Bildgesteuerte Thermoablationsverfahren bei Kindern

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© Schattauer 2012
Übersichtsarbeit
Kinderrheumatologie
Bildgesteuerte Thermoablationsverfahren bei Kindern
B. Gebauer; F. Streitparth
Charité, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Strahlenheilkunde, Berlin
Schlüsselwörter
Keywords
Thermoablation, Radiofrequenzablation, RFA,
Osteoidosteom, Rezidiv
Thermal ablation, radiofrequency ablation,
RFA, osteoid osteoma, recurrent disease
Zusammenfassung
Summary
Thermische Ablation von krankhaftem Gewebe kann durch Radiofrequenz, Laser, Mikrowelle oder hochfokussierten Ultraschall erreicht werden. Bei Kindern und Jugendlichen
findet thermische Ablation am häufigsten bei
der Therapie des symptomatischen Osteoidosteoms Anwendung. Bei dieser Indikation
hat die thermische Ablation, insbesondere die
Radiofrequenzablation (RFA), die Chirurgie
als Standardverfahren weitgehend abgelöst.
Beim Osteoidosteom kann in 90 % nach der
ersten Ablation eine komplette Symptomfreiheit der Patienten erreicht werden. Rezidive,
die in ca. zehn Prozent der Fälle auftreten,
können mittels einer Wiederholung der thermischen Ablation in fast allen Fällen behandelt werden. Die bei Erwachsenen häufige Anwendung der thermischen Ablation zur Therapie von malignen Erkrankungen ist bei Kindern und Jugendlichen selten. Die thermische
Ablation kann aber auch bei dieser Patientengruppe additiv oder in Kombination mit Resektionen oder Chemotherapien eingesetzt
werden.
Thermal ablation of pathological tissue can be
achieved through radiofrequency, laser,
microwave or high-focussed ultrasound. The
most frequent indication for thermal ablation
in children and adolescents is the treatment of
symptomatic osteoid osteoma. In this indication thermal ablation, in particular radiofrequency ablation (RFA), has largely replaced
resection as the standard treatment. A complete pain relief can be achieved after the first
thermal ablation in 90 % of osteoid osteomas.
Recurrent pain after first successful treatment, which occurs in 10 %, can successfully
be treated by a second ablation in almost all
cases. In adults thermal ablation is often used
for the treatment of malignant tumors. This
indication is rare in children and adolescents.
But thermal ablation could be used in this
group of patients additive to surgical or chemotherapeutic treatment.
Korrespondenzadresse
Prof Dr. Bernhard Gebauer,
Priv.-Doz. Dr. Florian Streitparth
Charité, Campus Virchow-Klinikum
Klinik für Strahlenheilkunde
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
E-Mail: [email protected],
[email protected]
Image guided thermal ablation in children
arthritis + rheuma 2012; 32: 232–236
Thermoablation am häufigsten bei der
Therapie des Osteoidosteoms angewandt.
Ziel der Behandlung des Osteoidosteoms
ist es, das Symptom Schmerz zu behandeln.
Durch die thermische Ablation beim Osteoidosteom werden zum einen die Prostaglandin-produzierenden Zellen im Nidus
des Osteoidosteoms sowie die Schmerzleitungsbahnen zerstört.
Die thermische Ablation beruht auf
dem Prinzip der hyper- oder hypothermen
Zelldestruktion. Bei der hyperthermen
Thermoablation wird eine Erhitzung des
Gewebes auf mehr als 60 °C angestrebt, die
zur Proteindenaturierung, Inhibition der
Proteinsynthese, Bruch der DNA- und
RNA-Bindungen, Verlust der Integrität der
Lipidmembranen und schließlich zum irreversiblen Zell- und Gewebsuntergang
führt (1, 2). Die anschließende Gewebsnekrose wird Koagulationsnekrose oder
Ablationsareal genannt. Die Hitze kann
entweder durch Laser (LITT), Mikrowelle
(MWA), hochfokussierten Ultraschall
(HIFUS) oder Radiofrequenz (RFA) in das
krankhafte Gewebe eingebracht werden
(씰Kasten „Ablative Therapien“). Eine andere Methode der Thermoablation ist die
hypotherme Ablation (Kryoablation), bei
der das Gewebe auf –20 bis –40 °C abgekühlt wird (3). Die Eisbildung in den Zellen
führt zum sofortigen, direkten Zelltod sowie indirekt zum Zelltod über Flüssigkeitsund Elektrolytverschiebungen mit konsekutiver Dehydrierung der Zellen.
Radiofrequenzablation
Ablation (lat. Ablatio) bedeutet eine Abtragung oder Ablösung von Gewebe, wird jedoch auch bei (Tumor-) Zellinaktivierung
durch radiogene, thermische, elektrische,
biomechanische oder chemische Einwirkungen angewandt. Ziel der Ablation ist eine komplette Inaktivierung aller Zellen im
Ablationsareal, mit der Entstehung einer
Narbe. Ziel der Ablation kann zum Beispiel
die Zerstörung von krankhaftem Tumorgewebe (z. B. bei Lebertumoren), das Ausschalten von Nerven (z. B. bei chronischen
Rückenschmerzen) oder Leitungsbahnen
(z. B. Herz) sein. Bei Kindern wird die
Von allen thermischen Ablationsverfahren
ist die Radiofrequenzablation (RFA) das am
verbreitetste und wissenschaftlich am besten
untersuchte Verfahren (1, 2). Zur Radiofrequenzablation (RFA) muss eine spezielle
Sonde in das zu behandelnde Gewebe eingebracht werden. Dies kann intraoperativ oder
perkutan bildgesteuert (Ultraschall, Com-
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putertomografie oder Magnetresonanztomografie) erfolgen. Bei sogenannten monopolaren Systemen wird mit Hilfe von Neutralelektroden an den Oberschenkeln um
die Sondenspitze ein Wechselstromfeld mit
einer Frequenz von 450 bis 750 Kilohertz
(kHz) erzeugt. Bewegungen von geladenen
Teilchen im Wechselstromfeld um die Elektrodenspitze führen zu einer Gewebserwärmung durch Friktion (Bewegung)
(씰Abb. 1). Optimal sind Temperaturen im
Zielbereich von 60 °C bis 95 °C. Höhere
Temperaturen führen zu einer Karbonisierung (Verkohlung) um die Elektrodenspitze
und verhindern somit den weiteren Energieeintrag durch Isolation. Um diese unerwünschte Karbonisierung zu verhindern,
sind zum einen intern gekühlte Elektroden
und zum anderen spezielle Elektrodenkonfigurationen (z. B. Klusterelektrode, Schirmchenelektrode) entwickelt worden. Mit Hilfe dieser speziell konfigurierten Elektroden
können Ablationen mit einem Durchmesser
von bis zu 5 cm, selten auch 7 cm, erreicht
werden. Sollten größere Ablationsdurchmesser erforderlich sein, so können die Elektroden auch während der Intervention umpositioniert werden.
Bei malignen Tumorerkrankungen ist
das Ziel der RFA, analog zur chirurgischen
Resektion, den in der Bildgebung sichtbaren
Tumor und einen umgebenden Randsaum
von ca. 0,5 bis 1 cm Breite um den Tumor zu
abladieren, um lokale Rezidive aus Mikrosatellitenmetastasen der Umgebung zu verhindern. Bei Tumoren mit einem Durchmesser von weniger als 3 cm kann in 98 % eine langfristige lokale Kontrolle erreicht werden (4). Dies bedeutet, dass vom Ablationsareal kein lokales Rezidiv mehr ausgeht. Generell gilt: Je größer der Tumor ist, um so
mehr nimmt die Wahrscheinlichkeit einer
kompletten Tumorablation ab.
Neben der Größe von Tumoren spielt
auch die Lage und die Nähe zu großen Gefäßen eine Rolle. Ein dem Tumor benachbartes Blutgefäß kann über einen Wärmeabtransport zu einer inkompletten Ablation führen („heat sink effect“).
Mikrowellenablation
Wie bei der RFA werden bei der Mikrowellenablation (MWA) mittels thermischer Ab-
Ablative Therapien
Übersicht über die verschiedenen lokal ablativen Therapiemethoden. Die am häufigsten
verwendete Methode ist die Radiofrequenzablation (RFA), bei Kindern und
Jugendlichen vor allem beim Osteoidosteom.
gungen führen zur Gewebserhitzung durch
Reibung (Friktion). Die MWA soll insbesondere in Kapselnähe (z. B. bei Lebertumoren)
weniger schmerzhaft im Vergleich zur RFA
sein. Die übrigen Limitationen bezüglich
Größe und „heat sink effect“ gelten analog
zur RFA, wobei diese bei der MWA geringer
ausgeprägt sind, was in experimentellen Studien gezeigt wurde.
Chemisch
●
●
Alkoholinjektion (PEI)
Essigsäureinjektion
Thermisch
●
●
●
●
●
Radiofrequenzablation (RFA)
Mikrowellenablation (MWA)
Laserablation (LA, LITT)
Kryoablation
Hochfokussierter Ultraschall (HIFUS)
Biomechanisch
●
Irreversible Elektroporation (IRE)
Radiogen
●
●
Stereotaktische Radio-Therapie (SBRT)
Hochdosis Brachytherapie (CT-HDRBT)
lation die Tumoren koaguliert (5). Die Hitze
wird bei dieser Methode mittels eines hochfrequent wechselnden elektromagnetischen
Feldes produziert. Insbesondere Dipolmoleküle, wie z. B. Wasser, werden zum ständigen
Richtungswechsel gezwungen. Diese Bewe-
Laser-induzierte Thermotherapie
Bei der Laser-induzierten Thermotherapie
(LITT) wird Laserenergie, meist Nd:YAGLaser mit 1064 Nanometer (nm), über einen Lichtwellenleiter (Laserfaser) mit der
Spitze im Tumor in das umgebende Gewebe eingebracht (6). Durch Absorption der
Photonen in unterschiedlichen Schichten
des Gewebes kommt es zu einer Erhitzung
des Gewebes und somit zur thermischen
Ablation. Einfache Lichtwellenleiter führen
nur zu einem wenige Millimeter messenden Ablationsareal. Der Durchmesser des
Ablationsareals kann durch spezielle Leiter
mit diffuser Streuung an der Spitze und
Kühlung der Laserspitze bis auf mehrere
Zentimeter gesteigert werden.
Vorteil der LITT ist die Möglichkeit einer Online-Kontrolle der Ablation und der
Ablationsausdehnung mittels thermosensitiver Sequenzen in der Magnetreso-
Abb. 1
Prinzip der Radiofrequenzablation (RFA).
Ein über Neutralelektroden und einer
Sonde eingebrachter
Wechselstrom (meist
450–750 Kilohertz
[kHz]) führt zu einer
schnellen Bewegung
geladener Ionen an
der Spitze der Sonde.
Diese Bewegung
führt über Reibung
zu einer Erhitzung
des sondennahen
Gewebes und somit
zur Ablation.
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naztomografie (MRT), da im Gegensatz
zur RFA kein Wechselstromfeld an der Spitze erzeugt wird und der Laser somit voll
MRT-kompatibel ist.
Kryoablation
Die Tumorzellinaktivierung erfolgt bei der
Kyroablation durch eine Abkühlung des
Gewebes auf –20 °C bis –40 °C (3). Dabei
kommt es zur intrazellullären Eisbildung
mit sofortigem Zelltod, Flüssigkeits- und
Elektrolytverschiebungen und zur konsekutiven Dehydrierung der Zellen mit
Zelltod. In den Randbereichen der Ablation
tritt zusätzlich eine Thrombose von Gefäßen auf mit nachfolgender Ischämie.
Hochintensiver fokussierter
Ultraschall
Der hochintensive fokussierte Ultraschall
(HIFUS) nutzt zur Erhitzung von Gewebe
a
b
c
d
entweder mehrere Ultraschallgeber (Transducer), die auf ein Zentrum fokussiert werden, oder einen gekrümmten Schallgeber,
der die Ultraschallwellen auf ein Zentrum
(Fokus) bündelt (7, 8). Im Zentrum entsteht so eine Erhitzung des Gewebes auf bis
zu 90 °C, die zu einer thermischen Ablation
des Gewebes führt.
Vorteil der Methode ist, dass sie nicht invasiv erfolgt und somit keine Punktion und
Einbringung einer Sonde in den Tumor benötigt. Nachteile sind, dass zu jedem Zeitpunkt eine feste Kopplung zwischen Transducer und Hautoberfläche bestehen muss.
Dies wird beim HIFUS entweder mit Gel
oder Wasser sichergestellt. Auch dürfen
zwischen dem Transducer und dem Tumor
keine luftgefüllten Organe (z. B. Lunge,
Darm) sein, da ansonsten die Schallwellen
nicht gebündelt im Tumor ankommen.
Knochen, insbesondere die Kompakta, lässt
sich nur sehr schwer von Ultraschallwellen
durchdringen, so dass eine Behandlung
von Knochentumoren beim Kind meist
nicht möglich ist. Der HIFUS wird in der
Abb. 2 CT- und MRT-Aufnahmen bei 15-jährigem Jungen mit Schmerzen im rechten Unterschenkel
seit Wochen: Typische Auftreibung der dorsalen Kortikalis der rechten Tibia in der CT-Aufnahme (a). Der
Nidus ist in diesem Fall nicht komplett strahlentransparent, sondern weist eine ossifizierte Matrix auf.
In der MRT-Aufnahme (b) deshalb nur ringförmiges KM-Enhancement und deutliches Enhancement des
Periosts als Zeichen einer entzündlichen Mitreaktion. CT-gesteuerte RFA des Osteoidosteoms durch einen ventralen Zugang durch die Gegenkortikalis (= bikortikaler Zugang) nach Bohrung mit einem Knochenbohrer und temperaturgesteuerte RFA bei 90 °C über acht Minuten (c). Komplette Ablation im
postinterventionellem MRT (d) ohne residuelles Enhancement (Substraktionsaufnahme [T1-gewichtete
Fast Spin Echo (FSE) Sequenz post-KM – T1w FSE prä-KM)].
Regel MRT-gesteuert appliziert, was gut in
wenig mobilen und stationären Organen
und Tumoren funktioniert, so z. B. bei Uterusmyomen.
Fallbeispiele
Fall 1
Ein 15-jähriger Junge litt seit Wochen unter
starken Schmerzen im rechten Unterschenkel, die sich nachts verstärkten und sehr gut
auf
nichtsteroidale
Antirheumatika
(NSAR, z. B. Acetylsalicylsäure) ansprachen. Die konventionelle Röntgenaufnahme konnte zunächst kein typisches Osteoidosteom mit röntgentransparentem Nidus
darstellen. Die aufgrund der Kortikalisauftreibung der rechten Tibia vorgenommene
Computertomografie (CT) bestätigte den
klinischen Verdacht auf ein Osteoidosteom. Im Gegensatz zur typischen strahlentransparenten Darstellung des Nidus
zeigte dieser Verkalkungen der Nidusmatrix (씰Abb. 2). Im Gegensatz zur typischen
Darstellung im MRT mit kreisrunder Kontrastmittelanreicherung des Nidus zeigte
dieses Osteoidosteom in der präinterventionellen MRT aufgrund der zentralen Matrixverkalkung eine ringförmige Kontrastmittelanreicherung. Zusätzlich war eine
deutliche Kontrastmittelanreicherung des
Periosts sichtbar, die einer typischen reaktiven, periostalen Mitreaktion entsprach.
Der Patient wurde uns nach Diagnosestellung zur minimal invasiven Behandlung
mittels thermischer Ablation vorgestellt. In
diesem Fall entschieden wir uns zur Radiofrequenzablation (RFA) unter computertomografischer (CT-)Steuerung. In Vollnarkose wurde der Nidus des Osteoidosteoms
zunächst von ventral mit einem Knochenbohrer angebohrt. Dabei wählten wir einen
ventralen Zugang durch die ventrale Kortikalis der Tibia, um die Gefäß-Nerven-Straßen in den dorsalen Unterschenkelweichteilen nicht zu verletzen. Nach Einbringen des
RFA-Applikators (AngioDynamics RITA®,
StarBurst® SDE, Mountain View/CA, USA)
erfolgte eine thermische Ablation des Osteoidosteoms mit 90 °C Zieltemperatur für
acht Minuten.
Ziel der thermischen Ablation beim
Osteoidosteom ist die Ausschaltung des
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a
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b
Abb. 3 Konventionelle Röntgenaufnahmen (a, b) bei einem siebenjährigen Patienten mit Schmerzen im rechten Unterschenkel, die insbesondere
nachts auftraten und sich nach Acetylsalicylsäure besserten: Zu sehen ist eine Kortikalisauftreibung; ein strahlentransparenter Nidus konnte in der seitlichen Aufnahme nur vermutet werden. Dieser wurde mittels CT bestätigt (c).
Anbohrung des Nidus mit einem MRT-kompatiblen Knochenbohrer unter
Schmerzes, der zum einen durch die thermische Ablation der Nerven im Nidus,
zum anderen durch die thermische Destruktion der Prostaglandin-produzierenden Zellen im Nidus erreicht wird. Im Gegensatz zur thermischen Ablation bei malignen Erkrankungen muss kein Sicherheitssaum und keine komplette Ablation
aller Zellen erreicht werden, so dass die
Temperaturen und die Dauer der Ablation
im Verglich zur Ablation maligner Läsionen deutlich geringer ist. Die thermische
Ablation beim Osteoidosteom ist 1992 das
erste Mal von Rosenthal publiziert worden und hat sich mittlerweile zur Standardtherapie beim Osteoidosteom entwickelt (9). In Studien konnte bei ca.
90 Prozent der Patienten eine dauerhafte
Therapie des Osteoidosteoms mittels RFA
erreicht werden. Im Falle eines Schmerzrezidivs kann eine erneute thermische Ablation durchgeführt werden.
c
d
e
f
MRT-Kontrolle und thermische Ablation mittels Laserablation (LITT) bei effektiv 2,3 Watt über zehn Minuten (insgesamt 1380 Joule) (d). Die anschließende MRT-Aufnahme mit Kontrastmittel (e, f) zeigte eine deutliche Devaskularisation des Osteoidosteom-Nidus in den Subtraktionsaufnahmen als erfolgreiches Therapieergebnis.
Die komplette Ablation konnte bei unserem Patienten nach der Therapie in der
MRT durch eine komplette Devaskularisation des Nidus verifiziert werden. Der Patient war nach der Therapie vollständig
schmerzfrei ohne Rezidivnachweis.
Fall 2
Ein siebenjähriger Junge fiel mit stärksten
nächtlichen Schmerzen im Bereich des rechten Schienbeins auf. Im zunächst durchgeführten konventionellen Röntgen war eine deutliche Auftreibung der Tibiakortikalis
im mittleren Drittel erkennbar. Ein pathognomonischer, strahlentransparenter Nidus
innerhalb der Auftreibung konnte nur vermutet werden (씰Abb. 3). Das anschließend
durchgeführte Computertomogramm (CT)
verdeutlichte die Kortikalishypertrophie um
den 3 mm messenden Nidus. In Zusam-
menhang mit den Schmerzen bestand ein
typischer Befund für ein Osteoidosteom.
Uns wurde der Patient zur Thermoablation des symptomatischen Osteoidosteoms
vorgestellt. In diesem Fall entschieden wir uns
zu einer MRT-gesteuerten Punktion und Ablation des Osteoidosteoms mittels Laserablation (LITT). In Vollnarkose wurde in einem
offenen MRT (1,0 T Philips Panorama) der
Nidus mit einem MRT-kompatiblen 11G
Knochenbohrer (Somatex Medical Technologies GmbH, Teltow, Deutschland) unter
MRT-Kontrolle angebohrt. Anschließend
wurde ein Laser-Lichtwellenleiter über eine
18G MRT-Nadel (Somatex, Teltow, Deutschland) in den Nidus eingebracht. Mit Hilfe eines 1,064 nm Nd:YAG Lasers (Fibertom 5100,
Dornier Med-Tech, Wesseling, Deutschland)
wurde der Nidus über zehn Minuten bei kontinuierlicher Applikation von effektiv 2,3 W
über zehn Minuten abladiert (insgesamt
1380 Joule). Während der Ablation wurde die
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a
b
c
d
Die RFA kann bei umschriebenen hepatischen und pulmonalen malignen Raumforderungen eine Alternative zur Operation und Resektion sein oder in Kombination mit der Operation erfolgen. Bei umschriebenen Läsionen, die kleiner als drei
bis vier Zentimeter sind, kann in ca. 98 Prozent der Fälle eine lokale Kontrolle des Tumors erreicht werden. Die RFA kann sowohl in palliativer als auch in kurativer Intension durchgeführt werden.
Abb. 4 CT-Darstellung bei einem 25-jährigen Patienten mit thorakalem Rezidiv eines peripheren primitiv neuroektodermalen Tumors (pPNET): Neben anderen Rezidiven Darstellung eines Lymphknotenrezidives entlang der rechten A. mammaria interna (a). Die übrigen Rezidive wurden reseziert, das
Lymphknotenrezidiv mittels Radiofrequenzablation (RFA) behandelt (b). CT sechs Monate nach RFA mit
gutem lokalem Ergebnis (c), neun Monate nach der RFA jedoch massives thorakales Rezidiv (d).
Ausbreitung des Ablationsareals mittels thermosensibler T1-Sequenzen kontrolliert (sogenannte MR-Thermometrie) (10). Die postinterventionelle MRT zeigte eine deutliche
Devaskularisation des Nidus. Besonders gut
war diese in der berechneten Subtraktion (T1
post KM – T1 nativ) erkennbar (씰Abb. 3).
Analog zur thermischen Ablation mittels
RFA kommt es bei ca. zehn Prozent der Patienten zu einem Rezidiv des Osteoidosteoms, das sich in der Wiederkehr der
typischen nächtlichen Schmerzen äußert.
Diesen Patienten kann eine erneute thermische Ablation angeboten werden. Vorteil
der MRT-gesteuerten LITT ist die fehlende
Strahlenexposition dieser zumeist jungen Patienten, die Möglichkeit die Ausbreitung der
Hitze während der Ablation zu kontrollieren
und die postinterventionelle MRT direkt
nach der Intervention anzuschließen. Nachteil des Verfahrens ist, dass es nur an speziellen
Zentren mit offenem MRT und Erfahrung
mit Laserablationen durchgeführt werden
kann. In der Regel dauert die Therapie in der
MRT auch länger als die CT-gesteuerte RFA.
Im vorgestellten Fall konnte eine dauerhafte Therapie des Osteoidosteoms ohne
Rezidiv durch die MRT-gesteuerte Laserablation erreicht werden.
Fall 3
25-jähriger Patient mit peripherem, primitivem neuroektodermalem Tumor
(pPNET). Die Primärmanifestation war im
Jahr 2003 im Bereich der rechten Thoraxwand. Nach neoadjuvanter Radio-Chemotherapie erfolgte eine Resektion des Primärtumors. In 08/2004 erfolgte bei thorakalem Rezidiv des pPNET eine erneute Radio-Chemotherapie.
In 01/2011 war ein erneutes rechts thorakales Rezidiv mit pathologischen mediastinalen und parakardialen Lymphknoten
aufgetreten. Zusätzlich zeigte sich ein
Lymphknoten entlang der rechten A. thoracica interna (씰Abb. 4). Die Entscheidung zur Resektion der Rezidive und mediastinalen Lymphknoten des pPNET in
palliativer Intension wurde gestellt. Die
zusätzliche Resektion des Lymphknotenrezidivs entlang der A. thoracica interna
wurde als zu riskant erachtet, so dass die interventionelle Radiologie gebeten wurde,
diesen in gleicher Narkose mittels RFA zu
behandeln. Nach Resektion der thorakalen
und medistinalen pPNET-Rezidivmanifestationen wurde der Patient ins CT verbracht und eine CT-gesteuerte RFA (AngioDynamics RITA®, StarBurst® SemiFlex, Mountain View/CA, USA) mit 105 °C
Zieltemperatur für zehn Minuten vorgenommen.
In der ersten Verlaufskontrolle nach sechs
Monaten zeigte sich noch eine gute lokale
Kontrolle nach RFA, nach neun Monaten ergab sich jedoch ein massiver rechtsseitiger
Progress. Zehn Monate nach der Rezidivresektion mit RFA verstarb der Patient.
Interessenkonflikt
Die Autoren bestätigen, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit
dieser Arbeit vorliegen. Die Autoren
erhielten Reisekostenzuschüsse, Studienunterstützung oder Honorare von folgenden Firmen: C.R. BARD, Cook Medical,
AngioDynamics RITA, Perceptive Inf.,
Boston Scientific.
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