Technologie Projektlabor „Pumpspeicherwerk“ Entwicklung einer Demonstrationsanlage zur Vergleichmäßigung regenerativer Energieabgabe Studentinnen und Studenten der TU-Berlin haben in einem dreiwöchigen Kompaktseminar ein Solarkraftwerk mit integriertem Pumpspeicherwerk zur Vergleichmäßigung der Energieabgabe entwickelt und als Demonstrationsanlage aufgebaut. Einleitung Ein Photovoltaik-Solarmodul erzeugt durch einfallendes Licht elektrische Energie und gibt diese an einen Verbraucher ab. Bei Energieüberschuss der Solarzellen, z.B. um die Mittagszeit bei guten Wetterverhältnissen, wird dabei zusätzlich Wasser aus einem Vorratsbecken in ein höher gelegenes Speicherbecken gepumpt. Für den Fall, dass vom Solarmodul keine ausreichende elektrische Energie mehr geliefert werden kann (z.B. nachts oder bei Abschattung), fließt Wasser über eine Turbine zurück ins untere Vorratsbecken und liefert über einen elektrischen Generator unter Abgabe seiner potenziellen Energie die fehlende Leistung, um den Verbraucher sicher weiter betreiben zu können. Naturschutzblätter 02 | 2006 Das Modell – Ein fahrbares Pumpspeicherwerk 46 ne entwickelt. Aus zwölf Suppenlöffeln bauten die Studenten eine auffällige Freistrahlturbine im Chrom-Design, die auf anschauliche Weise einen elektrischen Generator zur Stromerzeugung antreiben kann. Die Pumpfunktion musste jedoch extern mit einer handelsüblichen Aquariumspumpe realisiert werden, die durch Pulsmodulation geregelt werden kann. (Bild oben rechts) Die Wasserspeicher in Form von Ober- und Unterbecken wurden durch einfache Wannen aus dem Baumarkt realisiert. Über eine flexible Schlauchverbindung entstand schließlich ein geschlossener Wasserkreislauf. (Bild rechts) Die Hauptaufgabe der Studenten bestand in der Entwicklung Um die Problematik der unplanmäßigen Verund dem Aufbau der elektronischen Steuerung fügbarkeit von regenerativen Energieformen des Modells. Eine intelligente Logik musste näher zu beleuchten, entschlossen sich 20 dabei erkennen, wann überschüssige Energie Studenten des dritten Semesters zur Entwickder Solarzellen zum Hochpumpen des Wassers lung und zum Aufbau einer Modellanlage. vom Unterbecken in das Oberbecken zur VerfüDiese Anlage sollte dabei die technischen gung stand. Ebenso musste erkannt werden, Fähigkeiten und auch den aktuellen Wissenswann die Zusatzenergie des Turbinengenerators stand zu Beginn des Studiums der Elektrobenötigt wurde, um einen elektrischen Verbrautechnik nicht übersteigen. cher sicher betreiben zu können. Weitere kritiDaher wurde schnell die Idee zur Verwensche Zustände, z.B. ein zu niedriger WasserErste Schaltungsversuche auf dung eines Windrades verworfen, da beweg- einem experimentellen Steckbrett stand in einem der Becken, mussten zu jeder te Teile einen erheblichen Mehraufwand bei Zeit vermieden werden. der Fertigung der Anlage bedeutet. Alternativ stand ein PhotoDer Aufbau der entsprechenden elektronischen Schaltungen voltaik-Modul zur Verfügung, dessen elektrische Eigenschaften erfolgte nach erfolgreicher Rechnersimulation zuerst auf dem von den Studenten relativ schnell ausgemessen werden konnSteckbrett. Hier können Bauteile wie Widerstände, Kondensatoten. (Bild oben links) Da ein selbst auferlegter Anspruch an das ren und Transistoren auf einfache Weise verkabelt und getestet Design der Anlage bestand, wurde eine unkonventionelle Turbiwerden. Technologie In einer weiteren Entwicklungsstufe wurde die Schaltung dann professionell auf einer selbst erstellten Platine aufgelötet und in das Gehäuse eingebaut. Ein letzter erfolgreicher Funktionstest vor der abschließenden Projektpräsentation vor Professoren und Studenten der TU-Berlin beendete die Projektarbeit. Das Demonstrationsmodell soll nun innerhalb der TU-Berlin, z.B. bei Informationsveranstaltungen oder der im Mai stattfindenden Langen Nacht der Wissenschaften ausgestellt und einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Demonstrationsmodell eines Pumpspeicherwerkes A: Oberbecken B: Unterbecken C: Turbine mit Generator D: PV-Modul E: Scheinwerfer als Sonne F: Steuerelektronik Hintergrund – Stabilität des Netzes Der fortschreitende Ausbau erneuerbarer Energien wird gesellschaftlich akzeptiert und politisch gefördert. Betreiber von regenerativen Energiegewinnungsanlagen, wie z.B. Photovoltaikanlagen oder auch Windparks, werden dabei durch staatlich garantierte hohe Einspeisevergütungen zur Abgabe des gewonnenen Stromes in den Netzverbund ermutigt. Der zuständige Netzbetreiber am jeweiligen Standort muss dabei, mit gewissen Freistrahlturbine des Pumpspeicherkraftwerkes geregelten Ausnahmen, die gesamte anfallende Wirkleistung dieser Anlagen aufnehmen und entsprechend entlohnen. Was sich für den Betreiber der Anlagen und die finanziell beteiligten Teilhaber ohne Frage sehr gut anhört, bereitet dem Netzbetreiber jedoch einiges an Kopfzerbrechen: Betrachtet man die existierenden Netze in Deutschland, so sind diese zwar in der Umgebung von Ballungszentren und von Kraftwerken relativ gut ausgebaut und damit leistungsfähig, nicht jedoch z.B. in den infrastrukturell und wirtschaftlich weniger gut erschlossenen Küstenstreifen mit hoher Windparkdichte. Für die Einbindung genau solcher z.T. sehr leistungsstarker Windparks ist das existierende Netz somit aufgrund seiner historischen Entwicklung und historischen Aufgabe (Leistungsfluss in Richtung der Küsten, nicht von den Küsten) nicht ausgelegt. Für den Netzbetreiber ergeben sich somit mehrere Optionen: Ein kostenintensiver Netzausbau kann einen Betrag zur sicheren Betriebsführung leisten. Hier sind die Übertragungskapazitäten so auszubauen, dass auch bei maximaler regenerativer Energieeinspeisung (z.B. Starkwind) die Leitungen und auch nachgeordnete Umspannwerke nicht überlastet werden. Die Kosten eines solchen Netzausbaues hat der Netzbetreiber jedoch allein zu tragen. Der Netzbetreiber kann auf die Engpässe in seinem bestehenden Netz hinweisen und den Anschluss weiterer Windparks verweigern, sofern ein sicherer Netzbetrieb dann nicht mehr zu gewährleisten wäre. Eventuell kann mit dem Windparkbetreiber eine Sonderregelung getroffen werden, die die von den Windrädern abzugebende Leistung für bestimmte kritische Zeiträume reglementiert. Eine weiter denkbare Lösung ist die Speicherung von regenerativ erzeugter Energie. Da sich z.B. für Windparks die maximale installierte Leistung und die über einen längeren Zeitraum gemittelte Leistung z.T. erheblich voneinander unterscheiden, wäre eine Vergleichmäßigung der Leistungsabgabe schon am Ort der Erzeugung sinnvoll. Zum einen müsste der Netzanschluss des Windparks nicht für den seltenen Volllastfall, sondern lediglich für eine geringere mittlere Leistung ausgelegt werden, was die oben angesprochenen Probleme des Netzbetreibers reduzieren würde. Zum anderen wäre ein weiteres großes Problem der mei- Naturschutzblätter 02 | 2006 Improvisierter Teststand zur Aufnahme der Leistungsdaten eines PV-Moduls 47 04_S46-49 PUmpspiecher 09.02.2006 17:40 Uhr Seite 48 Technologie Erzeugung/Verbrauch an elektrischer Energie an einem Tag (Tagesbelastungskurve, beispielhaft) sten regenerativen Energieformen gelöst: Die geringe Verfügbarkeit wird durch eine gleichmäßige Leistungseinspeisung erhöht. Eine von der dena vorgestellte Netzstudie [1] beleuchtet genau diese Problematik und zeigt Szenarien auf, die einen Netzausbau unumgänglich machen. Hier sind in der Zukunft erhebliche Investitionen zu tätigen. Grundlast – Mittellast – Spitzenlast Naturschutzblätter 02 | 2006 Regenerativen Energieformen wird in der Regel vorgehalten, dass sie nicht bedarfgerecht verfügbar wären: Solarzellen liefern dann Strom, wenn die Sonne scheint, Windparks liefern Strom, wenn viel Wind weht. Elektrische Energie ist in nennenswerter Größenordnung nicht speicherbar. Die Energiegewinnung aus konventionellen Großkraftwerken, oder genauer gesagt, aus dem gesamten Kraftwerksverbund, ist dagegen gleichmäßig und vorausplanbar und exakt auf den aktuellen Verbrauch abgestimmt. So werden diese Kraftwerke in sog. Grund-, Mittel und Spitzenlastkraftwerke eingeteilt und dementsprechend betrieben. Grundlastkraftwerke (Kernkraft, Braunkohlekraftwerke und auch Laufwasserkraftwerke) laufen das ganze Jahr, jeden Tag, rund um die Uhr an ihrer oberen Leistungsgrenze und liefern somit die Basis für den täglichen Leistungsbedarf. (Bild oben links) 48 Die sog. Mittellast (oberhalb der Grundlast) wird z.B. durch Steinkohlekraftwerke abgedeckt, die gegebenenfalls in ihrer Energieproduktion reduziert werden. Der obere Leistungsbereich wird durch die Gruppe der Spitzenlastkraftwerke gesichert. Zu diesen gehören neben Gaskraftwerken auch die Speicherwasserkraftwerke und Pumpspeicherwerke, die aus ihren hochgelegenen Speicherbecken Wasser über z.T. mehrere hundert Meter ins Tal ablassen können, und damit innerhalb von Minuten elektrische Energie ins Netz einspeisen können. cherung des Wassers, sowie ein unteres Becken (meist ein natürlicher Flusslauf), zwischen denen das Wasser ausgetauscht werden kann. Lässt man nun Wasser aus dem Oberbecken ab, so gibt es seine Lageenergie über eine Turbine an einen Generator ab, welcher dann elektrische Energie in das Netz einspeist. (Bild oben rechts) Dieses Prinzip der Energiewandlung lässt sich auch umgekehrt betreiben. Wird der Generator mit elektrischer Energie aus dem Netz angetrieben, arbeitet er als Motor und treibt die Turbine an, die nun als Pumpe wirkt. Das Wasser wird aus dem unteren Becken in das obere Speicherbecken gehoben und nimmt dabei erneut Lageenergie auf. Das Pumpspeicherwerk ist somit wieder als Kraftwerk einsetzbar. Besonders sinnvoll ist der Pumpeinsatz, sobald im Netz weniger Energiebedarf besteht als die Grundlastkraftwerke liefern. Um diese Kraftwerke dann nicht herunterregeln zu müssen, werden in den sog. Schwachlastzeiten die Oberbecken der Pumpspeicherwerke gefüllt, so dass dann zu Spitzenlastzeiten wieder ausreichend höher gelegenes Wasser zur Verfügung steht. Interessant ist der Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken außerdem im Rahmen der liberalisierten Energiemärkte. Hier kann an den Strombörsen billiger Strom „gekauft“ werden, mit dem Wasser in die Oberbecken gepumpt werden kann. Sobald der Strompreis auf dem freien Markt dann steigt, kann die gespeicherte Energie wieder gewinnbringend „verkauft“ werden. Diese Betriebsführung ist jedoch ökologisch wenig sinnvoll und kann sogar aufgrund der technisch unnötigen Verschiebung von Leistung den sicheren Netzbetrieb gefährden. Eines der neusten und modernsten Vertreter der Pumpspeicherwerke in Europa ist am Fluss Schwarza in der thüringischen Gemeinde Goldisthal entstanden. Dort ging 2003/2004 nach fast 30 Jahren Planung das PSW Goldisthal mit 1060 Mega-Watt Leistung (vergleichbar mit der Leistung eines kleinen Kernkraftwerkes) ans Netz [2]. Pumpspeicherwerke – Energie in zwei Richtungen Der Einsatz von Pumpspeicherwerken zum Auffangen von Lastspitzen im Netz ist gängige Praxis und vor allem in Gebieten mit großem natürlichen Höhenunterschied weit verbreitet. Diese Kraftwerke benötigen im Allgemeinen ein Oberbecken zur Spei- Für eine zukünftige Pufferung der regenerativen Einspeiseleistung ist aber selbst ein Pumpspeicherwerk dieser Größenordnung nicht ausreichend. Hier sind alternative Speicherkonzepte notwendig, wie z.B. der Ausgleich von Windenergieschwankun- 04_S46-49 PUmpspiecher 09.02.2006 17:40 Uhr Seite 49 Technologie Prinzip Pumpspeicherwerk Dipl.-Ing. Kay Rethmeier Informationen unter: http://projektlabor.ee.tu-berlin.de Literatur [1] Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020, Studie im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), Endbericht, Köln, 24.Februar 2005 [2] Energie aus Wasserkraft – Strom erzeugen nach Bedarf, Vattenfall Europe Mining & Generation, Cottbus, www.vattenfall.de [3] Ausgleich von Windenergie-Schwankungen durch unterirdische Druckluftspeicher, Vortrag an der TU-Berlin, F. Crotogino, KBB Underground Technologies, Januar 2006 Das Projektlabor In jedem Semester können Studierende der Elektrotechnik an der TU-Berlin im Rahmen eines Projektlabores ein Thema frei auswählen, die Realisierung planen und ihre Arbeit eigenständig organisieren. Fehlendes Fachwissen wird dabei durch Recherchen erworben und durch Referate in die Gruppe getragen. Geschulte Projektbetreuer beaufsichtigen die Arbeitsgruppen und stehen bei Problemen hilfreich zur Seite, ohne dabei technisch oder in Planungsfragen vorgefertigte Lösungen vorzugeben. Die fertig aufgebaute Modellanlage wurde innerhalb der TU-Berlin einem breiten Publikum präsentiert und soll nun auf Ausstellungen und Messen als Anschauungsobjekt zum Einsatz kommen und dem interessierten Betrachter die Problematik der Energiespeicherung anschaulich näher bringen. Naturschutzblätter 02 | 2006 gen durch unterirdische Druckluftspeicher [3]. Hier sei beispielhaft das von E.ON betriebene Gasturbinenkraftwerk Huntorf genannt, welches in zwei Kavernen ca. 300.000 m3 Druckluft bei ca. 70 bar speichern kann, um den Wirkungsgrad der Turbine erheblich zu erhöhen und damit Energie einzusparen. Weitere Versuchsanlagen größerer Leistung sind weltweit geplant. Alle Bilder: Kay Rethmeier 49