Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung Teil: Forschungslogik III TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘ 1. 2. 3. 4. 5. 6. Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und Geschichte von Sozialforschung Forschung: Aufgaben von Wissenschaft, hierzu geeignete Methoden und der Forschungsprozess Grundlagen: Wissenschaft und Wahrheit, wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisprozesse Denkwerkzeug: Begriffe, Aussagen, Theorien und Modelle Theorie und Wirklichkeit: Theoriebildung und Theorieprüfung; Ratschläge zu typischen Forschungsstilen und Interpretationsfehlern Ergebnissicherung: Merkmalsräume, Typologien und Klassifikationen Ø In der Regel aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung behandelt TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Wissenschaft ist ... ü menschliches Handeln, das ... ü abzielt Kontro versen Ø Werte, Interessen, Leidenschaft, Irrationalität Ø Irrtümer, Scheitern ü auf die Herstellung von Aussagen, die ... Ø Produkt von Wissenschaft ü alltagspraktischen Aussagen in folgendem überlegen sind: ü reflektierte Perspektivität, Selektivität und Normativität ü Übereinstimmung mit ihrem Gegenstand ü logische Konsistenz Ø Konkurrenz von Wissenschaft und Alltagsdenken Ø Theoriebildung, Arbeit mit überlegt gezogenen Stichproben Ø empirische Wahrheit Wahrheitstheorie Ø logische Wahrheit Auf was für Aussagen aber zielt Wissenschaft denn überhaupt ab? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Rat aus langjähriger eigener Beschäftigung mit dem Thema: Sehen Sie Wissenschaft so … ‚Wissenschaft‘ : Kontroversen Soll man Wissenschaft verstehen … ü als Gegenpol zum ‚bloßen Fürwahrhalten und Meinen‘? ü Leitgedanke: „Wissenschaft ist dort, wo Wahres gesagt und gelehrt wird!“ Ø „Unwissenschaftlich geht es dort zu, wo Unwahres gesagt und gelehrt wird!“ Ø Problem: Auch Wissenschaftler können sich täuschen – und hören trotzdem nicht auf, Wissenschaftler zu sein! ü Augenmerk auf … ü der besonderen Qualität der Produkte von Wissenschaft ü der besonderen Qualität von Wissenschaftlern ü als chancenorientierten sozialen Prozess? ü Leitgedanke: „Wissenschaft ist dort, wo nach Wahrheit gestrebt wird und Regeln in Geltung sind, die einem chancenreichen Streben nach Wahrheit dienen!“ Ø „Unwissenschaftlich geht es dort zu, wo es einem egal ist, ob eine Aussage wirklich wahr ist, oder wo man sich nicht an solche Spielregeln hält, die es erleichtern, wahre von falschen Aussagen zu unterscheiden!“ ü Augenmerk auf … ü jenen Regeln, die das Streben nach Wahrheit chancenreich machen ü den Schwierigkeiten, welche die Einhaltung jener Regeln bereiten kann TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Rat aus langjähriger eigener Beschäftigung mit dem Thema: Sehen Sie Wahrheit so … Was ist Wahrheit? Grundlegende Kontroverse: semantische Wahrheitstheorien ( Kontr overse zu den seman n tis Wahrh eitsthe chen orien ) substantialistische Wahrheitstheorien ü Wahrheit ist eine Eigenschaft, die ü Wahrheit ist eine Eigenschaft, die ‚Seinsgebilde‘ Aussagen haben können. (= Dinge, Personen, Ideen …) haben können. ü Diese (zu überprüfende!) ü Beispiele: Eigenschaft bezeichnet man als ... ü ‚Das Gute ist wahr!‘ ü logische Wahrheit: Ø Eine Aussage ist logisch korrekt (‚logisch richtige Aussage‘). ü empirische Wahrheit: Ø Eine Aussage stimmt mit ihrem empirischen Referenten überein. è ‚Korrespondenztheorie der Wahrheit‘ Ø statt etwa: ‚Es ist wahr, dass dies da gut ist! ü ‚Dies ist ein wahrer Staat!‘ Ø statt etwa: ‚Es ist wahr, dass dies ein Staat ist!‘ ü ‚Gott ist die Wahrheit!‘ Ø statt etwa: ‚Es ist wahr, dass es Gott gibt – und Gott auch nichts Falsches kundtut!‘ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt → Dass eine Aussage logisch wahr ist, gewährleistet noch lange nicht, dass sie auch mit den Tatsachen übereinstimmt! Beispiele für Aussagen, deren Wahrheitsgehalt sich rein logisch überprüfen lässt = ‚analy t ü ü ü ü ü ü ische (Gege Aussa nbegr gen ‘ iff: ‚em pirisch Dam e Aus i sagen müs t man De sen A Zählen: 1 + 1 = 2 ‘) nkfe hler ussa e gen mathematische Formeln: KLA rkennen R k Au (a + b)² = a² + 2ab + b² à Ro formulie ann, s s rt a lo lle vo n Fa werden! Kontradiktion: „Ein Kreis ist viereckig!“ ve gischgen, d chbe rm fal ie D griffe ied sch en Tautologie: „Wasser besteht aus H2O!“ n en e S kfe b h zw chl ler Argument: . ko b ü rrig sse einh Aus den eben vorgetragenen Gründen folgt: .... a z ier t w iehe lten ( d. erd n), Syllogismus: en m h.: ! üss ü Alle Menschen sind sterblich / Bei uns sind alle Bären weiß. en ü Sokrates ist ein Mensch / Das ist ein Bär. ü Also ist Sokrates sterblich / ... ist dieser Bär weiß! (??) è NUR über logische Wahrheit wird der Wahrheitsgehalt von Logik, e g i t Prämissen auf Folgerungen übertragen! r weiwe Problem des Syllogismus: Er erweckt den Anschein, eine Sache der Logik zu sein – und ist doch eine Sache allein der Empirie! ken ( z ics ‘ …) i g o L edene , ‚fuzzy log i h c s r è ve dale Logik mo TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Ein ‚empirischer Referent‘ ... s as ,d ‘) en s rg on r e so pti de gi ür rze on olo Pe eit v ‚Ide w f da ch ft: ie rli ( ha t d ä h n sc af f ne en sch t ge tfer iss ell h n W es nic eit e on r G hk k v ine n lic ec n e eite irk Zw h i chk nsw sic rkli tio wi pera O ist ... ü jener Ausschnitt der Operationswirklichkeit, ü auf den sich eine Aussage bezieht. Er kann bestehen u.a. in ... ü ü ü ü ü Dingen Personen sozialen Beziehungen Gedanken, Gefühlen Aussagen Aussagen hierüber ... - können irgend etwas zwischen ‚wahr‘ und ‚falsch‘ sein - drücken einen dem empirischen Referenten entsprechenden (‚korrespondierenden‘) Teil der Perzeptionswirklichkeit aus TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ‚Operationswirklichkeit‘ = die Wirklichkeit ‚da draußen‘, ü in der man handelt (‚operiert‘) ü die so-und-nicht-anders beschaffen ist und funktioniert, und zwar ... ü ganz gleich, wie man sie sich ... ü vorstellt ü wünscht ndelt! “ a h e b h c s n sie fal a m n n e ä gt‘, w l h c s k c e ‚zurü i d , t i e k h irklic „Jene W In ihr stellen sich alle gesellschaftlichen oder politischen Herausforderungen, und nur in ihr können sie gelöst werden – nicht in eingebildeten Wirklichkeiten! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Operationswirklichkeit Beisp iele ü besteht auch, wenn kein Beobachter sie sich vorstellt ü wird (oder wurde) zu einem gewissem Teil von Menschen bewusst (mit-)gestaltet ü besteht hier und jetzt (oder als geschichtliche Tatsache) ganz unabhängig von des Beobachters Ansichten und Wünschen ü besitzt (oder besaß) eine hier und jetzt (oder damals) allem Handeln in ihr rahmengebende Funktionslogik Aufgabe der empirischen Wissenschaften: die Merkmale der Operationswirklichkeit herausfinden! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Beispiele für das beobachterunabhängige Bestehen der Operationswirklichkeit ü Amerika und seine Kulturen gab es, längst bevor die Europäer Amerika oder die Azteken ‚entdeckten‘. ü Man hat oder hat nicht Krebs, ganz unabhängig davon, ob man das weiß. ü Die Erde hat (oder hat nicht) einen Kern aus Nickel und Eisen, selbst wenn ihn nie ein Mensch mit seinen eigenen Augen sehen wird – und die Erde hatte diesen Kern (oder auch nicht), längst bevor Wissenschaftler die Theorie entwickelten, der Kern der Erde bestehe aus Nickel und Eisen. ü Es gab (oder gab nicht) die Kontinentaldrift, längst bevor Alfred Wegener diese Theorie 1912 entwickelte und sie Jahrzehnte später auch wissenschaftlich akzeptiert wurde ü Der Holocaust fand statt (oder auch nicht, was manche tatsächlich behaupten!), und zwar ganz unabhängig davon, ob ein ‚Marsmensch‘ von ihm weiß oder ein Neonazi seine Existenz bestreitet. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Perzeptionswirklichkeit ü ist jene Wirklichkeit, die sich einem Beobachter als so und nicht anders darstellt ü ist geprägt durch des Beobachters Perspektivität und Selektivität è kann vom Beobachter selbst durch verändertes Beobachten verändert werden è konkretisiert die ‚Welt-Anschauung‘, d.h. die Ideologie des Beobachters ü verändert die Operationswirklichkeit allenfalls über von ihr angeleitetes Handeln TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Empirische Wahrheit ü Eine Aussage ist genau dann empirisch wahr, ü wenn es sich mit dem Gegenstand, auf den sie sich bezieht (è ‚empirischer Referent‘, ‚Ausschnitt aus der Operationswirklichkeit‘), genau so verhält, ü wie die Aussage es behauptet. ü Aussagen können sich auch auf eine Aussage als ihren Gegenstand beziehen (è Aussage und Meta-Aussage). Das heißt: Auch Aussagen über Aussagen sind empirische Aussagen! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Beispiele für empirische Aussagen Aussage: Empirischer Referent: Ø „Der Bundeskanzler heißt: ...“ Ø Bundeskanzler Ø „Deutschland hat derzeit ein parlamentarisches Regierungssystem“ Ø deutsches Regierungssystem Ø „Die DDR brach zusammen, weil ...“ Ø DDR Ø „Der ‚Satz des Pythagoras‘ lautet: a² + b² = c² “ Ø Satz des Pythagoras TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Rat aus langjähriger eigener Beschäftigung mit dem Thema: Sehen Sie Wahrheit so … Wahrheit: Kontroversen ü Korrespondenztheorie der Wahrheit waru m so wirk lich ll das ei Prob lem n sein ? ü „Eine Aussage ist dann wahr, wenn es sich mit ihrem empirischen Referenten genau so verhält, wie es die Aussage behauptet!“ ü hat auf ihrer Seite: ist die älteste und bis heute durchgehaltene Wahrheitstheorie. Sie wird verwendet von Aristoteles über die Scholastik (‚Est veritas adaequatio rei et intellectus‘) bis zum 20. Jahrhundert: Alfred Tarski, Karl Popper, praktisch alle empirischen Wissenschaftler ü Problem: Sie behauptet, dass Aussagen selbst dann wahr sein können, wenn sie allen bislang als wahr bekannten Aussagen widersprechen und die besten Fachgelehrten sie für falsch halten. ü Kohärenztheorie der Wahrheit ü „Eine empirische Aussage ist dann wahr, wenn sie widerspruchslos in das Gefüge aller empirischen Aussagen passt, von denen man schon weiß, dass sie wahr sind!“ ü zutreffend: Wahre Aussagen sollten einander nicht widersprechen können ü Problem: Was ist – außer wechselseitiger Passfähigkeit – das Kriterium dafür, dass überhaupt irgendeine Aussage empirisch wahr ist? ü Konsenstheorie der Wahrheit ü „Eine empirische Aussage ist dann wahr, wenn sich in einem herrschaftsfreien und auch von außerwissenschaftlichen Interessen freien Diskurs Konsens darüber eingestellt hat, dass sie wahr ist!“ ü zutreffend: Eine Aussage, die nach einem solchen Diskurs allgemein für wahr gehalten wird, hat viel Autorität auf ihrer Seite, die man nicht leichtfertig ignorieren wird. ü Problem: Ist es denn ganz undenkbar, dass sich auch sehr kluge und gutwillige Diskursteilnehmer täuschen können? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt zu ne hm en d sc hw ie rig z un er ke e un i v vo ne on hm d m E en fe W m Al hl d i s a e lta n er s e tr gs zip ns Re s de ati ch ig nk on af na tle tio en m rn n eh r üBeschreibungen von Inhalten, Prozessen und Strukturen üWenn/Dann-Aussagen (‚korrelative Aussagen‘) üErklärungen (‚kausale Aussagen‘) üPrognosen üWerturteile üHandlungsanweisungen äc ht ig er Für Wissenschaft und Forschung interessante Aussagen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt … sollen und k önn en empir isch wah r sein! Beschreibungen üInhalte: „Bei dieser Kabinettsentscheidung ging es um folgendes: ....“ üProzesse: „Bevor es zu jener Entscheidung kam, vollzog sich folgendes: ...“ üStrukturen: „In dieser Regierung sind die Entscheidungsprozesse wie folgt organisiert: ...“ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Achtung: p(A) = 0,5 meint: ‚Es ist gleich wahrscheinlich, dass A auftritt oder nicht auftritt!‘ Wenn/Dann-Aussagen ü einfach: „Wenn es ein absolutes Mehrheitswahlrecht gibt, dann wird es wenige Parteien geben!“ ü kompliziert: „Wenn X, dann mit α % Wahrscheinlichkeit Y, falls auch noch Z1 ... Zn vorliegen!“ Ø Achtung: Die Verbindung von Aussagen selbst mit ihrerseits hohen Wahrscheinlichkeiten führt rasch zu geringen Gesamtwahrscheinlichkeiten! Ø Beispiel: ü ü ü ü Wenn X, dann mit 70% Wahrscheinlichkeit Z (p=0,7), falls auch Y vorliegt. Wenn Y, dann mit 70% Wahrscheinlichkeit Z (p=0,7), falls auch X vorliegt. Wahrscheinlichkeit, dass X gemeinsam mit Y auftritt: 70% (p=0,7). Wahrscheinlichkeit, dass X und Y gemeinsam vorliegen und es somit zu Z kommen wird: 0,7 x 0,7 x 0,7 = 0,49 x 0,7 = 0,34 r sein! h a w h c is ir p m e önnen d kDresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt … sollen unTU … sollen und k önn en empir isch wah r sein! Erklärungen ü des Werdens, Bestehens, Wandels und Vergehens von Inhalten, Prozessen und Strukturen ü der Entstehung, der Eigenart, des Wandels und des Vergehens von Zusammenhängen zwischen Inhalten, Prozessen und Strukturen ü allgemeine Form: „Z ist, weil ....“ ü Definition: „Eine Erklärung ist eine Aussage samt einer Theorie darüber, warum es zum empirischen Referenten der Aussage kommt!“ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt … soll un d kann e mpirisch wahr sei n! Was ist ein Erklärungsmodell? Wodurch soll erklärt werden? = ‚unabhängige‘ Variable(n) ten s o nk Loh e lag s g tra f u A Was soll erklärt werden? = ‚abhängige‘ Variable A D eit k g i s tslo i e Arb B zu berücksichtigende Rahmenbedingungen = ‚intervenierende‘ Variable(n) C is ältn erh erber v s ung itbew t s i /Le der M s i e = erfassen jene Bedingungen, unter denen eine Wenn / Pr Wenn/DannAussagen TUmit Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Dann-Aussage den Tatsachen übereinstimmt … sollen und k önn en empir isch wah r sein! Prognosen üeinfach: „Morgen wird der Kanzler bei der Vertrauensfrage im Bundestag eine Mehrheit erhalten!“ ükompliziert: „Falls X (und Y) vorliegen, wird innerhalb der Zeit ∆t – mit α % Wahrscheinlichkeit – Z eintreten!“ Problem: In der Gegenwart kann man nur prüfen, ob die Bestandteile einer Prognose empirisch wahr sind. Ob die Prognose selbst empirisch wahr ist, wird erst die Zukunft zeigen! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Genau durch solche Überprüfungen des empirischen und logischen Wahrheitsgehalts der Bestandteile eines Werturteils wird aber über den ‚gesunden Menschenverstand‘ hinausgegangen! ( = Wissenschaftlichkeit) Werturteile Problem: häufige Lückenhaftigkeit und Intransparenz dieser logischen Struktur ü Werden gefällt über gleich welche Inhalte, Prozesse und Strukturen sowie deren Zusammenhänge Beispiel: „Der in Deutschland bestehende Pluralismus ist gut, weil praktizierte Vielfalt der Unterschiedlichkeit von Menschen auch in diesem Land angemessen ist!“ ü Folgendes ist die logische Struktur eines Werturteils: ü empirische Aussage über das Vorliegen des zu bewertenden Sachverhalts Ø z.B.: In Deutschland besteht Pluralismus, d.h. praktizierte Unterschiedlichkeit ü Verweis auf einen Wertmaßstab (à normative Theorie), der angibt, warum was gut bzw. schlecht ist Ø z.B.: „Lies doch in Fraenkels Pluralismusteorie nach, welche Gründe dafür sprechen, dass praktizierte Unterschiedlichkeit gut ist!“ ü Argument, welches diesen Wertmaßstab auf jenen Sachverhalt bezieht Ø z.B: „Im Licht von Fraenkels Argumentationen, zeigt sich, dass ...“ Achtung: Man kann nur prüfen, ob die Bestandteile eines Werturteils empirisch und logisch wahr sind. Die Wahl des Wertmaßstabes ist eine Entscheidung, auf die sich der Begriff der Wahrheit nicht anwenden lässt! n Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt KontroverseTU Genau durch solche Überprüfungen des empirischen und logischen Wahrheitsgehalts der Bestandteile eines Werturteils wird aber über den ‚gesunden Menschenverstand‘ hinausgegangen! ( = Wissenschaftlichkeit) Handlungsanweisungen ü Beispiel: „In unserem Land soll das Mehrheitswahlrecht eingeführt werden, damit es klare Regierungsmehrheiten gibt!“ ü Logische Struktur: ü Wenn/Dann-Aussage: „Wenn Mehrheitwahlrecht, dann gibt es eine klare Regierungsmehrheit!“ ü Werturteil zur Dann-Komponente: „Es wäre – auch in unserem Land – gut, stets eine klare Regierungsmehrheit zu haben!“ ü ‚normative Aufladung‘ der Wenn-Komponente: „In unserem Land soll das Mehrheitswahlrecht eingeführt werden!“ Achtung: Man kann nur prüfen, ob die Bestandteile einer Handlungsanweisung empirisch und logisch wahr sind. Die Wahl des Wertmaßstabes und der herangezogenen Wenn/Dann-Aussagen sind Entscheidungen, auf die sich der Begriff der Wahrheit nicht anwenden lässt! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Mein Rat: Werte und Werturteile in der = abwegige Kontroversen ! Wissenschaft 1. Ist Wissenschaft ‚wertfrei‘? Ø Nein, denn … = Kern des ‚Werturteilsstreits‘ ü der Zweck von Wissenschaft ist selbst ein Wert ü Wissenschaftler wollen oft gerade durch ihre wissenschaftliche Arbeit verschied enen Werten dienen 2. Kann Wissenschaft Werte erforschen? Ø Ja, warum denn eigentlich nicht? Und tut sie doch auch, etwa in der Wertwandelsforschung! 3. Wie soll man im Lauf des Forschungsprozesses mit Werturteilen umgehen? Ø Man soll Werturteile unterlassen, denn … ü sie besagen ohnehin nichts darüber, ob ein Gedankengang logisch korrekt oder unrichtig bzw. eine empirische Aussage wahr oder falsch ist. Sie sind also ganz einfach überflüssig. ü sie stören leicht die Kooperation mit anderen, welche den gemeinsamen Untersuchungsgegenstand zwar anders bewerten als man selbst, abgesehen davon aber auch keine anderen Kriterien zur Überprüfung des logischen und empirischen Wahrheitsgehalts von Aussagen verwenden (= Sinn des ‚Gebots der Werturteilsfreiheit‘) 4. Kann Wissenschaft Werturteile (= normative Aussagen) erarbeiten? ü nein, falls damit gemeint sein sollte, es gehe um ‚empirisch wahre‘ Werturteile. Ø Die Kategorie der ‚empirischen Wahrheit‘ lässt sich nämlich – anders als die der ‚logischen Wahrheit‘ – nicht auf normative Aussagen anwenden: Es führt kein Weg vom IST zum SOLL. ü ja, falls damit gemeint sein sollte, es gehe ‚nur‘ um die Formulierung von Aussagen, die jenen überlegen sind, die man schon auf der Grundlage des gesunden Menschenverstandes formulieren kann. ü Werturteile sind sehr komplexe Argumente, die immer auch auf empirische Aussagen gegründet sind. ü Also ist das Risiko groß, dass es hier auch zu empirisch falschen Aussagen und zu logisch unrichtigen Schlüssen kommt. ü Darum ist nicht einzusehen, warum man ausgerechnet bei einer so wichtigen Aussagenklasse wie den Werturteilen darauf verzichten sollte, über die Grenzen der Leistungsfähigkeit des ‚gesunden TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Menschenverstandes‘ hinauszugehen! Haben wir überhaupt eine Chance, zu wahren Aussagen über die Wirklichkeit zu gelangen? ü im Alltag: kein Thema! Jeder geht davon aus, dass es unproblematisch ist, die Welt, in der man lebt, sich und anderen für alle praktischen Zwecke ausreichend korrekt vor Augen zu führen. ü in der Wissenschaft: in den letzten Jahren Mode, alle Beschreibungen der Welt als ‚reine Konstruktionen‘ auszugeben, wobei sinnlos wäre, sich eine unabhängig von solchen geistigen Konstruktionen bestehende und ‚so-und-nicht-anders-beschaffene‘ Wirklichkeit vorzustellen. ü Thema selbst: seit den Anfängen der Philosophie Gegenstand der Erkenntnistheorie ü seit 1970er Jahren: tiefgehende naturwissenschaftliche Aufschlüsse über unser Erkenntnisvermögen in Gestalt der ‚Evolutionären Erkenntnistheorie‘ ü im übrigen: Es gehört zum geistigen Rüstzeug eines gebildeten Intellektuellen, klare und tragfähige Vorstellungen davon zu hegen, ob wir wirklich eine Chance haben, zu wahren Aussagen über die Wirklichkeit zu gelangen. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Was folgt aus solchen erkenntnistheoretischen Einsichten nun für die empirische Forschung? Erkenntnismodelle Rat aus langjähriger eigener Beschäftigung mit dem Thema: Verstehen Sie Erkenntnis so … oder wenigstens so … zentrale Kontroversen zwischen …. z ü ‚Photographiemodell‘ / ‚Widerspiegelungsmodell‘ è Lenin, Positivisten ü ‚Ideenmodell‘ è Platon us chl ich ten im Lic ht v on: Evolutionäre Erkenntnistheorie (Lorenz, Riedl) ü ‚Kategorienmodell‘ è Kant ü ‚Konstruktionsmodell‘ è v. Förster TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Info ‚materialistische‘ Erkenntnistheorie ‚Photographiemodell‘ / ‚Widerspiegelungsmodell‘ der Erkenntnis (Lenin, Positivismus) erkennendes Subjekt S Perzeptionswirklichkeit S ‚photographiert‘ O; O wird im Bewusstsein von S ‚widergespiegelt‘ zu erkennendes Objekt O Operationswirklichkeit ü richtig: Information über O gelangt über die Sinnesorgane in S ü Anspruch: Die Wirklichkeit wird objektiv in S widergespiegelt ü Problem: Menschen haben nun einmal immer wieder ganz verschiedene Wirklichkeitsbilder. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch auf ‚Objektivität‘ der Erkenntnis? Ø wenig zufriedenstellende Lösung: „Erkenntnis ist immer parteiisch. Die richtige Wirklichkeitswiderspiegelung besitzt der, welcher den objektiv richtigen Klassenstandpunkt einnimmt, also jenen, der politisch korrekt ist.“ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ‚idealistische ‘ Erkenntnistheorie ‚Ideenmodell‘ der Erkenntnis (Platon) nS o ‘v e l e n ‚Se sehe I: I ge n t a il ebur e t rch n rG u A at r de t I d: h k c o S tv de , d.h. t a n h e er innen orie d wieachs The N rch du erkennendes Subjekt S Perzeptionswirklichkeit I = ‚Ideen‘ = zeitlose / körperlose Seinsgebilde è Erkenntnis vollzieht sich ganz ohne Bedarf an Empirie allein durch Theorie O O exist An ier tei t n l a ur n I , in ha so fer t n pr äg en zu erkennendes Objekt O Operationswirklichkeit ü richtig: Information über O ist immer durch ‚theoretische Begriffe‘ (vor-) strukturiert ü Anspruch: Richtige Theorie garantiert richtige Erkenntnis von O ! ü Problem: Menschen halten nun einmal immer wieder ganz verschiedene Theorien für richtig. Wie stellt man dann fest, welche Theorie richtig, welche andere aber falsch ist? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ‚kritizistische ‘ Erkenntnistheorie ‚Kategorienmodell‘ der Erkenntnis (Kant) ‚Kategorien‘ ˜ auch Begriffe / Theorien; doch vor allem: Voraussetzung jeglicher Wahrnehmung! è „(ontogenetische) Apriori“ erkennendes Subjekt S zu erkennendes Objekt O Perzeptionswirklichkeit Operationswirklichkeit S erkennt O nur anhand von Kategorien, die aller seiner Wirklichkeitserfahrung vorgegeben sind. Also erkennt S niemals O ‚an sich‘, sondern nur so, wie seine Wahrnehmungs- und Deutungskategorien ihm O erscheinen lassen. ü richtig: Information über O ist immer durch theoretische Begriffe (vor-) strukturiert ü Anspruch: Vor Augen führen, dass sinnvolle Empirie nicht möglich ist, ohne gleichzeitig die theoretische (Vor-) Prägung aller Wirklichkeitserfahrung in Rechnung zu stellen. ü Problem: Falls man solche Kategorien nicht wechseln kann wie seine bevorzugten Theorien, sondern sie allem Denken schon vorgegeben sein sollen: Woher kommen sie dann, und wo im Menschen sind sie konkret lokalisiert? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt ˜ Begriffe / Theorien ‚konstruktivistische‘ Erkenntnistheorie ‚Konstruktionsmodell‘ der Erkenntnis (Heinz v. Förster) ‚Kategorien‘ geistig t r e i u r t kons erkennendes Subjekt S ‚erkanntes‘ Objekt O Operationswirklichkeit ? Perzeptionswirklichkeit konst ruiert geisti g ‚erkanntes‘ Objekt O‘ Von einer ‚Operationswirklichkeit‘, die unabhängig von unserer Perzeptionswirklichkeit bestünde, kann man nicht sinnvoll sprechen. Es ist nicht so, dass man etwas ‚erkennt‘; vielmehr wählt man Denkkategorien und konstruiert anhand ihrer etwas, das man dann so behandelt, als ob es ‚die Wirklichkeit‘ wäre. ü richtig: Information über O ist immer durch theoretische Begriffe (vor-) strukturiert ü Anspruch: Vor Augen führen, dass sinnvolle Empirie nicht möglich ist. ü Problem: Leben 6 Millionen Juden sowie ihre Nachkommen dann wieder, wenn man sich ein Geschichtsbild konstruiert, in dem es keinen Holocaust gab? Oder wurden sie nach (!) Konstruktion eines solchen Geschichtsbildes nie umgebracht? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Evolutionäre Erkenntnistheorie ˜ auch Begriffe / Theorien; doch vor allem: Voraussetzung jeglicher Wahrnehmung! „Ontogenetische Apriori sind phylogenetische Aposteriori!“ Ebenso entwickelt sich ein perspektivischer und selektiver Weltbildapparat, der die OW gerade so gut abbildet, wie es für das Überleben von S in O n ötig ist erkennende Subjekte S Perzeptionswirklichkeit ü ü ü ü ü zu erkennendes Objekt O - Perspektivität - Selektivität ‚Kategorien‘ Operationswirklichkeit entwickelt sich als Teil der Operationswirklichkeit S erkennt O nur anhand von Kategorien, die aller seiner Wirklichkeitserfahrung vorgegeben sind. Also erkennt S niemals O ‚an sich‘, sondern nur so, wie seine Wahrnehmungs- und Deutungskategorien ihm O erscheinen lassen. Doch diese Kategorien sind, ebenso wie S selbst, weitgehend ein Erzeugnis der Evolution von S aus O. Darum darf S darauf vertrauen, dass die seiner persönlichen Erfahrung vorgegebenen Erkenntniskategorien ihm nichts grundsätzlich Falsches über O vermitteln. Problem: Durch die Entwicklung unserer Großhirnrinde entstand das menschliche „Privileg des Glaubens an den reinen Unsinn“ (Konrad Lorenz) heorie t s i n t n ‘ Erken e h c s i t TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt lis ‚natura Fazit: gute Theorie + gute Empirie = gute Forschung Traditionelle Erkenntnismodelle im Licht der Evolutionären Erkenntnistheorie ü Photographiemodell / Widerspiegelungsmodell: ü richtig: Informationen über O gelangen über die Sinnesorgane in S ü falsch: Es entsteht keine ‚Widerspiegelung‘, sondern eine durch die Verständniskategorien von S geprägte Abbildung große Rolle empi risch von Theo er Fo rschu rie in ng! ü Ideenmodell: ü richtig: ü Information über O ist immer durch Anschauungskategorien / ‚Ideen‘ (vor-) strukturiert ü Diese Anschauungskategorien stehen in einem ‚natürlichen‘ Zusammenhang sowohl mit O als auch mit S ü falsch: ü Nicht die Welt wurde nach vorgängigen ‚Ideen‘ / Anschauungskategorien geschaffen, sondern alle Anschauungskategorien entstanden während der Evolution der Welt und ihrer Lebewesen ü Kategorienmodell: ü richtig: Information über O ist immer durch Anschauungskategorien (vor-) strukturiert ü offengeblieben: Wo kommen die Anschauungskategorien her? Antwort der EE: Diese ontogenetischen Apriori sind phylogenetische Aposteriori! ü Konstruktionsmodell: ü richtig: Information über O ist immer durch Anschauungskategorien / Theorien (vor-) strukturiert ü falsch: ü Man kann nicht alle Anschauungskategorien nach Belieben wählen und darum auch nicht die Welt ‚frei konstruieren‘, denn ... ü es gibt eine von unserer eigenen Existenz und Weltbetrachtung unabhängige Wirklichkeit, die ihrerseits auch unsere Anschauungskategorien geprägt hat! olle von R e r a b t h nntnis e unverzic k r E e i fü r d Empirie hkeit ! c i l k r i W der TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Die Aufgabe von Theorie Betrachtung von (Vergleichs-) Fällen an m nn a k Wie Theorie ? n r e nd i h r ve e g Krie Vermutungen / Beobachtungen (‚Ausgangstheorie‘) anhand von analytischen Kategorien: Beschaffung von Informationen Empirie Forschungsfrage z.B.: Funktioniert Beschwichtigungspolitik ebenso gut wie Drohung mit Gegengewalt? ‚Ergebnistheorie‘ Antwort auf die Forschungsfrage TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt forschungsleitende Theorie ü Mindestform: Vermutungen darüber, was an den Untersuchungsfällen im Licht der forschungsleitenden Frage wichtig sein mag, also: mit welchen analytischen Kategorien man vielleicht arbeiten könnte ü fortgeschrittener Fall: eine geordnete Menge einschlägiger analytischer Kategorien im Rahmen gut verstandener Theorien, aus denen einige dann als ‚sensibilisierende‘ oder systematisch forschungsleitende Begriffe verwendet werden ü voll entfaltete Form: Spezifikation von … ü forschungsanleitenden Variablen ü Hypothesen über die Zusammenhänge zwischen den (empirischen Referenten der) forschungsleitenden Variablen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Die Rolle analytischer =a nal ytis che Kategorien Katego rien verschiedene Perspektiven verschiedene Wahrnehmungen des gleichen Gegenstands! nützlichere und weniger nützliche Analysen! Analytiker mit seiner Fragestellung zu analysierender Gegenstand TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt =B egr iffe , Leistungen Den kfig ure n ‚analytischer Kategorien‘ ü Sie sind ‚Aussichtspunkte‘, von denen aus ein Gegenstand in einer bestimmten Perspektive betrachtet werden kann – während zugleich eine andere Betrachtungsweise verstellt ist. Ø Ein ‚Aussichtspunkt‘ und der Weg dorthin = THEORIE ü Sie wirken wie Scheinwerfer, die einen bestimmten Bereich eines zu analysierenden Gegenstandsfeldes ausleuchten – und andere im Dunkeln lassen. .. on . v e h Ø Ein ‚Scheinwerfer‘ und sein Licht = BEGRIFF r Rei e n i e gen s a u s a s t Au steh n e e b t r e ulie eori m r h o T f n riffe Eine e g f e f i B r r g sich ‚analytische Kategorien‘ - Be and diese h bt es i g t zunutze machen heißt: i - an e g! earb i n r u o h e c h s Theorien kennen gute T irische For e n h O emp und anwenden lernen! e Fazit: t u g eine k h c u TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt a Mit welchen ‚analytischen Kategorien‘ soll man arbeiten? ü Sie müssen geeignet sein, solche Informationen zu suchen und zu ordnen, die man benötigt, um seine (Forschungs-) Frage beantworten zu können. Ø unsinnig: Kategorie ‚Körpergröße‘ bei Frage nach Ursache für die Wahl der SPD ü Sie müssen zum zu untersuchenden Material passen, also: zu den Untersuchungsfällen. Ø unsinnig: Kategorie ‚Geschlecht‘ bei Frage nach der Stabilität parlamentarischer Regierungssysteme ü Sie sollen möglichst ‚anschlussfähig‘ sein für andere nützliche Theorien / Kategorien. zentral: die Fragestellung. Fragestellung Von ihr hängt gleichzeitig ab die Auswahl der Untersuchungskategorien und der Untersuchungsfälle. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Wie lernt und findet man ‚analytische Kategorien‘? ü analytische Kategorien lernt man ... ü durch Erlernen der sozialwissenschaftlichen Fachsprachen, d.h. ihrer zentralen Begriffe und deren Verwendung ü durch (Kennen-) Lernen sozialwissenschaftlicher Theorien aus Ideengeschichte und Gegenwart ü analytische Kategorien findet man ... ü in Lehr- und Handbüchern sozialwissenschaftlicher Theorien ü in Literaturberichten zur Forschungsentwicklung auf ausgewählten sozialwissenschaftlichen Arbeitsgebieten TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt übersichtlich zusammenstellbar in einem ‚Pfeilmodell‘ ! forschungsanleitende Variablen ü abhängige Variable(n) = was man erklären will Ø z.B. Wahlentscheidung für Partei X ü unabhängige Variable(n) Ø z.B. Sozialmilieu, Stellung im Beruf ... ü intervenierende Variable(n) Ø z.B. Art des Medienkonsums ü Gruppierungsvariable(n), definiert / definieren Vergleichsgruppen Ø z.B. Geschlecht, Altersklasse ü Hintergrundvariable(n) Ø z.B. Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Struktur eines Pfeilmodells Hintergrundvariablen ‚exogene‘ Variablen 1 2 3 ‚endogene‘ Variablen Gruppierungsvariable è Fallgruppen unabhäng. unabhäng. Variable 1 unabhäng. Variable 1 Variable 1 unabhäng. unabhäng. Variable 2 unabhäng. Variable 2 Variable 2 abhängige abhängige Variable abhängige Variable Variable intervenierende Variablen intervenierende Variablen intervenierende Variablen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Richtung und Stärke von Zusammenhängen in Pfeilmodellen unspezifizierte schwache, mittlere und starke Zusammenhänge: A oder B oder C beeinflussen Z Variable A Variable B Variable C Variable D Variable E + abhängige Variable Z +.15 spezifizierte, nicht quantifizierte Variable F Zusammenhänge: „Je mehr D, um so mehr Z“, bzw.: „Je mehr E, um so -.60 weniger Z“ Variable G spezifizierte, quantifizierte Zusammenhänge (mit ‚intuitiven‘ Zahlenangaben; im Lauf von empirischer ersetzt durch Korrelations-, RegressionsTU DresdenForschung – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt oder Pfadkoeffizienten) ‚Beobachtungen‘ = die anhand der jeweils verwendeten Methode pro Variable und Fall erhobenen Daten, ganz gleich in welcher Form sie vorliegen! Aufbau eines theoretisch klar strukturierten Datensatzes Variable 1 … Variable k Beobachtung 1,k et, it… e b r z an era g d r i – ge w2,2swertet …sch ! a r f Fall 2 Beobachtung 2,1 Beobachtung Beobachtung 2,k s ti u g s a n i t ‘ u a h x t orsc tenmatri (auch) s F e ein ‚Da h oder f u e a 3,1 h Fall 3 wort Beobachtung 3,2 … Beobachtung 3,k c isBeobachtung olc t s t u n e e Die A man ein ‘ hermen n sfrage davo r g n m u h u c e s r o n F d in… rt auf die ob ‚ wurden! r Antwo n … … … , e e d lt … a it h e h e k tg ig s h c fe ganze Tragfä glei getätigt und ie ‘ d n t e g g n n ä tu h h c s E ba Fall 1 Stichprobenumfang Variable 2 … Fall n Beobachtung 1,1 Beobachtung 1,2 o richtigen Be ie ‚d s s a d , ab … … … … = dass die richti gen Untersuchu ngseinheiten (è anhand der ric htigen anan,2 SBeobachtung tichprobe) n,k Beobachtung n,1 Beobachtung lytischen Ka… festlegung, The te g o rien (è Variable oriebildung) me nthodisch korre Reliabilität) beo k t ( èValidität, bachtet wurden . TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Damit sollte klar sein … ü was Wissenschaft ist ü was Wahrheit ist ü welche Arten von Aussagen durch Forschung erarbeitet werden können ü auf welche Weise Erkenntnis der Wirklichkeit zustande kommt ü welche Rolle Theorien und analytische Kategorien bei der empirischen Forschungsarbeit spielen Noch Fragen? – Bitte! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt