Bedeutung von Helicobacter pylori bei Dermatosen

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M E D I Z I N
ZUR FORTBILDUNG
Tebbe1
Beate
Jörg-Dieter Schulzke2
Michael Radenhausen1
Constantin E. Orfanos1
Bedeutung von
Helicobacter pylori
bei Dermatosen
Eine aktuelle Bestandsaufnahme
ZUSAMMENFASSUNG
Die Entdeckung und spätere Kultivierung von Helicobacter
pylori aus der Magenschleimhaut durch Warren und Marshall 1982 war eine Sensation in der Medizingeschichte. In der
Folgezeit wurde eine Reihe gut dokumentierter Studien durchgeführt, die über eine Assoziation von Helicobacter pylori mit Typ-B-Gastritis, Magen- und Duodenalulkus sowie Karzinom und Malt-Lymphom des Magens berichteten. In den letzten Jahren gab es mehrere Arbeiten, die
darüber hinaus eine Assoziation zwischen Helicobacter pylori und dermatologischen Erkrankungen vermuten ließen.
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist eine Infektion mit
Helicobacter pylori bei Patienten mit chronisch-rezidivierender Urtikaria häufig, und eine erfolgreiche Eradikationsbehandlung führt zu einer klinischen Besserung dieses
Krankheitsbildes, so daß hierbei ein
ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich ist. Demgegenüber wird der Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und Rosazea in größeren Patientenkollektiven kontrovers diskutiert. Des weiteren ist ein
möglicher Zusammenhang von Helicobacter-pylori-Infektion mit Morbus Raynaud sowie systemischer Sklerodermie
beschrieben. Bislang ist nur kasuistisch mitgeteilt, daß eine
Eradikationsbehandlung bei Purpura-Schönlein-Henoch,
Sjögren-Syndrom, Sweet-Syndrom und atopischer Dermatitis zu einer Befundbesserung zuvor therapierefraktärer
Krankheitsbilder führte.
Schlüsselwörter: Helicobacter pylori, 13C-Harnstoff-Atemtest, Dermatosen, Urtikaria
Helicobacter pylori in Dermatology: a Review
The discovery and later on the cultivation of Helicobacter
pylori from the stomach mucosa by Warren and Marshall
in 1982 was a sensation in medical history followed by well
documented studies which demonstrated an association
between Helicobacter pylori and type B gastritis, stomach and
duodenal ulcers and adenocarcinoma and MALT-lymphoma
of the stomach. In recent years, some authors reported on an
association between Helicobacter pylori and various dermatosis. Based on current knowledge, Helicobacter pylori infection is frequently found in chronic urticaria. As a successful
eradication therapy often leads to clinical improvement of this dermatosis, a causal relationship is
suspected. In contrast, a relationship between Helicobacter
pylori and rosacea is discussed controversely. Moreover, a
possible association of Helicobacter pylori with Raynaud’s disease and systemic sclerosis is reported, and case reports showed
that eradication therapy in purpura Schönlein Henoch,
Sjögren syndrome, sweet syndrome and atopic dermatitis led to
clinical improvement in otherwise therapy resistent cases.
Key words: Helicobacter pylori, 13C urea breath test, dermatosis, urticaria
D
en Australiern Warren und
Marshall gelang Anfang der
achtziger Jahre die Anzüchtung von spiralförmigen Bakterien
aus dem menschlichen Magen, die
aufgrund der Ähnlichkeit mit Campylobacter jejuni als Campylobacter
pyloridis und später, um ihrer Eigenständigkeit gerecht zu werden, als
Helicobacter pylori (H. p.) bezeichnet wurden (29).
Heute kann als gesichert gelten,
daß Helicobacter pylori für die chronische Typ-B-Gastritis sowie für das
Magen- und Duodenalulkus verantwortlich ist. Darüber hinaus ist eine
Infektion mit Helicobacter pylori ein
prädisponierender Faktor für die
Entwicklung eines Adenokarzinoms
und eines Lymphoms des Magens
(18, 21). In den letzten Jahren wurde
in mehreren Arbeiten auf einen Zusammenhang zwischen Helicobacter
pylori und chronisch-rezidivierender
Urtikaria hingewiesen. Darüber hinaus wiesen auch einige Arbeiten auf
einen möglichen Zusammenhang
zwischen Helicobacter pylori und
Rosazea, Sjögren-Syndrom, Raynaud-Syndrom, systemischer Sklero1 Klinik und Poliklinik für Dermatologie (Direktor: Prof. Dr. med. Prof. h. c. Constantin E.
Orfanos) des Universitätsklinikums Benjamin
Franklin, Freie Universität Berlin
2 Medizinische Klinik I (Direktor: Prof. Dr.
med. Ernst-Otto Riecken) des Universitätsklinikums Benjamin Franklin, Abteilung für Gastroenterologie und Infektiologie, Freie Universität Berlin
SUMMARY
dermie, Purpura-Schönlein-Henoch,
Sweet-Syndrom und atopischer Dermatitis hin. Bemerkenswert ist, daß
fast allen diesen Erkrankungen eine
gewisse Beziehung zum Gastrointestinaltrakt gemeinsam ist, sei es
durch eine klinisch-immunologische
Manifestation im Sinne der Grunderkrankung oder im Rahmen eines
fokalen, infektiösen Begleitgeschehens in diesem Organsystem.
Epidemiologisch gesehen ist
nach dem heutigen Stand der Befall
der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori weltweit eine der häufigsten Infektionen. In Deutschland
liegt die Seroprävalenz der Helicobacter-pylori-Infektion zwischen 30
Prozent (Altersgruppe von 25 bis 34
Jahren) und 70 Prozent (Altersgrup-
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 34–35, 30. August 1999 (35) A-2143
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ZUR FORTBILDUNG
pe 55 bis 64 Jahre) (5, 8, 10). In der
Regel werden dieselben Helicobacter-pylori-Stämme bei nahen Angehörigen gefunden (4, 16). Die
Übertragung findet typischerweise
im Kindesalter statt.
Chronisch-rezidivierende
Urtikaria
Die Prävalenz der Urtikaria in
der Bevölkerung liegt bei 0,5 bis 2,5
Prozent (19, 24). Das Krankheitsbild
ist durch disseminierte Quaddelbildung charakterisiert und kann bei einem Teil der Patienten durch das
Auftreten eines Angioödems kompliziert sein. In den meisten Fällen
ist die Urtikaria ein einmaliges nur
Stunden oder wenige Tage bestehendes Ereignis. In einem Drittel der
Patienten kommt es jedoch zu einem
über mehr als sechs Wochen rezidivierenden Auftreten der klinischen
Symptome. Hervorgerufen wird dieses Krankheitsbild durch immunologische, IgE-vermittelte und nicht immunologische Mechanismen mit
Mastzellgranulation und Freisetzung
von Histamin und anderen vasoaktiven Substanzen (24).
Seit langem ist bekannt, daß die
häufigsten Ursachen der chronischrezidivierenden Urtikaria Nahrungsmittelunverträglichkeiten, intestinale Candidiasis, aber auch andere fokale Infekte, zum Beispiel an den
Zähnen und den paranasalen Sinus
sind. Medikamentenallergien beziehungsweise -intoleranzen werden
ebenso für die Urtikaria verantwortlich gemacht (12, 26). Neuere Untersuchungen zeigten, daß Autoantikörper gegen IgE-Rezeptoren an der
Oberfläche von Mastzellen eine
mögliche Ursache für die chronischrezidivierende Urtikaria sein können
(11). In annähernd einem Drittel der
Fälle blieb allerdings bislang die Ursache trotz intensiver diagnostischer
Abklärung ungeklärt. In diesen Fällen wurden oftmals systemische Antibiotika mit Erfolg in der Behandlung eingesetzt. Dieses eher empirische Vorgehen geschah unter der
Vorstellung, daß ein nicht bekannter,
bakterieller Fokus eliminiert wird.
Nicht selten werden von Patienten mit chronisch-rezidivierender
Urtikaria gleichzeitig gastrointestinale Beschwerden angegeben, wie
sie für Gastritis und Refluxösophagitis typisch sind. Dieses Wissen veranlaßte mehrere Arbeitsgruppen, den
Zusammenhang zwischen chronischrezidivierender
Urtikaria
und
Helicobacter-pylori-Infektion zu untersuchen (1, 13, 27). Alle Arbeitsgruppen kamen zu dem Schluß, daß
oder vollständige Remission der Urtikaria ein. Diejenigen Patienten, die
mit Helicobacter pylori infiziert waren, hatten in aller Regel gleichzeitig
eine Gastritis. Bei den zitierten Arbeiten handelte es sich allerdings um
Pilotstudien, in denen ausschließlich
Urtikaria-Patienten untersucht wurden. Wegen der relativ hohen Prävalenz der Helicobacter-pylori-Infekti-
Tabelle
Assoziation zwischen Helicobacter pylori und dermatologisch-rheumatologischen
Krankheitsbildern
Studie
Kollektivgröße
H.-p.Nachweis
Besserung des
Krankheitsbildes
nach Eradikation
Urtikaria
Kolibasova et al. (13)
Tebbe et al. (27)
Bohmeyer et al. (1)
Di Campli et al. (3)
Özkaya et al. (20)
Wedi et al. (39)
30
25
10
42
35
100
21
17
8
23
27
26
16/17
14/17
8/8
16/18
5/17
19/21
Rosazea
Kolibasova et al. (14)
Rebora et al. (22)
Sharma et al. (25)
1
31
45
1
26
12
1/1
n.d.
n.d.
4
3
3/3
64
36
23/30
124
69
n.d.
Purpura-SchönleinHenoch
Reinauer et al. (23)
1
1
1/1
Sweet-Syndrom
Kurkcüoglu et al. (15)
1
1
1/1
Atopische Dermatitis
Murakami et al. (17)
1
1
1/1
Sjögren-Syndrom
Figura et al. (6)
Raynaud-Syndrom
Gasbarrini et al. (7)
Systemische
Sklerodermie
Yazawa et al. (31)
n.d. = nicht durchgeführt
eine Helicobacter-pylori-Infektion
als Auslöser einer chronisch-rezidivierenden Urtikaria in Betracht zu
ziehen ist, da die Mehrzahl der Helicobacter-pylori-infizierten Urtikaria-Patienten von einer erfolgreichen Eradikationstherapie profitieren, das heißt, es trat eine partielle
A-2146 (38) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 34–35, 30. August 1999
on in der allgemeinen Bevölkerung
konnte es sich hierbei durchaus um
eine rein zufällige Koinzidenz handeln. Aus diesem Grund führten wir
eine Fall-Kontroll-Studie durch, in
der Patienten mit chronisch-rezidivierender Urtikaria und alters- und
geschlechtskonkordante Patienten
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ZUR FORTBILDUNG
mit Psoriasis hinsichtlich einer Helicobacter-pylori-Infektion untersucht
wurden. Patienten mit Psoriasis wurden als Vergleichskollektiv gewählt,
da bei ihnen die Prävalenz der Helicobacter-pylori-Infektion derjenigen
in der allgemeinen Bevölkerung entspricht (9). Ein Ergebnis unserer
Fall-Kontroll-Studie war, daß eine
Helicobacter-pylori-Infektion signifikant häufiger bei Urtikaria-Patienten (64 Prozent) als bei Psoriasis-Patienten (40 Prozent) vorhanden war.
Gleichzeitig wurden alle UrtikariaPatienten auf mögliche andere Ursachen der Erkrankung untersucht.
Dabei zeigte sich, daß andere fokale
Infekte, meist chronische Sinusitis
und gastrointestinale Candidiasis, in
45 Prozent der mit Helicobacter-pylori infizierten Urtikaria-Patienten
und in 68 Prozent der Nichtinfizierten vorlagen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurden in 48 Prozent
der mit Helicobacter-pylori infizierten Urtikaria-Patienten und in 27
Prozent der Nichtinfizierten diagnostiziert, ohne daß sich jedoch ein statistisch signifikanter Unterschied ergab (28). Demnach ist also eine Infektion mit Helicobacter pylori ein
häufiger Befund bei Patienten mit
chronisch-rezidivierender Urtikaria,
aber meist nicht die alleinige Ursache. Dies ist sowohl für das diagnostische als auch das therapeutische
Management der Urtikaria-Patienten von Bedeutung.
Eine Assoziation zwischen Helicobacter pylori und chronisch-rezidivierender Urtikaria erscheint basierend auf diesem Kenntnisstand
wahrscheinlich, wobei diese Annahme in jüngster Zeit durch weitere
Arbeitsgruppen bestätigt wurde (3,
20, 30). Daher empfehlen wir in die
Urtikaria-Diagnostik die Suche nach
einer Helicobacter-pylori-Infektion
aufzunehmen. Zur diagnostischen
Abklärung ist am besten der 13CHarnstoff-Atemtest (HAT) geeignet. Falls er nicht verfügbar ist, eignet sich als Suchtest der serologische
Nachweis von Antikörpern gerichtet
gegen Helicobacter pylori. Bei positivem HAT beziehungsweise Nachweis von Helicobacter-spezifischen
Antikörpern ist eine Gastroskopie
zu empfehlen, um eine mit Helicobacter pylori assoziierte Erkrankung
der Magen- und/oder Duodenalschleimhaut nachzuweisen beziehungsweise auszuschließen. Gastritische Beschwerden bei Urtikaria-Patienten können als Hinweis auf eine Helicobacter-pylori-Infektion gewertet werden. Unabhängig jedoch
von dem gastroskopischen Befund
bei Urtikaria-Patienten ist auch bei
Vorliegen einer asymptomatischen
Helicobacter-pylori-Besiedlung des
Magens eine Eradikationsbehandlung zu empfehlen. Wir führen bei
unseren Patienten eine Sieben-TageKurzzeit-Tripeltherapie durch, die
neben einem Protonenpumpenhemmer wie zum Beispiel Omeprazol
weitere zwei der drei Antibiotika
Metronidazol, Clarithromycin oder
Amoxicillin enthält und in entsprechenden Dosierungen eine Eradikationsquote von über 90 Prozent garantiert (2). Da eine Helicobacterpylori-Infektion bei Patienten mit
chronisch-rezidivierender Urtikaria
aber meist nicht die alleinige Ursache ist, sollten die Patienten auch immer auf andere fokale Infekte insbesondere eine gastrointestinale Candidiasis oder Sinusitis sowie auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten untersucht werden.
Rosazea
Eine andere Dermatose, die
zum einen ein gutes Ansprechen auf
eine antibiotische Therapie zeigt
und bei der zum anderen gastritische
Beschwerden ein häufiges Begleitsymptom sind, ist die Rosazea. Hinsichtlich einer möglichen Assoziation zu einer Helicobacter-pylori-Infektion wurden bislang kontroverse
Auffassungen mitgeteilt. In der von
Rebora et al. (22) publizierten Untersuchung konnte gezeigt werden,
daß bei 84 Prozent der Rosazea-Patienten eine histologisch gesicherte
Helicobacter-pylori-Infektion
des
Magens vorlag. Diese hohe Infektionsrate lag damit über der zu erwartenden in der allgemeinen Bevölkerung. In einer kürzlich erschienenen
Arbeit konnte demgegenüber kein
signifikanter Zusammenhang zwischen dem serologischen Antikörpernachweis des Isotyps IgG gerichtet gegen Helicobacter pylori und
Rosazea im Vergleich zu hautgesunden Probanden nachgewiesen werden (25).
Sjögren-Syndrom
Möglicherweise besteht auch für
das Sjögren-Syndrom ein Zusammenhang zu einer Helicobacter-pylori-Infektion. In einem bislang vorliegenden Kurzbericht konnte eine
Helicobacter-pylori-Infektion
des
Magens in drei von vier untersuchten
Patienten mit Sjögren-Syndrom histologisch gesichert werden. Eine
spezifische, antibakterielle Therapie
führte in einem Nachbeobachtungszeitraum von sechs Monaten zu einer
permanenten Keimeradikation sowie zu einer deutlichen klinischen
Besserung der Xerostomie und
Xerophthalmie in allen drei Fällen
(6).
Morbus Raynaud
Kürzlich wurde über eine Assoziation von Helicobacter-pylori-Infektion mit Morbus Raynaud in einem größeren Patientenkollektiv berichtet (7). In 23 von 26 Fällen konnte nach erfolgreicher H.-p.-Eradikationstherapie eine deutliche Reduktion der Raynaud-Symptomatik beobachtet werden. Dabei könnten die
Zytokine und zellulären Mediatoren
der Entzündungsphase der H.-p.Infektion eine entscheidende Rolle
an den Gefäßen spielen.
Systemische Sklerodermie
In einer Arbeit an Patienten mit
systemischer Sklerodermie konnte
in 56 Prozent der Fälle ein gehäuftes
Auftreten einer H.-p.-Infektion im
Vergleich zur Bevölkerung serologisch nachgewiesen werden, wobei
das Vorhandensein von Anti-H.-p.IgG-Antikörpern bei systemischer
Sklerodermie mit einer Ösophagusbeteiligung signifikant korrelierte
(31). Die Autoren diskutieren, ob
Helicobacter pylori eine Autoimmunantwort auslöst, die gegen ein
Hitze-Schock-Protein aus den Magenepithelzellen gerichtet ist.
!
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M E D I Z I N
ZUR FORTBILDUNG/FÜR SIE REFERIERT
Purpura-Schönlein-Henoch
In einem anderen Einzelfallbericht wurde die Helicobacter-pyloriInfektion als mögliche Ursache einer
Purpura-Schönlein-Henoch angesehen (23). Mehrere Rezidive des
Krankheitsbildes sistierten erst nach
erfolgreicher
Eradikationsbehandlung einer gleichzeitig bestehenden
Helicobacter-pylori-Infektion des Magens. Es ist bekannt, daß die Purpura-Schönlein-Henoch nach Infekten auftritt. Eine besondere Rolle
scheint IgA zu spielen, das sich als Immunkomplex subendothelial in den
kleinen Gefäßen der Haut ablagert,
wobei eine Assoziation zur MagenDarm-Schleimhaut besteht.
Sweet-Syndrom
In einer Kasuistik wurde die
Helicobacter-pylori-Infektion für das
Auftreten eines Sweet-Syndroms verantwortlich gemacht, nachdem andere Ursachen ausgeschlossen wurden
(15). Die Autoren vermuten eine hypersensitive immunologische Reaktion auf ein bakterielles Antigen.
Der Beweis gelang indirekt durch eine H.-p.-Eradikationstherapie, als es
nach zehn Tagen zu einer Remission
des Hautbefundes kam.
Atopische Dermatitis
Ebenfalls nur kasuistisch mitgeteilt ist die Assoziation zwischen Helicobacter pylori und atopischer Dermatitis. Bei einem 14jährigen Mädchen
mit atopischer Dermatitis und rezidi-
Normierende Texte
Normierende Texte (Empfehlungen, Richtlinien, Leitlinien usw.)
können im Deutschen Ärzteblatt
nur dann publiziert werden, wenn
sie im Auftrag von Bundesärztekammer oder der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung als Herausgeber oder gemeinsam mit diesen erarbeitet und von den Herausgebern
als Bekanntgabe klassifiziert und
der Redaktion zugeleitet wurden.
vierender Gastritis wurde nach bioptischer Sicherung einer Helicobacter-pylori-Infektion des Magens eine Eradikationsbehandlung durchgeführt. Binnen weniger Tage nach Beendigung
der antibiotischen Therapie kam es zur
Remission der bis dahin therapierefraktären Dermatose (17) (Tabelle).
Fazit
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist zu empfehlen, die Helicobacter-pylori-Diagnostik in das Spektrum der diagnostischen Maßnahmen
bei chronisch-rezidivierender Urtikaria aufzunehmen. Bei entsprechendem positiven Befund ist eine Eradikationsbehandlung durchzuführen,
da diese in den meisten Fällen mit einer Besserung der Urtikaria verbunden ist. Allerdings ist eine ätiologische Abklärung anderer möglicher
Ursachen der Urtikaria unerläßlich,
da Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder andere entzündliche Foci
auch bei Helicobacter-pylori-Infizier-
ten häufig zu finden sind. Derzeit sind
die Untersuchungsergebnisse zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und den
anderen erwähnten Krankheitsbildern noch zu wenig fundiert, als daß
eine Helicobacter-pylori-Diagnostik
in diesen Fällen als Routinemaßnahme gerechtfertigt erscheint.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-2143–2148
[Heft 34-35]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf
das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über die Internetseiten (unter http://www.aerzteblatt.de)
erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser
Priv.-Doz. Dr. med. Beate Tebbe
Klinik und Poliklinik für
Dermatologie
Universitätsklinikum
Benjamin Franklin
Freie Universität Berlin
Hindenburgdamm 30 · 12200 Berlin
Viruspersistenz bei antiretroviraler HIV-Therapie
Heute läßt sich mit einer potenten
medikamentösen antiretroviralen Therapie bei einer Mehrzahl von Patienten
mit HIV-1-Infektion ein Krankheitsstillstand mit nicht mehr nachweisbarer
HI-Virämie erreichen. In zwei zeitgleich erschienenen unabhängigen Studien zur HIV-Therapie kommen Autoren aus New York und Chicago zu
gleichlautenden Ergebnissen.
Durch eine Polymerasen-KettenReaktion (PCR) lassen sich bei AIDSPatienten neben der Serum-Virämie
auch ins Genom der Wirtszelle integrierte Viren und die korrespondierende mRNA in peripheren Blutmonozyten nachweisen. Diese Untersuchung
zeigte bei allen Patienten, bei denen es
unter einer modernen Dreifach-Kombinationstherapie zu einem Verschwinden der Virämie gekommen war, weiterhin nachweisbare Spiegel der zellassoziierten Viren. Diese waren zwar
nach Beginn der Behandlung auch abgesunken, stabilisierten sich jedoch im
Verlauf und blieben im Beobachtungszeitraum von durchschnittlich zwei Jah-
A-2148 (40) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 34–35, 30. August 1999
ren immer oberhalb der Nachweisgrenze. Die Autoren schließen aus ihren
Beobachtungen, daß periphere mononukleäre Zellen ein Reservoir für HIV
darstellen und derzeit trotz maximaler
Therapie von einer Viruspersistenz in
diesen Zellen ausgegangen werden
muß. Ob über einen längeren Zeitraum
mit einem Rückgang oder sogar einem
Verschwinden dieser Viruspopulationen unter Therapie zu rechnen ist,
bleibt derzeit noch offen.
acc
Zhang L et al.: Quantifying residual HIV-1
replication in patients receiving combination antiretroviral therapy. N Eng J Med
1999; 340: 1605–1613.
Furtado M et al.: Persistance of HIV-1
transcription in peripheral-blood mononuclear cells in patients receiving potent
antiretroviral therapy. N Eng J Med 1999;
340: 1614–1622.
Dr. Ho, Aaron Diamond AIDS Research
Center, 455 First Avenue, New York, NY
10016, USA.
Dr. Wolinsky, Division of Infectious Diseases, Department of Medicine, Tarry 3735, Northwestern University Medical
School, 393 E. Chicago Avenue, Chicago Il
60611, USA.
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