PFLANZENSCHUTZ ■ Krankheiten und Schädlinge an Gehölzen Schildläuse bekämpfen – Teil I n praktisch allen Pflanzenarten können Schildlausarten der Unterordnung Coccina auftreten. Besonders häufig sind sie an Gehölzen, Sukkulenten und Orchideen. Ein Besatz wird dabei oft erst recht spät erkannt, da die unter Schutzschichten lebenden Schädlinge zunächst oft nicht als solche erkannt werden. Besiedelt werden vor allem Blätter, Triebe, Zweige und Äste, einige Arten setzen sich auch auf der Oberfläche von Früchten fest. Manchmal werden auch Pflanzenwurzeln besiedelt. Bei allen Schildläusen unterscheiden sich die männlichen und weiblichen erwachsenen Tiere (Imagines) so stark voneinander, dass die beiden Geschlechter oft für unterschiedliche Insektenarten gehalten werden. Die männlichen Tiere sind meist sehr klein, besitzen Flügel und haben höchstens noch zurückgebildete Mundteile. Während ihres kurzen, oft nur wenige Stunden dauernden Lebens nehmen die erwachsenen Männchen keine Nahrung auf. Meistens fallen neben den verschiedenen Larvenstadien nur die weiblichen Imagines A auf, die keine Flügel besitzen und von mehr oder weniger derben Schutzschichten bedeckt sind. Da sich die erwachsenen Weibchen der meisten Arten von ihrem einmal gewählten Saugort nicht mehr entfernen, sind ihre Beine und Fühler nur sehr kurz oder fehlen ganz. Aus dem gleichen Grund haben die Weibchen im Gegensatz zu den männlichen Individuen keine Komplexaugen. Dagegen besitzen sie eine gut ausgebildete, oft sehr lange Stechborste, die tief in das Pflanzengewebe eindringen kann und dort entweder im Pflanzengewebe oder in den Leitungsbahnen endet. Schildläuse, die in den Leitungsbahnen saugen, scheiden oft große Mengen zuckerhaltigen Kot aus, der sich als klebriger Belag auf den Pflanzen oder benachbarten Gegenständen ablagert. Auf diesen zuckerhaltigen Belägen siedeln sich rasch Schwärzepilze an, die die Pflanzen zwar nicht direkt schädigen, ihren Zierwert aber deutlich mindern und bei sehr starkem Auftreten auch die Assimilationsleistung der Pflanzen reduzieren können. Die deutsche Bezeichnung „Schildläuse“ bezieht sich auf Schildläuse Schädlinge mit Nutzwert inige Schildlausarten wurden in der Vergangenheit und werden zum Teil auch heute noch für die Produktion verschiedener Stoffe genutzt. So wird die aus Mittelamerika stammende Echte Cochenilleschildlaus Dactylopius coccus auf Feigenkakteen kultiviert, um den roten Farbstoff Karmin zu produzieren. Dieser ist im Blut der Tiere enthalten, die abgesammelt und getrocknet werden. Heute wird dieser Farbstoff vor allem in der Kosmetikindustrie verwendet. Die im Mittelmeerraum an Eichen saugende Kermeslaus (Kermes vermilio) wurde ebenfalls als Farbstofflieferant benutzt. Das Hautsekret der Lackschildläuse Lacciferidae wurde in Asien für die Schellackgewinnung genutzt. E 26 die unterschiedlichen Schutzschichten, die die Tiere selbst produzieren und unter denen sie sich aufhalten. Diese Schutzhüllen können aus Wachs, lackartigen Stoffen oder Spinnseide, manchmal vermischt mit Kot und Häutungshüllen bestehen. Die Tiere finden darunter ein optimales Kleinklima, außerdem sind sie und ihre Eigelege vor zahlreichen Fressfeinden gut geschützt. Die Schutzhüllen können auch die Bekämpfung mit Insektiziden erschweren. SCHMIER- ODER WOLLLÄUSE Obwohl die Schmier- oder Wollläuse der Familie Pseudococcidae keine harten Schutzschilde ausbilden, gehören sie zur Unterordnung der Schildläuse. Als Schutz vor Fressfeinden sondern die Arten große Mengen Wachs in Form von Pulver oder Fäden aus. Manchmal sind die Tiere selbst unter den pulverigen Wachsüberzügen noch recht gut zu erkennen. Sie erscheinen wie mit Puder überzogen. Andere Arten scheiden jedoch so große Mengen Wachsfäden aus, dass die Tiere auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind; erst beim Auseinanderziehen der an den Pflanzen haftenden kleinen „Wattebäuschchen“ werden die Schädlinge sichtbar. Auch die Eigelege befinden sich in den dichten Wachsfadenknäueln. Unter der Hülle sind die Tiere vor ungünstigen Witterungseinflüssen und vor manchem Räuber geschützt. Viele Schmierlausarten haben darüber hinaus eine weitere Abwehrstrategie gegen Fressfeinde entwickelt: auf dem Rücken haben sie spaltförmige Öffnungen, aus denen sie bei Gefahr eine zellhaltige, klebrige Flüssigkeit ausscheiden können, um dem Angreifer die Mundwerkzeuge zu verkleben. Schmierlausweibchen sind während ihrer ganzen Entwicklung mobil. Die Männchen sind – soweit vorhanden – wenig beweglich. Schmierläuse saugen in den Leitungsbahnen, sodass es neben den direkten Saugschäden zu Verschmutzungen durch Honigtau und die sich darauf ansiedelnden Rußtaupilze kommt. ➜ Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagi): Im Garten werden Schmierläuse nur in Einzelfällen schädlich. Gelegentlich sind an Buchen ausgedehnte Kolonien der Buchenwollschildlaus zu finden. Die nur etwa 1 mm großen, gelb gefärbten und fast runden Tiere sitzen auf der Rinde und scheiden große Mengen Wachswolle aus. Der direkte Saugschaden ist eher gering, dicht von Läusen und Wachswollausscheidungen bedeckte Stämme und Äste werden durch die Wachswollausscheidungen verunstaltet. Allerdings kann ein starker Besatz das Auftreten der Schleimflusskrankheit bei Buche begünstigen, wobei aber immer noch andere Faktoren wie zum Beispiel extreme Sommertrockenheit dazu kommen müssen. Bei der Buchenwollschildlaus gibt es keine männlichen Tiere. Die Art pflanzt sich parthenogenetisch (geschlechtslos) fort und entwickelt nur eine Generation im Jahr. Im Hochsommer werden die Eier unter der Wachswolle abgelegt. Die Larven schlüpfen noch im Sommer oder Frühherbst und wandern auf der Rinde umher. Im Herbst suchen sie Rindenspalten auf, wo sie sich festsetzen und überwintern. ➜ Schmierläuse an Zimmerpflanzen (Pseudococcus/ 33/2006 Schmierlauskolonie an Fuchsientrieb Wachswollknäuel an Christusdorn Planococcus spec.): Anders, als bei Freilandpflanzen haben Schmierläuse im Kleingewächshaus, Wintergarten oder an Pflanzen auf der Fensterbank eine große Bedeutung. Betroffen sind häufig Orchideen, Kakteen oder Palmen. Das Wirtspflanzenspektrum der verschiedenen Pseudococcus-Arten und der Zitrusschmierlaus (Planococcus citri) reicht aber weit über diese Pflanzengruppen hinaus. Die Entwicklung der verschiedenen Arten und die von ihnen verursachten Schäden sind untereinander vergleichbar, sodass sie zusammen beschrieben werden können. Sollen jedoch Nützlinge zur Bekämpfung der Schmierläuse eingesetzt werden, ist eine genaue Bestimmung der Art erforderlich, da insbesondere die einsetzbaren Schlupfwespenarten streng wirtsspezifisch sind. Die erwachsenen, breitoval geformten Schmierläuse sind etwa 3 bis 4 mm lang, die meist rosafarbene Körperoberfläche ist von einer pulverigen Wachsschicht bedeckt. Insgesamt ähneln die Tiere durch die gut erkennbaren Körperabschnitte entfernt einer Kellerassel. Die jeweilige Art kann anhand der weißen Körperfortsätze bestimmt werden, die bei der Zitrusschmierlaus kurz und dick, bei der Art Pseudococcus longispinus dagegen am Hinterleib sehr lang sind. Die im Gewächshaus vorkommenden Schmierläuse können abhängig vom Klima zahlreiche Generationen im Jahr entwickeln. 33/2006 Rußtaupilze auf Fuchsienlaub nach Schmierlausbesatz Häufig findet man die Eier, wie auch Larven und Imagines, in Blattachseln oder an anderen geschützten Stellen der Pflanze. Bei unter Glas kultivierten Pflanzen können die Schmierläuse erhebliche Schäden in Form von Wachstumsstockungen oder Laubfall verursachen, sehr störend sind auch die starken Honigtauausscheidungen mit nachfolgender Rußtaubesiedlung. BEKÄMPFUNG Schmierläuse lassen sich mit verschiedenen Insektiziden bekämpfen. Sollen reine Kontaktinsektizide wie zum Beispiel Ölpräparate eingesetzt werden, müssen die Pflanzen sehr gründlich eingesprüht werden und die Behandlung ist mehrmals in kurzen zeitlichen Abständen zu wiederholen. An kleinen Pflanzen im Zimmer können die Kolonien auch zuerst mit einem Borstenpinsel mechanisch geschädigt oder zumindest von den Wachswollbüscheln befreit werden, um anschließend mit einem Kontaktinsektizid besser an die Tiere heranzukommen. Im Freiland können auch pyrethrumhaltige Präparate wie Spruzit Schädlingsfrei eingesetzt werden. Bei größeren Pflanzen ist der Einsatz systemisch wirkender Insektizide wie zum Beispiel Provado 5 WG (Imidacloprid) sinnvoll. Präparate mit den Wirkstoffen Acetamiprid und Imidacloprid können im Wintergarten oder an Zim- merpflanzen auch in Form von Pflanzenschutzstäbchen oder als Granulat zum Einarbeiten in das Substrat eingesetzt werden. Im Gewächshaus oder Wintergarten ist der Einsatz von Nützlingen zur Bekämpfung der Schmierläuse sinnvoll. Da vor allem die Schlupfwespen auf einzelne Schmierlausarten spezialisiert sind, muss zuvor die Schmierlausart bestimmt werden. Voraussetzung für einen erfolgreichen Schlupfwespeneinsatz ist außerdem ein frühzeitiges Ausbringen der Tiere, bevor eine Massenvermehrung des Schädlings einsetzen kann. Auch die Klimabedingungen müssen den Ansprüchen der Schlupfwespen genügen, so sind Temperaturen von deutlich über 20 °C erforderlich. Auch eine hohe Luftfeuchte erhöht den Wirkungsgrad eines Schlupfwespeneinsatzes. Bei sehr starkem Besatz durch Schmierläuse kann der Australische Marienkäfer (Cryptolaemus montrouzieri) und seine Larven eingesetzt werden. Sowohl die erwachsenen Käfer als auch die Larven fressen die Schmierläuse. Vorsicht: die Larven ähneln sehr den Beutetieren. Die Temperaturansprüche des Australischen Marienkäfers sind etwas geringer als die der Schlupfwespen, sodass auch ein Einsatz am Blumenfenster Erfolg versprechend ist. Wachswollsack mit Junglarven an Japanischem Ahorn Schmierläuse und Wachswollreste an Mandevallia-Trieb Text und Bilder: Jochen Veser, Korntal-Münchingen Schmierlaus 27