Zentral Venöser Blutdruck (ZVD)

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9.4
Herz-Kreislauf-Regulation
Zentral Venöser Blutdruck (ZVD)
Der zentralvenöse Blutdruck ist als der Mitteldruck definiert, der im klappenlosen Bereich der oberen Hohlvene (Vena cava superior) unmittelbar vor der Einmündung in den
rechten Vorhof gemessen werden kann. Der
Messwert gibt in erster Linie Ausdruck über
den Blutvolumenstatus, die funktionale Leistung des rechten Herzens und den Tonus der
venösen Gefäße. Der Normalwert beträgt
0 – 12 cm H2O (Wassersäule).
Bedingt durch den Messort kann der zentralvenöse Druck (ZVD) nur durch einen zentralvenösen Venenkatheter (ZVK) gemessen
werden. Die Messung kann entweder diskontinuierlich durch ein wassergefülltes Steigrohr oder entsprechend der arteriellen Blutdruckmessung (S. 149) kontinuierlich über
ein elektromechanisches Drucksystem erfolgen. Das kontinuierliche Verfahren sollte auf
Intensivüberwachungseinheiten angewendet werden.
Indikationen
Ein ZVK ist indiziert bei:
> chirurgischen Eingriffen mit kardiopulmonalen Bypass,
> großen vaskulären, thorakalen, abdominellen oder neurochirurgischen Eingriffen,
> Schockzuständen unterschiedlicher Genese,
> hämodynamisch instabilen Patienten, Hypovolämie,
> Medikation mit vasoaktiven, inotropen
Substanzen,
>
Patienten mit intraaortaler Gegenpulsation (IABP, S. 159).
Die Messung des ZVD über eine mit dem
Kathetersystem verbundene Wassersäule ergibt einen in etwa ausreichend genauen
Messwert. Bei diesem System werden lediglich Schwankungen durch die Atmung des Patienten sichtbar.
Punktionsorte
Als Zugangswege zur oberen Hohlvene über
einen ZVK kommen folgende Punktionsorte
in Frage:
> Vena jugularis interna und externa,
> Vena subclavia,
> Vena basilica und Vena cephalica,
> Vena femoralis,
> Vena anonyma,
> Vena saphena magna.
Um die Inhalte zu vertiefen, können Sie sich
das Video „ZVD-Messung über Wassersäule“
ansehen.
9.4.2
Um die Inhalte zu vertiefen, können Sie sich
das Video „Legen eines ZVK“ ansehen.
9.4.1
Elektrische Messung
mittels Transducers
Bei der kontinuierlichen Messung wird bei
entsprechender Skalierung der Monitoranlage (0 – 30 mm Hg) die venöse Druckkurve
sichtbar und beurteilbar. Die normale Wellenform des zentralvenösen Drucks ist gekennzeichnet durch drei positive Wellen (a, c,
v) sowie durch zwei negative Druckwellen (x,
y). Die atypischen Wellenformen deuten
deutlich auf Herzrhythmusstörungen hin
(Abb. 9.26).
Bei einer Messung über eine Monitoranlage werden die Druckwerte i.d.R. in der Einheit
mm Hg angegeben. Das heißt die dort gemessenen Werte müssen ggf. in cm H2O umgerechnet werden:
> 1 cm H2O entspricht 0,74 mmHg,
> 1 mmHg entspricht 1,36 cm H2O.
Messung über
Wassersäule
Zur Messung muss der Patient in horizontale
Rückenlage gebracht werden, damit die Drücke in der oberen Hohlvene den Drücken in
der unteren Hohlvene entsprechen und somit
keine Verfälschungen durch hydrostatische
Drücke entstehen. Da es sich um relativ geringe Druckwerte handelt, ist ebenfalls ein genauer Abgleich des Null-Punktes des Messsystems mit der Lage des rechten Vorhofs
vorzunehmen. Die Lage des rechten Vorhofes
entspricht 3/5 der dorsoventralen Höhe, also
in etwa der fordern Axilarfalte. Eine exakte
Messung des Referenzpunktes kann über eine sog. Thoraxschublehre erfolgen (Abb.
9.25).
NaCl-Infusion
Druckmesser
(Manometer)
cm H2O
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Ð1
Ð2
Ð3
Messskala
Thoraxquerschnitt
rechter
Vorhof
Brustbein
2
3
/5
Brustbein
rechter
Vorhof
/5
Dreiwegehahn
WirbelsŠule
Abb. 9.25 > links: Referenzpunkt wird mittels Thoraxschublehre ermittelt, rechts: Die Messlatte stimmt mit dem Nullpunkt und dem ermittelten Referenzpunkt
überein. Das Messsystem ist mit dem ZVK verbunden, die Skala zeigt einen ZVD von 10 cm Wassersäule.
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Teil III Intensivpflege
Ullrich, Stolecki, Grünewald, Thiemes Intensivpflege und Anästhesie (ISBN 3131309113), 䊚 2005 Georg Thieme Verlag KG
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Pulmonalarterienkatheter (PAK)
Abb. 9.26 > Die a-Welle repräsentiert die Kontraktion des rechten Vorhofs. Diese fällt durch die Erschlaffung des Vorhofes nach der Kontraktion bis zum Beginn der c-Welle ab. Überhöhte a-Wellen treten bei
pulmonaler Hypertonie infolge des Rückstaus auf. Sog. „Riesenwellen“ treten bei Knotenrhythmus, ventrikulären Arrhythmien und AV-Blockierungen auf. Die c-Welle entsteht durch die Anhebung der Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof bei der Kontraktion des Ventrikels. Die breite v-Welle zeigt die Füllung des
rechten Vorhofes bei geschlossener Trikuspidalklappe an.
Durchführung und Beurteilung
Während der Messung muss eine Infusion
über das gleiche Katheterlumen unterbro-
9.5
In der Praxis ist jedoch eine Diskonnektion
vom Beatmungsgerät zur Messung des ZVD
nicht angezeigt.
Erniedrigter Druck bzw. ein Abfall deuten
immer auf ein Hypovolämie hin. Mögliche
Ursachen für erhöhte bzw. ansteigende zentralvenöse Drucke sind:
> Hypervolämie,
> Rechtsherzinsuffizienz,
> Lungenembolie,
> Herzbeuteltamponade.
Erhöhte Druckwerte finden sich aber auch bei
Patienten mit erhöhtem abdominellen Druck
(physiologisch z. B. bei Schwangerschaft).
chen werden, um falsch hohe Werte zu vermeiden. Ebenfalls erhöhen die intrathorakalen maschinellen Beatmungsdrücke den ZVD.
Pulmonalarterienkatheter (PAK)
Der 1970 von den amerikanischen Kardiologen Swan, Ganz und Mitarbeitern vorgestellte Pulmonaliskatheter gehört obwohl sehr
umstritten mit einer Anwendungshäufigkeit
von ca. 2 Millionen zum „Goldstandard“ des
erweiterten invasiven Herz-Kreislaufmonitoring (Zink u. Graf, 2001). Trotz der relativ häufigen Anwendung kann keine eindeutige Aussage darüber getroffen werden, ob sich die
Morbidität und Mortalität der Patienten beim
Einsatz des Pulmonalarterienkatheters reduziert.
Anschluss fŸr
proximales Lumen
Thermistoranschluss
proximale
…ffnung
Heizwendel
(fakultativ)
Thermistor
Ballonventil
Anschluss
fŸr Heizwendel
(fakultativ)
Anschluss fŸr
distales Lumen
distale …ffnung
Ballon
Aufbau
Zwei Lumen dienen der Druckmessung. Das
distale Lumen, an der Katheterspitze dient
zur Messung der pulmonalarteriellen Drücke
und das proximale Lumen (30 cm vor dem
distalen Lumen) zur Messung des ZVD
(S. 154). Am patientenfernen Ende sind diese
Lumen mit einem Luer-Anschluss versehen,
so dass Druckmesssysteme (S. 154) angeschlossen werden können (Abb. 9.27).
Ein drittes Lumen ist mit einem aufblasbaren Ballon am Katheterende ausgestattet. Das
proximale Ende besitzt einen besonderen Anschluss, an dem eine spezielle Spitze angeschlossen werden kann, die die Luftinsufflation auf 1,5 ml beschränkt und mit einem
Schieber eine unbeabsichtigte Insufflation
verhindert bzw. beim Legen (Einschwemmen) den Ballon im aufgeblasenen Zustand
hält.
Das vierte Lumen wird aus einer Zuleitung
zu einem Temperaturfühler (Thermistor) belegt und endet patientenfern in einer speziellen Schnittstelle, die an einem Herzzeitvolumencomputer angeschlossen werden kann.
Auf dem Markt sind eine ganze Reihe modifizierte Pulmonalarterienkatheter verfüg-
Abb. 9.27 > Der Pulmonalarterienkatheter ist ein meist 4-lumiger, 110 cm langer Katheter mit einem Kaliber 7,0 French mit Markierungen an der Außenseite, die im 10 cm Abstand die Länge anzeigen.
bar. So z. B. für Kinder, mit Schrittmachersonden („Paceport“) und/oder mit fiberoptischen
Fasern zur kontinuierlichen Messung der gemischtvenösen Sauerstoffsättigung. In den
letzten Jahren sind auch zunehmend „Continues HZV-Katheter“ im Einsatz, die durch
„fast-response-Thermistoren“ eine kontinuierliche Messung des Herzzeitvolumen (HZV)
ermöglichen.
Anlage eines PAK
Die elektive Anlage des Pulmonalarterienkatheters ist mit einem vitalen Risiko für den
Patienten versehen (0,02% – 0,5%, Hütteman
u. Rheinhard, 2001), so dass die Anlage und
Platzierung einem erfahrenen und routinierten Team vorbehalten bleiben sollte. Voraussetzung ist, dass der Patient über einen gesicherten venösen Zugang und über eine EKGAbleitung via Monitor verfügt. Der QRS-Ton
muss während der Platzierung aktiviert sein,
um eine sofortige akustische Rückmeldung
über auftretende Herzrhythmusstörungen zu
erhalten. Weiterhin muss das Druckmesssystem (i.d.R. 3 Drucklinien) vorbereitet und
überprüft zur Verfügung stehen. Der gesamte
Vorgang wird unter kontinuierlicher Bereitschaft zur kardiopulmonalen Reanimation
durchgeführt.
Die Katheteranlage erfolgt unter sterilen
Bedingungen unter strenger Beachtung der
Richtlinien des Robert-Koch-Institutes (RKI)
zur Verhinderung von katheterassoziierten
Infektionen in der jeweils gültigen Fassung.
Der Gefäßzugang erfolgt über eine sog.
Schleuse (Introducer), ein kurzer, dicklumiger Katheter mit einem Seitenanschluss zur
Infusion. Der Pulmonalarterienkatheter wird
über diese Schleuse eingeschwemmt. Die
Schleuse sollte in Seldinger-Technik eher zentralvenös als periphervenös platziert werden:
> rechte Vena jugularis interna,
> rechte und linke Vena subclavia,
Teil III Intensivpflege
Ullrich, Stolecki, Grünewald, Thiemes Intensivpflege und Anästhesie (ISBN 3131309113), 䊚 2005 Georg Thieme Verlag KG
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