Erfahrungsbericht SLF

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Praktisches Jahr
bei der
Saint Luke Foundation
Moshi
Tansania
Saint Luke Foundation
P.O.Box 481,
Moshi,
Tanzania.
Phone: 00255-2727-52303, Fax 00255-2727-52303
email: [email protected]
www.saintlukefoundation.co.tz
Planung:
Die Idee, für mein praktisches Jahr ins Ausland zu gehen, bestand schon lange. Als ich dann
von meiner Vermieterin von der Saint Luke Foundation gehört hatte, war das Interesse
geweckt.
Als erstes habe ich eine Email an den deutschen Direktor der Einrichtung geschrieben und
eine Bewerbung auf Englisch mitgeschickt. Anschließend habe ich einen Antrag auf
Anerkennung des Praktikums an die Regierung von Oberbayern gestellt. Nach vielem hin und
her wurde es anerkannt und auch die Organisation hat ihr Okay gegeben.
Vor meiner Abreise habe ich mir noch ein Visum in Berlin besorgt (50€). Da es eh erst Mal
nur ein 3-monatiges Urlaubervisum gibt, hätte ich das auch direkt am Kilimanjaro Airport
besorgen können. Mein Arbeitsvisum habe ich dann vor Ort in Moshi mit Hilfe meiner
Kollegen beantragen können. Dies ging als „Volunteer“- Arbeitsgenehmigung ohne viele
Unterlagen. (Man benötigt 6 Passbilder und 120 USD)
Ungefähr ein halbes Jahr vorher bin ich zur Impfberatung zum Arzt gegangen und habe alle
erforderlichen Impfungen nach und nach machen lassen. Dazu gehörten: Hepatitis A und B,
Gelbfieber, Cholera, Typhus und Tollwut (nicht zwingend notwendig). Nach längerer
Überlegung habe ich mich dann auch dazu entschlossen Lariam® als Malariaprophylaxe zu
nehmen, auch wenn es bei einem 6-monatigen Aufenthalt natürlich mit einem größeren
Risiko verbunden ist. Ist aber alles gut gegangen. Ich habe jedoch auch Fälle mitbekommen,
bei denen schwere Nebenwirkungen auftraten oder Personen trotz Prophylaxe Malaria
bekamen.
Zum Mückenschutz habe ich neben einem Moskitonetz noch Nobite® eingepackt.
Um eine Auslandskrankenversicherung habe ich mich bei der Envivas (www.envivas.de)
gekümmert. Dort bezahlt man pro Tag 0,80€ und hat ein umfassendes Leistungsspektrum.
Gleichzeitig musste ich auch noch eine Anwartschaftsversicherung für die Krankenkasse hier
in Deutschland abschließen, da ich bei meiner Rückkehr nicht sofort mit dem Arbeiten
anfange und kein Student mehr bin und somit nicht automatisch wieder in die Krankenkasse
aufgenommen werde.
Den Flug habe ich über Condor (www.condor.de) gebucht. Das ist die einzige Gesellschaft die
Non-stop von Frankfurt zum KIA Airport fliegt.
Anfang November ging es dann los…
Unterbringung:
In Tansania angekommen wurde ich von einem Taxifahrer am Flughafen abgeholt und zum
Gelände der Saint Luke Foundation gefahren. Untergebracht wurde ich in einem kleinen
Appartement, mit Kochnische und Bad, auf dem Gelände der SLF, wo ich mit 80 tansanischen
Schülern gewohnt habe. Es war dort im Vergleich zu anderen Orten in der Stadt echt
wunderschön mit angelegtem Garten, Teich und natürlich mit Blick auf den Kilimanjaro. Das
Gelände wurde 24 Stunden lang überwacht und so habe ich mich eigentlich immer sicher
gefühlt. Von Vorteil war auch, dass ich nicht irgendwo ganz alleine gewohnt habe, denn so
konnte ich schnell Kontakt zu den Schülern knüpfen mit denen ich viel Zeit verbringen sollte.
Sei es beim Kochen von tansanischem Essen, beim Erlernen der Landessprache Kisuaheli,
oder beim Austausch von kulturellen Unterschieden.
Zum Projekt:
Das Infusionsprojekt wurde Ende der 70er Jahre von einem deutschen Missionar gegründet,
der die Notwendigkeit erkannt hat, Infusionslösungen vor Ort herzustellen. Angefangen hat
alles in einem kleinen Container und es wurden die benachbarten Krankenhäuser beliefert.
Mittlerweile hat sich daraus ein Projekt entwickelt, an das rund 30 Krankenhäuser in ganz
Tansania und den Nachbarländern angeschlossen sind, deren Personal in der Basis in Moshi
ausgebildet und betreut wird.
Neben der Herstellung von Infusionslösungen und Augentropfen steht seit einigen Jahren
auch die Ausbildung von pharmazeutischem Personal im Mittelpunkt. Dazu wurde die
Kilimanjaro School of Pharmacy (KSP) gegründet. Hier kann man innerhalb von 2 Jahren zum
„Pharmaceutical Assistent“ und mit einem Jahr zusätzlich zum „Pharmaceutical Technician“
ausgebildet werden.
Während meines Aufenthaltes habe ich Einblicke in die verschieden Bereiche bekommen
und so gehörte es zu meinen Aufgaben, Standard Operating Procedures zu verfassen,
Qualitätskontrollen durchzuführen, Studenten bei der Herstellung von Rezepturen zu
betreuen und in der Produktion mitzuhelfen.
Arbeiten in der Produktion:
Hauptsächlich dient die Infusionseinheit in der SLF der Ausbildung von Mitarbeitern der
Krankenhäuser mit einer Infusionseinheit. Dieser 3-monatige Ausbildungskurs findet jedes
Jahr im Sommer statt. In der restlichen Zeit werden auch hier für die Nachbarkrankenhäuser
sterile Infusionslösungen und Augentropfen hergestellt.
Natürlich kann man so eine Sterilproduktion mit keiner in Europa vergleichen. Deswegen war
ich in der ersten Zeit auch ziemlich erschrocken wie die Arbeit hier abläuft.
Der Tag beginnt mit dem absprühen der Räume. Das soll den ganzen Staub der von außen
rein kommt abwaschen. Abgesprüht werden also Wände, Boden, Arbeitsflächen usw.
Um mit der Produktion beginnen zu können, wird die Umkehrosmoseanlage angestellt die
aus dem Regenwasser steriles Wasser herstellt.
Die zurückgebrachten Infusionsflaschen werden in einer Dusche abgesprüht. Anschließend
werden die Flaschen mit Seife gewaschen, abgespült und zum trocknen gelagert.
Danach werden die Flaschen für die Infusionslösungen mit einer Düse von innen erneut
gespült und die Gummistopfen werden abgekocht. Wenn dann alles fertig ist, wird durch die
Schleuse gegangen, ein Kittel, Plastikschuhe, Mundschutz und eine Haube aufgezogen und
die Hände werden mit dem gefilterten Wasser gewaschen.
Die Substanzen (Glucose oder NaCl) werden in einen Behälter eingewogen und in einen
geeichten Metalleimer gegeben. Das Wasser für Injektionszwecke wird dann
hereingeschöpft und die Substanzen aufgelöst. Das ganze wird anschließend in einen großen
Druckkessel gegeben von dem aus es durch einen Filter gepumpt wird.
Die Infusionsflaschen werden zur Hälfte mit dem sterilen Wasser gefüllt. Das Wasser wird
dann kurz vor dem Einfüllen ausgekippt und die Flaschen mit der durch den Filter gelaufenen
Lösung gefüllt.
Die zweite Person muss dann die Gummistopfen aus dem heißen Wasserbad fischen und die
Infusionsflaschen damit verschließen. Person drei nimmt dann eine Alukappe, setzt diese auf
und verschließt die Flasche mit einer Zange. Die Flasche wird in einen Kasten gestellt und
sobald der Kasten voll ist wird die Kiste in den nächsten Raum (Autoklavraum) geschoben.
Nach beenden der Produktion werden dann die Flaschen sofort in den Autoklaven geräumt
und das ganze bei 121°C und 1,2bar für 15 min autoklaviert.
Damit die Flaschen beim erkalten nicht zerplatzen, muss besonders darauf geachtet werden,
dass sie langsam abgekühlt werden. Von daher wartet man eigentlich bis zum nächsten
morgen bis man den Autoklaven wieder öffnet.
Die Infusionsflaschen werden dann unter einem Licht nach Partikeln kontrolliert. Findet man
welche, dann wird die Flasche aussortiert, wenn nicht, dann wird sie etikettiert und ins Lager
geräumt!
Jeweils eine Flasche aus jeder Charge sollte wird anschließend von den Leuten in der
Qualitätskontrolle analysiert.
Arbeiten im Qualitätskontrolllabor:
Von den Behörden aus dem In- und angrenzenden Ausland bekamen wir ständig Proben von
Fertigarzneimitteln geliefert die wir nach den aktuellen Arzneibüchern zu prüfen hatten.
Meine Arbeit bestand darin, das Aussehen zu bewerten, den Gehalt zu bestimmen, die
Bruchfestigkeit und Zerfallszeit von Tabletten zu ermitteln und viele weitere
Arzneibuchprüfungen. Dabei habe ich bei den nasschemischen Versuchen vor allem mit dem
GPHF Minilab® gearbeitet, das für Entwicklungsländer zur schnellen Erkennung von
Arzneimittelfälschungen vom GPHF zur Verfügung gestellt wird.
Das Labor war aber auch mit HPLC Anlage und allen anderen Geräten zur
Arzneimittelprüfung ausgestattet. Nicht umsonst zählt es zu einer der besten in Ostafrika.
Analyse von Wasserproben:
Neben der Prüfung von Arzneimitteln hat auch die Analyse von Wasserproben eine große
Rolle gespielt. Dazu bin ich mit einem Angestellten der Wasserversorgungsunternehmen in
verschiedene Dörfer in der Region gefahren, um dort von den Wasserstellen (oftmals nur
eine pro Dorf) Proben zu ziehen. Diese wurden dann im Labor auf mikrobielle sowie
physikalische und chemische Anforderungen überprüft. Dabei wurden nicht immer alle
Limits unterschritten. Im Großen und Ganzen ist die Wasserversorgung im Lande aber schon
wesentlich verbessert worden und es kommt seltener zu Krankheiten die durch
verunreinigtes Wasser hervorgerufen werden.
Industrial Pharmacy Training Course:
Die SLF führt bereits seit 2008 in Kooperation mit der Purdue Universität und der Harvard
Universität einen Kurs durch, bei dem die Teilnehmer aus Industrie und von Behörden (z.B.
TFDA) das richtige produzieren lernen und auf die Richtlinien bei der Herstellung von
Arzneimitteln hingewiesen werden. Im März fand der zweiwöchige Kurs zum Thema
„Zulassung eines Generikums“ statt, der unter der Leitung von Prof. Steve Byrn (Purdue
University) gehalten wurde. Als seine Assistentin während des Kurses, konnte ich den Kurs
mitverfolgen und war für die Zusammenfassung der erarbeiteten Unterlagen verantwortlich.
Am Ende des Kurses hatten wir die vollständigen Zulassungsunterlagen für ein Efavirenz
Generikum ausgearbeitet.
Krankenhaus Tour:
Mein persönliches Highlight zum Abschluss meines Praktikums war die einwöchige
Krankenhaus Tour, bei der wir sechs Häuser im Norden Tansanias besucht haben. Vor Ort
haben wir uns über den Zustand der Infusionsanlage informiert, ein Techniker hat die Anlage
überprüft und wir Pharmazeuten haben bei einer Produktion zugeschaut und diese später
bewertet. Dabei konnte ich den Unterschied zwischen Theorie und Realität noch einmal
hautnah erfahren. Die Definition eines Sterilraums und steriles Arbeiten hatte ich in der Uni
doch irgendwie anders gelernt. Trotzdem bin ich doch noch bis heute erstaunt darüber, dass
trotz der schlechten Bedingungen hier immer noch Infusionslösungen hergestellt werden die
dem Menschen nicht Schaden, sondern vielmehr tausenden von Menschen das Leben
gerettet haben.
Neben den Aufgaben in der SLF, hatte ich auch noch die Möglichkeit, mir eine Woche lang
die Apotheke der Abteilung Dermatologie im Nachbarkrankenhaus KCMC anzuschauen und
dort bei der Ausgabe und Herstellung von Salben und Cremes mitzuhelfen. Dort konnte ich
viel zu dem tansanischen Gesundheitssystem, zur Verteilung von Aids-Medikamenten und
zur Ausgabe von Arzneimitteln lernen. So werden die Tabletten in Bulkware geliefert, für den
Patienten abgezählt, in Tüten gepackt und ohne Beipackzettel mitgegeben.
Außerdem konnte ich noch eine Woche lang die Universität in Dar Es Salaam besuchen.
Freizeit:
Neben der Arbeit hatte ich natürlich auch noch Zeit, um mir das Land anzuschauen und die
Kultur kennen zu lernen. Die etwas größeren Reisen habe ich über Weihnachten und Ostern
gemacht. Dazu gehörte einmal das typische Touristenprogramm: Safari in die Nationalparks
Serengeti, Lake Manyara und Ngorongoro Krater und anschließendes relaxen am Strand von
Sansibar.
Mit meinem Freund habe ich es dann eher auf die abenteuerliche Weise versucht und so
haben wir uns mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf die abgelegenen Pisten begeben
und dabei sehr viel erlebt, nette Leute kennen gelernt und die Gastfreundschaft von
Tansaniern erfahren.
Jedoch habe ich auch zwischendurch am Wochenende Ausflüge gemacht. In die nahe
gelegene Stadt Arusha, zu Wasserfällen, Wanderungen durch die Kaffeplantagen, Besteigung
des Ol Doinyo Lengai (Maasaiberg) und für mich als Laufratte ein absoluter Höhepunkt, die
Teilnahme am Kilimanjaro Halbmarathon. Ein Laufevent das mit denen in Europa nicht zu
vergleichen ist.
Tagsüber war es eigentlich kein Problem alleine unterwegs zu sein. Die Benutzung der
Kleinbusse (Daladala) war zwar mit ein bisschen Nervenkitzel verbunden, weil die Busse
uralt, verrostet und mit Menschen voll gestopft waren und die Fahrer gerast sind. Nach einer
Weile hatte man sich aber daran gewöhnt. Abends dagegen (ab 19 Uhr ist es dunkel) sollte
man sich nicht alleine auf die Straße begeben und selbst für die kürzesten Strecken ein Taxi
rufen. Dafür habe ich mir gleich zu Anfang ein paar Nummern von zuverlässigen Taxifahrern
besorgt. Die Kosten für den Transport im Daladala waren umgerechnet 0,20 € und eine
Taxifahrt hat innerhalb der Stadt auch nicht mehr als 2 € gekostet. Also alles sehr
erschwinglich.
Nachbereitung:
Für die Zulassung zum 3. Staatsexamen musste ich meine englische
Praktikumsbescheinigung noch von einem beglaubigten Übersetzer ins Deutsche übersetzen
lassen. Außerdem wird für die Approbation ein polizeiliches Führungszeugnis aus dem
Ausland gebraucht. Dies habe ich in Tansania nicht bekommen, sondern nur einen Brief
meiner Institution, dass im Land nichts gegen mich vorliegt. Ob das reichen wird, werde ich
erst in der Zukunft sehen.
Der Aufenthalt in Tansania hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Natürlich waren hin und
wieder Zeiten, an denen ich einfach nur noch Heim wollte. Als Weißer steht man immer im
Mittelpunkt, wird angeredet, angestarrt oder um Geld angebettelt.
An das Arbeitstempo muss man sich, wenn man aus dem hektischen Alltag in Deutschland
kommt, auch erst Mal gewöhnen. Trotz allem eine Zeit an die ich mich gerne zurück erinnern
werde.
Hakuna matata... No hurry in Africa!!!
Hiermit erkläre ich mein Einverständnis, dass sich Interessenten für gleichartige Projekte mit
Fragen unter der folgenden Kontaktadresse an mich wenden können.
01.06.2010
Verena Jachmann
[email protected]
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