Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber März 2006 Sprachenzentrum DaF Teil III/IV: Leseverstehen / Wissenschaftssprachliche Strukturen Textvorgabe Die Erde erwärmt sich. Das Jahr 2001 war laut Weltmeteorologie–Organisation (WMO) nach 1998 das zweitwärmste Jahr seit Beginn der systematischen Temperaturmessungen vor rund 160 Jahren. In den letzten 30 Jahren stellten die Wissenschaftler einen Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur um 0,6 Grad Celsius fest. Sie prognostizieren eine weitere Erwärmung der Erde um 5 bis zu sechs Grad Celsius bis zum Jahr 2100. Den Klimaforschern zufolge wird dies dadurch verursacht, dass sich die Konzentration so genannter Treibhausgase in der Atmosphäre erhöht hat. Seit 1750 ist zum Beispiel die durchschnittliche Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre um 31 Prozent gestiegen. Dieses Treibhausgas entsteht vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas. 10 Die Erderwärmung und Klimaveränderungen hinterlassen weltweit Spuren. In den letzten Jahren traten extreme Wetterereignisse wie Überflutungen, Dürre, tropische Zyklone oder extrem hohe bzw. niedrige Temperaturen gehäuft auf. Die verstärkt auftretenden Wetterextreme haben meistens weitreichende Folgen für ganze Regionen. Sie sind oft die Ursache für zahlreiche Todesopfer, und die volkswirtschaftlichen Schäden, die dadurch entstehen, sind sehr hoch. Die 15 Hurrikans, die im Jahre 2005 in der Karibik und den USA auftraten, sind Beispiele dafür. Die steigenden Temperaturen haben auch Auswirkungen auf das Eis der Arktis. Es schmilzt schneller. So ist beispielsweise in den vergangenen 30 Jahren eine Fläche so groß wie Frankreich und Spanien zusammen vom Eis im arktischen Ozean abgeschmolzen. Dieses führte dazu, dass der Meeresspiegel u.a. wegen der Schmelze in der Polarregion um fast acht Zentimeter angestiegen ist. 20 Durch das Schwinden des Eises wird aber wiederum der Erwärmungsprozess beschleunigt. Die Klimaexperten gehen davon aus, dass die Erderwärmung und Klimaveränderungen für die zunehmenden Wetterextreme mitverantwortlich sind. Angesichts dieser Tatsachen muss der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen, die bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas entstehen, erheblich reduziert werden. Zudem verlangen 25 der weltweit steigende Energiebedarf und nicht zuletzt die hohen Ölpreise eine Energiewende. Die klimafreundlichen, alternativen Energien wie z. B. Wind- und Sonnenenergie müssen verstärkt gefördert und ausgebaut werden. Die erneuerbaren Energien sind Energiequellen, die sich durch natürliche Prozesse laufend erneuern und nach den Zeitmaßstäben des Menschen unendlich lange zur Verfügung stehen. Wichtige Quellen der erneuerbaren Energien sind beispielsweise: 30 Sonnenstrahlung, Wind, Erdwärme (Geothermie). Man unterscheidet diese von nicht regenerierbaren, fossilen Energieträgern (z. B. Kohle, Erdöl, Erdgas), deren Reserven sind jedoch weltweit begrenzt. Sie betragen nach derzeitigen Schätzungen etwa 42 Jahre für Erdöl, 65 Jahre für Erdgas und für Kohle etwa 200 Jahre. Die Erschöpfung der Öl- und Gasvorräte ist also absehbar. Dagegen sind die regenerativen Energien praktisch unerschöpflich und schonen die natürlichen 35 Ressourcen. Außerdem sind sie umweltfreundlich und tragen ganz besonders zum Klimaschutz bei. Darüber hinaus werden auch neue Arbeitsplätze geschaffen, wenn die alternativen Energien ausgebaut und stärker genutzt werden. Werner2006 1 40 45 50 55 Trotz dieser Vorzüge ist der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung insgesamt noch zu gering. Zurzeit liefern die alternativen Energien in Deutschland 9,4 Prozent des deutschen Stroms, wobei die Windenergie besonders genutzt und gefördert wird. Die Stromerzeugung aus Windkraft nimmt nach der Wasserkraft den zweiten Platz ein. Danach folgt die Stromgewinnung aus Biomasse. Die Windkraftanlagen wandeln Windenergie in elektrische Energie um, und diese wird überwiegend in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Derzeit gibt es deutschlandweit ca. 14 000 Windräder. Im Jahr 2002 produzierten sie 4,7 Prozent des deutschen Stroms. Um den heutigen Energiebedarf zu decken, ist dieser Anteil an der gesamten Stromversorgung zu gering. Die Windkraftanlagen arbeiten noch nicht wirtschaftlich genug. Künftig muss die Windkrafttechnologie also weiterentwickelt und verbessert werden. Dafür stellt der Staat zusätzlich finanzielle Mittel zur Verfügung, so z. B. für die Entwicklung neuer Rotoren. Windenergie wird aber auch noch auf eine andere Weise gefördert: Die großen Stromkonzerne müssen die in elektrischen Strom umgewandelte Windenergie nicht nur in ihre Stromnetze einspeisen, sondern sie müssen für diesen Windstrom auch zwischen 6,0 und 8,8 Cent pro Kilowattstunde an die Betreiber der Windkraftanlagen zahlen. Dazu verpflichtet sie das ErneuerbareEnergien- Gesetz (EEG). Die Erzeugung von Strom aus konventionellen Energieträgern kostet ungefähr 3 Cent pro Kilowattstunde. Windstrom ist also teurer als herkömmlich erzeugter Strom. Die zusätzlichen Ausgaben geben die großen Stromkonzerne an die Verbraucher weiter. Sie bezahlen dadurch jährlich rund 18 Euro mehr für den Strom. Die Befürworter der Windkraft fordern trotz der Probleme die Unterstützung und Förderung von umweltfreundlichen Windkraftanlagen, damit die Verfahren zur Energiegewinnung in Zukunft 60 effizienter und kostengünstiger werden. Ihrer Meinung nach ist es sinnvoller, die alternativen Energiequellen finanziell zu unterstützen, als beispielsweise den Steinkohlebergbau mit Milliardenbeträgen zu subventionieren bzw. viel Geld für die Beseitigung der Umweltschäden auszugeben, die durch Havarien von Öltankern entstehen. Dagegen äußern Kritiker der Windkraftanlagen die Ansicht, dass das Landschaftsbild durch die 65 Windräder negativ beeinträchtigt wird. Außerdem können die Windkraftanlagen nicht kontinuierlich arbeiten, weil sie sehr wetterabhängig sind. Hinzu kommt auch, dass sich die Anwohner durch den Lärm, den die Rotoren verursachen, belästigt fühlen. Unumstritten ist jedoch bei Befürwortern und Kritikern die Tatsache, dass Deutschland sich konsequent für den Klimaschutz einsetzen muss, und dazu gehören Ausbau und Weiterentwicklung 70 der erneuerbaren Energien. Die Windkraft wird zwar nie zur wichtigsten Energiequelle werden, sie ist aber der Einstieg in eine umweltschonende Energieversorgung. (8 30 Wörter) Nach: Ralf Butscher: Neue Energie (S. 60-66/ bearb.) In: bild der wissenschaft / 5/2003 und Nach einer Publikation von Germanwatch: Globaler Klimawandel /2005/ Autorengruppe 2