HIV-Infektion medizinisch beherrschbar – gesellschaftliche Probleme bleiben Michael Mantell Thomas S. ist 48 Jahre alt und begeisterter Hobbyfußballer. Nach einer Sportverletzung ist ein medizinischer Eingriff notwendig. Vor der Operation wird im Krankenhaus routinemäßig das Blut auf Krankheiten untersucht. Auch auf HIV. Das Ergebnis ist für den Mann schockierend: Thomas S. ist HIV positiv, seine Welt bricht zusammen. „Doch während die Nachricht vor 15 Jahren noch einem Todesurteil auf Raten gleichkam, hat der Patient dank moderner Medikamente mittlerweile beinahe die gleiche Lebenserwartung wie jeder andere“, weiß Apotheker Michael Mantell, der in seiner Apotheke regelmäßig mit dem Thema konfrontiert wird. „Die meisten der rund 80.000 HIV-Infizierten in Deutschland erhalten heute eine Kombination aus drei Wirkstoffen, oft in nur einer Tablette pro Tag vereint.“ Die Patienten vertrügen diese Therapie meist ohne nennenswerte Nebenwirkungen, sagt Mantell. Die Arzneimittel sorgen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen dafür, dass sich das Virus im Blut der Patienten nicht mehr vermehren kann. „Dadurch ist bei weit über 90 Prozent der Patienten das Virus nicht mehr im Blut nachweisbar. Die Patienten sind damit oft nicht mehr ansteckend.“ Das gehe soweit, dass „eine HIV-Infektion heutzutage selbst in medizinischen Berufen kein Problem mehr darstellt“. Im normalen Alltagsleben sei eine HIV Infektion sowieso nicht ansteckend. Dank der neuen Medikamente kann die Krankheit Aids nicht mehr ausbrechen. „Diese müssen aber regelmäßig und dauerhaft eingenommen werden“, betont Mantell, „anderenfalls breitet sich das Virus wieder aus, und die Infizierten erkranken an Aids.“ Mantell vergleicht die Therapie mit der eines Diabetikers: „Der muss auch ein Leben lang Insulin spritzen.“ Das größte Problem für die HIV-Patienten sind die immer noch vorhandenen Vorbehalte und Ängste in der Gesellschaft gegenüber der Krankheit und den Infizierten, so Mantell. „Der Grund dafür ist schlichtweg die Unwissenheit vieler Menschen.“ Die Diskriminierung ist so allgegenwärtig in der Gesellschaft, dass Thomas S. seine Infektion niemandem mitteilen will – zu groß ist die Furcht vor gesellschaftlicher Ausgrenzung. „Es muss noch deutlicher aufgeklärt werden, dass er seine Mitmenschen in keiner Weise gefährdet wenn er mit diesen modernen Medikamten behandelt wird“, fordert Mantell auch in Richtung der Politik und nutzt die mediale Aufmerksamkeit rund um den Weltaidstag am 1. Dezember, um aufzuklären und um Verständnis für Menschen für Thomas S. zu werben. Zugleich warnt er aber auch: „Trotz neuer Medikamente bleibt HIV eine Infektion, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.“ Denn eines steht für den Stiftsapotheker außer Frage: „Auch wenn die Arzneimittel sehr gut wirken, bleiben Vorsorge und Schutz durch Kondome der beste Weg, sich vor der Immunschwäche und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen.“