Gedächtnis Komplexität des Forschungsgegenstandes Organismus Erfahrung/Übung ermöglicht Reiz Situation Afferenz Erleben Sinnesorgan Lernen Reaktion Gedächtnis Änderung Erfolgsorgan ZNS Efferenz Verhalten Persönlichkeit Änderung des Verhaltens 2 Gedächtnis Ein Thema, das (wie wir gerade gesehen haben) sehr nahe beim Thema „Lernen“ liegt, ist das Thema „Gedächtnis“. Lernen ist ohne ein Gedächtnis nicht möglich. Ein Gedächtnis ist ohne lernen nicht möglich. 3 Gedächtnis Lernen ist der Prozess, bei dem wir Informationen erwerben bzw. verändern und danach speichern Gedächtnis ist die „modellhafte Vorstellung“ davon, wie der Organismus fähig ist, Information zu verarbeiten, zu speichern und abzurufen 4 Gedächtnis In der psychologischen Forschung wurden verschiedene Zweige entwickelt Interessenschwerpunkt Lernen Interessenschwerpunkt Gedächtnis (Behalten und Vergessen) 5 Gedächtnis Gedächtnis Lernen Prozess, bei dem wir Informationen erwerben bzw. verändern und danach speichern Gedächtnis „Modellhafte Vorstellung“ davon, wie der Organismus fähig ist, Information zu verarbeiten, zu speichern und abzurufen 7 Aufbau des Gedächtnisses Gedächtnis Text „Gedächtnis“ bis und mit „Die Speichersysteme des Langzeitgedächtnisses“ (Hobmair, 2010, S.75-78) 9 Gedächtnis Bild A Aufgaben 1. Beantworten Sie folgende Frage: Was wird in der Psychologie bzw. in der Pädagogik unter dem Begriff Gedächtnis verstanden? 2. Erläutern Sie möglichst präzise und ausführlich, was in folgenden Fallbeispielen im Gedächtnis abläuft. a) Fallbeispiel 1: Wahrnehmungsexperiment, bei dem ein Reporter ausgetauscht wird (Bild A). Was läuft bei der Versuchsperson im Gedächtnis ab? b) Fallbeispiel 2: Ihre Mutter gibt Ihnen per Handy (mündlich) eine Telefonnummer durch. Sie haben aber nichts zum Schreiben und müssen sich die Nummer bis zum Ende des Gespräches merken. c) Fallbeispiel 3: Ihre Grossmutter ist schon seit 20 Jahren nicht mehr Fahrrad gefahren. Heute nimmt sie allen Mut zusammen, setzt sich aufs Fahrrad und fährt ohne Probleme (zu Beginn noch etwas langsam) los. d) Fallbeispiel 4: Ihre kleine Nichte zeigt Ihnen ganz stolz ihr neues Kleid. Sie können sich ein Grinsen nicht verkneifen, da die Situation Sie so stark an Ihre eigene Kindheit erinnert. 10 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses In der Literatur finden sich eine Reihe unterschiedlicher Modelle zur Struktur des Gedächtnisses. Das Gedächtnis ist ein psychologisches/theoretisches Konstrukt (daher kann über einen möglichen Aufbau nur spekuliert werden!). Das bekannteste Modell ist das Mehr-SpeicherModell. 11 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Das Mehr-Speicher-Modell geht davon aus, dass das Gedächtnis aus drei Komponenten besteht: Sensorisches Gedächtnis (SG) Kurzzeitgedächtnis (KZG)/Arbeitsgedächtnis Langzeitgedächtnis (UG) 12 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Sensorische Gedächtnis: Es registriert alle Informationen bzw. Reize, die der Mensch durch seine Sinnesorgane wahrnimmt. Im sensorischen Gedächtnis findet noch keine Informationsverarbeitung statt. Die Aufnahmekapazität des sensorischen Gedächtnisses ist nahezu unbegrenzt. Gleichzeitig wird aber sehr viel und in Bruchteilen von Sekunden vergessen. Nur ein Teil der Information wird ans Kurzzeitgedächtnis weitergeleitet. 13 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Kurzzeitgedächtnis oder Arbeitsgedächtnis: Es verarbeitet die Informationen, die es vom sensorischen Gedächtnis und vom Langzeitgedächtnis bekommt ! Es kann maximal 7 +/- 2 Einheiten (chunks) behalten • Beispiel für einen chunk ist: a / q / ch / Haus / Sonnenblumenkern • chanking = verknüpfen von chunks zu neuen chanks • 0 5 6 3 3 3 4 5 2 2 056 333 45 22 14 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Kurzzeitgedächtnis oder Arbeitsgedächtnis: Im Kurzzeitgedächtnis werden die Informationen ohne aktives wiederholen bis zu maximal einer Minute gespeichert. Wenn Informationen bewusst wiederholt werden, könne Sie beliebig lange im Speicher behalten werden. Im Kurzzeitgedächtnis wird die Information verarbeitet Das Kurzzeitgedächtnis ist das einzige Gedächtnismodul, das es uns erlaubt, seinen Inhalt bewusst zu erleben, zu verarbeiten, zu organisieren und zu reflektieren. Nur ein Teil der Information wird ans Langzeitgedächtnis weitergeleitet. 15 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Das Langzeitgedächtnis Das Langzeitgedächtnis erhält nur relativ wenige Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis. Das Langzeitgedächtnis speichert die Information von Kurzzeitgedächtnis jedoch dauerhaft durch die Schaffung chemischer Verbindungen (Gedächtnisspuren). Das Langzeitgedächtnis gilt als das eigentliche Gedächtnis, das alles Wissen eines Menschen enthält und nahezu unbegrenzt ist. Um Wissen aus dem Langzeitgedächtnis bewusst wahrzunehmen, muss es in Kurzzeitgedächtnis „geschoben“ werden. 16 Ergänzung & Repetition: Aufbau des Gedächtnisses Das Langzeitgedächtnis Das Langzeitgedächtnis besteht aus deklarativen (expliziten) und dem nicht-deklarativen (reflexives, impliziten) Gedächtnis Deklaratives Gedächtnis: episodisches und semantisches Gedächtnis Nicht-deklaratives Gedächtnis: prozedurales Gedächtnis, Priming und Konditionierungsformen 17 Behalten und Vergessen Der verlorene Seemann Ein Beispiel, das aufzeigt was passiert, wenn wir uns nichts mehr merken können. 19 Der verlorene Seemann Inhalt der Geschichte „ein verlorener Seemann“: Ein amerikanischer Seemann (Gimmy G.) erkennt den gegenwärtigen Präsidenten der USA nicht und beharrt darauf, dass der vor zwanzig Jahren amtierende Präsident noch immer im Amt ist, obwohl er weiss, dass die Amtszeit von Präsidenten zeitlich beschränkt ist. Er erkennt und spricht mit seinem Bruder, betont aber bei jedem Besuch, dass dieser um zwanzig Jahre gealtert sei, seit er ihn das letzte Mal gesehen habe. Der Patient hat in seiner Jugend durch Alkoholmissbrauch in der Marine einen Teil des Limbischen Systems in seinem Gehirn zerstört und damit eine schwere Gedächtnisstörung (Korsakow-Syndrom) erlitten, die es ihm unmöglich macht, neue Informationen für länger als einige Minuten zu behalten, hat aber noch Zugang zu Gedächtnisinhalten aus der Zeit vor seiner Krankheit. Dieser Patient ist schwerstkrank und vollständig invalide, unfähig, in seiner neuen Umgebung ohne fremde Hilfe zu überleben. Er wird für den Rest seines Lebens hospitalisiert bleiben, wobei er sich höflich beklagt, dass jeden Tag neue Krankenschwestern Dienst tun ... 20 Korsakow-Syndrom Das Korsakow-Syndrom ist eine zuerst bei Alkoholikern beschriebene Form der Amnesie (Gedächtnisstörung). Eine erste detaillierte Beschreibung wurde 1880 vom russischen Neurologen Sergei Korsakow (1854–1900) veröffentlicht. Wesentliche Symptome des nach ihm benannten Syndroms sind: anterograde Amnesie: Dabei sind Betroffene nicht in der Lage, neue Inhalte zu speichern oder wiederzugeben. retrograde Amnesie: Betroffene können erlebte Inhalte aus der eigenen Vergangenheit nicht verarbeiten, erkennen oder wiedergeben. Konfabulation: Die Patienten produzieren Geschichten, die objektiv falsch sind, aber vom Patienten als wahr empfunden werden. Zumeist setzen sich diese aus Bruchstücken tatsächlicher Erlebnisse zusammen. Desorientiertheit: Die Patienten wähnen sich in einer früheren Zeit und an einem anderen Ort; oft handeln sie auch dieser falsch empfundenen Realität entsprechend. Das Korsakow-Syndrom wurde zuerst bei chronischen Alkoholikern beschrieben, in der Folge aber bei vielen weiteren Hirnaffektionen beobachtet: Schädel-Hirn-Trauma bestimmte Hirnblutungen weitere Schädigungen des vorderen limbischen Systems (http://www.suchtmittel.de/info/alkoholsucht/000314.php) 21 Behalten und Vergessen Einige Erkenntnisse zum Behalten und Vergessen. 22 Behalten und Vergessen Wie lernt man? Kontinuierlich oder in Schüben oder…? Zeichnen Sie eine Kurve. 23 Behalten und Vergessen Welche Informationen werden am besten behalten? Jene am Anfang, in der Mitte, am Ende,…..? 24 Behalten und Vergessen Was ist sinnvoller „einmal 10 Stunden lernen“ oder „10 mal 1 Sunde lernen“? 25 Behalten und Vergessen Gliedern Sie folgenden Lernstoff danach, wie leicht er behalten wird: sinnlose Silben, Gesetzmässigkeiten, Gedichte. 26 Behalten und Vergessen Behalten und Leistungsfähigkeit hängen eng zusammen. Zeichnen Sie eine Kurve, wie sich die Leistungsfähigkeit beim Menschen im Verlauf des Tages verändert. 27 Behalten und Vergessen Aktiviert oder hemmt Angst die Merkfähigkeit? Wird angenehme oder unangenehme Information besser behalten? 28 Behalten und Vergessen Welches bzw. welche der folgenden Merkmale haben einen Einfluss auf das Behalten und Vergessen: A) „körperliche Verfassung“ und B) „seelische Verfassung“, D) „Motivation“, E) „Nutzen des zu lernenden Sachverhalts“ und F)„ruhige Arbeitsumgebung“. Alle genannten Merkmale haben einen Einfluss auf das Behalten und Vergessen. Die körperliche und seelische Verfassung Die Motivation Der Nutzen des zu lernenden Sachverhalts Der Lärmpegel beim Lernen 29 Gedächtnishemmungen Gedächtnishemmungen Der Lernprozess (Speicherung als auch Abrufen der Informationen) läuft nicht immer problemlos ab. Es gibt eine Reihe von Merkmalen, die den Lernprozess hemmen können. Gedächtnishemmungen = Bedingungen, die sich blockierend auf das Speichern und Behalten von Informationen auswirken, und von daher auch Faktoren, die das Behalten und Vergessen beeinflussen. 31 Gedächtnishemmungen Proaktive (vorauswirkenden) und retroaktive (rückwirkend) Hemmung Die Erinnerung an einen gerade gelernten Sachverhalt beeinflusst auf negative Weise das unmittelbar darauf folgende Lernen eines neuen Sachverhaltes und umgekehrt. 32 Gedächtnishemmungen Ähnlichkeitshemmung Lernt man nach einem eben gelernten Sachverhalt einen neuen hinzu, der dem ersten sehr ähnlich ist, so vermischen sich die Elemente der beiden Sachverhalte miteinander und können das Lernen und Behalten blockieren. 33 Gedächtnishemmungen Erinnerungshemmung Wird ein neuer Sachverhalt gelernt, kurz bevor ein bereits gespeichertes Wissen wiedergegeben werden soll, so wird die Wiedergabe dieses schon gespeicherten Wissens durch das Lernen des neuen Sachverhaltes blockiert. 34 Gedächtnishemmungen Gleichzeitigkeitshemmung Mehrere gleichzeitige Aktivitäten verhindern, dass man sich auf eine Aktivität voll konzentrieren kann, und bewirken eine Blockade der Informationen, die man aufnehmen will. 35 Gedächtnishemmungen Affektive Hemmung Starke Gefühle wie zum Beispiel Freude, Angst, Schmerz oder Eifersucht können das Lernen blockieren. 36