Az. 6790-10-39a März 2009 Empfehlung der ZKBS zur Risikobewertung des Hepatitis B Virus des Menschen (HBV) als Spender- oder Empfängerorganismus für gentechnische Arbeiten gemäß § 5 Absatz 1 Gentechnik-Sicherheitsverordnung Das humane Hepatitis B Virus (HBV) gehört zur Familie der Hepadnaviridae. Sein natürlicher Wirt ist der Mensch. Es vermehrt sich bevorzugt im Lebergewebe (1), jedoch wurde auch HBVDNA in Blutzellen nachgewiesen (2). Es ist weit verbreitet. Laut Bericht der WHO gibt es weltweit bis zu 2 Milliarden seropositive Personen, davon 360 Millionen (18%) chronische Infektionen (1). Die HBV-Infektion kann subklinisch verlaufen. Sie kann jedoch auch eine akute, selbstlimitierende oder - in seltenen Fällen - fulminante Hepatitis verursachen (1, 3, 4). Die Sterblichkeitsrate bei den akuten Infektionen liegt bei 0,5-1% (4). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine infizierte Person eine chronische Hepatitis entwickelt, hängt vom Alter der Person zum Zeitpunkt der Infektion ab (1, 3, 4). 15-25% der chronisch infizierten Personen sterben an einer Zirrhose oder einem hepatozellulärem Karzinom (1). Die Übertragung von HBV erfolgt horizontal (parenteral oder über Sexualkontakte) und vertikal (perinatal). Es wird nicht über den Luftweg, über Nahrungsmittel oder Wasser übertragen (1, 3, 4). HBV ist stabil. Außerhalb des Wirtsorganismus bleibt es bis zu sieben Tagen infektiös (3). Es steht ein Impfstoff zur Verfügung, der das virale Oberflächenprotein von HBV, das HBsAntigen, enthält und mithilfe von Saccharomyces cerevisiae gentechnisch hergestellt wird. Er verleiht in der Regel über viele Jahre einen wirksamen Schutz vor einer HBV-Infektion. Lediglich bei Impfung erwachsener Personen, die älter als 40 Jahre sind, besteht die Möglichkeit, dass sie keinen ausreichenden Antikörpertiter gegen das HBV-Hüllprotein entwickeln (1). Die Behandlung der akuten Infektion erfolgt supportiv (4). Zur Behandlung der chronischen Infektion stehen verschiedene antivirale Medikamente zur Verfügung (3, 4). Gemäß Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) vom 24. Oktober 1990 war HBV der Risikogruppe 2 zugeordnet. Gemäß Anhang III der europäischen Richtlinie 93/88 EWG (12.10.93) wurde HBV in die Risikogrupppe 3** eingestuft. In den “Guidelines for Research Involving Recombinant DNA Molecules“ vom April 2002 („NIH Guidelines“) wird HBV der Risikogruppe 2 (Appendix B-II-D) zugeordnet. Empfehlung Das humane Hepatitis B Virus wird gemäß § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang I Nr. 1 als Spender- und Empfängerorganismus für gentechnische Arbeiten der Risikogruppe 2 zugeordnet. Begründung Zur Prophylaxe steht ein wirksamer Hepatitis B-Impfstoff zur Verfügung. Bei sachkundigem Umgang durch geschultes Personal wird das Infektionsrisiko im Labor als gering bewertet. Der Schutz vor Infektion erfordert die Beachtung möglicher Infektionsquellen und der Übertragungswege. Eine mögliche Infektionsquelle könnte die Verletzung mit einem kontaminierten Gerät sein, die durch gesonderte Vorsichtsmaßnahmen zu vermeiden ist. Bei einer akzidentellen Übertragung steht als Postexpositionsprophylaxe ein Hepatitis BImmunglobulin und/oder der Hepatitis B-Impfstoff zur Verfügung. Eine Übertragung von HBV über den Luftweg, über Nahrungsmittel oder Wasser findet nicht statt. Daher sind Sicherheitsmaßnahmen der Stufe 2 für den Schutz vor einer Infektion und der im § 1 GenTG genannten Rechtsgüter ausreichend. Zusätzliche Empfehlung Die ZKBS empfiehlt, dass Personen, die gentechnische Arbeiten mit HBV durchführen, gegen HBV geimpft sind und dass ihr Immunstatus kontrolliert wird. Hinweis Zur Sicherheitseinstufung gentechnischer Arbeiten siehe Stellungnahme der ZKBS zu gentechnischen Arbeiten mit dem Hepatitis B Virus (HBV) des Menschen vom Oktober 1995, Az. 6790-10-39. Es liegen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die die in dieser Stellungnahme vorgenommene Einstufung in Frage stellen. Literatur 1. Shepard, C.W., Simard, E.P., Finelli, L., Fiore, A.E., Bell, B.P. (2006). Hepatitis B virus infection: epidemiology and vaccination. Epidemiol Rev. 28: 112 - 125. 2. Pasquinelli, C., Lauré, F., Chatenoud, .L, Beaurin, G., Gazengel, C., Bismuth, H., Degos, F., Tiollais, P., Bach, J.F. and Bréchot, C. (1986). Hepatitis B virus DNA in mononuclear blood cells. A frequent event in hepatitis B surface antigen-positive and -negative patients with acute and chronic liver disease. J Hepatol. 3: 95 - 103. 3. Dienstag, J.L. (2008). Hepatitis B virus infection. N Engl J Med. 359: 1486 – 1500. 4. http://www.cdc.gov/hepatitis/index.htm 2