Die Fabrik der Zukunft | Menschen | Unternehmen Wenn Umweltschutz und Chemieindustrie Hand in Hand gehen Die Fabrik der Zukunft steht in Holland auf der grünen Wiese Kein grauer Betonklotz, keine giftigen Abfälle und kein CO2. Stattdessen die grünste Fabrik Europas inmitten grüner Wiesen und Felder: In einer kleinen Stadt in den Niederlanden müssen Natur und chemische Industrie kein Gegensatzpaar sein. Das beweist Unipro bv, Tochterfirma der Uzin Utz AG, mit einer nachhaltig gebauten Fabrik. Umgeben von purer Natur steht die grüne Fabrik von Unipro bv. Der Moos- und Sedum-Teppich auf dem Dach dient zur Wärme-, Kälte- und Schallisolierung, filtert Feinstoffpartikel und bindet gleichzeitig CO2. 26 184 Dach harmonisch in die natürliche Umgebung: die grünste Fabrik Europas. Um genauer zu sein: die laut Bestnoten von GPR Gebouw, einer niederländischen Beratungsfirma für nachhaltiges Bauen, grünste Fabrik der Niederlande und West­europas. Unipro bv, Komplettanbieter von Bodensystemen, möchte mit dem neuen Gebäude beweisen, dass nachhaltige Bodenlösungen, Chemieindustrie und Naturverbundenheit kein Gegensatz sein müssen. Nachhaltigkeit in Person „Das ist unser Herzstück, die Aorta. Und die kleinen Rohre hier sind die Adern. Sie wärmen oder kühlen das Gebäude“, erzählt Beijk stolz. Er zeigt auf die Heizung in dem kleinen, fensterlosen Raum zwischen Lager und Verwaltung. Es gibt keinen Gasanschluss. Stattdessen liefern Erdwärme und Strom aus Wind und Sonne die nötige Energie. Der 52-Jährige kennt alle Abläufe in der Fabrik. Der Innenarchitekt ist in den Niederlanden einer von 50 Experten für nachhaltiges Bauen. Mit den Worten des Geschäftsführers Gerben Bouwmeester ist er mehr als das, er ist die „die Nachhaltigkeit in Person“. Beijk hat hier gemeinsam mit Architekten und Ingenieuren ein Gebäude konzipiert, in dem Produktion und Verwaltung CO2-neutral allein mit regenerativer Energie auskommen. Auch wenn der Bau seit Mitte Mai abgeschlossen ist und damit eigentlich ­Bejiks Aufgabe erledigt wäre, bleibt er der Tochterfirma der Uzin Utz AG weiter erhalten. Angestellt als „NachhaltigkeitsBotschafter“ wird er sich auch in Zukunft für die grüne Fabrik einsetzen und am Konzept feilen. %342)#( 7%), 7)2 !,,% $ ! 2 !s 5 & 34%( . Foto: Unipro bv Er wirft einen Blick auf die Uhr und hält kurz inne. Maurice Beijk weiß genau, dass er nie genug Zeit haben wird, alles zu erzählen. Dabei gibt es so viel zu erzählen. Immer wieder bleibt er bei der Führung stehen, erklärt die Abläufe hier, die Prozesse da und wie sie sich dem ganzheitlichen Konzept fügen. Was Beijk, der eigentlich Innenarchitekt ist, hier Besuchern zeigt und mit Hingabe erklärt, ist mehr als nur eine Fabrik – er führt sie durch sein Lebenswerk. Eine Vision von einer Fabrik, die er in den Niederlanden unweit der deutschen Grenze verwirklicht hat. Eine Vision, an der er auch nach Fertigstellung des neuen Gebäudes der Firma Unipro bv weiterarbeitet. Nach zwei Jahren Bauzeit ist im September endlich der ganze Stolz der Produktion umgezogen: die bunten, designorientierten Arturo-Kunstharzböden. Eigentlich sollten für den Innenarchitekten Führungen wie diese Routine sein. Regelmäßig lädt das Unternehmen die Bewohner der 25.000-Seelen Gemeinde Haaksbergen zum Tag der offenen Tür ein. Die Firma ist mittlerweile das Aushängeschild der Gemeinde. Und das hat sich weit über die Stadtgrenze hinaus herumgesprochen. Die Königin der Niederlande, Königin Máxima, kam im Mai zur Eröffnungsfeier vorbei. Zuletzt waren Vertreter des Chemie-Konzerns BASF da, um sich von Beijk erklären zu lassen, was in dieser Fabrik genau abläuft. Das Interesse ist groß und das hat einen Grund. Denn am Rande des Industriegebiets im niederländischen Haaksbergen steht sie. Umgeben von Äckern und Wiesen fügt sie sich mit hölzerner Fassade, hohen Fenstern und Kräutergarten auf dem Menschen | Unternehmen | Die Fabrik der Zukunft Grün, Blau, Weiß und Grau − Unipro bv holt im Verwaltungsgebäude die Natur ins Innere der Firma. Möglich macht das die Verlaufsbeschichtung mit Arturo in einem einmaligen Design. Das Team von Unipro (v. l. ): Verkaufsleiter Robert Mattmer, Julia Mackenbach vom Marketing, Geschäftsführer Frank ter Beke, Nachhaltigkeits-­ Experte Maurice Beijk und Geschäftsführer Gerben Bouwmeester. Im hellen Atrium führt eine Treppe zu einem Steg aus Gitterrost, der hoch über den Regalen einen guten Blick auf das Lager eröffnet. Staplerfahrer ziehen hier leise ­ihre Runden. Aus Lautsprechern an der Decke ertönt Musik. Der Steg führt weiter zur Produktionshalle – hoch über Abfüllstraßen, Rohrleitungen und großen Tanks. Dort sorgen die Mitarbeiter für die richtige Mischung der Komponenten und Farbpigmente. Nicht per Hand, sondern per Knopfdruck: Jeder Mixer ist mit einem Computer verbunden. Ein Knopfdruck auf das entsprechende Icon genügt und die Pigmente werden der Grundmischung beigegeben. Sollte einmal etwas danebengehen, fließen die ­Chemikalien über Gitter im Boden in Auffangbehälter. Unipro bv schätzt, dass der Anteil bunter, kreativer Böden weniger als zehn Prozent beträgt. Innenarchitekt Beijk weiß aber, dass es diese knalligen Designprodukte braucht, um die großen Flächen verkaufen zu können. Fotos: Unipro bv, Sandra Depner Funktion ist nicht alles – auf Design kommt es an Arturo, das sind designorientierte Kunstharzböden und Versiegelungen. Die lösemittelfreie Produktpalette reicht von Verlaufsbeschichtungen, farbiger und farbloser Versiegelung bis hin zu Steinteppichen, Mörtelböden und Einstreubelägen. Derzeit ist Unipro bv laut eigenen Angaben Markführer in den Niederlanden, was Klebstoffe und Kunstharzböden betrifft. Türöffner zum deutschen Markt soll das Konzept hinter Arturo sein. Die Kunstharzböden wollen mehr als nur funktional sein – sie wollen vor allem optisch punkten. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung feilen die Mitarbeiter an der Rezeptur für Arturo. Im Designstudio visualisieren „Floorstylisten“ die Böden. An ihren Bildschirmen entwerfen sie Raumwelten, beim „Trendwatching“ spüren sie auf, was den Kunden heute und in Zukunft begeistern könnte. Vor dem Vorstandssekretariat fließen blaue und grüne Flächen ineinander. Im Büro des Verkaufsinnendienstes zeigt eine Fotografie schmelzende Polkappen. Korrespondierend dazu tauchen unter den Füßen blaue Flecken als Eisschollen auf. „Industrieböden sind unser Hauptgeschäft. Das heißt aber nicht, dass sie grau sein müssen“, sagt Julia Mackenbach, zuständig für das Marketing in Deutschland. Der Boden der Zukunft Beijk steht im hellen Atrium, hinter ihm leuchtet eine grüne Wandinstallation. Hier hat Unipro bv die Natur einfach ins Haus geholt, denn die Wand besteht aus natürlich gefärbtem Moos. Darin eingefasst ist ein LED-Bildschirm. Er zeigt Bilder vom Bau, dem Besuch der Königin oder eine Graphik, die erklärt, was dieses Gebäude zur grünsten Fabrik macht. Darüber steht auf der Mooswand in weißen Lettern „Der Boden der Zukunft“. So ambitioniert das neue Firmengebäude konzipiert wurde, so ambitioniert sind auch die Pläne für die Zukunft. Geht es nach dem Nachhaltigkeitsexperten Beijk, sollen die Produkte einmal alle Bestnoten in der Umweltproduktdeklaration EPD (Environmental Product Declaration) erhalten. M Sandra Depner 184 27