AASM ABDM Abend-Morgen-Protokoll Abendtyp

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A
AASM
Abhängigkeitserkrankungen
American Academy of Sleep Medicine
Englischer Begriff
disorders of dependence
ABDM
Ambulantes Blutdruckmonitoring
Abend-Morgen-Protokoll
Alkoholabhängigkeit
Stimulanzienabhängigkeit
Insomnie bei Hypnotikaabhängigkeit
Schlafstörende Nebenwirkungen von
gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie psychiatrischer Erkrankungen
Schlaftagebücher
Abnormales Schlucksyndrom im Schlaf
Abendtyp
Englischer Begriff
abnormal swallowing syndrome
Spättyp
Salivation und Schlucken
Abhängigkeit
Englischer Begriff
dependence
ABPM
Ambulatory Blood Pressure Monitoring
Definition
1. Allgemeine Bezeichnung für einen Zustand
des physischen oder psychischen Angewiesenseins auf eine andere Person, Ideen, Arzneimittel, Drogen etc.
2. Bezeichnung für physische und/oder psychische Abhängigkeit, hervorgerufen durch regelmäßigen Konsum eines Suchtmittels. Die Weltgesundheitsorganisation unterscheidet acht
Formen: Morphin-Typ; Cannabis- oder Marihuana-Typ,
Barbiturat-Alkohol-TranqilizerTyp, Kokain-Typ, Amphetamin-Typ, Khat-Typ,
Halluzinogen-Typ und Morphin-AntagonistenTyp.
Siehe auch
LSD.
Alkoholabhängigkeit; Kokain;
Absetzinsomnie
Synonym
Rebound-Insomnie
Englischer Begriff
rebound insomnia
Substanzen, die mit der Schlaf-Wach-Regulation interferieren
2
Abstinenz
Abstinenz
Acetazolamid
Synonym
Englischer Begriff
Enthaltung; Enthaltsamkeit
acetazolamide
Englischer Begriff
Definition
abstinence
Carboanhydrasehemmer; Medikament, das den
Serum-pH-Wert zur Azidose hin verschiebt
und zur Suppression bestimmter Formen der
Zentralen Schlafapnoe eingesetzt wird. Siehe
dazu Atmung beim Schlaf in großer Höhe;
Zentrale Schlafapnoesyndrome.
Alkoholabhängigkeit
Abstinenzsyndrom
Entzugssyndrom
Acetylcholin
Acamprosat
Englischer Begriff
acamprosate
Definition
NMDA-Antagonist; wird als Anticraving-Substanz zur Unterstützung der Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit gegeben.
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie psychiatrischer Erkrankungen
ACE
Angiotensin Converting Enzyme
ACE-Hemmer
Synonym
Azetylcholin
Englischer Begriff
acetylcholine
Definition
Cholinester der Essigsäure; Neurotransmitter
im ZNS und in cholinergen Synapsen (motorische Endplatte); im parasympathischen Nervensystem wird Acetylcholin von prä- und
postganglionären Neuronen ausgeschüttet, im
sympathischen System nur von präganglionären Neuronen; entsteht aus Cholin und AcetylCoA unter Katalyse durch Cholinacetylase und
wird durch Hydrolasen (Acetylcholinesterase)
der postsynaptischen Membran abgebaut; der
größte Teil des Cholins wird resorbiert und erneut zur Acetylcholinsynthese verwendet. Siehe
dazu Neurotransmitter; Autonomes Nervensystem; Schlafregulation.
Synonym
Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer
Englischer Begriff
ACE inhibitors
Definition
Hemmer des Angiotensin-Converting-Enzyms,
das im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System
Angiotensin I in Angiotensin II umwandelt.
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
Acetylcholinrezeptor-Agonisten
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
Acetylsalicylsäure
Synonym
Azetylsalizylsäure; Acidum acetylosalicylicum;
Aspirin
Activity of Daily Living
Englischer Begriff
acetylsalicylic acid
Definition
Salicylsäureester mit antipyretischer, analgetischer, antiphlogistischer und thrombozytenaggregationshemmender Wirkung; nichtsteroidale antirheumatische Substanz (NSAR).
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
3
Acid
LSD
ACL
Activity Check List (nach Thayer)
ACM
Arnold-Chiari-Malformationen
Achondroplasie
Synonym
Zwergwuchs; Parrot-Syndrom; Parrot-Kauffmann-Syndrom
Englischer Begriff
achondroplasia; dwarfism
ACTH
Adrenocorticotropes Hormon
Activities of Daily Living Scales
Leistungs-, Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung
Definition
Autosomal-dominantes Fehlbildungssyndrom,
das auf einer Mutation des Fibroblastenwachstumsfaktor-Rezeptors beruht; führt zu großem
Kopf, Sattelnase, Verkürzung der langen Röhrenknochen, kleinen Händen und Füßen bei
normaler Intelligenzentwicklung; die Betroffenen erscheinen als so genannte Liliputaner mit
einer Größe von ca. 130 cm; oft führt der enge
Spinalkanal zu neurologischen Beschwerden
oder Ausfällen.
Activity Check List (nach Thayer)
Synonym
ACL
Definition
Thayer-Liste zur Überprüfung der Aktivität.
Leistungs-, Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung
Kindesalter
Activity of Daily Living
Aciclovir
Synonym
ADL
Synonym
Acyclovir
Definition
Englischer Begriff
Überprüfung der Aktivitäten des täglichen Lebens.
acyclovir
Definition
Antivirale Substanz
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
Leistungs-, Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung
A
4
Adaptive Servoventilation
Adaptive Servoventilation
Synonym
ASV
Englischer Begriff
adaptive servoventilation
Automatisches CPAP
Nasale Ventilation
zur Behandlung der
Cheyne-Stokes-Atmung bei Herzinsuffizienz
Adäquater Umgang mit dem Schlaf
Schlafhygiene
Addisonkrankheit
Synonym
Morbus Addison; Bronzekrankheit; primäre
chronische Nebennierenrindeninsuffizienz
der Rachenmandel, die zu Atembeschwerden,
krankhafter
Mundatmung,
Obstruktiver
Schlafapnoe, Mundgeruch und Mittelohrbeschwerden mit rezidivierenden Mittelohrentzündungen und Seromukotympanum führen
kann. Siehe dazu Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS); Kindesalter; Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung; HNOärztliche Verfahren zur operativen Therapie der
OSAS.
Adenoide Fazies
Synonym
Facies adenoidea
Englischer Begriff
adenoid facies
Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren
zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoesyndrome
Englischer Begriff
Addison‘s disease
Definition
Durch eine fehlende oder verminderte Hormonproduktion der Nebennierenrinde ausgelöstes Krankheitsbild mit u. a. Müdigkeit,
Schwäche, Gewichtsverlust, Hyperpigmentierung der Haut, Hypotonie mit Kollapsneigung
und abdominellen und gastrointestinalen Beschwerden. Siehe dazu Hypophyse und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse.
Adenoidektomie
Adenotomie
Adenom
Englischer Begriff
adenoma
Hypophyse und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse
Adenohypophyse
Hypophysenvorderlappen
Adenosin
Definition
Adenoide
Synonym
Rachenmandelhyperplasie; adenoide Vegetationen; Polypen
Englischer Begriff
adenoids
Definition
Im Kindesalter häufig auftretende Wucherung
Aus Adenin und Ribose aufgebautes Nukleosid,
Baustein der Nukleinsäuren. Adenosindiphosphat wird im Stoffwechsel aus Adenosinmonophosphat oder Adenosintriphosphat gebildet; es
stellt zusammen mit Adenosintriphosphat eine
Schlüsselsubstanz des Energiestoffwechsels dar.
Siehe dazu Neurotransmitter; Schlafregulation; Wachheit und Schlaf; Thermoregulation; Koffein; Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur
Therapie der Erkrankungen innerer Organe.
ADL
Adenotomie
a-Dihydroergocryptin
Synonym
Synonym
Adenoidektomie
DHE; Dihydroergotamin
Englischer Begriff
Englischer Begriff
adenotomy
dihydroergocryptine
Definition
Definition
Operative Entfernung der Rachenmandel bei
Hyperplasie.
Ergotaminabkömmling; Dopaminagonist
HNO-ärztliche Verfahren zur operativen The-
rapie der Obstruktiven Schlafapnoe
Adenotonsilläre Hypertrophie
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Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
Englischer Begriff
adenotonsillar hypertrophy
Definition
Vergrößerung der Rachen- und Gaumenmandeln.
HIV-Infektion und AIDS
Adipositas
Synonym
Übergewicht; Fettsucht
Englischer Begriff
obesity; overweight
Aderlass
Englischer Begriff
bloodletting
Polyglobulie
Extreme Adipositas
Gastroösophagealer Reflux
iPEEP
Körpergewicht
Körperlage
Schnarchen
Tryptophan und Serotonin
ADH
Antidiuretisches Hormon
Adipositas, extreme
Englischer Begriff
ADHD
Attention Deficit Hyperactivity Disorder
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
ADH-Mangel
Enuresis und Harninkontinenz
ADHS
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
morbid obesity
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Diagnostik der Schlafbezogenen Atmungs-
störungen
Schlafbezogene Hypoventilations- und Hypoxämiesyndrome
Therapie der Schlafbezogenen Atmungsstörungen
ADL
Activity of Daily Living
A
6
ADNFLE
ADNFLE
Autosomal dominante nächtliche Frontallappenepilepsie
Affektive Störungen
D R
Synonym
Adrenalin
Synonym
Epinephrin
Englischer Begriff
epinephrine
Katecholamine
Schlafregulation
Adrenocortikotropes Hormon
Synonym
ACTH
Englischer Begriff
adrenocorticotropin
Hypophyse und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse
Endokrinium
Adrenomedullin
Mineralstoffwechsel und Volumenregulation
Advanced Sleep Phase Disorder
Synonym
ASP; circadian rhythm sleep disorder, advanced
sleep phase type
Zirkadiane Rhytmusschlafstörungen
AEP
Akustisch evozierte Potentiale
Depressive Erkrankungen; Depressive Störungen
Englischer Begriff
affective disorders; mood disorders
Definition
Bei den affektiven Erkrankungen besteht die
Hauptsymptomatik in einer Veränderung der
Stimmung oder der Affektivität, meist zur
Depression hin. Oft besteht eine begleitende
Angst, bei der Manie herrscht eine gehobene
Stimmung vor. Veränderungen der Stimmung
werden meist von Veränderungen des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet, wie etwa
einer Reduktion oder einer Zunahme der Aktivität. Affektive Störungen neigen häufig zu
Rezidiven oder im Extremfall zu schnellen
Abfolgen von Phasen, wie beim so genannten
„rapid cycling“, mit raschem Wechsel vom
Pol der Depression zum Pol der Manie hin.
Nicht selten treten die Symptome erstmals im
Zusammenhang mit belastenden Ereignissen
oder in Situationen der Überforderung auf.
Neben den Hauptsymptomen treten sekundäre Symptome auf, die auch den Schlaf betreffen und zu Insomnie oder Hypersomnie
führen können.
Das ICD-10 gliedert die Affektiven Störungen in die manische Episode, die bipolare Affektive Störung, die depressive Episode, die
rezidivierenden depressiven Störungen, die
anhaltenden Affektiven Störungen und die
sonstigen Affektiven Störungen.
Genetik, Geschlechterwendigkeit
Affektive Erkrankungen kommen häufiger
bei Frauen als bei Männern vor, das Geschlechterverhältnis ist in der Regel 2:1
(Frauen zu Männern). Verschiedene genetisch orientierte Untersuchungen wie Familienstudien und Zwillingsstudien weisen darauf hin, dass genetische Faktoren in unterschiedlichem Ausmaß bei den verschiedenen
Subtypen affektiver Erkrankungen beteiligt
sind. Der stärkste Hinweis auf eine genetische
Mitverursachung konnte für bipolare affektive Erkrankungen erbracht werden.
Affektive Störungen
Epidemiologie, Risikofaktoren
Affektive Erkrankungen haben eine Lebenszeitprävalenz von 20–25 % in der Allgemeinbevölkerung. Hier ist an erster Stelle die depressive Episode zu nennen, von der etwa 5–
15 % aller Bürger in der Allgemeinbevölkerung einmal betroffen sind. Weitaus seltener
sind die bipolar affektiven Erkrankungen, die
etwa 1–2 % der Bevölkerung einmal im Leben betreffen.
Als Risikofaktoren konnten kritische Lebensereignisse („life events“) belegt werden, allerdings primär als Auslöser und weniger als
Ursache. Bestimmte Persönlichkeitstypen
(Typus melancholicus) mit einer Neigung zur
erhöhten Ordentlichkeit und Sorgfältigkeit
und Perfektion scheinen sich prädisponierend auf das Auftreten einer Depression auszuwirken. Das Fehlen von sozialer Unterstützung („social support“) scheint ebenso eine
große Rolle beim Entstehen und bei der Aufrechterhaltung von Affektiven Störungen zu
spielen. Auch insomnische Symptome per se
konnten als Risikofaktor für das Auftreten einer affektiven Erkrankung gesichert werden.
Der Einnahme von Drogen wie Kokain,
ferner von Alkohol sowie von bestimmten
Medikamenten wie beispielsweise Reserpin,
das traditionell als Bestandteil von Briserin
zur Behandlung der arteriellen Hypertonie
verwendet wird, kommt ebenso eine gewisse
Rolle als Risikofaktor zu. Eine genetisch vermittelte Vulnerabilität wird als mitursächlich
angenommen. Darüber hinaus können affektive Erkrankungen, insbesondere Depressionen, auch im Gefolge einer Vielzahl von körperlichen Erkrankungen auftreten, wie etwa
bei kardiovaskulären und pulmonalen Erkrankungen oder auch bei metabolischen
Störungen.
Pathophysiologie
Die psychiatrische Forschung hat sich in den
letzten 50 Jahren intensiv mit dem Krankheitsbild der affektiven Erkrankung, insbesondere der Depression, befasst. Neben psychologischen Hypothesen (Bindungstheorie,
„life event“, „social support“, „learned helplessness“, Verstärkerverlusttheorie) kommt
der neurobiologischen Forschung eine große
Rolle zu. Initial wurde die Monoamin-Mangel-Hypothese der Depression formuliert, die
davon ausging, dass der Depression ein Man-
7
gel an biogenen Aminen zugrunde liegt, der
durch die Behandlung mit Antidepressiva
korrigiert werden kann. Dieses Modell wurde
im Rahmen der cholinerg-aminergen Imbalance-Hypothese um den Neurotransmitter
Acetylcholin erweitert. Dieses Modell nimmt
an, dass bei der Depression eine zentralnervöse Imbalance zwischen cholinergen und
aminergen Neuronengruppen und Neurotransmittern besteht. Weitere moderne neurobiologische Theorien erweiterten diese
Modelle um intrazelluläre Komponenten
(Second-messenger-Theorien) und um die
Ebene der Genexpression.
Zeitgemäße Theorien legen ein integratives
biopsychosoziales Modell affektiver Erkrankungen zugrunde, wobei neben psychologisch-psychosozialen Faktoren verschiedene
neurobiologische Ebenen als erklärend zur
Entstehung und Aufrechterhaltung affektiver
Erkrankungen angenommen werden.
Siehe auch Psychologische und psychiatrische Ursachen bei Schlafstörungen
Symptomatik
Kernbild der depressiven Episode ist eine anhaltend gedrückte Stimmung trotz erfreulicher oder angenehmer Lebensumstände. Im
Vordergrund stehen gedrückte Stimmung,
Interesselosigkeit, Freudlosigkeit und Antriebsminderung. Es besteht erhöhte Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung und
deutliche Müdigkeit tritt oft nach nur geringfügigen Anstrengungen auf. Zur Diagnosestellung wird im ICD-10 das Vorliegen der
Symptome für einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen verlangt. Andere häufige
Symptome sind Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Gefühle von Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsgedanken, Suizidgedanken, Schlafstörungen und verminderter Appetit. Die Störung des Schlafs äußert sich meist in Einund/oder Durchschlafstörungen, frühmorgendlichem Erwachen und häufig auch in
dem Gefühl des nichterholsamen Schlafs. Die
Beeinträchtigung des Schlafs wird von Patienten oft als im Vordergrund stehend erlebt
und auch bei der Arztkonsultation mit Vehemenz präsentiert. Daraus resultieren auch
entsprechende Einschränkungen der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit während
des Tages.
A
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Affektive Störungen
Depressive Symptomatik wird nach ICD-10
in leicht, mittel und schwer differenziert, zudem kann die Diagnose „mit“ versus „ohne
psychotische Symptomatik“ und „mit“ versus
„ohne somatische Ausprägung“ gestellt werden. Beim somatischen Syndrom wird zusätzlich nach körperlichen Symptomen gefragt, wie etwa frühmorgendlichem Erwachen, Morgentief, auffälliger psychomotorischer Hemmung oder Agitiertheit, deutlichem Appetit- und Gewichtsverlust sowie
Libidoverlust.
Die manische Episode ist gekennzeichnet
durch die gehobene Stimmung sowie die Steigerung in Ausmaß und Geschwindigkeit von
körperlicher und psychischer Aktivität. Es
wird differenziert in Hypomanie und Manie,
wobei die Hypomanie eine leichte Ausprägung der Manie darstellt. Bei der Manie ist
die Stimmung inadäquat gehoben und kann
zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die
Patienten haben einen erhöhten Antrieb, sind
überaktiv, haben einen gesteigerten Rededrang und vermindertes Schlafbedürfnis. Die
Aufmerksamkeit kann nicht mehr aufrechterhalten werden und die Patienten sind stark
ablenkbar. Die Selbsteinschätzung ist überhöht, Größenideen oder maßloser Optimismus werden frei geäußert und soziale Hemmungen gehen verloren. Bei der Manie mit
psychotischen Symptomen geht die Symptomatik von Selbstüberschätzung und Größenideen in Wahnideen über. Dies können übersteigerte Größenideen oder auch religiöse
Wahnvorstellungen sein, wie etwa eine berühmte Persönlichkeit aus der Bibel zu sein.
Die Patienten zeigen in diesem Zustand Ideenflucht und einen Rededrang in dem Ausmaß, dass sie von der Umwelt nicht mehr
verstanden werden. Die Patienten können
unter Umständen aggressiv und gewalttätig
werden.
Bei der bipolaren Affektiven Störung liegt ein
Wechsel von depressiven und manischen
Episoden vor, wobei in der Regel manische
Episoden auf depressive Episoden folgen und
nicht umgekehrt.
Unter den anhaltenden Affektiven Störungen
werden die Cyclothymia und die Dysthymia
verstanden. Bei der Cyclothymia handelt es
sich um eine andauernde Instabilität der
Stimmung mit vielen Perioden leichter De-
pressionen und leicht gehobener Stimmung.
In der Regel ist dies ein chronischer Zustand.
Bei der Dysthymia handelt es sich um eine
chronisch depressive Verstimmung, die jedoch nicht ganz die Kriterien der depressiven
Episode erfüllt.
Erstmanifestation
Die Erstmanifestation liegt bei bipolaren affektiven Erkrankungen häufig zwischen dem
18. und 25. Lebensjahr. Bei der depressiven
Episode liegen die Erkrankungsgipfel im
vierten Lebensjahrzehnt und im sechsten
bzw. siebenten Lebensjahrzehnt.
Auslöser
Belastende Lebensereignisse können häufig
im Vorfeld affektiver Erkrankungen eruiert
werden. Unter belastenden Lebensereignissen können nicht nur negative, sondern auch
positive Ereignisse verstanden werden. Es
kann sich um akute einschneidende Erlebnisse handeln, wie etwa den Tod eines nahen
Angehörigen, oder auch um chronisch persistierende Belastungen, wie etwa eine Überforderung am Arbeitsplatz. Wichtig ist generell das Ausmaß subjektiv erlebter Beanspruchung durch das belastende Ereignis und
nicht per se das belastende Ereignis an sich.
Ebenso können positive Ereignisse wie etwa
eine Beförderung affektive Erkrankungen
auslösen. Wie schon weiter oben ausgeführt,
sind als weitere Auslöser die Einnahme von
Medikamenten wie Reserpin, die Einnahme
von Drogen und/oder Alkohol oder auch das
Auftreten schwerer körperlicher Erkrankungen zu nennen. Unter Umständen können
Episoden affektiver Erkrankungen jedoch
auch „grundlos“ aus heiterem Himmel ohne
Auslöser auftreten.
Verlauf
Bei einem Drittel aller Affektiven Störungen
kommt es nur zu einer Krankheitsepisode
und keinem Wiederauftreten. Bei einem weiteren Drittel der Erkrankung kommt es zu
Rezidiven, beim dritten Drittel der Erkrankung kommt es zu einem so häufigen Auftreten der Episode, dass die Lebensqualität der
Betroffenen erheblich negativ beeinflusst
wird.
Affektive Störungen
Psychosoziale Faktoren
Die „life event“-Forschung und die „social
support“-Forschung haben gezeigt, dass psychosoziale Faktoren eine große Rolle bei depressiven Erkrankungen spielen. Frühkindliche Verlusterlebnisse, beispielsweise naher
Bezugspersonen, prädisponieren für das spätere Auftreten depressiver Erkrankungen, wie
auch aktuelle Verluste signifikanter Bezugspersonen affektive Erkrankungen auslösen
können. Soziale Unterstützung scheint ein
wichtiger Faktor zu sein, dass Krankheitsphasen erfolgreich bewältigt und Rezidive verhindert werden können.
Komorbide Erkrankungen
Affektive Erkrankungen, insbesondere depressive Episoden, können komorbid im Rahmen jeder anderen psychischen Erkrankung
auftreten. Dies gilt beispielsweise für
Angsterkrankungen, Zwangserkrankungen
und Psychosen, aber auch für demenzielle
Erkrankungen ( Demenzen). Umgekehrt
können auch bei primär affektiven Erkrankungen Komorbiditäten mit anderen psychischen Erkrankungen bestehen, wie etwa mit
Alkoholabusus und Alkoholabhängigkeit,
wobei sie dann häufig als sekundär angesehen werden, wenn der Alkoholkonsum dazu
eingesetzt wird, die depressive Stimmung zu
bewältigen.
Im großen Maße können affektive Erkrankungen auch komorbid zu körperlichen Erkrankungen auftreten. Hier ist jedoch genau
zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Komorbidität oder um eine organisch bedingte
Depression handelt. Somatische Ursachen
für Depressionen reichen von Infektionskrankheiten, metabolischen Störungen, gastrointestinalen Erkrankungen, Neoplasmen,
Endokrinopathien bis hin zu Hirnerkrankungen. Ist die Depression somatisch ausgelöst, so ist im günstigsten Fall davon auszugehen, dass die Depressivität durch eine Behandlung der Grunderkrankung sistieren
wird. Handelt es sich jedoch um eine komorbide Depression im Rahmen einer somatischen Erkrankung, ist meist auch eine zusätzliche depressionsspezifische Therapie notwendig.
Diagnostik
Neben der klinischen Anamnese und dem
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psychiatrischen Gespräch unter Zuhilfenahme strukturierter Interviews zur Diagnosestellung nach DSM-IV oder auch ICD-10
sollten im Rahmen der Diagnostik Depressionsfragebögen zur Selbst- und Fremdeinschätzung der Stimmung eingesetzt werden,
wie etwa der Beck Depressionsbogen oder
die Hamilton-Depressionsskala (siehe Psychometrische Fragebögen zu Depressivität),
die dann auch im Therapieverlauf zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist eine gründliche organische Abklärung notwendig, die
nach möglichen somatischen Ursachen einer
affektiven Erkrankung fahndet. Sinnvoll sind
hier neben der körperlichen und neurologischen Untersuchung Zusatzuntersuchungen
wie Laborparameter (Blutbild, C-reaktives
Protein, Leber- und Nierenwerte), Elektrokardiogramm, Elektroenzephalogramm und
bei Ersterkrankung eine kraniale Computertomographie. Ebenso ist eine ausführliche
Medikamenten- und Substanzanamnese
durchzuführen, um zu klären, ob hier ein
möglicher Faktor der Depression liegt.
Differentialdiagnostisch ist einerseits natürlich an die anderen psychiatrischen Erkrankungen zu denken, mit denen es Überlappungen im Symptombild gibt. Hier zu nennen sind Angsterkrankungen, paranoide
Schizophrenien, die Kopplung von schizophrenen und affektiven Symptomen bei der
so genannten schizoaffektiven Erkrankung
sowie unter Umständen auch Zwangserkrankungen, bei denen ähnliche Symptome auftreten können. Zu unterscheiden ist hier in
primäre und sekundäre affektive Erkrankungen. Die Unterscheidung gelingt nur durch
die exakte Analyse der Abfolge des Auftretens
der Symptome, so muss beispielsweise geklärt
sein, ob die Zwangssymptome oder die depressiven Symptome zuerst aufgetreten sind.
Daran richtet sich der Behandlungsfokus aus.
Die Differentialdiagnostik im organischen
Bereich wurde bereits angesprochen und verlangt eine gründliche organische Untersuchung inklusive Labordiagnostik und anderer apparativer Untersuchungen.
Prävention
Bislang gibt es keine Untersuchungen, die
primär präventiv angelegt waren und die somit klärten, ob bestimmte therapeutische
Maßnahmen dazu führen, dass das Erstauf-
A
10
Affektive Störungen
treten depressiver Erkrankungen generell
verhindert werden kann. Präventive Ansätze
spielen jedoch eine große Rolle bei Patienten,
die bereits mehrmals an einer affektiven Erkrankung erkrankt waren. Im Rahmen der
bipolar rezidivierenden und unipolar rezidivierenden Erkrankungen gibt es zusätzliche
Medikamente, wie etwa Lithium oder Antiepileptika, die als Mittel zur Phasenprophylaxe
einen großen Stellenwert in der Prävention
des weiteren Auftretens der jeweiligen Phasen gewonnen haben. Zusätzlich spielen psychotherapeutische Ansätze eine große Rolle,
wie etwa die interpersonelle Psychotherapie
oder auch Strategien zur Vermittlung eines
stabilen Schlaf-Wach-Rhythmus, um dem
Wiederauftreten der Erkrankung vorzubeugen.
Therapie
Die Therapie gliedert sich in psychotherapeutische und pharmakologische Strategien sowie in andere biologische Therapien.
Im Rahmen der Psychotherapieverfahren haben sich als besonders effektiv die kognitive
Verhaltenstherapie und die interpersonelle
Psychotherapie erwiesen. Dabei handelt es
sich um Therapien, die in einer Häufigkeit
von 20–40 Sitzungen eingesetzt werden. Die
kognitive Verhaltenstherapie zielt insbesondere auf die negativen Kognitionen der Patienten, mit Bezug auf das eigene Selbstbild,
auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Mithilfe kognitiver Techniken wird
versucht, die negative Sichtweise zu verändern.
Im Rahmen der interpersonellen Psychotherapie steht die Interaktion mit anderen Menschen im Vordergrund. Dabei wird ein Therapiefokus gewählt, der aktuell besonders relevant scheint, wie beispielsweise eine schwierige partnerschaftliche Situation oder eine belastende Situation am Arbeitsplatz, die einen
Rollenwechsel verlangt. Die interpersonelle
Therapie ist in der Regel auf 20–25 Therapiesitzungen ausgelegt.
Im pharmakotherapeutischen Bereich gibt es
neben den klassischen tri- und tetrazyklischen Antidepressiva die Monoamin-Oxidase-Hemmer, die selektiven Serotonin- und
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer sowie gemischt serotonerg und noradrenerg
wirksame Medikamente. Alle diese Medika-
mente beeinflussen den Neurotransmitterstoffwechsel im Gehirn, wobei sie in unterschiedlichem Ausmaß die Neurotransmitter
Serotonin, Noradrenalin, Dopamin und Acetylcholin beeinflussen. Weitere eingesetzte
Substanzen sind Phasenprophylaktika, wie
etwa Lithium oder Carbamazepin, die bei
Patienten mit rezidivierenden affektiven Erkrankungen und zur Prophylaxe neuer Episoden eingesetzt werden.
An weiteren biologisch relevanten Methoden
sind zu nennen die Lichttherapie, die
Schlafentzugstherapie, die transkranielle
Magnetstimulation sowie die Elektrokrampftherapie. Lichttherapie ist vornehmlich als
effektiv nachgewiesen bei den saisonalen
Affektiven Störungen, deren Auftreten an die
Herbst- und Winterzeit gekoppelt ist. Die
Schlafentzugstherapie kann adjuvant zu anderen Therapien bei allen Formen von Affektiven Störungen außer der Manie eingesetzt
werden, sie führt allerdings zu einer nur kurzfristigen Stimmungsaufhellung. Ihr Einsatz
wendet sich vor allen Dingen an stationäre
Patienten, bei denen in der Regel ein therapeutischer Effekt der Psychopharmako- oder
Psychotherapie erst nach zwei bis vier Wochen zu erwarten ist, um diese Zeit zu überbrücken. Die Elektrokrampftherapie ist vor
allen Dingen Patienten mit therapierefraktären Verläufen vorbehalten, die auf andere
Therapien nicht ansprechen.
Rehabilitation
Bei Patienten mit schweren depressiven Erkrankungen und ausgeprägter Suizidalität ist
eine Hospitalisation in einem Krankenhaus
für Psychiatrie und Psychotherapie nicht zu
umgehen, um das Suizidrisiko zu minimieren. Rehabilitative Ansätze beinhalten hier
eine engmaschige psychiatrisch-psychotherapeutische Weiterbehandlung nach der Entlassung aus dem psychiatrischen Krankenhaus.
Psychosoziale Bedeutung
Affektive Erkrankungen haben eine hohe
psychosoziale Bedeutung, da sie meist auch
die Interaktion der Betroffenen mit ihrem
Umfeld verändern. Bei Patienten mit Manien
kann es beispielsweise dazu kommen, dass sie
viel mehr Geld ausgeben, als sie wirklich besitzen und dass sie nach dem Abklingen der
Afrikanische Trypanosomiasis
manischen Episode vor einem hohen Schuldenberg stehen. Patienten neigen im akuten
manischen Krankheitsschub dazu, Dinge zu
sagen und zu tun, die die Interaktion mit dem
Umfeld erheblich stören. Häufig auftretende
bipolare Erkrankungen sind deswegen mit
einem extrem hohen psychosozialen Risiko
für die Betroffenen verbunden. Weniger ausgeprägt, aber doch deutlich ist auch die psychosoziale Bedeutung bei schweren depressiven Erkrankungen, wo es zu nachhaltigen
Störungen der Interaktion mit dem Umfeld
und den nahen Bezugspersonen oder auch
Bezugspersonen am Arbeitsplatz kommen
kann. Ein frühzeitiges Erkennen der Erkrankung und ihre rechtzeitige Behandlung sind
deswegen extrem wichtig.
Prognose
Die Prognose ist sehr unterschiedlich bei den
verschiedenen Formen affektiver Erkrankungen. Etwa ein Drittel der Patienten, die an einer depressiven Episode erkrankt sind, erkrankt daran nur einmal im Leben, und es ist
von einer sehr guten Prognose der Betroffenen auszugehen mit einer Rückkehr zum
prämorbiden Funktionsniveau. Bei häufig
auftretenden bipolaren Erkrankungen hingegen kann es dazu kommen, dass die Patienten
vollkommen aus ihrem psychosozialen Kontext herausfallen und letztendlich frühzeitig
berentet werden.
Zusammenfassung, Bewertung
Affektive Erkrankungen sind extrem häufig
und betreffen in den westlichen Industrieländern, was die Lebenszeitprävalenz betrifft, bis
zu einem Viertel der Bevölkerung. Neuere
Krankenkassen- und Versicherungsstatistiken sowie Krankschreibungsdaten nehmen
sogar eine weitere Zunahme dieser psychischen Krankheitsgruppe an. Insofern ist von
einer hohen Bedeutung des Krankheitsbildes
auszugehen und zu fordern, dass diese Patienten, insbesondere in der primärärztlichen
Versorgung, frühzeitig erkannt und adäquat
behandelt werden.
Literatur
Berger M (2003) Affektive Störungen. In:
Berger M (Hrsg) Psychische Erkrankungen – Klinik und Therapie. Urban &
Fischer, S 541–636
11
Afrikanische Trypanosomiasis
S K
Synonym
Afrikanische Schlafkrankheit; Schlafkrankheit; Trypanosomiasis
Englischer Begriff
African trypanosomiasis
Definition
Die Schlafkrankheit ist eine Infektionskrankheit, hervorgerufen durch Trypanosoma rhodesiense (Ostafrika) oder Trypanosoma gambiense (Westafrika). Die Protozoen (einzellige
Parasiten) werden durch den Stich der Tsetsefliege übertragen. Die Erkrankung verläuft
in mehreren Stadien, unbehandelt ist die Prognose infaust. Das zweite Krankheitsstadium
ist geprägt von Hypersomnie und Störung
des Schlaf-Wach-Rhythmus.
Epidemiologie
Die Ausbreitung der Krankheit ist an das
Vorkommen der Tsetsefliege gebunden und
daher nur im tropischen Afrika (zwischen
20 Grad nördlicher und südlicher Breite) zu
finden. Etwa 300.000–500.000 Menschen sind
in den verteilten Endemiegebieten infiziert
(WHO 2000). Im Zuge des Tourismus treten
aber auch immer wieder Fälle in Europa auf.
Das Reservoir für Trypanosoma gambiense ist
ausschließlich der Mensch, für Trypanosoma
rhodesiense sind es auch Haustiere wie Rinder, Ziegen oder Schafe.
Pathophysiologie
Nach dem Stich der Tsetsefliege gelangen infektionsfähige Trypanosomen in die Haut des
Menschen. An der Stichstelle kommt es zu
einer Entzündungsreaktion. Durch Zweiund Vielfachteilung vermehren sich die Erreger massenhaft und bewirken eine Parasitämie. Durch ständige Variationen der Zelloberfläche entziehen sich die Trypanosomen
der Immunabwehr.
Durch das erneute Stechen und Blutsaugen,
zum Beispiel beim Menschen, nimmt die Tsetsefliege die Parasiten wieder auf. Hier machen diese einen Formwandel durch und vermehren sich beträchtlich. Rund drei Wochen
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Afrikanische Trypanosomiasis
nach einer „Blutmahlzeit“ kommt es zu einer
Anreicherung der Trypanosomen in der
Speicheldrüse der Tsetsefliege. Beim erneuten
Stechen kann die für den Menschen infektiöse Form des Erregers wieder übertragen werden. Bei infizierten Menschen können die
Erreger über das Blutsystem bis zum Zentralnervensystem vordringen. Bei der ostafrikanischen Form der Schlafkrankheit geschieht
das bereits nach wenigen Wochen, bei der
westafrikanischen Form frühestens nach einem Jahr. Dort verursachen sie eine Entzündung des Gehirns und des Rückenmarkes.
Symptomatik
1. Hämolymphatisches Stadium: Zwei bis
vier Tage nach dem schmerzhaften Stich
der Tsetsefliege tritt eine lokale Schwellung in der Nähe der Einstichstelle auf.
Dort vermehren sich die Erreger und gelangen anschließend über das Lymphsystem in den Blutkreislauf. Bei der westafrikanischen Form kann das Wochen bis
Monate dauern, bei der ostafrikanischen
Form oft nur wenige Tage. Durch die Parasitämie kommt es zu Fieber, Kopf- und
Gliederschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen. Es können ein fleckiger
Hautausschlag, Juckreiz und Schwellungen im Gesicht und an den Beinen auftreten. Auch innere Organe können beteiligt
sein, es kann zu einer Vergrößerung von
Leber und Milz kommen. Der Verlauf bei
der ostafrikanischen Form ist fulminant,
innerhalb von drei bis neun Monaten,
manchmal innerhalb von Wochen kommt
es zu einem Multiorganversagen, wobei
insbesondere kardiale Symptome und
schon früh zusätzliche zentralnervöse
Symptome dominieren.
2. Meningoenzephalitisches Stadium: Neurologische Symptome kennzeichnen das
zweite Stadium. Die Patienten leiden an
Tagesschläfrigkeit und unter Störungen
des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Schlafkrankheit scheint insbesondere im Nucleus suprachiasmaticus anzugreifen, dem
Sitz des Schrittmachers biologischer
Rhythmen ( Chronobiologie). Im weit
fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung findet sich parallel zur Störung des
Schlaf-Wach-Rhythmus eine Störung des
zirkadianen Rhythmus sowie der Sekreti-
on von Kortisol und Prolaktin (siehe
auch Endokrinium; Hypophyse und
Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse). Weiterhin finden sich bei Patienten in diesem Stadium Konzentrationsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen,
Gang- und Koordinationsstörungen sowie
Krampfanfälle. Durch die Störung der
Nahrungsaufnahme kommt es zu einer
starken Gewichtsabnahme.
Diagnostik
Im Liquor zeigt sich meist nur eine milde Pleozytose. Die Trypanosomen können in Blut,
Liquor oder durch eine Lymphknotenbiopsie
nachgewiesen werden. Aufgrund der ständigen Oberflächenantigenvariation der Parasiten ist ein typischer Befund auch die Erhöhung der IgM-Globuline sowohl im Blut als
auch im Liquor. Die Prostaglandin-D2-Konzentrationen im Liquor sind erhöht. Sie können für die Hypersomnie verantwortlich
sein.
Das Elektroenzephalogramm im Wachzustand weist eine Verlangsamung ähnlich dem
Schlafstadium NREM2 nach Rechtschaffen
und Kales auf. Bei fortschreitender Erkrankung treten zunehmend einzeln und gruppiert hochgespannte Theta- und Deltawellen
auf, das EEG-Muster ähnelt dem einer Enzephalitis. Insbesondere Patienten mit einer
chronischen Verlaufsform der Erkrankung,
die meist durch Trypanosoma gambiense ausgelöst ist, wurden polysomnographisch über
24 Stunden untersucht. Es fand sich eine ausgeprägte Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
mit massiver Tagesschläfrigkeit und starker
Unruhe in der Nacht. Vermehrt traten Phasen mit Sleep onset REM (SOREM) auf. (Siehe auch Polysomnographie und Hypnogramm)
Differentialdiagnostik
Meningoenzaphalitiden durch andere Erreger, in Endemiegebieten vornehmlich Rückfallfieber, viszerale Leishmaniose, Brucellose,
Syphilis oder Malaria tropica müssen ausgeschlossen werden.
Therapie
Unbehandelt endet die Erkrankung durch
beide Erreger tödlich. Frühzeitige Therapie
mit Suramin (10%ig i. v., initial 100 mg, dann
AI
am 2., 3., 7., 14., 21. Tag) kann eine vollständige Heilung bewirken. Alternativ ist eine Therapie mit Pentamidin (200 mg täglich über
5 Tage) danach in 14-tägigen Abständen möglich.
Setzt die Therapie erst in der zweiten Phase
der Erkrankung ein, müssen die liquorgängigen, allerdings toxischeren Arsenpräparate
Melarsoprol, Nitrofural oder Eflornithin verwendet werden.
Zusammenfassung, Bewertung
Die durch Protozoen nach Stich durch die
Tsetsefliege hervorgerufene Afrikanische
Trypanosomiasis ist eine in Endemiegebieten
bedeutsame, insbesondere bei Befall durch
Trypanosoma rhodiense foudroyant und unbehandelt letal endende Erkrankung. Im
Zuge des Tourismus werden betroffene Patienten auch zunehmend in Europa gesehen.
Eine Aufklärung Reisender in die Endemiegebiete ist notwendig, damit Maßnahmen gegen Fliegen- und Mückenstiche ergriffen
werden.
Literatur
Brandenberger G, Buguet A, Spiegel K et al
(1996) Disruption of endocrine rhythms
in sleeping sickkness with preserved relationship between hormonal pulsatility
and the REM-NREM sleep cycles. J Biol
Rhythms 11:258–267
Buguet A, Bisser S, Joseando T et al (2005)
Sleep structure: a new diagnostic tool for
stage determination in sleeping sickness.
Acta Trop 93:107–117
Sanner BM, Buchner N, Kotterba S, Zidek W
(2000) Polysomnography in acute African
trypanosomiasis. J Neurol 247:878–879
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Schlafstörungen. Thieme, Stuttgart New
York
Agency for Healthcare Research and
Quality
Agitiertheit
Synonym
Agitation
Englischer Begriff
agitation
Definition
Aufregung, Erregung, körperliche Unruhe.
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
AGNAK
Arbeitsgruppe nächtliche Atmungs- und Kreislaufregulationsstörungen
Agoraphobie
Synonym
Platzangst
Englischer Begriff
agoraphobia
Angsterkrankungen
Panikstörung
AHCPR
Agency for Health Care Policy and Research
AHI
Apnoe-Hypopnoeindex
AHRQ
Agency for Healthcare Research and Quality
Synonym
AHRQ
Evidenzbasierte apparative Vorgehensweise
13
AI
Apnoeindex
A
14
AICD
AICD
Automatische implantierbare kardiale Defibrillatoren
Akroparästhesie
Englischer Begriff
acroparesthesia
Karpaltunnelsyndrom
AIDS
Acquired Immunodeficiency Syndrome
HIV-Infektion und AIDS
Akrophase
Englischer Begriff
acrophase
Akinese
Synonym
Akinesie
Englischer Begriff
Definition
Bereich des Maximalwertes bei einem zirkadian
rhythmisch variierenden Parameter. Gegenteil
zu Nadir, dem Bereich des entsprechenden Minimalwertes.
akinesia
Definition
Bewegungslosigkeit, Bewegungsarmut; kommt
v. a. bei Parkinsonkrankheit, Stupor oder
Schrecklähmung vor.
Akinese, nächtliche
Englischer Begriff
nocturnal akinesia
Parkinson-Syndrome
AKS
Arbeitskreis klinischer Schlafzentren
Aktigraphie
U M H
Synonym
Aktographie
Englischer Begriff
Akkreditierung
Englischer Begriff
accredtitation
Qualitätsmanagement in der Schlafmedizin
Akromegalie
Englischer Begriff
acromegaly
Wachstumshormon
actigraphy
Definition
Die Aktigraphie ist ein Verfahren zur objektiven Erfassung körperlicher Aktivität über
lange Zeiträume. Aktivität stellt einen unspezifischen Begriff dar, der für vielfältige Bereiche Anwendung findet, beispielsweise in Physik, Chemie, Geologie, Ökonomie, Gesundheitswesen u. v. a. Grundlegend kann Aktivität (von lat. activus tätig wirksam) als jegliche
herbeigeführte Änderung eines Zustands absoluter Ruhe bzw. Ausgeglichenheit bezeichnet werden. Im Zusammenhang mit den Anforderungen der Schlafforschung und Schlafmedizin ist die Messung der Aktivität zur
Einschätzung des Schlaf-Wach-Rhythmus
sowie zur Erfassung der Dauer und Güte des
nächtlichen Schlafs, aber auch von Tagschla-
Aktigraphie
fepisoden von Bedeutung, einschließlich kurzer Schlafpausen, sog. Naps. Die Anforderungen der Schlafmedizin weisen der Aktivitätsmessung primär die Messung der motorischen Aktivität, d. h. der Bewegungsmessung zu. Sie schließen aber auch die Messung
der zentralnervösen, hirnelektrischen Aktivität mit ein, die mittels kontinuierlicher Ableitung des Elektroenzephalogramms gemessen werden kann. Die Erfassung der motorischen Aktivität als Indikator für Schlaf- und
Wachepisoden beruht auf der Beobachtung,
dass beim Gesunden während des Schlafs
weniger Bewegung stattfindet als während
der Wachzeit, und dass somit eine Zunahme
an Bewegung auch eine Zunahme an Aktivität widerspiegelt.
Weitere Möglichkeiten zur Erfassung der Aktivität sind Daten, die durch Selbst- und
Fremdaufzeichnungen gewonnen und skaliert werden und die somit eher subjektiven
Charakter besitzen. (Siehe auch Leistungs-,
Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung)
Messverfahren
Seit mehr als 30 Jahren steht mit der Aktigraphie eine Methode zur objektiven Aufzeichnung von Bewegungen zur Verfügung, die
einfach und über längere Zeiträume fortlaufend anzuwenden ist. Mittels eines kleinen
Apparats werden dabei Bewegungen aufgezeichnet. Er wird ähnlich einer Uhr am
Handgelenk der nicht dominanten Hand getragen wird (siehe Abb. 1).
Die aufgezeichneten Daten werden auf einen
Computer heruntergeladen und können
dann als Aktivitätsverlaufsdaten dargestellt
und in eine Schätzung des Schlaf-WachRhythmus überführt werden. Hieraus ergeben sich Hinweise auf die Aktivität während
des Tages und während der Nacht, sodass
sich dadurch ein zirkadianer Aktivitätsrhythmus ( Chronobiologie) abbilden lässt und
zudem indirekte Hinweise über die Qualität
des Nachtschlafs gewonnen werden können.
Hinsichtlich der Evaluation der Güte des
Nachtschlafs bietet die Aktigraphie gegenüber Untersuchungen im Schlaflabor den Vorteil, dass Hinweise auf eine Störung des
Schlafs unter Alltagsbedingungen und kontinuierlich über Tage und Wochen kostengünstig erhoben werden können und dies auch bei
schwierig zu messenden Personen wie bei-
15
A
Aktigraphie. Abb. 1. Aktograph (Cambridge Neurotechnology Ltd).
spielsweise Patienten mit Demenz, Psychosen oder Affektiven Störungen, hier
insbesondere in der manischen Episode
(American Sleep Disorders Report 1995).
Trotz dieser fundamentalen Vorteile ist die
Anwendung der Aktigraphie mit verschiedenen Problemen behaftet. Diese Probleme betreffen Unterschiede in der Technologie der
Sensoren und in der Datenanalyse, sowie das
Auftreten und die Bewertung von Artefakten,
wie auch die Interpretation der gewonnenen
Daten insgesamt.
Auswerteverfahren, Bewertung
Probleme der Datenaquirierung und
Datenverarbeitung
Die ersten Aktimeter besaßen Detektoren zur
Schwellenbestimmung von Bewegungen
(threshold motion detectors). Sie arbeiteten
binär und somit nonlinear und sie waren damit nicht sensitiv genug, kleine Bewegungen
zu entdecken. Neuere Aktimeter erfassen
demgegenüber mit linearen Accelerometern
die Bewegung. Die meisten Aktimeter eliminieren durch einen 0,25–3 Hz Bandpassfilter
sehr langsame Bewegungen (unter 0,25 Hz)
sowie schnelle Bewegungen (über 3 Hz), bevor die Daten gespeichert werden. Grundlage
dieser Filterung ist die Erkenntnis, dass willentliche menschliche Bewegungen selten
über 3 Hz hinausgehen und unwillentliche
16
Aktigraphie
Bewegungen, wie beispielsweise beim Tremor, noch rascher verlaufen der damit ebenfalls nicht erfasst werden. Nachdem die Bewegungssignale in analoger Form übertragen
wurden, werden sie digitalisiert und gespeichert.
Einige Aspekte dieser Prozedur sind durch
den Anwender variierbar, insbesondere die
Länge der Epochen, über welche die Aktivität
aufgezeichnet und gespeichert wird. Für die
exakte Abgrenzung von Ruheperioden beziehungsweise von Schlaf sollte eine möglichst
kleine Epochenlänge von ≤ 1 Minute gewählt
werden. Durch die Kapazität des Speichermediums wird bei Verwendung kleiner Epochenlängen jedoch die Aufzeichnungsdauer
deutlich herabgesetzt, sodass die exakte Evaluation des zirkadianen Rhythmus mit möglichst exakter Bestimmung der Schlaf-WachEpisoden mittels einer Registrierung oft nicht
möglich ist, weil sie eine Aufzeichnungsdauer
von mindestens sieben Tagen erfordert, damit Werktage und ein Wochenende in der
Aufzeichnung enthalten sind. Meist nicht variierbar ist die Art der Digitalisierung der erhobenen Daten. Hierfür stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung, die meist in
das Gerät integriert sind und vom Anwender
nicht beeinflusst werden können. Drei dieser
Methoden, nämlich die oberhalb eines
Schwellenwertes verbrachte Zeit (time above
threshold), von Zählung der Nulldurchgänge
(zero crossing) und die digitale Integration
wurden im Rahmen einer Studie direkt verglichen. Die Digitalisierung der Signale bei
gleichem Bewegungsinput ergab einen Vorteil für die Methode der digitalen Integration
gegenüber der Time-above-threshold-Methode zur Identifizierung von Bewegungsamplituden und insgesamt einen Vorteil von
digitaler Integration und Time-above-threshold-Methode gegenüber der Zero-crossingMethode (Gorny u. Spiro 2001). Der Vorteil
der Methode der digitalen Integration ist,
dass sowohl die Akzeleration wie auch die
Amplitude der Bewegung pro Epoche erfasst
werden. Das Ausmaß der Amplitude und die
Beschleunigung der Bewegung werden hingegen von den anderen beiden Methoden ignoriert, sie liefern vielmehr ein Maß für das
Vorhandensein von Bewegungen oberhalb
eines bestimmten Schwellenwertes, ohne jedoch deren Dynamik abzubilden.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der die Auswertung der aufgezeichneten Aktimeterdaten beeinflussen kann, ist die Verwendung unterschiedlicher Programme, die spezielle Algorithmen zur weiteren Datenverarbeitung beinhalten. Meist liegen Programme vor, die
nur für ein spezifisches Gerät entwickelt wurden. Nur wenige Programme bieten die Möglichkeit, Daten, die mit verschiedenen Aktimetern generiert wurden, weiter zu analysieren. Studien, welche die Aussagekraft der
verschiedenen Algorithmen vergleichen, liegen nicht vor. Die Folge dieser unterschiedlichen Möglichkeiten der Datenakquirierung
ist, dass die direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Laboratorien eingeschränkt ist, selbst wenn die absoluten Aktivitätswerte angegeben sind. Somit können unterschiedliche Geräte, die unterschiedliche
Strategien der Datenaufzeichnung und unterschiedliche Scoring-Algorithmen verwenden,
sehr unterschiedliche Ergebnisse für die gleiche Aktivität liefern.
Reliabilität und Validität von
Aktimeterdaten
Vergleich von Aktigraphie und
Polysomnographie
Die Angaben zur Reliabilität zeigen in den
meisten Studien gute Ergebnisse (r = 0,80–
0; 96), wenngleich Unterschiede zwischen
Aktimetern verschiedener Firmen berichtet
wurden (Pollak et al. 1998). Wesentlich mehr
Studien liegen zur Validität der Aktigraphie
vor, wobei der Vergleich mit polysomnographischen Daten als „Goldstandard“ anzusehen ist. Studien auf der Basis reiner Korrelationen zwischen Daten der Aktigraphie und
von Polysomnographie und Hypnogramm
hinsichtlich der Differenzierung zwischen
Schlaf und Wachzeit ergaben bei jungen gesunden Probanden Übereinstimmungen zwischen 91 % und 93 %. Die Validitätsstudien
beziehen sich zumeist auf Korrelationen zwischen den wesentlichen Zielparametern der
Polysomnographie und Aktigraphie wie beispielsweise die Gesamtschlafzeit oder die
Schlafeffizienz. Diese Korrelationen liefern
aber naturgemäß nur Angaben über einen relativen Zusammenhang zwischen beiden
Messmethoden. So kann eine hohe Korrelation zwischen beispielsweise der Gesamtschlaf-
Aktigraphie
zeit, gemessen mit der Polysomnographie
und gemessen mit der Aktigraphie auch dann
zustande kommen, wenn durch die Aktigraphie die Schlafzeit konstant überschätzt
wird.
Bessere Angaben zur Validität der Aktigraphie liefern die Angaben der Sensitivität, der
Spezifität und der Gesamtübereinstimmung.
Als Sensitivität für Schlaf wird dabei das Verhältnis der in der Polysomnographie gemessenen Schlafepochen bezeichnet, die von der
Aktigraphie auch als Schlaf eingeschätzt wurden. Die Spezifität für Schlaf ist das Verhältnis von Wachepochen in der Polysomnographie zu korrekt identifizierten Wachepochen
in der Aktigraphie. Die Gesamtübereinstimmung wird durch das Verhältnis der Polysomnographie-Epochen, die korrekt durch
die Aktigraphie identifiziert wurden zur Gesamtzahl aller Epochen angegeben. Validitätsstudien auf der Grundlage dieses Standards ergaben, dass die Aktigraphie besser
den Schlaf identifizieren kann als den Wachzustand.
Daraus folgt, dass durch die Aktigraphie die
Schlafdauer, insbesondere aber die effektive
nächtliche Schlafzeit als Total Sleep Time
(TST) und die Schlafeffizienz eher überschätzt und die Anzahl und vor allem die
Dauer der Wachphasen nach Schlafbeginn
unterschätzt wird. Dieser Sachverhalt wirkt
sich insbesondere auf die aktigraphische Bestimmung von Schlafparametern bei Patienten mit gestörter Schlafkontinuität aus, indem
sowohl Schlafeffizienz wie auch Gesamtschlafzeit hier eher überschätzt werden als
das bei guten Schläfern der Fall ist.
Auch die Bestimmung des Schlafbeginns anhand aktigraphischer Daten stellt ein Problem dar. Die Korrelationen mit polysomnographischen Daten sind diesbezüglich niedrig
(0,50), wenn man beispielsweise als Schlafbeginn das üblicherweise verwendete Ein-Minuten-Kriterium heranzieht (das erste Minutenintervall mit aktigraphisch eingeschätztem
Schlaf). Eine deutlich bessere Einschätzung
des Schlafbeginns kann durch das Kriterium
der ersten 20-minütigen Periode von aktigraphisch definiertem Schlaf, die nicht mehr als
eine Minute intervenierender Wachzeit enthält, erzielt werden (Cole et al. 1992). Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass sich im Gegensatz zur Polysomnographie bei der Akti-
17
graphie kein sog. First-night-Effekt zeigt, weil
sie geringere Anforderungen an das Adaptationsvermögen der Untersuchten stellt als die
Messung im Schlaflabor.
Vergleich der Aktigraphie
mit Schlaffragebogen- und
Schlaftagebuchdaten
In verschiedenen Studien wurden Aktigraphiedaten mit Schlaffragebögen bzw. mit
Schlaftagebüchern verglichen. In Studien
an gesunden Probanden fanden sich vergleichbare Werte zwischen der subjektiven
Einschätzung des Schlafs und den Daten der
Aktigraphie. Insbesondere stimmten die
Werte für Einschlafzeit, Schlafdauer und Aufwachzeit gut überein, eine geringere Übereinstimmung ergab sich für die Einschlaflatenz,
sowie für die Anzahl und Dauer der nächtlichen Wachphasen.
In den meisten Studien an Personen mit gestörtem Schlaf, durchgeführt hauptsächlich
bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen, ergaben sich relativ gute Übereinstimmungen mit fremdbeobachteten Werten
durch das Pflegepersonal. Die Übereinstimmung mit den subjektiven Ratings der Patienten hingegen war gering. Bei schlafgestörten Patienten wie auch bei Kindern zeigte
sich eine Überlegenheit der Aktigraphie gegenüber den Selbstratings, beziehungsweise
den Fremdratings durch die Eltern. Es ist an
dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass mittlerweile einige gut standardisierte Schlaffragebögen und Schlaftagebücher vorliegen, die auch Items zur Aktivität beinhalten,
welche sich indirekt aus Items zur Tagesmüdigkeit und nächtlichen Unruhe erschließen
lassen. Es stehen bisher aber keine standardisierten Frage- oder Beobachtungsbögen zur
Erfassung der Tagesaktivität und der nächtlichen Aktivität zur Verfügung.
Skalen zur Aktivitätserfassung liegen vereinzelt im psychiatrisch-psychotherapeutischen
Bereich hinsichtlich der Quantifizierung von
Tagesaktivitäten vor, beispielsweise die Global Assessment Functioning Scale (GAF-Skala) und das Strukturierte Klinische Interview
für Diagnosen nach DSM-IV (SKID) oder
die Activities of Daily Living Scales (ADLSkalen) bei Patienten mit dementiellen Erkrankungen. Die Skalen quantifizieren jedoch
mehr den Grad der allgemeinen Aktivierung
A
18
Aktigraphie
über einen längeren Zeitraum und stellen
kein Maß der situativen Aktivitätsvariationen
dar. Eine Möglichkeit, die Tagesaktivität
schlafgestörter Patienten im intraindividuellen Vergleich zu evaluieren, könnte sich durch
Verwendung von Aktivitätslisten- bzw. Aktivitätstagebüchern ergeben, die zur Therapiekontrolle verhaltenstherapeutischer Behandlungen entwickelt wurden. Eine Validierung
dieser Skalen anhand der Aktigraphie steht
jedoch noch aus.
Indikationen
Die Erfassung der Aktivität als Indikator für
den Schlaf-Wach-Rhythmus wird am besten
durch die Aktigraphie vorgenommen. Dies
beruht auf der einfachen für den Probanden
oder den Patienten nicht belastenden Handhabung, sodass langfristige Messungen, unter
Alltagsbedingungen auch zu Hause oder am
Arbeitsplatz vorgenommen werden können
und Laboreffekte weitgehend entfallen. Die
primäre Indikation für die Anwendung der
Aktometrie stellt somit die Evaluation des
zirkadianen Rhythmus und damit Zirkadianer Rhythmusschlafstörungen dar ( Zirkadiane Rhythmusschlafstörungen), beispielsweise beim Verzögerten oder beim Vorverlagerten Schlafphasensyndrom. Die Messdaten
aus Aktigraphiedaten korrelieren sehr gut mit
anderen Maßen des zirkadianen Rhythmus
wie Melatoninsekretion und Körperkerntemperatur (siehe auch Chronobiologie; Melatonin und zirkadianer Rhythmus; Thermoregulation). Zur Erfassung von Schlafepisoden während des Tages sowie zur exakten
Darstellung der Schlafarchitektur ist die Polysomnographie als Goldstandard anzusehen,
wobei insbesondere die Möglichkeit der kontinuierlichen EEG-Messung über mehrere
Tage mittels tragbarer EEG-Rekorder zu erwähnen ist. Die Aktigraphie ist diesbezüglich
weniger präzise. Die Ergebnisse der Aktigraphie sind jedoch anhand der bisher vorliegenden Studien von ausreichender Validität,
um Schlafstörungen bei Patienten mit Insomnien zu entdecken und Therapieeffekte
zu evaluieren. Der besondere Vorteil der Aktigraphie liegt darin, dass es möglich ist,
Schlafstörungen auch bei Personen zu evaluieren, die eine Untersuchung im Schlaflabor
nicht oder nur eingeschränkt tolerieren, wie
das beispielsweise bei Patienten mit Demenz
oder bei Kindern der Fall ist.
Grenzen der Methode
Der Nachteil der Aktigraphie liegt in der
mangelnden Präzision, indem die indirekten
Messungen nur ungefähr die Güte der Schlafkontinuität widerspiegeln, keine Hinweise
auf die Schlafarchitektur geben und indem
die Schlafzeiten teilweise überschätzt werden.
Ein weiteres Problem liegt in der mangelnden
Vergleichbarkeit einzelner Systeme, die auf
unterschiedlichen Detektoren und AnalyseAlgorithmen beruhen. Letztlich ist bei der
Interpretation von Aktometerdaten noch auf
Artefakte hinzuweisen. Ein häufiges Artefakt
ist das Ablegen des Geräts, das ebenso wie ruhige Phasen während der Wachzeit, beispielsweise beim Lesen, fälschlich als Schlaf gedeutet werden kann. Auch überlagerte Bewegungen, die von außen induziert werden wie bei
der Fahrt in einem KFZ, können fehlgedeutet
werden. Die Kontrolle der Artefakte ist nur
dadurch möglich, dass zusätzlich zur Aktigraphie in einem Protokoll eine exakte Aufzeichnung der Schlaf- und Wachzeiten und
der Zeiten, in denen der Aktometer abgelegt
wurde, erfolgt und möglichst zusätzliche detaillierte Angaben über die weiteren Tagesaktivitäten erhoben werden. Für die Erfassung
der Aktivität mittels Fragebogen oder Ratingskalen fehlen derzeit geeignete und validierte Instrumente. Die Ergebnisse der Aktigraphie lassen sich jedoch durch zusätzliche
Informationen deutlich verbessern, die durch
Angaben aus Selbst- und Fremdbeobachtung
mittels Protokollen erhoben werden (AncoliIsrael et al. 2003).
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Use of Actigraphy in the Clinical Assessment of sleep Disorders. Sleep 18 (4)
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Akute Insomnie
Pollak CP, Stokes PE, Wagner DR (1998) Direct comparison of two widely used activity recorders. Sleep 21 (2):207–212
19
Akute Bergkrankheit
Akute Höhenkrankheit
Akute HIV-Krankheit
Aktiver Schlaf
HIV-Infektion und AIDS
Englischer Begriff
active sleep
Akute Höhenkrankheit
Kindesalter
Synonym
AMS; Höhenkrankheit; Akute Bergkrankheit
Aktivierung, zentralnervöse
Englischer Begriff
Arousal
Aktivität
acute mountain sickness; acute mountain maladaptation
Höheninsomnie
Atmung beim Schlaf
in großer Höhe
Englischer Begriff
activity
Aktigraphie
Elektrodermale Aktivität
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyn-
drom
Akute Hypoxie
Englischer Begriff
acute hypoxia
Atmung beim Schlaf
in großer Höhe
Aktivitätsokulogramm
Synonym
AOG
Elektrookulogramm
Akute inflammatorische
demyelinisierende Polyneuropathie
Synonym
AIDP
Aktivitäts-Ruhezyklus
Englischer Begriff
activity-rest cycle
BRAC
Aktographie
Englischer Begriff
acute inflammatory demyelinating polyneuropathy
Guillain-Barré-Syndrom
Akute Insomnie
Englischer Begriff
Englischer Begriff
actigraphy
acute insomnia
Aktigraphie
Schlafanpassungsstörung
A
20
Akute intermittierende Porphyrie
Akute intermittierende Porphyrie
Englischer Begriff
acute intermittent porphyria
Polyneuropathien
Akute kurzdauernde Insomnie
Englischer Begriff
acute shortterm insomnia, adjustment sleep
disorder
Insomnie
Schlafanpassungsstörung
Akutes Koma
dizin erfolgt evidenzbasiert. Da für die Diagnostik vieler Schlafstörungen noch nicht ausreichend Literatur zur Verfügung steht, um
Metaanalysen durchzuführen, wurde das diagnostische Vorgehen in einem formalen Konsensusprozess mittlerer Evidenzstufe erarbeitet. Am formalen Konsensusprozess haben
die beteiligten Fachgesellschaften und Vertreter von Patientengruppierungen unter Leitung eines Leitlinienmoderators teilgenommen und eine Leitlinie der Evidenzstufe „S2“
zum diagnostischen Vorgehen beim nicht erholsamen Schlaf erarbeitet (Fischer et al.
2001). Im Zentrum der Leitlinie steht der klinische Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf,
der therapiezielorientiert die notwendigen
diagnostischen und therapeutischen Schritte
festlegt. Siehe auch Evidenzbasierung und
Leitliniengestaltung
Koma
Grundlagen
Albträume
Alpträume
Aldosteron
Englischer Begriff
aldosterone
Definition
Zu den Mineralocorticoiden zählendes Hormon der Nebennierenrinde; reguliert zusammen mit Angiotensin die Natrium- und Wasserrückresorption in Niere, Ileum und Kolon und
hat damit wesentlichen Einfluss auf den Wasser- und Elektrolythaushalt.
Mineralstoffwechsel und Volumenregulation
Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf
T P
Englischer Begriff
clinical pathway non restorative sleep
Definition
Das diagnostische Vorgehen in der Schlafme-
In Deutschland gibt es etwa acht Millionen
Betroffene mit dem Beschwerdebild des nicht
erholsamen Schlafs. Die Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf “ behandelt die vielschichtige
Problematik der systematischen schlafmedizinischen Diagnostik und Therapie, ausgehend von subjektiven Beschwerden und Symptomen. Die umfassen den nicht erholsamen
Schlaf, Einschränkungen der Gesundheit, der
geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit, der Teilhabe am beruflichen und sozialen Leben und daraus resultierende Einschränkungen der Lebensqualität. Ziel ist,
mithilfe des Algorithmus die Ursachen der
Beschwerde des nicht erholsamen Schlafs
aufzudecken und ausreichend zu behandeln.
Aus medizinischen und gesundheitsökonomischen Gründen ist eine ursachengerichtete
Diagnostik und Therapie durchzuführen, was
durch den klinischen Algorithmus unter Berücksichtigung der primärärztlichen, fachärztlichen und Expertenversorgungsebene
strukturiert ermöglicht wird.
Modul 0: Eingangsbeschwerde
Der Begriff „nicht erholsamer Schlaf “ umschreibt die Eingangsbeschwerde, die den Patienten zum Arzt führt, weil er nicht ein- oder
durchschlafen kann oder weil er sich trotz
objektiv ausreichender Schlafmenge tagsüber
nicht ausgeruht und leistungsfähig fühlt.
Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf
0
Patient mit
nicht-erholsamem
Schlaf
ja
A
1
Erhebliche
Leistungsminderung
durch nicht-erholsamen
Schlaf bei Ein- und/oder
Durchschlafstörungen
und/oder
Tagesschläfrigkeit?
21
2
ja
Adäquater
Umgang
mit Schlaf?
nein
nein
4
3
ja
Angepasst
an zirkadianen
Rhythmus?
9
Information,
Prävention und
Verhaltenstraining
nein
ja
Einnahme von
schlafstörenden
Substanzen?
5
ja
Umsetzung
Abstinenz,
Entwöhnung
nein
Ebene: Primärarzt
6
Ebene: Facharzt
Symptom einer
psychiatrischen
und/oder organischen
Erkrankung
7
ja
Diagnose und
Behandlung der
Grunderkrankung
nein
Ebene: Somnologe
8
Schlafmedizinisches Zentrum:
Kardiorespiratorische Polysomnographie
Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf. Abb. 1. Klinischer Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf. Jeder Kasten
stellt ein Entscheidungsmodul dar und hat eine Nummer von null bis neun. Somnologe: Arzt, der die Zusatzweiterbildung in Schlafmedizin absolviert hat.
Modul 1: Art und Ausmaß der
Beschwerden
Im Zentrum stehen die Leitsymptome Insomnie und Hypersomnie als Ausdruck einer gestörten Erholungsfunktion des Schlafs.
Die Symptomatik ist im Alltag relevant, wenn
sie mit erheblichen Einschränkungen der
körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit einhergeht, soziale und berufliche Beeinträchtigungen nach sich zieht und auf
Dauer die Lebensqualität beeinträchtigt. Die
Erstdiagnostik erfolgt an Hand der Anamnese ( Beschwerden und Symptome). Unterstützend können dabei Fragebögen zum
Einsatz kommen. Sind die Beschwerden erheblich und lassen sich nicht mittels Information und Verhaltensberatung beseitigen,
wird im Algorithmus fortgefahren.
Modul 2: Adäquater Umgang mit dem
Schlaf
Bei diesem Entscheidungsmodul gilt es abzu-
klären, inwieweit Umgebung und Lebensgewohnheiten des Betroffenen der Erholsamkeit seines Schlafs zuwiderlaufen.
Siehe dazu Schlafhygiene; Verhaltensbedingtes Schlafmangelsyndrom; Extrinsische Insomnien; Umgebungsbedingte
Schlafstörung; Schlafanpassungsstörung;
Lärmbedingte Schlafstörungen
Modul 3: Angepasst an den zirkadianen
Rhythmus?
Zirkadiane Schlafsrhythmusstörungen entstehen, wenn es nicht möglich ist, zur gewünschten Zeit zu schlafen oder entsprechend dem geophysikalisch vorgegebenen
Tag-Nacht-Rhythmus zu schlafen. Ursächlich
für die Störung können Nachtarbeit und
Schichtarbeit, Jetlag, Blindheit oder genetische Faktoren sein.
Siehe dazu auch Chronobiologie
22
Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf
Modul 9: Information, Prävention und
Verhaltensberatung
Die bei der Analyse gemäß den Modulen 2
oder 3 gefundenen Störungen werden durch
Maßnahmen der Information, Prävention
und Verhaltensberatung bearbeitet.
Modul 4: Einnahme von schlafstörenden
Substanzen?
Die Frage schließt sich an, wenn Ursachen für
nicht erholsamen Schlaf gemäß den Modulen 2 und 3 ausgeschlossen werden konnten.
Der Gebrauch und der Missbrauch von Genussmitteln können Ein- und Durchschlafstörungen verursachen mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Tagesform. Auch
die Einnahme von Medikamenten ist mit
zum Teil erheblichen schlafstörenden oder
schläfrigmachenden Nebenwirkungen verbunden ( Medikamentennebenwirkungen).
Siehe auch Substanzen, die mit der SchlafWach-Regulation interferieren; Kokain;
Koffein; LSD; Nikotin; Hypnotikaabhängigkeit; Stimulanzienabhängigkeit;
Alkohol-induzierte Schlafstörung; Toxin-induzierte Schlafstörung
Modul 5: Konsequenzen aus Modul 4
Dies beinhaltet entsprechende Konsequenzen wie Reduktion, Entzug oder Entwöhnung
von Substanzen, bzw. Umsetzung von Medikamenten auf andere Substanzklassen mit
weniger Nebenwirkungen oder ohne Nebenwirkungen auf den Schlaf.
Modul 6: Symptom einer psychiatrischen
und/oder organischen Erkrankung?
Über unterschiedliche Mechanismen können
psychiatrische und organische Erkrankungen
Hypersomnie und/oder Insomnie verursachen. Die Betroffenen werden dadurch zusätzlich zur Grunderkrankung oft erheblich
beeinträchtigt. Gelegentlich kann die Beschwerde des nicht erholsamen Schlafs auch
hinweisend sein auf eine undiagnostizierte
Grunderkrankung. Zu den diesbezüglichen
Erkrankungen aus Psychiatrie, Neurologie
und Innerer Medizin, die in Einzelessays der
Enzyklopädie behandelt werden, wird in
Übersicht unter Symptomatische Schlafstörungen verwiesen.
Modul 7: Konsequenzen aus Modul 6
Die Behandlung einer bestehenden neurologischen, psychiatrischen oder internistischen
Grunderkrankung richtet sich nach der Erkrankung. Bei fortbestehender Schlafstörung
kann deren Behandlung zur Verbesserung
der Lebensqualität der Betroffenen beitragen.
Modul 8: Kardiorespiratorische
Polysomnographie im
Schlafmedizinischen Zentrum
Sind nach Durchlaufen des Algorithmus alle
nichtapparativ fassbaren Ursachen für die
Symptomatik ausgeschlossen, muss die Untersuchung mittels Kardiorespiratorischer
Polysomnographie erfolgen. Hiermit können
alle schlafmedizinischen Erkrankungen, die
in der Regel mit schwerer Hypersomnie einhergehen, diagnostiziert bzw. ausgeschlossen
werden. Siehe dazu Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS); Hypersomnien
zentralen Ursprungs: beispielsweise Narkolepsie; Schlafbezogene Bewegungsstörungen:
Restless-Legs-Syndrom
beispielsweise
(RLS); Periodic Limb Movement Disorder
(PLMD). Seltener kann sich eine Indikation
für die Untersuchung auch bei Primären Insomnien ergeben. Bei Parasomnien kann die
Indikation im Falle von Eigen- oder Fremdgefährdung oder zur differentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber nächtlicher
Epilepsie gegeben sein. (Siehe auch ICSD2)
Zur Messung im Schlaflabor siehe auch
Evidenzbasierte apparative Vorgehensweise; Computer und Computernetzwerke in
der Schlafmedizin; Qualitätsmanagement
in der Diagnostik; Qualitätsmanagement in
der Schlafmedizin
Exkurs: Ambulantes Monitoring in der
Schlafmedizin
Manche Patienten können durch nächtliche
Atmungs- und Kreislaufregulationsstörungen erheblich gefährdet sein, ohne dass sie
subjektiv unter Hypersomnie oder Insomnie
leiden. Dies ist vor allem bei Patienten mit
Zentralen Schlafapnoesyndromen und mit
Schlafbezogenen Hypoventilations- und
Hypoxämiesyndromen des Atmungsorgans.
Gemäß dem Algorithmus müßten sie nicht in
erster Linie ins Schlaflabor, denn sie erfüllen
Alkoholabhängigkeit
das Eingangskriterium gemäß Modul 0 nicht.
Trotz fehlender spezifischer schlafmedizinischer Beschwerden geben bei diesen Patienten aber in der Regel die klinische Untersuchung und andere Befunde indirekten Anhalt
für das Vorliegen von Schlafbezogenen Atmungsstörungen. Insbesondere handelt es
sich dabei um eine fehlende physiologische
nächtliche Blutdruckabsenkung (Nondipping), überwiegend nächtliche Herzrhythmusstörungen, Rechtsherzinsuffizienz und
Cor pulmonale, globale Herzinsuffizienz, Hyperkapnie, Polyglobulie, Metabolisches Syndrom und Erkrankungen endokriner Systeme,
wie Akromegalie ( Wachstumshormon)
oder Hypothyreose. In diesen Verdachtsfällen kann der Einsatz vereinfachter ambulanter Recorder mit vier Kanälen für Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Atmung und Körperlage zielführend für die weitere Diagnostik sein. Deren Verwendung kann helfen, die
Pretestwahrscheinlichkeit für einen positiven
Befund bei der Untersuchung mittels KRPSG
im Schlaflabor zu erhöhen.
Siehe dazu auch Ambulantes Monitoring;
Differenzialdiagnostischer
Leitfaden;
Herz-Kreislauf-System; Atmung; Herzinsuffizienz und Schlafbezogene Atmungsstörungen; Diabetes mellitus; Endokrinium; Hypophyse und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse.
Literatur
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Fischer J, Mayer G, Penzel T et al (2005)
Nicht erholsamer Schlaf. Leitlinie „S2“
der DGMS, Kurzfassung. Thieme Verlag,
Stuttgart
23
Alkohol
Englischer Begriff
alcohol
Schlafhygiene
Gastroösophagealer Reflux
Polyneuropathien
Schnarchen
Alkoholabhängigkeit
D R
Synonym
Alkoholsucht; Alkoholismus
Englischer Begriff
alcohol dependency; alcoholism
Definition
Alkohol ist in westlichen Industrieländern
die am weitesten verbreitete legale Droge. Der
normale „Gebrauch“ ist weit verbreitet und
man nimmt an, dass in Deutschland nur etwa
10 % der erwachsenen Bevölkerung absolut
alkoholkarent leben. Alkoholabusus und Alkoholabhängigkeit und die damit verbundenen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit stellen ein hoch relevantes
Problem sowohl in der organmedizinischen
als auch in der psychiatrischen Versorgung
dar. Die Alkoholabhängigkeit ist definiert als
ein starker Wunsch oder Zwang Alkohol zu
konsumieren. Es besteht eine verminderte
Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der
Beendigung und der Menge des Substanzoder Alkoholkonsums. Beim Absetzen von
Alkohol treten körperliche Entzugserscheinungen auf. Zudem entwickelt sich Toleranz,
in deren Folge zunehmend höhere Dosen Alkohol nötig sind, um die initial erreichte Wirkung hervorzurufen. Alkoholabhängige vernachlässigen andere Interessen oder Vergnügen zugunsten des Alkoholkonsums. Die Betroffenen konsumieren Alkohol, obwohl eindeutige schädliche Folgen sozialer, psychischer oder körperlicher Art auftreten. Alkohol
hat zudem einen massiven Effekt auf den
Schlaf. Die initial sedierende und Schlaf herbeiführende Wirkung ist oft mit Durchschlaf-
A
24
Alkoholabhängigkeit
störungen gekoppelt ( Alkohol-induzierte
Schlafstörung).
Genetik, Geschlechterwendigkeit
Seit langem nachgewiesen ist eine starke familiäre Häufung von Alkoholproblemen und
Alkoholabhängigkeit. Dies könnte neben genetischer Vermittlung auch durch Lernen am
Modell erklärt werden. Zwillingsuntersuchungen konnten jedoch zeigen, dass genetisch vermittelte Effekte zum tragen kommen.
Alkoholabhängigkeit ist bei Männern weitaus
häufiger als bei Frauen ausgeprägt, das Geschlechtsverhältnis liegt bei 2–3:1 von Männern zu Frauen.
Epidemiologie, Risikofaktoren
Man geht davon aus, dass zwei Millionen
Bundesbürger alkoholabhängig sind, was
etwa 5 % der erwachsenen Männer und 2 %
der Frauen entspricht. Der Alkoholkonsum
ist seit dem Zweiten Weltkrieg deutlich gestiegen und liegt im Jahresschnitt jetzt bei
zirka elf Liter reinem Alkohol pro Bundesbürger. Alkoholabhängige machen etwa 30 %
aller Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern aus. In internistischen und chirurgischen Abteilungen beträgt der Anteil an Alkoholabhängigen etwa 20 %. Risiken zur Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit liegen
auch darin begründet, dass in einer Gesellschaft freier Zugang zum Alkohol besteht.
Darüber hinaus haben Männer ein höheres
Risiko als Frauen, an Alkoholabhängigkeit zu
erkranken. Vorbilder in der Familie im Hinblick auf Alkohol stellen zudem einen weiteren Risikofaktor dar, später selbst Alkohol zu
missbrauchen oder an einer Alkoholabhängigkeit zu erkranken.
Pathophysiologie, Psychophysiologie
Theorien zur Erklärung der Alkoholabhängigkeit sind psychologisch-psychosozialer
und neurobiologischer Art. Eine Schichtabhängigkeit des Alkoholkonsums ist nicht bekannt. Der Erstkonsum von Alkohol wird
durch Faktoren wie Kosten und Verfügbarkeit des Alkohols, Verhalten der Gleichaltrigen, Gesetze, aber auch soziale Haltung und
kulturelle Tradition bestimmt. Lern- und
Konditionierungsprozesse spielen sicherlich
eine Rolle bei der Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit. Der Alkoholkonsum selbst
wird durch seine Konsequenzen positiver Art
verstärkt. Zustände von Dysphorie, Missempfindungen, innerer Leere oder Depressivität
können durch Alkoholkonsum „positiv“ beeinflusst werden. Ebenso gibt es Prozesse sozialer Verstärkung in der Gruppe, wenn beispielsweise Jugendliche Alkohol konsumieren. Definitive Hinweise für eine Suchtpersönlichkeit konnten bislang nicht bestätigt
werden.
Alkoholkonsum ist ein sich selbst verstärkendes Verhalten, da ab einem gewissen Ausmaß
des Konsums Alkohol getrunken werden
muss, um unangenehme Entzugserscheinungen zu vermeiden. Zusätzlich spielen Belohnungseffekte („reward“) eine Rolle, die neurobiologisch über das Belohnungssystem und
den Neurotransmitter Dopamin vermittelt
werden. Auch andere Neurotransmitter serotonerger, noradrenerger, GABAerger und glutamaterger Art sind mit beteiligt an der Vermittlung der Alkoholwirkung.
Symptomatik
Im ICD-10 werden verschiedene Erscheinungsformen des Alkoholgebrauchs unterschieden. Dazu zählen die akute Intoxikation,
der schädliche Gebrauch, das Abhängigkeitssyndrom, das Entzugssyndrom mit und ohne
Delir und psychotische Störung bedingt
durch Alkohol. Ebenso können durch Alkohol mnestische Syndrome, verzögert aufgetretene psychotische Störungen und psychische und andere Verhaltensstörungen ausgelöst werden.
Bei der voll ausgeprägten Alkoholabhängigkeit besteht ein starker Wunsch oder Zwang,
den Alkohol zu konsumieren, dem nicht widerstanden werden kann. Ebenso können die
Betroffenen den Beginn, die Beendigung und
die Menge des Alkoholkonsums nicht kontrollieren. Es bestehen massive körperliche
Entzugserscheinungen, wie etwa Zittern,
Schwindel bis hin zum Delir. Die Betroffenen
haben eine Toleranz gegenüber dem Alkohol
entwickelt. Die ursprünglich nötige Dosis,
um einen bestimmten positiven Gefühlszustand zu erreichen, musste gesteigert werden.
Die Betroffenen vernachlässigen andere Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums und konsumieren den Alkohol, obwohl sie eindeutig wissen, dass der
Alkoholabhängigkeit
Konsum schädliche Folgen körperlicher, sozialer oder psychischer Art hat.
Auf körperlicher Ebene bestehen eine Vielzahl von Einschränkungen wie ein reduzierter Allgemeinzustand, Inappetenz, Gewichtsverlust, gerötete Gesichtshaut, Spider naevi,
Funktionsstörungen von Magen und Darm,
vermehrte Schweißneigung sowie Schlafund Potenzstörungen. Ebenso können halluzinatorische Zustände während des Konsums
oder auch ein alkoholischer Eifersuchtswahn
auftreten. Im schlimmsten Fall kommt es
zum Substanzverlust und Funktionsdefiziten
des Nervensystems, wie etwa bei Großhirnatrophien oder der Wernicke-Enzephalopathie.
Viele Patienten zeigen zudem polyneuropathische Beschwerden. Überzufällig häufig finden sich Obstruktive Schlafapnoe und
periodische Extremitätenbewegungen im
Schlaf (PLMS).
Während aller Phasen der Alkoholerkrankung leiden die Betroffenen unter Einschlafstörungen und einer verminderten Gesamtschlafzeit. Frühmorgendliches Erwachen tritt
gehäuft auf. In der Absicht, den Durchschlafstörungen entgegenzuwirken, nehmen Alkoholabhängige häufig zur Nacht Hypnotika
ein und geraten somit in eine zusätzliche Abhängigkeit. Ein erhöhter REM-Schlafdruck
zu Beginn der Abstinenz ist ein Prädiktor für
ein erhöhtes Rückfallrisiko. Abbildung 1 im
Essay Alkohol-induzierte Schlafstörung
zeigt Schlafprofile eines Alkoholpatienten einen Tag nach dem letzten Alkoholkonsum
und im weiteren Verlauf der Abstinenz. Die
Abbildung verdeutlicht, dass etwa zwölf Stunden nach dem Absetzen des Alkohols der
Schlaf massiv gestört ist und sich im Verlauf
der weiteren Wochen wieder normalisiert.
Erstmanifestation
Alkoholabhängigkeit kann schon im Jugendalter auftreten und diagnostiziert werden.
Der Ersterkrankungsgipfel liegt etwa im vierten Lebensjahrzehnt.
Auslöser
Auslösende Faktoren können auf psychischer
Ebene depressive Störungen sein, die durch
Alkoholkonsum für eine gewisse Zeit kompensiert werden können. Ebenso können Zustände innerer Leere, Angespanntheit und
Dysphorie durch Alkoholkonsum maskiert
werden. Typischer Auslöser im Hinblick auf
25
den Erstkonsum bei Jugendlichen ist häufig
der von Gleichaltrigen ausgehende Druck in
einer Gruppe, der „peer group“.
Verlauf
Der initiale Konsum findet häufig erstmals
im Jugendalter statt. Im jungen Erwachsenenalter kommt es dann zum chronischen
Gebrauch und dann über Zeiträume von
mehreren Jahren zu einer Alkoholabhängigkeit. Die Alkoholabhängigkeit kann jedoch
fluktuieren, viele Betroffene sind in der Lage,
für Wochen oder Monate den Alkoholkonsum von selbst aufzugeben. Bei Alkoholabhängigen, die eine Entgiftungs- und Entzugsbehandlung durchgemacht haben, beträgt die
Erfolgsquote abstinent zu bleiben zirka 40 %.
Vielen Patienten gelingt es erst nach mehreren Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen langfristig abstinent zu bleiben.
Psychosoziale Faktoren
Eine Schichtabhängigkeit des Alkoholkonsums oder der Alkoholabhängigkeit ist nicht
bekannt. Psychologische Faktoren könnten
Persönlichkeitsfaktoren sein, wie etwa soziale
Gehemmtheit oder Schüchternheit, bei denen der Alkohol die Funktion hat, die Schüchternheit oder Gehemmtheit zu überwinden.
Zustände von Depressivität und innerer Leere können ebenso für den Alkoholkonsum
prädisponieren. Schlafstörungen sind ebenso
ein Risikofaktor für Alkoholkonsum.
Komorbide Erkrankungen
Alkoholabhängigkeit ist häufig gekoppelt mit
Nikotinabhängigkeit, was das Risiko von körperlichen Erkrankungen erhöht. Es bestehen
hohe Komorbiditäten bei alkoholabhängigen
Frauen von 30–60 % für Angststörungen und
depressive Störungen. Bei Männern besteht
eine Komorbidität mit antisozialen Persönlichkeitsstörungen. Im Entzug können massive Symptome von Angst- und Depression
auftreten. (Siehe auch Angsterkrankungen;
Affektive Störungen)
Diagnostik
Die Diagnostik der Alkoholabhängigkeit beruht auf den vorher dargestellten Kriterien
der Abhängigkeit. Bei Alkoholabhängigen
oder beim Alkoholmissbrauch besteht häufig
eine Tendenz, den Alkoholkonsum herunter-
A
26
Alkoholabhängigkeit
zuspielen und nicht das volle Ausmaß der
Störung einzugestehen. Es empfiehlt sich zudem eine ausführliche organmedizinische
Diagnostik unter Hinzuziehung von Laboruntersuchungen, Elektroenzephalogramm
(EEG) und Elektrokardiogramm (EKG). Zudem ist eine neurologische Untersuchung
notwendig, da viele der Patienten eine Polyneuropathie aufweisen. Im Hinblick auf
den Schlaf sind bei vielen Patienten während
des aktiven Trinkens massive Störungen der
Schlafkontinuität mit Ein- und Durchschlafstörungen und frühmorgendlichem Erwachen bekannt. Ebenso bestehen eine Reduktion der Tiefschlafanteile sowie ein erhöhter
REM-Schlafdruck, insbesondere zu Beginn
der Abstinenz.
Bei Patienten mit komorbider Depression
kann es manchmal schwierig sein zu unterscheiden, was die primäre Erkrankung ist,
etwa die Alkoholabhängigkeit oder die Depression. Dies lässt sich durch eine genaue
zeitliche Bestimmung von Beginn des Alkoholkonsums und Einsetzen der depressiven
Symptomatik feststellen.
allgemein supportiven Maßnahmen. Teil der
Therapie sind Rückfallverhütungsprogramme, basierend auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Konzepten, die dem Patienten
Strategien an die Hand geben, wie erneutes
Trinken vermieden werden kann. Neuerdings
werden pharmakologische Strategien eingesetzt, wie etwa die Gabe von Acamprosat als
Pharmakotherapeutikum zur Rezidivprophylaxe. Als Aversionsverfahren wird die Therapie mit Antabus eingesetzt.
Rehabilitation
Die Behandlung Alkoholkranker wird in der
Regel durch die Rentenversicherungsträger
übernommen. Auf eine einwöchige stationäre Entgiftungsphase folgt in der Regel eine
dreiwöchige Motivationsbehandlung zum
qualifizierten Entzug in einer psychiatrischen
Klinik. Darüber hinaus stehen an Alkoholrehabilitationskliniken 8–16-wöchige Programme zur Verfügung, in denen vor allen Dingen
die Therapie zur Rückfallverhütung betrieben
wird.
Psychosoziale Bedeutung
Prävention
Hier sind vor allen Dingen gesellschaftspolitische Interventionen zu nennen, die darauf
hinarbeiten, den Alkoholkonsum zu reduzieren und die Verfügbarkeit des Alkohols zu
erschweren. Aufklärungskampagnen für Kinder und Jugendliche sind ebenso sinnvoll.
Der Alkoholabusus und die Alkoholabhängigkeit haben eine hohe psychosoziale Bedeutung, da beim Vollbild der Abhängigkeit
häufig die Arbeits- und Berufsfähigkeit und
interpersonelle soziale Beziehungen massiv
gestört sind.
Prognose
Therapie
Die Therapie beginnt in der Regel mit einer
Entgiftungsbehandlung, in der überbrückend Clomethiazol gegeben wird, um akute
Entzugserscheinungen zu dämpfen und vor
allen Dingen die negativen Folgen eines Delirs zu verhindern. In der weiterfolgenden
Therapie des qualifizierten Entzugs wird vor
allen Dingen auf die Erhöhung der Motivation und Änderungsbereitschaft hingearbeitet.
Hierfür stehen gut evaluierte psychologische
Programme zur Verfügung. Ziel der Behandlung ist die Abstinenz. Weitere Verfahren sind
Aversionsverfahren, Verfahren der verdeckten Konditionierung und kognitive Therapie,
die häufig in multimodalen Behandlungsstrategien kombiniert werden mit Informationsvermittlung als psychoedukatives Training,
mit dem Training sozialer Fertigkeiten und
Je nach Behandlungsschema besteht eine
Rückfallwahrscheinlichkeit zwischen 40 %
und 60 %.
Zusammenfassung, Bewertung
Der Konsum von Alkohol und die Alkoholabhängigkeit stellen große gesundheitspolitische Anforderungen dar und sind mit hohen
Kosten verbunden. Es betrifft nicht nur die
Behandlung der Erkrankung, sondern auch
assoziierte Folgen, wie etwa Unfälle im Straßenverkehr, die unter Alkohol verursacht
werden.
Auswirkungen auf den Schlaf kommt ebenso
eine große Bedeutung zu: In der Absicht, den
alkoholbedingten Schlafstörungen entgegenzuwirken, werden Alkoholkranke häufig zusätzlich von Hypnotika abhängig. Die REMSchlafenthemmung während der frühen
Alkohol-induzierte Schlafstörung
Abstinenz ist ein Prädiktor für ein erhöhtes
Rückfallrisiko. Entsprechende Behandlungsstrategien sind darauf abzustimmen.
27
Alkoholgenuss, abendlicher
Schnarchen
Literatur
Gann H, van Calker D, Feige B, Riemann
D (2004) Die Bedeutung des Schlafs für
gesunde Alkoholkonsumenten und alkoholabhängige Patienten. Nervenarzt,
75:431–441
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S 389–452
Alkohol-induzierte Schlafstörung
M H
Synonym
Insomnie durch Alkoholgebrauch
Englischer Begriff
alcohol-dependent sleep disorder
Definition
Alkoholabsetzeffekte
Englischer Begriff
effects of alcohol withdrawal
Alkohol-induzierte Schlafstörung
Alkoholabusus
Synonym
Alkoholmissbrauch
Englischer Begriff
alcohol abuse
Psychosen
Alkoholabhängigkeit
Alkoholderivate
Englischer Begriff
alcohol derivatives
Definition
Wurden schon vor der Entwicklung der Barbiturate als Hypnotika eingesetzt.
Chloralhydrat
Alkoholentzug
Englischer Begriff
alcohol withdrawal
Alkohol-induzierte Schlafstörung
Die Alkohol-induzierte Schlafstörung wird in
der Internationalen Klassifikation der Schlafstörungen ( ICSD-2) von 2005 unter „Insomnia due to drug or substance“ aufgeführt.
Bei gelegentlichem Konsum bewirkt Alkohol
eine Verkürzung der Einschlaflatenz, führt
aber nach dem Einschlafen zu unruhigem
und fragmentiertem Schlaf. Bei regelmäßigem Gebrauch kommt bezüglich des zügigen
Einschlafens zum Wirkungsverlust infolge einer Toleranzentwicklung. Nach übermäßigem Konsum kann das Absetzen von Alkohol
zu ausgeprägten Schlafstörungen führen. Diese so genannte Rebound-Insomnie kann den
weiteren Konsum und schließlich die Entwicklung einer körperlichen und psychischen
Abhängigkeit begünstigen.
Epidemiologie, Risikofaktoren
Anhand von epidemiologischen Untersuchungen, die in erster Linie in den USA
durchgeführt wurden, ist davon auszugehen,
dass etwa 0,2 % der Bevölkerung an einer
Substanz-induzierten Schlafstörung leiden.
Im Klientel der Schlafambulanzen sollen zirka 3,5 % der Patienten betroffen sein. Die Alkohol-induzierte Schlafstörung kommt häufiger bei Patienten im mittleren und höheren
Lebensalter als bei jüngeren Personen vor.
Geschlechtsunterschiede in der Prävalenz
dieser Störung sind nicht bekannt (ICSD-2).
Statistische Angaben für diese Störung liegen
für den deutschsprachigen Raum nicht vor.
Als wichtigster Risikofaktor ist der vermehrte
Alkoholkonsum, der große Teile der Bevölkerung betrifft, zu nennen. Laut „Gesundheits-
A
28
Alkohol-induzierte Schlafstörung
bericht für Deutschland“ (1998) trinken rund
56 % der deutschen Bevölkerung nach eigenen Angaben regelmäßig Alkohol in mäßigen
Mengen (1–20 g reinen Alkohol pro Tag).
Starker Alkoholkonsum (mehr als 40 g reiner
Alkohol pro Tag) wird von rund 10 % der Bevölkerung angegeben. Demgegenüber berichten nur etwa 22 % keinen Alkohol zu trinken.
Als weitere Risikofaktoren sind insomnische
Beschwerden oder psychische Störungen zu
erwähnen. Der Alkoholkonsum kann durch
die akuten sedierenden und/oder durch die
anxiolytischen Effekte von Äthanol für diese
Patienten einen Selbstheilungsversuch darstellen („Alkohol als Problemlöser“) und dadurch sekundär zu Schlafstörungen beziehungsweise zur Verstärkung der schlafmedizinischen Beschwerden wie Durchschlafstörung und/oder Tagesschläfrigkeit führen.
Pathophysiologie, Psychophysiologie
Alkohol kann die Effekte theoretisch aller an
der Regulation des Wach-Schlaf-Rhythmus
beteiligten Neurotransmitter beeinflussen.
Komplexe Adaptations- und Gegenregulationsphänomene könnten sich je nach Dauer
und Frequenz der Alkoholeinwirkung bzw.
der Abstinenzphasen unterschiedlich auswirken.
Gut belegt sind die Effekte von Alkohol auf
GABAerge Mechanismen. Eine akute Alkoholintoxikation führt meist zu einer Verstärkung der durch GABAA-Rezeptoren vermittelten neuronalen Inhibition. Chronischer
oder chronisch intermittierender Konsum
von Alkohol führt dagegen über biochemische Adaptationsprozesse zu einer verminderten GABAergen neuronalen Inhibition
und zu Veränderungen der Untereinheitenstruktur des GABAA-Rezeptors (Übersicht
bei Grobin et al. 1998). Ein weiterer, gut dokumentierter Effekt von Äthanol ist die Hemmung des NMDA-Rezeptorsubtyps der Glutamatrezeptoren (Übersicht bei Kumari et
al. 2000). Wie im Falle der Alkoholwirkungen
auf den GABAA-Rezeptor sind letztgenannte
Effekte sehr variabel, wahrscheinlich bedingt
durch eine heterogene Untereinheitenstruktur der Rezeptoren.
Symptomatik
Alkoholkonsum vor dem Zu-Bett-Gehen
führt bei Gesunden zu einer Verkürzung der
Einschlafzeit, einer Reduktion der REMSchlafzeit und einer Verlängerung der
NREM-Schlafzeit (Übersicht bei Gann et
al. 2004). Durch die rasche Metabolisierung
von Alkohol sind diese Veränderungen typischerweise auf die ersten Nachthälfte beschränkt, während sich in der zweiten Nachthälfte Alkoholabsetzeffekte dominieren.
In einer Studie wurde eine Erhöhung der
Schlafeffizienz nach Alkoholeinnahme direkt
vor dem Schlafengehen bei gesunden jungen
Probanden für die ersten zwei Stunden der
Nacht beobachtet. Die bessere Schlafeffizienz
ging mit erhöhter Deltaaktivität im NREMSchlaf einher, während sich über die gesamte
Nacht betrachtet keine signifikanten Änderungen ergaben (Übersicht bei Gann et
al. 2004). Das deutet darauf hin, dass sich die
anfängliche schlafinduzierende Wirkung
nach Absinken des Alkoholspiegels ins Gegenteil verkehrt. Im akuten Alkoholentzug ist
die Einschlafzeit verlängert und die totale
Schlafzeit vermindert. Die REM-Schlaflatenz
ist verkürzt und der REM-Anteil erhöht; dieses Phänomen wird REM-Schlaf-Rebound
genannt (siehe Abbildung 1).
Beschwerden, Symptome
Insbesondere kann der Schlaf in der zweiten
Nachthälfte oberflächlich und durch häufig
auftretende Wachperioden unterbrochen
sein. Die REM-Schlafzeit ist üblicherweise
verlängert, es können Träume oder Albträume auftreten. Der Schlaf kann zudem durch
Tachykardie, Schwitzen, Magenbeschwerden,
Kopfschmerzen oder eine volle Blase gestört
werden.
Auslöser
Alkoholkonsum ist in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens anzutreffen. Vielfach
wird Alkohol auch allein getrunken. Vieltrinker, die mehr als 280 g reinen Alkohol pro
Woche konsumieren, nennen am häufigsten
folgende Motive: „Alkohol ist eine angenehme Möglichkeit, sich zu entspannen“ und
„durch Alkohol kann man Ärger leichter bewältigen“. Darüber hinaus werden „Alkohol
hilft über Niedergeschlagenheit und Depression hinweg“, „Alkohol lässt eine starke Belastung leichter ertragen“, „Alkohol stärkt das
Selbstvertrauen“ und „Alkohol macht das
Gefühl von Einsamkeit und Unverstanden-
Alkohol-induzierte Schlafstörung
29
A
Alkohol-induzierte
Schlafstörung.
Abb. 1. Polysomnogramm eines alkoholkranken Patienten im Verlauf des medikamentös unbehandelten akuten und
subakuten Entzugs im Vergleich zu einem gleichaltrigen gesunden Probanden. Im akuten Entzug (Tag 1) ist die verlängerte Einschlafzeit und das fragmentierte Schlafprofil zu erkennen. Im subakuten Entzug (erste und zweite Woche
nach Abstinenzbeginn) normalisiert sich
der Schlaf. Aus Gann et al. 2004.
heit erträglicher“ angegeben (Gesundheitsbericht für Deutschland 1998).
Verlauf
Infolge des chronischen Alkoholkonsums
kann es zu psychischer und körperlicher Abhängigkeit vom Alkohol und – im Zusammenhang mit diesem – zu einer weiteren
Verschlimmerung der insomnischen Beschwerden kommen. Eine weitere Gefährdung ist über die körperlichen und sozialen
Effekte von Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit gegeben. Chronischer Alkoholkonsum kann die Entstehung von bösartigen
Tumoren der oberen Verdauungswege wie
Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre und des
Magens sowie der Bauchspeicheldrüse und
der Leber ebenso begünstigen wie Krankheiten des Herzens und des Kreislaufs, beispielsweise Herzmuskelschwäche bei Alkohol-induzierter Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck.
Psychosoziale Faktoren
In erster Linie sind die sozialen Effekte eines
übermäßigen Alkoholkonsums wie die Störung oder Auflösung sozialer Bindungen zu
nennen. Eine weitere Gefahr des Alkoholkonsums liegt in der verminderten Kontroll-
fähigkeit im Straßenverkehr und im erhöhten
Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz des Alkoholkonsums begünstigt die
Entstehung der Alkohol-induzierten Insomnie.
Komorbide Erkrankungen
Grundsätzlich lassen sich in Bezug auf den
Alkoholkonsum zwei Gruppen von Krankheiten unterscheiden: Krankheiten, die mit
hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Alkoholkonsum folgen, und Krankheiten, zu deren
Entstehen der Alkoholkonsum beiträgt.
Zur ersten Gruppe gehören die so genannten
„klassischen“ Alkoholkrankheiten wie etwa
die Alkoholabhängigkeit, Alkoholpsychosen,
alkoholische Fettleber, alkoholische Hepatitis,
die alkoholische Leberzirrhose und die alkoholische Polyneuropathie. Zur zweiten Gruppe zählen bösartige Tumore der oberen Verdauungswege, der Bauchspeicheldrüse und
der Leber sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Diagnostik
Diagnosekriterien der Substanz-induzierten
Insomnie nach der International Classification of Sleep Disorders (ICSD-2 2005):
30
●
●
●
●
●
Alkohol-induzierte Schlafstörung
Die Beschwerden des Patienten erfüllen
die Diagnosekriterien einer Insomnie.
Die Insomnie besteht mindestens seit einem Monat.
Eines der folgenden Kriterien ist erfüllt:
1. Aktuell besteht eine Abhängigkeit oder
Missbrauch von einer Substanz, die
entweder während des Substanzgebrauchs oder nach deren Absetzen
bekanntermaßen zu Schlafstörungen
führt.
2. Aktuell besteht der Gebrauch oder die
Exposition gegenüber einer Substanz,
die bei empfindlichen Individuen bekanntermaßen zu Schlafstörungen
führt, wie bei Medikamenten, Lebensmitteln oder toxischen Substanzen.
Die Insomnie ist mit dem Substanzgebrauch oder -missbrauch oder mit dessen
akutem Absetzen zeitlich gekoppelt.
Die Schlafbeschwerden können nicht
durch eine andere Schlafstörung, internistische, neurologische oder psychische Erkrankung erklärt werden.
Differentialdiagnostik
Bei Patienten mit gleichzeitigem Gebrauch
von Hypnotika kann die Abgrenzung der Alkohol-induzierten Insomnie von Folgen des
Hypnotikagebrauchs schwierig sein. Die Diagnose kann im Allgemeinen dann gestellt
werden, wenn eine Toleranzentwicklung,
Steigerung der Trinkmenge oder nach Absetzen des Alkohols eine Rebound-Insomnie
vorhanden sind (ICSD-2).
Prävention
Die Prävention der Alkohol-induzierten Insomnie umfasst die Prävention von Schlafstörungen und die eines übermäßigen Alkoholkonsums. Die Prävention von Insomnien
wird an anderer Stelle behandelt. Zur Prävention von Suchtkrankheiten existieren in
Deutschland 1.280 Beratungsstellen für
Suchtkranke (Stand: Juli 1996). 1.136 dieser
Beratungsstellen sind auf Hilfsangebote bei
Problemen mit Alkohol und Medikamenten
spezialisiert. Auch Selbsthilfeorganisationen
sind neben der Wahrnehmung von Betreuungsaufgaben im Bereich der Alkoholprävention tätig. Zusätzlich werden Aufgaben
der Prävention von der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren wahrgenommen.
Therapie
Die Behandlung der Alkohol-induzierten Insomnie entspricht der Behandlung der Psychophysiologischen Insomnie (psychotherapeutische Interventionen, Pharmakotherapie). Im Weiteren ist zu einer Alkoholkarenz
zu raten. Die Anwendung von klassischen
Schlafmitteln ( Benzodiazepine bzw. NonBenzodiazepin-Hypnotika) erscheint wegen
des Interaktionspotentials mit Alkohol bzw.
wegen des erhöhten Abhängigkeitsrisikos ungünstig.
Psychosoziale Bedeutung
Patienten mit einer Alkohol-induzierten Insomnie haben aufgrund der Rebound-Insomnie nach Absetzen des Alkohols vermutlich ein erhöhtes Risiko eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln.
Prognose
Eine Prognose der Alkohol-induzierten Insomnie ist nicht bekannt. Nach Absetzen des
Alkohols ist jedoch in den meisten Fällen mit
einer Voll- oder zumindest Teilremission zu
rechnen. Bei alkoholabhängigen Patienten
können die subjektiven Schlafstörungen und
polysomnographischen Abweichungen selbst
über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren
anhaltender Abstinenz bestehen bleiben.Während die Einschlaflatenz sich im Zeitraum
von fünf bis neun Monaten nach Abstinenzbeginn normalisiert, dauert dies für die Gesamtschlafzeit meistens ein bis zwei Jahre.
Für den REM-Schlaf ergaben sich auch nach
langfristiger Abstinenz widersprüchliche Befunde. Der Tiefschlaf scheint auch nach 3- bis
14-monatiger Abstinenz noch vermindert zu
sein.
Zusammenfassung, Bewertung
Die Alkohol-induzierte Schlafstörung wird in
der Internationalen Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD-2) unter „Insomnia due to
drug or substance“ aufgeführt. Alkohol wird
häufig als Selbstmedikation zur Behandlung
von Schlafstörungen eingesetzt, ist jedoch
kein geeignetes Schlafmittel. Durch die rasche Metabolisierung von Alkohol sind die
sedierenden Effekte vom Alkohol typischerweise auf die erste Nachthälfte beschränkt,
während sich in der zweiten Nachthälfte Alkoholabsetzeffekte dominieren. Bei Absetzen
Allergische Erkrankungen
von Alkohol nach anhaltendem, übermäßigem Konsum können ausgeprägte Schlafstörungen auftreten. Diese so genannte „Rebound-Insomnie“ kann den weiteren Konsum und schließlich die Entwicklung einer
körperlichen und psychischen Abhängigkeit
begünstigen.
Literatur
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Res 54:152–189
31
Allergische Erkrankungen
R S
T Z
Synonym
Atopische Erkrankungen
Englischer Begriff
allergic diseases
Definition
Unter einer Allergie versteht man eine spezifische, überschießende und unerwünschte
Abwehrreaktion des Immunsystems auf normalerweise harmlose Substanzen der Umwelt. Dabei kommt es zur Bildung spezifischer Antikörper gegen die entsprechenden
Substanzen, die dann als Allergene bezeichnet werden. Allergische Erkrankungen unterschiedlichen Ursprungs und unterschiedlicher Manifestation sind weit verbreitet. Sie
haben gemeinsam, dass sie den Schlaf stören
können und dadurch seine Erholungsfunktion beeinträchtigen. Dadurch schränken sie
Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der
Betroffenen zusätzlich ein.
Genetik, Geschlechterwendigkeit
Alkoholismus
Synonym
Alkoholsucht
Englischer Begriff
alcoholism
Alkoholabhängigkeit
Es besteht eine genetische Veranlagung für
atopische Erkrankungen. Dabei handelt es
sich um einen multifaktoriellen Erbgang. Die
Wahrscheinlichkeit eine Allergie zu entwickeln steigt, wenn nahe Verwandte betroffen
sind. Ist ein Elternteil Allergiker, beträgt die
Wahrscheinlichkeit etwa 30 %. Sind beide Eltern betroffen, steigt das Risiko bis auf 50 %.
Die Bevorzugung eines Geschlechts ist nicht
bekannt.
Epidemiologie, Risikofaktoren
Allergie durch Nahrungsmittel
Synonym
Nahrungsmittelallergie
Englischer Begriff
nutrition allergy
Allergische Erkrankungen
Insomnie bei Nahrungsmittelallergie
In den letzten Jahrzehnten hat die Prävalenz
von allergischen Erkrankungen dramatisch
zugenommen. (Downs et al. 2001) Verschiedene Mechanismen wurden bisher ohne abschließendes Urteil diskutiert. Sicher ist, dass
für die Entwicklung einer allergischen Erkrankung ein komplexes Zusammenspiel von
genetischen Faktoren und Umweltbedingungen notwendig ist. Ein umweltbedingter Risikofaktor ist besonders der Kontakt mit verschiedenen Antigenen, wobei mit steigender
A
32
Allergische Erkrankungen
Allergische Erkrankungen. Abb. 1. Hausstaubmilbe (Dermatophagoides pteronyssinus). Quelle: ALKSCHERAX Arzneimittel, Hamburg.
Allergenexposition und dem gleichzeitigen
Vorliegen unspezifisch verstärkender Faktoren wie Tabakrauch und Luftverschmutzung
die Gefahr einer Sensibilisierung wächst.
In Bezug auf den Schlaf sind besonders die
Innenraumallergene bedeutsam. Zu den
wichtigsten Verursachern zählt die Hausstaubmilbe. Als Allergenreservoir dienen vor
allem Matratzen, Polster und Teppiche, wobei
Matratzen eine besonders hohe Konzentration an Milbenallergenen, wie Milbenkot und
zerfallene Milbenkörper, aufweisen. Die
nächtliche Bettwärme und Feuchtigkeit bieten ideale Wachstumsbedingungen. Milben
gedeihen aufgrund der fast überall vorhandenen Hautschuppen bei Raumtemperatur und
einer relativen Luftfeuchte von > 60 % sowohl
auf natürlichen als auch auf künstlichen Fasern. Da Milbenallergene vor allem im
Schwebstaub etwa 20 cm oberhalb des Reservoirs zu finden sind, nimmt die Belastung
während des Schlafes deutlich zu.
Weitere Verursacher von Innenraumallergenen sind Haustiere, insbesondere Katzen,
Schimmelpilze, wie Alternaria, und verschiedene Zimmerpflanzen (hier besonders Ficus
benjamina).
Pathophysiologie
Bei vorhandener genetischer Prädisposition
und geeigneten Umweltbedingungen erfolgt
zunächst eine Sensibilisierung. Bei erneutem
Allergenkontakt können sich dann allergische Symptome einstellen. Dabei ist die Reaktion und damit auch die Symptomatik abhängig von der Art der Allergie gemäß der Einteilung nach Coombs und Gell. Bei der sog.
Typ-I-Allergie spielen vor allem Mastzellen
und das auf ihrer Oberfläche gebundene Immunglobulin E (IgE) eine Rolle. Nach Kontakt mit den spezifischen Allergenen schütten
die sensibilisierten Mastzellen zahlreiche entzündungsfördernde Substanzen wie Histamin, Prostaglandine und Leukotriene aus.
Diese Form der Allergie ist für die allergische
Rhinokonjunktivitis, das allergische Asthma bronchiale und die Exazerbation einer
atopischen Dermatitis sowie für einige weitere Allergien verantwortlich. Allergische Reaktionen haben in dem betroffenen Gewebe
unterschiedliche Folgen, wie beispielsweise
eine Kontraktion der glatten Muskulatur (z.B.
Bronchospasmen), eine Permeabilitätssteigerung der Gefäße mit Ödem und die Einwanderung von weiteren immunologisch aktiven
Zellen.
Für Schlafstörungen ist vor allem die Typ-IReaktion relevant, da es sich dabei um einen
chronischen Verlauf handelt. Typ-III- und
-IV-Reaktionen können durch den akut auftretenden Pruritus den Schlaf beeinträchtigen.
Symptomatik
Allergische Reaktionen manifestieren sich in
zahlreichen Formen, wobei individuell bestimmte Symptome dominieren. Zu den häufigsten Formen gehören:
Allergische Rhinokonjunktivitis
Bei ausgeprägter nasaler Obstruktion verschlechtert sich die Schlafqualität massiv
( Schnarchen). Untersuchungen zeigten
eine deutliche Zunahme der Tagesschläfrigkeit und eine daraus resultierende Abnahme
der Leistungsfähigkeit (Craig et al. 1998).
Atopische Dermatitis
Während eines akuten Schubes kann der oft
extreme Pruritus zu nächtlichen Kratzattacken führen. Schlafunterbrechungen und
quälende Durchschlafstörungen sind dann
die Folge.
Allergische Erkrankungen
Allergisches Asthma bronchiale
Anfallsartige Luftnot und anfallsartiger Husten bei Asthma bronchiale können zu jeder
Tageszeit auftreten. Besonders häufig sind sie
jedoch nachts und am frühen Morgen. Verantwortlich dafür ist neben einer möglicherweise erhöhten Allergenexposition die Absenkung des Sympathikotonus während der
Nacht.
Allergie durch Nahrungsmittel
Gastrointestinale Beschwerden können allergisch bedingt sein und zu Störungen des
Nachtschlafs führen (siehe Insomnie bei
Nahrungsmittelallergie).
Erstmanifestation
Die Erstmanifestation allergischer Reaktionen erfolgt oft schon im Kindes- oder Jugendalter, häufig jedoch auch erst in späteren
Jahren.
Verlauf
Bei milderen Verläufen wird die Symptomatik nicht selten verkannt. Bei nicht ausreichender oder inkonsequenter Therapie kann
es zur Ausweitung der Symptomatik, dem sogenannten Etagenwechsel kommen. Dabei
entwickeln sich bei bestehender Rhinokonjunktivitis zunehmend auch Symptome eines
Asthma bronchiale oder einer chronischen
Sinusitis. Allergische Erkrankungen sind
durch ihren ausgesprochen chronischen,
meist schubartigen Verlauf gekennzeichnet.
Nächtlicher Pruritus oder Husten sind dann
oft die ersten Hinweise auf ein erneutes Rezidiv.
Diagnostik
Die Untersuchung Typ-I-allergischer Erkrankungen ist heute ein Teil der Routinediagnostik in der Allergologie. Wesentliche Verfahren
sind dabei die Bestimmung des gesamten und
des spezifischen IgE im Serum, sowie Hautund Provokationstests. Die Untersuchungen
dienen in erster Linie der Diagnostik einer
möglichen Allergie und der Differentialdiagnostik des Asthma bronchiale sowie der Rhinitis.
Von besonderer Bedeutung ist eine genaue
Anamnese ( Beschwerden und Symptome).
Durch sie können die verschiedenen Unter-
33
suchungen zielgerichtet eingesetzt und damit
Kosten und Zeit eingespart werden.
Eine entsprechende Sensibilisierung kann
durch die Bestimmung des spezifischen IgE
nachgewiesen werden. Die häufigste Anwendung findet aufgrund der leichten Handhabung und des guten Verhältnisses von Sensitivität und Spezifität der Pricktest. Hauttests
liefern wie das spezifische IgE nur eine Information über die Sensibilisierung, nicht jedoch darüber, ob das Allergen zu klinisch relevanten Beschwerden führt. Bei nicht eindeutiger Anamnese sollte sich ein nasaler
oder konjunktivaler Provokationstest anschließen. Die Anamnese sollte auch stets gezielte Fragen zu möglichen allergiebedingten
Störungen des Nachtschlafs enthalten.
Prävention
Auch wenn es noch keine abschließende Bewertung der einzelnen Risikofaktoren und
auslösenden Mechanismen gibt, können einige Maßnahmen zur Verringerung des Neuauftretens allergischer Erkrankungen bzw. zu
einer Verbesserung der Symptomatik beitragen (Halken et al. 2004). Dazu gehört die Reduktion der Innenraumallergene wie beispielsweise Hausstaubmilben und Schimmelpilze, besonders bei gefährdeten Personen
mit positiver Familienanamnese. Mit der Allergenkarenz sollte so früh wie möglich begonnen werden (Sears 1997). In Bezug auf
das Schlafverhalten hat dabei die Verringerung der Belastung mit Milbenallergenen
eine herausragende Bedeutung. Eine vollständige Beseitigung der Milben ist nicht
möglich, jedoch kann mit den folgenden
Maßnahmen eine deutliche Reduktion der
Allergenbelastung und Verbesserung der
Symptome erzielt werden.
Maßnahmen der Milbensanierung:
● Benutzung von Staub- und milbenundurchlässigen Matratzen und Bettwäscheüberzügen
● Verwendung von Parkett, Fliesen oder Linoleum an Stelle von hochflorigem Teppich
● Beseitigung von Staubfängern insbesondere im Schlafbereich, Bücher und Kleidung sollten in Schränken aufbewahrt werden
● Häufiges Lüften verringert die Luftfeuchtigkeit, optimal liegt sie bei 40–50 %
A
34
●
●
Allergische Erkrankungen
Temperatur möglichst nicht über 18–
20°C
Entfernung der Zimmerpflanzen aus den
Schlafzimmern
Auch bei tierischen Allergenen ist eine Reduktion der Allergenbelastung möglich, jedoch relativ langwierig. Noch wochenlang
können die Allergene in hoher Konzentration
in der Wohnung nachgewiesen werden. Einige Allergene, beispielsweise von Katzen, können jedoch auch in Wohnungen ohne Katzen
in nicht unerheblicher Weise vorkommen
und werden durch Straßenschuhe in die
Wohnung getragen. Im Falle einer Sensibilisierung durch Katzenallergene sollten daher
die Schuhe stets vor der Wohnungstür aufbewahrt werden.
Allergiker sollten eine nächtliche Symptomatik als Vorboten eines neuen Schubs der Erkrankung erkennen und wissen, dass sie bei
Frühsymptomen wieder mit der Therapie beginnen sollten.
Therapie
Bei der Therapie unterscheidet man zwischen
symptomatischen und kausalen Behandlungsmöglichkeiten.
Symptomatische Therapie
Typ-I-Allergien sprechen gut auf eine Behandlung mit Antihistaminika an. Diese
weisen insgesamt betrachtet nur ein geringes
Nebenwirkungspotential auf, vorausgesetzt,
es werden nicht Präparate verschrieben, die
zu einer signifikanten Hypersomnie führen.
Weite Verbreitung haben auch lokale Kortikosteroide gefunden, sei es als Nasenspray
oder als Inhalativum bei asthmatischen Beschwerden. Zusätzlich kann der Leukotrienrezeptorantagonist Montelukast zu einer Reduktion der Beschwerden und zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
Eine behinderte Nasenatmung kann den
Nachtschlaf erheblich stören. Die gut tolerierten nichtsedierenden Antihistaminika der
zweiten Generation haben leider nur eine begrenzte Wirksamkeit auf das Schleimhautödem. Daher sind bei einer solchen Symptomatik die intranasalen Kortikosteroide besonders vorteilhaft (Craig et al. 2004) Siehe
auch Schläfrigmachende Nebenwirkungen
von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der Erkrankungen innerer Organe.
Kausale Therapie
Die Hyposensibilisierung stellt eine kausale
Therapieoption dar. Ziel ist es, die Produktion
von spezifischem IgE zu vermindern und dadurch schon auf immunologischer Ebene die
allergischen Symptome zu vermeiden. Bei
zahlreichen Allergenen kann eine solche Behandlung die Symptomatik deutlich verbessern. Bewährt hat sich dabei die subkutane
oder sublinguale Hyposensibilisierung.
Psychosoziale Bedeutung
Aufgrund des chronischen Verlaufes allergischer Erkrankungen wird neben dem körperlichen auch das seelische Wohlbefinden auf
Dauer erheblich beeinträchtigt. Wird die Erholsamkeit des Schlafes durch die Erkrankung gestört, führt dies zusätzlich zur Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten. Reduzierte Lebensqualität, häufigere
Krankschreibungen und schließlich die Notwendigkeit einer intensiveren Behandlung
können die persönlichen und volkswirtschaftlichen Folgen einer verzögerten oder
inadäquaten Therapie sein.
Prognose
Bei allergischen Erkrankungen handelt es
sich um chronische Erkrankungen, bei deren
Behandlung in den letzten Jahren deutliche
Fortschritte erzielt wurden. Mit einer geeigneten Therapie lässt sich in den meisten Fällen ein nahezu normales Leben führen. Ohne
diese Therapie besteht oft ein erheblicher Leidensdruck. Die Prognose lässt sich verbessern durch eine konsequente Behandlung, die
auch zum Wiedererlangen eines erholsamen
Schlafs führt.
Zusammenfassung, Bewertung
In den letzten Jahrzehnten breiteten sich allergische Erkrankungen in zunehmendem
Maße in der Bevölkerung aus. Bei entsprechender genetischer Disposition und Vorliegen von geeigneten Umweltfaktoren können
sich allergische Reaktionen manifestieren,
wobei die genauen Mechanismen bisher noch
nicht vollständig geklärt sind. Allergien werden durch viele verschiedene Allergene aus-
Alphablocker
gelöst und weisen dementsprechend auch
eine sehr variable Ausprägung auf. Es existieren verschiedene Therapiemöglichkeiten, die
individuell nach vorliegender Symptomatik
möglichst frühzeitig und konsequent eingesetzt werden sollten. In der Regel kann auf
diese Weise eine Ausweitung der Symptomatik deutlich verzögert oder verhindert werden. Fragen zu allergiebedingten Störungen
des Nachtschlafs gehören zur Anamnese
beim Allergiker, da eine entsprechende therapeutische Berücksichtigung den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität verbessert.
Literatur
Craig TJ, McCann JL, Gurevich F, Davies MJ
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rhinitis and sleep disturbance. J Allergy
Clin Immunol 114 (5):139–145
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as a cause of sleep disturbance and daytime fatigue and the response to topical
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Downs SH, Marks GB, Sporik R et al (2001)
Continued increase in the prevalence
of asthma and atopy. Arch Dis Child 84
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aspects of primary and secondary allergy
prevention. Pediatr Allergy Immunol 15
(16):9–32
Sears MR (1997) Epidemiology of childhood
asthma. Lancet 350 (9083):1015–1020
Allodynie
Englischer Begriff
allodynia
Definition
Bezeichnung für Schmerzen, die durch nichtnoxische Reize ausgelöst werden; von griechisch
allos, anders.
Schmerz
Alpha-1-Antagonisten
Synonym
Alpha-1-Blocker
Englischer Begriff
alpha-1-antagonists
Zu Nebenwirkungen siehe auch
Erektionsstörungen und nächtliche penile
Tumeszenz
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
Alphaaktivität
Englischer Begriff
alpha activity
Frequenzbänder im EEG
Elektroenzephalogramm
Allergische Rhinokonjunktivitis
Allergische Erkrankungen
Alphaband
Frequenzbänder im EEG
Allergisches Asthma bronchiale
Allergische Erkrankungen
Asthma bronchiale
35
Alphablocker
Englischer Begriff
alpha-antagonists
Zu Nebenwirkungen siehe auch
Enuresis und Harninkontinenz
A
36
Alpha-Einstreuung
Alpha-Einstreuung
Alphawellen-Intrusion
Alpha-Koma
Englischer Begriff
alpha coma
Wachheit und Schlaf
Alpha-Motoneuron
Motoneuron
Alphawellen-Intrusion
Synonym
Alpha-Einstreuung; Alpha-Intrusion
Englischer Begriff
Treten sie nachts gehäuft auf, können sie den
Schlaf nachhaltig stören und eine Beeinträchtigung am Tage zur Folge haben.
Alpträume werden nach ICSD-2 (International Classification of Sleep Disorders 2005)
klassifiziert unter Parasomnien, die gewöhnlich aus dem REM-Schlaf heraus auftreten.
Genetik
Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen sind ca. 45 % der Alptraumprävalenz abhängig von genetischen Einflüssen (Hublin et
al 1999). Während es bei Kindern keine Geschlechterwendigkeit gibt, sind ab der Adoleszenz Frauen häufiger betroffen als Männer.
Epidemiologie
Alpträume treten am häufigsten in der ersten
Lebensdekade auf und werden mit zunehmendem Alter seltener. Die Prävalenz beträgt
bei Kindern von 5–12 Jahren 20–30 %, bei
Erwachsenen 8–30 %.
alpha intrusion
Pathophysiologie, Psychopathologie
Fibromyalgiesyndrom
Krebserkrankungen
Alprazolan
Englischer Begriff
alprazolan
Benzodiazepine
Alpträume
G M
Synonym
Albträume
Englischer Begriff
nightmare disorders; nightmares
Definition
Alpträume beinhalten eine Vielfalt beunruhigender Gefühle und führen meist zum unmittelbaren Erwachen aus dem Traumschlaf.
Eine schlüssige pathophysiologische oder
psychopathologische Erklärung der Alpträume liegt nicht vor. Ein erhöhtes zentralnervöses Aktivierungsniveau mit Generierung von
Alphaaktivität im EEG tritt meist zwei bis
drei Minuten vor einem Erwachen aus dem
Alptraum auf und scheint unspezifisch zu
sein. Zu psychopathologischen Auffälligkeiten existieren sehr widersprüchliche Ergebnisse. Die Beschäftigung mit den nächtlichen
Alpträumen beim morgendlichen Erwachen
korreliert signifikant mit psychopathologischen Befunden, nicht aber mit deren Häufigkeit.
Symptomatik
Die Inhalte der Alpträume sind emotional
unangenehm. Am häufigsten finden sich
Angstinhalte, oft aber auch Traurigkeit, Abscheu und Ärger. Wenn die Träume einen bestimmten Grad der Unerträglichkeit erreichen, wacht der Träumer auf. Atemfrequenz
und Herzschlag sind dann zumeist beschleunigt. Das Erwachen geschieht schnell und
vollständig, meist ohne Verwirrtheit oder
Desorientiertheit. Typischerweise können die
Trauminhalte erinnert werden. Nach dem Er-
Alpträume
wachen bestehen meist Schwierigkeiten wieder einzuschlafen. Alpträume treten meist
zum Ende der Schlafphase hin auf, wenn die
REM-Schlafanteile lang sind. Seltener finden
sie auch ohne Erwachen statt und werden am
nächsten Tag erinnert. Bei Patienten mit
chronischen Alpträumen wurde kein Zusammenhang zwischen Stressfaktoren am Tage,
Intensität und Erwachen aus den Alpträumen
gefunden.
Prädisponierende Faktoren sind psychiatrische und körperliche Erkrankungen und deren medikamentöse Behandlung. Viele Medikamente können Alpträume auslösen. Am
häufigsten sind dies Sedativa, Hypnotika, Betablocker, Amphetamine, katecholaminerge
Medikamente, Neuroleptika und Antidepressiva (siehe Tabelle 1). Die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer führen häufig zu einer
Unterdrückung der Traumerinnerung bei
gleichzeitiger Zunahme der Traumintensität.
Barbiturat- und Alkoholentzug gehen mit einem so genannten REM-Rebound einher
und können zu einer Intensivierung von Alpträumen führen. Beim Alkoholentzug können die Alpträume noch wochenlang bestehen bleiben, was die Rückfallgefährdung erhöht.
Komorbide Erkrankungen
Alpträume treten häufig auf bei Patienten mit
Narkolepsie und mit anderen Parasomnien
mit Ausnahme des Bruxismus. Auch InAlpträume. Tabelle 1. Medikamente, deren Einnahme bei vielen Patienten Alpträume auslöst (nach
Ohayon et al 1997).
Medikament
Gruppe
z. B. Betaxolol
Betablocker
z. B. Carbachol
Cholinergika
z. B. Donezipil
Cholinesterasehemmer
z. B. Fluoxetin
Antidepressiva
z. B. Naproxen
Nichtsteroidale
Antirheumatika (NSAR)
z. B. Verapamil
Kalziumantagonisten
z. B. Triazolam
Benzodiazepine
z. B. Nitrazepam
Hypnotika
z. B. Erythromycin
Antibiotika
37
somniepatienten scheinen häufig betroffen
zu sein. Insbesondere bei Frauen mit psychiatrischen Störungen wird über ein erhöhtes
Vorkommen von Alpträumen berichtet (Ohayon et al 1997).
Diagnostik
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt anhand einer ausführlichen Anamnese
und unter Zuhilfenahme von Schlaftagebüchern. Polysomnographische Befunde zeigen
ein Erwachen aus dem REM-Schlaf sowie
eine erhöhte Anzahl von periodischen Bewegungen der Gliedmaßen, sie sind aber nicht
gut dokumentiert. Während der Alpträume
treten mäßige sympathische Aktivierungsreaktionen auf, die zu Herzfrequenzbeschleunigungen führen. Bei differentialdiagnostisch
unklaren Fällen kann eine polysomnographische Untersuchung notwendig werden, z. B.
zur Abgrenzung gegenüber Epilepsie, Pavor nocturnus, Schlaftrunkenheit, REMSchlaf-Verhaltensstörung, isolierter Schlaflähmung, nächtlichen Panikattacken, posttraumatischer Stress-Störung oder akuter
Stress-Störung. In seltenen Fällen kann es aus
dem Alptraum heraus zu Schreien, Um-sichSchlagen und anderen motorischen Aktionen
kommen. Die Abgrenzung gegenüber den
NREM-Parasomnien gelingt in den Fällen
nur durch eine polysomnographische Ableitung, die zeigt, dass die Ereignisse aus dem
REM-Schlaf bzw. aus dem Erwachen nach
REM-Schlaf und nicht aus Tiefschlaf heraus
auftreten.
Therapie
Bei psychiatrischen und körperlichen Erkrankungen muss die Grunderkrankung behandelt werden. Medikamente, die Alpträume auslösen können, sollten um- oder abgesetzt werden, sofern dies möglich ist. Die Behandlung erster Wahl besteht in verschiedenen kognitiv-behavioralen Verfahren. Therapien, die auf gutem Evidenzniveau gesichert
sind, existieren nicht. In der Praxis kommen
Techniken der Desensibilisierung und Entspannung, imaginative Verfahren mit Umgestaltung der Trauminhalte, luzides Träumen,
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) und Hypnose. Eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva sollte
A
38
Alptraumtherapie
wegen der Gefahr des REM-Schlaf-Rebounds
nur Einzelfällen vorbehalten sein.
Zusammenfassung, Bewertung
Alpträume sind die häufigste REM-Schlaf assoziierte Parasomnie. Sie bedürfen einer
sorgfältigen klinischen Evaluierung und Differenzialdiagnose unter Bewertung der bestehenden Medikation. Ihre Bedeutung bezogen
auf die Tagesbefindlichkeit wird oft unterschätzt.
Literatur
Hublin C, Kaprio J, Partinen M, et al (1999)
Nightmares: Familial aggregation and association with psychiatric disorders in a
nationwide twin cohort. Am J Med Genet,
88:329–336
Nielsen TA, Zadra A (2005) Nightmares and
other common dream disturbances. In:
Principles and practice of sleep medicine.
Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg)
4th edn. Elsevier, Philadelphia pp 926–
935
Ohayon MM, Morselli PL, Guilleminault
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their relationship to psychopathology and
daytime functioning in insomnia subjects.
Sleep, 20 (5):340–348
Alptraumtherapie
Angsterkrankungen
Alter
Englischer Begriff
1. age; 2. old age
Lebensalter
Kindesalter
Schlafdauer
Metabolismus
Einschlafen am Arbeitsplatz
Alveoläre Hypoventilation
Englischer Begriff
alveolar hypoventilation
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Hypoventilation
Atmung
Atmungsmessung
Alveoläres Hypoventilationssyndrom
Englischer Begriff
alveolar hypoventilation syndrome
Schlafbezogene
Hypoventilations- und Hypoxämiesyndrome
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Alzheimer Krankheit
Synonym
DAT; Demenz vom Alzheimertyp
ALS
Amyotrophe Lateralsklerose
ALTE
Apparently Life-Threatening Event
Englischer Begriff
Alzheimer‘s disease
Demenzen
Amantadin
Englischer Begriff
amantadine
Altenpflege
Englischer Begriff
elderly care
Lebensalter
Definition
MDA-Antagonist; Parkinsonmittel.
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neu-
Ambulantes Monitoring
rologischer Krankheiten
Schlafstörende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
39
Ambulantes Monitoring
T P
Synonym
Amaurose
Nicht-Labor-Monitoring; NLM; Ambulante
Registrierung; Holter-Technik; Holter-Monitoring
Synonym
Amaurosis
Englischer Begriff
Englischer Begriff
amaurosis
ambulatory monitoring; non-laboratory monitoring
Blindheit
Definition
Ambulante Blutdruck-Langzeitmessung
Ambulantes Blutdruckmonitoring
Ambulante Polysomnographie
Synonym
ambulante Schlafmessung
Englischer Begriff
ambulatory polysomnography
Ambulantes Monitoring
Ambulantes Blutdruckmonitoring
Synonym
ABDM; ambulante Blutdruck-Langzeitmessung; ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung
Englischer Begriff
Ambulatory Blood Pressure Monitoring
(ABPM)
Ambulantes Monitoring
Herz-Kreislauf-System, spezielle
ren im Schlaf
Messverfah-
Dem ambulanten Monitoring in der Schlafmedizin sind heute kaum noch technische
Grenzen gesetzt. Die Möglichkeiten erstrecken sich von sehr kleinen Einkanalsystemen
zu Systemen, die 32 Kanäle aufzeichnen und
nicht viel größer als ein Walkman sind. Aufzeichnungsbegrenzend ist heute der Stromverbrauch der Geräte. Besonders kleine armbanduhrähnliche Aufzeichnungssysteme
können die Bewegungsaktivität über viele
Tage und Wochen unterbrechungsfrei aufzeichnen und damit indirekt Aufschluss über
Schlaf- und Ruhephasen geben ( Aktigraphie). Etablierte Systeme anderer Bereiche,
wie Langzeit-EKG, Langzeit-Oxymetrie,
Langzeit-Blutdruckmessung und LangzeitEEG werden in der Schlafmedizin oftmals
auch in Kombination eingesetzt. Ambulantes
Monitoring wird ganz spezifisch in der Vordiagnostik Schlafbezogener Atmungsstörungen verwendet. Hierfür werden vier- bis
sechskanalige Systeme eingesetzt, die Herzoder Pulsfrequenz, Sauerstoffsättigung,
Schnarchen, Atemfluss- oder Beatmungsdruck, gelegentlich Atmungsbewegung und
Körperlage registrieren. Die Systeme sind gut
geeignet bei Patienten, die objektiv klinische
Hinweise auf das Vorliegen von Schlafbezogenen Atmungsstörungen haben, bei denen jedoch Hypersomnie und die Folgen des
nicht erholsamen Schlafs nicht im Vordergrund der Beschwerden stehen. (Siehe auch
Beschwerden und Symptome; Differentialdiagnostischer Leitfaden)
Der technische Fortschritt hat dazu geführt,
dass eine vollständige Kardiorespiratorische
Polysomnographie mit einem kleinen tragbaren System durchgeführt werden kann, das
A
40
Ambulantes Monitoring
die Registrierung auf Speicherkarten ablegt,
wie sie in digitalen Kameras gebräuchlich
sind. Diese Systeme ermöglichen heute Untersuchungen im Schlaf im Rahmen von wissenschaftlichen Studien selbst unter extremen
Bedingungen und für arbeitsmedizinische
Fragestellungen, die früher nicht möglich waren. Für einen Einsatz in der klinischen Diagnostik der Schlafstörungen haben diese Systeme keinen Kostenvorteil belegen können.
Es fehlt zudem eine Überwachung des Schlafverhaltens mittels Videometrie und die Möglichkeit zur unmittelbaren Elektroden- beziehungsweise Sensorkorrektur bei Artefakten
in den Signalen. Dem Vorteil, bei der ambulanten Registrierung in der gewohnten Umgebung untersucht zu werden, steht ferner
der Nachteil der fehlenden Standardisierung
und Kontrolle der Untersuchungsbedingungen gegenüber.
Grundlagen
Einsatzbereiche
Das erste tragbare ambulante Messgerät
( Marburger Koffer) von 1982 hatte noch
die Größe eines Aktenkoffers. Inzwischen
sind die Systeme zur Aufzeichnung des
Schlafs so klein, dass es technisch möglich ist,
mit ambulant einsetzbaren Systemen eine
vollständige Kardiorespiratorische Polysomnographie (KRPSG) durchzuführen. Daher ist die Entscheidung für das ambulante
Monitoring heute weniger eine technische
Frage als vielmehr eine inhaltliche Frage.
Hierfür spielen die Kosten der diagnostischen
Prozesse in Bezug auf das therapeutische Ergebnis eine wichtige Rolle (siehe Pharmakoökonomie). Das diagnostische und therapeutische Vorgehen wird im Essay Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf dargestellt.
Die diagnostische Referenz ist die Kardiorespiratorische Polysomnographie im Schlaflabor mit Überwachung durch geschultes Personal, damit die Sicherheit des Patienten garantiert und die reliable Aufzeichnung der
Parameter unter videometrischer Kontrolle
gewährleistet ist ( Messung im Schlaflabor).
Überlegungen zur Kostenersparnis können
ein Grund für ambulantes Monitoring sein.
Jedoch liegt bis heute keine Studie vor, die
zeigt, dass die Kosten einer äquivalent zuverlässigen ambulanten Schlafaufzeichnung
niedriger sind als die Kosten in einem Schlaflabor, wo viele Patienten parallel unter standardisierten Bedingungen untersucht werden
können und außerdem die Möglichkeit besteht, jeden in der Ableitung auftretenden
Fehler zu analysieren und unmittelbar zu
korrigieren, sodass die weitere artefaktfreie
Ableitung gewährleistet ist (siehe auch Evidenzbasierte apparative Vorgehensweise).
Das Screening auf Schlafstörungen in großen
Populationen ist ein anderer Grund für ambulante Untersuchungen. Dazu wird gesundheitsökonomisch berechnet, ob ein Screening
für eine Diagnose wie beispielsweise Obstruktive Schlafapnoe (OSA) notwendig ist.
Für die Obstruktive Schlafapnoe wird eine
Prävalenz von 4 % bei Männern und 2 % bei
Frauen mit einer erhöhten Morbidität und
Mortalität angenommen, sowie ein erhöhtes
Unfallrisiko. Um den Aufwand zu reduzieren
und den Nutzen zu erhöhen, wurde vorgeschlagen, das Screening auf bestimmte Berufsgruppen wie Fahrer von Gefahrgut, Busfahrer, Piloten und andere Gruppen zu beschränken. Aber auch hier konnte kein Nachweis einer Kosteneffektivität für das Screening auf Schlafapnoe erbracht werden.
Die ambulante Registrierung von Schlafbezogenen Atmungsstörungen basierend auf
einer reduzierten Anzahl von Signalen ist in
den Fällen nützlich, wo beim Patienten ein
klares Risikoprofil für eine Schlafbezogene
Atmungsstörung vorliegt, jedoch die typischen Symptome der Tagesschläfrigkeit oder
des nicht erholsamen Schlafs nicht berichtet
werden (siehe auch Diagnostik der Schlafbezogenen Atmungsstörungen). Die ambulante Diagnostik muss indikationsbezogen
durchgeführt werden (siehe Indikationsbezogenes ambulantes Monitoring) und kann
dann auch in Fällen fehlender spezifischer
schlafmedizinischer Beschwerden die so genannte Pretest-Wahrscheinlichkeit für den
Nachweis von Schlafbezogenen Atmungsstörungen in der KRPSG erhöhen.
Ambulante Schlafmessungen sind gut einsetzbar bei der jährlichen Therapiekontrolle
von Patienten mit Schlafbezogenen Atmungsstörungen unter Beatmungstherapie.
Eine ambulante Aufzeichnung des Schlafs
mit einer vollständigen Polysomnographie ist
in den folgenden forschungsorientierten Bereichen sinnvoll: Arbeitsmedizin, Beeinträch-
Ambulantes Monitoring
tigungen des Schlafs durch äußere Störfaktoren vor Ort ( Lärmbedingte Schlafstörungen), wissenschaftliche Untersuchungen zu
Schlaf und Chronobiologie, Weltraumforschung und besondere Fragestellungen, die
nicht in einem festen Schlaflabor geklärt werden können.
Technische Grundlagen des ambulanten
Monitoring
Die heute verfügbaren Systeme basieren
komplett auf digitaler Technologie. Sie besitzen kaum mechanische und bewegliche Teile
und sind technisch wenig störanfällig. Probleme können bei den Sensoren, der Handhabung und der Software zum Betrieb der
Geräte auftreten. Die Systeme reichen von
einfachen Einkanalsystemen über begrenzte
Schlafaufzeichnungssysteme mit vier bis acht
Signalen bis zu Vielkanalschlafsystemen mit
zehn und mehr Signalen. Im Folgenden wird
eine Auswahl von Systemen der drei Kategorien präsentiert. Die Auswahl der Systeme
berücksichtigt Veröffentlichungen und Validierungsuntersuchungen.
Systeme mit 1–3 Kanälen
Sehr einfache Systeme mit ein bis drei Kanälen können prinzipiell den Schlaf nicht erfassen. Solche Systeme, wie beispielsweise in einer Oxymetrie, einem Langzeit-EKG, einer
Langzeitblutdruckmessung oder einer Aktigraphie, können aber helfen, spezifische Aspekte von Schlafstörungen und schlafmedizinischen Erkrankungen zu dokumentieren.
Aktivitätsaufzeichnung
Das Aufzeichnen der motorischen Aktivität
kann als ein einfaches Instrument angesehen
werden, das nur sehr geringfügig das Verhalten des Patienten beeinträchtigt (siehe auch
Bewegungsmessung). Die Aufnahmesysteme sind sehr klein und nehmen die Beschleunigungen am Arm in verschiedenen Zeitintervallen auf. Ein übliches Intervall ist eine
Minute. Abhängig vom Speicher und der Intervalldauer sind Aufzeichnungen von einem
Tag bis zu mehreren Wochen möglich. Mit
validierten Algorithmen ist es möglich, den
Umfang von „Schlaf “ und „Wach“ abzuschätzen ( Aktigraphie). Die Reliabilität dieser
Auswertung ist niedrig, selbst wenn eine Aufzeichnungsdauer von einer Woche eingehal-
41
ten wird. Die Bewertung des Musters der Bewegung kann Hinweise auf das Vorliegen von
Insomnie, Periodic Limb Movement Disorder (PLMD) oder ausgeprägten Schlafbezogenen Atmungsstörungen geben. Die Aktigraphie ist nützlich, um Änderungen des
Schlaf-Wach-Verhaltens bei Patienten mit
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus zu
dokumentieren. Solche Untersuchungen können bei Patienten mit Schichtarbeit, Narkolepsie oder verzögertem Schlafphasensyndrom angezeigt sein (siehe auch Nachtarbeit und Schichtarbeit, Zirkadiane Rhythmusschlafstörungen).
Langzeit-EKG
Ein Langzeit-EKG kann deutliche Hinweise
auf das Vorliegen einer Schlafbezogenen Atmungsstörung geben, denn Patienten mit
Obstruktiver Schlafapnoe können eine charakteristische zyklische Variation der Herzfrequenz aufweisen, solange bei ihnen nicht
schwere Einschränkungen der Steigerung
oder Absenkung der Herzfrequenz vorliegen,
beispielsweise nach Herztransplantation, bei
schwerer Herzinsuffizienz, bei respiratorischer Insuffizienz oder bei diabetischer Neuropathie (siehe Elektrokardiogramm). Bei
allen Patienten mit Schlafstörungen kann das
Langzeit-EKG helfen, den Typ und die Ausprägung einer möglichen nächtlichen Arrhythmie zu bestimmen. Bei diesen Patienten
ist ein Langzeit-EKG parallel zur Kardiorespiratorischen Polysomnographie sehr hilfreich, da die meisten Systeme zur Durchführung einer Kardiorespiratorischen Polysomnographie keine Arrhythmieanalyse ermöglicht.
Blutdruckaufzeichnung und andere Signale
der autonomen Funktion
Das ambulante Blutdruckmonitoring (ABDM)
wird bei Patienten mit Hypertonie durchgeführt und kommt auch bei Patienten mit
Schlafbezogenen Atmungsstörungen wie
Obstruktiver Schlafapnoe zur Anwendung,
da 50 % dieser Patienten eine begleitende
nächtliche Hypertonie aufweisen (siehe
Herz-Kreislaufsystem, spezielle Messverfahren im Schlaf). Leider ist der Nutzen von
intermittierend messenden Systemen wie
Spacelabs, Dinamap, Accutracer von nur begrenztem Wert und wird immer noch disku-
A
42
Ambulantes Monitoring
tiert, da die Messung nur mit geringer zeitlicher Auflösung und zu diskreten Zeitpunkten
aufzeichnet. Aufgrund eines durch die Messung eventuell induzierten Arousals kann der
gemessene Wert nicht repräsentativ sein. Die
Aufzeichnung der Nichtinvasiven kontinuierlichen Blutdruckmessung basierend auf
der Photofingerplethysmographie kann einen
kontinuierlichen Verlauf des Blutdrucks wiedergeben und spiegelt die apnoeassoziierten
Blutdruckschwankungen sehr gut wider wie
bei den Systemen Portapres und Finapres.
Diese Methode wurde im Schlaflabor validiert und erwies sich als sehr nützlich, sie ist
aber teuer. Eine neue Methode, die periphere
arterielle Tonometrie (PAT), misst die periphere Vasokonstriktion als Änderungen von
Volumen und Druck am Finger. Diese Methode erlaubt, die autonome Aktivierung im
Schlaf zu erfassen und wurde zu einem ambulanten Aufzeichnungssystem weiter entwickelt (siehe Periphere arterielle Tonometrie
(PAT) und Pulsintensität).
Systeme mit 4–8 Kanälen
Die meisten Systeme zur Vordiagnostik
Schlafbezogener Atmungsstörungen umfassen entweder vier oder sechs Kanäle. Bei diesen Systemen beschränkt sich die Aufzeichnung auf Atmungs-, Herz-Kreislauf- und Bewegungsparameter. Weiterhin fallen in diese
Kategorie Systeme für das Langzeit-EEG, wie
sie in der Epilepsiediagnostik benutzt werden.
Aufzeichnung von Schlafbezogenen
Atmungsstörungen
Eines der ersten spezialisierten Systeme für
die frühe Erkennung Schlafbezogener Atmungsstörungen war das Mesam4, der Nachfolger des einfachen Zweikanal-Mesam-Gerätes. Das Mesam4 ist ein digitales Gerät und
zeichnet die Herzfrequenz, die Schnarchgeräusche, die Sauerstoffsättigung und die Körperlage auf. Da kein Schlafparameter abgeleitet wird, muss die im Bett verbrachte Zeit
vom Patient angegeben und die Schlafzeit aus
Protokollen abgeschätzt werden. Mehrere Validierungsstudien haben belegt, dass eine visuelle Auswertung ein klares Erkennen von
Schlafbezogenen Atmungsstörungen ermöglicht. Eine valide Unterscheidung der verschiedenen Formen der Schlafbezogenen At-
mungsstörungen wie Zentrale Schlafapnoesyndrome (ZSAS) versus Obstruktive
Schlafapnoesyndrome (OSAS) oder die Abgrenzung mancher Formen von Obstruktiver
Schlafapnoe gegen Hypoventilationssyndrome ist nicht möglich. Eine automatische Auswertung der Herzfrequenz und der Sauerstoffentsättigungen hat nur einen begrenzten
Wert. Die reine Anzahl der Entsättigungen in
der ambulanten Registrierung ergibt eine
hohe Korrelation mit der Anzahl der Entsättigungen, die im Rahmen einer Kardiorespiratorischen Polysomnographie ermittelt wurden. Unabhängig von der Art der Registrierung hängt der Entsättigungsindex stark vom
Ausgangswert der Blutgase des Patienten ab.
Daher ist es sinnvoll, die Aufzeichnung visuell auszuwerten und so eine Abschätzung für
den RDI (Respiratory Disturbance Index) als
Index für die Zahl der Phasen gestörter Atmung zu bestimmen. Bei niedrigem Ausgangs-pO2 bzw. bei ausgedehnten Phasen von
Apnoen, Hypopnoen oder Hypoventilationen
nähert sich der so ermittelte Respiratory Disturbance Index (RDI) dem Apnoe-Hypopnoeindex (AHI) aus einer Kardiorespiratorischen Polysomnographie, mit der Einschränkung, dass die Schlafdauer nicht gemessen,
sondern geschätzt ist. Die Korrelation des visuell aus dem Mesam4 ermittelten RDI mit
dem AHI aus der parallelen Polysomnographie variiert zwischen r = 0,92 und 0,96 für
drei unterschiedliche Auswerter.
Das Polymesam stellt eine Erweiterung des
Mesam 4 dar. Dieses System zeichnet zusätzlich den oronasalen Luftfluss, die Atmungsanstrengungen und das Elektromyogramm
(EMG) der Beine auf (Abb. 1). Damit erlaubt
das System das Erkennen mancher Schlafbezogener Bewegungsstörungen. Bei guter Signalqualität können obstruktive und zentrale
Apnoen und Hypoventilationen differenziert
werden. Die Sensitivität für Patienten mit einem AHI >10 pro Stunde ist 92 % und die
Spezifität liegt bei 93 %.
Das Merlin-System zeichnet den oronasalen
Luftfluss, die Atmungsanstrengung und die
Schnarchgeräusche auf. Die Körperlage und
die Sauerstoffsättigung werden ebenfalls gemessen. Eine Unterscheidung von Apnoen,
Hypopnoen und periodischer Atmung wird
durch die Kombination der Signale versucht.
Bei Therapiekontrollstudien kann zusätzlich
Ambulantes Monitoring
SaO2 [%]
HF [bmp]
Abdomen Thorax
Flow
Schnar
MAP Poly-MESAM
Geb: . . 53
Name: C
Aufzeichnung: 28-11-96
43
Vorname: F
Datei: A000012
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100
80
60
40
20
0
100
80
60
40
20
0
80
60
40
20
100
80
60
40
20
0
110
90
70
50
30
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80
60
40
20
0
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00:10
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22:26:01
22:27:01
22:28:01
22:29:01
Ambulantes Monitoring. Abb. 1. Zehn Minuten eines Registrierbeispiels mit dem System Polymesam bei
einem Patienten mit Schlafapnoe. Der Patient weist im abgebildeten Zeitraum ununterbrochen Apnoen auf.
Von oben nach unten: Schnarchen, oronasaler Luftfluss, thorakale und abdominale Atmungsbewegungen,
Herzfrequenz (HF) und Sauerstoffsättigung.
der CPAP-Druck aufgezeichnet werden. Die
Darstellung der Signale erfolgt mit den Programmen eines konventionellen Polysomnographen. Die Sensitivität der visuellen Auswertung des Apnoe-Hypopnoeindex ergab
für den Grenzwert AHI >10 pro Stunde 83 %
und für die Spezifität 86 %.
Das Sleepdoc Porti II zeichnet die Sauerstoffsättigung, die Herzfrequenz, die Körperposition, das Schnarchen und den Luftfluss
auf. Das Sleepdoc Porti III zeichnet zusätzlich die Atmungsbewegungen und den CPAPDruck auf. Dieses System erreichte bei einer
Validierung gegenüber einer Kardiorespiratorischen Polysomnographie besonders hohe
Korrelationen für den Apnoeindex (r = 0,98;
p <0,001). Hypopnoen werden dagegen nicht
erkannt und damit sinkt die Sensitivität für
den AHI auf 71–72 % bei einer Spezifität von
91–100 %.
Das Apnoescreen Pro zeichnet die gleichen
Signale wie das Sleepdoc Porti III auf. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sieben konfigurierbare Signale hinzuzufügen. Besonders
herausragend an diesem System ist die Option, zwischen der Hauptaufnahmeeinheit und
der Sensorverbindungsbox eine drahtlose
Verbindung mittels Radiotelemetrie zu installieren. Der oronasale Luftfluss wird alternativ mit Thermistoren oder Staudruckmessung erfasst ( Atmungsmessung). Das Apnoescreen Pro kann sein Ergebnisprotokoll
direkt auf einem Drucker ausgeben. Man
kann aber auch die Messung wie bei anderen
Systemen auf einen Computer übertragen
und dort eine visuelle Auswertung und Überarbeitung vornehmen. Die Validierung des
Apnoescreen I ergab eine hohe Korrelation
für den AI (r = 0,96; p <0,01) und den AHI
(r = 0,97; p <0,01). Die Sensitivität für den
44
Ambulantes Monitoring
Apnoeindex (AI) betrug 94 % und die Spezifität war entweder 92 % oder 100 %, abhängig
von den gewählten Grenzwerten.
Das Somnocheck-System besteht aus einer
Box, die der Patient mit den Sensoren selbst
anlegen kann (Abb. 2). Das System zeichnet
Atemfluss wahlweise mit Thermistor oder
Staudruckmessung, Schnarchgeräusche, Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Körperlage auf. Optional kann auch der CPAP-Druck
aufgezeichnet werden. Die Auswertung und
der Bericht der Aufzeichnung erfolgen computergestützt. Mehrere Validierungsstudien
zeigten eine hohe Sensitivität von 97 % und
eine hohe Spezifität von bis zu 100 % basierend auf der visuellen Auswertung.
Systeme für die ambulante
Polysomnographie
Die ambulanten Polysomnographiesysteme
entwickelten sich zum einen aus der Elektrophysiologie mit Langzeit-EEG-Rekordern
und zum anderen aus den oben beschriebenen ambulanten Systemen zur Früherkennung Schlafbezogener Atmungsstörungen.
Sie wurden jeweils um die fehlenden komplementären Signale erweitert, damit sie die
technologischen Anforderungen erfüllen, die
an eine Kardiorespiratorische Polysomnographie gestellt sind.
Die Systeme digitalisieren alle Signale und
zeichnen sie auf Speicherkarten mit hoher
Ambulantes Monitoring. Abb. 2. Das Somnocheck
ist ein kleines System mit der Möglichkeit Atmungsbewegung (links oben), Atemfluss, Schnarchen
(rechts mittig), Sauerstoffsättigung, Pulsfrequenz
(rechts unten) und Körperlage aufzuzeichnen. Das
System ist einfach zu bedienen und kann vom Patienten selbst angelegt werden.
Kapazität auf. Damit ist es möglich, bis zu 32
Signale mit hohen Abtastraten (z. B. 200 Hz)
über Zeiträume bis zu 24 Stunden zu speichern. Dies ist für alle Fragen der Schlafmedizin ausreichend, die keine direkte Patientenüberwachung und keine Videodokumentation erfordern. Da die Verstärkereinstellungen
und die Filtercharakteristika durch Mikrocontroller in den Systemen umprogrammiert
werden können, stehen mehr Optionen für
den Anschluss beliebiger Sensoren zur Verfügung als es bei der analogen Technik möglich
war.
Zwei der bereits im letzten Abschnitt vorgestellten Systeme für die Früherkennung der
Schlafbezogenen Atmungsstörungen (Apnoescreen Pro, Sleepdoc Porti 4), haben universell programmierbare Verstärker und können
so konfiguriert werden, dass auf bis zu 16 Kanälen elektrophysiologische Signale wie das
Elektroenzephalogramm aufgezeichnet werden können.
Weitere ambulante Polysomnographen sind
das Vitaport, das Embla, das Minisomno und
das Monet. Diese Systeme realisieren eine digitale ambulante Polysomnographie auf der
Basis miniaturisierter Computer. Die Aufzeichnungseinheiten sind klein und können
am Körper getragen werden. Die Signale können mit Abtastraten von bis zu 256 Hz und
für verschiedene Signale bezüglich Filter und
Verstärkung programmiert werden. Die Daten werden entweder auf kleinen preiswerten
auswechselbaren Speicherkarten hoher Kapazität abgelegt oder direkt mithilfe eines
Computernetzes auf entfernte Rechner übertragen. Die Aufnahmeeinheiten ermöglichen
dadurch den Einsatz an einem Rechner mit
kontinuierlicher Überwachung der Signale
vor Ort im konventionellen Schlaflabor oder
auch an entfernten Orten (siehe Computer
und Computernetzwerke in der Schlafmedizin).
Die ambulanten Polysomnographen sind
meistens mit einer aufwändigen Analysesoftware ausgestattet, die den Anforderungen der
Schlafforschung und Schlafmedizin genügt.
Diese Eigenschaften sind jedoch nicht mehr
spezifisch für ambulante Polysomnographen,
sondern finden sich in allen Polysomnographen.
Amitriptylin
Literatur
American Sleep Disorders Association (1997)
Practice parameters for the indications for
polysomnography and related procedures:
Polysomnography Task Force, American
Sleep Disorders Association Standards of
Practice Committee. Sleep 20:406–422
Ferber R, Millman R, Coppola M et al (1994)
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An evidence review cosponsored by the
american academy of sleep medicine,
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and the american thoracic society. Chest
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45
American Sleep Disorders Association
Synonym
ASDA
Diagnostische
Klassifikationssysteme in der
Schlafmedizin
Schlafmedizinische Fachgesellschaften, Fachzeitschriften und Publikationsforen
American Sleep Disorders Centers
Synonym
ASDC
Schlafmedizinische Fachgesellschaften, Fachzeitschriften und Publikationsforen
Amiodaron
Englischer Begriff
amiodarone
Definition
Koronarvasodilatator; Antiarrhythmikum.
Ambulatory Blood Pressure Monitoring
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
Synonym
ABPM
Definition
Ambulante Blutdruck-Langzeitmessung,
ABDM.
Herz-Kreislauf-System, spezielle Messverfahren im Schlaf
American Academy of Sleep Medicine
Synonym
AASM
Schlafmedizinische Fachgesellschaften, Fachzeitschriften und Publikationsforen
Amitriptylin
M W
Substanzklasse
Trizyklisches Antidepressivum
Englischer Begriff
amitriptyline
Gebräuchliche Handelsnamen
Amineurin; Novoprotect; Saroten; Syneudon
Indikationen
Neben der Indikation als Antidepressivum
wird Amitriptylin als Hypnotikum eingesetzt
bei:
1. Insomnie im Rahmen einer depressiven
Grunderkrankung;
A
46
Amitriptylin
2. Insomnie bei anderer Grunderkrankung
oder Primäre Insomnie,
– falls Benzodiazepine oder andere Benzodiazepinrezeptoragonisten kontraindiziert sind, beispielsweise bei anamnestisch bekannter Substanzabhängigkeit
– und/oder eine länger dauernde medikamentöse Behandlung der Insomnie
indiziert ist
– und/oder eine ausgeprägte depressive
Begleitsymptomatik besteht.
Wirkungsweise
Gleich stark ausgeprägte Hemmung der Noradrenalin- und Serotonin-Rückaufnahme;
der pharmakologisch aktive Metabolit Nortriptylin inhibiert stärker die NoradrenalinRückaufnahme. Stark ausgeprägte antiadrenerge, anticholinerge und antihistaminerge
Wirksamkeit; auf letzterer beruht die schlafinduzierende Wirkung.
Zu Hauptwirkungen und allgemeinen Charakteristika von Antidepressiva bei der Behandlung der Insomnie siehe Antidepressiva.
Dosierung
●
●
Als Antidepressivum: 75–300 mg.
Als Hypnotikum: 10–100 mg.
Darreichungsform
Tabletten, Dragees, Kapseln, Tropfen, Injektionslösung.
Nebenwirkungen
Anticholinerge Effekte wie Mundtrockenheit,
Akkommodationsstörungen, Störung der
kardialen Erregungsleitung, Steigerung des
Augeninnendrucks, delirante Syndrome sowie Sedierung, orthostatische Dysregulation,
Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen und andere.
Wechselwirkungen
Mit Antiarrhythmika vom Chinidintyp: verlängerte Überleitungszeiten im EKG; mit Anticholinergika: Steigerung der anticholinergen Effekte; mit Antihypertensiva: Verringerung der antihypertensiven Wirkung; mit
MAO-Hemmern: vermehrte unerwünschte
Wirkungen wie Agitation, Verwirrtheit, Halluzinationen etc.; mit Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI), vor allem den CYP-
2D6-Inhibitoren: vermehrte Nebenwirkungen durch Amitriptylin-Plasmaspiegelerhöhung; und andere Wechselwirkungen.
Kontraindikationen
Absolut: Harnverhalt, Prostatahyperplasie,
Engwinkelglaukom, Delirien, Pylorusstenose.
Relativ: schwere Leber- und Nierenschäden,
erhöhte Krampfbereitschaft, Kombination
mit MAO-Hemmern und kardiale Vorschädigung, insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung.
Resorption, Distribution, Elimination
t½ = 10–28 Stunden (aktiver Metabolit Nortriptylin: 30 Stunden); Tmax = zirka 1–5 Stunden; Bioverfügbarkeit zirka 45 %, Plasmaproteinbindung 94–97 %.
Verträglichkeit
Individuell variierende Verträglichkeit; Einschränkung in erster Linie durch anticholinerge Nebenwirkungen bedingt.
Bewertung
Es handelt sich um eine preiswerte, seit langem eingeführte Substanz. Die Wirkung auf
nicht-depressionsbedingte Insomnien und
entsprechende
Dosierungsempfehlungen
sind jedoch nicht durch Studien belegt; die
Behandlung von Schlafstörungen ist in
Deutschland allenfalls mittels „off label“-Verordnung möglich. Sie hat ein vergleichsweise
breites, anticholinerg betontes Nebenwirkungsspektrum.
Bewertungen beziehen sich an dieser Stelle
ausschließlich auf die Nutzen-Risiko-Relation innerhalb der Gruppe der Antidepressiva.
Zu den Vor- oder Nachteilen des Einsatzes
von Antidepressiva bei Insomnie gegenüber
dem Einsatz von Benzodiazepinrezeptoragonisten inklusive Benzodiazepinen siehe Antidepressiva.
Literatur
Siehe allgemeine Literaturhinweise unter
Antidepressiva.
Amyotrophe Lateralsklerose
47
amphetamines
Intelligenzeinbußen oder Persönlichkeitsveränderungen bei den Patienten auf. Hypoventilationsphasen sind häufig und manifestieren sich zuerst im Schlaf.
Definition
Epidemiologie
Stimulanzien,
die sich chemisch von sympathomimetischen Aminen herleiten. Sie werden
zur Behandlung der Narkolepsie eingesetzt
und haben ein hohes Missbrauchspotential.
An ALS erkranken pro Jahr ein bis zwei von
100.000 Menschen. Das mittlere Erkrankungsalter ist 55 Jahre.
Alpträume
Neurotransmitter
Schlafstörende Nebenwirkungen
Die Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose ist ungeklärt. Pathologisch-anatomisch finden sich eine Degeneration der Vorderhornzellen des Rückenmarks und der motorischen
Hirnnervenkerne sowie einzelner Abschnitte
der Pyramidenbahn und des Gyrus praecentralis.
Amphetamine
Englischer Begriff
von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie neurologischer Krankheiten
Substanzen, die mit der Schlaf-Wach-Regulation interferieren
Pathophysiologie
Symptomatik
AMS
Acute mountain sickness
AMV
Atemminutenvolumen
Amyotrophe Lateralsklerose
S K
Synonym
ALS; Charcot-Krankheit
Englischer Begriff
amyotrophic lateral sclerosis
Der Beginn kann sehr variabel sein. Bei 40–
70 % der Patienten manifestiert sich die Erkrankung zuerst im Bereich des 2. Motoneurons, bei 20–30 % der Patienten sind primär
die im Hirnstamm liegenden Vorderhornzellen betroffen. Eine erste Schädigung der Nervenzellen bleibt unbemerkt, erst wenn ein
erheblicher Teil der Nervenzellen zugrunde
gegangen ist, verspüren die Patienten Symptome. Bei spinaler Erstmanifestation bemerken die Betroffenen zuerst eine Schwäche
und Abnahme der Muskulatur, entweder im
Bereich der Arme mit Ungeschicklichkeit
und Einschränkung der Feinmotorik oder im
Bereich der Beine mit Gangunsicherheit oder
im Bereich des Stamms mit Schwierigkeiten,
sich aufzurichten. Bei der Patientengruppe
mit bulbärer Manifestation werden zuerst
Schluck- oder Sprechstörungen berichtet. Typisch für die Amyotrophe Lateralsklerose
sind das parallele Auftreten der genannten
Symptome und die individuell unterschiedliche Ausprägung zu Beginn.
Definition
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gehört zur Gruppe der neuromuskulären Erkrankungen. Die chronische und fortschreitende Erkrankung betrifft ausschließlich motorische Nervenzellen und zwar zentral im
Großhirn (1. Motoneuron) sowie im Bereich
des Rückenmarks (2. Motoneuron). Klinisch
finden sich daher Muskelatrophien mit Faszikulationen. Es treten keine Gefühlsstörungen,
Diagnostik
Die Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose ist unklar und eine genaue Diagnosestellung ist schwierig, da es keine schlüssige Labordiagnostik gibt, welche die klinische Diagnose positiv bestätigt. Beim Auftreten von
Hypersomnie muss eine Kardiorespiratorische Polysomnographie (KRPSG) zur rechtzeitigen Diagnostik Schlafbezogener At-
A
48
Analgetika
mungsstörungen in Gestalt von Schlafbezogenen Hypoventilations- und Hypoxämiesyndromen durchgeführt werden. Bei Fehlen
einer schlafmedizinischen Symptomatik
kann zunächst eine Pulsoxymetrie durchgeführt werden, um schlafinduzierte Hypoventilationen zu quantifizieren ( Diagnostik
der Schlafbezogenen Atmungsstörungen).
Therapie
Es gibt keine Möglichkeit der Heilung der Patienten. Die Therapie ist symptomatisch, mit
Physiotherapie, Medikation gegen die Spastik
und Hilfsmittelversorgung.
Bei zunehmender Lähmung sind zwei Faktoren limitierend für die Lebenserwartung des
ALS-Patienten:
1. die eingeschränkte Schluckfähigkeit und
somit das zunehmende Unvermögen ausreichend Nahrung und Flüssigkeit aufzunehmen;
2. die eingeschränkte Fähigkeit ausreichend
zu atmen durch Befall der Atemmuskulatur und durch Störung der Aktivierung
und Koordinierung der an der Atmung
beteiligten Muskeln.
Die Krankheit schreitet rasch voran mit einer
Mortalität von 50 % innerhalb von drei Jahren. Der Patient muss mitentscheiden, welche
Atmungsunterstützung zur Anwendung
kommen soll. Die Einsatzmöglichkeiten für
die Nichtinvasive Beatmung sind zeitlich
durch die Atrophie der Gesichtsmuskulatur
und durch den mit den Schluckstörungen zunehmenden Speichelfluss begrenzt. Bezüglich
der Frage, ob gegebenenfalls eine (Heim-)
Beatmung über Tracheostoma erfolgen soll,
gibt es kein einheitliches Vorgehen. Es muss
mit den Betroffenen und deren Angehörigen
diskutiert und schriftlich festgehalten werden, am besten in einer Patientenverfügung.
Prognose
Im Verlauf werden alle Muskeln, die willkürlich bewegt werden, in den Krankheitsprozess
einbezogen. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Symptome ist unterschiedlich.
Im Mittel erstreckt sich der Krankheitsverlauf auf die Zeitspanne von zwei bis drei Jahren. Es sind aber auch Verläufe von wenigen
Monaten bis hin zu vielen Jahren bekannt.
Zusammenfassung, Bewertung
Neuromuskuläre Erkrankungen haben häufig
Schlafbezogene Atmungsstörungen zur Folge, am häufigsten Hypoventilations- und Hypoxämiesyndrome. Gerade in den Frühstadien der Erkrankungen, wenn die respiratorische Insuffizienz noch auf die Nacht beschränkt ist und unerkannt bleibt, müssen die
Patienten explizit nach Tagesschläfrigkeit
und unerholsamem Schlaf gefragt werden.
Vorhandene Tagessymptomatik sollte Anlass
sein, eine Kardiorespiratorische Polysomnographie durchzuführen, um gegebenenfalls
frühzeitig eine nichtinvasive mechanische
Beatmung während der nächtlichen Hauptschlafphase einzuleiten. Unter suffizienter
Behandlung der Schlafbezogenen Atmungsstörungen lässt sich eine deutliche Besserung
des Gesamtzustands der Patienten erzielen.
Literatur
Becker HF, Schönhofer B, Burchardi H (2002)
Nicht-invasive Beatmung. Blackwell Wissenschaftsverlag
Culebras A (2000) Sleep disorders and neuromuscular disorders. In: Culebras A (ed)
Sleep disorders and neurological diseases.
Marcel Dekker Inc, New York
Guilleminault C, Philip P, Robinson A (1998)
Sleep and neuromuscular disease: bilevel
positive airway pressure by nasal mask as
a treatment for sleep disordered breathing
in patients with neuromuscular disease.
J Neurol Neurosurg Psychaiatry 65:225–
232
Hufschmidt A, Lücking CH (1977) Neurologie compact. Leitlinien für Klinik und
Praxis. Thieme, Stuttgart New York
Winterholler M, Claus D, Bockelbrink A et
al (1997) Empfehlungen der bayerischen
Muskelzentren in der DGM zur Heimbeatmung bei neuromuskulären Erkrankungen Erwachsener. Nervenarzt 68:351–357
Analgetika
Synonym
Schmerzmittel
Englischer Begriff
analgesics; analgetics
Angiotensin I und II
Schläfrigmachende Nebenwirkungen von gebräuchlichen Medikamenten zur Therapie der
Erkrankungen innerer Organe
49
Androgene
Synonym
androgene Steroide
Anämie
Synonym
Blutarmut
Englischer Begriff
androgene steroids
Sexualhormone
Englischer Begriff
anemia
Definition
Verminderung von Hämoglobinkonzentration,
Erythrozytenzahl und/oder Hämatokrit unter
die alters- und geschlechtsspezifischen Normwerte.
Siehe dazu Restless-Legs-Syndrom; Nierenerkrankungen; Urogenitalsystem; Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie.
Anamnese
Synonym
Krankengeschichte; Vorgeschichte,
Englischer Begriff
anamnesis; patient`s history
Anerkennungsverfahren
Synonym
Akkreditierung
Englischer Begriff
accreditaton
Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung
Anfall, epileptischer
Synonym
Krampfanfall
Englischer Begriff
seizure
Epilepsie
Definition
Wird sie vom Patienten erhoben, spricht man
von Eigenanamnese, ansonsten von Fremdanamnese.
Siehe dazu Beschwerden und Symptome;
Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf; Differentialdiagnostischer Leitfaden.
angenehme Gedanken
Verhaltenstherapie
Angina pectoris
Anästhetika
Englischer Begriff
ischemic heart disease
Synonym
Narkosemittel; Betäubungsmittel
Englischer Begriff
anaesthetics
Schnarchen
Koronare Herzkrankheit
Angiotensin I und II
Synonym
AT I und II
Englischer Begriff
angiotensin I and II
Endotheliale Dysfunktion
A
http://www.springer.com/978-3-540-28839-8
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