Medien Raphael Thöne Werkanalyse Beethoven I. Symphonie, IV. Satz Studienarbeit Werkanalyse I. Symphonie in C-Dur, 4. Satz Adagio – Allegro molto e vivace, Op. 21 Ludwig van Beethoven Werkanalyse im Rahmen der Diplom-Vorprüfung Studiengang: Komposition Vorgelegt im Wintersemester 2001/2002 Hiermit versichere ich, dass ich diese Werkanalyse in vollem Umfang selbst verfasst habe. 1 Werkanalyse I. Symphonie in C-Dur, 4. Satz Adagio – Allegro molto e vivace, Op. 21, Ludwig van Beethoven Einleitung/Genesis des Werkes Ludwig van Beethovens I. Symphonie in C-Dur ist während der Jahre 1799/1800 komponiert worden, ihre Uraufführung fand am 2. April 1800 im K. K. National Hoftheater in Wien statt. Bis zu diesem Zeitpunkt finden sich im Beethovenschen Oeuvre vor allem neben den Klaviersonaten (Op. 2, Op. 6, Op. 7, Op. 10, 13, 14) zahlreiche kammermusikalische Werke für unterschiedliche Besetzungen (z. B. Trio: Op. 1, Op. 3, Op. 11; Quintette: z. B. Quintett Es-Dur für Klavier und Bläser Op. 16, Streichquartette: 6 Streichquartette op. 18). Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass die beiden Klavierkonzerte C-Dur (Op. 15) und B-Dur (Op. 19) bereits komponiert waren, somit eine Erfahrung mit dem symphonischen Satz für Beethoven schon vor der Komposition seiner I. Symphonie vorhanden war. Im Hinblick auf die Opusfolge ist zudem interessant, dass sich Beethoven vor der Komposition seiner I. Symphonie intensivst mit der Behandlung des Streichapparates auseinander setzte. Die bereits oben erwähnten 6 Streichquartette Op. 18 zeigen vor allem seine meisterhafte Technik, kleinstmotivisch mit den Hauptthemen zu arbeiten und trotz homophoneren Satzstrukturen dennoch kontrapunktisch zu arbeiten. Auf solche Kompositionstechniken wird in der im nächsten Absatz folgenden Analyse des 4. Satzes der I. Symphonie insbesondere während der Analyse der Durchführung eingegangen werden. Instrumentatorisch entspricht die I. Symphonie der typischen Instrumentationsanordnung der Klassik, wie sie Hermann Erpf in seinem „Lehrbuch der Instrumentation und Instrumentenkunde“1 klassifiziert hat: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten (in C), 2 Fagotten, 2 Hörner (in C), 2 Trompeten (in G), ein Paar Pauken (C und G) sowie ein Streichquartett, bei dem die hinzugefügten Kontrabässe als Bassverdopplung der Violoncelli-Stimme in der Unteroktave ihre Anwendung finden, eine Rolle, die sie nur an wenigen exponierten Stellen verlassen (z. B. Takt 17, 4. Satz). Die von Erpf vollzogene Abstraktion, die Pauken gehören gewissermaßen als dritte Stimme zu den Trompeten – somit träten Trompete und Pauke stets im Verbund auf – lässt sich im Finalsatz der I. Symphonie größtenteils herausarbeiten (T. 26ff, T. 79ff, 87ff), dennoch finden sich Ausnahmen von dieser „Regel“, wie z. B. in T. 40 oder T. 5. An beiden Stellen liegt eine D-Dur-Harmonie vor, die Hörner und die Trompeten werden zur Grundtonverdopplung und somit zur –verstärkung instrumentiert. Da in damaliger Zeit es üblich war, zur ein Paar Pauken mit den jeweiligen Tonika- und Dominanttönen (in diesem Fall C und G) zu besetzen – die Möglichkeit zum Umstimmen der Pauke durch ein 1 Erpf, Hermann, Lehrbuch der Instrumentation und Instrumentenkunde, Mainz 11959: Schott 2 Pedal wird erst viel später „erfunden“ -, ist klar, dass an diesen Stellen die Pauken nicht ihre Verwendung finden kann. Somit muss der von Erpf formulierte „Lehrsatz“ mit gewissen Einschränkungen gesehen werden. Werkanalyse Der 4. Satz beginnt mit einem langsamen Einleitungsteil (Tempobezeichnung: Adagio) in der Dominantregion, wobei sich Beethoven den „Humor“ erlaubt – der Musikwissenschaftler Arno Forchert bezeichnet diese einleitenden Takte als „musikalischen Scherz“ (1994)2 –, nach einem fortefortissimo-G-Durklang des ganzen Orchesters die I. Violinen eine G-Skala im Rahmen eines Dominantspetakkords stufenweise durchschreiten zu lassen. Diese „Durchschreitung“ erfolgt jedoch nicht als einmalige aufsteigende „mixolydische“ Tonleiter, sondern der Tonraum wird konsekutiv erweitert: Terzumfang, Quartumfang, Quinte, Sexte und schließlich Septime stellen die einzelnen fünf Stationen dabei dar. Dabei führen der punktierte Rhythmus, die den Fluss unterbrechenden Pausen sowie das jeweilige erneute Ansetzen beim eingestrichenen g zu einem Verzögerungseffekt beim Zuhörer, der nun gebannt auf den eigentlichen Themeneinsatz wartet. Das 1. Thema (nun mit Allegro molto e vivace bezeichnet) in C-Dur beginnt mit dem Auftakt zur nachfolgenden Eins in Takt 7, I. Violinen und ist formal als geschlossene, regelmäßig gebaute Periode aus zweimal acht Takten zu bezeichnen (T. 7-22). Der Begriff der „Periode“ wird hier in der Definition von Stockmeier3 verwendet, der als Kriterien zum einen die Begrenzung im Sinne von Abgeschlossenheit, zum anderen die Teilbarkeit nennt. Beiden „Anforderungen“ wird das 1. Thema gerecht, wobei anzumerken ist, dass der Vordersatz nach 8 Takten auf der Dominante endet, in Takt 22 auf der Tonika endet. Die Phrasenstruktur des Vordersatz kann als aa’, der Nachsatz als bb’ analysiert werden. „a“ besitzt als Charakteristika zum einen die zu Beginn erfolgende Dreiklangsbrechung (T. 7f: Töne der I. Violinen ergeben einen C-Dur-Dreiklang), das spielerische Umspielen einzelner Töne (T. 9, Zählzeit 2: 16-tel umspielen Zielton e T. 10) sowie die aufwärts durchschrittene G-Skala, welche aus der Einleitung stammt. In „b“ hingegen dominieren die Tonrepetition (T.15, T. 17) und ein quasi„Seufzer-Motiv“, welches durch die jeweils nach unten zur Terz auflösende Quartdissonanz entsteht (T.16 „g“ der I. Violinen, Quartsextakkordharmonie). Zu beachten ist auch, dass das Gegenmotiv zu „b“ in den Violoncelli/Bratschen wiederum eine aufwärts durchschrittene Skala im Rahmen der jeweiligen Dominantharmonie (T. 15f: Doppeldominante A, T. 17: Dominante G) darstellt. Somit stammt das Gegenmotiv aus a. 2 3 in: Riethmüller, Dahlhaus, Ringer (Hrsg.), Beethoven Band I, Laaber 11994: Laaber Stockmeier, Wolfgang, Musikalische Formprinzipien Formenlehre, 1Laaber 1996: Laaber 3