8.5 Ökologische Anforderungen

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8.5 Ökologische Anforderungen
Problemstellung
Jedes Bauen, Betreiben/Nutzen und ggf. Rückbauen führt zu Umweltbelastungen.
Neben Flächen- bzw. Naturraum- und Rohstoffinanspruchnahmen führen Schadstoffemissionen aus Gewinnung, Veredlung, Transport, Benutzung und Entsorgung über
die Pfade Luft, Wasser, Boden, Bauwerk, Pflanzen, Tiere und Menschen in unterschiedlicher Kombination zu Umweltbelastungen.
Dem Energieverbrauch und den damit heute noch verbundenen Emissionen über
den Luftpfad ist der größte Teil der Umweltbelastung zuzuweisen. Ein wesentliches
Ziel des nachhaltigen Bauens von Gebäuden muss daher die Reduzierung des Energieverbrauchs sein.
Fragestellung
Welche ökologischen Planungsgrundsätze sollten beachtet werden?
Wie kann das ökologische Konzept beurteilt werden?
Lebenszyklusbetrachtung
Auf Grund der langen Lebensdauer von Bauwerken müssen sämtliche Lebensphasen von der Rohstoffgewinnung, der Herstellung der Bauprodukte, der Bauwerkserrichtung, der Instandsetzungsmaßnahmen, der Gebäudenutzung bis hin zum Rückbau und der Wiederverwendung (Recycling) von Bauteilen oder Materialien als Lebenszyklus betrachtet werden. Bei derzeit üblichen Gebäuden (derzeitiges Wärmeschutzniveau etc.) dominieren dabei die ökologischen Wirkungen der Nutzungsphase im
Vergleich zu denen der Erstellung des Gebäudes.
Von wesentlicher Bedeutung ist darüber hinaus die Lebensdauer von Bauteilen oder
Bauprodukten. Ausführungsvarianten mit kurzer Lebensdauer führen auf Grund der
erforderlichen Erneuerung zu wiederholten ökologischen Auswirkungen und können
zudem zu erneuten Schadstoffbelastungen in der Raumluft führen. Langlebige Bauprodukte sind in der Regel in ökologischer Hinsicht als günstiger zu bewerten – dieses gilt im Übrigen in gleichem Maße für die ökonomische Bewertung. Geschlossene
Konzepte, die diese Probleme schon in der Planungsphase berücksichtigen, sind
deshalb anzustreben.
Um die ganzheitliche Auswirkung eines Gebäudes auf die verschiedenen Lebensbereiche erfassen zu können, müssen Bewertungen vorgenommen werden.
Ökologische Bewertung
Die ökologische Bewertung von Gebäuden während ihres Lebenszyklus ist ein Teil
der Bewertung ihrer Nachhaltigkeit, die im Weiteren eine ökonomische und eine gesellschaftlich-kulturelle Bewertung umfasst. Im Bereich der ökologischen Bewertung
stehen drei Schutzziele im Vordergrund :
• Schutz der menschlichen Gesundheit,
• Schutz des Ökosystems und
• Schutz der Ressourcen.
Alle ökologischen Auswirkungen beruhen auf Energie- und Stoffflüssen. Bewertungen bauen deshalb auf der Abschätzung oder Berechnung von deren Größe auf.
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Fehlen genaue Angaben zu den Energie- und Stoffflüssen, kann versucht werden,
das relative Ausmaß durch geeignete Maßnahmen an der Quelle (Vermeidungsstrategie) zu beschränken. Jede Bewertung beruht auf Systemgrenzen, die bekannt
sein müssen. Ohne diese Angaben sind Bewertungen nutzlos.
Es ist zwischen qualitativen (beschreibenden) und quantitativen (rechnerischen)
Methoden zur ökologischen Bewertung von Gebäuden zu unterscheiden.
Qualitative Bewertungen sind im Vergleich zu quantitativen Verfahren einfacher durchführbar. Die Ergebnisse sind jedoch auf Grund unterschiedlicher Systemabgrenzungen
oder Bezugsgrößen oft nicht miteinander vergleichbar oder nicht immer aussagekräftig genug.
Quantitative Bewertungen sind dagegen eindeutiger, aber dafür auch mit deutlich
höherem Aufwand verbunden, insbesondere auf Grund der erforderlichen Datenmengen. Diese machen den Einsatz von EDV-Werkzeugen notwendig und sinnvoll.
Qualitative und quantitative Methoden zur ökologischen Beurteilung von Gebäuden
ergänzen einander. Bei beiden Methoden sind die unterschiedlichen Systemabgrenzungen und Annahmen deutlich zu beschreiben.
Derzeit ist die Durchführung einer qualitativen ökologischen Erstbewertung bei der
Erstellung eines Gebäudes als sinnvoll zu erachten.
Ökologische Erstbewertung
Für eine ökologische Erstbewertung ist im Folgenden ein Stichwortkatalog angegeben, der die im ökologischen Planungsansatz zu berücksichtigenden Bereiche angibt:
Umsetzung des Baubedarfs
– Baubedarf
– Weiternutzung bestehender Gebäude
Schonender Umgang mit Bauland und natürlichen Ressourcen
– Nutzung/Umnutzung
– Oberflächenversiegelung
– Flächenaufwand, Verkehrsflächen
– Bodenaushub innerhalb des Grundstücks
– Eingliederung in das städtische Umfeld bzw. in den Landschaftsraum
– Nutzung/Schutz des Grundwassers
– Regenwassernutzung innerhalb des Grundstücks (?)
– Erhaltung von Naturräumen und ökologischer Strukturen
– Sanierung von Bodenbelastungen
– Randbedingungen für den Emissionsschutz
• Treibhausgase
• Luftschadstoffe
• Lärm
Hohe Dauerhaftigkeit und universelle Nutzbarkeit des Gebäudes,
problemloser Rückbau
– Dauerhaftigkeit Gebäude
– Nutzbarkeit Gebäude
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– Rückbaumöglichkeit Gebäude
– Wiederverwendbarkeit Bauteile/Baustoffe
• Tragkonstruktion
• Außenwände
• Decken
• Innenwände
• Dachkonstruktion
• Gebäudetechnik
– Wiederverwertung Bauteile/Baustoffe
– Modulare Bauweise/Einsatz vorgefertigter Bauteile
– Geschlossene Abfall- und Entsorgungskonzepte für Reststoffe (geschlossene Stoffkreisläufe)
Einsatz umwelt- und gesundheitsverträglicher Baustoffe, Ausbaumaterialien und
Pflegeprodukte der Nutzungsphase
– Einsatz emissionsarmer Produkte
– Besondere Anforderungen
Aufwände während der Nutzung
Rationelle Energieverwendung
– Energiegerechte Bauweise
• kompakte Bauweise
• Baumasse zur Wärme-/Kältespeicherung heranziehen
• Anteil innenliegender Räume
• Anordnung von Räumen mit RLT zu lärmbelasteter Straße
• Leitungswege für Versorgung von WC- und Nasszellenbereichen, Küchen usw.
– Niedrigenergiehausstandard/Realisierung eines hohen baulichen Wärmeschutzes
– Durchlüftung Siedlungsbereich/natürliche Lüftung des Gebäudes
– Passive Solarenergienutzung
– Tageslichtnutzung
– Natürlicher sommerlicher Wärmeschutz/Vermeidung maschineller Kühlung
– Voraussetzungen für aktive Umweltenergienutzung
– Integriertes Energieversorgungskonzept
– Anbindung an ÖPNV
Minimierung sonstiger Aufwände bei der Nutzung
– Reinigungsaufwand
– Wasserverbrauch
– Wartung/Inspektion
– Abwasser und Abfall
Daneben können weitere Planungshilfsmittel (Gütezeichen, Labels, Empfehlungen,
Positiv- und Negativlisten, Deklarationsraster usw.), die in erster Linie auf qualitative
Aspekte aufbauen, eine Entscheidungshilfe darstellen. Anzumerken ist jedoch, dass
die Resultate von diesen qualitativen Bewertungen nur schwierig zu vergleichen sind.
Es gibt keine einfache Validierungsmöglichkeit, daher sind die existierenden qualitativen Verfahren nur geeignet, um in einer ersten groben Näherung die zu erwartenden
Umwelteinwirkungen abzuschätzen.
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Quantitative ökologische Bewertung
Wie bereits beschrieben, sind quantitative Bewertungen mit deutlich höherem Aufwand
verbunden und werden deshalb bei der Planung von Wohnungsbauten derzeit nur im in
Ausnahmefällen Anwendung finden.
Zunehmend werden jedoch durch die Produktenhersteller Ökobilanzen zur Verfügung gestellt, die es dem Fachplaner ermöglichen, z.B. Konstruktionsvarianten vergleichend zu bewerten.
In den Ökobilanzen werden die Auswirkungen auf die Umwelt (z.B. Treibhauseffekt,
Versauerung, Überdüngung, Schwermetallbelastung, Verknappung von Ressourcen,
Abfallaufkommen etc.) ermittelt. Dazu werden alle Sachdaten (Sachbilanz) für die
Produktion durch Aufschlüsselung der Prozessketten (z.B. Gewinnung des Rohstoffes, Transporte, Fertigung, Energieträger etc.) ermittelt. Eine sehr wichtige Rolle nimmt
dabei der Einsatz der verschiedenen verwendeten Energieträgerarten (Erdöl, Wasserkraft, Erdgas, Kohle, nachwachsende Rohstoffe etc.) ein. Die anschließende Auswertung der Sachbilanzdaten unter Gewichtung der verschiedenen ökologischen
Wirkungen ergibt die Wirkungsbilanz. Die standardisierten Ökobilanzdaten (Ökoinventare) lassen Bewertungen über die ökologischen Wirkungsweisen von Produkten zu.
Es ist bei der vergleichenden Bewertung immer auf eine Gleichwertigkeit der funktionalen Einheit (z.B. gleiche Wärmedurchgangskoeffizienten pro m² Außenwandfläche,
Berücksichtigung der Masse/Bewertungseinheit, Lebensdauer der Einzelkomponenten) zu achten. Bewertungen auf der Ebene der Baustoffe (z.B. Bezugseinheit kg
oder m³ eines Baustoffes) sind unzureichend.
Gesundheitsschutz
Anforderungen an die Gesundheitsverträglichkeit von Bauprodukten sind über das
Bauproduktengesetz in die Bauordnungen der Länder aufgenommen worden. Mit
dem Ansatz der europäischen Bauproduktenrichtlinie werden unter anderem insbesondere die Anforderungen an „Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz“ behandelt.
Bei den geregelten bzw. zugelassenen Bauprodukten kann somit davon ausgegangen werden, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet ist. Für Menschen mit höherer Sensibilität (z.B. Allergiker) können jedoch schon geringe Emissionen (Abgabe
von Schadstoffen an die Raumluft) aus Baustoffen bzw. Bauprodukten zum Unwohlsein führen. Hier ist den Anforderungen an die Raumluftqualität besondere Beachtung zu schenken.
Quellen:
Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Januar 2001.
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