Das politische System Deutschlands - GKR

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Demokratie/Mitbestimmung
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wenn ihrem Umgang mit dem politischen Gegner Freundlichkeit, Gelassenheit und
Mitmenschlichkeit anzumerken sind. Auch für Christen in öffentlichen Ämtern soll
Luthers Auslegung zum 8. Gebot gelten: „dass wir unsern Nächsten nicht belügen,
verraten, verleumden oder seinen Ruf verderben, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.“
Für die Bewerbung kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ein politisches
Amt und der Ausübung eines Mandats in einem Gesetzgebungsorgan oder in einem
kommunalen Vertretungsorgan gelten besondere Regelungen:
Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden vor der Entscheidung über eine Kandidatur das Gespräch mit den Gruppen und Gremien
suchen, denen sie zugeordnet sind. Das sind je nach Verantwortungsbereich der
Gemeindekirchenrat, der Kreiskirchenrat oder die Kirchenleitung. Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im Verkündigungsdienst sollen darüber hinaus ihren Konvent sowie ihren Superintendenten, Propst oder Visitator informieren.
Es ist eine gute Praxis, dass besonders in Wahlkampfzeiten die Freiheit und Unabhängigkeit der öffentlichen Wortverkündigung sowie auch die der Schwestern und
Brüder, die im haupt- oder ehrenamtlichen Verkündigungsdienst stehen, geschützt
werden muss. Pfarrerinnen und Pfarrer, die für eine Partei oder auf der Liste einer
Partei für ein politisches Mandat kandidieren, werden in der Regel in der Zeit des
Wahlkampfes vom Dienst der Wortverkündigung freigestellt. Auch ehrenamtliche
beauftragte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in solchen Zeiten ihren Dienst
als Prädikanten und Lektoren ruhen lassen.
Mit alledem wollen wir die Freiheit der Verkündigung wahren und dankbar anerkennen, dass wir in einem geordneten Staatswesen leben dürfen. Wir wollen uns als
Christen an seiner Ausgestaltung beteiligen.
Die Landessynode macht sich die Erklärung der Föderationskirchenleitung vom 24./25. Oktober 2008
zu eigen.
1
EKD-Text 63 (1997): Christentum und politische Kultur. Über das Verhältnis des demokratischen Rechtsstaates zum Christentum, S. 7.
2
Gemeinsame Text 19: Demokratie braucht Tugenden“. Gemeinsames Wort des Rates der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz zur Zukunft unseres demokratischen Gemeinwesens“, Hannover/Bonn 2006, 15.
Das politische System Deutschlands
Eckpfeiler der demokratischen Ordnung
„Alle Macht geht vom Volk aus“ – Das Demokratieprinzip als Grundlage staatlicher
Ordnung
Die Quintessenz des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland kommt
im Artikels 20 Grundgesetz (GG) zum Ausdruck. Dort heißt es: „Die Bundesrepublik
Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt
geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch
besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die
vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Diese drei Absätze, auch als „Verfassung in Kurzform“ bezeichnet, beinhalten die
für das politische System Deutschlands kennzeichnenden Strukturprinzipien:
•Demokratie,
•Bundesstaatlichkeit mit föderaler Grundordnung,
•Sozial- und Rechtsstaatlichkeit.
Entsprechend des Demokratieprinzips übernimmt das Volk als Souverän die zentrale Rolle in der demokratischen Ordnung Deutschlands, geht doch alle Gewalt von
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ihm aus. In der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik werden die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durch die gewählten Vertreter in den Parlamenten
wahrgenommen. Mit den Wahlen erhalten Parlamente als gesetzgebende Gewalt
(Legislative) ihre Legitimation. Sie sind, wie auch die ausführende Gewalt (Exekutive) und die rechtsprechende Gewalt (Judikative), an Recht und Gesetz gebunden.
Gewaltenverschränkung zwischen den Verfassungsorganen
Im Grundgesetz werden den einzelnen Verfassungsorganen – Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, der Bundespräsident und das Bundesverfassungsgericht – Rechte und Pflichten zugeschrieben. Zwar wird im Grundgesetz auch der
Bundeskanzler erwähnt, streng genommen ist sein Amt aber kein Verfassungsorgan. Durch seine Richtlinienkompetenz kommt ihm als Teil der Bundesregierung
dennoch eine gewichtige Position zu. Die einzelnen Institutionen sind im politischen System Deutschlands aufeinander angewiesen und ihre Macht wird ausbalanciert. Insofern wird eine Kontrollmöglichkeit gegeben und dem Missbrauch von
Macht und Befugnissen vorgebeugt.
Die Bürger und Bürgerinnen wählen als Souverän die Abgeordneten des Bundestages, die ihrerseits den Bundeskanzler wählen, der die Regierung bildet. Der Bundestag wählt aber auch die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichtes. Alle, der
Bundeskanzler und die Regierungsmitglieder, aber auch die Richter des Bundesverfassungsgerichtes, bedürfen der Ernennung durch den Bundespräsidenten. Dieser
wird durch das Verfassungsorgan der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung wird gebildet von den Mitgliedern des Bundestages und einer gleich großen Anzahl von Vertretern, die von den Länderparlamenten bestimmt werden.
Bild: Bundeszentrale für politische Bildung,
2009 | www.bpb.de
Das Verfassungsgericht ist als Teil der unabhängigen Judikative ein wirkungsvolles
Organ zur Kontrolle der Exekutive, aber auch der Legislative. Bürger können bei dem
Verdacht auf Verstöße gegen das Grundgesetz eine Verfassungsklage erheben. Zudem kann das Gericht durch die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle die
gesetzgebende Gewalt bei Gesetzesvorhaben und Gesetzen, die verfassungswidrig
sind, stoppen. Bürgern steht auch jederzeit die Möglichkeit offen, sich mit einer
Petition an den Bundestag zu richten, wenn sie sich durch eine Verwaltung in ihren
Rechten verletzt fühlen. Ein spezieller Petitionsausschuss prüft die eingehenden
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Petitionen und legt sie, falls er den Missstand nicht selbst beheben kann, dem Bundestag vor.
Der Bundesrat vertritt die Interessen der Länder innerhalb der Exekutive und sorgt
dadurch für ein Korrektiv gegenüber einem übermäßigen Ausbau einer zentralen
Macht. Er verfügt über ein bedeutendes Mitspracherecht im Gesetzgebungsprozess
und fungiert in dieser Position als eine weitere Kontrollinstanz gegenüber Bundesregierung und Bundestag. Die Struktur der Gewaltenverschränkung auf der Bundesebene findet sich auch auf der Ebene der Länder wieder.
Die föderale Grundordnung Deutschlands – Bund, Länder und Kommunen
Die deutschen Länder blicken auf eine lange Geschichte der Unabhängigkeit zurück. Über weite Strecken waren sie eine nur lose durch Institutionen oder Herrscher verbundene Einheiten. Darauf aufbauend haben sich die Mütter und Väter des
Grundgesetzes für eine bundesstaatliche Republik entschieden. In dieser stehen
den 16 Bundesländern, die aus diesen alten Territorien hervorgegangen sind, viele
Befugnisse im föderalen System zu. Nicht zuletzt trug die Erfahrung des totalitären
Staates der Nationalsozialisten dazu bei, dieses System als Sicherung gegen eine
erneute Machtkonzentration in den Händen einer Person oder des Zentralstaates
zu installieren. Das Grundgesetz regelt die Aufgabenverteilung zwischen Bund und
Ländern sehr genau. Eine Vielzahl von Gesetzen, die der Bundestag verabschiedet,
bedarf der Zustimmung durch die Vertretung der Länder, des Bundesrates. Zudem
sind ihnen viele Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zugeordnet.
Im Bundesrat bestimmt die Einwohnerzahl die Anzahl der Stimmen, die ein Bundesland hat. Insgesamt verfügt der Bundesrat über 69 Mitglieder, davon stellen die
einzelnen Bundesländer zwischen 3 und 6 Mitglieder, wobei dies Mitglieder der
einzelnen Landesregierungen sind.
Bild: Bundeszentrale für politische Bildung,
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Genau geregelt sind auch die Einnahmen, die der Bund, die Länder und die Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben erzielen. So teilen sich Bund (42,5 %), Länder
(42,5 %) und Kommunen (15 %) bspw. die Einkommenssteuern. Andere Steuern
und Abgaben gehen zu 100 % in die jeweiligen Haushalte der einzelnen Ebenen.
Diskussionen gibt es regelmäßig um den Länderfinanzausgleich. Da unter den Ländern Unterschiede in der Finanzkraft bestehen und ihre Einnahmen variieren, wird
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den finanzschwachen Bundesländern mittels eines Finanzausgleichs ein Teil der
Einnahmen der finanzstärkeren Länder zur Verfügung gestellt. Dies ist notwendig,
da die Länder große Aufgabenbereiche haben. So sind Schulen, Universitäten, Polizei, die Rechtspflege, das Gesundheitswesen und die Kultur Politikfelder, die in der
Verantwortung der Bundesländer liegen.
Der Bundestag – Herzkammer der Demokratie
In parlamentarischen Demokratien sind Parlamente die Herzkammern der Demokratie, die wichtige Funktionen wahrnehmen und in denen die politische Debatte
erfolgt. In der Bundesrepublik Deutschland hat der Bundestag eine besondere Bedeutung.
Gewählt wird der Bundestag alle vier Jahre nach dem personalisierten Verhältniswahlrecht. Die Wähler haben zwei Stimmen: die Erststimme und die Zweitstimme.
Mit der Erststimme wählen sie den Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis. Der Bundestag besteht insgesamt aus mindestens 598 Abgeordneten. 299 von ihnen werden direkt gewählt. Dafür stellen sich in jedem Wahlkreis sogenannte Direktkandidaten zur Wahl. Diese können einer Partei angehören oder als Parteilose kandidieren.
Mit der Erststimme entscheiden sich die Wähler für einen der Kandidaten im Wahlkreis. Der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt und bekommt einen Sitz
im Bundestag. Mit der Zweitstimme können die Wähler für die Liste einer in ihrem
Bundesland zugelassenen Partei stimmen. Auf dieser sind die Kandidaten der
jeweiligen Partei in einer festen Reihenfolge aufgelistet. Der Anteil an Zweitstimmen für eine Partei entscheidet, ob und wie viele Sitze der Partei im Bundestag
zustehen. Jedoch ziehen nur Parteien in den Bundestag ein, die mindestens fünf
Prozent der Zweitstimmen auf sich vereinigen. Diese Fünf-Prozent-Hürde gilt nicht,
wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate erringen konnte. Die Parteien
erhalten entsprechend ihrem Anteil an Zweitstimmen eine bestimmte Anzahl an
Sitzen. Diese Sitze werden zunächst an die Direktkandidaten vergeben. Sind dann
noch Sitze übrig, werden diese mit den Kandidaten der Parteilisten entsprechend
ihres Listenplatzes besetzt.
Die wichtigste Aufgabe des Bundestages besteht in der Beratung und Verabschiedung von Gesetzen, also im Erfüllen der legislativen Funktion. Dabei ist er eine
Bild: Bundeszentrale für politische Bildung,
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Mischform aus Rede- und Arbeitsparlament. Im Plenum finden oft richtungsweisende politische Debatten statt und im Hintergrund arbeiten die Ausschüsse. Die
Parlamentsdebatten dienen vor allem dazu, die Wähler über die verschiedenen Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien zu informieren. Rederecht haben
alle Abgeordneten sowie Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates. Die
Debatte folgt dem Prinzip von Rede und Gegenrede: auf eine bestimmte Position
soll eine abweichende Meinung folgen. Mitglieder der Bundesregierung und des
Bundesrats dürfen jederzeit im Plenum das Wort ergreifen.
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In den Ausschüssen werden Gesetzesvorlagen diskutiert und vorberaten, wobei in
den Fachausschüssen auch externe Sachverständige angehört werden. Die Ausschüsse erarbeiten die Vorlagen, die anschließend dem Plenum zur Abstimmung
vorgelegt werden. Im Plenum wird schließlich auch über Gesetzesvorlagen abgestimmt. Im Vorfeld einer Abstimmung haben die einzelnen Fraktionen meist bereits
beschlossen, wie sie sich im Plenum verhalten wollen. In der Regel halten sich die
Abgeordneten an den Mehrheitsbeschluss ihrer Fraktion (Fraktionsdisziplin).
Neben der Gesetzgebungsfunktion erfüllt der Bundestag weitere wichtige Funktionen. Zu nennen sind hier insbesondere die Wahl- und die Kontrollfunktion. Der
Wahlfunktion kommt dahingehend eine besondere Bedeutung zu, dass die Regierungsmehrheit im Bundestag den Bundeskanzler / die Bundeskanzlerin wählt. Im
Gegensatz zu präsidentiellen Demokratien, in denen der Regierungschef direkt vom
Volk gewählt wird, stützt sich die Regierung in parlamentarischen Demokratien also
auf eine Parlamentsmehrheit.
Da sich die Bundesregierung auf die Mehrheit im Bundestag stützt, obliegt es der Legislative auch, die Arbeit der Exekutive zu kontrollieren. Wichtige Kontrollrechte werden
vor allem durch die Opposition im Bundestag genutzt. In aktuellen Stunden, großen
Anfragen, Regierungsbefragungen und Fragestunden befassen sich die Abgeordneten
mit aktuellen Themen oder fordern mündliche Stellungnahmen der Bundesregierung
ein. Als gewichtiges Instrument steht dem Bundestag das konstruktive Misstrauensvotum zur Verfügung. Durch den Misstrauensantrag und die Wahl eines neuen Bundeskanzlers kann der Bundestag der amtierenden Regierung das Vertrauen entziehen.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, Grundfragen: 24x Deutschland
www.bpb.de/politik/grundfragen/24-deutschland
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