Erwartungshorizont: Teilleistungen – Kriterien Probeklausur zum Thema Islam ge1 EF 08. März 2017 Bra a) Inhaltliche Leistungen Teilaufgabe 1 Anforderungen 1 2 3 4 5 6 Der Prüfling Benennt den Verfasser (deutscher Islamwissenschaftler Heinz Halm) und den Adressatenkreis (historisch interessiertes [Fach]publikum) Charakterisiert die Quellengattung als (populärwissenschaftliche) Sekundärquelle und die Textart als Arbeitet das Thema heraus: Die Darstellung beschreibt die Struktur des islamischen Staates und das Fehlen einer islamischen „Kirche“ unter Rückbezug des Verhältnisses von Staat und Religion im Islam. Nimmt eine erste kurze historische Einordnung der Quelle vor. Die Quelle nimmt, retrospektiv aus dem Jahr 2011 betrachtet, auf die Struktur des islamischen Staates und dessen Verhältnis zur Religion im 8. Jahrhundert zur Zeit des Abbasiden-Kalifats Bezug. Stellt die Intention des Autors heraus. Eine allgemeine und historische Darstellung über das Entstehen und Verhältnis des islamischen Staates und der islamischen Religion auf der Arabischen Halbinsel im 8. Jahrhundert beginnend, sowie eine Charakterisierung bis in die heutige Zeit hinein. Gibt den Inhalt und Gedankengang wieder, indem er folgende zentrale Aspekte herausarbeitet Der Islam als Religion ist zeitgleich und gemeinsam mit dem islamischen Staat entstanden (Z. 1) und hat sich mit ihm ausgebreitet (Z. 2) staatliche Führung, sprich weltliche Macht, lag immer in den Händen von Muslimen (Z. 2 f.) enges Verhältnis von Staat & Religion (Identität) (Z. 5) Die Sicherheit dieser Verbindung begann ab dem 8. Jahrhundert zu brechen, als islamische Staaten damit begannen untereinander Krieg zu führen (Z. 5 ff.) Staatliche und religiöse Interessen können dennoch miteinander divergieren (Z. 8 f.) Slogan des Islam ist nur als ideologisches Postulat zu betrachten, welches keine historische Wirklichkeit wiedergibt (Z. 10 f.) vormoderne islamische Staaten folgten drei Prinzipien: Islam als herrschende Religion (Z. 12) Muslime als Privilegierte innerhalb des Staates (Z. 13) Nichtmuslime unterlagen dem dhimmi-Konzept und galten als Untertanen bzw. Untergebene (Z. 13 ff.) Das Schwinden des islamischen Charakters des Staates kann am Beispiel des Osmanischen Reiches genauer betrachtet werden (Z. 16 ff.) unterschiedlicher Fortschritt des Prozesses war national & territorial begründet (Z. 19 f.) Fehlen einer umfassenden religiösen Organisation, erwies sich beim Verschwinden des islamischen Staates keineswegs als gravierender Mangel (Z. 21 ff.) Islam konnte sich als Religion auch ohne islamische Herrscher behaupten (Z. 23 ff.); Gründe hierfür waren: präzise ausformulierte und Jahrtausende alte religiöse Traditionen (Z. 25 f.) ein eigener Berufsstand, welcher die Traditionen wahrte (Z. 26) Verankerung der Traditionen im muslimischen Alltag (Z. 27) Orientierung für eine 8 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Die Hauptaussagen der Darstellung werden zutreffend wiedergegeben. -1- Maximal erreichbare Punktzahl 3 2 3 2 3 10 Erwartungshorizont: Teilleistungen – Kriterien Probeklausur zum Thema Islam ge1 EF 7 Orientierung für eine 15 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Die Hauptaussagen der Darstellung werden präzise und differenziert so herausgearbeitet, dass Inhalt und gedanklicher Aufbau der Quelle deutlich werden. Erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. 08. März 2017 Bra 2 Teilaufgabe 2 Anforderungen 1 Der Prüfling Ordnet die Quelle in den historischen Kontext ein, indem er beispielsweise folgende Sachverhalte erläutert: Von der Arabischen Halbinsel ausgehende starke Expansion des islamischen Reiches vom 7. bis 8. Jahrhundert durch die Kalifate (Omayaden & Abbasiden) über weite Teile des Mittelmeerraumes (Arabische Halbinsel, Vorderasien, Nordafrika, Iberische Halbinsel) Die Unterwerfung der Stämme auf der Arabischen Halbinsel durch die Kalifate der Omayaden und Abbasiden Das dhimmi-Konzept um das Verhältnis zwischen Muslimen als Privilegierte der Bevölkerung und Nichtmuslime als deren Untertanen zu beschreiben (Unterwerfung der Nichtmuslime) Schwinden des islamischen Charakters des Staates am Beispiel des Osmanischen Reiches, dessen Herrscher zeitgleich Sultan und Kalif war Kennzeichnung des modernen Islams der heutige Zeit Maximal erreichbare Punktzahl 12 Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkte entsprechenden Aufgabe: Die Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereichs und die damit verbundene Frage nach dem Umgang mit den religiösen Minderheiten werden in Grundzügen und ohne große sachliche Mängel dargestellt. 2 Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkte entsprechenden Aufgabe: Die Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereichs und die damit verbundene Frage nach dem Umgang mit den religiösen Minderheiten werden umfassend und sachlich korrekt dargestellt. Erläutert unter Einbezug der historischen Kenntnisse und auf Basis des vorliegenden Textauszugs das Verhältnis von Staat und Religion im Islam, indem beispielsweise folgende Aspekte betont werden: Position des Autors Die islamische Religion und der islamische Staat sind von Anbeginn an eng miteinander verknüpft, was eine scharfe Trennung der beiden Sphären nicht möglich macht, aber dafür eine starke Verwebung der beiden fördert. Zentrale Aussagen Das zeitgleiche und gemeinsame Entstehen der islamischen Religion und des islamischen Staates, welches zu einer engen Identifizierung der beiden zuund miteinander führte Den beginnenden Zerfall der Sicherheit beider, als die islamische Mächte der selbstständigen Staaten im 8. Jahrhundert damit begannen Krieg untereinander zu führen Die durchaus mögliche Divergenz zwischen staatlichen und religiösen Interessen Die Beschreibung der historischen Wirklichkeit, in welcher der Islam als herrschende Religion in den vormodernen Staaten der islamischen Welt Muslime als rechtlich privilegierte Bevölkerungsgruppe und Nichtmuslime als ihre Untertanen/Schutzbefohlene (dhimmis) ansahen. Das Schwinden des islamischen Charakters des Staates am Beispiel des Osmanischen Reiches Die Kennzeichnen des modernen Islam, welcher ein Fehlen einer umfassenden religiösen Organisation aufweist Das Erkennen, dass dieses Fehlen nach dem Verschwinden des islamischen -2- 11 Erwartungshorizont: Teilleistungen – Kriterien Probeklausur zum Thema Islam ge1 EF 08. März 2017 Bra Staates keine gravierenden Mängel auftat, da sich der Islam als Religion auch ohne den Schutz und die Fürsorge islamischer Herrscher behaupten konnte Den Grund hierfür in präzisen und altbewährten religiösen Traditionen, ihrer Wahrung bis in die Gegenwart und ihrer Verankerung im muslimischen Alltag verdeutlichen und herausstellen. Fazit Das Verhältnis von Staat und Religion im Islam kann und muss multiperspektiv betrachtet werden um es in seiner Gänze erfassen zu können. Hierzu zählt insbesondere die zunächst enge und starke Verknüpfung beider Elemente, die nicht trennscharf voneinander unterschieden werden können, bis es zu einem allmählichen Zerfall und Zusammenbruch der islamischen Staaten kam. Daran anknüpfend muss die Etablierung des Islams als Religion und deren Fortbestand ohne einen um es herumgewobenen islamischen Staates bis in die Gegenwart aufgeführt werden, die weiterhin durch althergebrachte religiöse Traditionen und deren Wahrung und Verankerung im muslimischen Alltag, weiterhin von Bestand ist. Orientierung für eine 7 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Die Hauptaussagen der Darstellung werden zutreffend wiedergegeben. 3 Orientierung für eine 14 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Die Hauptaussagen der Darstellung werden präzise und differenziert so herausgearbeitet, dass Inhalt und gedanklicher Aufbau der Quelle deutlich werden. Erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. 4 Teilaufgabe 3 Anforderungen 1 Der Prüfling Beurteilt ausgehend von den dargestellten Ausführungen Halms, inwieweit eine Trennung von weltlicher und geistlicher Macht im Islam vollzogen werden kann. Dabei können folgende Aspekte berücksichtigt werden: Die Frage danach, ob und wenn ja in wie weit sich eine Trennung von weltlicher und geistlicher Macht im Islam vollziehen lässt, stellt eine Problematik dar, welche im morgenländischen Christentum in diesem Ausmaße eher unbekannt ist. Daher ist es zunächst von Nöten sich einen genaueren Überblick über die Materie zu verschaffen, in dem man sich mit der Multiperspektivität des Problems befasst und für sich die jeweiligen Argumente abwägt. Der Aussage ist aus folgenden Gründen zuzustimmen: Die gemeinsame Entstehung eines islamischen Staates und einer islamischen Religion ist als Schlüsselereignis zu sehen, welches die darauf folgenden Ereignisse in einem größeren oder kleineren Rahmen beeinflusste Der Umstand, dass es sich bei den führenden Herrschern der jeweiligen islamischen Ländern zugleich um Muslime handeln musste und nicht beispielsweise ein Christ oder Jude diese Position einnehmen konnte, spricht ebenfalls dafür, dass Staat & Religion im Islam nicht getrennt werden Ein enorm hohes Maß an Identität zwischen weltlicher und geistlicher Macht hatte insbesondere in der Anfangsphase, in welcher sich der Islam in beiden Spähen noch etablieren musste, eine Trennung unmöglich werden lassen Vormoderne Staaten in der islamischen Welt zeugten immer vom Islam als vorherrschende und führende Religion, die keine Etablierung oder gar Verdrängung durch anderer Religionen zuließ Schwinden des Osmanischen Reiches verdeutlicht, dass die islamische Religion auch ohne den Rahmen eines islamischen Reiches weiterhin von Fortbestand sein kann, wie er noch heute im modernen Islam zu finden ist Die Position des Autors kann aus folgenden Gründen relativiert werden: -3- Maximal erreichbare Punktzahl 24 Erwartungshorizont: Teilleistungen – Kriterien Probeklausur zum Thema Islam ge1 EF 08. März 2017 Bra Mit Beginn des 8. Jahrhunderts und dem Kalifat der Abbasiden begann sich die Struktur des Islams auf beiden Ebenen immer mehr aufzuweichen Die Etablierung selbstständiger Staaten und die daraus resultierenden Kriege von Muslimen untereinander verdeutlichten ebenfalls, dass die weltliche von der geistlichen Macht immer weiter getrennt wurde Divergenz der staatlichen sowie der religiösen Interessen Bilanzierende Abwägung der unterschiedlichen Positionen, die beispielsweise zu folgendem Ergebnis kommen könnten: Das Fehlen eines islamischen Staates und einer islamischen „Kirche“, wie es Halm beschreibt, muss in jedweder Hinsicht kritisch reflektiert werden um die Multiperspektivität des Sachverhaltes gerecht werden zu können. Die differenzierte Auseinandersetzung sollte daher vor allem aufgreifen, dass die islamische Religion auch ohne ein hinter ihr stehendes islamisches Weltreich von Bestand sein kann, aber die enge Vernetzung staatlicher und religiöser Elemente im Islam deutlich stärker ausgeprägt sind als in anderen (monotheistischen) Religionen und Staaten. Der dabei aufkommende Identitätsfaktor ist ebenfalls ausschlaggebend. Dennoch konnten bereits recht zeitnah nach der Entstehung des Islam erste Schwierigkeiten und Differenzen auf- und ausgewiesen werden, welche auch die inner-islamischen Divergenzen wiederspiegelte. Orientierung für eine 12 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Der Prüfling nimmt zur Position des Autors Stellung und beurteilt die Trennung von weltlicher und geistlicher Macht im Islam, indem drei Aspekte nachvollziehbar und ohne sachliche Mängel thematisiert werden. 2 Orientierung für eine 24 Gewichtungspunkte entsprechende Aufgabe: Der Prüfling nimmt zur Position des Autors Stellung und beurteilt die Trennung von weltlicher und geistlicher Macht im Islam, indem fünf Aspekte abwägend, schlüssig und sachlich korrekt diskutiert werden. Erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. 4 b) Darstellungsleistung Anforderungen 1 2 3 4 5 Der Prüfling Strukturiert seinen Text schlüssig, stringent sowie gedanklich klar und bezieht sich dabei genau und konsequent auf die Aufgabenstellung Bezieht beschreibende, deutende und wertende Aussagen schlüssig aufeinander. Belegt seine Aussagen durch angemessene und korrekte Nachweise (Zitate o. ä.) Formuliert unter Beachtung der Fachsprache präzise und begrifflich differenziert Schreibt sprachlich richtig (Grammatik, Orthographie, Zeichensetzung) sowie syntaktisch und stilistisch sicher Summe Teilaufgabe 1: Summe Teilaufgabe 2: Summe Teilaufgabe 3: Darstellungsleistung: / / / / Gesamtsumme: / 100 Bewertungsskala Note 1+ Punkte 15 Erreichte 100 Punktzahl – 95 1 14 94 – 90 113 89 – 85 2+ 12 84 – 80 Maximal erreichbare Punktzahl 5 4 3 4 4 25 27 28 20 2 11 79 – 75 210 74 – 70 3+ 9 69 – 65 3 8 64 – 60 -4- 37 59 – 55 4+ 6 54 – 50 4 5 49 – 45 44 44 – 39 5+ 3 38 – 33 5 2 32 – 27 51 26 – 20 6 0 19 – 0