Grundwissen Sozialkunde – 10. Jahrgangsstufe 1. Grundlagen der Verfassungsordnung Wertordnung des Grundgesetzes Die Grundrechte in den Art. 1-19 GG sowie der Art. 20 GG bilden die normative Grundlage des Grundgesetzes, also die wesentlichen staatlichen Wertentscheidungen. Grundrechte Sie sind in Art. 1-19 GG festgelegt und werden unterschieden in Menschenrechte (die allen zustehen) und Bürgerrechte (die nur Deutschen zustehen). Man unterscheidet außerdem zwischen Freiheits-, Gleichheits- und Unverletzlichkeitsrechten. Grundrechte binden die staatliche Gewalt und dürfen in ihrem Wesensgehalt nicht angetastet werden, können aber mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat eingeschränkt oder ergänzt werden. Menschenwürde Oberstes Prinzip des Grundgesetzes, in Art. 1 GG festgelegt, das bedeutet, dass kein Mensch menschenunwürdig behandelt werden darf, dazu gehören u.a. Erniedrigung, Unterwerfung, Folter, Sklaverei, Gewalt usw. Verfassungsprinzipien, verankert in Art. 20 GG Demokratie: Volkssouveränität, d.h. alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, realisiert vor allem durch die Wahl des Bundestags; Unterscheidung zwischen plebiszitärer (unmittelbare Ausübung der Staatsgewalt durch die Bürger mittels Volksabstimmungen) und repräsentativer (durch gewählte Vertreter = Abgeordnete) Demokratie Rechtsstaat: Bindung aller Bürger und auch der Staatsgewalt an das geltende Recht; Rechtssicherheit, d.h. es gibt verlässliche Grundregeln für Gerichtsverfahren, und Rechtsgleichheit Bundesstaat: Aufteilung der staatlichen Macht zwischen Bund und Ländern, die über eigene Hoheitsrechte verfügen (= Föderalismus) Sozialstaat: Verpflichtung des Staates zur Unterstützung sozial schwacher Bürger im Sinne von sozialer Sicherheit, Gerechtigkeit und Chancengleichheit unveränderbarer Verfassungskern Er besteht aus Art. 1 (Menschenwürde) und 20 (Demokratie, Rechtsstaat, Bundesstaat, Sozialstaat) GG, die durch Art. 79(3) GG („Ewigkeitsklausel“) dauerhaft geschützt sind. 2. Mitwirkungsmöglichkeiten im demokratischen Staat Wahlrechtsgrundsätze allgemein: Wahlberechtigung aller Bürger, die die allgemeinen Voraussetzungen, z.B. Wahlalter, erfüllen unmittelbar: direkte Stimmabgabe (ohne Wahlmänner) frei: Ausübung des Wahlrechts ohne Zwang oder Druck gleich: gleiche Anzahl von Stimmen und gleicher Zählwert aller Stimmen geheim: individuelle Wahlentscheidung darf nicht erkennbar werden Wahlsysteme Mehrheitswahl: Wahl eines Kandidaten mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis, führt meist zu einer klaren Mehrheitsbildung im Parlament und stabilen Regierungsverhältnissen, aber auch zu „Papierkorbstimmen“ Verhältniswahl: Anzahl der gewählten Abgeordneten einer Partei entspricht genau dem Prozentsatz der Wählerstimmen, die sie erhalten hat; ist zwar sehr demokratisch, führt aber u. U. zu einer Vielzahl von Parteien im Parlament und einer schwierigen Regierungsbildung personalisiertes Verhältniswahlrecht Verfahren bei der Wahl zum Deutschen Bundestag, das die jeweiligen Stärken beider Wahlsysteme verknüpft Erststimme: namentliche Wahl von 299 Kandidaten in den 299 Wahlkreisen nach der relativen Mehrheitswahl Zweitstimme: Wahl der Landesliste einer Partei nach der reinen Verhältniswahl, wobei die Zweitstimme über die Gesamtzahl der Mandate jeder Partei entscheidet (insgesamt 598 Sitze im Bundestag); Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate errungen hat, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen Parteien Vereinigungen von Bürgern, die gemeinsame und umfassende politische Vorstellungen besitzen, an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, Programme formulieren und an Wahlen teilnehmen mit dem Ziel, politische Macht in Regierung und Parlamenten zu gewinnen, um ihre Ziel umzusetzen Verbände Zusammenschluss von Personen, Gruppen oder Unternehmen, die bestimmte eigene Interessen im politischen Prozess durchsetzen wollen und vor allem bei der Entstehung von Gesetzen unmittelbar Einfluss nehmen (Lobbyismus), sich aber nicht an Wahlen beteiligen Volksbegehren Forderung von mindestens 10% der stimmberechtigten bayerischen Wähler, dass eine bestimmte Entscheidung direkt vom Volk getroffen werden soll Volksentscheid Bei Erfolg des Volksbegehrens und Ablehnung des Gesetzentwurfs durch den bayerischen Landtag Durchführung eines Volksentscheids, bei dem keine Mindestbeteiligung erforderlich ist 3. Verfassungsorgane Bundespräsident Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland, von der Bundesversammlung (= alle Abgeordneten des Bundestages und eine gleiche Anzahl von Delegierten der Länderparlamente) für fünf Jahre gewählt. Hauptfunktion: Repräsentation Deutschlands nach innen und außen Bundesregierung Bundeskanzler und Bundesminister (Kabinett). Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik (Richtlinienkompetenz), jeder Minister führt sein Ministerium selbständig (Ressortprinzip), Regierungsbeschlüsse werden gemeinsam vom Kabinett getroffen (Kollegialprinzip). Bundestag Einziges direkt vom Volk gewähltes Verfassungsorgan, das die Volkssouveränität repräsentiert. Wesentliche Aufgaben: Gesetzgebung (inklusive Haushaltsrecht); Wahl des Bundeskanzlers (auch Möglichkeit der Abwahl eines Kanzlers durch das konstruktive Misstrauensvotum); Kontrolle der Bundesregierung (in der politischen Praxis primär durch die Opposition) Bundesrat Länderkammer, bestehend aus 69 Vertretern der Länderregierungen, je nach Ländergröße 3 - 6 Vertreter pro Bundesland; Hauptaufgabe: Mitwirkung an der Gesetzgebung: bei Einspruchsgesetzen suspensives (= aufschiebendes) Vetorecht, das aber vom Bundestag überstimmt werden kann; bei zustimmungspflichtigen Gesetzen und Verfassungsänderungen hingegen absolutes Vetorecht Bundesverfassungsgericht „Hüter der Verfassung“ mit folgenden wichtigsten Funktionen: Überprüfung von Gesetzen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz; Entscheidung über Verfassungsbeschwerden bei Verletzung von Grundrechten; Entscheidungen bei Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen oder zwischen Bund und Ländern; Möglichkeit des Verbots verfassungswidriger Parteien