diskussion - Deutsches Ärzteblatt

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MEDIZIN
DISKUSSION
zu dem Beitrag
Schlusswort
Thermoablation von Nierentumoren:
Indikationen, Techniken und Ergebnisse
Wir stimmen mit Herrn Reuther in der Ansicht überein, dass
die Indikation zur Thermoablation in Deutschland im internationalen Vergleich oftmals restriktiv gestellt und häufig
der operativen Resektion der Vorzug gegeben wird. Die im
Rahmen der vorliegenden Übersicht (1) zusammengestellten Ergebnisse reflektieren die aktuelle Diskussion zu diesem Thema und geben Grund zur Annahme, dass die Thermoablation in der S3-Leitlinie künftig nicht bloß als Alternativverfahren für beispielsweise Patienten mit erhöhtem
Narkoserisiko reserviert wird.
Die Aktualität der Diskussion erlaubt es darüber hinaus,
die Thermoablation als ein neuartiges Verfahren anzusehen,
da der Beobachtungszeitraum von 15 Jahren verglichen mit
der nahezu 150-jährigen Geschichte der operativen Nephrektomie sehr begrenzt ist und langfristige Erfolgsdaten 5–10
Jahre nach Thermoablation erst in der aktuellen Literatur veröffentlicht werden.
Um thermischen Schäden umliegender Strukturen vorzubeugen, können unterschiedliche Techniken erfolgreich eingesetzt werden. Neben der häufig verwendeten Hydrodissektion (2) darf auch die Hitzeabschirmung durch Gasinsufflation als effektiv angesehen werden. Darüber hinaus liegen Studien vor, die über den Einsatz eines AngioplastieBallons als optimales Verfahren zum Schutz vor kollateralen
Hitzeschäden berichten (3). Zur Klärung der Frage nach
dem effektivsten Verfahren bedarf es zielgerichteter, randomisierter kontrollierter Studien, in der die Möglichkeiten
zur Vermeidung von Hitzeschäden durch Thermoablation
untersucht werden. Diese befinden sich derzeit noch in der
Ausarbeitungsphase und dürften in naher Zukunft erwartet
werden.
von PD Dr. med. Marc Regier, Prof. Dr. med. Felix Chun
in Heft 24/2015
Bestandteil der Therapie in anderen Ländern
Es ist erfreulich, dass endlich ein Beitrag zur Thermoablation
von Nierentumoren Eingang in das Deutsche Ärzteblatt gefunden hat, da diese Therapie in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern aufgrund des Widerstandes der operativen Hauptbehandler ein Schattendasein führt. „Neuartig“ ist das Verfahren allerdings nicht, da perkutane Ablationen in anderen Ländern bereits seit über zehn Jahren fester Bestandteil des Therapiekonzepts sind (1). Hierzulande wird aus meiner Erfahrung nur dann
die Indikation zur perkutanen Ablation gestellt, wenn der Patient
darauf besteht oder ein operativer Eingriff mit sehr hohen Risiken (zum Beispiel drohende Niereninsuffizienz bei einem Tumor
in einer teilresezierten Einzelniere) vergesellschaftet ist. Es ist zu
hoffen, dass in der verspäteten S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) die Thermoablation nicht nur als Eingriff für
Problemfälle, sondern als Mittel der Wahl bei kleinen Nierenzellkarzinomen mit guter perkutaner Zugänglichkeit eingestuft wird.
Zur Vermeidung von thermischen Nekrosen benachbarter
Strukturen wird von den Autoren in Abbildung 1 eine Hitzeabschirmung des Kolons durch die interstitielle Instillation einer
5%-igen Dextrose-Lösung gezeigt. Aus physikalischen Gründen
sollte dies nur als Methode der 2. Wahl gelten, da die Wärmeleitfähigkeit eines Gasdepots (Raumluft, CO2) etwa 20- bis 30-mal
geringer ist. Darüberhinaus ist die Isolationswirkung von interstiteller Dextrose oder NaCl im Gegensatz zu einem Gasdepot bildgebend nicht verlässlich einzustufen und ein kontinuierliches Monitoring der Temperatur aller Anteile der kritischen Nachbarstrukturen nicht praktikabel (2). Die Gasinstillation zum Organschutz
wurde bei der Thermoablation von Nierenzellkarzinomen bereits
2004 vorgeschlagen und ist von mehreren Arbeitsgruppen und
auch von mir immer wieder erfolgreich durchgeführt worden (3).
DOI: 10.3238/arztebl.2015.0758a
LITERATUR
1. Gervais DA, McGovern FJ, Arellano RS, McDougal WS, Mueller PR: Radiofrequency sblation of renal cell carcinoma: part 1, indications, results, and role in patient
management over a 6-year period and ablation of 100 tumors. AJR 2005; 185:
64–71.
2. Tsoumakidou G, Buy X, Garnon J, Gangi A: Percutaneous thermal ablation: how
to protect the surrounding organs. Tech Vasc Interv Radiol 2011; 14: 170–6.
3. Kam AW, Littrup PJ, McClellan MW, Hvizda J, Wood BJ: Thermal protection during
percutaneous thermal ablation of renal cell carcinoma. Vasc Interv Radiol 2004;
15: 753–8.
4. Regier M, Chun F: Thermal ablation of renal tumors: indications, techniques and
results. Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 412–8.
Univ.-Doz. Dr. med. Gerd Reuther
Facharzt Radiologie, Saalfeld
[email protected]
DOI: 10.3238/arztebl.2015.0758b
LITERATUR
1. Regier M, Chun F: Thermal ablation of renal tumors: indications, techniques and
results. Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 412–8.
2. Georgiades C, Rodriguez R: Renal tumor ablation. Tech Vasc Interv Radiol 2013;
16: 230–38.
3. Knuttinen M-G, Van Ha TG, Reilly C, et al.: Unintended thermal injuries from
radiofrequency ablation: organ protection with an angioplasty balloon catheter in
an animal model. J Clin Imaging Sci 2014; 4: 1.
PD Dr. med. Marc Regier
Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Zentrum für Radiologie und Endoskopie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
[email protected]
Prof. Dr. med. Chun
Zentrum für operative Medizin
Klinik und Poliklinik für Urologie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Interessenkonflikt
Prof. Chun erhielt Honorare für Beratertätigkeit von Janssen Cilag und UroTech.
Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen wurde er
honoriert von Astellas.
PD Regier erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 112 | Heft 44 | 30. Oktober 2015
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