Bausteine der Nachhaltigkeit Ökologisch Bauen in Berlin Bausteine der Nachhaltigkeit Ökologisch Bauen in Berlin Inhalt 3 Vorwort / Senatorin Ingeborg Junge-Reyer 4 Ökologisch Bauen in Berlin 6 Jahrzehntelange Erfahrung, konzentrierte Kompetenz 8 Bauen im Zeichen der Nachhaltigkeit 10 Baustein Energie 12 Baustein Wasser 14 Baustein Baustoffe 16 Baustein Grün 18 Baustein Abfall 20 Beispielhafte Berliner Projekte 20 Ökologische Kompetenz und fortschrittliches Bauen / Staatssekretärin Hella Dunger-Löper 22 Solarwand – Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik 24 Hauptsitz Solon SE – Konzernverwaltung und Produktionsgebäude 26 Ausbildungspavillon – Oberstufenzentrum TIEM 28 Lebens(t)raum Johannisthal – Generationenübergreifendes Wohnen 30 Breitunger Weg – Umbau eines Einfamilienhauses 32 Märkisches Viertel – Energetische Modernisierung 34 Philologische Bibliothek – Freie Universität Berlin 36 Freie Waldorfschule Kreuzberg e. V. – Umbau des ehemaligen Hauptkinderheims 37 Annedore-Leber-Grundschule – Neubau Mensa und Gruppenhaus 38 Haus der Jugend »Albert Schweitzer« – Energetische Gebäudesanierung 40 Franziskanerkloster Pankow – Umbau und Erweiterung 42 Grundsanierung Großes Tropenhaus – Botanischer Garten Berlin 44 46 47 47 47 48 2 Auf dem Prüfstand Checklisten zum ökologischen Bauen Rechtliche Grundlagen Förderprogramme Orientierungshilfen Weitere Informationen Impressum Vorwort Städte sind wesentlich verantwortlich für den Klimawandel. Sie emittieren aufgrund ihres immensen Energieverbrauchs rund 80 Prozent der klimarelevanten Treibhausgase, vor allem CO2, obgleich sie nur 0,4 Prozent der Erdoberfläche beanspruchen. Wenn wir die Städte als lebenswerte Orte erhalten und fördern wollen, müssen wir unseren Weg konsequent weiterverfolgen, um mit wenig Energieaufwand mehr Nutzen und Nachhaltigkeit zu erreichen. Ein wichtiges Instrument hierzu ist das ökologische Bauen. Heute fragen wir uns vor allem, wie wir dieses Thema zu wirtschaftlicher Innovation nutzen und wie wir die Abhängigkeit von den internationalen Energiemärkten reduzieren können. Wir wollen ökologisches Bauen nutzen, um Modernisierung, technologische Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit und nicht zuletzt Wertsteigerung und Werterhaltung zu erreichen. Das ökologische Bauen hat viele Facetten. Wir wollen nicht nur das Null-Energiehaus, in den Städten brauchen wir die ökologische Ertüchtigung der gebauten Stadt. Öffentliche Gebäude, gewerblich genutzte Gebäude und große Wohnungsbestände spielen eine besonders wichtige Rolle, wenn wir eine weitreichende Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreichen wollen. Berlin ist eine Stadt, die sich seit Langem mit dem Thema des ökologischen Bauens beschäftigt hat und mit einer großen Zahl von Projekten frühzeitig zur Entwicklung ökologischer und nachhaltiger Bauweisen beigetragen hat. Das gilt für den Einsatz regenerativer Energien, von Geothermie und Solarenergie, energieeffiziente Bau- und Wärmedämmungsverfahren, innovative Wassertechnologien und alternative Abfallkonzepte. Berlin ist Vorreiter für eine neue Klimaschutzpolitik. Mit Technologien zur Ressourceneffizienz beim Bau von Gebäuden und Infrastruktur, der Gebäudesanierung und einer nachhaltigen urbanen Entwicklung ist Berlin beispielgebend für einen zukunftweisenden Klimaschutz. Mit dieser Broschüre wird ein Einblick in die unterschiedlichen Fragestellungen des ökologischen Bauens gegeben. Es werden Projekte vorgestellt, die beispielhaft für innovative Bauverfahren stehen. Ökologisches Bauen ist eines der Kernthemen einer Stadtentwicklung, die sich der Herausforderung des Klimawandels stellt. Dazu gibt die Broschüre wesentliche Anregungen und zeigt realistische Beispiele, die Vorbildcharakter haben. 3 Ingeborg Junge-Reyer Senatorin für Stadtentwicklung Ökologisch Bauen in Berlin Reduktion von CO2 in Berlin Das Ziel, von 1990 bis 2010 die CO2-Emission um 25 Prozent zu reduzieren, hat das Land Berlin vorzeitig erreicht. Als nächsten großen Schritt peilt das Land bis zum Jahr 2020 eine Minderung um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 an. Ein Weg, diesem Ziel näher zu kommen, führt über die sogenannten Contracting-Modelle. Die seit 1996 erfolgreichen Energiesparpartnerschaften belegen das. So konnte das Land bis dato 23 Pools mit mehr als 500 Liegenschaften bilden. Das Ergebnis: rund 65 Millionen Euro private Investitionen in öffentliche Bauten, eine Entlastung des Landeshaushalts um rund 3 Millionen Euro und eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um derzeit 64 000 Tonnen pro Jahr. Beim Contracting übernimmt ein privatwirtschaftlicher Vertragspartner – der Contractor – für eine festgesetzte Zeit die Verantwortung für bestimmte landeseigene Bauten und investiert in deren energetische Modernisierung. Dadurch sinkt der Energieverbrauch und mit ihm die Betriebskosten. Die Einsparungen refinanzieren die Investitionen; der Überschuss wird jährlich als Gewinn nach einem festgelegten Schlüssel zwischen Berlin und dem Contractor aufgeteilt. Mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) legt der Bund seit 2002 fest, welche bautechnischen Standards Gebäude oder Bauprojekte beim Energieverbrauch erfüllen müssen. Die EnEV ist Teil des Baurechts. Sie wurde zuletzt 2007 novelliert. Mitte 2009 und 2012 sollen weitere Novellen die Anforderungen verschärfen. Zu den zentralen Leitlinien des Regierungshandelns in Berlin gehören seit Jahren die Prinzipien der Nachhaltigkeit. Der Berliner Senat hat diese Ziele in vielfältigen Programmen und zahlreichen Gesetzen des Landes definiert und damit nachvollziehbar festgeschrieben. Diese Broschüre stellt das für das Land Berlin wichtige Handlungsfeld des »Ökologischen Bauens« vor. Sie beschreibt das Bauen im Zeichen der Nachhaltigkeit als ökologisches Gesamtkonzept mit den Bausteinen Energie, Wasser, Baustoffe, Grün und Abfall und illustriert das Thema anhand ausgewählter Beispiele. Rahmenbedingungen Die Berliner Stadtentwicklungspolitik konzentriert sich seit Mitte der 1990er Jahre auf die kompakte, räumlich komplexe, polyzentrale und funktionsdurchmischte Stadt. Damit einher geht eine Fokussierung auf die gewachsenen Zentren der Metropole. Das minimiert den Flächenverbrauch, reduziert das Verkehrsaufkommen und schont so die Ressource Energie. Auch die soziale Stadtentwicklung folgt dem Prinzip der Nachhaltigkeit und steckt den Rahmen für eine stabile, sichere und lebenswerte Stadtgesellschaft. Andere Beispiele nachhaltigen energiepolitischen Handelns findet man bei der stetigen Verminderung der CO2-Emission oder der solarenergetischen Nutzung von Dächern öffentlicher Bauten. Einen weiteren Ansatz sieht das Land Berlin in Selbstverpflichtungen von Industrie und Unternehmen. Im Herbst 2008 hat der Senat ein Klimabündnis mit zwölf Erstunterzeichnern geschlossen, dem sich weitere verantwortlich denkende und handelnde Unternehmen anschließen sollen. Ökologisch Bauen Eingebettet in diese Stadtentwicklungs- und Energiepolitik ist das ökologische Bauen ein zentrales Element nachhaltiger Politik in Berlin. Die Rahmenbedingungen für private Bauherren regeln Bundesgesetze und Vorgaben der EU. Als Bundesland kann Berlin aktiv auf mehr Nachhaltigkeit beim Bauen hinwirken. So kann es Modelle und Grundlagen dafür erforschen und entwickeln, wie das seit Ende der 1980er Jahre praktiziert wird. Weiterhin kann das Land klare Regeln für die eigenen, öffentlichen und öffentlich geförderten Bauvorhaben aufstellen. Vorbild öffentliche Hand Vor diesem Hintergrund bieten Schulen, Hochschulen, Kindertagesstätten, Theater, Museen und andere Kulturbauten, Krankenhäuser, Sport- und Justizbauten optimale Bedingungen, um den ganzheitlichen An- 4 spruch ökologischen Bauens zu verwirklichen. Die Prinzipien der Nachhaltigkeit setzen bereits bei der Wahl des Standorts an und reichen über den eigentlichen Bau, die Nutzung und den Betrieb bis hin zum späteren Rückbau der Gebäude. Ein solch umfassender Ansatz, der tatsächlich den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt, lässt sich privaten Bauherren durch die Landespolitik nicht verordnen, wohl aber vorleben. Hohe Energiestandards für öffentliche Gebäude Für den Energiestandard öffentlicher Gebäude gibt es dezidierte Vorgaben. Schon heute müssen mit öffentlichen Mitteln geförderte Neubauten in Berlin so geplant und gebaut werden, dass ihr Primärenergiebedarf die Vorgaben der EnEV 2007 um 30 Prozent unterschreitet. Derzeit erarbeitet der Senat weitere konkrete und anspruchsvolle Vorgaben. Mit ihnen sollen die bundesweit geltenden Anforderungen wie die der EnEV 2007 – selbst nach deren für 2009 angekündigten Verschärfungen – deutlich unterschritten werden. Dieser »Berliner Energiestandard« soll künftig auch als Ziel gelten, wenn öffentliche Bestandsbauten saniert werden. 2008 haben die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Berliner Immobilienmanagement GmbH einen Großteil ihres Gebäudebestandes geprüft und mögliche CO2-Einsparungen ermittelt. Diese Potenziale sollen über einen Masterplan für die Sanierung aller öffentlichen Bauten in den nächsten zehn Jahren erschlossen werden. Regeln für Baustoffe Ein weiteres Beispiel für eine nachhaltige Politik sind die Vorgaben für die Verwendung von Für den Umbau des Reichstags entwickelten die Planer unter Leitung von Lord Norman Foster beispielhafte Lösungen, die den Energiebedarf minimieren. So entlüftet der Kegel in der Kuppel den Plenarsaal durch natürliche Thermik. Ein Spiegelsystem leitet diffuses Tageslicht in den Plenarsaal. Energie liefert ein Blockheizkraftwerk auf Pflanzenölbasis. Die Abwärme der Stromerzeugung deckt nahezu den gesamten Wärme- und Kühlungsbedarf des Parlamentssitzes. Zwei wasserführende Erdschichten dienen als Wärme- und Kältespeicher. Baustoffen. Bereits Anfang der 1990er Jahre hat der Senat für öffentliche Bauprojekte erste Regeln erlassen, die den Einsatz nachhaltiger Materialien vorschreiben. So dürfen heute zum Beispiel ausschließlich schadstoffarme Lacke und biologisch schnell abbaubare Schmierstoffe und Hydraulikflüssigkeiten verwendet werden. Auch der Einsatz formaldehydfreier oder zumindest -armer Span- und Verbundplatten ist Pflicht. Nicht verwendet werden dürfen – um nur einige Beispiele zu nennen – mit Chrom grundierte farbige Aluminiumbauteile, PVCFußböden und Bauteile, die voll- oder teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe enthalten. Tropenholz, das seit 1997 ebenfalls verboten war, darf seit 2004 wieder eingesetzt werden, solange das Holz nach Forest Stewardship Council (FSC) oder gleichwertig zertifiziert ist. All diese differenzierten Vorgaben gelten für Hoch- wie Tiefbaumaßnahmen und betreffen nicht nur Baustoffe und Bauteile, sondern auch Hilfsstoffe und Baunebenprodukte. Arbeitshilfen für Baumaßnahmen und -wettbewerbe 1994 schrieb der Senat Grundsätze fest, die bei öffentlichen Bauvorhaben die Nachhaltigkeit zur Regel machen und »vom ökologischen Experiment zum Regelstandard, vom einzelnen Öko-Haus zum ökologischen, umweltgerechten Städtebau« führen sollten. Der damals formulierte »Berliner Standard für ökologisches Bauen« wurde bundesweit zum Vorbild, so auch, um ein bekanntes Beispiel zu nennen, für die Bauvorhaben der IBA Emscherpark. Die begrünte Südfassade ist der augenfälligste Bestandteil des ökologischen Gesamtkonzepts für das Lise-Meitner-Haus auf dem Campus Adlershof der Humboldt-Universität. Das Institutsgebäude für Physik entstand zwischen 1999 und 2003 nach Plänen von Augustin Frank Architekten. Regenwasser wird in Zisternen gesammelt und genutzt, um die Grünfassade zu bewässern und Verdunstungskälte in Klimaanlagen zu erzeugen. Überschüsse werden in einem Teich im Innenhof abgepuffert und so vor Ort verdunstet und versickert. Mit dem »Leitfaden zum Ökologischen Bauen« wird dieser Standard seither kontinuierlich fortgeschrieben. Der Leitfaden dient als Arbeitshilfe für die Vorbereitung aller öffentlichen und öffentlich geförderten Bauvorhaben in Berlin. Aufgeteilt auf die unterschiedlichen Phasen eines Bauvorhabens stellt er entlang des gesamten Lebenszyklus dar, welche Aspekte berücksichtigt werden müssen, um nachhaltig und ökologisch zu bauen. Das reicht von der frühen Phase der Bedarfsfindung, der Idee, über die Ermittlung des Bedarfprogramms, die Vor- und Entwurfsplanung, bis hin zu Ausführungsplanung, Bauausführung und Nutzung sowie schließlich zu Rückbau oder Abriss eines Gebäudes. Auch Architektinnen und Architekten, die sich mit einem Entwurf an Realisierungswettbewerben für öffentliche Berliner Bauten beteiligen, müssen diese ökologischen Standards erfüllen. Die dazu veröffentlichten »Ökologischen Kriterien für Bauwettbewerbe« legen fest, welche Anforderungen bei der Durchführung solcher Wettbewerbe beachtet werden müssen. So stellt Berlin sicher, dass bereits in die Aufgabenstellung die Belange des ökologischen Bauens einfließen. 5 Der Forest Stewardship Council (FSC) ist eine gemeinnützige Organisation, die Kriterien für die Zertifizierung von Forstbetrieben entwickelt hat. Nach diesen Kriterien zertifizieren vom FSC akkreditierte Organisationen Betriebe. Diese dürfen dann ihr Holz mit dem FSC-Gütesiegel kennzeichnen und können auf diese Weise belegen, dass es aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt. Jahrzehntelange Erfahrung, konzentrierte Kompetenz Das 1974 gebaute Doppelhochhaus SchulzeBoysen-Straße 35/37 in Hohenschönhausen gilt mit seinen 296 Wohnungen heute als größtes Niedrigenergiehaus Deutschlands. Die Wohnungsgesellschaft HoWoGe sanierte das Gebäude 2006 für 8 Millionen Euro und erzielte damit eine Energieeinsparung von 50 Prozent. Das vorbildliche Projekt erhielt 2007 den Berliner Umweltpreis KlimaSchutzPartner und 2008 den Umweltpreis des BUND Berlin. Das Niedrigenergiehaus Marzahn war eins der Projekte im Landesprogramm »Stadtökologische Modellvorhaben«. Mit seiner konvexen, weit geöffneten Südfassade nutzt es den tiefen Sonnenstand im Winter. Schmale, durchgängige Balkone schützen vor der steil einstrahlenden Sonne im Sommer. Die Grundlagen, die heute für das ökologische Bauen in Berlin gelten, hat der Senat in zahlreichen Modellvorhaben während der letzten 20 Jahre erarbeitet. Ursprünglicher Ansatzpunkt dafür war der Wohnungsbau. Heute sind die Prinzipien auch in andere Bereiche des Bauens vorgedrungen. Viele Projektansätze haben sich dabei vom Experiment zum Standard entwickelt. ziente Nahwärmelösungen mit Erdgas und die Nutzung erneuerbarer Energien haben im Rahmen dieser Sanierungen die Energieeffizienz des Berliner Wohnungsbestands maßgeblich verbessert. Allein acht Milliarden Euro investierte das Land zwischen 1991 und 2001 in diese Programme, etwa 20 bis 25 Prozent davon – also bis zu zwei Milliarden Euro – entfielen auf energiesparende Maßnahmen. Eine Art Initialzündung des ökologischen Bauens in Berlin ging von der IBA ’87 aus. Die Internationale Bauausstellung (IBA) lotete mit einer Reihe von Modellprojekten die Chancen ökologischer Ansätze im Bauen aus. Beispielhaft hierfür stehen die Kreuzberger Blöcke 103 in der Oranien- und 6 in der Bernburger Straße. Zugleich enthielten die damals entwickelten »12 Grundsätze behutsamer Stadterneuerung« als zentralen Punkt bereits die Idee des Substanzerhalts. Der dadurch erzielte Nutzen für die Umwelt ist nicht hoch genug einzuschätzen. Bei mehr als der Hälfte der 273 000 Wohnungen in Bauten des komplexen Wohnungsbaus und weit mehr als einem Drittel des gesamten Berliner Wohnungsbestands kamen diese Modernisierungs- und Instandsetzungsprogramme zur Anwendung. Nach dem Mauerfall griffen private Bauherren und Investoren, aber auch der Bund als Bauherr die Ideen auf und setzten sie in ihren Projekten um. Davon zeugen das Daimler-Areal am Potsdamer Platz oder das neue Parlaments- und Regierungsviertel. Besonders für die Bauten des Bundes stellten der Deutsche Bundestag und die Deutsche Bundesregierung energetisch zukunftsweisende und umweltpolitisch verantwortungsvolle Ziele auf. ten, hat die unterschiedlichen Förderprogramme intensiv genutzt, ihre Ideen bereitwillig aufgenommen und treibt die nachhaltige Stadterneuerung heute selbst aktiv voran. Dies geschieht nicht zuletzt vor dem Hintergrund gestiegener Energiepreise mit all ihren wirtschaftlichen Folgen. Seit der Jahrtausendwende greifen zudem verschiedene Maßnahmen auf Bundesebene. Dazu gehören das 1999 eingeführte Investitionszulagengesetz (InvZulG) oder die Energieeinsparverordnung (EnEV). Dadurch konnte Berlin die begrenzten Mittel der Landesförderung auf besonders problembelastete Bestände konzentrieren. Sanierung des Wohnungsbestands Auf große Erfolge kann Berlin bei der energetischen Sanierung von Wohnbauten verweisen. Mit seinen Programmen zur Heizungsmodernisierung, Plattenbausanierung, Sozialen Stadterneuerung und Leerstandsbeseitigung setzte der Senat bereits seit 1990 auch auf eine Verbesserung der Gebäudehülle, effizientere Wärmeversorgungsanlagen, die Ablösung ineffizienter Einzelfeuerungen und die Abkehr von Elektro- und Kohleheizung. Der gezielte Ausbau der Fernwärmenetze, effi- 6 Die Berliner Immobilienwirtschaft, allen voran die kommunalen Wohnungsbaugesellschaf- Das gesammelte Know-how hat sich zu einem Exportartikel entwickelt, der vor allem in Osteuropa und Asien äußerst gefragt ist. So hat der Senat im Rahmen des Baltic Energy Efficiency Network for the Building Stock (Been) federführend ein Handbuch mit elf konkreten Empfehlungen zur energetischen Sanierung von Bauten des komplexen Wohnungsbaus entwickelt und dieses Handbuch im Frühling 2008 auch auf der Green Building Conference in Peking präsentiert. Ökologische Modellprojekte Einen Gutteil seiner Kompetenz und seines Wissensvorsprungs in Sachen nachhaltiges Bauen verdankt Berlin dem Landesprogramm »Stadtökologische Modellvorhaben«. Seit 1989 liefert es Erkenntnisse zu den Faktoren und Komponenten des nachhaltigen Wohnungs- und Städtebaus, die durch die praktische Anwendung in konkreten Bauprojekten abgesichert sind. Dabei besaßen die Projekte nicht unbedingt modellhaften Charakter für eine Eins-zu-einsUmsetzung auf andere Bauvorhaben. Sie stellten vielmehr Arbeitsmodelle dar, an denen experimentelle und neue Ansätze und Verfahrensweisen erforscht und getestet werden konnten. Als gebaute Forschung wurden diese Projekte grundsätzlich im Rahmen von kooperativen und integrierten Planungsverfahren entwickelt und umgesetzt, über einen längeren Zeitraum wissenschaftlich begleitet, ausgewertet, wo nötig optimiert und letztlich dokumentiert. Das Land förderte dabei drei Typen von Projekten: - Bauvorhaben, die innovative Maßnahmen zu mindestens bei einem der fünf ökologischen Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün oder Abfall erprobten - Bauvorhaben, die auf der Basis eines ökologischen Gesamtkonzepts entwickelt wurden - Querschnittsauswertungen, Arbeitshilfen, Merkblätter und Projektdokumentationen, die die erworbenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit zugänglich machten und verbreiteten neuen Ansätze ein öffentliches Interesse bestand. Konkret bedeutete dies, dass die Projekte stadttypische Bauaufgaben behandelten und im Anschluss breitenwirksam umgesetzt werden konnten. Gefördert wurden unter anderem Planungsoptimierungen, die ein ökologisches Gesamtkonzept oder Teilbereiche davon berücksichtigten, die Erprobung neuer Verfahren oder neuer Baumaterialien, Mehrkosten für ökologische Maßnahmen und ein Projektmonitoring. Insgesamt wurden rund 50 bauliche Modellvorhaben realisiert. Dazu gehörten die Sanierung des Gewerbehofs Weiberwirtschaft im Stadtteil Mitte, die Gründerzeitschule im Prenzlauer Berg und die Typenschule in industrieller Bauweise in Lichtenberg. Ein thematischer Schwerpunkt lag auf Sanierungsaufgaben im komplexen Wohnungsbau. Hier wurden unter anderem der Einbau trinkwas- sersparender Installationen erprobt und die ökologische Mustersanierung einer Großsiedlung in Hellersdorf ermöglicht. Seit Mitte der 1990er Jahre rückten zudem Neubauprojekte im Niedrigenergiestandard in den Mittelpunkt der Förderung. Beispiele hierfür sind die Heinrich-Böll-Siedlung in Pankow mit 330 Wohnungen, die Wohnanlage Berliner Straße 88 in Zehlendorf mit 173 Wohnungen oder das Niedrigenergiehaus Marzahn mit 56 Wohnungen. Voraussetzung für eine Förderung war, dass an der Erprobung und Weiterentwicklung der 7 Der rund 1,2 Hektar große künstliche See am Potsdamer Platz ist ein Ruhepol der Innenstadt, der ästhetische Stadtgestaltung und Ökologie verbindet. Der See ist Teil der Regenwasserbewirtschaftung auf dem DaimlerAreal. Er wird aus fünf Zisternen gespeist, in denen das Niederschlagswasser zwischengespeichert wird, das von den Dächern der 19 Gebäude des Komplexes abläuft. Von 1994 bis 1996 sanierte die Wohnungsbaugesellschaft WoGeHe 196 Wohnungen auf dem Suhler Baufeld in Hellersdorf. Das Land Berlin förderte das Projekt als ökologisches Modellvorhaben. Die Mustersanierung halbierte den Energieverbrauch in den Häusern des komplexen Wohnungsbaus. Bauen im Zeichen der Nachhaltigkeit Auch wenn die Begriffe heute oft austauschbar scheinen, ökologisches Bauen und nachhaltiges Bauen sind nicht dasselbe. Ökologisches Bauen im ursprünglichen, engeren Sinne zielt vor allem auf Umweltaspekte. Im Mittelpunkt stehen der Primärenergiebedarf und -verbrauch, der Einsatz nachwachsender und der Verzicht auf fossile und begrenzt vorhandene Rohstoffe, der Schutz von Boden, Wasser und Luft, ein möglichst geringer Flächenverbrauch bei geringem Versiegelungsgrad, das Ausschalten von Schadstoffen, die Reduktion von Emissionen (besonders im Hinblick auf Treibhauseffekt, Ozonzerstörung und Klimawandel) und die Idee geschlossener Kreisläufe. Ökologische Bauten sollen den Bedürfnissen ihrer Nutzerinnen und Nutzer optimal entsprechen, ohne künftigen Generationen unnötige und irreversible Belastungen von Natur und Umwelt zu hinterlassen. Nachhaltigkeit ist ursprünglich ein Fachbegriff der Forstwirtschaft. Er entstand im 19. Jahrhundert und beschreibt das Ziel, Wälder dauerhaft zu bewirtschaften, indem man Kahlschlag vermeidet und immer nur so viel Holz nutzt, wie nachwächst. 1987 übernahm die von der UN eingesetzte Weltkommission für Umwelt und Entwicklung den Begriff als zentrales Konzept in ihren Abschlussreport »Unsere gemeinsame Zukunft«. Dieser oft nach der Kommissionsvorsitzenden benannte Brundlandt-Bericht definierte: »Nachhaltige Entwicklung sucht die Bedürfnisse und Bestrebungen der Gegenwart zu befriedigen, ohne dadurch die Möglichkeit zu gefährden, die der Zukunft zu erfüllen.« Kernpunkt der Nachhaltigkeit ist es damit, kommenden Generationen ihren Handlungsspielraum zu erhalten. Unter dem Zeichen der Nachhaltigkeit sind die Aufgaben indes noch weiter gefasst. Ökologisches Bauen, wie es heute in Berlin verstanden wird, zielt darauf ab, die wirtschaftlichen und soziokulturellen Aspekte mit den ökologischen in Einklang zu bringen und eine nachhaltige Balance aller drei Faktoren zu sichern. Das führt nicht nur zu einer erweiterten Perspektive, sondern es unterstreicht auch, dass die Grundsätze ökologischen Bauens dynamisch sind und sich verändern können. Ändert sich eins der drei Felder im »nachhaltigen Dreiklang«, müssen auch die Ideen und Grundsätze angepasst und fortgeschrieben werden. Ökologisches Bauen gleicht so einem kontinuierlichen Abwägungsprozess, in dem vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen und einer laufenden Vertiefung der fachlichen 8 Kenntnisse konkurrierende Ziele differenziert bewertet und angemessen berücksichtigt werden müssen. Ökologische Faktoren Der unverkennbare Klimawandel hat die Gewichtung der ökologischen Ziele spürbar verschoben. Ob es uns gelingt, Energie zu sparen, fossile Ressourcen zu schonen und Emissionen, vor allem den CO2-Ausstoß, zu verringern, ist zum entscheidenden Kriterium für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft geworden. Die Weltgemeinschaft hat sich spätestens mit dem Kyoto-Protokoll von 1997 dieser Aufgabe gestellt. Der Senat hat schon vorher und seither immer wieder unterstrichen, dass Berlin willens ist, durch eine verantwortungsvolle Stadtpolitik einen überdurchschnittlichen Beitrag dazu zu leisten. Das Berliner Energiespargesetz, das Landesenergieprogramm 2006– 2010 und das laufende Regierungshandeln belegen das. Beim ökologischen Bauen steht deshalb die Frage des Energieverbrauchs heute noch stärker im Fokus als etwa zu Beginn der 1990er Jahre. Bei Neubauten und in der Bestandssanierung lässt sich durch eine komplexe und umweltgerechte Planung die Energieeffizienz drastisch steigern. Trotz der immensen Bedeutung dieser Aufgabe und der großen ökologischen Potenziale, die sich hier auftun, gilt es aber, diesen Schwerpunkt nicht abzukoppeln, sondern ihn im Zusammenspiel mit den weiteren Bausteinen und Themen zu betrachten. Wirtschaftliche Faktoren Beim Blick auf die ökonomischen Komponenten nachhaltigen Bauens rückt die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes in den Fokus. Neben den rein investiven Kosten gehört auch der Aufwand für Betrieb, Reinigung, Unterhalt, Wartung und Instandhaltung dazu. Diese Parameter unterliegen der Veränderung: So hat zum Beispiel der Preisanstieg fossiler Brennstoffe in den vergangenen Jahren die Betriebskosten spürbar nach oben getrieben. Selbst für Vermieter, die diese Kosten an ihre Mieterinnen und Mieter weitergeben, hat das heute gravierende Bedeutung. Die »zweite Miete« belastet die Vermietbarkeit und verschärft Leerstandsprobleme. Energetische Sanierungen dagegen senken die Betriebskosten, verschieben so die Gesamtmietenrelation und eröffnen Hauseigentümern Spielräume bei den Grundmieten. Damit liefert auch die wirtschaftliche Perspektive derzeit Impulse, die den Baustein Energie in den Mittelpunkt des ökologischen Bauens rücken. Soziokulturelle Faktoren Barrierefreiheit, Sicherheit, Erreichbarkeit und die Bereitstellung einer gesunden, lebenswerten Umgebung sind nur einige der soziokulturellen Ziele, die beim ökologischen Bauen vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit Beachtung finden. Nachhaltiges Bauen heißt, auch gesellschaftliche Entwicklungen wie den demografischen Wandel in die Überlegungen einzubeziehen, denkmalpflegerische Aspekte zu berücksichtigen und vieles mehr. Wichtig ist hierbei die Orientierung an den ästhetischen, funktionalen und sonstigen Ansprüchen der Nutzerinnen und Nutzer. Um gesundes Wohnen und Arbeiten zu sichern, reicht es nicht, ökologische Bauten nach dem aktuellen Stand der Technik zu errichten. Das Nutzerverhalten hat erhebliche Auswirkungen auf die ökologische Bilanz eines Gebäudes. Deshalb gehören zum nachhaltigen Bauen auch Maßnahmen und Mechanismen, die zu einem umweltverträglichen Verhalten anregen – etwa indem der jeweilige Verbrauch an Energie, Strom und Wasser transparent gemacht wird. Nachhaltiger Lebenszyklus Den beschriebenen Dreiklang der Nachhaltigkeit gilt es bei allen mit dem Bau und dem Betrieb eines Gebäudes in Zusammenhang stehenden Prozessen zu betrachten. Das reicht von der Rohstoffgewinnung über den Bau und die Nutzung bis zum Rückbau und zur Wiederverwertung der dabei anfallenden Abfälle. Schon in frühen Phasen der Planung fallen Entscheidungen, die die ökologischen Qualitäten eines Gebäudes entscheidend prägen. Nur wer bereits hier ansetzt, wird der Forderung nach Nachhaltigkeit gerecht werden können. setzt werden. Von großer Bedeutung ist deshalb ein integraler Planungsansatz. Architektinnen und Architekten, Haustechnik- und Energieplanerinnen und -planer müssen von Anfang an zusammenarbeiten, um abgestimmt agieren zu können. Die gemeinsam entwickelten Maßnahmen sollen »im Rahmen der Gesamtplanung schlüssig und in ihrem Zusammenhang untereinander sinnvoll und wirksam« sein und »im Einklang mit einem städtebaulich und architektonisch wirksamen Konzept stehen«. Um diesen Einklang zu sichern und konkurrierende Ziele zu beachten und zu bewerten, haben sich ökologische Gesamtkonzepte bewährt. Sie gliedern sich idealerweise in fünf Bausteine: Energie, Wasser, Baustoffe, Grün und Abfall. Dieser modulare Aufbau stellt sicher, dass auch in Zeiten, in denen die Klimafrage höchste Priorität hat, das ökologische Bauen nicht auf den Baustein Energie reduziert wird. Jeder dieser Bausteine wird dabei für sich, vor allem aber in seinen Wechselwirkungen mit den anderen Bausteinen betrachtet und angemessen berücksichtigt. Damit ist auch die Abwägung gewährleistet, die im Zentrum des Nachhaltigkeitsgedankens steht. Bausteine Energie Wasser Baustoffe Grün Abfall Gesamtkonzept und Bausteine Nachhaltiges Bauen erschöpft sich nicht in der Addition ökologischer Einzelmaßnahmen, die auf den konventionellen Entwurf quasi aufge- 9 Baustein Energie Die Energieeffizienz der Gebäude zu steigern, ist heute die vordringlichste Aufgabe im nachhaltigen Bauen. Das gebieten die Ressourcenschonung und der Schutz des Klimas (ökologische Faktoren), die Wirtschaftlichkeit und die soziokulturellen Überlegungen gleichermaßen. Fernwärmetrasse in Berlin Seit Juli 2002 speist die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauptbahnhofs jährlich mehr als 150 000 kWh Strom ins Berliner Netz. Die Nennleistung der Anlage mit 1 870 m² Fläche liegt bei 189 kWp. Bei der energetischen Sanierung des Märkischen Viertels wird auf die Außenwände ein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht. Die Reduzierung des Energieverbrauchs ist eine Querschnittsaufgabe, der sich deshalb nicht nur die verschiedenen Ressorts des Berliner Senats widmen. Auch auf EU- und Bundesebene finden sich Regelungen, die der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung Rechnung tragen. Deutlich wird das etwa an der Energieeinsparverordnung (EnEV). Ein anderes Beispiel ist das Landesenergieprogramm 2006–2010, das die Grundsätze und Anstrengungen der Berliner Klimaschutz- und Energiepolitik darlegt. Beim Bauen liegt das größte Gewicht auf einem verbesserten Wärmeschutz und effizienten Anlagensystemen. Neue und modernisierte Gebäude sollen so auf Dauer einen möglichst geringen Energiebedarf sichern. Unter dem Blickwinkel des ökologischen Bauens erweitert sich diese Perspektive auf die Gesamtenergieeffizienz eines Vorhabens – auch auf die Energie, die bereits beim Bauen verwendet wird. Schon allein deshalb ist die Nutzung bestehender Bauten tendenziell nachhaltiger als ein Neubau. Bedeutung des Baukörpers Wie der Baukörper gestaltet ist, entscheidet mit über den Energieverbrauch seiner Nutzerinnen und Nutzer. Ist der Baukörper kompakt, reduzieren sich die Energieverluste. Die Form des Hauses, Gestalt, Geometrie, Lage des Baukörpers sowie seine Stellung zur Sonne und zur lokalen Windrichtung können Energieverluste minimieren und wirken sich spürbar auf Fragen der Belüftung, den Stromverbrauch für die Belichtung und auf den Aufwand aus, den gegebenenfalls Kühlung und Klimatisierung verursachen. Ein populäres Beispiel hierfür ist der Berliner Reichstag, bei dem der Bund diese Aspekte bei Umbau und Sanierung beispielhaft nutzen und umsetzen konnte. 10 Verlustminimierung Etwa ein Drittel der in Deutschland eingesetzten Energie wird im Gebäudebereich verbraucht. Dabei entfallen in privaten Haushalten nach Angaben des Bundesbauministeriums rund 85 Prozent auf Heizung und Warmwasser. Die Wärmeversorgung von Gebäuden bietet damit das größte Einsparpotenzial. Ein Potenzial, das über weite Strecken relativ einfach und wirtschaftlich zu erschließen ist. Es gibt dabei zwei Hauptansatzpunkte: Die Wärmedämmung von Fassaden, Kellerdecken, Dächern und/oder den obersten Geschossdecken minimiert einerseits die Energieverluste. Eine effiziente Heizanlage und moderne Steuerungs- und Gebäudetechnik reduzieren andererseits den Energieverbrauch. Wie wichtig der Energieverbrauch ist, hat der Bund mit der Einführung der Energieausweise unterstrichen. Wer ein Wohngebäude verkauft, verpachtet oder vermietet, muss heute einen Energieausweis vorlegen. Für Wohnhäuser, die bis einschließlich 1965 fertiggestellt wurden, gilt diese Pflicht bereits seit Juli 2008, für jüngere Wohnbauten seit Anfang 2009. Zum Juli 2009 wird diese Pflicht auch auf Nichtwohngebäude ausgeweitet. Ausgenommen sind nur kleinere Gebäude mit nicht mehr als 50 m² Nutzfläche und Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen. In öffentlich genutzten Gebäuden über 1 000 m² Nutzfläche und mit Publikumsverkehr muss nach EnEV 2007 dieser Ausweis sogar an gut sichtbarer Stelle ausgehängt werden. Basis der Angaben im Energieausweis ist bei neuen und umgebauten Gebäuden der Energiebedarf. Nur bei bestehenden Gebäuden ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Ausweis erlaubt, der auf dem witterungsbereinigten Energieverbrauch basiert. Verbrauchsverhalten Der Energieausweis ist nicht nur ein Instrument, um den Energiebedarf eines Hauses zu bilanzieren. Er gibt auch Hinweise, mit welchen Maßnahmen sich die Energieeffizienz steigern lässt, und wird so zur Grundlage für die Planung energetischer Gebäudesanierungen. Vor allem aber schafft er Transparenz für alle, die ein Haus oder eine Wohnung mieten oder kaufen wollen. Durch den Energieausweis können sie auch für ältere Gebäude nähere Informationen über deren energetische Eigenschaften erhalten. Zugleich wird die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer auf das eigene Verbrauchsverhalten gelenkt. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Idee der Nachhaltigkeit beim Bauen auch jenseits der rein baulichen Bestimmungen voranzutreiben und den wichtigen Faktor »Nutzerverhalten« positiv zu beeinflussen. Einsatz erneuerbarer Energien Bis 2020 soll in Deutschland der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung von derzeit sechs auf 14 Prozent, an der Stromerzeugung von derzeit 14 auf dann 25 bis 30 Prozent steigen. So sehen es die Anfang 2009 in Kraft getretenen Gesetze für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) und zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG) vor. Die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien muss deshalb bei allen Berliner Neubauvorhaben eingehalten und auch bei Umbauten und Modernisierungen geprüft und dokumentiert werden. Doch nicht alle erneuerbaren Energien kommen für Berlin in Frage. Gewässer, die schnell genug strömen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Wasserkrafterzeugung zu erlauben, gibt es nicht. Windenergieanlagen sind zumindest in den bebauten Bereichen zu laut, brauchen viel Raum und können die städtische Fauna über Gebühr belasten. Anlagen zur Gewinnung geothermischer Energie sind in der dicht bebauten Stadt nur mit hohen Investitionen zu realisieren und deshalb kaum wirtschaftlich. Am Stadtrand stößt ihre Realisierung aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Grundwasser auf Bedenken: 25 Prozent der Fläche Berlins sind Wasserschutzgebiete. Solarenergie im Fokus Trotz seiner geografischen Lage im Norden Deutschlands hat sich in Berlin der Einsatz von Anlagen zur Solarenergiegewinnung bewährt. Sonnenenergie – ob solarthermisch oder über Photovoltaik genutzt – ist die stadtverträglichste aller neuen Energien. Im Solarkataster Berlin, das einst als ökologisches Modellvorhaben angestoßen wurde, sind heute 5 356 solarthermische und 1 585 PhotovoltaikAnlagen sowie rund 2 000 PV-Inselanlagen verzeichnet. Die installierte Gesamtfläche der Solarthermie-Anlagen liegt bei über 57 000 m², während die registrierten PV-Anlagen auf zusammen rund 9 850 kWp Leistung kommen. Die Wirtschaftlichkeit der Solarenergie dürfte sich durch neue Technologien in naher Zukunft spürbar verbessern. Gerade bei der Entwicklung kostengünstiger Dünnschichtmodule ist Berlin bundesweit führend (vgl. Projekt Solarwand auf Seite 22/23). Wärme aus Abwärme Als weitere Form erneuerbarer Energien hat sich in Berlin die gezielte Nutzung ohnehin anfallender Abwärme als besonders sinnvoll erwiesen. Energie aus Kraft-Wärme-Kopplung kommt entweder als Fernwärme aus Heizkraftwerken der lokalen Stromversorger oder aus dezentralen Blockheizkraftwerken zum Einsatz. Ein ähnliches Prinzip kann innerhalb des Gebäudekreislaufs genutzt werden: mit Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus Abluft und Abwasser. Von Kraft-Wärme-Kopplung spricht man, wenn die Abwärme von Kraftwerken nicht in die Umwelt entweicht, sondern gezielt als Fernwärme für die Heizung von Bauten genutzt wird. Solche Heizkraftwerke erzeugen damit Strom und Wärme. Unabdingbar ist bei all diesen Ansätzen zur Verbesserung der Energieeffizienz, dass Baukörper, Wärmeschutz, Heizungsanlagen, Gebäudetechnik und der Einsatz erneuerbarer Energien im Zusammenhang entwickelt werden müssen. Die Karte »Solare Flächenpotenziale« im Umweltatlas Berlin dokumentiert die Ergebnisse einer Untersuchung, bei der das Potenzial des Berliner Gebäudebestands zur Nutzung von solartechnischen Anlagen auf Dächern und Fassaden bewertet wurde. Die gesamte Karte mit detaillierter Legende ist über den Umweltatlas auf der Website der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abrufbar. Auch Energieerzeugung aus Biomasse kann nur im konkreten Einzelfall stichhaltig begründet werden, weil dem Gewinn durch die Erneuerbarkeit des Energieträgers negative (Umwelt-)effekte entgegenstehen. Bei Holzpelletheizungen fällt gerade in der Innenstadt das hohe Emissionspotenzial von Feinstäuben und der hohe Platzbedarf für die Lagerung stark ins Gewicht. Auch Biogasanlagen sind kaum stadtverträglich. Der Energieversorger GASAG will deshalb bis zum Jahr 2015 insgesamt 15 solcher Anlagen im Umland bauen. Die erste davon im brandenburgischen Rathenow geht 2009 in Betrieb. Das dort erzeugte Methangas wird teils in das Berliner Erdgasnetz eingespeist, teils zur Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen genutzt. 11 Baustein Wasser Berlin ist eine der wenigen großen Städte, die ihre Wasserversorgung auf eigenem Gebiet sicherstellen können. Seit mehr als 100 Jahren bezieht die Stadt ihr Trinkwasser aus Grundwasser und Uferfiltrat. Grundsätzliches Ziel des Senats ist es deshalb, einen ausgeglichenen Wasserhaushalt zu sichern. Die Idee eines stadtinternen Wasserkreislaufs ersetzt dabei die Vorstellungen von Verbrauch und Entsorgung. Dafür arbeiten die Senatsressorts Hand in Hand. Federführend für das Berliner Wasserund Gewässermanagement ist die Senatsumweltverwaltung. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung befasst sich mit dem Thema Wasser in Zusammenhang mit der Bauplanung. Das betrifft die Installation von Wasserund Abwassersystemen, den Bau von Löschwassereinrichtungen und die Ableitung sowie die Nutzung von Niederschlagswasser. Bereits in den 1980er Jahren initiierte der Senat ein Programm zum Schutz des Uferröhrichts. Auf mehreren Kilometern wurden mit Röhricht bestandene Ufer durch Palisaden vor dem Wellenschlag des Schiffsverkehrs geschützt und teilweise auch neu bepflanzt. Der Schutz des Röhrichts ist heute auch im Berliner Naturschutzgesetz verankert. Das sichert mittelbar auch die Wasserversorgung der Stadt, die einen Teil ihres Trinkwassers aus Uferfiltrat gewinnt. Bewässern und Versickern Die hohe Versiegelung im Berliner Stadtgebiet beeinträchtigt die gleichmäßige Neubildung von Grundwasser. Das von Dächern und befestigten Flächen ablaufende Wasser gleich vor Ort zu versickern und es zur Bewässerung von Grünflächen und begrünten Fassaden zu nutzen, ist deshalb die nachhaltigste Art, den Berliner Wasserkreislauf zu stärken. So sieht es auch das Berliner Wassergesetz vor, das zusammen mit der Niederschlagswasserfreistellungsverordnung die Regeln dafür definiert. Gefasstes Niederschlagswasser darf in Berlin überall erlaubnisfrei versickert werden. Eine Ausnahme bilden Grundstücke in Wasserschutzgebieten und Grundstücke, deren Böden mit Altlasten belastet sind oder bei denen ein solcher Verdacht besteht. Auch Liegenschaften in Gebieten mit hohem Grundwasserstand sind von dieser Erlaubnis ausgenommen, weil dort Vernässungsschäden an Gebäuden und an der Vegetation drohen. 12 Niederschlagswasser, das versickert wird, darf nicht durch Gebrauch oder andere Einflüsse verunreinigt und nicht mit Abwasser oder wassergefährdenden Stoffen vermischt sein. Es muss von nichtmetallischen Dachflächen, Wegen und Hofflächen, Radwegen oder PKWStellflächen in Wohngebieten stammen. Auch Niederschlagswasser von Straßenflächen in reinen Wohngebieten darf erlaubnisfrei versickert werden, wenn die maximale Verkehrsdichte 500 Kraftfahrzeuge täglich nicht übersteigt. Bei Wasser von viel befahrenen Straßen, aber auch bei Wasser von Dächern mit hohen Anteilen von Metallen wie Zink, Kupfer und Blei reicht die Filtrierkapazität des Bodens nicht aus. Hier ist es sinnvoller, das Wasser in die Schmutzwasserkanalisation zu leiten und so eine ökologisch verantwortliche Aufbereitung sicherzustellen. Versickerungsverfahren Fünf Arten gibt es, Regenwasser zu versickern. Je nachhaltiger sie wirken sollen, desto größer ist ihr Platzbedarf. Welches Verfahren geeignet ist, kann deshalb nur im Einzelfall entschieden werden. Im Idealfall wird das Wasser breitflächig über den begrünten Oberboden versickert, der wie ein natürlicher Filter wirkt. Größere Wassermengen auf kleinerem Raum bewältigt die Muldenversickerung, weil die dauerhaft begrünten Bodenvertiefungen als kurzfristige Zwischenspeicher fungieren. Mulden-Rigolen-Systeme erweitern dieses Verfahren um eine Kiespackung unter dem Oberboden, aus der das gefilterte Wasser abläuft und über einen Schacht ins Grundwasser gelangt. Eine reine Rigolen- oder RohrVersickerung ist nur in Ausnahmefällen ratsam, weil hier der Oberboden als Filter fehlt. Bei besonders prekärer Platzsituation bleibt als Möglichkeit nur eine Versickerung einzig über einen Schacht. Die Berliner Wasserbetriebe belohnen die durch Versickerung erreichte Entlastung der Kanalisation mit einer Befreiung vom Niederschlagswasserentgelt. Dieses Entgelt für die Beseitigung von Niederschlagswasser wird nach der bebauten und befestigten Fläche bemessen, von der aus Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung gelangt. Zwischenspeicher Niederschlagswasser fällt nicht gleichmäßig an. Weil es immer wieder zu starken Regenfällen in kurzer Zeit kommt, ist es sinnvoll, eine Rückhaltung als Puffer einzubauen, damit das Wasser nicht oberirdisch oder über die Kanalisation abfließt und die Gewässer belastet. Offene Speicher im Außenbereich lassen sich als Feuchtbiotope und Teiche gestalten oder mit solchen kombinieren. Das schafft Lebensräume für Flora und Fauna und nutzt zudem die Filterwirkung von Schilf und Wasserpflanzen. Wo die Platzverhältnisse das nicht zulassen, bieten sich Regenwasserzisternen an, die in exponierten Lagen auch als Löschwasserspeicher dienen können. So werden zum Beispiel im Haus der Deutschen Wirtschaft am Mühlendamm Niederschläge als Feuerlöschvorrat und für WC-Anlagen gesammelt. Trinkwasser und Betriebswasser Ziel ökologischen Bauens ist ein reduzierter Trinkwasserverbrauch. Dem dient vor allem die Installation wassersparender Armaturen und Haushaltsgeräte. Früh hat sich der Senat aber auch mit der Betriebswassernutzung beschäftigt. Die Idee: Um Wäsche zu waschen oder das WC zu spülen, ist Trinkwasserqualität nicht erforderlich. Es könnte also durch recyceltes Grauwasser oder Regenwasser ersetzt werden. 1989 ging die erste erfolgreiche Anlage zum Grauwasserrecycling im Kreuzberger Block 103 in Betrieb und wurde im Rahmen eines umfassenderen stadtökologischen Modellvorhabens bis 1998 optimiert. Für die Nutzung von Betriebswasser in Gebäuden gelten in Deutschland keine verbindlichen Anforderungen an Qualität und Überwachung. Berlin hat hierfür jedoch erstmals konkrete Qualitätsziele formuliert, die als »Berliner Werte« sogar international Beachtung fanden. Den erarbeiteten Wissensstand hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in zwei Broschüren aus den Jahren 1995 und 2003 interessierten Bauherren, Planern und Betreibern in aller Welt zugänglich gemacht. die Niederschlags- noch die Grundwassersituation in Berlin legen den verstärkten Einsatz solcher Betriebswassernutzung nahe. Zudem fordert der dafür nötige Einbau eines zweiten Leitungsnetzes mit hygienisch einwandfreier Trennung der Netze relativ hohe Investitionen und zieht einen ebenso hohen laufenden Aufwand für Überwachung, Wartung und Pflege nach sich. Dadurch sind Betriebswasseranlagen unter den Berliner Bedingungen fast nie wirtschaftlich. Regenwasser zu versickern und Grauwasser über das Kanalnetz der gezielten Aufbereitung in Kläranlagen zuzuführen, ist deshalb ökologisch meist sinnvoller. Abwassersysteme Ein 9 400 Kilometer langes Netz aus Schmutz-, Regen- und Mischwasserkanälen durchzieht den Berliner Untergrund. Nur in der Innenstadt dominiert noch die ältere, ökologisch ungünstigere Mischwasserkanalisation. Drei Viertel der kanalisierten Gebiete werden bereits nach dem Trennverfahren entwässert, bei dem Regen- und Schmutzwasser getrennt geführt werden. Wo das der Fall ist, müssen auch in den Gebäudeanlagen Regen- und Schmutzwasser in zwei getrennten Systemen geführt werden. So bleibt sichergestellt, dass das Regenwasser über Versickerungsbecken, zwischengeschaltete Klärbecken und Retentionsbodenfilter oder durch Einleitung in die Gewässer wieder in den natürlichen Kreislauf gelangt. In Berlin selbst muss die Nutzung von Grauund Regenwasser als Betriebswasser allerdings sehr genau abgewogen werden. Weder 13 Im 1999 fertiggestellten Haus der Deutschen Wirtschaft am Mühlendamm werden Niederschläge als Feuerlöschvorrat und für die WC-Spülung gesammelt. Südlich des Eigenheimgebiets Habichtshorst in Biesdorf-Süd liegt dieses Speicherbecken für Regenwasser. Gestalterisch ist es in den Stadtteilpark Schmetterlingswiesen integriert. Bei Trockenheit dient es als Spielfläche und kommt als Naturwiese Flora und Fauna zugute. Bei starken Regenfällen dient das Becken als Vorfluter und Versickerungsmulde zur Entlastung des benachbarten Flüssleins Mulde. Baustein Baustoffe An der Esmarchstraße im Prenzlauer Berg entstand 2007 bis 2008 nach Entwürfen von Kaden + Klingbeil Architekten das Baugruppenprojekt e3. Was nach außen wie ein gewöhnlicher Neubau wirkt, ist in Wahrheit das höchste Holzhaus Deutschlands: Das Haus wurde in Holzständerbauweise mit MassivholzWandscheiben errichtet und lotet die Möglichkeiten aus, den nachwachsenden Baustoff Holz auch im großstädtischen Geschosswohnungsbau zu nutzen. Beim schonenden Rückbau geborgene und gereinigte Ziegelsteine sind ein wertvoller Baustoff, gerade für die Ergänzung historischer Bauten. Selbst Bruchmaterial aus Ziegeln kann nachhaltig verwendet werden – zum Beispiel als Ausgangsstoff für Granulat, das bei der Begrünung von Flachdächern eingesetzt wird. Die Auswahl der Baustoffe, Materialien und Bauprodukte bestimmt wesentlich die ökologische Qualität eines Gebäudes. Ziel ist es, ihre Gesundheits- und Umweltverträglichkeit über den gesamten Lebenszyklus zu erhalten. Die Basis dafür bilden frühzeitige konzeptionelle Überlegungen. Grundsätzlich sind nachwachsende Rohstoffe und Rohstoffe aus der Wiederverwertung zu bevorzugen. Auch Ort und Art der Rohstoffgewinnung beeinflussen die Ökobilanz: Materialien, die ohne aufwändige Umwandlungsund Veredelungsprozesse in möglichst wenigen Verarbeitungsstufen entstehen, sichern einen geringen Energieverbrauch und meist auch geringe Emissionsraten in der Herstellung. Eine regionale Herkunft der Baustoffe fällt dank kurzer Transportwege positiv ins Gewicht. Welche Baustoffe sich für welchen Einsatz eignen, sollte unter dem Aspekt ihrer Gesundheitsverträglichkeit und der Lufthygiene in den Innenräumen des Gebäudes geprüft werden. Dabei gilt es, auch die Verarbeitungsprozesse auf der Baustelle zu berücksichtigen und zum Beispiel ausreichende Trockenzeiten für Anstriche und Kleber einzuplanen. Langlebig und leicht zu pflegen Unter ökologischen Aspekten sind Baustoffe mit langer Lebensdauer und geringem Instandhaltungsaufwand zu bevorzugen. So sollten sich Außenhaut und Innenräume leicht und mit geringem Reinigungsmitteleinsatz pflegen und sauber halten lassen. Das kommt der Umwelt zu gute und senkt die Betriebskosten. Glatte Oberflächen sind deshalb meist sinnvoller als offene oder raue. Auch der Austausch beziehungsweise der Ersatz defekter Teile muss einfach zu bewerkstelligen sein, um den Lebenszyklus des 14 Gebäudes zu verlängern. Hierbei sind nicht nur die verwendeten Materialien, sondern auch ihr Zuschnitt und ihre Verarbeitungsweise ausschlaggebend. Geschraubte oder gesteckte Verbindungen lassen sich zum Beispiel leichter lösen als geklebte und erlauben so zu gegebener Zeit einen auch teilweisen Ersatz. Zudem lassen sich so die Materialien beim späteren Rückbau leichter trennen. Das verbessert die Weiter- und Wiederverwertbarkeit. Eine besonders aufwandsarme Entsorgung gewährleisten verrottbare und kompostierbare Baustoffe. Bauproduktbewertungen Seit den Anfängen des ökologischen Bauens wurde eine Vielzahl alternativer Baustoffe und -verfahren getestet – von Stampflehmwänden bis hin zu Wärmedämmungen aus Schilfrohr. Für den Einsatz auf breiter Basis sind allerdings die erheblichen Fortschritte bedeutsamer, die in der klassischen Baustoffproduktion zu verzeichnen sind. So senken zum Beispiel neue Wärme- und Sonnenschutzisoliergläser und Glasverbundsysteme den Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) von Fenstern und Glasflächen bei Mehrfachverglasungen auf Werte zwischen 0,7 W/m²K und 0,5 W/m²K. Die Gesetze und Bestimmungen des Chemikalien-, Gefahrstoff- und Arbeitsschutzrechts regeln den Umgang mit gesundheits- und umweltrelevanten Stoffen auch für die Herstellung und Verarbeitung von Bauprodukten. Die Bauordnungen der Länder legen fest, welche Bauprodukte auf welche Weise in Gebäuden verwendet werden können. Nicht nur Baustoffe und -teile, auch vorgefertigte Anlagen wie zum Beispiel Wärmepumpen gelten laut Berliner Bauordnung und Bauproduktegesetz als Bauprodukte. In diesen Fällen ist die energetische Bewertung wesentliche Voraussetzung für die Verwendung. Wiederverwendung von Baustoffen im Straßenbau Aufbruch Einbau Recycling RC-Baustoff Die Gesundheits- und Umweltverträglichkeit einzelner Bauproduktgruppen bewertet das Deutsche Institut für Bautechnik in Verfahren für eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung auf Grundlage der Bauordnungen der Länder. Einen freiwilligen Beitrag zum pro- hergestellt und instand gesetzt. Dabei besteht der typische Berliner Gehwegbelag vor allem in der Innenstadt aus gepflasterten Ober- und Unterstreifen wie Mosaikpflaster, besonders Bernburger Mosaik, und dazwischen liegenden Bahnen aus Gehwegplatten oder großfor- duktbezogenen Gesundheits- und Umweltschutz leisten privatrechtlich organisierte Zertifizierungssysteme. Sie können – zum Beispiel bei Holzwerkstoffen – einen Umwelt- und Gesundheitsvorteil sichern, der über den bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen liegt. matigen Granitplatten. Die Fugen werden bevorzugt mit Sand verfüllt. Dabei findet die ungebundene Bauweise Anwendung. Dieser Aufbau hat neben der attraktiven, stadtgeschichtlich stimmigen Gestaltung auch den Vorteil, versickerungsoffen zu sein. Recycelte Baustoffe im Straßenbau Berlin beachtet die beschriebenen Grundsätze bei eigenen Bauvorhaben nicht nur im Hochbau, sondern auch im Straßen- und Ingenieurbau. Gehwege werden soweit möglich unter Verwendung vorhandener Materialien Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung überwacht die Güte von Straßenbaumaterialien aus wiederaufbereiteten Baustoffen, zertifiziert sie und veröffentlicht sowohl die zertifizierten Baustoffe als auch deren Herstellerfirmen alljährlich im Amtsblatt für Berlin. 15 Mit eingeblasenen Dämmstoffen aus Zellulose lassen sich Hohlräume bis in den letzten Winkel auch nachträglich wärmedämmen. Pflasterarbeiten an einem typischen Gehweg der Berliner Innenstadt. Mosaikpflaster in ungebundener Bauweise rahmt Bahnen aus größeren Gehwegplatten. Baustein Grün Berlin gilt zurecht als grüne Metropole. Mehr als 42 Prozent des Stadtgebiets sind Grünund Wasserflächen – mehr als in jeder anderen Großstadt Deutschlands. Das erhöht nicht nur die Wohn- und Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner. Städte gelten heute auch als Hotspots der Artenvielfalt, weil sie auf engem Raum unterschiedlichste Lebensräume für Tiere und Pflanzen bieten. Der Senat sichert deshalb das wertvolle Freiraumsystem durch zahllose Maßnahmen. Das reicht vom Schutz ökologisch besonders sensibler Naturräume über die Pflege und qualitätsvolle Gestaltung der Parks, Plätze und Grünanlagen bis hin zur Unterstützung privater Initiativen zur Pflege von Grün im Straßenland oder zur grünen Zwischennutzung brachliegender Flächen. Ökologisches Bauen zielt darauf, die vorhandene Vegetation zu schützen und in das Bau- Seit 1995 sind in Berlin mehr als 20 Kilometer Straßenbahngleise begrünt worden. Dabei kommen – neben Rasen – vor allem trockenheitsund hitzeresistente Arten wie Sedum und andere Sukkulenten zum Einsatz. Die Stadt gewinnt gleich mehrfach: Die Pflanzen reduzieren Lärm, filtern Schadstoffe, verbessern durch Verdunstung das Mikroklima, kühlen die Luft und schützen die Gleise und Bohlenkörper vor Erosion und Verschleiß. vorhaben einzubeziehen, den Grünanteil besonders in Innenstadtlagen weiter zu stärken, die Versiegelung zu minimieren und Vorkehrungen zu treffen, damit die wertvolle Begrünung nachhaltig unterhalten werden kann. Vegetation und Natur schützen Stellung und Gestalt des Baukörpers sollen nicht nur von energetischen und wirtschaftlichen Erwägungen bestimmt werden. Auch der Schutz vorhandener Vegetation, besonders der alter Baumbestände, will bedacht sein. Wurzelzonen von Bäumen eignen sich nicht als Verkehrs- und Lagerflächen und sollten auch bei der Planung von Versorgungsleitungen ausgespart bleiben. Bei der Pflanzenverwendung steht die Auswahl standortgerechter Arten im Vordergrund. Heimische Stauden und Gehölze die- 16 nen als Bienenweide und liefern Futter für Vögel. Sie zu bevorzugen liegt nahe, weil sie besser in die vorhandenen Ökosysteme eingebunden sind als Neophyten. Diese Regel muss jedoch im Einzelfall immer abgewogen werden. So können an stark befahrenen Straßen besonders schadstoffresistente eingeführte Baumarten eine sinnvollere Wahl darstellen. Und gerade an exponierten Stellen können hitze- und trockenheitsresistente Arten Unterhalt und Pflege langfristig erleichtern. Der Lebensraum Stadt ist durch die Vielfalt seiner Ökosysteme und ökologischen Nischen gekennzeichnet. Deshalb soll die Ausgestaltung des Bausteins Grün den Naturhaushalt stärken und die Biodiversität der Stadt unterstützen. Diesem Ziel dienen auch Maßnahmen, die in der Stadt lebende Wildtiere schützen und besonders bedrohten Arten Unterschlupf bieten. Selbst der Sukzession Raum zu lassen und Spontanvegetation einzubeziehen kann sinnvoll sein, solange sie nicht die bauliche Sicherheit oder Nutzbarkeit der Freiflächen beeinträchtigt. So haben Untersuchungen gezeigt, dass bereits die Ritzenvegetation ungebundener Pflasterflächen das Mikroklima spürbar verbessert. Grünanteil stärken Ein begrünter Hof wirkt auf das Gebäude zurück, weil er die Aufheizung im Sommer verringert und das Gebäudeumfeld kühlt. Die Pflanzen filtern zudem Feinstaub aus der Luft und bieten Lebensräume für viele Tierarten. Bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Fragen sind jedoch nicht die einzigen Gründe, den Grünanteil zu erhöhen. Ein hoher Grünanteil stärkt auch die Identifikation der Nutzer mit »ihrem« Gebäude. Im Außenbereich sollte der Raum deshalb bevorzugt durch Hecken und Gehölze statt durch Mauern strukturiert werden. Auch die Begrünung von Dächern und Fassaden bringt positive Effekte auf Gebäude- und Mikroklima und schafft neue Chancen für ein ökologisches Regenwassermanagement. Diese Ansätze sind bereits bei der Planung der Gebäudeaußenhaut zu berücksichtigen. Rankhilfen für Kletterpflanzen oder direkten Pflanzenbewuchs, eine geeignete Flächenausbildung für Selbstklimmer und/oder die angemessene Auslegung der vertikalen Belastbarkeit der Fassade sind nötig, um eine Fassadenbegrünung gezielt vorzubereiten. Dächer bieten eine weitere Möglichkeit, den Grünanteil zu erhöhen. Extensive Dachbegrünungen über einen Dünnschichtaufbau mit Substrat und trockenheitsverträglicher Vege- tation sind dabei intensiven Begrünungen mit vollwertigem Bodenaufbau in wirtschaftlicher Hinsicht deutlich überlegen. Sie verursachen erheblich niedrigere Investitionskosten und kommen ohne aufwändige Pflege aus. Der Senat hat deshalb in den »Ökologischen Kriterien für Bauwettbewerbe« den Vorrang der Extensivbegrünung festgeschrieben. Versiegelung vermeiden Aus ökologischer Hinsicht ist es wünschenswert, wenn neue Bauvorhaben den Gesamtanteil versiegelter Flächen auf einer Liegenschaft reduzieren. Ziel ist es, in der Summe Flächen zu entsiegeln. Zumindest aber soll die Neuversiegelung bei Bauvorhaben auf das absolut nötige Mindestmaß beschränkt bleiben. Wasserdurchlässige ungebundene Oberflächen bieten hier ein breites Spektrum an Lösungen. Holz- und Rindenbeläge, Schotterrasen, Rasengittersteine und Pflaster mit groß- en Fugen erlauben auch bei Verkehrsflächen eine relativ hohe Wasserdurchlässigkeit. Die Auswahl des Deckenaufbaus richtet sich dabei nach der künftigen Verkehrsbeanspruchung. Die dafür nötige Abwägung ist am besten durch ein schlüssiges, integriertes Freiflächenund Begrünungskonzept zu leisten, das auch Aussagen zum nötigen Grad der Versiegelung und zur Niederschlagswasserbewirtschaftung enthält. Ökologisch bewässern Ein durchdachter Umgang mit der natürlichen und kostenlosen Ressource Niederschlagswasser ist ein zentraler Teil nachhaltiger Grünpflege. Um Freiflächen oder Fassaden zu bewässern, sollte bevorzugt Wasser verwendet werden, das von Dächern abläuft. Feuchtbiotope, Teiche und Rückstaubecken im Außenbereich, aber auch gebäudeinterne Zisternen erlauben es, dieses Wasser zu sam- meln und vorzuhalten. Das Gebäude selbst sollte so gestaltet sein, dass das Wasser über natürliche Gefälle auf die Vegetationsflächen oder in die Zwischenspeicher fließen kann, ohne dass Pumpen oder andere Energie verbrauchende Hebeanlagen zum Einsatz kommen müssen. Um kein Trinkwasser für die Bewässerung zu verschwenden, kann in Einzelfällen auch Grundwasser verwendet werden. Eine Grundwasserentnahme muss indes bei der Senatsumweltverwaltung als zuständige Wasserbehörde beantragt werden. Sie entscheidet, ob eine Entnahme zur Bewässerung am spezifischen Standort möglich und sinnvoll ist. 17 Moosbewachsene Pflasterritzen verbessern das Mikroklima, weil das im Moos gespeicherte Wasser bei Hitze langsam verdunstet und so die Umgebung kühlt. Die offene Betonstruktur der Begrenzungsmauer des Gartens am Bundeskanzleramt begünstigt den Bewuchs mit den Selbstklimmern Efeu und Jungfernrebe. Baustein Abfall Asbestsanierung beim Rückbau des Palasts der Republik Bauschutt macht vier Fünftel aller in Berlin anfallenden Abfälle aus. Der richtige Umgang mit Abfall leistet einen entscheidenden Beitrag zur Entlastung der Umwelt. Geschlossene Stoffkreisläufe vermindern den Ressourcenverbrauch, und bei der Verwertung lassen sich organische Bestandteile abschöpfen, die sonst als schädliche Emissionen Boden, Wasser und Luft belasten würden. Für das ökologische Bauen ist dieser Baustein von großer, oft unterschätzter Bedeutung: Rund 80 Prozent aller Abfälle erzeugt in Berlin die Bauwirtschaft. 2007 waren das fast fünf Millionen Tonnen. Während des Baus Durch eine optimierte Baustellenlogistik lässt sich das Abfallaufkommen auch während der Bauausführung verringern. Baustoffe und Bauteile auf der Baustelle sollten geschützt werden, um Schäden und Ausschuss zu vermeiden. Abfall vermeidend wirkt in dieser Phase auch eine bedarfsgerechte Materialzubereitung. Das betrifft unter anderem den Zuschnitt von Gipskarton- und Holzplatten oder den Einsatz von Mehrweg- und Großgebinden. So müssen deutlich weniger Baustoffverpackungen entsorgt werden. Vermeiden Wo kein Abfall entsteht, kann kein Abfall die Umwelt belasten. Deshalb fordert das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu Recht, Bauabfälle in erster Linie zu vermeiden. Die dafür nötigen Handlungsspielräume liegen oft weit vor dem Zeitpunkt, zu dem der Abfall tatsächlich anfällt. Am wirkungsvollsten trägt die Nutzung bestehender Bauten zur Abfallvermeidung bei. Ähnlich wichtig ist die Verlängerung der Lebensdauer von Gebäuden. Neubauten sollten deshalb unter Einsatz langlebiger Baustoffe und in einer Bauweise errichtet werden, die eine spätere Umnutzung erlaubt. Auch eine intensive Wartung und vorausschauende Instandhaltung bewahrt vor verfrühtem Abriss. Während der Nutzung Damit auch während der Nutzung Abfall ökologisch sinnvoll entsorgt werden kann, müssen Trennsysteme eingeplant werden. Das beginnt mit der Bereithaltung geeigneter Stellflächen für Wertstofftonnen auf dem Hof oder in gesonderten Müllräumen. Biologisch abbaubare Abfälle, etwa der Grünschnitt, können, wenn es die Gegebenheiten erlauben, direkt auf dem Grundstück kompostiert werden. Und schließlich können bei Modernisierungen und Umbauten alte, nicht ökologische Abfallsysteme beseitigt werden. So wurden etwa bei der Modernisierung des Märkischen Viertels (vgl. Seite 32) die veralteten Müllabwurfanlagen geschlossen. Boden und Steine machen mit mehr als 38 Prozent den größten Anteil der Bauabfälle aus. Soweit Erdaushub keine gefährlichen Stoffe enthält, kann er direkt auf dem Grundstück zur Geländemodulation verwandt und so auf kürzestem Wege wiederverwertet werden. Nach dem Rückbau Die Wiederverwendung von Bauteilen nach dem Rückbau wird leichter, wenn sie bereits bei der Gebäudeplanung bedacht wurde. Deshalb ist es sinnvoll und meist auch wirtschaftlicher, bereits bei der Ausschreibung von Bauleistungen abfallarme Lösungen anzufragen. Vorbereiten lässt sich die Verwertung nach dem Rückbau durch die Auswahl geeigneter Bauweisen, durch eine reduzierte Materialvielfalt, die das Trennen erleichtert, durch den Einsatz von Baustoffen mit hoher Kreislauffähigkeit, besonders durch die Verwendung verrottbarer, kompostierbarer und schadstofffreier Baustoffe, und durch den Verzicht auf Verbundstoffe und unlösbare Verbindungen. Richtig entsorgen Dennoch fallen bei jeder Baumaßnahme und in jedem Lebenszyklus eines Bauwerkes unvermeidbare Abfälle an. Der Gedanke der Nachhaltigkeit bedingt eine Wertung und Priorisierung, wie man die Entsorgung dieser Abfälle angeht. Dabei gilt das Grundprinzip: Verwerten (also recyceln oder zur Gewinnung von Energie nutzen) vor Beseitigen. Ein Abfallkonzept hilft, dabei vorausschauend und abgewogen zu planen. 18 Verwertung von Bauabfällen in Berlin Seit Ende der 1990er Jahre werden fast alle in Berlin anfallenden Bauabfälle verwertet. Die Quoten erreichen seit Jahren Prozentwerte in den hohen Neunzigern. 2007 etwa waren es mehr als 99 Prozent. Damit hat Berlin die noch 1999 im Abfallwirtschaftsplan für 2010 prognostizierten Erwartungen längst deutlich überschritten und übertrifft auch die jüngsten Vorgaben der EU: Die im Sommer 2008 vom Europäischen Parlament verabschiedete Novelle der Abfallrahmenrichtlinie schreibt künftig für Bau- und Abbruchabfälle lediglich eine Verwertungsquote von 70 Prozent vor. Besonderes Augenmerk bei der Beseitigung liegt auf gefährlichen Abfällen, die gesundheits- und umweltschädigende Stoffe enthalten. Das sind zum Beispiel Kohlenteer und kohlenteerhaltige Bitumengemische, asbesthaltige Baustoffe, Baustoffe, die Quecksilber beinhalten, PCB-haltige Dichtungsmassen und PCB-haltige Bodenbeläge auf Harzbasis oder Farb-, Lack-, Klebstoff- und Dichtmassenabfälle, die organische Lösemittel enthalten. Jedes Arbeiten mit Asbest-, PCB-, und PCP-haltigen Baustoffen und Bauteilen unterliegt ohnehin bauordnungsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Regeln zum Gesundheitsschutz. Über diese Bestimmungen hinaus bedingt die Beseitigung dieser gefährlichen Abfälle eine Sorgfaltspflicht, die gesetzlich genau geregelt ist. So dürfen sie zum Beispiel nicht mit normalen Abfällen, aber auch nicht untereinander vermischt werden. Zur Beseitigung müssen diese gefährlichen Abfälle in Berlin an die eigens gegründete SBBSonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin abgegeben werden. Einsatz von Bauabfällen im Straßenbau Das Land geht auch bei der Verwertung von Bauabfällen mit gutem Beispiel voran: Am weitesten hat sich der Einsatz aufbereiteter Recyclingbaustoffe im öffentlichen Straßenbau durchgesetzt. Im Straßenbau werden für Frostschutz- und Tragschichten so weit als möglich gebrauchte Baustoffe verwendet. Dazu werden Boden- und Bauschuttfraktionen in Brech- und Klassieranlagen zerkleinert und getrennt. Die Güte der resultierenden Baustoffe ist genau festgelegt und wird penibel überwacht. Je nach Rezeptur ist in Asphaltbinder- und -tragschichten die Mitverwendung von bis zu 40 Massenprozent Asphaltgranulat vorgesehen, das aus Ausbauasphalt gewonnen wurde. Auch als Abfallverursacher ist der Straßenbau vorbildlich: Seit Jahren werden die hier ausgebauten Stoffe zu nahezu 100 Prozent wiederverwertet. Schritt für Schritt wurde von 2006 bis 2008 der Palast der Republik demontiert – in Umkehrung der Reihenfolge, in der er einst errichtet worden war. Der Innenstadtbereich mit seiner hohen Besucherfrequenz blieb so von Lärm und Staub weitestgehend verschont, und die abgetragenen Materialien – immerhin fast 20 000 Tonnen Eisen und Stahl, mehr als 56 000 Tonnen Beton, 600 Tonnen Holz und Ziegel und 500 Tonnen Glas – konnten leichter für die Weiterverwertung sortiert werden. 19 Beispielhafte Berliner Projekte Mehr und mehr finden die Grundgedanken ökologischen Bauens heute auf breiter Front ihren Niederschlag in Bauprojekten aller Art. In Berlin wurden in den letzten Jahren zahllose Vorhaben realisiert, die zumindest einzelne Elemente des nachhaltigen Bauens umsetzen. Eine Auswahl von zwölf besonders vorbildlichen Projekten zeigt – stellvertretend für viele andere – die Bandbreite der Lösungen, die Architekten und Bauherren entwickelt haben. Kennzeichnend für die meisten dieser Projekte ist, dass sie mit einem ganzheitlichen Konzept an die Aufgabe herangehen, das mehrere Bausteine des ökologischen Bauens vernetzt und so zusätzliche Synergien erschließt. Solarwand Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik Ausbildungspavillon Oberstufenzentrum TIEM Breitunger Weg Umbau eines Einfamilienhauses Hauptsitz Solon SE Konzernverwaltung und Produktionsgebäude Lebens(t)raum Johannisthal Generationenübergreifendes Wohnen Märkisches Viertel Energetische Modernisierung »Ökologische Kompetenz – Fortschrittliches Bauen« Energieeinsparung und der Schutz natürlicher Ressourcen sind grundlegende Aspekte des Planens und Bauens und wichtige Ziele einer zukunftsorientierten Stadtentwicklungspolitik. Planungen für Baumaßnahmen sind unter diesen Gesichtspunkten zur Sicherung der Lebensqualität zu überprüfen und auf diese Ziele auszurichten. Ökologische Prinzipien und energieeffiziente Gebäudekonzepte werden zu obligatorischen qualitativen Voraussetzungen aller Projekte. Mit den seit Mitte der 80er Jahre entwickelten Pilotprojekten des ökologischen Bauens und dem Fortschritt in der Technologie energiesparender Bauweisen ist in Berlin durch viele öffentliche wie auch private Projekte ein Erfahrungspotenzial gewachsen, das uns in die Lage versetzt, hohe Anforderungen für Bauvorhaben zu stellen und zum Regelstandard zu erklären. Ökologische Anforderungen des Planens für Baumaßnahmen in Berlin im Zusammenhang darzustellen und zur praktischen Umsetzung einzuladen ist dabei ein wesentlicher Schritt, um das ökologische Bauen von der Ausnahme zur Regel werden zu lassen. Ökologisches und energieeffizientes Bauen ist für die Bauherren – privat oder öffentlich – bisher auch immer eine finanzielle Frage gewesen, vor allem auf kurze Sicht. Mit den Fördermaßnahmen, die die öffentliche Hand für die energetische Sanierung bereitgestellt hat, 20 Das Spektrum umfasst innovative Pilotanwendungen neuer Energiequellen, nachhaltige Gewerbebauten, Bürohäuser, modellhafte Ausbildungsbauten, den nachhaltigen Umbau ganzer Großsiedlungen, die energetische Sanierung privater Eigenheime, Baugruppenprojekte und neue Wohnformen, Schulen, Bibliotheken, Jugendzentren, Sozialbauten und Sonderbauten wie das Große Tropenhaus des Botanischen Gartens. Bausteine Energie Wasser Baustoffe Grün Abfall Philologische Bibliothek Freie Universität Berlin Annedore-Leber-Grundschule Neubau Mensa und Gruppenhaus Franziskanerkloster Pankow Umbau und Erweiterung Freie Waldorfschule Kreuzberg e. V. Umbau ehemaliges Hauptkinderheim Haus der Jugend »Albert Schweitzer« Energetische Gebäudesanierung Grundsanierung Großes Tropenhaus Botanischer Garten Berlin werden auch finanzielle Anreize geboten, die für private Bauherren, für Unternehmen, aber auch für das öffentliche Bauen einen Anreiz bilden. Man muss keine prophetische Gabe besitzen, um vorauszusagen, dass sich in den kommenden Jahren die Vermarktung von Immobilien immer stärker über die Energiekosten entscheiden wird. Daher nutzen wir die Chance, weiter an der »Pionierfront« des energetisch und technisch fortschrittlichen Bauens und Sanierens zu bleiben. Die folgenden Beispiele zeigen eine Reihe aktueller Projekte aus Berlin, die den fortgeschrittenen Standard von Verfahren und Bauweisen deutlich machen. umfassenden »Klimapolitischen Arbeitsprogramm« festgeschrieben, das sukzessiv umgesetzt wird. Energie als kostbares Gut zu begreifen ist ein erster Schritt in eine klimagerechte Zukunft – ein Schritt, den wir persönlich alle derzeit täglich machen müssen. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, diese individuellen Erfahrungen zu einem gemeinschaftlichen Projekt zu bündeln – einem Projekt für eine nachhaltige Kommunal- und Gesellschaftspolitik. Beispiele für unseren Weg finden Sie auf den folgenden Seiten. Ökologisches und energieeffizientes Bauen ist inzwischen nicht nur ein Thema von herausragender Bedeutung, es erfordert auch neues, vernetztes Handeln einer Verwaltung. Der Senat hat daher alle mit diesem Thema in Zusammenhang stehenden Fragen in einem Hella Dunger-Löper Staatssekretärin für Bauen und Wohnen 21 Solarwand Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik Anthrazit schimmert die markant geschwungene Hohlkehle, in deren Oberfläche sich an hellen Tagen der Himmel spiegelt. Die Fassade, die hier, direkt gegenüber des Elektronenspeicherrings Bessy II, architektonisch ein Zeichen setzt, ist auch in technischer Hinsicht eine zumindest kleine Sensation. Es ist die bislang größte Anlage zum praktischen Einsatz von Dünnschichtsolarzellen der zweiten Generation (CIS-2). Anfang 2007 ging sie in Betrieb, ganze fünf Wochen dauerte die Montage. Mehr als 700 der innovativen Photovoltaikmodule sind hier mittels Punktbefestigung auf einer Unterkonstruktion aus verzinkten Stahlprofilen verankert. Die Solarwand ist der krönende Abschluss eines Umbaus, mit dem das Ferdinand-BraunInstitut für Höchstfrequenztechnik (FBH) seinem Standort in Adlershof ein neues Gesicht gab. Das FBH nutzt seit den 1990er Jahren ein teils denkmalgeschütztes Gebäudeensemble, das von 2001 bis 2005 saniert und um ein Laborgebäude erweitert wurde. Zu dem Ensemble gehört auch eine Technologie- und Produktionshalle aus den 1970er Jahren. Sie 22 war zuvor mehrfach unter rein technischen Gesichtspunkten erweitert und verändert worden. Die neue, zur Straße hin vorgestellte Solarwand gibt dem Bau nun ein klares, einheitliches Äußeres. Hinter dem Wandschirm, der unten auf einer Mauer aus hellem Betonstein ruht, kann das FBH die eigentliche Hallenhülle künftig verändern, ohne dass das Außenbild beeinträchtigt wird. Zugleich unterstreicht das Institut damit demonstrativ und weithin sichtbar seinen Anspruch, umweltfreundlich zu arbeiten. »Die innovative Solaranlage zeigt bereits heute, wie in Zukunft gebaut wird«, ist sich Dr. Nikolaus Meyer sicher. Meyer ist Geschäftsführer der Sulfurcell Solartechnik GmbH, die die neuartigen Photovoltaikmodule geliefert hat. 2006 war Sulfurcell dafür mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet worden. So gewagt Meyers Einschätzung klingt, so sicher ist, dass die Solarwand zumindest ein neues Kapitel in der Photovoltaik-Anwendung aufschlägt. Denn Dünnschichtsolarzellen er- Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen bei Sulfurcell Aufbau einer Dünnschicht-Solarzelle Standort Gustav-Kirchhoff-Straße 4 12489 Berlin (Adlershof) Baustein Energie weitern nicht nur das Anwendungsspektrum, sie reduzieren auch die Anschaffungskosten von Solarzellen um bis zu 50 Prozent. Die neue Technologie, in deren Entwicklung Berlin international führend ist, ebnet damit den Weg zu einem wirtschaftlichen Einsatz der Solarenergie auf breiter Front. Zentrum der Berliner Solarzellenforschung ist das 2008 aus dem Hahn-Meitner-Institut hervorgegangene »Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie« in Adlershof. Als Basismaterial von Dünnschichtzellen kommen statt Silizium Verbindungshalbleiter aus Elementen wie Kupfer, Indium, Gallium, Schwefel und Selen zum Einsatz. Sie absorbieren Sonnenlicht in feineren Schichten. Das größte Potenzial für eine Verwendung auf breiter, industrieller Basis bietet Kupferindiumdisulfid (CuInS2). Es ist zugleich die umweltfreundlichste Variante von Dünnschichtzellen. CIS-Zellen der ersten Generation verwendeten als Absorbermaterial Kupferindiumdiselenid. Ersetzt man Selen durch Schwefel, wird bei der Produktion der Zellen rund zwei Drittel weniger Energie verbraucht. Die Energierücklaufzeit der neuen Zellen – also die Zeit, die vergeht, ehe die Zelle so viel Energie produziert hat, wie in ihre Produktion gesteckt wurde – liegt bei einem Jahr und darunter. Zum Vergleich: bei herkömmlichen Siliziumzellen dauert das drei bis sieben Jahre. Seit 2006 produziert die Sulfurcell GmbH in Adlershof als weltweit erstes Unternehmen solche Solarzellen. Die Ausgründung aus dem Hahn-Meitner-Institut förderte der Senat 2003 mit 7,23 Millionen Euro im Rahmen des Umweltentlastungsprogramms Berlin (UEP). Ursprüngliche Gesellschafter waren das HahnMeitner-Institut, industrielle Teilhaber und der Berliner Energie- und Umweltfonds von Gaz de France und Vattenfall Europe Berlin. Im Sommer 2008 stockte eine internationale Investorenrunde unter Führung der Beteiligungskapitalgesellschaft des Chipherstellers Intel das Aktienkapital um 85 Millionen Euro auf. Damit kann Sulfurcell die Produktion um eine weitere Fabrik ausbauen. 23 Solarwand (Photovoltaik-Anlage) Architektur Christian Matzke / msp Gesellschaft für Bauplanung mbH, Dresden Breite 80 m Höhe 8m Ausführung 732 CIS-2-Dünnschichtmodule (davon 2 anlagenbedingt inaktiv) Hersteller Sulfurcell Solartechnik GmbH Modulgröße 129,6 x 65,6 cm Leistung eines Moduls 45 bis 60 Watt Installierte Fläche 640 m² Gesamtleistung 39 kWp Gesamtkosten 250.000 Euro Inbetriebnahme Januar 2007 www.fbh-berlin.de www.hmi.de www.sulfurcell.de Hauptsitz Solon SE Konzernverwaltung und Produktionsgebäude Mehr als ein Drittel aller deutschen Solarmodule werden schon heute in der Region BerlinBrandenburg produziert. Einer der hier arbeitenden Hersteller ist die Solon SE. Das TecDAXnotierte Unternehmen, das vor allem durch seine Photovoltaiksysteme für solare Großkraftwerke international bekannt wurde, ist mit Tochtergesellschaften auch in Österreich, Italien, der Schweiz und den USA vertreten. Solon gehört zu den Erstunterzeichnern des Berliner Klimabündnisses (siehe Seite 4) und implementiert an allen Standorten Umweltmanagementsysteme nach ISO 14001. Die Konzern-Holding bezieht derzeit ihr neues Domizil in Berlin-Adlershof. Der Neubaukomplex besteht aus einem Verwaltungs- und einem Produktionstrakt. Dabei schafft Solon nicht nur Flächen für eine Ausweitung der eigenen Produktionskapazitäten. Auch das Unternehmen Global Solar Energy, an dem Solon beteiligt ist, startete hier bereits im November 2008 die Serienproduktion von Dünnschichtsolarzellen auf Basis von KupferIndium-Gallium-Selenid (CIGS). Das Energiekonzept der Neubauten wurde in einem integralen Planungsprozess abge- 24 stimmt und optimiert. Es setzt auf erneuerbare Energien, Wärmedämmung weit über Standard, das abgestimmte Zusammenspiel der einzelnen energierelevanten Prozesse und eine intelligente Verbrauchssteuerung. Im Ergebnis reduziert das den CO2-Ausstoß, den die Konzernzentrale verursacht, auf ein Viertel des Werts herkömmlicher Neubauten. Die offenen Büroebenen lassen sich nach Bedarf unterteilen. Das sichert eine langfristig flexible Nutzung. Lichthöfe gewährleisten eine natürliche Belichtung des kompakten viergeschossigen Verwaltungsgebäudes. Die Fassade besteht aus energieeffizient vorgefertigten Holzelementen. Dreifach funktionsverglaste Fenster sorgen bei minimaler Einbautiefe für optimale Wärmedämmung und im Zusammenwirken mit außen liegenden Verschattungselementen für den nötigen Sonnenschutz. Der mittlere U-Wert dieser Gebäudehülle liegt unter 1 W/m²K. Ein Biomasse-Blockheizkraftwerk (BHKW) erzeugt Wärme und Strom, der ins Netz eingespeist wird. Zusätzlich ist der Komplex an das Fernwärmenetz eines lokalen Energieversorgers angeschlossen. Damit wird die gesamte Heizenergie in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erzeugt. Verteilt wird die Wärme über Konvektorheizkörper an den Fassadenelementen und die Betonkernaktivierung der Decken, die sich heizen und kühlen lassen. Die Lüftungsflügel in der Fassade sind mit Kontakten ausgestattet, die ein Heizen bei offenem Fenster verhindern. In der Heizperiode kommt zudem eine mechanische Lüftungsanlage zum Einsatz, die mit einer hocheffektiven Wärmerückgewinnung gekoppelt ist. Besonders hoher Kühlbedarf fällt in der Fertigung an. Eine strombasierte Kompressionskältemaschine ergänzt deshalb die Kühlleistung nasser Kühltürme. Außerdem gleicht das Gründach die Temperaturen aus, weil es im Sommer die Verdunstungskühle nutzt und rund ums Jahr isoliert. Eine Zisterne erlaubt es, das Regenwasser vor Ort zu sammeln und zu verwenden. Zeitpunkte von Stromverbrauch und -erzeugung entkoppeln. Ein weiterer wichtiger Baustein des Energiekonzepts ist ein drahtloses System zur Gebäudeautomation, in dem die eingebundenen Sensoren, Aktoren und Geräte über das Internet-Protokoll kommunizieren. Dadurch können die Nutzer Lüftung, Temperatur und Licht in den Räumen mit jedem internettauglichen Gerät regulieren – vom PDA über den PC bis zu den dezentralen Soft-Touch-Panels in den Räumen. Lichtschalter im klassischen Sinne sind so weitgehend überflüssig. Strom erzeugt neben dem BHKW auch eine ins Haus integrierte Photovoltaik-Anlage. Jeder Schreibtisch ist batteriegepuffert und kann bis zu einer Kilowattstunde Strom speichern, die er über eine eingebaute »mobile Steckdose« wieder abgibt. So lassen sich die Standort Am Studio 16 12489 Berlin (Adlershof) Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün Neubau Architektur Schulte-Frohlinde Architekten Energiekonzept und Haustechnikplanung EGS-plan GmbH Haustechnik und Gebäudeautomation imtech Deutschland GmbH & Co KG Nutzfläche 23 000 m² Bauzeit 2007–2008 Baukosten ca. 40 Millionen Euro Bauherr Solon SE www.solon.com 25 Ausbildungspavillon Oberstufenzentrum TIEM Das Oberstufenzentrum für Technische Informatik, Industrie-Elektronik und EnergieManagement (OSZ TIEM) ist bundesweit die einzige Berufsfachschule, die eine dreijährige Ausbildung zum »Staatlich geprüften Assistenten für regenerative Energie und Energiemanagement« anbietet. Weil es noch zu wenige Praktikumsplätze für den 2003 eingeführten Ausbildungsgang gab, entstand ein Pavillon, der Lernort, Übungswerkstatt und Anschauungsobjekt in einem ist. Seine kompakte Architektur sichert ein energetisch günstiges Verhältnis der Außenhüllenfläche zum Volumen. Wärmebrücken wurden radikal minimiert. Die Wärmedämmung der Fassade überdeckt die Blendrahmen der Fenster, die selbst bei gut gedämmten Bauten sonst oft Schwachstellen bilden. Durchdringungen der Hülle wurden so weit als möglich vermieden und konstruktiv bedingte Wärmebrücken thermisch getrennt. So stehen alle Außen- und Innenwände auf tragenden Dämmschichten in der Bodenplatte. Messungen bestätigten eine weit über Durchschnitt liegende Luftdichtheit der Hülle. Ihr Transmissionsverlust unterschreitet die zulässige Obergrenze um 43 Prozent. Der Jahrespri- 26 märenergiebedarf liegt 38 Prozent unter den gesetzlichen Vorgaben. Der Bau ist so platziert, dass er trotz des Baumbestands auf dem Grundstück direkt besonnt wird. Das begünstigt die aktive wie passive solare Energieversorgung. Das Dach teilt sich in einen flachen begehbaren Bereich und eine Schräge. Auf ihrem unteren Teil sitzen gut erreichbar Solarzellen und -kollektoren unterschiedlicher Art, darüber liegen schmale Fenster, deren Licht innen auf die gewölbte Nordwand einer Galerie fällt und von dort gezielt auf die Galerie und in den Raum darunter reflektiert wird. Sonnenrollos verhindern eine Überhitzung der Räume im Sommer und erlauben es zugleich, das einfallende Licht nach Bedarf zu dosieren. Außen wie innen liegen alle technischen Anlagen über Putz. So können die Auszubildenden die Installationen praktisch nachvollziehen. Zudem lassen sich die Einrichtungen auf diese Weise ohne Eingriff in die Bausubstanz dem aktuellen Stand der Technik anpassen. Der tiefe Seminarraum im Erdgeschoss kann variabel möbliert werden: mit klassischen Schultischreihen, Lerninseln oder in U-Form. Vor der glä- sernen Südfassade liegen 40 Zentimeter tiefe Sonnenschutzlamellen. Sie lassen sich so einstellen, dass Licht an die Decke des Seminarraums gespiegelt und von dort in die Tiefe des Raums verteilt wird. Die elektrische Beleuchtung reagiert mit einer automatischen Dimmung auf die natürlichen Lichtverhältnisse. Bewegungsmelder schalten sie automatisch ab, wenn der Raum nicht genutzt wird. Verbrauchte Luft streicht im Inneren entlang der leicht ansteigenden Decke des Seminarraums in den Luftraum der Galerie und strömt dort weiter zu Lüftungsklappen an Ost- und Westgiebel. So sichert die Gebäudegeometrie eine natürliche Lüftung. Zusätzlich versorgt eine mechanische Lüftungsanlage den Fachraum mit Frischluft. Diese Anlage nutzt die Wärme der Abluft, um die angesaugte Außenluft vorzuwärmen. Für die Kühlung sorgt ein unter der Decke der Galerie eingebautes Umluftkühlgerät, dessen Außengerät gut zugänglich auf dem Flachdach aufgestellt ist. heizt das Gebäude; Überschüsse fließen in das interne Wärmenetz der Schule. Zähler messen, wie viel Energie für Heizung, Kälte, Lüftung, Beleuchtung und wie viel Strom insgesamt im Haus verbraucht wird. Eine Wetterstation erfasst zudem die Klimadaten am Standort. Alle Werte fließen im digitalen Herzstück des Hauses zusammen: einem Gebäudemanagementsystem, das von einem Leitrechner aus verwaltet wird und alle haustechnischen Anlagen steuert. Über LON-Interfaces können Schülernotebooks angeschlossen werden, sodass sich die Steuerung von Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung, Sonnenschutz und Eigenstromversorgung auch auf Schülerebene programmieren lässt. Das Projekt wurde zu 90 Prozent aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« finanziert. Zwei Photovoltaikanlagen liefern im Schnitt 2,4 Kilowatt pro Stunde, die in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Die Wärmelieferung der thermischen Solarkollektoren be- Standort Goldbeckweg 8–14 13599 Berlin (Spandau) Baustein Energie Neubau Architektur sol-id-ar Architekten und Ingenieure Technische Gebäudeausrüstung EST Ingenieure Ingenieurbüro Tesch Projektsteuerung Schäfer Architekten- und Ingenieurgesellschaft mbH Bauzeit 2007–2008 Baukosten ca. 1 Million Euro Bauherr Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Auszeichnungen KlimaSchutzPartner 2008 Deutscher Solarpreis 2008 www.osztiem.com 27 Lebens(t)raum Johannisthal Generationenübergreifendes Wohnen 38 Erwachsene und 32 Kinder sind es, die derzeit am Rande des 65 Hektar großen Landschaftsparks Johannisthal in einer neuen Ökosiedlung ihren Traum vom nachhaltigen, gemeinschaftlichen und generationenübergreifenden Wohnen leben. Das Baugruppenprojekt besteht aus 19 Wohnhäusern, die in mehreren Bauabschnitten seit 2004 entstanden. In seiner verdichteten Bauweise folgt die Anlage der kleinräumigen mittelalterlichen Siedlungsform des Rundlingdorfes: Hufeisenförmig reihen sich die Bauten um ein gemeinschaftlich genutztes Zentrum. Im »Dorf« selbst gibt es keinen Autoverkehr. Autos werden auf einem Parkplatz an der Zufahrt abgestellt. Das schafft im Inneren Raum für kind- und altengerechte, naturnahe Garten- und Gemeinschaftsräume. Die intensive Wärmedämmung der Holzhäuser reduziert den Energiebedarf. Beim Bau kamen natürliche und traditionelle Baustoffe 28 wie Holz, Lehmputz und -mauerwerk, Platten aus gepresstem Stroh für Innenwände, Linoleum für die Böden und als Isoliermasse Cellulose und Hanf zum Einsatz. Auch in der Energieversorgung setzt die Baugruppe auf nachwachsende Rohstoffe. Über ein lokales Netz werden die Einzelhäuser aus einem gemeinsamen Technikkeller mit Wärme, Strom, Warm-, Kalt- und Brauchwasser versorgt. Eine Photovoltaikanlage mit 23 kWp unterstützt die Stromlieferung. Eine Grauwasseranlage liefert bis zu 2 m³ Betriebswasser, das beispielsweise für die Toilettenspülung genutzt wird. Jährlich werden damit rund 600 m³ Trinkwasser eingespart. Für die Wärme sorgen eine solarthermische Anlage mit 50 kW Gesamtleistung und ein biomassebefeuerter Heizkessel. Im Winter 2007/2008 wurde diese Holzpelletheizung mit einem Abgaswärmetauscher nachgerüs- Standort Am Rundling 1–20 12487 Berlin (Joachimsthal) tet, dem ein Rauchgaswäscher und ein Kondensatwärmetauscher nachgeschaltet sind. So wird die Abwärme genutzt, um das Warmwasser im Trinkwassernetz der Siedlung vorzuwärmen. Bis zu 15 Prozent mehr Wärme bleibt damit im System, das nun das Niveau der Brennwerttechnik und einen Wirkungsgrad (Heizwert) von bis zu 103 Prozent erreicht. Zugleich sank damit die ohnehin schon niedrige Feinstaubemission. Zugelassen sind Staubemissionen von 150 mg pro Kubikmeter Rauchgas. Die Heizung emittierte schon vor dem Umbau nur 80 mg. Durch die neue Abgaswäsche ist dieser Wert nun auf 30 mg/m³ Rauchgas gesunken. Weil dank des höheren Wirkungsgrades weniger Holzpellets per Lkw angeliefert werden müssen, wird zudem die Klimagasbilanz der Vorkette entlastet. Neben den rein baulichen Maßnahmen setzen die Bewohnerinnen und Bewohner auch auf eine Änderung der Lebens- und Verbrauchsgewohnheiten und versuchen – etwa über die Frage, wie Betriebskosten auf die Nutzer aufzuteilen sind – Anreize zum Energiesparen zu schaffen. 2007 wurde das Projekt im Wettbewerb »Wohnen in der Zukunft« der IKEA-Stiftung für sein ökologisches und bürgergesellschaftliches Engagement und sein Konzept des Mehrgenerationenwohnens ausgezeichnet. Das Preisgeld brachte die Bewohnerinnen und Bewohner ihrem Ziel ein Stück näher, auch das Dorfzentrum ökologisch zu gestalten und ein Gruppenhaus mit Café und Gemeinschaftsräumen zu bauen. Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün, Abfall Ökologisches Bauherrenprojekt Architektur Planungsbüro BHZ/Harald Zenke Projektentwicklung Hagen Neidel Winfried Härtel Wohngebäude 19 Ein- und Zweifamilienhäuser Nutzfläche 2 350 m² Bauzeit 2004–2006 Baukosten ca. 4,5 Millionen Euro Auszeichnungen Preisträger »Wohnen in der Zukunft« (IKEA-Stiftung) 2007 KlimaSchutzPartner 2008 www.rundlinge.de 29 Breitunger Weg Umbau eines Einfamilienhauses Dass sich auch ungedämmte Altbauten im Eigenheimbereich mit gezielten Eingriffen energetisch optimieren lassen, belegt das Beispiel dieses privaten Wohnhauses an der Grenze der Stadtteile Buckow und Britz. Das Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung entstand in den 1960er Jahren. Zwei eingeschossige Anbauten erweitern den kompakten zweigeschossigen Bau an dessen Querseiten. Beim Umbau wurden die Grundrisse nur geringfügig verändert. Auch die äußere Form blieb in den Grundzügen erhalten. Um konstruktive Wärmebrücken zu vermeiden, wurde allerdings der massige Balkon auf der Straßenseite entfernt. Auch Dachüberstände und der Schornstein wurden aus diesem Grund abgebrochen, der Dachausstieg geschlossen und die ungedämmten Rollladenkästen entfernt. Zwei neue Holzkonstruktionen ersetzen die bisherigen massiven Eingangspodeste, die ebenfalls Wärme aus dem Inneren ableiteten. Die Außenwände aus verputztem Mauerwerk erhielten eine Dämmung aus nachwachsen- 30 den Rohstoffen. Sie umhüllt den Bau wie ein dicker Wärmemantel. Holzfaserplatten auf einer leiterartigen Unterkonstruktion bilden ihre innere winddichte Ebene. 28 Zentimeter breite Holzleitern definieren die Tiefe der Hülle, in die Cellulose eingeblasen wurde. Den äußeren Abschluss bildet im zweigeschossigen Bereich eine Verschalung aus Lärchenholz. Die Anbauten erhielten einen Luftkalkputz auf Schilfrohrträger. Diese vorgehängte Konstruktion erhöht zwar das Gebäudevolumen, senkt aber den U-Wert der Außenwände drastisch auf 0,12 W/m²K. Neue, dreifach verglaste Holzfenster mit einem U-Wert (inklusive Rahmen) von 1,0 W/m²K sorgen auch im Fensterbereich für eine spürbare energetische Verbesserung. Zwischen dem flach geneigten Pultdach und der darunter abgehängten Unterdecke aus verputzten Schilfrohrmatten liegt ein nicht zugänglicher, keilförmiger Hohlraum. Dieser Raum ist im Schnitt 40 Zentimeter hoch. Er war bislang nur mit einer Lage Mineralwoll- matten und einer Lage Polystyrol-Dämmung isoliert. Nun senkt zusätzlich in den Hohlraum eingeblasene Cellulose den U-Wert des Daches auf 0,06 W/m²K. Im Erdgeschoss sorgt ein neuer Bodenaufbau mit einer Dämmstärke von sechs Zentimetern für die nötige Isolation. Im unterkellerten Bereich wurde die Decke auch von unten gedämmt. Komplett erneuern ließen die Bauherren die technische Gebäudeausrüstung. Eine Sole/ Wasser-Wärmepumpe mit einer 90 Meter tiefen Erdsonde nutzt geothermische Energie. Die Wärme wird in beiden Etagen über Fußbodenheizungen verteilt. Gelüftet werden die Wohnräume über eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage mit einer Wärmerückgewinnung mit 90-prozentigem Wirkungsgrad. minus 50 %«. Das war Voraussetzung, um am Modellprojekt »Niedrigenergiehaus im Bestand« der dena teilzunehmen. Seit 2003 hat die dena mit diesem bundesweiten Modellvorhaben bei mehr als 250 Gebäuden die Möglichkeiten der energetischen Sanierung ausgelotet und erprobt. 2007 war der dafür anfangs angesetzte Sanierungsstandard »EnEV-Neubau minus 30 %« zur Vorbedingung der Breitenförderung über das CO2Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank erhoben worden. Seither gilt für die Modellvorhaben die verschärfte Zielvorgabe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten dabei neben der Basisförderung aus dem CO2Gebäudesanierungsprogramm eine zusätzliche Modellförderung. Der errechnete Primärenergiebedarf des Hauses liegt dank all dieser Maßnahmen nach dem Umbau bei nur 37,7 kWh pro Quadratmeter und Jahr und erreicht damit den anspruchsvollen Sanierungsstandard »EnEV-Neubau 31 Standort Breitunger Weg 22 12349 Berlin (Buckow) Bausteine Energie, Baustoffe Bestand erbaut 1965/1966 Nutzfläche Hauptwohnung 177 m² Einliegerwohnung 49 m² Umbau Architektur Roswag & Jankowski Architekten Beratung Haustechnik Planungsteam Energie und Bauen Bauzeit 2008 Baukosten 220.000 Euro Bauherr Privat Märkisches Viertel Energetische Modernisierung Mehr als 13 000 Wohnungen im Märkischen Viertel werden seit 2008 energetisch modernisiert. Es ist das derzeit größte Sanierungsvorhaben im deutschen Wohnungsbau. Was in Berlins Norden geschieht, hat Modellcharakter für den nachhaltigen Umbau von Großsiedlungen in ganz Deutschland. Eine Reihe aufeinander abgestimmter Maßnahmen steigert Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit der Wohnungen, die einst in den sechziger und frühen siebziger Jahren entstanden. An vorderster Stelle stehen der Einbau neuer, verlustarmer Rohr- und Verteilersysteme für die Wärmeversorgung und der Austausch der Heizkörper. In vielen Bauten existieren noch veraltete Einrohrsysteme. Sie werden nun durch Zweirohrsysteme ersetzt. Um die Wärmeverluste durch die Gebäudehülle zu reduzieren, wird auf die Fassaden ein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht. Auch die Dächer (beziehungsweise die Decken der obersten Geschosse) und die Kellerdecken werden wärmegedämmt und die Fenster ausgetauscht. Je nach Gebäude können sich durch diese Maßnahmen die Heizkosten mehr als halbieren. In der Summe errechnet die Gesobau AG als Bauherr eine Verringerung des CO2-Ausstoßes nach Abschluss der Maßnahmen um 20 000 Tonnen jährlich. 32 Neue, funkbasierte und fernablesbare Messgeräte erfassen in Zukunft den Verbrauch an Heizwärme, Warm- und erstmals auch Kaltwasser exakt und erlauben so nicht nur eine wohnungsgenaue, präzise Abrechnung, sondern auch ein Monitoring der eigenen Verbrauchsgewohnheiten durch die Mieterinnen und Mieter. Da alle Strangleitungen in den Wänden erneuert werden, lässt der Bauherr zugleich die Bäder komplett modernisieren und neue, wassersparende Armaturen und Geräte installieren. Die veralteten und unhygienischen Müllabwurfanlagen werden geschlossen und durch ein umweltfreundlicheres Trennsystem mit zeitgemäßen Müllstandplätzen ersetzt. Außerdem werden in den Zugangsbereichen der Häuser Flächen entsiegelt und zu Grünanlagen umgestaltet. Im Zuge der Modernisierung entstehen des Weiteren neue Eingangsbereiche, die wärmegedämmt und entsprechend verglast sind. Leit- und Orientierungssysteme werden verbessert und neue Sprech- und Klingelanlagen eingebaut. Intensive Informationsarbeit und Aufklärung der Mieterinnen und Mieter über energiesparendes Verhalten komplettieren das Maßnahmenpaket. Um die Modernisierung so verträglich wie möglich zu gestalten, hat die Standort 13435 und 13439 Berlin (Reinickendorf) Bausteine Energie, Grün, Abfall Gesobau ein umfassendes Hilfs- und Betreuungsnetzwerk besonders für ältere Mieterinnen und Mieter initiiert, das zahlreiche Sozialpartner einbindet. Das ist wichtig, weil die Sanierung in bewohnten Gebäuden stattfindet und gerade ältere Menschen oder Schwangere beeinträchtigt. Besonders belastete Mieterinnen und Mieter können mit ihren Familien für die Zeit, in der ihre Wohnung saniert wird, sogar ein Ausweichquartier erhalten. Innovativ ist das Gesamtvorhaben vor allem in seinem Finanzierungsansatz. Die Wohnungsgesellschaft nutzt den Spielraum, den die erwartete Betriebskostensenkung eröffnet. So kann sie einen Teil der Modernisierungskosten über höhere Kaltmieten einspielen, ohne dass die monatliche Gesamtbelastung der Mieterinnen und Mieter merklich zunimmt. In der Summe lässt sich damit die Modernisierung für die Bewohnerinnen und Bewohner weitgehend kostenneutral realisieren. Zusätzlich nutzt das Vorhaben zinsgünstige Finanzierungen aus dem Wohnraum-Modernisierungs- und CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW. Der Senat hat Anfang 2009 das Märkische Viertel als sechstes Gebiet des Programms Stadtumbau West festgelegt. Bis 2013 fließen so rund 13,5 Millionen Euro Fördermittel von Land, Bund und EU in die Erneuerung des Viertels. Noch nicht entschieden ist der letzte Baustein des energetischen Wandels. Seit Beginn wird das Märkische Viertel über ein Fernwärmenetz versorgt. Erzeugt wird die Wärme in einem in den 1960er Jahren eigens errichteten, erdgasbetriebenen Fernheizwerk. Betreibergesellschaft ist eine Tochter von Vattenfall Europe. Der Energieversorger prüft derzeit eine Umstellung auf Kraft-Wärme-Kopplung und/ oder auf nachwachsende Biomassebrennstoffe. Gesobau-Vorstand Jörg Franzen: »Zusammen mit unserer energetischen Modernisierung wäre dann die Energieversorgung des Märkischen Viertels CO2-neutral.« In Sachen Strom gibt es bereits eine Entscheidung. Im Oktober 2008 verlängerte das Unternehmen einen Vertrag mit Vattenfall, der festlegt, dass die Gesobau-Wohnungen ausschließlich mit Ökostrom aus skandinavischer Wasserkraft versorgt werden. Laut Angaben des Wohnungsunternehmens ergibt sich dadurch eine CO2-Einsparung von weiteren 7 500 Tonnen im Jahr. Bestand erbaut 1963–1974 Städtebau Werner Düttmann, Georg Heinrichs, Hans Müller Architektur Werner Düttmann, Karl Fleig, René Gagès, Ernst Gisel, Georg Heinrichs, Chen Kuen Lee, Ludwig Leo, Hans Müller, Peter Pfankuch, Planungsabteilung DeGeWo, Hansrudolf Plarre, Pysall Stahrenberg & Partner, Stefan Scholz, Heinz Schudnagies, Herbert Stranz, Volker Theißen, Oswald M. Ungers, Werner Weber, Shadrach Woods, Astra Zarina, Jo Zimmermann Energetische Modernisierung über 13 000 Wohnungen Planung Bauabteilung der Gesobau AG Pilotprojekt 2007–2008 geplante Bauzeit 2008–2018 Baukosten ca. 440 Millionen Euro Bauherr Gesobau AG www.gesobau.de www.mein-märkisches-viertel.de 33 Philologische Bibliothek Freie Universität Berlin Noch vor der Eröffnung im Jahr 2005 war der informelle Name für die neue Philologische Bibliothek der Freien Universität Berlin etabliert: The Berlin Brain. Der Begriff belegt nicht nur die Bedeutung des Baus, sondern auch den Respekt, den dieser bei Nutzern wie Architekturinteressierten hervorruft. Den Entwurf lieferte das Büro von Lord Norman Foster. Foster fügte die Präsenzbibliothek in die vorhandene Bebauungsstruktur der »Rostlaube« ein, konzipierte sie aber als eigenständiges Haus, das nur an zwei Seiten mit dem internen Wegesystem des Universitätskomplexes verbunden ist. Der tropfenförmige Baukörper folgt der Formensprache der Blob-Architektur und dem nachhaltigen Prinzip, bei kleinstmöglicher Außenfläche einen größtmöglichen Innenraum zu bieten. Bei der Konstruktion handelt es sich um eine Stahlbetonstruktur. Wie bei einer Etagere ordnen sich fünf nach oben kleiner werdende Geschosse um zwei Versorgungskerne. Um die Kerne sind die Bücherregale angeordnet. Den äußeren Abschluss jeder Ebene bilden 34 lange, geschwungene Galerien, die durch ihre serpentinenartig erweiterte Kantenlänge Raum für die fast 640 Arbeitsplätze bieten. Eine freitragende, doppelschalige Gebäudehülle umgibt das bauliche Skelett. Diese Sphäre besteht außen aus Aluminiumpaneelen, Belüftungselementen und doppelt verglasten Scheiben. Ein Stahlrahmenfachwerk in Radialgeometrie stützt die Konstruktion. Die Innenhülle besteht aus einer opaken Glasfasermembran, die an einigen wenigen Stellen von Sichtfenstern durchbrochen wird. Diese Membran filtert und streut das Sonnenlicht zu gleichmäßigem Leselicht. Die zweischalige Hülle ist wesentlich für die ökologischen Qualitäten des Baus verantwortlich. Sie optimiert neben der natürlichen Belichtung auch Wetter-, Wärme- und Sonnenschutz. Und sie sorgt dafür, dass die Studierenden einen kühlen Kopf behalten. Der Bau nutzt geschickt thermisch-physikalische Vorgänge, um den Innenraum zu lüften: Die Sonne erwärmt die Luft zwischen den Hüll- Standort Habelschwerdter Allee 45 14195 Berlin (Dahlem) Bausteine Energie, Grün, Abfall Bestand (Rostlaube) erbaut 1967–1973 Architektur Georges Candilis, Alexis Josic, Shadrach Woods, Manfred Schiedhelm schichten. Die warme Luft steigt nach oben, entweicht über ein Klappensystem im Scheitelpunkt der Kuppel und reißt dabei verbrauchte Luft aus dem Gebäudeinneren mit sich. So entsteht eine natürliche Zirkulation, die direkt von der Sonne angetrieben wird. Frischluft strömt auf zwei Wegen nach: über bodennahe Belüftungselemente in der Hülle und über Lüftungsschächte im aufgeständerten Doppelboden, unter dem ebenfalls Luft von außen in die Bibliothek geführt wird. Die am Standort vorherrschende Windströmung ist für einen zweiten natürlichen Belüftungseffekt verantwortlich. Das Gebäude ist so ausgerichtet, dass im Westen allein durch den Winddruck Frischluft über Belüftungselemente in der Hülle ins Gebäude strömt und dank der Druckdifferenz im Osten wieder austritt. Nur an besonders windstillen, heißen Tagen kommen zusätzlich Ventilatoren zum Einsatz. Im Winter erfolgt die Belüftung über eine zentrale Anlage zur Wärmerückgewinnung. Temperiert wird das Gebäude an kalten Tagen über die Betonplatten und -kerne. Wasserführende Gummischläuche in den Betonbauteilen erlauben es, Wände und Böden an kalten Tagen als eine Art großflächigen Heizkörper zu nutzen, der Wärme speichert und gleichmäßig abgibt (Betonkernaktivierung). Nach demselben Prinzip funktioniert im Sommer die Kühlung. In der Summe ergibt sich durch diese Maßnahmen eine Einsparung von 35 Prozent der Betriebskosten gegenüber einem konventionellen Gebäude. Der Neubau war Teil einer umfassenden Modernisierung des Campuskomplexes »Rostlaube«. Dabei wurden die durchgerosteten Fassadenelemente aus Patinax-Stahl gegen dauerhaftere Bronzepaneele ausgetauscht. Im Zuge der Sanierung wurden zudem 6 000 Kubikmeter asbesthaltige Materialien im Unterdruckverfahren entsorgt und 10 000 Quadratmeter Dachfläche neu aufgebaut und extensiv begrünt. Sanierung Architektur Lord Norman Foster & Partners Bauzeit 1997–2007 Baukosten ca. 40,8 Millionen Euro Bauherr Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Neubau (Bibliothek) Architektur Lord Norman Foster & Partners Technische Gebäudeausrüstung Schmidt Reuter Partner pin planende ingenieure Hauptnutzfläche 6 290 m² Bauzeit 2001–2005 Baukosten ca. 18,5 Millionen Euro Bauherr Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Auszeichnungen Architekturpreis des BDA Berlin 2006 Deutscher Architekturpreis 2007 www.fu-berlin.de 35 Freie Waldorfschule Kreuzberg e. V. Umbau des ehemaligen Hauptkinderheims Standort Ritterstraße 69 Alte Jakobstraße 11–13 10969 Berlin (Kreuzberg) Bausteine Energie, Wasser Bestand Architektur Max Taut Fritz Bornemann erbaut 1966–1969 Umbau Architektur Mohr + Winterer Gesellschaft von Architekten mbH feddersenarchitekten Technische Gebäudeausstattung Pichler Ingenieure GmbH Ingenieurbüro Zander Bauzeit 2005–2007 Baukosten ca. 16 Millionen Euro Bauherr Freie Waldorfschule Kreuzberg e.V. www.waldorfschule-kreuzberg.de Es war das letzte Projekt des großen Baumeisters: 1963 gewann Max Taut, damals schon 78-jährig, den Wettbewerb für den Neubau des Berliner Hauptkinderheims in der südlichen Friedrichstadt. Noch bevor die Bauarbeiten begannen, starb Taut im Frühjahr 1967. Fritz Bornemann führte die Planungen weiter, bis der Komplex 1969 eröffnet wurde. Die heute denkmalgeschützte Anlage besteht aus einem riegelförmigen Hauptgebäude entlang der Ritterstraße, hinter dem sich ein Garten mit fünf Pavillons erstreckt. Das Kinderheim wurde nach Unruhen unter den Insassen bereits 1974 geschlossen. Danach nutzten den Bau unterschiedliche soziale Einrichtungen. 2005 begann der erste Bauabschnitt, mit dem das Haus für die Freie Waldorfschule Kreuzberg e. V. hergerichtet wurde. Sie ist eine allgemeinbildende, öffentliche Gesamtschule in privater Trägerschaft. Die auseinandergezogene architektonische Struktur des Komplexes, fehlende Wärmedämmung und Haustechnik auf dem Stand von vor 40 Jahren machten eine energetische Sanierung unabdingbar. Mit rund 619 000 Euro aus dem Umweltentlastungsprogramm 36 (etwa die Hälfte davon aus EU-Mitteln) förderte der Senat eine Reihe von Maßnahmen, durch die es gelang, den Energieverbrauch auf das Niveau eines vergleichbaren Neubaus zu senken und zugleich alle Anforderungen des Denkmalschutzes zu erfüllen. Die gesamte Gebäudehülle wurde umfassend wärmegedämmt und die Heizungstechnik in allen Gebäudeteilen modernisiert. In den Klassenräumen kommt energiesparende Lüftungstechnik zum Einsatz, die die Wärme der Abluft zurückgewinnt. Regenwasser wird zur Toilettenspülung und zur Bewässerung der umfangreichen Freiflächen verwendet. In der Summe werden dadurch jährlich 272 MWh Primärenergie eingespart. Das entspricht einer Reduktion des Energieverbrauchs und damit auch des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent. Gleichzeitig schafft die Sanierung in Bestandsgebäuden Raum für eine Erweiterung der Schule um einen zweiten Zug. Weitere bauliche Maßnahmen, darunter die Ergänzung eines Speisesaalneubaus und Innenausbauten, wurden aus Mitteln der Berliner Lotto-Stiftung finanziert. Annedore-Leber-Grundschule Neubau Mensa und Gruppenhaus Ein Mensagebäude und ein Gruppenhaus ergänzen seit 2006 das Ensemble der Annedore-Leber-Grundschule in Lichtenrade. Die beiden Neubauten schufen die räumlichen Voraussetzungen, um eine offene Ganztagsschule anbieten zu können. Der Schulkomplex bestand bis dahin neben dem 1955 errichteten Hauptgebäude aus mehreren Erweiterungen. Darunter befindet sich eine 1968 eingeweihte »Mobile Schule«, deren Räumlichkeiten die Grundschule gemeinsam mit der benachbarten Theodor-Haubach-Schule, einer verbundenen Haupt- und Realschule, nutzt. Die beiden Neubauten ergänzen behutsam die städtebaulich offene Struktur des Schulkomplexes und optimieren die internen Funktionsabläufe im Ganztagesbetrieb. Die eingeschossige Mensa an der Halker Zeile bietet Platz für 200 Schülerinnen und Schüler. Ein blau verkleideter Übergang mit Bullaugen verbindet sie mit dem Schulfoyer. Das freistehende Gruppenhaus schließt eine Lücke an der Grimmstraße. Beide Gebäude sind in Holztafelbauweise errichtet. Wand-, Decken- und Dachelemente wurden vorgefertigt auf die Baustelle geliefert und dort montiert. Die geschlossenen Fassadenteile beider Bauten sind mit Faserzementplatten verkleidet. In der Mensa ergänzt ein Stahltragwerk über dem Speisesaal die Holzkonstruktion, um die große Spannweite und Raumhöhe des Saals zu ermöglichen. Mit einer vorgelagerten Holzterrasse, deren Form sich den Standorten zweier alter Eichen anpasst, öffnet sich der Bau nach Süden zu einem bislang von den Schülerinnen und Schülern ungenutzten, baumbestandenen Hof. Das zweigeschossige Gruppenhaus mit acht Klassen- und Gruppenräumen wird über ein gebäudehohes Treppenhausfoyer und eine Galerie erschlossen. Eine aus Brandschutzund Kostengründen in Sichtbeton ausgeführte Wand trennt das Foyer von den Schulund Betreuungsräumen. Dieses Betonelement ist indes auch aus bauökologischer Sicht sinnvoll: Die zum Schulhof gelegene Südseite des Foyers ist großflächig verglast und durch ein davorgestelltes Rankgerüst begrünt. So kann der Neubau passiv die Sonnenenergie nutzen. Im Winter, wenn die Sonnenstrahlen flach einfallen, speichert die Betonwand Wärme. Im Sommer liefern die Rankpflanzen Schatten und verhindern, dass sich das Haus zu stark aufheizt. Finanziert wurden die Neubauten über das Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung (IZBB). Im Rahmen dieses Programms stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Ländern Finanzhilfen für Investitionen zur Verfügung, durch die eine moderne Infrastruktur an Ganztagsschulen geschaffen wird. Der Eigenanteil des Landes Berlin beträgt zehn Prozent. 37 Standort Halker Zeile 147 12305 Berlin (Lichtenrade) Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün Neubau Architektur Rozynski_Sturm Architekten Technische Gebäudeausrüstung Ingenieurbüro eins.a Bruttogrundfläche Gruppenhaus 840 m² Mensa 402 m² Bauzeit 2005–2006 Baukosten ca. 1,35 Millionen Euro Bauherr Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg www.algs.de Haus der Jugend »Albert Schweitzer« Energetische Gebäudesanierung Zwischen dem Stadtpark Steglitz und dem Teltowkanal liegt das Haus der Jugend »Albert Schweitzer«, eine Jugendeinrichtung des Bezirks. Das Haus ist eine zentrale Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die hier ihre Freizeit verbringen. Dafür stehen Gruppen- und Computerräume, Werkstätten, Sportflächen, eine Küche und ein Veranstaltungsraum für bis zu 200 Personen zur Verfügung. Der einbis zweigeschossige Flachdachkomplex wurde 1958 eröffnet und 1979 um einen Turnhallenanbau erweitert. Energetisch waren die Nachkriegsbauten alles andere als vorbildlich: Der Energieverbrauchskennwert des Komplexes lag 23 Prozent über dem Durchschnittswert für Jugendzentren. 2005 wurde das Ensemble als eine von 69 Liegenschaften des Bezirks in den 19. Pool der Berliner Energiesparpartnerschaften aufgenommen. Die Vattenfall Europe Berlin und die 38 Siemens Building Technologies als Contractoren verpflichteten sich damit, die Heizungsanlage im Haus energetisch zu optimieren. Gleichzeitig bildete eine Gebäudeenergieberatung durch die Berliner Energieagentur die Basis für eine energetische Sanierung der Gebäude. Sie wurde vom Bezirk beauftragt und aus Mitteln des Umweltentlastungsprogramms finanziert. Im Juni 2008 war sie abgeschlossen. Die Außenwände und das Flachdach des Altbaus sind seither mit einem zwölf Zentimeter starken Wärmedämmverbundsystem gedämmt. Die alten Holz- und Stahltüren wichen neuen, wärmegedämmten Türen. Die ursprünglichen Glasbausteinelemente sind verschwunden und durch Sicherheits- und Wärmeschutzverglasung ersetzt. Die alten Fenster und Fenstertüren haben neuen, energetisch hochwertigeren Platz gemacht. Und ein neuer Anstrich in kräftigen Farben identifiziert die einzelnen Teile des Komplexes. So gab die Sanierung dem Haus auch ein erkennbar neues Gesicht. zungsanlage durch den Contractor liegt der spezifische Primärenergiebedarf künftig sogar bei nur 16,66 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr und damit 35 Prozent unter den Mindeststandards, die Neubauten heute erfüllen müssen. Die geschickte Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Budgets machte es am Ende sogar möglich, ein lokales Regenwassermanagement zu installieren. Niederschläge können direkt auf dem Gelände versickern, seit das Naturschutz- und Grünflächenamt des Bezirks die Vorplatz- und Hofflächen entsiegelt und neu gestaltet hat. Standort Am Eichgarten 14 12167 Berlin (Steglitz) Bausteine Energie, Wasser, Grün Bestand erbaut 1957–1958, 1979 Sanierung Architektur Hagemann + Liss Bauzeit 2007–2008 Baukosten ca. 486.000 Euro Bauherr Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf Die bauliche Wärmedämmung verringert den Primärenergieeinsatz jährlich um rund 112 MWh. Damit wird mehr als die Hälfte der bisher nötigen Energie gespart. Der CO2-Ausstoß sinkt dadurch um rund 30 Tonnen im Jahr. In Verbindung mit der Modernisierung der Hei- www.hausderjugend-steglitz.de 39 Franziskanerkloster Pankow Umbau und Erweiterung Was 1991 klein begann, ist heute zur festen Größe im Leben vieler Obdachloser geworden: Mehrere hundert Menschen kommen täglich in die Suppenküche des Franziskanerklosters in Pankow. Um sie angemessen versorgen zu können, entschloss sich der Orden, zwei denkmalgeschützte ehemalige Wohnhäuser für die Missionszentrale umzubauen und durch einen Neubau für die Suppenküche zu ergänzen. 1,35 Millionen Euro und damit etwa die Hälfte der Baukosten steuerte das Umweltentlastungsprogramm Berlin bei, wobei 75 Prozent dieser Fördermittel durch die EU kofinanziert wurden. Den Rest finanzierte der Orden mit eigenen Mitteln und Spenden. Bereits in der Entwurfsphase arbeiteten Architekten und Haustechnik-Planer Hand in Hand. So war es möglich, ein abgestimmtes Energieund Wasserkonzept für die nachhaltige Bewirtschaftung zu entwickeln. Da der Betrieb der sozialen Einrichtungen komplett aus Spenden finanziert wird, war es besonders wichtig, die Betriebskosten so niedrig als möglich zu halten. Tatsächlich führen die vielfältigen Ansätze zur Energieersparnis dazu, 40 dass in Zukunft jährlich rund 15.000 Euro weniger Nebenkosten anfallen, als es bei einer konventionellen Sanierung der Fall gewesen wäre. Die Altbauten unterschreiten nun die Vorgaben der EnEV 2007 um rund 60 Prozent. Dafür wurden Kellerfußböden, Dach und Außenwände wärmegedämmt. Um die denkmalgeschützten Bauten optisch nicht zu beeinträchtigen, wurde die Dämmung nur an Brandwänden außen, sonst aber innen aufgebracht. Auch die Außenseite der Kastenfenster blieb erhalten. Die alten Innenfenster wurden dagegen durch Nachbauten mit Isolierverglasung ersetzt. So kommen die Doppelfenster der Altbauten heute in der Summe auf einen vorbildlichen U-Wert von 1,1 W/m²K. Denselben U-Wert weist auch die Stahl-GlasFassade auf, die den Neubau auf drei Seiten umgibt. Seine vierte Seite ist als halbrunde Klinkerwand ausgebildet, das Dach extensiv begrünt. Dieser Erweiterungsbau wurde so eingepasst, dass er vorhandene Bäume nicht tangiert. Das transparente Gebäude ruht auf einem massiven Sockel. Der lichtdurchflutete Standort Wollankstraße 18–20 13187 Berlin (Pankow) Hauptraum dient als Speisesaal, darunter liegen Duschen und WCs für Männer und Frauen sowie weitere Nebenräume. Zentrale Idee des energietechnischen Ansatzes war die Umstellung auf den Energieträger Erdgas. Ein neuer Gas-Brennwertkessel mit 160 kW reicht aus, um das Haus zu Normalzeiten zu beheizen. Um auch Spitzenlasten abfedern zu können, blieb einer der beiden vorhandenen Niedertemperaturkessel erhalten. Er kann kurzfristig zugeschaltet werden. Auch die Küchengeräte und die Wäschetrockner der Waschküche wurden auf Gasbetrieb umgestellt. Das reduzierte den Primärenergieverbrauch von Küche und Hygienestation erheblich. Eine thermische Solaranlage mit 30 Quadratmetern Kollektorfläche deckt ein Viertel der Brauchwassererwärmung ab. Auch die Abwärme der neuen Kühlaggregate wird zur Warmwasserbereitung verwendet. Effiziente Leuchten, Wasch- und Spülmaschinen begrenzen den Stromverbrauch. Eine Induktionshaube in der Garküche reduziert den Wärmebedarf für die Anheizung der Zuluft um rund 40 Prozent. Im Speisesaal überwachen Temperatur- und Mischgas-Sensoren die Luftqualität. Auf Basis dieser Daten lässt sich die Lüftung des großen Saales präzise und energiesparend automatisch regulieren. Moderne Gebäudeleittechnik sorgt dafür, dass die haustechnischen Anlagen störungsfrei und wirtschaftlich laufen. Zudem lässt sich dadurch der Energie- und Wasserverbrauch der Anlagen an einem Leitrechner auswerten und optimieren. Letzter ökologischer Baustein ist ein innovatives Wasserkonzept. Wassersparende Armaturen und Geräte reduzieren den Verbrauch. Regenwasser von den Dachflächen der Altbauten und des Konvents wird gefiltert, gesammelt und teils zum Wäsche waschen genutzt. Der andere Teil fließt zusammen mit Grauwasser aus der Hygienestation auf einen Bodenfilter auf dem Grundstück. So gereinigt, wird das Wasser UV-desinfiziert, mit Trinkwasser ergänzt und dann zur Bewässerung der Grünflächen und für die WC-Spülung genutzt. Das Regenwasser vom Dach des Neubaus wird über dessen Begrünung verdunstet, Überschüsse vor Ort versickert. 41 Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün Bestand erbaut 1876–1900 Umbau und Neubau Architektur kampmann + partner Architekten und Ingenieure Fachplaner Energie und Haustechnik AKUT Umweltschutz Ingenieure Burkard und Partner Nutzfläche ca. 1 800 m² Bauzeit 2003–2004 Baukosten ca. 2,8 Millionen Euro Bauherr Provinzialrat der sächsischen Franziskanerprovinz vom Heiligen Kreuz e. V. Auszeichnung KlimaSchutzPartner 2007 www.franziskanerkloster-pankow.de Grundsanierung Großes Tropenhaus Botanischer Garten Berlin Als 1907 das Große Tropenhaus im Botanischen Garten eröffnet wurde, galt es als technische Meisterleistung. Riesige Stahlbögen, in die die Glashülle eingehängt war, überspannten einen säulenfreien Raum von fast 40 000 Kubikmetern. Bis heute ist das Tropenhaus eins der größten freitragenden Gewächshäuser der Welt. Unter den tiefen Pflanzbeeten hatte der Königliche Baurat Alfred Körner einen Keller angeordnet, von dem aus das Haus beheizt wurde – unter anderem über drei Ringleitungen im Glasdach. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Gebäudeskelett praktisch unbeschadet. Durch den Druck der Bombenexplosionen barsten indes fast alle Glasscheiben. Beim Wiederaufbau in den sechziger Jahren ersetzte man sie durch Acrylglas, das mehr UV-Licht durchließ, leichter war und größere Scheibenzuschnitte erlaubte. 40 Jahre später machte gerade diese Entscheidung eine Grundsanierung unumgänglich: Feine Haarrisse durchzogen das wenig dauerhafte Acryl und verminderten den Lichteinfall; durch größere Risse und verwitterte Dichtungen entwich wertvolle Wärme. Wenn das Haus im Sommer 2009 zum dritten Mal seine Tore öffnet, wird nicht nur dieses Problem behoben sein. Ein innovatives Heizungs- und Klimatisierungssystem spart in 42 Verbindung mit der neu aufgebauten Außenhaut und moderner Regeltechnik rund die Hälfte der bisher benötigten Energie. Das senkt die Energiekosten um rund 100.000 Euro pro Jahr. Auch die Wasserkosten werden sinken, weil die tropischen Pflanzen künftig vor allem mit Regenwasser gewässert werden. Beheizt wird das Haus in Zukunft mit Fernwärme. Sie wird über drei kombinierte Systeme im Raum verteilt: eine Fußboden-, eine Fassadenund eine Luftheizung. Einen zentralen Baustein dieses Heizsystems bilden sieben KlimaLüftungsgeräte in den Katakomben unter der Halle. Bereits beim Wiederaufbau in den sechziger Jahren hatte man im Keller eine – wenn auch wesentlich weniger effiziente – Luftumwälzung installiert. Die neue Anlage saugt abgekühlte Luft aus dem Tropenhaus ab und bläst sie erwärmt wieder ein. Dabei sind die neuen Lüfter zugleich Sorptionsgeräte: Fünfeinhalb Tonnen Quarzsand-Granulat erlauben es, das Wasser in der Luft nach Bedarf zu binden (adsorbieren) oder freizugeben (desorbieren). So lässt sich die Luftfeuchtigkeit des Gewächshauses im Zusammenspiel mit der komplett erneuerten Vernebelungsanlage exakt steuern. Die Wärmeenergie, die bei der Adsorption frei wird, wird zum Heizen genutzt. Zwei 16 Meter hohe Umlufttürme optimieren die Luftumwälzung in der Halle. Außen sind sie als Urwaldbäume kaschiert. In ihrem Inne- ren sitzen große Propeller, die die warme Luft oben absaugen und unten wieder ins Gebäude blasen. Innovativstes Merkmal dieser Röhren sind ihre Latentwärmespeicher. Die angesaugte Luft durchströmt Waben mit Phase Change Material (PCM). Dieses HightechMaterial kann tags Wärme speichern und sie nachts, wenn geheizt werden muss, gezielt freigeben. Dabei haben die PCM-Speicher zwei Vorteile: Sie brauchen wesentlich weniger Raum als ein Heißwasserspeicher und sie heizen sich nicht auf, weil sie Energie nicht als Wärme, sondern unter Ausnutzung der Enthalpie speichern: durch den Übergang vom festen in den flüssigen Zustand. Die Speicher folgen damit einem physikalischen Prinzip, das man in kleinerem Maßstab aus aufladbaren Handwärmekissen kennt. Komplett neu aufgebaut wurde die Gebäudehülle. Zunächst wurde das Stahltragwerk sandgestrahlt und neu versiegelt. Dann entstand aus 436 leiterartigen Fassadenelementen ein neues Gitternetz. Seine Sprossen sind innen hohl. So kann das gesamte Netz als riesiger Heizkörper dienen, der – unterteilt in 26 separate Heizkreisläufe – nach innen abstrahlt und nach außen thermisch getrennt ist. Das sichert eine gleichmäßige und verlustarme Wärmeverteilung und verhindert Kondensation und ein Beschlagen der Scheiben. Zugleich kommt die engmaschigere Sprossung dem Denkmalschutz entgegen, weil sich der Gesamteindruck der Glasfassade wieder dem historischen Zustand annähert. Eine neuartige Wärmeschutzverglasung ersetzt das Acryl, reduziert den Wärmedurchgangswert um drei Viertel und verbessert die Wachstumsbedingungen der lichthungrigen Tropenpflanzen. Das verwendete Isolierglas ist besonders eisenoxidarm und antireflexbeschichtet. Das erhöht seine UV-Durchlässigkeit. Dem gleichen Zweck dient ein völlig neues Zwischenmaterial im Verbundsicherheitsglas (VSG). Üblicherweise wird als VSGFolie, die im Schadensfall ein Herabfallen von Glassplittern verhindert, Polyvinylbutyral (PVB) eingesetzt. PVB lässt indes so gut wie kein UV-Licht durch. Der neue, weltweit einmalige Aufbau ist baurechtlich noch nicht zugelassen und konnte hier nur dank einer Zulassung im Einzelfall durch die Oberste Bauaufsicht des Landes realisiert werden. Die Kosten der Gesamtmaßnahme belaufen sich auf rund 16 Millionen Euro. 8,38 Millionen, und damit mehr als die Hälfte, stammen aus dem Umweltentlastungsprogramm Berlin. Den Rest der Finanzierung steuerten die Hochschulbauförderung des Bundes, die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, die Freie Universität Berlin als Bauherr und der Botanische Garten selbst bei. Standort Königin-Luise-Straße 6–8 14195 Berlin (Steglitz) Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün Bestand erbaut 1905–1907 Architektur Alfred Körner Grundfläche ca. 1 750 m² Grundsanierung Architektur Haas Architekten Ingenieurleistungen CRP Ingenieurgesellschaft Dittrich VBI Herbert Fink GmbH Projektleitung/Koordination Technische Abteilung FU Berlin Bauzeit 2006–2009 Baukosten ca. 16 Millionen Euro Bauherr Freie Universität Berlin www.bgbm.org 43 Auf dem Prüfstand Aus den Vorschriften, die in Berlin für öffentliche Bauten gelten, lassen sich Fragelisten ableiten, die auch privaten Bauherren helfen können, ihre Projekte auf den Prüfstand der Nachhaltigkeit und des ökologischen Bauens zu stellen. Entsprechend dem Lebenszyklus-Ansatz sind diese Fragen hier nach der jeweiligen Planungsphase geordnet. Die Spalte links verweist auf die jeweils berührten Themen-Bausteine. Für fast jedes Bauvorhaben können diese Listen als erste, ungefähre Anhaltspunkte eingesetzt werden: Ein umfassendes, abgestimmtes ökologisches Konzept ersetzen sie jedoch in keiner Weise. Checklisten zum ökologischen Bauen Projektkonzeption und städtebauliche Planung Wurde ein flächenminimiertes, bedarfsgenaues Raumprogramm erstellt? Lässt sich die geplante Nutzung und der dafür nötige Raumbedarf in bereits vorhandenen Gebäuden realisieren, die neu genutzt, um- oder ausgebaut werden könnten? Falls ein Neubau nötig ist: Nutzt dieser vorhandene Bauflächen? Wird durch das Neubauvorhaben in der Summe sogar eine Entsiegelung von Flächen erzielt? Folgt die Standortwahl dem Prinzip der Binnenentwicklung oder müssen bisher unbebaute Flächen erschlossen werden? Integriert der Neubau vorhandene Bauteile? Berücksichtigen Ausrichtung und Anordnung des Baukörpers vorhandene Vegetation, Naturräume und Biotope? Vernetzt das Bauvorhaben vorhandene Naturräume – etwa indem es Trittsteine für Flora und Fauna schafft? Nimmt die Planung charakteristische Landschaftselemente am Standort auf? Sind die Klimabedingungen am Standort berücksichtigt? Berücksichtigt die Anordnung der Gebäude Fragen der Belichtung, Besonnung und Verschattung – abhängig vom Baum- und Gebäudebestand am Standort? Berücksichtigt die Anordnung der Gebäude die Immissionssituation am Standort – etwa durch die Abschirmung von stark frequentierten Verkehrswegen? Welche Auswirkungen hat die Realisierung des Vorhabens auf das Stadtklima? Werden zum Beispiel Frischluftkorridore verengt? Welche Auswirkungen haben die künftigen Gebäudeemissionen auf die Luft? Sind Altlasten in bestehenden Gebäudeteilen oder in den Böden des Standorts vorhanden, die im Zuge des Vorhabens saniert würden? Nutzt der Standort die Erschließungsgunst? Sind Anschlüsse für die technische Infrastruktur vorhanden oder bereits fest geplant? Liegt der Standort in der Nähe von Anschlüssen an das ÖPNV-Netz, sodass motorisierter Individualverkehr minimiert werden kann? Wird ein ökologisches Gesamtkonzept für das Vorhaben erstellt? Bau- und Freiraumplanung Ist die Gebäudegeometrie optimiert, der Baukörper so kompakt wie möglich? Sind die Raumhöhen wirtschaftlich konzipiert? Gewährleistet die Architektur ein nutzungsgerechtes Maß an natürlicher Belichtung und Belüftung? Stehen Raumtiefen und Fensterflächen in einem optimalen Verhältnis? Werden innen liegende Räume vermieden? Bleibt das Prinzip einer möglichst raum- und flächensparenden Bauweise dennoch gewahrt? Wie ist der Baukörper hinsichtlich der Windeinwirkung gestaltet und platziert? Erlaubt die Stellung und Gestaltung des Baukörpers einen passiven Solargewinn? Wird sommerliche Überhitzung durch die Lage des Baukörpers und/oder durch Sonnenschutz vermieden? Werden – soweit es Nutzung, technische Erfordernisse und das Gebot der Verdichtung erlauben – Tiefgeschosse und der mit ihnen verbundene haustechnische, energetische und bauliche Aufwand vermieden? Sind alle Mittel der Gebäudeplanung ausgereizt, um Klima- und Kühlungsanlagen, die auf Energiezufuhr beruhen, überflüssig zu machen? Ist die Wärmedämmung optimiert, um Energieverluste zu minimieren? Werden für die Außenhaut – und zwar für Dächer, Wände und Glasflächen – Konstruktionen und Materialien mit geringem Wärmedurchgang eingesetzt? Wird die Speicherwirkung von Bauteilen für ein gezieltes Wärme- und Kältemanagement genutzt? Sind Wärmebrücken soweit als möglich vermieden? Erlaubt das Bauwerk eine lange Nutzungsdauer? Ist die Möglichkeit einer späteren Umnutzung bedacht? Werden Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen bevorzugt? Kommen bevorzugt Baustoffe ohne aufwändige, energieintensive Herstellungs- und Veredelungsprozesse zum Einsatz? Werden regional verfügbare Baustoffe bevorzugt? Werden schadstoffarme und dauerhafte Baumaterialien verwendet? Lassen sich Gebäudeoberflächen und Räume aufwandsarm reinigen und warten? Können die eingesetzten Baustoffe aufwandsarm erneuert werden? Werden bei Bestandsbauten im Zuge eines Aus- oder Umbaus Schadstoffe saniert? 44 Werden im Zuge einer Neubebauung auf verfügbaren Flächen Altlasten in den Böden saniert? Lassen sich Bauteile und Baustoffe später wiederverwenden? Wird der Einsatz schwer trennbarer Verbundbaustoffe und Verarbeitungsweisen vermieden? Existiert ein projektspezifisches Abfallentsorgungskonzept? Sind Trennsysteme für die Abfallentsorgung eingeplant, zum Beispiel geeignete Mülltonnenstellplätze im Hof oder in speziellen Innenräumen? Eignet sich das Grundstück, um biologisch abbaubare Abfälle vor Ort zu kompostieren? Wird Bodenaushub vor Ort zur Geländemodulation eingesetzt? Werden Dächer und/oder Fassaden begrünt? Ist der Pflegeaufwand dafür optimiert? Sind Fassadenbegrünungen durch eine angemessene Auslegung der vertikalen Belastbarkeit, Oberflächenausbildung und/oder Gerüste und Kletterhilfen vorbereitet? Werden Hecken und Gehölze zur Raumbildung auf den Freiflächen eingesetzt? Wird vorhandene Vegetation in die Grünflächengestaltung einbezogen? Ist die Pflanzenauswahl dem Standort angemessen? Werden bevorzugt heimische Stauden und Gehölze gepflanzt? Sind im Außenbereich Schutzmaßnahmen für Wildtiere – zum Beispiel Nistgelegenheiten für Gebäudebrüter – vorgesehen? Sind bevorzugt begrünte oder mit wasserdurchlässigen Belägen befestigte Außen- und Verkehrsflächen vorgesehen? Ist die Anlage von Teichen und Feuchtbiotopen vorgesehen? Existiert ein projektspezifisches Freiflächen- und Begrünungskonzept? Bleiben Grundwasser und Böden während des Baus, des Betriebs und des späteren Rückbaus geschützt? Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Anteil sauberen Niederschlagswassers zu erhöhen, das durch Versickern oder Verdunsten auf natürlichem Wege wieder in den Wasserkreislauf zurückgelangen kann? Ist der gezielte Abfluss des Niederschlagswassers in die Trennkanalisation gewährleistet? Ist der Lärmschutz nach innen und außen gewährleistet? Wird ein günstiges Verhältnis der Bruttogrundfläche zur Nutzfläche erreicht? Planung der technischen Gebäudeausrüstung Kommen Energieversorgungssysteme mit hohem Wirkungsgrad zum Einsatz? Ist eine bedarfsgerechte Anlage zur Wärmerückgewinnung vorgesehen? Lassen sich die Räume – soweit nicht Vorschriften oder wesentliche energetische Einsparungen dagegen sprechen – frei und natürlich belüften? Wird zumindest ein Teil des Energiebedarfs aus regenerativen Energien gedeckt, zum Beispiel durch solarthermische oder Photovoltaik-Anlagen? Ist die Wirtschaftlichkeit dieses Einsatzes geprüft? Erfolgt die Versorgung mit Strom und Wärme zumindest teilweise aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen? Erfolgt die Belichtung der Innenräume bevorzugt über Tageslicht? Werden Leuchtmittel mit hohem Wirkungsgrad eingesetzt? Sind tages- und präsenzabhängige Steuerungen der Beleuchtung vorgesehen? Sind die Energieverluste durch den Einsatz neuer, energieeffizienter Anlagen und Geräte minimiert ? Spart der Verlauf von Versorgungsleitungen Wurzelzonen vorhandener Bäume und Gehölze aus? Werden wassersparende Armaturen und – soweit bauseitig vorgesehen - Haushaltsgeräte installiert? Wird Regenwasser vorzugsweise zur Bewässerung von Grün- und Gartenflächen genutzt? Kann das Niederschlagswasser über natürliches Gefälle, ohne Pumpen und Hebeanlagen auf die zu bewässernden Flächen gelangen? Sind Zwischenspeicher für Niederschlagswasser – als Teiche, Feuchtbiotope oder Zisternen – vorgesehen? Wurde in Nutzungsbereichen, in denen Trinkwasserqualität nicht zwingend erforderlich ist, die Substitution durch Betriebswasser aus Regenwassernutzungs- oder Grauwasserrecyclinganlagen geprüft? Sind Größe und Umfang der technischen Funktionsflächen bedarfsgerecht begrenzt und ihre Lage optimiert? Bauausführung Ist die Baustellenlogistik optimiert? Werden Baustoffe und -produkte auf der Baustelle geschützt gelagert? Werden Baustoffe und Bauteile bedarfsgerecht und mit geringem Ausschuss zubereitet und zugeschnitten? Werden verpackungsarme Mehrweg- und Großgebinde zur Anlieferung der Baustoffe verwendet? 45 Rechtliche Grundlagen Die wichtigsten Gesetze, Verordnungen und Richtlinien, die die einzelnen Bausteine des ökologischen Bauens berühren, sind hier mit ihrer Kurzbezeichnung zitiert. EU-Richtlinien, die konkrete Gesetzeskraft erst über ihre Umsetzung in Bundesgesetzen erlangen, sind der Vollständigkeit halber mit aufgeführt. Die jeweils aktuellen Fassungen sind im Internet verfügbar: - Bundesgesetze unter www.gesetze-im-internet.de - Regelungen des Landes Berlin in den Bereichen Bauen, Grün und Natur unter www.stadtentwicklung.berlin.de Service Rechtsvorschriften - Regelungen des Landes Berlin in den Bereichen Wasser, Abfall und Bodenschutz unter www.berlin.de/sen/umwelt/ Rechtsvorschriften EU Bund Berlin Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (2002/91/EG) Kraft-Wärme-Kopplungs-Richtlinie (2004/8/EG) Öko-Design-Richtlinie für energiebetriebene Produkte (2005/32/EG) Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000/60/EG) Bauprodukte-Richtlinie (89/106/EWG) Abfallrahmenrichtlinie (NEU) Energieeinsparungsgesetz (EnEG) Energieeinsparverordnung (EnEV) Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Abwasserverordnung (AbwV) Trinkwasserverordnung (TrinkwV) Bauproduktegesetz (BauPG) Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) Nachweisverordnung (NachwV) Transportgenehmigungsverordnung (TgV) Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) Verpackungsverordnung (VerpackV) Berliner Energiespargesetz (BEnSparG) Verordnung zur Durchführung der Energieeinsparverordnung in Berlin (EnEV - DVO Bln) Berliner Wassergesetz (BWG) Niederschlagswasserfreistellungsverordnung (NWFreiV) Indirekteinleiterverordnung (IndV) Richtlinie über Grundwasserförderungen bei Baumaßnahmen und Eigenwasserversorgungsanlagen im Land Berlin Wasserrahmenrichtlinie-Umsetzungs-Verordnung (WRRLUmV) Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) Bauordnung für Berlin (BauO Bln) Bauprodukte- und Bauarten-Verordnung (BauPAVO) Berliner Grünanlagengesetz (GrünanlG) Baumschutzverordnung (BaumSchVO) Berliner Bodenschutzgesetz (Bln BodSchG) Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin (KrW-/AbfG Bln) Bekanntmachung zur Drittbeauftragung von Bauabfallentsorgungsanlagen zur Entsorgung von nicht gefährlichen Bauabfällen zur Beseitigung Entgeltordnung für die Entsorgung von nicht gefährlichen Bauabfällen zur Beseitigung durch Drittbeauftragte Sonderabfallentsorgungsverordnung (SoAbfEV) 46 Förderprogramme Orientierungshilfen Die EU, der Bund und das Land Berlin fördern das ökologische Bauen mit einer Vielzahl von Programmen. Allein im Bereich Energie gibt es rund 900 verschiedene Fördermöglichkeiten für private, öffentliche und gewerbliche Bauherren. Einen Überblick liefern die Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie unter www. foerderdatenbank.de und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter www.bmu.de Die vom Senat erarbeiteten Grundsätze zum öffentlichen Bauen in Berlin und Dokumentationen der Ergebnisse aus stadtökologischen Modellvorhaben liefern hilfreiche Anhaltspunkte für alle Bauherren, die sich um Nachhaltigkeit bemühen. Die Informationen sind als PDFDateien auf der Website der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verfügbar: www.stadtentwicklung.berlin.de Die meisten Programmmittel werden von der KfW Bankengruppe verwaltet (zum Beispiel die Mittel aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm, dem Programm »Ökologisch Bauen« oder dem Programm »Solarstrom erzeugen«). Sie müssen in aller Regel über die Hausbank des Antragsstellers beantragt werden. Die Hausbank ist deshalb die erste Anlaufstelle für interessierte Bauherren. Förderungen durch die IBB Die Investitionsbank Berlin (IBB) ist die zentrale Förderbank des Landes Berlin. Sie fördert aktuell die energetische Gebäudesanierung über eine zusätzliche Zinsvergünstigung der bereits zinsgünstigen Darlehen aus dem Bundesprogramm zur CO2-Gebäudesanierung. Eigentümer von Mietwohngebäuden, die vor 1984 fertiggestellt wurden und mindestens drei Wohnungen aufweisen, können über die IBB außerdem einen einmaligen Baukostenzuschuss zu Baumaßnahmen erhalten, mit denen die Dämmung der Außenwände verbessert wird. Der Zuschuss beträgt 30 Euro pro Quadratmeter gedämmter Fläche. Voraussetzung ist, dass die Baumaßnahme mit der Qualifizierung und Beschäftigung Arbeitsloser im Baugewerbe einhergeht. Für das Programm Qualifizierungs- und Beschäftigungsförderung (QUAB) stellt der Senat jährlich rund drei Millionen Euro an Mitteln zur Verfügung. Das Antragsverfahren betreut die IBB in Kooperation mit der KEBABgGmbH. Informationen zu den IBB-Förderungen unter www.ibb.de Umweltentlastungsprogramm Das Umweltentlastungsprogramm Berlin (UEP) wird in den Jahren 2008 bis 2013 fortgesetzt. Aufbauend auf dem im Jahre 2007 abgeschlossenen UEP I fördert der Senat im Rahmen der EU-Strukturfondsförderung mit dem UEP II unterschiedlichste Aktivitäten, die die Berliner Umwelt entlasten. Besonderes Augenmerk liegt auf der Verbindung von Umweltschutz und technischer Innovation und auf den Belangen des Klimaschutzes. Die Förderung soll vor allem öffentlichen und gemeinnützigen Institutionen zugutekommen. Doch auch private Unternehmen können Fördergelder bis zu einer Höhe von 50 Prozent ihrer Projektkosten erhalten. Ausschlaggebend für die Höhe der gewährten Mittel ist, welche Umweltentlastungen erzielt werden und welchen Stellenwert das Vorhaben für die nachhaltige Entwicklung Berlins hat. Als Programmträger hat der Senat die B.&S.U. Beratungsund Service-Gesellschaft Umwelt mbH beauftragt. Informationen unter www.uep-berlin.de - Ökologische Anforderungen für Baumaßnahmen des Landes Berlin (Leitfaden) 2007 - Ökologische Planungskriterien für Wettbewerbe 2007 - Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen 2007 - Rundschreiben BauWohnV VI Nr. 19/1998 »Verwendungsverbote und Verwendungsbeschränkungen von Baustoffen« - Rundschreiben SenStadt VI A Nr. 14/2004 vom 9. Juni 2004 »Verwendungsverbote und Verwendungsbeschränkungen von Baustoffen« - Rundschreiben SenStadt VI C Nr.1/ 2003 »Grundsätze für die Betriebswassernutzung« - Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der Wasserkosten im öffentlichen Bereich Weitere Informationen www.bmvbs.de Unter Bauwesen Klimaschutz und Energiesparen bietet das Bundesbauministerium auf seiner Website detaillierte Erläuterungen zum Energieausweis. www.dibt.de Um eine möglichst einheitliche Anwendung der EnEV zu sichern, hat die Fachkommission »Bautechnik« der Bauministerkonferenz eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe beantwortet in den Ländern eingehende Fragen von allgemeinem Interesse und veröffentlicht die beschlossenen Auslegungen auf der Website des Deutschen Instituts für Bautechnik unter Aktuelles Energieeinsparverordnung. www.dena.de Informationen zur EnEV stellt auch die Deutsche Energie-Agentur (dena) bereit. Unter der Rufnummer 08000 736 734 berät ein Expertenteam der dena außerdem 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr kostenlos Wohnungs- und Hauseigentümer, aber auch Fachakteure aus den einschlägigen Branchen zu Fragen der Energie. www.erneuerbare-energien.de Grundlagenwissen zu erneuerbaren Energien bietet diese vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit betriebene Website. www.thema-energie.de Die Informationsseite der dena zu allen Grundfragen der Energie und des Energiesparens wird vom Bundesumweltministerium gefördert. www.bine.info Die umfangreiche Website des Informationsdienstes des Fachinformationszentrums Karlsruhe hält Themeninfos und Projektblätter als PDFDateien bereit. www.enev-online.de Die Website liefert Informationen zur EnEV aus Anwendersicht. 47 Herausgeber Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Kommunikation Württembergische Straße 6 10707 Berlin www. stadtentwicklung.berlin.de Inhalte und Bearbeitung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Abteilung VI - Ministerielle Angelegenheiten des Bauwesens Bereich Ökologisches Bauen, VI B1 Redaktion Louis Back www.louisback.com Bildrecherche Jörg Küster Layout Fürcho Gestaltung GmbH www.fuercho-gestaltung.de Druck Sauer Druck & Werbung Schutzgebühr EUR 5,00 Berlin, März 2009 Titelfoto: Louis Back Fotos und Abbildungen Innenteil: Archiv SenStadt Seite 3 Seite 4 Björn Laczay / Wikicommons Louis Back Seite 5 HOWOGE/Peter Oehlmann (l.), WBG Marzahn/Klaus Dombrowsky (r.) Seite 6 Seite 7 Louis Back im Uhrzeigersinn: Przykuta/Wikicommons; Archiv SenStadt; Seite 8 Pavel Losevsky/fotolia; Luke Roberts/Wikicommons; Endostock/fotolia; Bausparkasse Schwäbisch Hall AG/F. Thomas; Wolfgang Jargstorff/fotolia; Lekcets/fotolia Seite 9 Louis Back (3), Mattbuck/Wikicommons (u.) Seite 10 Vattenfall Europe (l.), DB AG/Paul Langrock (m.), GESOBAU AG (r.) SenStadt/Umweltatlas Berlin Seite 11 Seite 12/13 Louis Back Holzabsatzfonds/Bernd Borchardt (l.), Tarja/Wikicommons (r.) Seite 14 Archiv SenStadt (o.), isofloc Wärmedämmtechnik (l.), Louis Back (r.) Seite 15 Jörg Küster (l.); Erik Jan Ouwerkerk (r.) Seite 16 Louis Back Seite 17 Armin Kübelbeck/Wikicommons (l.), Louis Back (r.) Seite 18 Seite 19 Archiv SenStadt Seite 20/21 v.l.n.r.: FBH/schurian.com; Günther Ludewig/sol•id•ar Architekten und Ingenieure; Roswag & Jankowski Architekten; Freie Universität Berlin/ Philipp von Recklinghausen; Werner Huthmacher; Christian Gahl; SOLON/ Norbert Michalke; Louis Back; GESOBAU AG/Klaus Dombrowsky; Jörg Küster; Peter Schrage-Aden; Haas Architekten Seite 21 Seite 22 Seite 23 Seite 24/25 Seite 26/27 Seite 28 Seite 29 Seite 30/31 Seite 32 Seite 33 Seite 34 Seite 35 Seite 36 Seite 37 Seite 38 Seite 39 Seite 40/41 Seite 42 Seite 43 Archiv SenStadt (u.) FBH/schurian.com Wiedel/WISTA MG (o.), Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (u.) SOLON/Norbert Michalke Günther Ludewig/sol•id•ar Architekten und Ingenieure Louis Back Planungsbüro BHZ (o.) Louis Back (2) Roswag & Jankowski Architekten GESOBAU AG/Klaus Dombrowsky GESOBAU AG Freie Universität Berlin/Philipp von Recklinghausen Freie Universität Berlin/Reinhard Görner (o.); Freie Universität Berlin/Technische Abteilung (u.) Jörg Küster (2); Freie Waldorfschule Kreuzberg (u.) Werner Huthmacher Peter Schrage-Aden Hagemann + Liss Architekten Christian Gahl Haas Architekten Freie Universität Berlin (l.); Freie Universität Berlin/Ingo Haas (r.) Is enim quam nullutpat praessed tem velit lutat, quat utem inim zzriliq uiscip erci blamet lut luptatum quat, veriure min utpat vercilit lute magna commy nos accummy nullamet adignim iriurem illam, volore modolutat, quisi. Veros nibh eum erat ullandre et, commy nostisc iduipsu scilluptat vendio eugiamet aliquis nummod dunt prat augue vullaoreet ad mod modiam venisse ming esent lutat, sequi bla corperil ing eliquat. Ut luptatuer sequat praessiscil doluptatum nos nit augait vent wisi eu faccum dolesectet nulput eui bla feuis nim iuscil utetum illan ea feu feum adit velisi blamet velit praestrud min hent aciduis accummy nisi etum vel dolor sustincil iuscipi smolobore min ent lumsan ulla ad eugue delenibh ea consequip euis at la commy nibh eliquatum quipissisit adiam, volor sit wisismod dolorer ate velit eu faccum quation umsandrerci tisis nulputat dionsecte mincin ut praessequis diamcon utet lortinci tio consenibh eril do doloreet lummod magna faccum in ulluptat alit veliquat loreratio eriuscillam doloborpero er summy nullupt atumsandrem del iliquis aliquam quam il utat. Ut autpat. Ut vel ullute veliquamet, consequate conullam, quat. Lit vel ut utpatem in verillum zzriliquisl ea augueriurem dit ent nos dolessenit lut utpatis nullamc onsequat. Rero odit, quat acillam corpera essequis nullam iuscidunt nit am