Lebenszyklus: Gebäudeplanung und -bau aus einem Guss Energie-, Ressourcen- und Effizienzverbesserung sowie die sozio-demografische Entwicklung stehen nicht nur angesichts der drohenden Klimakatastrophe auf der Tagesordnung von Politikern. Aber auch für Architekten, dem Bund oder Vertreter der Wohnungswirtschaft in Deutschland und im Ausland rückt dieses Thema und damit auch die Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes immer mehr in den Vordergrund. Dabei schließen sich hohe architektonische Qualität und gleichzeitig umweltschonendes Verhalten nicht aus, sondern führen zu einer größeren Zufriedenheit der Nutzer der Gebäude und - entgegen der landläufigen Meinung - zu einer Qualitätssteigerung. Denn die spätere „Reparatur“ im Planungszeitraum nicht berücksichtigter Anforderungen an Wohnungen oder ein Bürogebäude führt nicht nur zu einer nicht kalkulierten Kostensteigerung, sondern auch zum Missmut der Besitzer auf Grund der Nutzungseinschränkung. Lifecycle Management wird für Architekten wichtiger. „Ein durchdachtes Lifecycle Management im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung von der Planungsphase bis zum Rückbau eines Gebäudes reduziert langfristig gesehen Kosten.“ Davon ist Steen Enrico Andersen, Architekt und Partner von PLH architecter mit Sitz in Kopenhagen, die vor allem Bürogebäude in Europa und Amerika bauen, überzeugt. Es sei außerdem im Hinblick auf die Nachhaltigkeit positiv zu sehen und habe einen guten Einfluss auf die Arbeitsplatzumgebung. Auch der Bund favorisiert bei seinen Baumaßnahmen die ganzheitliche Betrachtungsweise und möchte dabei durchaus Vorbild für andere Bauherren sein. Dem entsprechende Gesetzesänderungen und Richtlinien der Bundesregierung, vor allem unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit, müssen sich in der Realisierung der Baumaßnahmen unmittelbar widerspiegeln. Die Bauaufgaben des Bundes, die stärker im öffentlichen Interesse stehen als der Bau anderer Gebäude, haben über die ökologischen und ökonomischen Anforderungen hinaus ebenso bedeutende kulturelle und soziokulturellen Ansprüche. Darauf wies Annette von Hagel als Vertreterin der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) die Bundesanstalt hat die Funktion der Bauherrenaufgaben des Bundes übertragen bekommen - in einem Vortrag auf der ILM Ende 2006 in Düsseldorf hin. Sie ist mit ihrem Team für die Beratung in Bauherrenfragen aller politisch wichtigen Bauvorhaben in Deutschland verantwortlich. Außerdem ist sie für alle Aufgaben des Facility Management u.a. in den Gebäuden des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, (BMFSFJ), dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem Campus der Vereinten Nationen in Bonn zuständig. In ihrer Funktion unterstützt sie die Bauherrenvertreter in allen ökologischen, ökonomischen, funktionalen und baufachlichen Aspekten. Zu ihren Interessen zählt sie auch die Optimierung des Facility Management, des nachhaltigen Bauens und zukunftsweisende, ganzheitlich angelegte Bürokonzeptionen. Als wesentliche Neuerung hat von Hagel die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden in die Bauvorhaben des Bundes mit eingebracht. Eine der besondern Herausforderungen ist es ihrer Ansicht nach, zwischen den Anforderungen der späteren Nutzer, dem Betrieb und der Berücksichtigung der ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkte abzuwägen und für die Objektrealisierung einen idealen Weg zu finden. Flexibel auf verschiedene Anforderungen reagieren Flexibel auf die Anforderungen wechselnder Gebäudenutzer einzugehen ist auch ein Anliegen des norwegisch-amerikanischen Architekten Peter Pran, der bei dem fünftgrößten Architektenbüro der Welt NBBJ in Seattle und New York als Chefdesigner tätig ist. Dazu gehört seiner Auffassung nach die Ausstattung von Gebäuden mit zweifach verglasten Außenwänden, um Kühlung und Heizung während des gesamten Jahreszyklus effizient kontrollieren zu können. „Dadurch erhöhen sich zwar die Baukosten, aber auf Dauer reduzieren sich Kosten und Energieverbrauch“ zeigt sich der weltweit tätige Architekt überzeugt. In diese Richtung weisen auch elektronische Kontrollsysteme, die beispielsweise bei Bedarf Räume bei hoher Sonneneinstrahlung automatisch verdunkeln oder Licht ausschalten. Zu größter Flexibilität bei der späteren Neuverlegung von Daten- oder elektrischen Leitungen verhelfen im Übrigen so genannte Doppelböden, die sich allerdings beim Bau auch erst einmal in höheren Kosten niederschlagen. Die Betrachtung des Lebenszyklus von Gebäuden gerät auch für die Wohnungswirtschaft verstärkt in den Focus, besonders im Hinblick auf die Entwicklung von Wohnraum im sozio-demografischen Umfeld. Der Leerstand bei Wohngebäuden nimmt in ganz Deutschland zu, was u.a. an den sich vergrößernden Einkommensunterschieden und der Fluktuation durch häufigen Jobwechsel liegt. Darauf muss nach Ansicht von Rolf Breitmar, Mitglied der Geschäftsführung der WRW Wohnungswirtschaftliche Treuhand Rheinland-Westfalen GmbH in Düsseldorf, flexibel und vorausschauend reagiert werden. Sein Bestreben gilt der BewusstseinsMachung dieses Themas und der Detailbetrachtung bereits im frühen Planungsstadium, um z.B. durch vorgeschaltete Marktstudien und Standortanalysen eine Datenbasis für zukunftsorientierte Entscheidungen für den Bau neuer, anpassungsfähiger Wohneinheiten zu erhalten. „Der Architekt sollte sich in diesem gesamten Prozess der Planung und Erstellung eines Gebäudes als Sachwalter des Bauherrn sehen und auch die Vorfeldbetrachtung mit einbeziehen,“ definiert Breitmar, der mit zahlreichen Architekten zusammenarbeitet, deren Aufgabe. Planung und Gebäudebetrieb ganzheitlich sehen Obwohl es mittlerweile hinlänglich bekannt ist, dass der Betrieb von Bürogebäuden innerhalb von sechs bis acht Jahren noch einmal die Summe der Erstellungskosten benötigt, werden Planung und der Bau meist nach wie vor vom Betrieb getrennt gesehen. So werden die Erstellungskosten zwar öffentlich diskutiert, die Betriebskosten verschwinden jedoch aus dem Blickfeld. „Die Trennung von Planung, Bauen und Bewirtschaftung sollte nach und nach aufgelöst, in einem umfassenden Prozess überführt und das Gebäude über den gesamten Lebenszyklus betrachtet werden,“ fordert von Hagel. Da die Beeinflussbarkeit in die Gestaltung und Nutzung des Gebäudes mit der Fortschreibung und Umsetzung sinkt, „ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Erkenntnisse aus dem Betreiben und Nutzen eines Gebäudes bereits in den Konzeptions- und Planungsbeginn mit einfließen“, betont die gelernte Architektin. Wichtige Elemente des zeitigen Beeinflussens von Lebenszyklen der Gebäude bis zehn Jahre nach dem Bau sind neben einer nachhaltigen Bauweise unter Berücksichtigung des Kyoto-Protokolls deren Funktionalität in der inneren Organisation sowie der optimalen Wegeführung auch zur Ver- und Entsorgung. Dazu gehören u.a. die Betrachtung des Einbaus der Materialen, die Erweiterbarkeit, die ökologische Gesamtbetrachtung des Lebenszyklus, die Demontier- und Recyclingfähigkeit der Einbauelemente und die Zugänglichkeit bei der Wartung. Außerdem müssen Umweltbelastungen und Kosten bei der Entsorgung von Einbauten mit kurzer Lebensdauer wie beispielsweise Bodenbeläge mit in die Überlegungen einbezogen werden. Wichtig ist zudem die Durchgängigkeit von Informationen zur Entscheidungsfindung bei Veränderungen in der internen Organisation der Veränderung der Schwerpunkte nach einem Regierungswechsel und der Transparenz der Kosten. Um diese Ziele zu erreichen, werden die Obersten Bundesbehörden, die alle in einem Zeitraum von 1995 bis 2001 fertig gestellt worden sind, auf Grund ihrer guten Vergleichbarkeit in Bezug auf Nutzung, Größe, Qualität und Technologie, energetische Konzepte und ökologischem Anspruch evaluiert. Dazu gehören auch Fassaden, Sanitäreinrichtungen, Kantinen, Atrien, Lebensdauer, Erreichbarkeit und vieles mehr. Auf diese Weise kann eine durchgängige Transparenz der Kosten gewährleistet werden. Zudem wird das Sicherheits-, Logistik- und Versorgungskonzept frühzeitig in die Planung mit einbezogen sowie Qualität und Dokumentation ermöglicht. „Unsere zukünftige Aufgabe, die ich durchaus als eine europäische Herausforderung verstehe, besteht darin, weiterhin die Facility Management Prozesse als wichtige Bausteine zur Optimierung der Nutzung schwindender Energieressourcen und der Verwendung staatlicher Haushaltsausgaben zu entwickeln. Die größte Einsparung erfolgt letztlich auch in der nicht gebauten Fläche und der bestmöglichen Nutzung der vorhandenen Flächen,“ stellt von Hagel fest.