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6. TAG DER LEHRE
24. NOVEMBER 2005
FACHHOCHSCHULE ULM
Interkulturelles Lernen mit elektronischen Medien
Hildegard Simon-Hohm
Intention und Aufgabenstellung
Soziale Arbeit ist ein Instrument moderner Gesellschaften mit dem Ziel,
spezifische Problem- und Mangellagen von Menschen zu bearbeiten und sie in
die Lage zu versetzen, ihr Leben und ihren Alltag für sich und ihre
Angehörigen wieder selbständig und verantwortlich zu gestalten. Unbestreitbar
ist, dass diese Aufgaben unter den sich rasant verändernden ökonomischen,
sozialen und demografischen Bedingungen unserer Gesellschaft mit gestiegenen Erwartungen, Gefährdungen und Risikofaktoren für den Einzelnen
schwieriger geworden sind. Vergleichbar mit anderen Berufssparten haben sich
daher auch im Bereich der Sozialen Arbeit die professionellen Anforderungen
verändert: Sozialarbeiter/-innen und Sozialpädagogen/-innen müssen neben
den klassischen Aufgaben verstärkt planerische, vorbereitende, koordinierende
und auswertende Tätigkeiten übernehmen. Die zur Berufsbefähigung notwendige Vermittlung des dazu benötigten Fachwissens sowie die weitreichenden methodischen, persönlichen und sozialen Kompetenzen hat direkte
Auswirkungen auf die Studieninhalte und -formen, was herkömmliche
Unterrichts- und Vermittlungsformen zunehmend in Frage stellt. Neben der
Orientierung an aktuellen wissenschaftlichen und fachlichen Erkenntnissen
muss Hochschullehre heute verstärkt berufliche und gesellschaftliche
Entwicklungen zu mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit einbeziehen
und – im Sinne einer adäquaten Lernkultur – mit aktivierenden Lehr- und
Lernmaterialien auf diese Herausforderungen antworten.
Mit dem im Rahmen des Förderprogramms „Leistungsanreizsysteme in der
Lehre“ (LARS) beantragten Projekt „Interkulturelles Lernen mit neuen
Medien“ an der FH Esslingen – Hochschule für Sozialwesen im Studiengang
Soziale Arbeit des Fachbereichs Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege sollten
insbesondere zwei Aspekte dieses vielschichtigen Prozesses aufgegriffen und
bearbeitet werden.
Erstens: Mit der Einführung des Bachelorstudiums im Wintersemester 2004/05
wurde ein umfassender Innovationsprozess in der Ausbildung von Sozialarbeiter/-innen und Sozialpädagogen/-innen begonnen, für den geeignete Lehrund Lernmaterialien entwickelt werden müssen. Dies sind insbesondere solche,
die die veränderten fachlichen Qualifikationen und den Wandel des beruflichen
Selbstverständnisses als Querschnittsthemen verstehen und sie didaktisch /
methodisch angemessen aufbereiten. In diesem Zusammenhang spielen die
Verantwortung für den eigenen Lernprozess, dessen Gestaltung und das
Selbststudium der Studierenden eine zentrale Rolle. Nach einem modernen
didaktischen Verständnis müssen dabei lebendiges Lernen und Lehren mit
motivierenden Inhalten und Übungsmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen,
durch die Kompetenzen und Kenntnisse für die Tätigkeit in einer sich ständig
verändernden Berufswelt erworben werden können.
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Zweitens: Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Veränderungsprozess
hinsichtlich der Akzeptanz der nunmehr fast 50jährigen Einwanderung nach
Deutschland. Der andauernde Abbau und die Schließung der Sozialberatungsstellen für Migranten gehen einher mit der sog. „interkulturellen
Öffnung der Sozialen Dienste”. Dies bedeutet, dass Migrantinnen und
Migranten sowie Menschen mit einem Migrationshintergrund in den Regeleinrichtungen der Sozialen Arbeit – aber auch in anderen gesellschaftlichen
Bereichen – zu einer maßgeblichen Zielgruppe in der alltäglichen Arbeit
werden, ja teilweise bereits sind. Angehende Sozialarbeiter/-innen und Sozialpädagogen/-innen, aber auch Dozierende der Fachhochschule benötigen daher
u. a. interkulturelles Wissen und Kompetenzen für diesen veränderten
Berufsalltag.
Ziele, Konzeption und Durchführung des Projekts
Ziel dieses für zwei Semester geplanten Projekts war es, eine CD zum Thema
„Soziale Arbeit in der Einwanderungsgesellschaft“ herzustellen, die sowohl für
das Selbststudium als auch zur Fortbildung der Kolleginnen und Kollegen in
Hochschulen und der Praxis gedacht war. In jeder der beiden für die Dauer
eines Semesters angelegten Veranstaltung erhielten die Studierenden Gelegenheit, sich im Rahmen der semesterübergreifenden Aufgabenstellung mit
vielfältigen Aktivitäten und Beiträgen einzubringen. Dazu gehörten u. a.: das
Erstellen und die Gestaltung eigener Beiträge, die bildliche Aufbereitung und
inhaltliche Ergänzung vorliegender Grundlagentexte der Dozentin, die Zusammenarbeit im Team bei der Planung und Konzeption der CD und die
gegenseitige Unterstützung beim Erwerb und Einsatz von Fähigkeiten und
Fertigkeiten im Umgang mit Computerprogrammen, Einsatz der Digitalkamera, Bildbearbeitung etc. Die Hypothese war, dass sich in einer derart
konzipierten Veranstaltung Studierende neben allgemeinen persönlichen und
professionellen Kompetenzen insbesondere interkulturelle und Medienkompetenzen für das weitere Studium und die spätere Berufspraxis aneignen
können. Eine weitere Annahme war, dass interkulturelle Lernprozesse gerade
auch mit elektronischen Medien unterstützt und verstärkt werden können und
Studierende mittels der Beschäftigung mit einer ausgewählten, speziellen
interkulturellen Fragestellung gleichzeitig Sicherheit im Umgang mit den
erlernten Programmen und ihren einzelnen Arbeitsschritten gewinnen.
Lernen wird als ein Prozess verstanden, durch den ein Organismus sein
Verhalten als Resultat von Erfahrungen ändert. Interkulturelles Lernen
geschieht im Wesentlichen durch Erfahrungen in und mit interkulturellen
Begegnungen:

Erfahrung der eigenen Kulturstandards

Erfahrung fremdkultureller Standards

Erfahrung der erfolgreichen Bewältigung kultureller
Überschneidungssituationen.
Interkulturelles Lernen kann in unterschiedlichen Settings erfolgen. Insbesondere kognitive interkulturelle Kompetenzen – wie Hintergrundwissen über
Migration und Integration, rechtliche Kenntnisse etc. – können zunächst im
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Selbststudium, beispielsweise durch Texte, Filme und Internetrecherche
erworben werden. Wichtig für einen dauerhaften Lernerfolg sind des Weiteren
Motivation und die Möglichkeit, diese Kenntnisse mit ganzheitlichen
Methoden zu vertiefen.
Die Erwartung, dass im LARS-Projekt die beschriebenen Ziele erreicht werden
können, bestätigte sich im Verlauf beider Semester. Die Erstellung eigener
Texte zu interkulturellen Themen und ihre Gestaltung mit Bildern (selbst
aufgenommen oder im Internet gefunden) ermöglichte besonders intensive und
nachhaltige Lernerfahrungen. Die Umsetzung eines interkulturellen Themas in
eine Powerpoint-Präsentation erforderte eine Reduktion und Konzentration auf
wesentliche Inhalte und Aussagen. Die Entwicklung einer Fotoreportage zu
Aspekten von Migration und Integration eröffnete den Blick für neue, fremde
Sichtweisen und sensibilisierte dadurch für kulturelle Unterschiede und
Gemeinsamkeiten. Der Einsatz unterschiedlicher elektronischer Medien und
didaktischer Methoden zur Aufbereitung interkultureller Themen konnte dieses
Wissen und die Kompetenzen durch eigenes Handeln dauerhaft festigen.
Die Studierenden wurden für den Einsatz der Softwareprogramme durch
unseren Assistenten im Rechenzentrum geschult und konnten die dabei
erworbenen Kompetenzen, unterstützt durch die Dozentin, in den nachfolgenden Veranstaltungen und/oder am eigenen Rechner ausführlich üben und
anwenden. Nachdem mit den Studierenden des ersten Durchgangs im
Sommersemester 2004 ein einheitliches Format und Design für alle Textbeiträge entwickelt wurde, konnten die jeweiligen Beiträge entsprechend
vorbereitet bzw. mit Bildern fertiggestellt werden. Zur Orientierung wurde eine
detaillierte Mindmap mit einer Übersicht zu allen Themenfeldern und
Beiträgen erstellt, die später zur Grundlage für das Menü-Design wurde.
Die Entwicklung der CD-Startseiten wurde in Zusammenarbeit mit einem
Studierenden der FH Esslingen – Hochschule für Technik, ausgeführt, der
später auch die Übertragung aller Beiträge übernahm. Während der Semester,
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aber auch in den Semesterferien, wurde ein ausführlicher E-Mail-Diskurs mit
und zwischen allen am Projekt beteiligten Studierenden geführt. So konnten
aktuelle Informationen, Nachfragen, korrigierte Texte usw. schnell ausgetauscht werden. Auf diese Weise wurden auch im nachfolgenden Wintersemester 2004/05 die Studierenden der Veranstaltung des Sommersemesters
2004 weiterhin über die Fortschritte ihrer Kommilitonen/-innen und des
Gesamtprojekts unterrichtet.
Im Verlauf der zweiten Veranstaltung zeigte es sich, dass die Mehrzahl der
geplanten Inhalte der CD realisiert werden konnte. Entgegen den Erwartungen
nahmen jedoch – bis auf einen männlichen Teilnehmer – an dem Projekt
ausschließlich weibliche Studierende teil, die mehrheitlich keine bzw. nur
geringe Kenntnisse über besondere PC-Programme wie Powerpoint, Mindmap
bzw. Bildverarbeitungsprogramme verfügten. Das bedeutete für die Erstellung
der CD, dass dabei nur auf solche Fähigkeiten zurückgegriffen werden konnte,
die die Studierenden im LARS-Projekt selbst erworben hatten. Aus zeitlichen
Gründen konnten daher nicht – wie ursprünglich geplant – Filmsequenzen
erstellt oder Musikbeispiele aus den Migrantenszenen eingefügt werden.
Resümee
Abschließend lässt sich festhalten: Mit dem CD-Projekt konnten die beabsichtigten aktivierenden Unterrichtsinhalte und -formen entwickelt und
vermittelt werden. Die CD „Soziale Arbeit ... Interkulturell“ gibt Studierenden
und Lehrenden künftig die Möglichkeit, sich mit dem Querschnittsthema
„Soziale Arbeit in der Einwanderungsgesellschaft” vertraut zu machen und
nach Bedarf einzelne Schwerpunkte zu vertiefen. Allerdings hätte das Projekt
nicht so professionell realisiert werden können, wenn nicht alle Beteiligten
wesentlich mehr Zeit investiert hätten als vorgesehen. Gerade diese hohe
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Motivation, die über die gesamte Projektzeit erhalten blieb, wurde von den
Studierenden bei der Evaluation des Projekts besonders betont. Die große Zahl
der neu erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen wurde von ihnen darauf
zurückgeführt, dass „die Stimmung während des Arbeitens entspannt und
dennoch konzentriert“ (war) und „alle viel Spaß dabei“ hatten.
Autorin
Prof. Dr. Hildegard Simon-Hohm (Projektleitung)
Fachhochschule Esslingen – Hochschule für Sozialwesen
www.hfs-esslingen.de
[email protected]
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