Nationale Referenzzentrale für Listeriose Jahresbericht 2010

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Nationale Referenzzentrale für Listeriose
Jahresbericht 2010
Österreichische Agentur für Gesundheit
und Ernährungssicherheit
Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene
A-1096 Wien, Währingerstr. 25a, Postfach 91
Tel. +43 (0)50 555 37111
Fax +43(0)50 555 37109
E-Mail: [email protected]
Ansprechperson:
Dr. Steliana Huhulescu
Zusammenfassung
Im Jahr 2010 wurden in Österreich 34 (vom Referenzlabor kulturell verifizierte) invasive
humane Listeriose-Fälle registriert, schwangerschaftsassoziiert waren 3 Fälle. Listeriose war
somit in Österreich eine relativ seltene Infektionskrankheit, deren Inzidenz im Jahr 2010 bei
rund 0,41/100.000 EinwohnerInnen lag. Dies ist weniger als im Vorjahr, in dem 46
Listeriosefälle festgestellt wurden. In den Jahren 1996 bis 2009 betrug die Inzidenz zwischen
0,1 und 0,56/100.000 EinwohnerInnen pro Jahr. Die Häufigkeit in anderen westeuropäischen
Staaten liegt bei 0,2 bis 1,8/100.000 EinwohnerInnen pro Jahr. Die Letalität betrug im Jahr
2010 12 % (4 von 34). Die hohe Letalität dieser Krankheit und gelegentlich auftretende
schwerste Dauerschäden verlangen Anstrengungen zur frühestmöglichen Erkennung etwaiger
lebensmittelbedingter Ausbrüche. Im Jahr 2009 wurde ein länderübergreifender (6 von 9
Bundesländern) Ausbruch an Listeriose mit Listeria monocytogenes SG 1/2a dokumentiert.
Der Ausbruch war durch den Konsum von Sauermilchkäse ausgelöst, ein Produkt das unter
mehreren Bezeichnungen vertrieben wurde. Der Ausbruch umfasste im Jahr 2009 13 Fälle,
fünf davon mit letalem Ausgang. Im Jahr 2010 umfasste dieser Ausbruch 12 Fälle. Im Jahr
2010 wurde ein weiterer Ausbruch an Listeriose mit Listeria monocytogenes SG 1/2a in
einem Haushalt dokumentiert. Dieser Ausbruch umfasste 3 Fälle (einen Fall von invasiver
Listeriose und zwei Fälle mit positivem Nachweis vom Ausbruch-Stamm im Stuhl).
Summary
In 2010 a total of 34 microbiologically confirmed human cases of invasive listeriosis were
recorded for Austria, three of them pregnancy related. Thus, listeriosis can be regarded as a
relatively rare infection, with an annual incidence of 0.41 cases per 100,000 inhabitants in
2010. This corresponds to incidences of 0.1 to 0.56 in the years 1996 to 2009 and is similar to
1
the incidences in most other western European countries (0.1-1.8). Lethality was high, with
12 % (4 out of 34) in 2010. This high case fatality ratio and sequalae like permanent disability
demand every effort to recognize potential food-associated outbreaks as early as possible. In
Austria an outbreak of listeriosis was documented in 2009, due to the consumption of a
certain cheese, a type of acid curd cheese available in different flavours produced by an
Austrian manufacturer. In 2009, the outbreak accounted for 13 outbreak cases, including five
cases with lethal outcome and in 2010 it accounted for 12 outbreak cases. In 2010, another
outbreak of listeriosis was documented in a household. The outbreak involved three cases
(one case of invasive listeriosis, and two cases with positive detection of the outbreak strain
in stool), no fatal outcome.
Einleitung
Listerien sind grampositive stäbchenförmige Bakterien, die in der Umwelt weit verbreitet
sind. Innerhalb der Gattung Listeria lassen sich mehrere Arten unterscheiden:
L. monocytogenes, L. ivanovii, L. seeligeri, L. welshimeri, L. grayi und L. rocourtiae [1]. Davon
hat für den Menschen fast ausschließlich nur Listeria monocytogenes pathogene Bedeutung.
Menschliche Infektionen erfolgen hauptsächlich oral durch kontaminierte Nahrungsmittel.
Wichtig ist zu wissen, dass sich Listerien auch bei niedrigen Temperaturen, also auch im
Kühlschrank, vermehren können. Lebensmittel tierischer Herkunft, insbesondere
Fleischprodukte, Lachs, Milch und Käse, stellen die hauptsächlichen Infektionsquellen dar [2].
In den meisten Fällen verläuft bei Menschen mit guter Abwehrlage eine Infektion aber ohne
sichtbare Krankheitszeichen oder nimmt einen harmlosen Verlauf mit Symptomen wie Fieber,
Erbrechen und Durchfall. Bei 1-5 % aller Menschen findet sich im Stuhl eine vorübergehende
Anwesenheit von Listerien [3]. Die meisten Erwachsenen haben gegen geringe Keimzahlen
von Listerien eine natürliche Immunität. Während der Schwangerschaft ist diese Immunität
jedoch eingeschränkt. Es besteht auch die Möglichkeit einer Übertragung von der Mutter auf
das Kind. Dabei kann eine Infektion mit L. monocytogenes zu Totgeburt, Frühgeburt oder
Neugeborenenlisteriose führen. Bei Immungeschwächten, z. B. Alten, Krebs- und AIDSKranken, kann es zu Hirn- oder Hirnhautentzündung sowie zu Sepsis kommen [4,5].
Ergebnisse
Im Jahr 2010 wurden in der Österreichischen Referenzzentrale für Listerien 34 ListerienStämme von invasiven humanen Erkrankungen untersucht (Tab. 1). Dies entspricht einer
Inzidenz von 0,41/100.000 EinwohnerInnen. In den Jahren 1996 bis 2009 lag die Inzidenz
zwischen 0,1 und 0,56/100.000 EinwohnerInnen pro Jahr. Die Letalität betrug 2010 12 % (4
von 34) (Abb. 1).
Die 34 Listeriosefälle verteilten sich auf 12 Monate. Am häufigsten betroffen war das
Bundesland Niederösterreich mit 10 Fällen, gefolgt vom Bundesland Wien mit 8 Fällen und
dem Bundesland Steiermark mit 6 Fällen. Je vier Fälle traten in Oberösterreich und Salzburg
auf, je einen Fall registrierten Tirol und Kärnten (Abb. 2).
2
19 Stämme konnten dem Serotyp 1/2a zugeordnet werden, 10 dem Serotyp 4b, 4 dem
Serotyp 1/2b und 1 Stamm dem Serotyp 1/2c.
Abb.1 Kulturell verifizierte Listeriose-Fälle in Österreich 1997-2010 (Mutter/Kind-Infektionen als ein Fall gezählt)
50
45
40
35
30
Letal
Isolate
Schwangerschafrassoziiert
25
20
15
10
5
0
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Abb.2: Listeriose-Fälle in Österreich 2010; regionale Verteilung
Listeriose in Österreich- 2010 Fälle
K; 1
S; 4
NÖ; 10
OÖ; 4
NÖ
W
T
ST
OÖ
S
K
ST; 6
T; 1
W; 8
3
Tab. 1: Humanisolate von Listeria monocytogenes, Österreich 2010
#
Datum des
Proben
eingangs
Serovar
(Alter)
Sex
m/
w
Einsender
(Erreger isoliert in…)
Probenart
Grundkrankheit/
Symptome
Ausgang
(28 Tage)
1
15.01.10
1/2a
(74)
m
LKH Mistelbach –
(Institut für Pathologie
und Mikrobiologie)
Blut und
Liquor
Meningitis,
Pneumonie
entlassen
NÖ
2
19.01.10
1/2a
(73)
w
KH Mittersill Interne
Abt. (SALK Labor)
Blutkultur
SLE mit CortisonTherapie,
Meningeom,
Durchfall; H1N1 pos.
entlassen
S
3
26.01.10
1/2a
(71)
w
SMZ-Ost Donauspital(Pathologisch-bakt.
Institut)
Blutkultur
Meningoenzephalitis
verstorben
W
4
02.02.10
1/2a
(74)
m
LKH Rohrbach
(Nervenklinik Wagner
Jauregg: Institut für
Mikrobiol. und Hyg.)
Blutkultur
Multiples Myelom
entlassen
OÖ
5
03.02.10
1/2b
(59)
m
AKH Wien CAPDAmbulanz (Klinische
Mikrobiologie)
Dialysat
CAPD
verstorben
NÖ
6
04.02.10
1/2a
(74)
m
SALK (SALK-Labor)
Blutkultur
N. bronchi, COPD,
PAVK;
Fieber/Bakteriämie
entlassen
S
7
05.02.10
1/2a
(81)
m
LK Krems (Pathologie)
Blutkultur
Pneumonie
entlassen
NÖ
8
09.02.10
1/2a
(77)
m
SMZ-Ost Donauspital
(Bakteriologie)
Blutkultur
+Wirbelsäule
aspirat
Spondylodiszitis
Sepsis
entlassen
NÖ
9
09.02.10
1/2a
(69)
m
AKH Wien (Klinische
Mikrobiologie)
Blutkultur
Hirnabszeß
entlassen
W
10
A
11.02.10
1/2a
(32)
w
LK Salzburg
GynäkologieNeonatologie (SALK
Labor)
Vaginalab
strich
Gravid 25 SSW
(Blutung)
Frühgeburt per
Kaiserschnitt
entlassen
S
10
B
23.02.10
1/2a
(0)
w
LK Salzburg
GynäkologieNeonatologie (SALK
Labor)
Bronchialsekret
Frühgeburt
(25 SSW)
entlassen
S
11
26.02.10
1/2a
(81)
m
Krankenhaus der
Barmherzigen
Schwestern Ried
(PathologieBakteriologie)
Liquor
Hypertonie
entlassen
OÖ
12
26.02.10
1/2a
(89)
m
Krankenhaus der
Barmherzigen
Schwestern Ried
(PathologieBakteriologie)
Blutkultur
Aortenstenose
entlassen
OÖ
13
02.03.10
1/2a
(69)
w
Landesklinikum St.
Pölten (Inst. für Hyg.
und Mikrobiologie)
Blutkultur
und
Liquor
Alkoholische
Leberzirrhose, DM
entlassen
NÖ
4
BL
14
03.03.10
1/2a
(78)
m
KH OberwartNeurologie (Inst. für
Hygiene Graz)
Stuhl
Listerien-Meningitis
entlassen
ST
15
18.03.10
1/2a
(86)
m
Evangelisches KH Wien
(Lab. Kosak)
Blutkultur
KHK; Patient
asymptomatisch
entlassen
W
16
26.03.10
1/2c
(66)
m
KFJ Spital Dialyse-Abt.
(Pathol. Bakt. Institut)
Blutkultur
CNI; Sepsis; DM
entlassen
W
17
22.04.10
1/2a
(68)
w
LKH Univ. Klinikum Graz
(Inst. für Hyg. und
Mikrobiologie Graz)
Blutkultur
Neutropenisches
Fieber bei CUP
entlassen
ST
18
26.04.10
1/2a
(84)
w
Landesklinikum
Waldviertel Horn
(Mikrobiologisches
Labor)
Liquor
CLL
entlassen
NÖ
19
27.04.10
4b
(76)
m
LKH Klagenfurt
(Mikrobiologisches
Labor)
Blutkultur
Sepsis; Enzephalitis
(4 Tage nach
Zahnextraktion)
entlassen
K
20
29.04.10
4b
(77)
w
SMZ-Ost Donauspital
(Bakteriologie)
LWSAbstrich
WK-Einbrüche
entlassen
NÖ
21
28.04.10
4b
(0)
w
SMZ-Süd-KFJ-Spital
Wien (Pathol. Bakt.
Institut)
Ohr/Rachenabstrich
Sepsis
entlassen
W
22
14.05.10
1/2b
(81)
m
Landesklinikum
Donauregion Tulln
(Landesklinikum KremsPathologie)
Perikarderguss
Card. Decomp.,
COPD, NI, DM,
Zirrhosis hep.
verstorben
NÖ
23
18.05.10
4b
(24)
m
Univ. Klinik für
Neurologie Graz (Inst.
für Hyg. und
Mikrobiologie Graz)
Liquor
Meningitis
entlassen
ST
24
26.05.10
4b
(79)
m
Landesklinikum St.
Pölten Neurol. 1
(Inst. für Hyg. und
Mikrobiologie)
Blutkultur
M. Parkinson;
Multiinfarkt-Demenz;
Vorhoffflimmern;
Fieber
entlassen
NÖ
25
08.06.10
1/2a
(29)
w
SMZ-Ost-Donauspital
(Pathol. Bakt. Institut)
Blutkultur
Metatstsierendes
Mammakarzinom
entlassen
W
26
17.06.10
4b
(61)
w
Steiermärkische
Krankenanstaltenges.
m.b.H. (Institut für
Hygiene und
Mikrobiologie)
Blutkultur
Fieber, grippale
Symptomatik
entlassen
ST
27
26.07.10
4b
(75)
w
Landeskrankenhaus
Vöcklabruck
(Institut für
Pathologie/Mikrob.)
Blutkultur
Leukämie
entlassen
OÖ
28
11.08.10
1/2a
(85)
m
KH Hall (Med. Uni
Innsbruck, Sektion für
Hyg. und Med.
Mikrobiologie)
Blutkultur
z.n. Myokardinfarkt
verstorben
T
29
06.09.10
4b
(73)
w
KH Hietzing, Wien
(Pathologie und kl.
Bakteriologie)
Blutkultur
Sepsis + Meningitis
entlassen
W
30
11.10.10
4b
(0)
m
LKH Leoben
Liquor
Sepsis + Meningitis
entlassen
ST
5
(Pathologisches
Institut)
31
27.10.10
1/2b
(70)
m
AKH Wien,
Chron. Dialyse.1
(Mikrobiologie)
Blutkultur
CNI; Leberzirrhose,
Aszites
entlassen
W
32
09.11.10
4b
(77)
m
LKH Voitsberg
(Steiermärkische
KrankenanstaltengmbH
(Institut für Hygiene
und Mikrobiologie)
Blutkultur
Fieberhafter Infekt
Sepsis?
entlassen
ST
33
23.11.10
1/2b
(70)
m
Privatklinik Wehrle
(Lab. Dr. MustafaSalzburg)
Ascites
Ascites,
Leberzirrhose
entlassen
S
34
15.12.10
1/2a
(57)
m
LKH Krems-Interne
(Pathologie)
Blutkultur
Ak. Resp. Insuff.bds.
Myotone DystrophieCurschman Steinert
entlassen
NÖ
Zwei Isolate stammen aus normalerweise nicht sterilen Untersuchungsmaterialien (Stuhl von
einem Fall mit Meningitis, und Vaginalsekret von einer Mutter eines Neugeborenen mit
Listeriose).
Ein verspätet eingesandtes Isolat aus dem Jahr 2009 (Wien) ist in der Tabelle nicht inkludiert.
Tab. 2: Stuhlisolate von L. monocytogenes ohne systemische Erkrankung, Österreich 2010
#
Datum des
Probeneingangs
Serovar
(Alter)
Sex
m/
w
Einsender
(Erreger isoliert in…)
Probenart
Grundkrankheit/
Symptome
1
02.03.10
1/2a
(83)
w
Magistrat der Stadt
Villach (Gesundheitsabteilung)
Stuhl
Z.n. Quargelkonsum
(Pat. symptomlos)
hat
Antibiotika
bekommen
K
2
05.03.10
1/2a
(68)
m
FA für Innere med.(Inst.
für Hygiene Graz)
Stuhlisolat
hat
Antibiotika
bekommen
ST
3
20.05.10
1/2a
(55)
w
BH Waidhofen an der
Thaya
Stuhl
Z.n. Quargelkonsum
(hat Durchfall
gehabt, zur Zeit der
Untersuchung
symptomfrei)
Umgebungsunt. bei
Fall L45
NÖ
4
20.05.10
1/2a
(28)
w
BH Waidhofen an der
Thaya
Stuhl
Symptom
frei z.Z. der
Untersuchung
Symptom
frei z.Z. der
Untersuchung
Umgebungsunt. bei
Fall L45
Ausgang
(28 Tage)
6
BL
NÖ
Abb. 3: Listeriose-Fälle 2010-Altersverteilung
30
25
20
15
Anzahl der Fälle
10
5
0
0-4
5-14
15-24
25-44
45-64
≥65
Diskussion
Mit einer Inzidenz von rund 0,41 Fällen pro 100.000 EinwohnerInnen liegt die Häufigkeit der
Listeriose in Österreich über dem Durchschnitt der Vorjahre. Die Häufigkeit ist vergleichbar
mit der anderer westeuropäischer Staaten (0,1 bis 1,8 Fällen pro 100.000 EinwohnerInnen
pro Jahr), wobei in manchen europäischen Ländern (Irland, Litauen, Niederlande, Spanien,
Dänemark und UK) eine steigende Tendenz registriert wird [4, 6,12]. Im Jahr 2010 wurden in
Österreich 4 Todesfälle dokumentiert, was bei 34 Erkrankungen einer Letalität von 12 %
entspricht. Dies ist weniger als in drei Jahren zuvor. Im Jahr 2010 wurden drei
schwangerschaftsassoziierte Listeriose-Fälle registriert, keiner davon mit tödlichem Ausgang.
Fast alle PatientInnen wiesen prädisponierende Faktoren auf (Alter > 60 Jahre, Karzinom,
Immunsuppression, Alkoholabusus). Nur in fünf Fällen waren PatientInnen im Alter von unter
60 Jahren (24 bis 59 Jahre) betroffen (Tab.1).
Den hauptsächlichen Infektionsweg stellt die Aufnahme von kontaminierten Milchprodukten,
Fleisch, Fisch und Gemüseprodukten dar [5]. Eine wesentliche Aufgabe der nationalen
Referenzzentrale besteht darin, durch molekulargenetische Feintypisierung aller Isolate und
durch die Erhebung epidemiologischer Daten etwaige Ausbrüche (das epidemische Auftreten
von Listeriose) rasch erkennen zu können, um somit gezielte Interventionsmaßnahmen zur
Prävention zu ermöglichen [7,8,9]. Der Großteil der Listeriosen manifestiert sich jedoch in
sporadischen Fällen. Nur vereinzelt gelingt es bei solch sporadischen Fällen durch Nachweis
identer Listeria-Isolate in Lebensmitteln und bei PatientInnen den Infektionsweg aufzuklären.
Die nationale Referenzzentrale konnte im Jahr 2010 in vier Situationen solche idente
Lebensmittelisolate nachweisen. Vier Humanisolate (L63/10, L57/10, L50/10 und L46/10)
7
waren voneinander nicht zu unterschieden sowie mit Isolaten aus Rohmilch und
Küchenabstrichen aus dem Patientenumfeld L46/10 ident. Das Humanisolat L29/10 war mit
einem Lebensmittelisolat (Forelle) ident. Das Humanisolat L56 war mit einem
Lebensmittelisolat aus dem Patientenhaushalt (Fisch) ident. Das Humanisolat L47/10 war mit
mehreren Lebensmittelisolaten (Räucherfisch) ident (Abb. 4).
Am 14.08.2009 hatte die Nationale Referenzzentrale in drei Einsendungen (Listeria
monocytogenes Serotyp 1/2a) aus Österreich ein identisches, neuartiges PFGE-Muster (=
Ausbruchsstamm) festgestellt. Bis zum Jahresende erhöhte sich die Anzahl dieser
österreichischen Ausbruchsfälle auf insgesamt 13, davon fünf Todesfälle. In den ersten drei
Monaten des Jahres 2010 wurden weitere 12 Fälle registriert (Abb. 4). In einem weiteren Fall
wurde der Ausbruch-Stamm im Stuhl nachgewiesen, ohne klinische Zeichen einer
systemischen Erkrankung. Der arithmetische Altersdurchschnitt dieser PatientInnen betrug
74,2 Jahre (57 – 88) und 21 davon waren männlich. Die Fälle verteilen sich über sieben von
neun österreichischen Bundesländern (Steiermark, Kärnten, Niederösterreich, Wien,
Salzburg, Burgenland, Oberösterreich). Die infektionsepidemiologischen Untersuchungen der
AGES ergaben am 15.1.2010 einen bestimmten Weichkäse als hochwahrscheinliches Vehikel.
Die beiden ursächlichen Ausbruchsstämme konnten im Januar 2010 auch im inkriminierten
Lebensmittel, welches am 23.1.2010 vom Markt genommen wurde, nachgewiesen werden
[10, 11].
Im Jahr 2010 wurde ein zweiter Ausbruch in einem Haushalt im Bundesland Niederösterreich
dokumentiert (Tab. 1 und 2; Abb. 4). Dieser Ausbruch umfasste 3 Fälle: ein Fall an
systemischer Listeriose (L45) und zwei Fälle mit Isolierung des Ausbruchstammes aus dem
Stuhl (L51 und L53). Der Ausbruch war durch den Konsum von selbsthergestellten
Topfennockerl verursacht. Das inkriminierte Lebensmittel stand für die mikrobiologische
Analysen nicht mehr zur Verfügung.
Die Einhaltung allgemeiner Küchenhygiene-Regeln spielt eine wichtige Rolle bei der
Vermeidung von Infektionen mit Listeria monocytogenes. Grundregeln, um das Risiko von
Lebensmittelinfektionen zu minimieren, sind:
 Fleisch- und Fischgerichte gründlich durchgaren
 Rohmilch vor Verzehr abkochen
 Faschiertes (Hackfleisch) nicht roh essen
Das regelmäßige Händewaschen (vor der Zubereitung von Speisen) ist eine weitere wichtige
Maßnahme zum Schutz vor Listeriosen. Auch sollten Obst, Gemüse und Salate vor dem
Verzehr gründlich gewaschen werden. Die Zubereitung von Fleisch und rohem Gemüse muss
in der Küche auf getrennten Arbeitsflächen oder zeitlich getrennt vorgenommen werden.
Diese Arbeitsflächen sollten nach Gebrauch gründlich gereinigt werden. Frisch gekochte
Speisen sollten bei der Lagerung im Kühlschrank abgedeckt werden, damit keine
nachträgliche Keimeinbringung erfolgen kann. Letztendlich obliegt es aber den
Lebensmittelproduzenten sicherzustellen, dass verzehrfertige Produkte bezüglich Listerien
kein Gesundheitsrisiko darstellen.
8
Abb. 4: AscI-Pulsed-Feld-Elektrophorese-Muster der humanen L. monocytogenes-Stämme des Jahres 2010
(Lebensmittelisolate im Dendrogramm nicht enthalten)
Dice (Opt:0.50%) (Tol 1.0%-2.0%) (H>0.0% S>0.0%) [0.0%-100.0%]
100
PFGE_AscI
80
60
PFGE_AscI
L10/10
L11/10-EK1
L14/10
L16/10/#2
L17/10/#1
L18/10/#2
L19/10/#3
L20/10/#1
L30/10
L32/10
L33/10
L36/10
L38/10 I
L42/10/#1
L43/10
L21/10/#2
L28/10
L29/10
L56/10/#1
L69/10
L35/10 WH
L45/10/#1
L51/10 e/#1
L53/10 b
L44/10/#1
L09/10
L48/10/#1
L55/10/#1
L46/10
L50/10
L57/10/2
L63/10/#2
L47/10/#1
L64/10
L58/10/#1
L66/10/#2
L67/10/#3
L49/10/#3
L65/10/#1
L15/10
L60/10/#2
 Gesicherte Ausbruchsisolate: L9, L10, L11, L14, L16, L17, L18/19, L20, L30, L32/33, L36,
L38*, L42;
 L18/19; L32/33: jeweils 2 Isolate/PatientIn
 Stuhlisolat
9
Danksagung
Wir bedanken uns bei folgenden Einsendern:
SALK Labor GmbH; Pathologisches Institut KH Leoben; Institut für Hygiene und Mikrobiologie
Graz; Institut für Hygiene und Mikrobiologie Innsbruck; Mikrobiologisches Labor AKH Wien;
Pathologisch-bakteriologisches Institut Kaiser Franz Josef Wien; Institut für
Pathologie/Mikrobiologie Vöcklabruck; Institut für Pathologie LKH Krems; Institut für
Pathologie Landesklinikum Mistelbach; Pathologisch-bakteriologisches Institut SMZ-Ost Wien;
Institut für Hygiene und Mikrobiologie Wagner Jauregg Linz; Pathologie-Bakteriologie KH der
Barmherzigen Schwestern Ried; Institut für Hygiene und Mikrobiologie KH St. Pölten; Labor
Dr. Kosak Wien; Mikrobiologisches Labor LKH Klagenfurt; Mikrobiologisches Labor
Landesklinikum Waldviertel Horn; Institut für Hygiene und Mikrobiologie Steiermärkische
Krankenanstaltenges.m.b.H Graz; Pathologie und klinische Bakteriologie Krankenhaus
Hietzing Wien; Labor Dr. Mustafa Salzburg.
Literatur
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183-189
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[4] Allerberger F, Wagner M (2010) Listeriosis: a resurgent infection. Clin Microbiol Infect 16: 16-23.
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