L eser b r i e fe Gehirn und Geist / Christian Barthold; Henne und Küken: fotolia / Fotomaster [M] Mord am Mittagstisch? Viele Menschen ernähren sich aus moralischen Gründen fleischlos. Streitfall Vegetarier 6 geben, sollten unabhängig hinterfragt werden. Schließlich gibt es auch Studien, nach denen Fleischverzicht nicht vor Krebs schützt oder ­Vegetarier kleinere Gehirne aufweisen. Die Ge­ sundheitspropaganda darf mit Blick auf ein­ schlägige Fachliteratur getrost zu den Akten ­gelegt werden. Lutz Martin, Berlin: Es gibt keine wirtschaftliche »Nutztier«-Haltung ohne Tierquälerei, Verro­ hung, Ressourcenverschwendung, Umweltzer­ störung und nicht zuletzt auch ethische Degene­ ration derer, die dafür direkt oder indirekt ver­ antwortlich sind! Wer von ihnen ein schlechtes Gewissen hat, hat es vollkommen zu Recht und GuG-Redakteurin Claudia Christine Wolf er­ sollte es nicht beklagen, ignorieren oder unter­ läuterte die psychologischen Hintergründe drücken, sondern als Antrieb zur Verhaltens­ des Fleischverzichts (»Das Mitgefühl macht änderung nutzen. den Unterschied«, Heft 6/2013, S. 52). Christine Wilholm, Augsburg: Ab meinem 15. Olaf Schlüter, Vaterstetten: Als meine Frau Lebensjahr war ich elf Jahre lang »moralischer« schwanger war, fragte ihr Gynäkologe, ob sie Ve­ Ovo-Lakto-Vegetarier und dachte, ich mache al­ getarierin sei – um gleich anzuschließen, dass sie les richtig. Morgens ein Frischkornmüsli mit in diesem Fall erwägen solle, darauf in der Sahne und Obst, viel Rohkost und Gemüse, Soja- Schwangerschaft zu verzichten, da es sich um und Hefeprodukte. Bis es mir – vor allem nach eine Mangelernährung handle. Von den gesund­ meiner Schwangerschaft – gesundheitlich im­ heitlichen Vorteilen des Fleischverzichts hat die­ mer schlechter ging. Eine Infektion jagte die ser Arzt offenbar noch nicht gehört. Ich auch nächste, von der Angina bis zur Gebärmutter­ nicht. Ich weiß nur, dass zu viel Fleisch ungesund entzündung. Ich war beinahe permanent mit sein kann. Aber irgendwo zwischen »zu viel ­Antibiotika belastet, bis mein Frauenarzt mir Fleisch« und gar kein Fleisch liegt für jeden die vorschlug, eine Mineralanalyse zu machen. Er­ optimale Ernährung. Es ist schade, wenn ein gebnis: 300-fach erhöhte Kalziumwerte! Mein ­Ar­tikel, der als wissenschaftlicher Beitrag ernst Zellstoffwechsel war durch Kalziumeinlagerung genommen werden will, gleich mit einer so frag­ in den Zellmembranen bereits dermaßen blo­ würdigen These beginnt. ckiert, dass mein Organismus Gifte nicht mehr Michael Kühnapfel, Fellbach: Die Vermutung richtig abtransportieren konnte. Therapie: ei­ besonderer Empathie kann nur gelten, wenn weißreiche Kost. So kam ich zum Fleisch zurück. man Pflanzen nicht als empfindende Lebewesen Nach einem Jahr waren meine gesundheitlichen betrachtet. Ohne esoterisch werden zu wollen – Probleme behoben. Fazit: Es ist sehr schwer, sich nur weil Lebewesen gänzlich anders sind als wir, als Vegetarier oder gar Veganer gesund und aus­ sie zum hemmungslosen Verzehr freizugeben, gewogen zu ernähren. Einfacher ist es, der Biolo­ erscheint mir genauso wenig einfühlsam und gie zu folgen und zum »Fleisch nur sonntags« vorurteilsbeladen. Ich esse ebenfalls nicht alles, zurückzukehren. auch aus ethischen Gründen. Aber moralisches Gilbert Brands, Krummhörn: Als man indigene Essen hat doch die starke Tendenz, in Dünkel­ Bevölkerungsgruppen mit vegetarischem und haftigkeit zu enden. tierischem Ernährungsanteil zwischen 0 und Ina Müller, Gummersbach: Wird GuG jetzt zum 100 Prozent gesundheitlich verglich, zeigte sich Sprachrohr der Vegetarier? Die vermeintlich keinerlei Einfluss. Abgesehen davon ist die »aus­ ­wissenschaftlichen Ergebnisse, mit denen hier gewogene« vegetarische Ernährung eine Mogel­ versucht wird, fragwürdige Thesen zu belegen packung. Sie ist nämlich mit den hiesigen Pflan­ und dem Artikel einen Hauch von Seriosität zu zen schlicht und einfach nicht möglich, sondern GuG 7-8_2013 auf Importe von Gegenden rund um den Globus nicht aber den nachweislich ebenso bedeutenden angewiesen. Besonders fragwürdig finde ich in Einfluss von Erfahrung. Die Ergebnisse von Trans­ Claudia Wolfs Artikel die Bemerkungen zur hö­ sexualitätsstudien an eineiigen Zwillingen feh­ heren Intelligenz von Vegetariern, die man schon len. Spät manifestierte Störungen werden als als Rassismus bezeichnen darf. Was sollen solche ­Ergebnisse unterdrückter Identität bezeichnet. Ideologiebeiträge in einem wissenschaftlichen Auf Akzeptanz basierende Verläufe, die es auch Medium? gibt, sucht man im Artikel dagegen vergebens. Uni für Tagesmütter? Wie ­altersspezifische kognitive Mechanismen und Umweltgegebenheiten interagieren und zur Der Ruf nach einer besseren Ausbildung für Identitätsbildung beitragen, wird nicht behan­ Erzieherinnen erschallt immer lauter, berichtete delt, obwohl es sehr aufschlussreich wäre. Auch Verena Ahne (»Immer Stress mit der Krippe«, die Tatsache, dass es sich bei Transsexualität um Heft 5/2013, S. 14). ein Problem der Akzeptanz des eigenen Körpers Erika Gossler, Graz (Österreich): Auch wenn sie handelt, dem man auch bei anderen klinischen seit Jahren gefordert wird: Eine Hochschulaus­ Störungen zum Teil in ähnlicher Weise begegnet, bildung für Tagesmütter/-väter oder Kinder­ wird nicht erörtert. gartenpädagoginnen ist Unfug! Müssen auch alle Wenn man Verhalten und Befinden mit Hor­ Eltern Hochschulniveau haben? Solche Schein­ monen beeinflussen kann, bedeutet das nicht, probleme sollen von den echten Schwachstellen die entsprechenden Funktionen seien haupt­ ablenken. Das Problem der Krippenbetreuung ist sächlich durch Hormone entstanden und allein die Krippe, nicht allein die Aufsichtsperson. Eine durch diese veränderbar. Auch wenn eine über­ Fremdbetreuung von unter Dreijährigen sollte wiegend biologische Erklärung einfach ist, wird nur im Notfall stattfinden. Kinderbetreuerinnen diese Sichtweise dem Phänomen nicht gerecht. gehören zwar mit Bedacht ausgewählt, aber Sie versperrt auch den Blick auf Umweltbe­ ­Maturaniveau müsste reichen. Das haben öster­ dingungen in der Kindheit und damit auf ent­ reichische Kindergärtnerinnen allemal. sprechende Interventionen in diesem Lebens­ Biologische Erklärung abschnitt. Die Hormone bestimmen mit darüber, dass Gute Zusammenstellung Transsexuelle das Gefühl haben, dem Die Anlage-Umwelt-Debatte in der Intelligenz­ anderen Geschlecht anzugehören (»Im falschen forschung hinterfragte Christian Wolf Körper«, Heft 5/2013, S. 52). (»Ein unsinniger Streit«, Heft 4/2013, S. 32). Christian Hornstein, Bonn: Claudia Wolf er­ Walter Weiss, Kassel: Ihr Titelthema war eine wähnt in ihrem Artikel, ein allgemein gültiger sehr gute Zusammenstellung, die jeder lesen Entstehungsmechanismus der Transsexualität sollte, insbesondere wer ständig öffentlich seine sei nicht belegt. Dennoch stellt sie vor allem bio­ Meinung absondert. Es fängt schon mit dem logische Sachverhalte dar und legt nahe, diese Sprachgebrauch an: Ständig redet man von »In­ seien entscheidend. So bahne »offenbar« ein hor­ telligenz« und meint damit meistens persönlich monelles Ungleichgewicht die Störung an, die als bekannte Gestalten, die besonders erfolgreich, »angeborenes Leiden« bezeichnet wird. Das kann rücksichtslos oder raffiniert vorgehen. Dabei leicht missverstanden werden. Identität ist nicht sind nicht etwa gute Schulnoten oder Universi­ angeboren, sie wird erworben. Dabei spielen bio­ tätsabschlüsse entscheidend, denn viele »Intelli­ logische Faktoren eine Rolle, die jedoch nicht gente« empfinden es gerade als Auszeichnung, ­dominieren. Die Entwicklung gleicht vielmehr in der Schule sitzen geblieben und durchs Exa­ einem Weg, auf dem man immer wieder Abzwei­ men gerauscht zu sein. Wenn es ab und an Men­ gungen begegnet. Dies zeigt der aktuelle Stand schen mit besonders leistungsfähigen Gehirnen der Forschung, den der Artikel nicht wiedergibt. gibt, beruht das auf einem Konglomerat von Er­ Wolf nennt den Einfluss von Hormonen auf Volumen, Struktur und Funktion des Gehirns, www.gehirn-und-geist.de Zuletzt erschienen: erbtem, Gelerntem, Glück, Fleiß, Förderung und Zufall. 6/2013 5/2013 4/2013 Nachbestellungen unter: www.gehirn-und-geist.de oder telefonisch: 06221 9126-743 Briefe an die Redaktion … sind willkommen! 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