VL Tics, Tourette

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Symptomatik
VL
Tics, Tourette-Syndrom
Tics sind nicht-rhythmische, motorische Bewegungen
oder Lautäußerungen, ohne das hierfür ein
offensichtlicher Zweck zu erkennen ist.
Sie sind unwillkürlich, plötzlich auftretend und rasch
ablaufend, einzeln oder in Serie.
Sie treten mehrfach am Tag auf und im periodische
Wechsel hinsichtlich Anzahl, Häufigkeit, Art der Tics wie
auch ihrer Ausprägung.
Die Symptome können manchmal für Wochen oder
Monate verschwinden, aber auch unvermutet wieder
auftreten.
Fallbericht einer Lehrerin
Fallbericht einer Lehrerin
Zunächst fiel Ben nicht weiter auf, er ist ein netter, freundlicher und
ausgesprochen cleverer Junge. Doch nach etwa ein, zwei Monaten in der
Schule begann er, mit den Augen zu zwinkern und eigenartig zu zucken.
Ehrlich gesagt, machte ich mir ziemliche Sorgen, ob Ben vielleicht dem
Schulalltag nicht gewachsen sein könnte.
Bald stand die Diagnose fest: Tourette-Syndrom (TS). Noch nicht 100%ig,
da Ben noch kein Jahr die Symptome zeigte, aber mit hoher
Wahrscheinlichkeit. Die Mutter von Ben informierte mich darüber und mit
Hilfe der Lehrerbroschüre der Tourette-Gesellschaft Deutschland versuchte
ich herauszufinden, was das eigentlich bedeutet, einen Schüler mit TS in
der Klasse zu haben.
Fallbericht einer Lehrerin
Die Eltern der Kinder informierte ich am Elternabend. Ich bin sehr froh, dass
Bens Mutter diesem Schritt zugestimmt hat. So wollte ich verhindern, dass
die Eltern aus dem, was ihre Kinder zu Hause aus der Schule und von Ben
erzählten, die übelsten Geschichten spinnen würden.
Im Frühjahr besserten sich Bens vokale Tics. Er wurde immer ruhiger und
schließlich freuten wir uns alle, dass sich die Diagnose TS wohl als falsch
herausgestellt hatte.
Nach den Sommerferien starteten wir voller Freude ins neue Schuljahr –
und Ben ticte wieder. Heftiger, als im vergangenen Jahr, ausgeprägter.
Besonders fiel dies im Anfangsgottesdienst auf. Ich hatte die
Religionslehrer, die den Gottesdienst leiteten, informiert, aber damit, dass
Ben jede Handlung am Altar mit "Ja krass" und "Ja geil" kommentieren
würde, hatte keiner gerechnet. Meiner Klasse fiel das nicht weiter auf, aber
eine andere Klasse machte sich lautstark lustig über ihn.
Mit Ben selber konnte ich nicht über seine Krankheit sprechen, er blockte
völlig ab und wollte auch nicht, dass darüber in der Klasse geredet wurde.
Inzwischen kamen aber zu seinen Zuckungen auch laute "Ja"-Schreie im
Unterricht hinzu, so dass sich einige Mitschüler zu Recht gestört fühlten.
Also schickte ich Ben mit der Nachricht "Please keep him for a while " zu
unserer Schulsekretärin – denn schließlich las er inzwischen auch
meine Handschrift recht sicher – und erklärte unterdessen der Klasse, dass
Ben an einer Krankheit leide, die ihn zwinge, laut zu rufen oder zu zucken.
Dass diese Krankheit im Grunde wie ein Schnupfen sei, da könne man
schließlich ein Niesen auch nicht unterdrücken.
Seine lauten Rufe wären also nichts weiter als ein "Wörterniesen", nur
glücklicherweise nicht ansteckend. Damit war die Sache für die Kinder vom
Tisch. Ben wurde, als er von seiner "Mission" zurückkam, noch ein Mal
interessiert angesehen, aber danach nahm niemand mehr Anstoß an
seinen Zwischenrufen.
Dazu muss gesagt werden, dass diese Klasse über ein sehr hohes Maß an
emotionaler Kompetenz und Empathiefähigkeit verfügt.
Fallbericht einer Lehrerin
In Absprache mit seinen Eltern informierte ich das Kollegium über Bens
Krankheit. Ich bat die Kollegen, in ihren Klassen das Thema anzusprechen
und den Kindern zu erklären, dass Ben nichts für seine Tics könne. Danach
ist mir nicht mehr zu Ohren gekommen, dass er gehänselt worden wäre
oder Ähnliches.
Ich schickte Ben noch einmal zur Schulsekretärin und redete mit meiner
Klasse. Ich erklärte den Kindern, dass Ben das Tourette-Syndrom immer
noch habe, dass er deswegen wieder mit seinen Zwischenrufen
begonnen habe, aber dass er immer noch ein "cooler Typ" sei.
Und wer meiner Meinung sei, der könne ihm das auch ruhig einmal sagen.
Als Ben das Klassenzimmer wieder betrat, wurde er gleich von einer
Schülerin mit "Hey, Ben, ich finde dich cool!" begrüßt.
Und der Rest der Klasse stimmte ein. Ich habe selten ein so stolzes und
glückliches Kind gesehen wie Ben in diesem Moment!
1
Fallbericht einer Lehrerin
Vor einiger Zeit kam bei Ben zu den vokalen Tics noch das "Touching"
dazu. Besonders fiel mir das auf, als ich mit der Klasse die Bücherei
besuchte. Die Kinder saßen auf dem Boden und hörten der Bibliothekarin
zu, als Ben immer wieder den Rücken des Jungen vor ihm berühren
musste. Dem missfiel dies sehr. Im Stuhlkreis hatte Ben den beiden
Mädchen links und rechts von sich mitten im Erzählen plötzlich mit der
linken und rechten Hand "synchron" auf die Wange gepatscht.
Interessanterweise nahmen die Mädchen davon keine Notiz, sondern
erzählten einfach weiter. Als ich Ben erklärte, dass wir mit den Kindern
darüber reden müssten, dass diese Berührungen auch wieder ein Tic seien,
blockte er wieder ab und bat mich, während ich mit der Klasse sprach, mit
seinem Freund auf dem Flur warten zu dürfen. So machten wir es auch und
wieder fanden die Kinder es in Ordnung und akzeptierten Bens Tic.
Fallbericht einer Lehrerin
Inzwischen hat sich alles sehr gut eingespielt, Ben bekommt seinen Rüffel, wenn er
Quatsch macht oder ratscht wie alle anderen Kinder auch, wenn er tict, ignorieren wir
das und wenn ich nicht sicher bin, frage ich nach: "Ben, war das ein Tic oder hast du nur
Blödsinn gemacht?" und meistens erkennt man schon an seinem Grinsen, ob eine
Ermahnung berechtigt war oder nicht! Außerdem haben seine Eltern den Zucker aus
seiner Ernährung verbannt, so dass Ben, wenn wir einen Geburtstag in der Klasse
feiern, statt Kuchen oder Süßigkeiten zuckerfreie Lollis bekommt. Auch damit haben
besonders seine Eltern sehr gute Erfahrungen gemacht.
Ein Kind mit Tourette-Syndrom in der Klasse zu haben ist sicher nicht einfach, es kostet
Kraft und Nerven. Aber die Zusammenarbeit mit Bens Eltern klappt wirklich wunderbar,
sie versorgen mich mit allen notwendigen Informationen.
Fallbericht einer Lehrerin
Die Vorweihnachtszeit hatte für uns wenig Besinnliches. Die Aufregung um die
bevorstehende Weihnachtsfeier mit den Eltern, die Wunschzettel, die noch geschrieben
werden mussten und die heiß ersehnten Ferien sorgten für ordentlichen Wirbel in der
Klasse.
Diese Aufregung schlug sich im hektischen Verhalten aller Kinder nieder, zeigte sich
aber am deutlichsten in Bens Verhalten. Er ticte häufiger und lauter. Ich geriet langsam
an meine Grenzen und dementsprechend ungeduldig reagierte ich auf die Klasse – und
eben auch auf Ben und seine Tics. An einen strukturierten Tagesablauf war nicht zu
denken, aber genau den und jede Menge Geduld braucht Ben offenbar. In den offenen
Phasen, bei den Proben des Weihnachtsspieles etwa, oder dem Basteln von
Fensterdekorationen, kamen Bens Tics häufiger und stärker.
Und in diesem Chaos mussten wir noch eine Lernzielkontrolle schreiben. Ben weigerte
sich, allein im Nebenzimmer zu schreiben, also ließ ich ihn bei seinen
Klassenkameraden und hoffte, sie würden sich durch seine Tics nicht zu sehr gestört
fühlen. Doch kaum hatte ich die Blätter ausgeteilt, wurde Ben ruhig, ticte nicht mehr und
arbeitete konzentriert bis zum Ende der Probe. Diese Beobachtung machte ich immer
wieder: je freier und lockerer der Unterricht ist, umso schwerer fällt es Ben, mit seinen
Tics klar zu kommen. Doch wenn er sich konzentrieren muss und ganz in einer Aufgabe
versinken kann, scheint er seine Tics vergessen zu können und wird viel ruhiger.
Deswegen versuche ich, immer ordentlich "Hirnfutter" für Ben in der Hinterhand
zu haben.
Symptomatik : Motorische Tics
Einfache motorische Tics:
• Augenblinzeln
• Mundöffnen
• Stirnrunzeln
• Kopfschütteln
• Schulterzucken
• Zwerchfelltics
• Bauchtics
• Rumpftics
Komplexe motorische Tics
• Hüpfen
• Treten
• Klopfen
• Kratzen
• Echopraxie (zwanghaftes,
automatisches Nachahmen
und Wiederholen von
vorgezeigten Handlungen
und Bewegungen)
• Kopropraxie (Zeigen
unwillkürlicher, obszöner
Gesten , z. B.
Herausstrecken der Zunge,
Zeigen des Mittelfingers)
Symptomatik: Vokale Tics
Tourette-Syndrom
Einfache vokale Tics:
• Räuspern
• Hüsteln
• Schneuzen
• Spucken
• Grunzen
• Bellen
• in- und expiratorische
Atemgeräusche
Komplexe vokale Tics:
• Schreien
• Summen
• Pfeifen
• Palilalie (zwanghaftes
Wiederholen von eigenen
Wörtern und Sätzen)
• Echolalie (zwanghaftes
Wiederholen von Wörtern
und Sätzen des
Gesprächspartners)
• Koprolalie ( zwanghaftes
Wiederholen von Ausdrücke
aus der Fäkalsprache)
Fallberichte:
• 1885 von dem
Der Marquise de
französischen
Dampierre.
Nervenarzt Dr.
•
Ihre Symptome
Georges Gilles de la
beinhalteten
Tourette beschrieben
unwillkürliche motorische
Tics verschiedener Art
und auch verschiedene
Lautäußerungen
einschließlich der
Koprolalie und der
Echolalie.
2
Klassifikation : Diagnostische Kriterien des
Tourette-Syndroms
• A. Während der Störung bestehen mindestens
zwei motorische Tics und ein oder mehrere
vokale Tics eine Zeit lang, aber nicht
notwendigerweise ununterbrochen.
• B. Die Tics treten viele Male am Tag auf, fast jeden
Tag länger als ein Jahr, ohne Remission, die
länger zwei Monate dauert.
• C. Beginn vor dem 18. Lebensjahr
Symptome des Tourette-Syndroms
• Sensomotorische Vorgefühle (z. B. Stechen, Jucken,
Muskelverspannung), erlebt als Unruhe, Drang und
Enge
• Kurzfristige Abnahme der inneren Unruhe durch
Ausführen der Tics
• Starke Schwankung der Symptomatik hinsichtlich Art,
Intensität und Häufigkeit
• Unter Stress, Angst, Freude oder Angst Zunahme der
Symptomatik
Zeitliche Entwicklung
Symptome des Tourette-Syndroms
•
•
•
•
•
Häufigste Erstsymptome sind Gesichts- und Augentics
Seltener treten vokale Tics
plötzliches Einsetzen, kein erkennbarer Zweck
normalerweise nicht willkürlich beeinflussbar, aber unterdrückbar
Belastungen verstärken Tics, im Schlaf verschwinden sie
Rituale/Zwanghaftes Verhalten:
– Zählende Rituale. Einen Satz wiederholen, bis er “genau
richtig” ist.
– Sprechstörungen: Ungewöhnliche Rhythmen, Intonierungen,
Akzente, Intensität des Sprechens
– Nachfragen und Vergewissern in ritualisierter Form
Symptomatik
• Erstmanifestation im Alter von 2-15 Jahren
• Symptome können komplett verschwinden und
durch neue ersetzt werden;
• Meist Chronischer Verlauf, nicht selten in der
Adoleszenz nachlassend.
• Abnahme bei Konzentration auf eine
Tätigkeit, Ablenkung, Entspannung (auch
unter Alkoholeinfluss)
• Bewusst und willkürliche Verzögerung der
Tics bei Jugendlichen möglich, führt aber
zur Zunahme der Anspannung
Komorbidität
Jankovic,J.2001. N Engl J Med; 345:1184-92
3
Komorbidität
Komorbidität
Chronische Tics
TS
~42%
~33%
Zwangssymptome
Zwangsstörung
ADHD
Klassifikation nach ICD 10
• Vorübergehende TicStörung des
Kindesalters (F95.0)
• Chronische TicStörung (F 95.1)
• Tourette Syndrom (F
95.2)
• Andere bzw. nicht
näher bezeichnete
Tic-Störung (95.8)
• Vollständiges
Verschwinden der meist
nur motorischen Tics
nach spätestens einem
Jahr
• Mehr als ein Jahr
dauernde chronische
motorische oder vokale
Tics
• Mehr als ein Jahr
dauernde motorische
und vokale Tics
Differentialdiagnosen
• Epilepsie
• Manierismen (bizarr aussehende, verzerrte,
verschnörkelte Bewegungsabläufe ohne Sinn)
• Konversionsstörungen
• Bewegungsstörungen, wie z. B. Chorea
Huntington, Dystonien (Bewegungsstörung, die
mit Verkrampfung und Fehlhaltung einher geht),
Myklonien, Tremor, und nach Schädigungen des
ZNS (z. B. Enzephalitis oder Trauma)
– nur 15 % der Erkrankten leiden nicht unter
einer komorbiden Störung
– Zwangsgedanken und –handlungen (30-60%)
– ADHD (50%), Lernschwierigkeiten (24%)
– Angststörungen (20%), Panikattacken (30%),
Schlafstörungen (14-25%)
– mangelnde Impulskontrolle,
Selbstverletzungen (10-37%)
– Depressive Symptome
Diagnostik
• Anamnese, Exploration der Eltern und des
Kindes hinsichtlich der Kernsymptomatik
(Qualität, Quantität, Lokalisation, Intensität,
Verlauf)
• Körperliche und psychologische Untersuchung
• Verhaltensbeobachtung (strukturierte
Verhaltensbeobachtung durch die Eltern)
• ggf. Bildgebung
• Neurophysiologie
Klassifikation:
Motorische und/oder Vokale Tics
vorhanden
JA
Ausschluss organischer,
pharmakologischer, neurologischer und
komorbider psychiatrischer Ursachen
JA
Beginn vor dem 18.Lebensjahr und
Dauer länger als 1 Jahr
JA
Bisher nur motorische oder nur vokale
Tics
NEIN
Mindestens zwei motorische und ein
vokaler Tics in Kombination
NEI
N
vorübergehende
Ticstörung
JA
Chronische
Ticstörung
JA
TouretteSyndrom
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Ursachen
Prävalenz
Kindes- und Jugendalter (bis 18.Lebensjahr)
Tics (meist vorübergehend)
Tourette-Syndrom
Tourette-Syndrom
m: 6-18%
w: 3-11%
m: 3-9 Fälle pro 10.000 E.
w: ~ 1 Fall pro 10.000 E.
0,05-3%
Genetik
• Im einzelnen nicht geklärt.
• Allgemein wird davon ausgegangen, dass die
Pathogenese von Tics auf einer gestörten Modulation
der neuronalen Aktivität in subkortikalen neuronalen
Regelkreisen beruht.
• Genetische Disposition
• Immunologische Mechanismen
(Streptokokkeninfektion)
Neurobiologie
• Vererbung: Hinweise für Hauptgen-Effekt in einzelnen
Familien
• Strukturelle Befunde:
• Konkordanz: eineiige Zwillinge 53%, zweieiige 8%
• Funktionelle Störungen:
• Kandidatengenregionen auf 4q, 5q und 17q
– Linksseitige Volumenminderung der Basalganglien
– Verminderte Durchblutung und Metabolisierung der
Basalganglien (Globus pallidus externus und nucleus
subthalamicus)
– Inhibitionsstörung im motorischen Cortex
• Neurochemische Befunde:
– Überaktivität des dopaminergen Systems
Neurobiologie
Psychosoziale Faktoren
• Stress nicht kausal, jedoch Ticmodulierende Wirkung
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Psychosoziale Folgen
• Kinder mit Tics werden oft gehänselt und
abgelehnt
• Belastung der Eltern-Kind-Interaktion (z.B.
elterliche Kritik an misslungenen
Kontrollversuchen des Kindes),
Schuldzuweisungen
• Belastungssituation in der Schule (Ausgrenzung,
unnötiger Druck, Überforderung)
• Besondere Herausforderung während der
Pubertät
Therapie
Therapie : Exploration der Symptomatik
und Aufklärung über die Erkrankung
• Anamneseerhebung: Eigen-und
Fremdanamnese
• Zeitliche Schwankungen der Frequenz, Art und
Lokalisation von Tics
• Verstärkende und abschwächende Faktoren
• “Partielle” Unterdrückbarkeit
• Assoziierte psychiatrische Störungen
• Behandlungsmöglichkeiten
• Verlauf und Prognose
Pharmakotherapie
• Therapieplanung und –begleitung in einer
Hand
• Multimodaler Therapieansatz
• Erster Schritt: Aufklärung über die Störung
– Information für Kind/Jugendlicher, Eltern und
Verwandte, Lehrer
Pharmakotherapie
• Vor- und Kontrolluntersuchungen: körperliche
Untersuchung, EEG, EKG, Routinelabor
• Wahl des Pharmakons: Ausführliche Erläuterung der
Nebenwirkungen
• ein- uns ausschleichende Dosierung
• deutliche, aber nicht vollständige Reduktion der
Ticsymptomatik anstreben.
Indikation:
– Abhängig vom Schweregrad der Symptomatik und dem
Leidensdruck
– chronifizierter Verlauf (über 6 Monate)
Therapie: Psychotherapieverfahren
Symptomzentrierte Verhaltenstherapie
Substanz
1. Wahl: Tiaprid
(Tiapridex®)
2. Wahl: Pimozide
(Orap®)
Risperidon (atypisches
Neuroleptikum)
Sulpirid
Fluoxetin (Fluctin®)
plus Risperdal
bei Tics und Zwängen
Durchschnittl.
Spezifische NebenTagsdosis
wirkungen
(Kinder / Erw.)
150-300 / 600 mg Müdigkeit, Schlafstörungen,
Gewichtszunahme
0,5-4 mg /16mg
Unruhe, Schwindel,
Kopfschmerzen, EKGVeränderungen, Extrapyramidal-motorische
Bewegungsstörung (EPMS)
1-4mg
Gewichtszunahme,
Galaktorrhoe
Max. 10mg/kg pro Unruhe, Schlafstörungen,
Tag
Hypo- und Hypertonie,
EPMS
Bis 60mg pro Tag
Entspannungsverfahren
Selbstmanagement
Wahrnehmungstraining
Antistresstraining,
Biofeedback-Techniken
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Bewältigungsstrategien:
Therapieplanung
•Auslöser bzw. Verstärkung der Symptomatik durch Stress positiver sowie
negativer) einschätzen und kontrollieren lernen
•Kontrolle und Unterbrechung der Kette von Tic unterstützender oder
erzeugender Reaktionen
•Verstärker der Tic-Symptomatik:
•Übermäßige Gewohnheit
•Soziale Verstärkung
•Tolerierung der Tics
Programm der "Reaktionsumkehr-Motorische Gegenantwort:
unangenehmen Tic durch eine Willkürbewegung "gegenhält" oder den Tic
eher durch eine Bewegung, die sozial akzeptabler ist, ersetzt.
Therapieerfolg
Chirurgische
Intervention
Zielort für die Positionierung
der Hirnelektrode: Nucleus
accumbens
Durch Ausschalten des
Schrittmachers werden
unerwünschten
Antriebsstörungen und
emotionalen Veränderungen
behoben.
Psychosoziale Unterstützung
Empfehlungen für die Schule
Entlastung in der Schule (Aufklärung in der
Klasse über die Störung)
1) Beobachten Sie Ihren Schüler ganz genau, machen Sie sich
Notizen! Wann treten Zuckungen, Schreie auf? Wie oft? Gibt es
Auslöser dafür? Etwa Stress, Freude?
Da häufig eine ADHS als komorbide Störung
auftritt, besondere schulische Rahmenbedingungen
notwendig
2) Sprechen Sie mit den Eltern! Zeigen Sie ihnen Ihre
Aufzeichnungen, klären Sie ab, wie sich das Kind zu Hause verhält.
Schulische Hilfen in Form von Nachteilsausgleich:
Zusätzliche Zeitzugabe,
Benutzung von Hilfsmittel,
besondere Prüfungssituationen schaffen (z. B.
Einzelprüfungen)
3) Informieren Sie die Eltern über mögliche Kinder- und
jugendpsychiatrische Einrichtungen in Ihrer Umgebung. Ermutigen
Sie sie, ihr Kind dort untersuchen zu lassen.
4) Möglicherweise handelt es sich um eine vorübergehende
Ticstörung des Kindesalters, die sich wieder zurückbilden kann. Aber
das muss geklärt werden! Es ist immer besser zu wissen, womit man
es zu tun hat!
Möglichkeit schaffen, „Tics auszuleben“.
7
Empfehlungen für die Schule
5) Steht die Diagnose, so sprechen Sie mit dem Kind. Klären Sie gemeinsam, zu
welchen weiteren Schritten das Kind bereit ist. Oft sind gerade die Kinder der 1.
und 2. Klasse überfordert mit ihrer eigenen Krankheit und möchten nicht darüber
reden. Akzeptieren Sie auch diese Entscheidung.
5) Informieren Sie in Absprache mit dem Kind die Klasse. Vielleicht möchte es
dabei sein, vielleicht reden Sie ohne es mit seinen Klassenkameraden. Machen
Sie dem Rest der Klasse deutlich, dass das betroffene Kind nichts für seine Tics
kann. Stellen Sie aber auch deutlich fest, dass der Schüler wegen seiner
Krankheit keinen Freifahrtschein für Dummheiten oder Störungen des Unterrichts
bekommt.
6) Unterbinden Sie Nachahmungen strikt!
7) Sprechen Sie das Thema "Tourette" nach Absprache mit den Eltern beim
Elternabend an. Unterrichten Sie die anderen Eltern davon, dass Sie einen
Schüler mit TS in der Klasse haben. Beruhigen Sie sie, dass ihre eigenen Kinder
dadurch keinen Nachteil haben werden, sondern eher ihre soziale Kompetenz
gestärktwird.
Weitere Hilfen
Empfehlungen für die Schule
8) Unterrichten Sie das Kollegium, damit auch in den anderen Klassen über TS
gesprochen wird. Je mehr die Kinder über die Krankheit erfahren, desto weniger
fürchten sie sie und greifen Ihren Schüler mit TS an oder verspotten ihn!
9) Ein Schüler mit Tourette ist ganz normal beschulbar. Sprechen Sie mit Ihrer
Schulleitung darüber. Finden Sie gemeinsam Möglichkeiten, wie Sie sich und der
Klasse, aber vor allem auch dem betroffenen Kind, Freiräume schaffen können,
wenn die Tics zu anstrengend werden. Gibt es Zimmer, in die sich das Kind
zurückziehen kann? Gibt es Kollegen, die es gesondert fördern können? Kann
das Kind den Unterricht verlassen und sich vor dem Klassenzimmer oder im
Pausenhof austicen?
10) Holen Sie sich Unterstützung! Ein Kind, das schreit und aufspringt, ist
bestimmt nicht einfach zu unterrichten. Es kostet Nerven und Kraft. Reden Sie
mit den Eltern und Kollegen, aber auch mit "Profis"!
Tourette-Gesellschaft
•Organisation von Informationsveranstaltungen für Laien und
Fachleute und von wissenschaftlichen Tagungen.
• Entwicklung und Verteilung von Informationsmaterial an
Einzelpersonen, Fachleute und Organisationen im Bereich der
Gesundheitsfürsorge, der Erziehung und der Administration.
• Unterstützung von Forschungsaktivitäten, um schlussendlich
die Ursache und die Heilbehandlung für ein TS zu finden und
gleichzeitig dazu beizutragen, dass Behandlungsmöglichkeiten
(z. B. Medikation) weiter verbessert werden.
•Unterstützung von Betroffenen in allen Fragen ihrer
Problemlage.
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