda des Schlusssatzes romantische Züge in Erscheinung. Und bei der zweiten Fermate mit dem überraschenden Eintritt des Sextakkords und durch die darauffolgende Pianissimo-Episode erfährt der fröhliche und festliche Ausklang des Werkes eine hintergründige Verzögerung.