Arbeiten in Wald und FlurEin gesundheitliches Risiko durch Infektionen? Thomas Rebe Institut für Arbeitsmedizin Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Natur- und Wirtschaftsraum Wald: Erholung Tiere+Pflanzen Arbeit Holz Sport Klima Waldkulturerbe Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Wasser+Boden Nachhaltigkeit: www.wald2011.de Wald: 11,1 Millionen Hektar Wald wachsen in Deutschland. Das sind rund ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands. 1,2 Millionen Beschäftigte Der beliebteste Wald in Deutschland? 1. Der Nationalpark Harz (21 Prozent Zustimmung) Baum des Jahres 2011? Elsbeere, die edle Unbekannte: Jagd/ Jagdscheininhaber: D: 350.538, Nds: 60.000 Flur: 16,9 Millionen Hektar werden landwirtschaftlich genutzt. Das sind ca. 47,4 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. 1,25 Millionen Beschäftigte Infektionsgefahr? Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Tätigkeiten und Berufe in Wald und Flur: Landwirt, Forstwirt, Förster, Fischwirt, Forstarbeiter, Waldpädagogin, Gärtner, Greenkeeper, Gartenbauer, Obstbauer, Baumpfleger, Winzer, Tierhalter, Tierzüchter, Tierpfleger, TierärztInnen, Tier(physio)therapeuten, Tierpsychologe, Tierheilpraktiker, Imker, Schäfer, Wissenschaftler: Biologen, Botaniker, Palaontologen, Umweltingenieure, Ingenieure, Techniker, Umweltschutz, Hydrologen, Schädlingsbekämpfer, Jäger, Umweltmediziner, Tischler, Schlosser, Bauarbeiter … Welche Tätigkeit kommt nicht mit Wald und Flur in Berührung? Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Eichenprozessionsspinner Infektion: Tumor, Dolor, Calor, Rubor Oder Allergie? Oder Reizung? Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Erreger: Viren. Die Tollwut gehört zu den gefährlichsten Wildkrankheiten. Sie verläuft immer tödlich. Tollwut Wildtiere werden zutraulich oder angriffslustig, Haustiere schreckhaft und launenhaft. Die Infektion erfolgt durch Bisse und über Wunden oder Schleimhautverletzungen bei Berührung kranker Stücke. Inkubationszeit 3 Wochen- 6 Monate Für den Menschen besteht erhöhte Ansteckungsgefahr. Deshalb kranke Stücke nicht berühren oder Schutzhandschuhe tragen. RG 3 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Krankheitsbild der Tollwut: An der Bissstelle Juckreiz und Schmerzen, dann Fieber, Erbrechen und quälende Kopfschmerzen, Muskelspasmen und generalisierte motorische Unruhe, Krämpfe, präfinal Photophobie und Hydrophobie, Tod durch Atemlähmung Therapie: Keine spezifische Therapie möglich Prävention: Präexpositionell Schutzimpfung, postexpositionell: Simultanimpfung (a/p) Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sind meldepflichtig, auch Verletzung oder Berührung von tollwutkranken –verdächtigen Tieren. Wild: Tierseuche, Wildbret ist genussuntauglich. Bei Tieren sind Krankheitsanzeichen: Veränderte Stimme, hängender Unterkiefer, Schluckbeschwerden, Speichelfluss, Hautabschürfungen, Angst vor Wasser Nachweis am toten Stück erfolgt durch eine Spezialuntersuchung in den Verbraucherschutzämtern (Veterinärämtern). Seit dem 2. Quartal 2006 sind in Deutschland keine Tollwutfälle festgestellt worden. Ausnahme: 2007 Tollwut bei einem aus dem Ausland mitgebrachten Hund 32 Fälle der Fledermaustollwut, die aber eine eigenständige Krankheit darstellt. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Zoonosen im Sinne der BK 3102 BKV: Von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbare Infektionskrankheiten: 1. Hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Rickettsien) Brucellosen, Campylobacter-Infektionen, Chlamydiosen, Enterohämorrhagische Escherichia coli-Infektiönen Katzenkratzkrankheit, Leptospirosen, Listeriose, Lyme-Borreliose, Milzbrand, Pasteurellosen, Q-Fieber, Rattenbisskrankheit (auch Sodoku genannt), Rotlauf (Erysipeloid), Salmonellosen, Streptococcus equi-Infektion, Streptococcus suis-Infektion, Tuberkulose, Tularämie, (Enterale) Yersiniosen 2. Hervorgerufen durch Viren Bläschenkrankheit des Schweins, Frühsommermeningoenzephalitis (FSME), Hantavirus-Erkrankungen (HPS Hantavirus Pulmonary Syndrome und NE - Nephropathia epidemica), Lymphozytäre Choriomeningitis, Maul- und Klauenseuche, Melkerknoten, Newcastle-Krankheit (atypische Geflügelpest), Tierpocken, Tollwt (Lyssa, Rabies) 3. Hervorgerufen durch Pilze Mikrosporie, Sporotrichose, Trichophytie 4. Hervorgerufen durch Parasiten (Protozoen und Würmer) 4.1. Protozoen Balantidiose, Giardiasis, Kryptosporidiose, Pneumozystose, Toxoplasmose 4.2. Würmer Echinokokkose 5. Hervorgerufen durch andere Krankheitserreger Zum Beispiel Milben als Krankheitserreger der Krätze, Räude u.a. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen: 2007 2008 2009 2010 angezeigte BK 3102 79 85 79 119 Rente BK 3102 3 6 4 1 (Präventionsbericht 2011) Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Gefährdung durch Wildkrankheiten Erreger Viruserkrankungen bakterielle Erkrankungen Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Gefahr für Seuchen‐ Anzeige‐ Menschen gefahr pflicht Krankheit Tollwut XXX X X Schweinepest X X Myxomatose X X EBHS X X RHD X X Blauzungenkrankheit X X Vogelgrippe XX X X Geflügelpest X X Maul‐ und Klauenseuche X X FSME X X Borreliose XX (X) Botulismus X Brucellose X X Milzbrand XX X X Hasenseuche (Pasteurellose) Nagerpest (Tularämie) XX Pseudotuberkulose X X Salmonellose X Staphylokokose (Eiterkrankh.) X Strahlenpilz (Aktiomykose) Hanta-Virus Träger: Nager, Waldwühlmaus, Rötelmaus 10% tragen Viren in Speichel, Urin und Faezes. Übertragung auf den Menschen durch Aerosole Häufig unbemerkt, hämorrhagisches Fieber Niereninfektion und Nierenversagen Diagnostik: Serologie Therapie: Schocktherapie Prävention: Meidung von Mäusekot Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sind meldepflichtig. RG 3 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Zecken FSME Borreliose RKI, 2010: 147 Fälle Nationales Referenzzentrum für Borrelien: 60.000-100.000 Erkrankungen Bundesweite Meldepflicht Meldepflicht der Erkrankung: Neue Bundesländer und neu: Rheinland Pfalz Impfung möglich, STIKO: in FSME Endemiegebieten Impfung nicht möglich Diagnose: Serologie, IgG und IgM AK, Virusnachweis Liquor RT-PCR Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 ? Borreliose Stadium 1 lokales Erythema migrans (nach Tagen bis Wochen) Stadium 2 disseminierte Infektion (Wochen bis Monate) Neuroborreliose Gelenkborreliose und selten Herzentzündung Akute Borreliose: Symptome < 6 Monate (90 bis 95 % der Fälle) Stadium 3 chronische Lyme-Borreliose (Monate bis Jahre) chronische Neuroborreliose, Gelenkborreliose, ACA (Akrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer) Chron. Borreliose: Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Symptome > 6 Monate (5 bis 10 % der Fälle) Diagnostik Borreliose: Klinik und Serologie! ELISA (Suchtest) Westernblot (Bestätigungstest) Ig G= positiv Ig M= negativ in der Regel früherer Borrelienkontakt Ig G= positiv Ig M= positiv Vereinbar mit Borreliose RG 2 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Prävention Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. gibt Tipps zur Vorbeugung: In der Zeckensaison (April bis November) nicht durch Gebüsch und Unterholz streifen. Kein Aufenthalt, wo sich viele Wirtstiere (Mäuse, Igel, Wild) aufhalten können: Heuhaufen, dichtes Unterholz, Futterstellen… Die Haut bedecken: Feste Schuhe (keine Sandalen), lange Hosen und Hemden mit langen Ärmeln Repellentien bieten zusätzlichen Schutz, z.B. Autan Nach dem Waldaufenthalt sofort die Kleidung wechseln und Körper sowie Kleidung auf Zecken untersuchen Vorsicht: Damit die Blutsauger bei ihrer „Mahlzeit” nicht gestört werden, suchen sie sich gern verborgene Plätze (Haaransatz, Leisten- u. Genitalgegend, Knie- und Achselhöhlen). Hier sollte besonders sorgfältig nachgeschaut werden. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Therapie nach Zeckenbiss: O Tom Zeckenhaken Zecke schnell entfernen, verringert die Gefahr, sich zu infizieren. Zecke nicht quetschen, Bissstelle desinfizieren Bissstelle: Schwillt sie an oder wird rot oder treten zwei bis drei Wochen später grippeartige Symptome auf, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Auch wenn es zu anderen Beschwerden kommt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Therapie: 200-400 mg Doxycyclin für 2-3 Wochen In Deutschland keine Antibiotika-Prophylaxe (einmalig 200 mg Doxycyclin) Nur in hyperendemischen Regionen! Erkrankungsrisiko für eine manifeste Erkrankung liegt in D nur bei 0,3–1,4 %, Konsensuspapier Nach einem Zeckenbiss in einem der FSME-Risikogebiete muss innerhalb von drei Tagen ein Arzt aufgesucht werden. In diesem Zeitraum kann der Arzt noch nachträglich den Abwehrstoff spritzen. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Ehrlichiose, Bakterien durch Zecken übertragen Fieberhafte Systemerkrankung mit Kopf-Gliederschmerzen, Husten, Übelkeit und Appetitlosigkeit früher USA jetzt zunehmend auch Europa Diagnose: Serodiagnostik, intraleukozytäre Mikroorganismen, Panzytopenie, Leberfunktionsstörung, Anstieg Bilirubin Therapie: Doxycyclin Gesetzliche Regelungen: keine RG 2 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Tetanus Clostridium tetani ubiquitär verbreitet Saprozoonose (über den Erdboden) Wundstarrkrampf Auffrischimpfung nach 10 Jahren RG 2 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Leptospiren • Übertragung der Bakterien direkt oder indirekt über Hautverletzungen von Ratten, Mäuse, Kaninchen, Hunden etc. • Akute generalisierte Infektionskrankheit Nach Inkubationszeit (5-14d) hochgradiges Fieberphase, Schüttelfrost und Muskelschmerzen 1. Entzündungen der Bindehaut. • Fieberfreies Intervall Fieberphase mit Nackensteifigkeit, Erbrechen, 2. Bewußtseinsstörungen, Lichtscheu und Kiefersperre • Diagnostik: ?, Labor Nieren- und Leberwerte, BB, Serodiagnostik ab 2. Woche • Therapie: früh Penicillin G i.v. (Doxycyclin) für 10 d + symptomatisch • 20% tödlich, Meldepflicht RG 2 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Kleiner Fuchsbandwurm Echinococcus multilocularis Füchse sind Endwirte der Bandwürmer, abgegebene Eier infizieren Zwischenwirte, wie Mäuse, hier Bildung Bandwurmlarven. Füchse fressen Mäuse, Bildung von Adultwürmern. Bandwurmeier setzen sich beim Menschen in der (10/100.000) Leber fest, alveoläre Echinokokkose Europäisches Echinokokkose-Register (EurEchinoReg): 559 Fälle 1982-2000, hiervon Landwirte 21,9%, bei Tätigkeiten in Wald, Garten+Jäger: 40% Davon hatten 70% auch Hunde und Katzen, nur 15% gehören keiner Risikogruppe an. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 RG 3 Endemiegebiet Echinococcus: Kontaminierte Lebensmittel erhitzen (>60°C > 5min) Niedrig hängende Früchte/ Fallobst nicht roh oder ungewaschen essen Kein Einatmen von eierhaltigem Staub Finger weg von toten Füchsen: Abbalgen nur mit Handschuhen Vor Präparation bei -80°C einfrieren Diagnostik: Bildgebende Verfahren+Serologie (5%negativ, Nachweis mRNA, DNA) Meldepflicht: Indirekter oder direkter Nachweis Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Antikörperprävalenz von Zoonose-Erregern bei Jägern in Österreich Deutz et al. (2003) untersuchten serologisch 149 Jäger aus der Steiermark und Burgenland auf Antikörper: Borrelia burgdorferi (IgG 42%, IgM 7%) Ehrlichia spp.(IgG 15%, IgM 3%), Blutspender IgG 6%, IgM 1% Normalbevölkerung 0% bis 1,5% Risikopopulationen 3,8% bis 19,5% Leptospira interrogans (10%), Normalbevölkerung 1,8% Echinococcus multilocularis/ E. granulosus (5%/11%), Puumala-Hantavirus (10%) Südwestdeutschland 3% zeigen erhöhtes Expositionsrisiko von Jägern gegenüber Zoonose-Erregern. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Weitere mögliche Infektionen: Bakterien: Mycobacerium Marinum, Rotlauf, Salmonellose, Streptokokkeninfektion, Tuberkulose, Tulärämie Pilze: Kryptokokkose, Mikrosporie, Sporotrichose, Trichophytie Viren: Maul und Klauenseuche, Metzgerpapillome, Tierpocken, Kuhpocken, Parasiten: Amöbiasis,Toxoplasmose, Trematoden, Bilharziose, Nematoden, Prionen: BSE Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Infektionsschutzgesetz Das IfSG regelt, welche Krankheiten bei Verdacht, Erkrankung oder Tod und welche labordiagnostischen Nachweise von Erregern meldepflichtig sind. Weiterhin legt das Gesetz fest, welche Angaben von den meldepflichtig Erkrankten gemacht werden und welche dieser Angaben vom Gesundheitsamt weiter übermittelt werden. Zusätzlich werden die Meldewege dargestellt, Muster der Meldebögen und Informationen über Belehrungen sind abrufbar. Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Rechtsgrundlagen Biostoffverordnung, ArbMedVV, BGI 504-42 • G 42, Pflichtuntersuchung bei Zecken-Kontakt als Wald- oder Forstarbeiter, wenn Tätigkeiten in niederer Vegetation und in Endemiegebieten von FSME und Tollwut • G 42 für Tierärzte mit besonderer Infektionsgefährdung • Arbeitgeber hat gezielte Beratung in Endemiegebieten anzubieten • Impfbuchkontrolle: Polio, Tetanus, Diphtherie G 42: Erstuntersuchung vor Tätigkeitsbeginn, Erste Nachuntersuchung nach 12 Monaten, Weitere Nachuntersuchungen nach 36 Monaten Letzte Nachuntersuchung nach Beendigung Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Prävention • Kontakt zu toten Tieren meiden • Nagetiere und deren Kot meiden • Infektketten brechen durch Hygiene und Ratten- und Mäusebekämpfung • Keine niedrig wachsenden Früchte essen • Schutzkleidung (Stiefel, Handschuhe, Brille) • Zeckenkontrolle bzw. sofortige Entfernung • Bestehende Hautverletzungen schützen Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011 Natur macht gesund und glücklich. Wenn Infektionen vermieden werden! Dr. Thomas Rebe Institut für Arbeitsmedizin MHH Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover [email protected] Tel.: 0511-532 9336 Heilpflanze des Jahres 2011 Arbeiten in Wald und Flur Institut für Arbeitsmedizin 01.09.2011